Hyle (Studien zum aristotelischen Materie-Begriff) || 4.4 Das Sein im Ursinn, seine Prinzipien und...

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410 ττληθοξ als Materie-Prinzip in Metaphysik Γ/Κ g ttliche Substanz hervorhebt (bes. a 33 ff περί το χωριστόν άρα ου καΐ άκίνητον κτλ.), empfiehlt es sich, a) nicht nur ή χωριστόν, sondern auch wohl fj v hier auf die ακίνητος ουσία zu beziehen und das καί eher .identifizierend' als spezialisierend' zu fassen 491 ; und b) ferner auch das Material-Objekt eng mit der obersten Substanz zu verbinden und zu bersetzen: ,,des Seienden, sofern es reine Wirklichkeit und Subsistenz ist" 492 . 4.4 Das Sein im Ursinn, seine Prinzipien und die Fundamentalgegens tze des Seins Nachdem wir bisher Γ und K aus methodischen Gr nden von- einander getrennt hatten, nehmen wir von nun an beide B cher zu- sammen und ziehen E i hinzu. Folgende drei Probleme waren bei Betrachtung des Γ offengeblieben (o. S. 403 f): a) Inhalt und Cha- rakter der obersten Seinsschicht, b) Die Prinzipien und Ursachen der verschiedenen Arten von ουσία und besonders des .Seienden als sol- chen', c) Die Rolle der Fundamentalgegens tze des Seins (vor allem des εν und des ,Materieprinzips' ττλήβος) und ihr Verh ltnis zu a) und b). 4.41 Inhalt und Charakter der obersten Seinsschicht in Γ Ε Κ Die im Γ genannte μία τις φύσις (1003 a 34, vgl. 1003 b 14 und besonders ioioa34) oder μία αρχή (ioo3b 6), auf welche das Sein zur ckgeht und von der es abh ngt, ist mit der ουσία, n herhin: mit Was das K angeht, so gibt Merlan, Metaphysik 89 einige Beispiele von χωριοτόν = ακίνητο? ουσία; f r χωριοτόν im weiteren Sinne vgl. immerhin 1065a 24 το 2ξω v καί χωριοτόν .das (vom Bewu tsein) unabh ngig Seiende' (N heres Ross Analyse, ferner Komm, zu 1028a 2). 191 F r die zweite M glichkeit spricht sich jetzt Kr mer, GS 350 A. 126 aus: K 7, io64a 29 „fa t lediglich die Doppelfunktion der .ersten Philosophie' formelhaft zusammen, ohne zu identifizieren (καί ist nicht explikativ, sondern spezialisierend gebraucht, gem seiner steigernd hervorhebenden Grundbedeutung im Griechischen)". Vgl. indes die Stellen in Γ 3 und E i (s. o. 4.2443. mit A. 411). Von diesen Nuancen der Deutung unserer K-7-Stelle bleibt unber hrt, da δν ή 6ν in ΓΕΚ eine starke ,onto- logische' Komponente hat, die nicht auf die .theologische' reduziert werden darf; vgl. o. 4.24 passim und jetzt auch Kr mer a. O. 492 Wenn wir uns auch somit Merlans Auffassung weitgehend ann hern, so war doch der kleine Umweg n tig, um die Problematik der fj-Betrachtung noch einmal scharf herauszuheben. Brought to you by | Johns Hopkins University Authenticated | 128.220.68.44 Download Date | 4/13/14 6:36 PM

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410 4· ττληθοξ als Materie-Prinzip in Metaphysik Γ/Κ

g ttliche Substanz hervorhebt (bes. a 33 ff περί το χωριστόν άρα ουκαΐ άκίνητον κτλ.), empfiehlt es sich, a) nicht nur ή χωριστόν, sondernauch wohl fj v hier auf die ακίνητος ουσία zu beziehen und das καίeher .identifizierend' als spezialisierend' zu fassen491; und b) fernerauch das Material-Objekt eng mit der obersten Substanz zu verbindenund zu bersetzen: ,,des Seienden, sofern es reine Wirklichkeit undSubsistenz ist"492.

4.4 Das Sein im Ursinn, seine Prinzipien unddie Fundamentalgegens tze des Seins

Nachdem wir bisher Γ und K aus methodischen Gr nden von-einander getrennt hatten, nehmen wir von nun an beide B cher zu-sammen und ziehen E i hinzu. Folgende drei Probleme waren beiBetrachtung des Γ offengeblieben (o. S. 403 f) : a) Inhalt und Cha-rakter der obersten Seinsschicht, b) Die Prinzipien und Ursachen derverschiedenen Arten von ουσία und besonders des .Seienden als sol-chen', c) Die Rolle der Fundamentalgegens tze des Seins (vor allemdes εν und des ,Materieprinzips' ττλήβος) und ihr Verh ltnis zu a)und b).

4.41 Inhalt und Charakter der obersten Seinsschicht in Γ Ε Κ

Die im Γ genannte μία τις φύσις (1003 a 34, vgl. 1003 b 14 undbesonders ioioa34) oder μία αρχή (ioo3b 6), auf welche das Seinzur ckgeht und von der es abh ngt, ist mit der ουσία, n herhin: mit

Was das K angeht, so gibt Merlan, Metaphysik 89 einige Beispiele von χωριοτόν =ακίνητο? ουσία; f r χωριοτόν im weiteren Sinne vgl. immerhin 1065a 24 το2ξω v καί χωριοτόν .das (vom Bewu tsein) unabh ngig Seiende' (N heres RossAnalyse, ferner Komm, zu 1028a 2).

191 F r die zweite M glichkeit spricht sich jetzt Kr mer, GS 350 A. 126 aus: K 7, io64a29 „fa t lediglich die Doppelfunktion der .ersten Philosophie' formelhaft zusammen,ohne zu identifizieren (καί ist nicht explikativ, sondern spezialisierend gebraucht,gem seiner steigernd hervorhebenden Grundbedeutung im Griechischen)". Vgl.indes die Stellen in Γ 3 und E i (s. o. 4.2443. mit A. 411). Von diesen Nuancen derDeutung unserer K-7-Stelle bleibt unber hrt, da δν ή 6ν in ΓΕΚ eine starke ,onto-logische' Komponente hat, die nicht auf die .theologische' reduziert werden darf;vgl. o. 4.24 passim und jetzt auch Kr mer a. O.

492 Wenn wir uns auch somit Merlans Auffassung weitgehend ann hern, so war dochder kleine Umweg n tig, um die Problematik der fj-Betrachtung noch einmal scharfherauszuheben.

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4-4 Das Sein im Ursinn 411

der obersten Substanz (πρώτη ουσία) identisch493, die 1004 a 2—4und 1005 a 35 deutlich erw hnt wird und ohne Zweifel mit der ουσίαακίνητο? von E i gleichzusetzen ist494. Unterst tzend kommen hinzudrei Stellen aus dem zweiten Teil des Γ, die ebenfalls die Dreistufungder Substanzen und das Abh ngigsem aller όντα von der oberstenουσία bezeugen495. ber das Wesen dieser ουσία erfahren wir aus denletztgenannten drei Belegen, da sie dem Werden und Vergehen und

berhaupt der κίνησις entr ckt ist, und in Γ 8 f llt der Ausdruckπρώτον κινοϋν496. Es besteht nicht der geringste Grund, diese Bestim-mungen nicht auch auf den ersten Teil des Γ anzuwenden497, und soergibt sich f r das gesamte Γ: An der Spitze der Seinsordnung stehtder unbewegte Beweger, auf welchen das gesamte Sein gegr ndet ist498.Ob er singularisch oder pluralisch verstanden wird, l t sich —mindestens zun chst — nicht genau ausmachen: Die ihn beschreiben-den Termini stehen zwar im Singular499, doch kann zumindest ουσίαauch im Singular eine Mehrzahl bezeichnen (,Seinsschicht')600, unddiese zweite M glichkeit wird auch durch 1012 b 31 το πρώτον κινοϋνnicht aufgehoben501.

493 Vgl., auch zum Folgenden 4.21 (bes. 4.211—213), 4.22. Von dem dort Gesagtenwird hier nur soviel wiederholt, wie zur Beweisf hrung erforderlich ist.

484 Die Identit t der beiden ούσίαΐ von Γ und E i betont (gegen die Skepsis Wagners145) richtig Merlan, *Ov fi S/v 149—151.

495 Sie seien hier nochmals w rtlich angef hrt: Γ 5, looga 36—38 καΐ δλλην τινάούσίαν είναι των όντων fj ούτε κίνηση υπάρχει οϋτε φθορά ούτε γένεση το παράπαν.toioa 34 ότι γαρ εστίν ακίνητο? τις φύσις δεικτέον αύτοϊς. Γ 8, ioi2b 30 f Ιστιγαρ τι δ αεί κινεί τα κινούμενα, καΐ τ6 πρώτον κινούν άκίνητον αυτό. Man kann diedrei Belege nicht als Zus tze, Einsch be oder dgl. betrachten oder sonstwie inihrem Zeugniswert herabsetzen, vgl. Kosmologie und Metaphysik 160—165. Reale122—124 (mit Umgebung). Auch hier scheint mir Wagners Zweifel (145) un-berechtigt.

49β Vgi (jje vorst. Anm.497 Vgi o 4.212, u. 4.42 u.498 Das Begr ndungsverh ltnis ergibt sich schon zwanglos aus dem Epitheton

πρώτος (ioo4a4. ioo5a35), wozu noch αρχή (ioo3b6) zu vergleichen ist.ioo3b 17 ήρτηται gilt zwar zun chst nur f r das Verh ltnis Substanz-Akzi-dentien, l t sich aber auch auf die Stufung der Substanzen bertragen.

499 Da ioo3a 34 (ioo3b 14) φύσις, ioo3b 6 αρχή und ioo4a 2 ούσίαι (von der Drei-stufung) kaum etwas beweisen, bleiben brig: 1005a 34 την πρώτην ούσίαν.loogasy δλλην τινά ούσίαν. loioa 34 ακίνητος τις φύσις. ioi2b3i το πρώτονκινούν.

600 ber ουσία grundlegend Merlan, Movers γ L — Auch 1034 a 34 φύσις d rfte einenhnlichen Bedeutungsumfang wie ουσία haben.

601 Die Seinsstufung am Ende von Γ 8 ist, weil feinere Differenzen hier sachlich nichtvon Belang waren, stark vereinfacht: Genau wie die Vielfalt des therbereichsau er Betracht gelassen wird, kann auch f r eine Mehrzahl von Bewegern stell-vertretend (oder zusammenfassend) nur das πρώτον κινοϋν genannt sein. Jeden-falls l t sich aus dem sprachlichen Ausdruck allein mitnichten eine strikt .mono-theistische' Tendenz der Stelle oder gar des gesamten Γ herleiten.

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412 4· ττλήθος als Materie-Prinzip in Metaphysik Γ/Κ

W hrend die in E i f r die oberste ουσία gebrauchten Wendun-gen zwischen Singular und Plural schwanken502, verwendet K 7 (dieParallelversion von E i) nur singularische Ausdr cke603, ohne dochsachlich etwas anderes zu meinen. Dieser Umstand zeigt offenbar,da in E i/K 7 — und demgem bestimmt auch in Γ/Κ 3—6 — dieoberste Seinsschicht einfach und vielfach zugleich ist und somitsprachlich je nach dem Gesichtspunkt als etwas Einfaches oder alsetwas Vielf ltiges gefa t werden kann. Da es in den Ausf hrungendieser B cher weniger um die Struktur der obersten Seinsschichtselbst als darum geht, da bzw. ob es ,so etwas' (d. h. etwas Unbe-wegtes und Getrenntes) berhaupt gibt, lag es f r Aristoteles nahe,singularische Wendungen zu gebrauchen, die neutral sind und des-halb nicht berinterpretiert werden d rfen504.

Immerhin bleibt zu fragen, ob die nur einmal vorkommendepluralische Formulierung505 wirklich so viel Gewicht besitzt und wasman sich konkret unter mehreren solcher οντά vorzustellen hat.Nimmt man — wie es methodisch geboten ist — den Plural ernst,dann k nnen, da typisch platonische Philosopheme wie die Ideenu. dgl. hier bestimmt nicht mehr vorliegen506, innerhalb der aristo-telischen Seinsschichtung507 nicht Sterne508, sondern nur unbewegteBeweger (Plural) gemeint sein.602 loa a ιοί εί δε τί εστίν άίδιον καΐ άκίνητον καΐ χωριστόν. io26a 16 ή δε πρώτη

(φιλοσοφία) καΐ περί χωριστά καΐ ακίνητα. 1026a 28 et ... μη εστί τις ετέρα ουσία,a 29 εΐ δ' εστί τις ουσία ακίνητος.

503 io 4a 33—37 ττερί το χωριστόν άρα δν καΐ άκίνητον ετέρα τούτων αμφοτέρωντων επιστημών εστί τις, είπερ υπάρχει τις ουσία τοιαύτη, λέγω δε χωριστή καΐακίνητος, όπερ πειρασόμεθα δεικνύναι. καΐ εϊπερ εστί τις τοιαύτη φύσις εν τοιςούσιν, . . . (vgl. auch das Folgende). 10640 ii f εΐ δ' εστίν ετέρα φύσις καΐ ουσίαχωριστή καΐ ακίνητος. Die (ο. 4-3 behandelte) Wendung 1064 a 28 f επιστήμη τουόντος fj δν καΐ χωριστόν gibt f r unsere Frage nichts aus.

504 So kann man z. B. auch die Diskrepanz zwischen K 7, io64b ίο αί φυσικαΐούσίαι und b ii f εΐ δ' εστίν ετέρα φύσις καΐ ουσία χωριστή καΐ ακίνητος nichtpressen: Die physischen Substanzen sehen wir mit eigenen Augen, und nach derExistenz jenes anderen .Etwas' wird erst gefragt, nat rlich im Singular, aber mitden Begriffen φύσις und ουσία, die alles offenlassen.

805 E i, io26a 16 χωριστά καΐ ακίνητα.608 Aristoteles vertritt in ΓΕΚ sogar nach der extrem .platonischen' Deutung Merlans

nicht mehr die Ideenlehre (PN 179. 183).507 Nat rlich kann man in den χωριστά καΐ ακίνητα Zwitter unbestimmter Qualit t

sehen, die nicht mehr platonisch und noch nicht aristotelisch seien, aber es ist sach-lich geboten, sie so konkret wie m glich zu bestimmen und dabei mu man ebenzun chst einmal von der starren Alternative ausgehen: ,wenn nicht platonisch, dannaristotelisch'. ber die Einfl sse anderer Akademiker und ,der Akademie' insgesamtvgl. 2.5, u. 4.453 u. .

508 Auf die Sterne lie e sich die Bestimmung χωριστά allenfalls noch anwenden, nichtaber ακίνητα. Die Deutung, es seien Gestirne, wird auch sowieso durch den Zu-sammenhang ausgeschlossen, denn die fraglichen όντα sind hier innerhalb der Drei-stufung der Wissenschaften (mit der Mathematik in der Mitte) der obersten (sc. der

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4-4 Das Sein im Ursinn 413

So scheinen mithin die Angaben von Γ Ε Κ einen κόσμος νοητόςunbewegter Beweger hnlich dem von Λ 8 nahezulegen. Ist indessenein solcher Schlu wahrscheinlich oder auch nur m glich? a) Wennschon das .zusatzartig' an das Ende von Γ 8 gestellte πρώτον κινούνauf das ganze Γ bertragen wird, darf man von da weiter auf E i undK schlie en ? W re es nicht vielmehr richtiger, das -πρώτον κινοΰν inΓ 8 als sp tere Zuf gung zu betrachten, die Theologik des Γ Ε Κ vonder Bewegerlehre z. B. des Λ abzutrennen und f r sich zu erkl ren,d. h. mit Merlan einen ,Bruch' innerhalb der aristotelischen Meta-physik anzunehmen509? Wer so ΓΕΚ isolieren und .immanent' deu-ten will, m te dann allerdings unter anderm vermuten, da in dendrei B chern das Sein zwar in typisch aristotelischer Weise ,kosmo-logisch' ponderiert ist510, da aber der zwischen den einzelnen Stufenbestehende Begr ndungszusammenhang nicht (oder zumindest: nichtallein) nach spezifisch aristotelischer Art ,kosmologisch' gedachtwird — eine Annahme, die Schwierigkeiten bereitet611, b) WelcheForm der Bewegerlehre ist f r Γ Ε Κ vorauszusetzen ? Sollte man, stattSingular und Plural zu vermengen, nicht eher im Γ nur die Singulari-t t, in E i nur die Vielfalt der obersten Seinsschicht betonen und ent-wicklungsgeschichtlich argumentieren, d. h. zwischen Γ und E i einenSchnitt legen (was dann auch f r das K bedeutende Folgen h tte) ?Oder kann man doch die drei B cher in diesem Punkt zusammen sehen ?

Auf diese Fragen l t sich am ehesten eine Antwort finden, wennman ber Γ Ε Κ hinaus das Gesamt der Metaphysik und der brigenSchriften des Aristoteles betrachtet.

4.42 Die oberste Seinsschicht au erhalb von Γ Ε Κ

Gegen ber vielen fr heren Versuchen, in der Metaphysik desAristoteles und in seinen anderen Schriften eine empiristisch-onto-

.ersten Philosophie') zugeordnet, w hrend die Sterne sonst (in Konkurrenz mit denMathematika) immer nur den Mittelbereich einnehmen. Vgl. Kosmologie und Meta-physik.

609 ber den angeblichen .Bruch' innerhalb der Metaphysik alles N here u. 4.5.βίο Vgl. erneut Γ 2, 1004 a 2—4 (vielleicht Dreistufung der ούσίοα mit den Sternen als

Mittelbereich; dazu o. 4.22). Γ 5, xooga 36—38 (unbewegte, unverg ngliche Sub-stanz), loioa 25—35 (Sterne, unbewegte φύσις τις). Γ 8, ioi2b 30 f (Sterne, un-bewegter Beweger). K 6, io63a 13—17 (Sterne); ferner E i, wo zuerst im Mittel-bereich der Seinsstufung die Mathematika erscheinen (1026a 14 f), dann aber die.getrennten, unbewegten, ewigen' Wesenheiten der obersten Seinssph re als.Ursachen der Sterne' bezeichnet werden: τούτα γαρ αίτια τοις φανεροΐς τωνθείων (io26a 17 f).

511 Es ist schwer, sich die Kausalit t der obersten χωριστά καΐ ακίνητα gegen ber denSternen (E i, iO26ai7 f, s. vorst. Anm.) anders vorzustellen denn als Finalit t desπρώτον κινούν. N heres ber die Urs chlichkeit der obersten Seinssph re o. 4.23, u.4-453-

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414 4· τλήθος als Materie-Prinzip in Metaphysik Γ/Κ

logische und eine idealistisch-theologische Komponente voneinanderzu trennen und zu isolieren, haben die neueren Arbeiten gezeigt, dadie gesamte aristotelische Metaphysik ebenso .theologisch' wie zu-gleich ,ontologisch' ist512, und dementsprechend auch in den brigenWerken des Aristoteles immer deutlicher den .theologischen Bezug'erkannt und w rdigen gelehrt, welcher selbst in den weitverzweigtenEr rterungen der Einzelforschung letztlich nirgends verlorengeht.Die dauernde Gegenwart des .Theologischen' bei Aristoteles, die nichtmehr bewiesen zu werden braucht, schlie t jedoch nicht aus, da dasTheologumenon inhaltlich jeweils verschieden sein kann (.akade-misch' — .aristotelisch'), eine Entwicklung durchgemacht hat p. dgl.Deshalb fassen wir kurz die Stellen au erhalb von Γ Ε Κ in den Blick,an welchen die oberste Seinssph re erw hnt wird513, und fragen dann,was sich daraus f r die Beurteilung der Belege von Γ Ε Κ ergibt.

Beginnen wir erstens mit dem Problem von Einfachheit und Viel-falt der obersten Seinsschicht. W hrend die Stellen aus den »Dialogen*kein sicheres Urteil erlauben514, zeigen die Lehrschriften neben demSingular ab und zu auch den Plural515. Wenn man diese Stellen ins-612 Vgl. o. 4.12—14. Die Seiten, auf denen Reale genau die theologische Komponente

der einzelnen Metaphysik-B cher bespricht, sind u. A. 515 verzeichnet.513 Hierbei k nnen wir uns auf knappe Bemerkungen beschr nken, nachdem die ge-

samte Frage von H. J. Kr mer jetzt gr ndlich er rtert worden ist: UGM 127 ff(Struktur und geschichtliche Stellung der aristotelischen Nus-Metaphysik), bes. 131 bis140 (Die Theologie des fr hen Aristoteles), 173—191 (Das kosmologisch-theologischeSystem bei Xenokrates und Aristoteles. Vorstufen der Beweger-Lehre); von der vor-aufgegangenen Lit. ist besonders wichtig P. Merlan, Movers. Vgl. auch Reale, Teo-frasio 147 ff (dessen Folgerungen f r Theophrast allerdings kritischer berpr fungbed rfen).

614 Περί ευχής fr. i Ross (Simplic. cael. 485, 19—22): ό θεός. In De philos. fr. 16 Ross(Simplic. cael. 288, 28—289, 15) enth lt der erste Teil der bei Ross ausgeschriebenenPassage, welcher u. U. eine hierarchische Vielfalt innerhalb des G ttlichen andeutet(,das erste und oberste G ttliche') nur Simplicius' Paraphrase der De-caelo-Stelle (zuletzterer vgl. die folgende Anm.); das eigentliche Fragment aus De philosophia (dortzweimal το θείον) spricht nicht von einer Hierarchie des G ttlichen und das an-gestrebte Beweisziel bedarf ihrer auch nicht. Man kann nicht mit Hilfe von fr. 8Ross das θείον von fr. 16 pluralisch entfalten (so Kr mer, UGM 132 f), denn fr. 8ist unecht (nachgewiesen von W. Haase, Ein vermeintliches Aristoteles-Fragmentbei Johannes Philoponos, in: Synusia, Festschrift Schadewaldt, 1965, 323—354).Wie man das Schwanken in anderen Fragmenten von De philosophia (fr. 12 a Sextusθεοί, τΐ θείον, τινά θεόν. i2b Sextus l θεοί, θεός. 13 Cic. dei [ter]. Philo το θείον,ό θεός [bis]. 14 Sen. dei [bis]. Plut. ό θεός usw.) deuten soll, ist schwer zu sagen:Jedenfalls d rfte es unm glich sein, durch die berlieferungsschichten und dieDialogform hindurch exakt Aristoteles' eigene Ansicht hier ber zu ermitteln. Zudemist sowieso bei allen Urteilen ber De philosophia einstweilen Zur ckhaltung ge-boten, solange noch keine wirkliche kritische Bestandsaufnahme der Fragmentevorliegt (eine solche wird eingeleitet von W. Haase in seiner demn chst erscheinen-den Gnomon-Rezension von Untersteiners Ausgabe).

515 Bezeichnend cael. A 9, 279ai8—35 (z. St. zuletzt Kosmologie und Metaphysik 173mit A. 68); vgl. auch Longos Index s. v. θεός und θείος. — phys. 3 6, 258b n.

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4-4 Das Sein im Ursinn 415

gesamt berblickt und den engen Zusammenhang der aristotelischenTheologik mit den akademischen Transzendenzlehren bedenkt516,kann man nur zu dem Schlu kommen617, da Aristoteles von Beginnan bis in seine Sp tzeit stets an eine .transzendente'518 Seinssph re(Seinsschicht, Seinsstufe) denkt, die nat rlich nicht monolithisch-starr.einfach' ist, sondern in ihrer Einfachheit zugleich die Vielfalt ein-schlie t und deshalb je nachdem sprachlich bald im Singular, baldim Plural formuliert werden kann.

Zweitens: Diese oberste Seinssph re versteht Aristoteles schonvon fr hester Zeit an noologisch als (sich selbst denkenden) Geist519

wie im Λ620. Auch die Lehre vom unbewegten Beweger ist mit gro erWahrscheinlichkeit schon recht fr h anzusetzen: Selbst wenn sie in

6 — 13. 259 b 28 — 31 ; ber das Kap. vgl. Kr mer, UGM 172 mit A. 158. — gen.corr. B i o, 33 7 a 17 — 22 (dazu Philoponos, Pacius, Joachim). — Aus der Meta-physik bleiben, wenn man kritische Referate anderer Lehren, z. B. Z 2, 1028 b13 — 32. M. N) und u erungen ber den Volksglauben (z. B. Λ 8, iO74a 38ff) weg-l t, brig: A 2, 983a 7 καν εϊ τις των θείων είη (επιστήμη). Δ 5, ioi5b ΐ 4 ί εϊ άραΙστιν αττα άίδια καΐ ακίνητα, ουδέν (εν) έκείνοις εστί βίαιον ουδέ παρά φύσιν.Ζ ι6, 1041 a 2 ί ώστε καΐ νυν εΐ μη έχομεν τίνες είσίν, αλλ' είναί γέ τινας (ουσίαςάιδίους) ίσως άναγκαϊον. Η ι, 1042 a 31 των γαρ κατά τον λόγον ουσιών αϊ μεν αίδ' ου (sc. χωριστοί; vgl. Reale 201). Λ 6, 1071 b 20 — 22 έτι τοίνυν ταύτας δει τάςουσίας είναι άνευ ύλης· οαδίους γαρ δει, είπερ γε καΐ άλλο τι άίδιον. Λ 7. 1072 b i fότι δ' εστί το ου ένεκα εν τοις άκινήτοις, ή διαίρεσις δηλοΤ. Λ 8 passim. Vgl. auchα ι, 993 b 28 — 31. Ζ 4, io2gb 7 — 1 1. Θ ίο, 1051 b 27 — 31 (dazu Tugendhat,Gnomon 38, 1966, 756 f ). N 3, 1091 a 20 f τάς γαρ εν τοις ακίνητος ζητοϋμεν αρχάς.Man beachte, da sich hierunter (nach Jaeger) .fr he' und .sp te* Belege finden.Er rterung der .theologischen' Stellen der Metaphysik (z. T. etwas summarisch)bei Reale 20 — 24 (A). 82 — 84 (B). 114 — 124 (Γ) . 304 (Δ). 145 — 154 und 165 — 171(E). 182—188 (Z). 200—202 (H). 205—208 (θ). 236 ff (K). 259—261 (Λ). 274 f(M N). — Aus den Ethiken geh rt hierher allenfalls EE B 6, I222b 20 — 23. Vgl.ferner Owens 445 mit A. 38.

816 berzeugend aufgewiesen von Kr mer, UGM 127 — 191 (Struktur und geschicht-liche Stellung der aristotelischen Nus-Metaphysik); zusammenfassend und weiter-f hrend ders., GS 313-337.

817 Vgl. Merlan, Movers und PN passim, Kr mer, UGM passim, bes. 148. 172 f.618 Die von einigen Forschern (v. Arnim, Moreau, Gohlke, Wundt) angenommene Ent-

wicklung des Aristoteles von akademischer Transzendenz ber eine Periode derImmanenz zu spezifisch eigener Transzendenz l t sich also nicht aufrecht erhalten(Kr mer, UGM 131 — 139, bes. 139): Aristoteles hat vielmehr immer eine .Tran-szendenz' im Sinne einer obersten Seinsscbicht gekannt (wobei der Ausdruck .tran-szendent' noch philosophischer Durchdringung bedarf, jedenfalls nicht ohne weiteresultrarealistisch-topologisch gedeutet werden kann) und sie nur jeweils inhaltlichverschieden gefa t.

519 Περί ευχής fr. i Ross. De philos. fr. 26 Ross. EE H 12, I245b 12 ff. I244b 21 ff.met. A 2, 983a5 — 10. Dazu Kr mer, UGM 131 — 140; vgl. auch Kr mer, GS 315.

820 Kr mer, UGM 140. — Obgleich selbst Gegner der Jaegerschen Fr hdatierung das Λbisweilen nicht allzu sp t ansetzen (v. Arnim: vor 338 v. Chr.), wird doch wohlniemand eine Sp tzeit des Aristoteles annehmen (etwa nach 338), in welcher er dieNoologie des Λ aufgegeben h tte. Eine solche Vermutung m te sich u. a. mit an.Γ 5 und ΕΝ Χ auseinandersetzen.

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416 4· als Materie-Prinzip in Metaphysik /

De philosophia noch nicht belegt ist521 und die Stellen aus den Lehr-schriften, an denen sie erscheint, sämtlich ,spät' sein sollten522, reichtdoch der akademische Hintergrund, in dem sie steht (Platon, Politi-kos; Xenokrates; Eudoxos)523, aus, um sie für eine ziemlich früheZeit aristotelischen Philosophierens zu sichern524.

Wir haben somit für alle Bücher der Metaphysik mit einer obe-ren Seinssphäre zu rechnen, welche die drei Charakteristika aufweist:Sie ist in eine Vielfalt gegliedert, ist unbewegter Beweger des Kosmosund besitzt Nus-Charakter.

4.43 ,Die ersten Ursachen des Seienden als solchen'

Diesen aus den übrigen Büchern der Metaphysik und weiterenSchriften gewonnenen Feststellungen über den Charakter der ober-sten Seinssphäre passen sich die Angaben von (vgl. o. 4.41}bruchlos ein. Die Pluralität wird durch E i verbürgt, die kosmischeWirkursächlichkeit ebenfalls durch E i und noch deutlicher durchdie Hinweise des , wo auch direkt der unbewegte Beweger genannt

621 De philos. fr. 26 Ross wird von Krämer, UGM 133—135 (vgl. 184) plausibel auf denunbewegten Beweger gedeutet. — Obwohl die Schrift De philosophia in fr. 13 denkosmologischen Gottesbeweis, in fr. 16 das argumentum ex gradibüs enthält, kann sietrotzdem durchaus auch den Beweis ex parte motus mindestens im Ansatz enthaltenhaben (zu skeptisch Krämer, UGM 184. 172 A. 159), der ja bereits bei Platon(Phaidros 2450 ff, Nomoi 891B ff) angelegt ist. Man kann also keinesfalls fr. 13 und16 gegen die Annahme, in De philosophia sei die Lehre vom unbewegten Bewegerenthalten gewesen, verwenden, vielmehr dafür: Denn diese Beweise hängen so engmiteinander zusammen, daß der eine den ändern faktisch impliziert (J. Hirschber-ger, Gottesbeweise, in: Denkender Glaube, Frankfurt 1966, —149). Dieser Schlußdürfte trotz der Unsicherheit, in der sich die Forschung in bezug auf De philosophiagerade befindet (o. S. 414 A. 514), bestehen bleiben.

522 Die einschlägigen Stellen aus cael., gen. corr., met. , mot. an. und phys. , , 5 be-spricht Ross, Aristotle's Physics 97— (hinzuzufügen wäre met. 8, io5obsf;vgl. Reale 205—207). Hiervon gelten cael. und phys. (gen. corr. ?) gemeinhin alsfrüh (so auch During 50); weitere chronologische Erörterungen lassen wir beiseite:Neueste Chronologie bei During 50—52.

623 Krämer, UGM 173—191 (Das kosmologisch-theologische System bei Xenokrates undAristoteles. Vorstufen der Bewegerlehre).

524 Wann Aristoteles die Vielfachheit des in eine astronomisch exakteForm brachte, wie sie in 8 vorliegt, ist eine andere Frage: Da 8 mit den um-liegenden Kapiteln eine Einheit bildet (Merlan, Movers) und das insgesamt nichtzu spät datiert werden kann, da ferner E i, io26a 17 f (Plural, kosmologische Ur-sachen) auch recht früh sein könnte und phys. 3 6 nicht hemmend im Wege steht(Merlan, Movers 25—28 richtig gegen Jaeger), möchte ich weniger skeptisch alsKrämer (UGM 172 A. 158. 186 A. 215) eine ziemlich frühe Ausformung der .all-gemeinen Beweger-Lehre' für möglich halten. Aber die Entscheidung dieser Einzel-frage hat keinen Einfluß auf das uns vorliegende Problem. Übersicht über die ver-schiedenen Deutungen des und seiner Bewegerlehre bei Reale 280—289.

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4-4 Das Sein im Ursinn 417

wird525. Der Nus-Charakter ist in ΓΕΚ weder bezeugt noch sprichtetwas gegen ihn; man kann ihn annehmen, aber dies ist f r das vor-liegende Beweisziel ohne Belang. Oberste Seinsschicht sind also inΓ Ε Κ die reinen Formen der unbewegten Beweger626.

Wie verhalten sich nun zu dieser obersten Seinssph re die ,erstenUrsachen des Seienden als solchen', die am Schlu von Γ ι als Objektder ersten Philosophie genannt werden527 ? Obwohl .Ontologie', Theo-logik und Erforschung der .ersten άρχαί' als Aspekte der gleichenWissenschaft (sc. der ,ersten Philosophie') im Grunde dasselbe sind628

und somit auch ,Sein', oberste Seinssph re und erste Ursachen letzt-lich konvergieren, mu die Art der Konvergenz genau bestimmt wer-den, weil davon vieles abh ngt:

Aristoteles bezieht gleich die .Ursachen' auf die ουσία, denn Γ ι,1003 a 26 f hei t es, „die Prinzipien und obersten Ursachen" (αίάρχαί καΐ αί άκρόταται αίτίαι) geh rten einer φύσις τις καθ' αυτήν an;und nach Γ 2, 1003b i8f mu der Philosoph των ουσιών τάς αρχάςκαι τάς αίτίας εχειν. Im weiteren Verlauf des Γ werden Prinzipien derSubstanzen oder gar der ersten Substanz nicht mehr erw hnt, dagegenerscheint das Wort άρχαί im Zusammenhang mit der Wissenschaftvom ov fj ov und mit den Gegens tzen: πάντα ή εναντία ή εξ εναντίων,άρχαί δε των εναντίων το εν καΐ πλήθος (1005a 3—5)· Und am Anfangder langen Er rterung ber den Widerspruchssatz hei t es, derPhilosoph, der „jede Substanz (-Art) betrachte, wie sie von Natursei", und die όντα fj οντά behandele, m sse die syllogistischen Prin-zipien und berhaupt die „sichersten Prinzipien aller Dinge" (1005 b10 f) kennen; das „sicherste aller Prinzipien" aber sei der Widerspruchs-satz (ioo5b ii f mit b 16—18 und b 19 f).

Demnach treffen wir im Γ an: Prinzipien i. des Seienden alssolchen; 2. der Substanzen; 3. der Gegens tze; 4. der Logik. Wiedie vier Arten zusammenh ngen und welche von ihnen identisch sind,l t sich noch nicht sagen. Auf jeden Fall werden sie alle von einereinzigen Wissenschaft, der Seins Wissenschaft, behandelt.

In den Aporien von K 2 werden άρχαί genannt, aber danach inK 3 weder beim Pros-hen und der Vielfachbedeutung des Seins noch

625 Diese Stellen des Γ sitzen, wie schon gesagt, so fest im Kontext, da man sie nichtals sp tere Zuf gungen ausscheiden kann (Reale 123—125).

626 Die Verbindung zwischen Γ E und Λ stellen von den Neueren berzeugend herz. B. Owens, Gomez Nogales, Soleri, Reale, Patzig (197—201) und Kr mer, UGM.Vgl. u. 4.5.

827 1003 a 31 f.628 Das hat gut Reale herausgearbeitet, bes. ιοί—104 ( ber Γ ι) und 31—33 (A), aber

auch sonst bei Betrachtung der .componente aitiologica' in allen Metaphysik-B chern (vgl. sein Inhaltsverzeichnis). Fazit: „aitiologia e ontologia si riduconol'una all'altra" (102).

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418 4· πλήθος als Materie-Prinzip in Metaphysik Γ/Κ

bei den Gegens tzen. Da aber die Frage nach den ,Prinzipien' latenthinter allem steht, zeigt ihre eher beil ufige Erw hnung K 4, 1061b 29529, vielleicht auch der Umstand, da sofort darauf der Wider-spruchssatz, wie im Γ, ,Prinzip' genannt wird. Das zentrale K 7 be-ginnt mit der Bemerkung, jede Wissenschaft suche nach bestimmtenPrinzipien und Ursachen ihres Gegenstandsbereiches, also auch,m ssen wir erg nzen, die Wissenschaft vom Seienden als solchem(1063 b 36 f) ; wichtigste Frage und zugleich .Prinzip' (d. h. Ausgangs-punkt) jeder Wissenschaft ist die Wesensfrage (τί εστίν)530. Inwie-fern gilt dies alles f r die Seinswissenschaft, die sich vornehmlichmit der obersten Seinsschicht befa t ?: Die unbewegte Substanz, dasG ttliche, ist „erstes und eigentlichstes Prinzip"531.

Dieser wichtige Satz hat seine Entsprechung in E i632, wo ja dasZiel der Seinswissenschaft sofort zu Anfang deutlich bezeichnet wird:αί άρχαΐ και τα αίτια ζητείται των δυτών, δήλον δε δτι fj όντα. Auchalle anderen Wissenschaften befassen sich mehr oder minder mit denUrsachen, aber sie behandeln nur einen Ausschnitt, nicht aber das„Seiende schlechthin und als solches", auch nicht die Frage nach demWesen des Seinsbereiches, den sie untersuchen533, ja sie wissen garnicht, ob es diesen Seinsbereich berhaupt gibt. Dann geht Aristoteleszur Physik und zur Dreiteilung der Wissenschaft ber, in der dieSeinswissenschaft den ersten Platz einnimmt. Ist sie nun a) καθόλουoder b) ιτερί τι γένος καΐ φυσιν τινά μίαν ( iO20a24f)? Antwort:καθόλου ούτως ότι πρώτη (i020a 30 f), d. h.: Sie ist beides; ihr γένος,die ουσία ακίνητος, ist so fundamental, da sie damit eo ipso .allge-mein' wird. Deshalb kann der unmittelbar folgende Schlu satz vonE i wieder »allgemein ontologisch' klingen: καΐ περί του δντος f) δνταύτης αν είη θεωρήσαι, και τί εστί και τα υπάρχοντα ή δν (i020a 31 f)·Diese Doppelgesichtigkeit der Seinswissenschaft ist uns ja schon ver-traut. Worin bestehen nun ihre Prinzipien ?: Alle Ursachen m ssenewig sein, am meisten aber die der Seinswissenschaft, denn diese sindUrsachen f r die „sichtbaren g ttlichen Dinge", die Himmelsk r-per534. Da nach Aristoteles schon die verg nglichen Dinge letztlich

529 ή φυσική . . . τά$ αρχάς θεωρεί τάς των όντων fj κινούμενα καΐ ούχ fj όντα.630 1064a 19 f, weniger deutlich 10643 5! 7.631 εΐπερ ϋστι τις τοιαύτη φύσις (sc. die getrennte und unbewegte Substanz) εν τοις

οΰσιν, ivrot ' αν εϊη που καΐ το θείον, καΐ αυτή αν εϊη ή πρώτη καΐ κυριωτάτηαρχή (io64a36—b i).

«s Vgl. zu E i neben Merlan 168—173 (dessen Aufstellungen genau gepr ft werdenm ten) z. B. Reale 144—154. 165—171.

683 I025b9f ουχί περί δντος απλώς ουδέ ή όν, ουδέ του τ! εστίν ούδένα λόγον ποι-ου νται.

584 io26a 16—18 ή δε πρώτη (φιλοσοφία) καΐ περί χωριστά καΐ ακίνητα, ανάγκη δεπάντα μεν τα αίτια άίδια εϊναι, μάλιστα δε ταΰτα* ταϋτα γαρ αίτια τοις φανεροΐςτων θείων.

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4-4 Das Sein im Ursinn 419

nur auf unverg nglichen Ursachen beruhen535, gilt dies noch vielmehr f r die Himmelsk rper, die ob ihrer Unverg nglichkeit ftermit der Wandelbarkeit des sublunaren Bereichs kontrastiert wer-den536, aber selbst, weil in Bewegung befindlich und in dieser Hinsichtunvollkommen, noch einer Ursache bed rfen. Diese m te unbewegtsein, d. h. es ist an die ,Seinssph re des Unbewegten' zu denken (1026a 16. 29). Wie ersichtlich, entspricht diese Stelle des El der ττρώτηκαι κυριωτάτη αρχή von K 7537·

Das Bild rundet sich, wenn man erneut das Λ heranzieht, wodie endlichen Substanzen alle auf die ewige Substanz als ihr Prinzipbezogen sind, und betont, da die Reihung der Substanzen erst durchdiese Verankerung im ewigen Sein ihren Sinn empf ngt638.

Damit findet ein Problem seine L sung, das im Aporienbuch Bangesprochen worden war: ,,Wenn es nichts Ewiges gibt, kann es auchkein Werden geben", d. h. Voraussetzung und Urgrund alles Werdensist das Ewige539. Markanter formuliert wird diese Frage des B imAporienteil des K: Gesucht ist eine άίδιος ουσία χωριστή als ,Prinzip':πώς γαρ εσται τάξις μη τίνος δντος άιδίου καΐ χωριστού και μένοντος ?Und είπερ εστί τις ουσία και αρχή τοιαύτη την φύσιν κτλ.640.

Wenn wir uns nun zu den oben genannten vier Arten von άρχαίzur ckwenden, die im Γ erw hnt werden, so lautet f r die beidenersten Arten die (oder wenigstens: eine) Antwort: Oberstes und eigent-lichstes Prinzip des Seienden als solchen bzw. — was f r Aristotelesja praktisch dasselbe bedeutet — der ,Substanzen' ist die Seinsschichtdes Unbewegten541. Hieran kn pfen sich gleich zwei weitere Fragen:Erstens, welche Art von Kausalit t liegt vor ? Zweitens, wie pa t diesesErgebnis zum g ngigen Vier-Ursachen-Schema des Aristoteles ?

Zu eins: Der in Γ Ε Κ vorliegende ,kosmologische' Seinsaufbauund die Natur der obersten Seinsschicht (unbewegter Beweger) —636 Eindrucksvoll z. B. in gen. corr. entwickelt.63β Vgl. Kosmologie und Metaphysik passim.637 Reale 144 untersucht die .componente aitiologica' in E i, erw hnt aber weder hier

noch im Folgenden unsere Stelle. In den richtigen Zusammenhang wird sie gestelltz. B. von Gomez Nogales 152, Docarie 135 mit A. 4. Docarie sagt mit Recht, da dieBestimmungen von K 7 (πρώτη καΐ κυρκοτάτη αρχή) in E i zwar nicht direkt ausge-sprochen werden, wohl aber dort implizit enthalten sind.

638 So sehr lehrreich Patzig 196—201 (dessen Ausdruck ,Pros-hen' — oder gar ,Par-onymie' — f r die vertikale Schichtenfolge durch .Reihung' zu ersetzen ist). ber dieDreistufung der οΰσίαι als ,Reihe' o. 4.212 (mit Umgebung).

539 B 4, 999b 5f. ber diese Aporie Reale 68—70. 97!; zur Beurteilung des B Reale 79ff.540 K 2, io6oa 25—28. Wichtig dazu Reale 227f.841 Auch hier ist wieder auf Reale zu verweisen, der instruktiv die Metaphysik als

Wissenschaft vom letzten Grund beschreibt (.componente aitiologica'): Vgl. 24—29.34—45 (Significato, natura e genesi delta teoria delle quattro cause), bes. 37 (Gott alsreine Form ist Universalprinzip), und die Er rterungen ber die .componenteaitiologica' in den einzelnen Metaphysik-B chern (vgl. das Inhaltsverzeichnis).

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420 4· ττλήθθ5 als Materie-Prinzip in Metaphysik Γ/Κ

beides zusammen typisch aristotelisch — weisen, obwohl direkte Be-lege fehlen, unzweideutig auf die kosmologisch ponderierte Teleologiedes Aristoteles, bei welcher die unvollkommenen οντά das Vollkom-mene erstreben542. Die aristotelische Teleologie geht zwar in wesent-lichen Punkten auf Platon und die Akademie zur ck543, kann aber,da Aristoteles an den ihm vorgegebenen Gedanken nicht wenig ge-ndert hat644, als aristotelische Art von Seinsbegr ndung bezeichnet

werden.Hinzu kommt, da die Dreistufung der Substanzen eine ,Reihe'

des »Fr her' und .Sp ter' bildet. Solche Reihen, in denen das vor-geordnete Glied eine Art .Allgemeinbegriff' und .Prinzip' f r die nach-geordneten ist, sind f r die platonisch-akademische Seinsstufungcharakteristisch, werden aber auch von Aristoteles bernommen undweitergedacht645. Wie schon bei Platon und in der Akademie Teleo-logie und Reihenhaftigkeit sich nicht ausschlie en, sondern erg nzen,so noch mehr bei Aristoteles: Denn da bei ihm die Reihe von einemmathematisch-quantitativ bestimmten, .ableitbaren' Etwas allm h-lich zu einer Ordnung qualitativ bestimmter und somit unableitbarer(gleichsam .isolierter') Glieder wird, werden Zusammenhang der Reiheund Stellung des einzelnen Gliedes nicht mehr recht durch die Reihen-haftigkeit als solche garantiert, so da die Teleologie eben dadurchstark in den Vordergrund tritt.

Zu zwei: Grundlage der Seinsstufung (,Reihung') sind die Wesens-formen (είδη), angefangen vondenevuAoc είδη der verg nglichen Sub-stanzen ber die είδη der thersph ren zum είδος (den είδη) desunbewegten Bewegers (der Beweger). Die reine Form des unbewegtenBewegers ist nun aber nicht nur erstes Glied und Prinzip der Formen-reihe648, sondern — ώ$ έρώμενον — Telos f r das Streben der Weltund somit Bewegungsursache der Welt. Sie verk rpert damit den In-begriff von drei der vier aristotelischen Ursachen547.

542 Vgl. dazu u. 8.233, o. 4.213, 4.23.643 Vgl. o. 2.25, dazu wieder o. 4.213, 4.23.544 Das Wichtigste sei hier stichwortartig wiederholt: Systematisierung und Schemati-

sierung der akademischen Anregungen im Rahmen des aristotelischen Seinsaufbauesund Vier-Ursachen-Schemas (wobei nicht nur das Techne-Modell, sondern auch bio-logische Vorstellungen einwirken); Zur cktreten des Seelischen und damit der.erotischen' Komponente. Vgl. die in A. 542 und 543 genannten anderen Abschnitte.

646 N heres o. 4.21, vor allem 4.213.648 F r diese Feststellung gen gt es, da der reine vo g des unbewegten Bewegers der

Welt und ihren Wesensformen gegen ber .transzendent' ist: Wir brauchen also dievielbehandelte Frage, ob das Denken des unbewegten Bewegers die .Welt' bzw. denStufenbau der Formen einbegreift (dar ber zuletzt Kr mer, GS 3i3ff), hier nicht zuer rtern.

647 Diese Fakten sind so gut bekannt, da sie nicht n her aufgef hrt zu werden brauchen.Vgl. erneut Reale an den o. S. 419 A. 541 genannten Stellen.

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4-4 Das Sein im Ursinn 421

Wie steht es nun um die vierte Ursache, die Materie? W hrendsie beim Weg zur ,reinen Form' nur negativ beteiligt ist als das, wasbeim Aufstieg eliminiert wird, scheint es keinen Weg zur ,reinen Ma-terie' zu geben, ja es ist fraglich, ob es die .reine Materie' berhaupt,gibt'. Das wird uns in den folgenden Abschnitten besch ftigen548.Hier an unserer Stelle ist zu pr fen, ob das zu den .Prinzipien derGegens tze' geh rende πλήθος ein Materie- Prinzip ist549. Demgemfragen wir, welchen Seinsrang πλήθος besitzt (4.44) und wie es sichzum .eigentlichsten Prinzip', der obersten Seinsstufe, verh lt (4.45).

4.44 Die ontologische Bedeutung der Gegens tze: Diearistotelische Gegensatz-Lehre in Γ 2 und K 3

In Γ und K schlie t sich an die Hinwendung alles Seienden auf,,ein Gemeinsames"550 die R ckf hrung aller Gegensatzpaare aufoberste Gegens tze an551. Den Formulierungen des K darf man ent-nehmen, da nur ein einziges Paar oberster Gegens tze gemeint ist,welches εν — πλήθος, όμοιότης — άνομοιότης oder sonstwie andersbenannt sein kann552. Im Γ ist ebenfalls nur von einem obersten Paardie Rede, das mehrfach εν — πλήθος, einmal 6v — μη v genanntwird053; beides sind nur verschiedene Seiten ein und derselben Anti-these, wie die ausf hrlich besprochene Gleichsetzung von v und ενzeigt654, die sinngem ja auch f r μη δ ν und πλήθος gilt655. Die R ck-f hrung alles Seins auf diese Prinzipien wird mehrfach nicht alsλέγεσθαι προς, sondern als άνογειν bezeichnet556. Warum erw hntAristoteles berhaupt die Gegens tze ? :548 Vgl. 5 — 8 bes. 7 (Weg zur reinen Hyle) und 8 (Die Hyle als Seinsprinzip).649 Das ist ja die Aufgabe des Abschnitts 4.650 K 3, 1060 b 31 — io6ia ίο ~ Γ 2, ioo3a 33 — b 22. Die genaue Entsprechung im Γ

ist nicht immer ganz deutlich.881 K 3, io6iaii — 15. Γ 2, 10043 ι. ίο. 17 — 22. b 27 — ioo5a5-562 Aristoteles spricht zwar unbestimmt von „ersten Unterschieden und Gegens tzen

des Seins" (1061 a izi. 14), impliziert aber, da es sich um ein einziges Paar handelt,indem er die Benennungen daf r (Iv — πλήθος usw.) durch είτε . . . είτε . . . είτε . . .(a 13 f) disjunktiv zur Wahl stellt.

ess gv — πλήθος ioo4b 28f. 34. 1005 a 4f (angedeutet ioo4aio); δν — μη v ioo4b28. — Weitere Bezeichnungen finden sich ioo4b 31 — 33: περιττόν — αρτιον,θερμόν — φυχρόν, πέρας — άπειρον, φιλία — νεΐκος ; es handelt sich aber um einedoxographische Notiz (vgl. u. 4.61).

854 Γ 2, ioo3b 22 — ioo4a 2; k rzer K 3, io6ia 15 — 18. Im K wird μη δν nicht er-w hnt.

565 μη δν ausdr cklich zu erw hnen, h tte ioo4a 17 — 19 sehr nahe gelegen, woέτερον, άνόμοιον, ανισον als Elemente der zweiten Systoichie genannt werden.Wie wir im Folgenden noch sehen werden, ist beim έτερον das μη δν mitgemeint.Vgl. auch noch 1003 b ίο μη δν.

859 K 3, io6ia ii. 13. 16. b 4 (vgl. a 2). Γ 2, ioo4a i. b 28. 34. loosa i. Vgl. άνα-φέρεσθαι 1 004 a 26.

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422 4· πλήθος als Materie-Prinzip in Metaphysik Γ/Κ

Wir nehmen K 3 vorweg, weil hier die Antwort in einem einzigenSatz erfolgt: έπει δε τταντό$ του όντο$ irpos εν τι και κοινόν ή αναγωγήγίγνεται, και των έναντιώσεων εκάστη ττρό$ τά$ ττρώταξ διαφορά; καΐίναντιώσει$ άναχΟήσεται του όντος (io6ia ίο—13). Warum die R ck-f hrung auf ein Sein im Ursinn notwendig eine R ckf hrung derGegens tze auf ein oberstes Gegensatzpaar nach sich zieht, erfahrenwir erst 1061 b 4 f (vgl. b 12 f ) : Die Gegens tze geh ren zu den Grund-gegebenheiten des Seins557.

In Γ 2 f hrt eine ziemlich konsequente Gedankenlinie von 1003a 33 bis 1004 a 9658: Aufgipfelung alles Seienden im Pros-hen zum,Sein schlechthin', Gleichsetzung von ,Sein' und ,Eins'. Folglich hates die Seins Wissenschaft auch mit den Besonderungen des , Einen'zu tun, n mlich .Identit t', . hnlichkeit' usw. (1003 b 33—1004a 2)559. Und da jede Wissenschaft sich zugleich mit dem .Gegenteil'ihres Gegenstandes befa t660, untersucht die Seinswissenschaft auchdie .Vielheit' und ihre Unterarten wie .Anderssein', ,Un hnlichkeit',.Ungleichheit', .Gegens tzlichkeit' u.dgl. (1004 a 9—22). Pros-henund Ineinssetzung von v und εν f hren also zum Aufbau und zurEntfaltung der ersten Systoichie, die Anschauung vom Zusammen-hang der Gegens tze dann weiter zur zweiten Systoichie.

Das Gleiche sagt dann Aristoteles noch einmal etwas anders ge-wendet: Jeder einzelne der allgemeinsten Seinsbegriffe (wie .Selbig-keit', .Anderssein' usw.) wird in seiner Vielfachbedeutung erkannt(z. B. die vielen Grade und Abwandlungen von ,Selbigkeit') und zu-gleich in sich als Einheit gefa t, indem man alle einzelnen Auspr -gungen dieses .Begriffes' auf ein »Erstes' zur ckf hrt (d. h. auf eine

557 Welche Beziehung zwischen den σνμβεβηκότα und den Gegens tzen besteht,bleibt unsicher, jedenfalls ist καί b 4 nicht explikativ. Vgl. die Verkn pfungb 12 f, wo allerdings die συμβεβηκότα nicht erw hnt werden.

see Vgl. Wagner 142—145 und o. 4.22.569 Nat rlich ist die Er rterung ber ov = Iv (1003b 22—1004a 2) breit ausgefallen,

und sie unterbricht irgendwie den Faden, der von ioo3b 22 zu ioo4a 2 f hrt; zurErleichterung m chte man ioo4a 2—9 direkt hinter ioo3b 22 εΙδών versetzen (soAlex. Aphr., hnlich Schwegler; vgl. aber ioo4a 5 καί το Iv, dessen Tilgung nichtberechtigt ist, o. S. 380 A. 343). Aber wir k nnen sie nicht entbehren, weil sonstioo4agff unverst ndlich w rde. Au erdem l t sich der Gedankenablauf K 3,lo ia 10—19 trotz mancher Verschiedenheiten (a n—15 Erw hnung von Iv undττλήθο; vor der Gleichsetzung δν = εν) durchaus heranziehen, um die berlieferteReihenfolge in Γ 2 zu st tzen. Deshalb kann ich Jaegers Klammern um 1003 b22—1004 a 2 (trotz Alexander, Schwegler, Christ) nicht billigen. — Ob man 1003 b36 Alexanders Erg nzung aufnimmt oder nicht, ist belanglos (f r das Erste sprichtK 3, io6ia ii—15 und der Ausdruck ioo4a ι τάνσντία, f r das Zweite nur derKontext), jedenfalls wird die zweite Syzygie erst 1004a 9ff explizit besprochen.

560 ioo4a9f. Aristoteles lehrt das ja h ufig, vgl. Schwegler 3, 119.

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4-4 Das Sein im Ursinn 423

.erste Selbigkeit' usw.)561. Die Zur ckf hrung pros hen, die wir beimSeinsbegriff genau kennengelernt haben, wiederholt sich also hier beiεν, τούτου, έτερον und berhaupt den εναντία562. Erneut wird auchder platonische Hintergrund deutlich563.

An welchen Punkt dieser allgemeinen Pros-hen-Bewegung geh rtnun die Unterscheidung der beiden Systoichien von Iv und πλήθος?Im vorhergehenden Abschnitt (ioo4a 9—22) war sofort der obersteGegensatz genannt worden und die anderen Paare wurden gleichsamdeduktiv aus ihm abgeleitet. Hier nun im mehr .induktiven' Teil(1004 a 22—28) fehlt ein entsprechender Hinweis, aber wir d rfen diePros-hen-Methode, die zum jeweils obersten εν, δμοιον, άνισο ν, έτερονusw. gef hrt hat, fortsetzen, indem wir τούτον, δμοιον, ίσον usw.weiter auf εν, ihre Gegenteile auf πλήθος ο. . zur ckf hren und sowiederum zwei Systoichien mit einem obersten Gegensatzpaar er-halten (dessen Benennung vorerst gleichg ltig ist).

Damit ist die Einheit der Seinswissenschaft gesichert, die περίτούτων (sc. die genannten gegens tzlichen Begriffe) καΐ της ουσίας(ioo4a32f) handelt, und, wie es ioo4a33f hei t, die Antwort aufeine der Aporien des Buches B gefunden. Man kann nicht daran zwei-feln, da B 995b 18—27 gemeint ist, wo gefragt wird: Richtet sich dieSeinswissenschaft nur a) περί τάς ουσίας oder auch b) περί τα συμ-βεβηκότα, c) ,,dazu noch" (προς 5έ τούτοις) auf τούτον, έτερον,δμοιον, άνόμοιον, έναντιότης, πρότερον, ύστερον und all jene Begriffe,welche die Dialektiker oberfl chlich behandeln? Die ParallelstelleB 997 a 25—34 verengt die Wahl des Themas auf a) ούσίαι, b) συμ-βεβηκότα564. Selbst wenn man letzteren Begriff so weit wie m glich

691 1004a 22—28.M2 Die Methode ist die gleiche wie beim Seinsbegriff: Anhand des Substanz-Akzidens-

Modells wird jede Besonderung auf das πρώτον zur ckgef hrt. Ob 1004a 29κατηγορία .Pr dikat' (so die Erkl rer) oder .Kategorie' bedeutet (trotz der Wort-stellung m glich), steht dahin; jedenfalls ergibt sich aus 1004a 30f ein kategorialesDenkverfahren wie beim Seinsbegriff (vgl. loo a 35ff und o. 4.21, bes. 4.211). Wirsprechen in diesem Abschnitt von ,Pros-hen' und nicht von .Reihe' (zu beidenTermini o. 4.212), verwenden also absichtlich den weiteren Begriff, weil bei deneinzelnen Reduktionen nicht gen gend deutlich wird, ob die dem πρώτον nach-geordneten Glieder wieder unter sich eine Ordnung bilden (was f r eine .Reihe'charakteristisch ist) oder nicht.

sea Vgl. neben dem Phaidon (74A—750 ber .das Gleiche'; das πρώτον ίσον wird beiAristoteles nicht direkt genannt, aber vom Zusammenhang vorausgesetzt, vgl.1004 a 18 άνισο v) die Sp tdialoge, besonders aber die innerschulischen Diskussionenber die Gegensatzlehre, ber die wir dank den Forschungen der letzten Zeit schon

recht gut Bescheid wissen: Gaiser 515—528 (Belege und Lit.). Kr mer, UGM Indexs. v. Systoichienlehre. Retraktationen 158—160. Prinzipienlehre und Dialektik 46ff.Vgl. auch u. 4.6.

584 So auch K I , iO59a 29—34. Die Gegens tze werden erst K 3, io6ib5- 12 ff aus-dr cklich erw hnt.

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424 4· "Πλήθος als Materie-Prinzip in Metaphysik Γ/Κ

nimmt665, bezeichnet er doch stets etwas Nachgeordnetes, nie ein,Prinzip'. Begreift Aristoteles also (mindestens manchmal) unter dieσνμβεβηκότα die Gegens tze mit ein, d. h. fa t er sie als etwas derουσία gegen ber Akzidenteiles ?

Kehren wir zu Γ 2 zur ck. Gleich anschlie end an die oben ver-lassene Stelle hei t es 1004 b i ff nochmals, der Philosoph untersuchedie einzelnen Gegens tze sowie Gegens tzlichkeit und Identit t all-gemein666.

Die eben genannten Begriffe s mtlich του ένό$ fj εν και του όντοςfj δν . . . καθ' αυτά εστί πάθη (1004 b 5 f), sie sind τφ δντι fj δ ν . . . ίδια(ioo4b 15 f) oder υπάρχοντα (1005 a 14). Hier wiederholt sich die ebenschon angedeutete Frage: Welche Stellung haben die πάθη, ίδια,υπάρχοντα ?

Die von Aristoteles hier verwendeten W rter πάθο$, ίδιον undυπάρχον helfen nicht weiter, weil sie sowohl .wesentliche* wie ,un-wesentliche' Bestimmungen bezeichnen k nnen567; auf jeden Fallzwingen sie nicht, an ,Akzidentien' zu denken (was betont werdenmu ), schlie en sie aber freilich auch nicht aus. Somit ist man auf

v f) ov als dasjenige verwiesen, wovon die Gegens tze πάθη (ίδια,υπάρχοντα) sind. Wir haben gesehen, da ov fj ov alles Seiende be-zeichnet — angefangen von den ,Akzidentien' (im weitesten Sinne)

ber die kontingenten Substanzen und Sterne bis zum unbewegtenBeweger —, sofern es am »wahren Sein' der Form bzw. ουσία (d. h.schlie lich an der reinen Form bzw. ουσία des unbewegten Bewegers)teilhat und darauf bezogen ist568. Wie hat man sich nun das Verh ltnisdes so bezogenen Seienden zu den Gegens tzen vorzustellen ?

Da .Sein' nach Aristoteles sich durchaus nicht im ουσία-Seinersch pft, aber doch auf ουσία hin ponderiert ist569, ist von vorne-herein deutlich, da auch hier im Γ ουσία allenthalben einen sehrwichtigen Platz einnimmt und nicht etwa hinter den Gegens tzen in

686 Vgl. Schwegler 3, 123 f.Me Hier wie auch schon 1004 a 18 und 1004 a 27 liegt der Ansatzpunkt f r die Behand-

lung des Widerspruchsatzes im zweiten Teile des Γ, der ja auf den Begriffen desτούτον und Ιτερον beruht. Ferner wird so das I mit der Seinswissenschaft verbunden(Ross zu ioo4b 3).

687 Bonitz s. v. πάθος: z. B. 55&a 7ff (πάθος ganz allgemein all das, wodurch sichein ov manifestiert, aktiv oder passiv, wesentlich oder unwesentlich), b 27ff(πάθος kommt im stofflichen Elementarbereich der .Wesensform' nahe, vgl.6.222). 557a i8ff (πάθος = .wesenskonstitutive Eigenschaft' auch ohne Zusatzvon καθ' αυτό). — ίδιον 339b 5ff (spezifisches Merkmal einer Sache, oft »wesens-konstitutive Eigenschaft', lat. proprium}. — υπάρχοντα k nnen ebensogutWesensformen wie Akzidentien sein, wobei (ebenso wie bei ττάθο$ und ίδιον)logischer und ontologischer Bereich eins sind (789a 12ff).

598 Zusammenfassend o. 4.24; dort auch ber die Beziehungen zwischen δν fj όν und.Reihe' bzw. Pros-hen.

669 vl. vorst. Anm.

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4-4 Das Sein im Ursinn 425

den Schatten tritt. Eher w rde man umgekehrt erwarten, da dieGegens tze zu unwichtigen Momenten an der ουσία verfl chtigt w r-den. Aber dies erfolgt nicht, sondern es bleibt die Spannung zwischenουσία und Gegens tzen erhalten, wie wir bereits oben an 1004 a 32 fsahen570 und wie an weiteren Stellen des Γ zu beobachten ist, z. B.I004b8f: Da, wie bewiesen, die Betrachtung der logischen Axiomeund der Gegens tze zur Seinswissenschaft geh re, verfahre manrichtig, wenn man diese behandele, aber man begehe einen Fehler,wenn man ausschlie lich diese untersuche und dabei die ουσία ver-gesse, die doch ,fr her' sei (als alle Gegens tze usw.)571. Ferner 1005 a13—18 (vgl. a 12) : Es sei kl rlich Aufgabe einer einzigen Wissenschaft,το δν f) δν θεωρήσαι καΐ τα ύττάρχοντα ούτω rj δν und es sei auchoffenbar, ότι ου μόνον των ουσιών αλλά και υπαρχόντων ή αύτηθεωρητική, wobei er unter den Οττάρχοντα wiederum εναντίον, τέλειο ν,δν, εν, τούτον — έτερον, ττρότερον — ύστερον, γένος, είδος, όλον, μέροςusw. versteht572.

In K tritt der Substanzbegriff terminologisch zur ck573, ist abersachlich ganz deutlich vorhanden574. Ebenso augenf llig ist wie im Γeine gewisse Selbst ndigkeit der Prinzipien gegen ber dem Substanz-begriff. Wenn also von den „ersten Unterschieden und Gegens tzendes Seienden"676 oder von den „Gegens tzen des Seienden als Seien-den"676 gesprochen wird, m ssen wir den Substanzbegriff dabei mit-denken, ohne den — ja auch anderw rts im K sp rbaren — .allgemein-ontologischen' Bezug677 ganz in den Begriff der Substanz oder gar der.ersten' Substanz aufl sen zu wollen.

Die in der Schwebe gelassene Polarit t zwischen ουσία und Gegen-s tzen scheint f r Aristoteles gro e Schwierigkeiten mit sich zu brin-gen, weil in seinem Sinne beides offenbar nicht leicht miteinander ver-einbar ist : Denn die aristotelische ουσία weist — wie auch immer mansie insgesamt deuten mag578 — als ουσία alle Gegens tze von sich ab:Sie steht zu keiner anderen ουσία in Gegensatz679 und .nimmt' nur

670 Vgl. <jie vorst. Seite, dazu auch die dort genannten Stellen aus dem B.571 Aristoteles polemisiert dadurch auch gegen seine Vorg nger, besonders gegen

Platon und die Akademie.872 Die Liste ist reich, und einiges f llt darin auf: τέλειο ν, γένος, είδος usw. Vgl.

1004 a 32 f μιας ττερί τούτων καΐ της ουσίας εστί λόγον εχειν.573 Κ 3/4 kommt das Wort ουσία nicht vor.674 Schon beim Pros-hen io6ia 8 — 10 erscheint das Substanz-Modell.676 K 3, io6ia ii — 15. b 13!.676 io6ib5.677 Vgl. o. 4.211, 4.22 Ende, 4.24.678 Vgi «jig Andeutungen 4.45 und . (Sach-Index s. v. Substanz).678 cat. 3b 24ff. N i, io87b 2. α 6, i8ga 33. ε 2, 225b ιοί. gen. corr. B 8, 3353 6 (vgl.

Joachim 218). — Die in der Kategorienschrift vertretene Ansicht, da die ουσίαals solche dem .Mehr und Weniger' entzogen sei (2b 26 — 28. 3b 33 — 4 a g), stimmt

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426 4· ττλήθο? als Materie-Prinzip in Metaphysik Γ/Κ

dann Gegens tze ,in sich auf (besser: sie hat mit ihnen zu tun), wennes um akzidentelle Ver nderungen geht680. Ihr ουσία-sein als solcheswird mithin nicht von Gegens tzen konstituiert581: ούθενός . . όρωμεντων όντων ούσίαν τάναντία (α 6, 189 a 29). Gegen ber einer solchen,letztlich allein auf die Wesensform gegr ndeten ουσία k nnten dieGegens tze — m chte man meinen — unm glich gro e Relevanz be-sitzen, sondern allenfalls logisch-erkenntnistheoretisch wichtig sein.Wollte man ihnen berhaupt einen Seinsmodus zuerkennen (Aristo-teles sagt nichts dar ber), dann h chstens das δυνάμει είναι, jenevage Seinsart, in welcher sich nach Aristoteles au er der ουσία selber(die allein ενεργεία ist) alle (.ideellen* oder .materiellen') .Bestand-teile' der ουσία befinden m ssen, damit Seinsvorrang und Einheit derουσία garantiert bleiben.

Dieser Eindruck, das unbefriedigende Nebeneinander von ουσίαund Gegens tzen hier im Γ impliziere letztlich ein Entleertwerden undVerblassen der Gegens tze, verst rkt sich, wenn man den ideenge-schichtlichen Ausgangspunkt der Gegensatz-Lehren von Γ/Κ, n mlichdie Gegensatz-Lehren Platons und der Akademie, vergleichend heran-zieht682. So hat man denn auch von Platon und der Akademie aus ge-urteilt, im Γ trete „die genuin akademische Zur ckf hrung auf i v undπλήθος in rein gnoseologischer Bedeutung — zur καθόλου-Pyramideabgebla t —" auf683.

zwar nicht recht zum μαλλον/ήττον als dem Grundgesetz der aristotelischen Seins-stufung (u. 8.27 u. .), vielleicht auch nicht zu anderen Anschauungen des Aristote-les (es kann sich etwas auf sein Telos hin- und von ihm fortentwickeln, also in derZeit sein eigenes Wesen, seine ουσία mehr oder weniger vollkommen darstellen),entspricht aber der typisch aristotelischen Denktendenz, die ουσία aller Bedingt-heit (d. h. allem irgendwie .Akzidentellen') m glichst zu entziehen.

680 Die ουσία bleibt unver ndert, und akzidentelle εναντία folgen an ihr aufeinander,wie Aristoteles ja oft sagt (z. B. phys. a), Vgl. auch die n chste Anm.

581 W hrend das Gegensatz-Substrat-Schema sich bei den akzidentellen Ver nderun-gen ganz exakt aufzeigen l t, ist seine Anwendung auf das substantielle Werdenproblematisch (o. 3.1). Immerhin steht fest (und das gen gt uns hier), da dieGegens tzlichkeit nicht dem είδος (= ουσία) innewohnt, sondern dem (.hyleartigen',also nicht ,οθσία-artigen') Substrat, das die Gegens tze an sich wechseln l t und imBesitz des einen Eidos bereits das andere erstrebt.

582 Alles N here u. 4.6.883 UGM 153: Die akademische Elementen-Metaphysik sei in der aristotelischen Meta-

physik „nur noch in tr mmerhafter Gestalt gegenw rtig, sei es in uneigentlicherbertragung der Fragestellung auf die aristotelische Substanzlehre, sei es als

gnoseologisches Denkschema in der καθόλου-Pyramide oder in der Anwendung auf dieEinzelwissenschaften, vor allem die mathematischen" (meine Kursive). In dieserHinsicht sind Kr mers Darlegungen in UGM ein R ckschritt hinter seine fr herenBeobachtungen APA 271 ff. 552f. Etwas vorsichtiger jetzt wieder Kr mer, Prin-zipienlehre und Dialektik 47ff und bes. GS 337ff, wo die — in vorliegendem Buchschon immer vertretene (vgl. 4.21 Anfang A. 72) — ontologische Relevanz der(Pros-hen- und) Reihen-Beziehung (und damit praktisch auch der Gegensatz-Lehre

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4-4 Das Sein im Ursinn 427

Diese Einschränkung auf das rein .Gnoseologische' oder .Logische'ist jedoch in jeder Hinsicht bedenklich. Schon die Akademie widmetesich in ausgedehntem Maße ,rein' logisch-begrifflichen Untersuchungen,vor allem der Lehre von den Gegensätzen, und hatte doch dabei stetsdie Ontologie im Auge584. In solche Anschauungen wuchs Aristoteleswährend der langen Jahre seiner Akademie-Periode hinein, und anihnen hielt er auch später fest: an der engen Korrelation und letzt-lichen Identität logischer und ontologischer Fragen, wie er überhauptvon der Akademie jene Korrespondenz von Denken und Sein über-nimmt, die man etwas unglücklich .Begriffsrealismus' nennt586. Daer damit beginnt, die innerhalb der Akademie noch verwirklichte Ein-heit einer umfassenden in Einzelwissenschaften aufzulösen,verselbständigt er auch die Logik, und man darf natürlich nicht über-all im ,Organon' einen strikten Bezug zur Ontologie erwarten. Abersooft er innerhalb der ,Metaphysik' inmitten .ontologischer' Partienplötzlich auf .rein logische' Fragen eingeht, läßt sich die .ontologische'Bedeutung der betreffenden .logischen' Erörterungen mit Händengreifen. Dies gilt vor allem für das 586: Wie die Pros-hen-Beziehungund die .Reihen'-Struktur insgesamt sowohl Logik wie Seins-Lehreum- und übergreift (o. 4.21], so spielt auch die Gegensatz-Lehre, dieeng mit dem Pros-hen zusammenhängt (o. S. 422 f), dauernd vomeinen in den ändern Bereich hinüber. Es ist also gar keine Frage, daßiv und große ontologische Relevanz besitzen.

Die in den Gegensatz-Reihen erscheinenden Begriffe bezeichnenGrundgegebenheiten des ,Seins', und zwar — um die platonischeZweiteilung von .An-sich' und .Relativ', aufzugreifen587 — entweder»Eigenschaften' (Einheit) oder .Relationen', ( — , —

des ) erkannt ist. Trotzdem scheint es angebracht, das so naheliegende und des-halb immer wieder anzutreffende Vorurteil, Aristoteles betrachte .ontische' Sach-verhalte Platons ,nur noch logisch', mit einigen Worten abzuwehren (dasselbe Vor-urteil begegnet z. B. bei der aristotelischen Abstraktions-Lehre, bes. bei der Be-urteilung der Mathematika und ihrer Seinsweise, u. 7.42/43).

684 Darüber hat uns im Anschluß an Hambruch, Stenzel u. a. vor allem Krämer, APAbelehrt.

888 Ausdrücke wie .Korrespondenz', .Korrelation' usw. setzen eigentlich schon dieTrennung von Denken und Sein voraus, die dann sekundär wieder überwundenwerden sollen, statt ihre aller Trennung voraufliegende Identität zu betonen, dieauch von Aristoteles noch festgehalten wird. Dies haben besonders die ForscherHeideggerscher Schule gut herausgearbeitet, s. den Namen-Index s. v. Guzzoni,Tugendhat.

S8· Ein besonders deutlicher Fall ist auch die Behandlung des Satzes vom Widerspruchim zweiten Teil des (s. u. 4.451 b).

S87 vgl. die (bei Hermodor, Alexander und Sextus vorliegende) kategoriale Seinsein-teilung von De bono und verwandte Stellen: Zuletzt darüber Krämer, Retraktationen158—160.

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428 4· ττλήθο; als Materie-Prinzip in Metaphysik Γ/Κ

άνισον, δμοιον — άνόμοιον)588. Obschon sie also untereinander nichtauf gleicher Stufe stehen, stimmen sie doch darin berein, da sie wieder Seinsbegriff ber-kategorial, d. h. .transzendental' sind. Sie stehenalso s mtlich im Gegensatz zur synonymen ber- und Unterordnungder καθόλου-Pyramide589. Im einzelnen lassen sie sich so charakteri-sieren :

Da .Einheit' und .Sein' auch f r Aristoteles konvertibel sind (enset unum convertuntur)590, besitzt das einzelne Seiende um so mehr, (wahres) Sein', je mehr .Einheit' es hat591, in der Sprache unseresKapitels: Betrachtung des Seienden fj (κυρίως) δν εστίν und fj ενεστίν ist identisch. Wie die Frage nach dem fj δν zentriert sich die nachdem fj εν um die Substanz (pros hen), dann — die Reihe der dreiούσίαι aufsteigend — um die oberste Substanz, ersch pft sich abernicht darin.

Die anderen Begriffe der ersten Systoichie sind nicht mehr mit,Sein' umkehrbar identisch, stehen aber doch in einem bestimmtenpositiven Verh ltnis zu ,sein': Je mehr ίσον, τούτον, δμοιον etwasaufweist, desto mehr ,Sein' besitzt es592.

Ganz anders verh lt es sich jedoch mit der zweiten Systoichie.Zwar reduziert (ανάγει) Aristoteles auch hier, wie wir oben sahen, dieverschiedenen Arten von .Vielheit', .Andersheit' usw. auf ein oberstesκοινόν (das man πλήθος nennen mag)593, und es besteht eine Entspre-chung zwischen beiden Begriffsreihen, indem die Bestimmungen derersten Reihe (εν ίσον δμοιον u. dgl.) jeweils nicht ohne die der zweiten(πλήθος άνισον άνόμοιον) gedacht werden und somit — d rfen wirschlie en — auch sein k nnen. Andererseits scheint es unm glich,diese Reduktionsbewegung der zweiten Systoichie mit derjenigen derersten (fj δν = fj εν oder auch fj ίσον, fj δμοιον usw.) zu parallelisieren.Denn der Richtungssinn l uft in beiden F llen offenbar genau um-gekehrt: Je mehr ,Sein', .Einheit' usw. etwas besitzt, desto weniger.Vielheit' (Andersheit) usw. Diese Gegenl ufigkeit ist selbstverst nd-lich, weil das Gegenteil der .Einheit', um als solches sinnvoll und fa -bar zu sein, sich von der .Einheit' sowie ihren Aspekten und Wirkungs-

688 Man k nnte modern von ein- und zweistelligen Pr dikaten sprechen. Der Terminus.Pr dikat' schlie t nat rlich kein Urteil ber die ontologische Relevanz der einzelnenBegriffe ein. Wie ιτλήθος einzuordnen ist, wird weiter unten gepr ft.

689 Deshalb k nnen die o. A. 583 zitierten Bemerkungen Kr mers nur so gemeint sein,da die Reduktion auf εν und ττλήθθ5 ,rein begrifflicher' Natur sei. Denn wirklichaufgesogen von der Kcc oXou-Pyramide werden die Transzendentalien nie, auchnicht au erhalb der platonischen Philosophie.

590 Kernstelle Γ 2, 1003 b 22 ff, dazu Reale io6f.691 Γ z, ioo3 b 32f. dazu Bonitz* Komm.592 Zur Verdeutlichung mag man an die o. 4.44 Anfang geschilderten Reduktionen des

Γ denken, daneben an die kategoriale Reduktion von De bono (vgl. A. 587).698 Γ 2, ioo4a 9—22. 22—28. Vgl. dazu o. 4.44 Anfang.

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4-4 Das Sein im Ursinn 429

weisen deutlich unterscheiden mu . Deshalb kann ein Zuwachs an,Einheit' nicht Hand in Hand mit einem Zuwachs an »Vielheit' gehenu. dgl.

So sind πλήθος und die zugeh rigen Begriffe eng mit der εν-Reiheverbunden und stehen doch wieder seltsam beziehungslos daneben.Um diese Schwierigkeit zu berwinden, k nnte man versucht sein,das oben (S. 426) referierte Urteil wenigstens f r die πλήθος-Reihegelten zu lassen, d. h. sie auf .logische' bzw. .gnoseologische' Geltungeinzuschr nken — obgleich dann noch zu kl ren w re, was das hei ensoll. Damit w re hinsichtlich der ontologischen Relevanz die Spannungzwischen den Systoichien und die Gegensatz-Lehre als solche aufge-hoben, so da nur .positive' Transzendentalien brigblieben, die wieov fj ov in der Substanz (den Substanzen) ihren Mittelpunkt h tten.

Hierbei w rde indes verkannt, da die aufgezeigten Schwierig-keiten in jeder Philosophie auftreten m ssen, welche .dualistisch' zweiPrinzipien annimmt und einem der beiden ontologisch, axiologischund gnoseologisch den Vorrang einr umt. So sto en wir denn auchschon bei Platon auf hnliche Probleme: Die Auffindung des zweitenPrinzips l uft derjenigen des ersten Prinzips parallel59* und zuwider595.

Da somit kein Grund vorliegt, die ontologische Bedeutsamkeitvon εν und πλήθος im Γ einzuschr nken, mu weiter gefragt werden,in welchem Verh ltnis diese Gegens tze (besonders πλήθος) zum ein-zelnen Seienden stehen und wie sie sich dort jeweils auswirken. Wennwir uns an der Dreistufung der ούσίαι696 orientieren, so lassen sichbei den sublunaren Substanzen mit ihren Akzidentien und bei denSternen597 unschwer Wirkungen des πλήθος denken: Differenziertheitder Individuen, Zusammengesetztsein, Ver nderlichkeit usw., kurz:all das, was man unter Kontingenz versteht, εν — πλήθος w ren also.transzendentale', abgestuft wirkende Gegens tze hnlich den Zwie-begriffen δύναμις/ένέργεια oder ϋλη/εϊδος598.

584 vgi ,jie kategoriale Reduktion in De bono (o. 2.2430 u. .).595 Dies zeigt sich zun chst einmal daran, da die klassischen Aufstiegsschilderungen

(Staat, Symposion, Phaidros) stets eine Zur ckf hrung auf das Hen meinen undauch die .dimensionale Reduktion' in De bono nicht das zweite Prinzip isoliert, son-dern nur das .Eine', indem sie die vom zweiten Prinzip herr hrenden Bestimmungenschrittweise subtrahiert (u. 7.823d). Von den ganz wenigen direkten u erungenPlatons ber die Erkenntnis des Materie-Prinzips deutet u. a. der λογισμός νόθος desTimaios die Gegenrichtung zum Hen-Aufstieg an (u. 7.823da). Vgl. weiter PlatonsVersuch, durch immer .unbestimmtere' Proportionen dem zweiten Prinzip nahe-zukommen oder es gar einzufangen (u. 7.823dy). Schlie lich stellt sich das Problemerneut bei der zun chst ganz vordergr ndig anmutenden Frage, ob das zweitePrinzip Platons in einem Schema .oben' oder .unten' hingeh rt (dazu o. 2.244 b).

SM Dar ber o. 4.212 u. .*97 Zur Kontingenz der Sterne vgl. u. 5.324/325 u. .i98 Vgl. u. 8.27.

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430 4· ττλήθοί als Materie-Prinzip in Metaphysik Γ/Κ

Beim bergang zur obersten ουσία spitzt sich indessen das Pro-blem zu. Denn wie d rften auf dieses aller Bedingtheit entzogene Seindie Begriffe der zweiten Systoichie (πλήθος und Verwandtes), welche,Kontingenz' zu implizieren scheinen, angewendet werden?

4.45 Die ,obersten' Prinzipien in Γ Ε Κ

4.451 Oberste ουσία frei von Gegens tzen?

a) Wie verhalten sich die obersten Gegens tze (εν — πλήθος) zurobersten Substanz (πρώτη ουσία) und zu den άρχαί (αίτίαι) του

VTOS ή δν (των ουσιών), welche die Seinswissenschaft aufsucht599 ?Obgleich Aristoteles auf diese Frage keine direkte, eindeutige Antwortgibt, l t sich hierin weiterkommen:

Theoretisch sind viele Kombinationen m glich, je nachdem wel-che der drei Faktoren man (ganz oder teilweise) gleichsetzt und wieman sie einander vor-, neben- oder nachordnet600. Man k nnte vonvorneherein manche Kombinationen daraus ausw hlen, weil sie philo-sophisch sinnvoh1 oder mit Aristoteles vereinbar scheinen601, und daf ralle anderen beiseitelassen. Eine solche Auswahl ist indessen erst dannangebracht, wenn man im Blick auf den Zusammenhang des Γ erneutalle drei Faktoren auf ihre Bedeutung befragt und die Konsequenzenjeder Art von Kombination bedacht hat.

Im bisher betrachteten ersten Teil des Γ (ι—3) zeigten sich vierKomponenten, die ,ontologische', ,usiologische', .theologische' und.aitiologische'602, welche sich als Aspekte der gleichen Sache, der699 Wagner 146. Vgl. Γ ι, ioo3a 31. 2, 10030 i8f und o. 4.43.600 Wenn man nur die Disjunktion .Identit t—Nichtidentit t' gelten l t, ergeben sich

d/M glichkeiten: ,αΐτίοα = Gegens tze'der (πρώτη) ουσία vor-, neben-, nach-geordnet (Kombinationen i—3). ,αίτίαι = ουσία' den Gegens tzen vor-, neben-,nachgeordnet (4—6). .Gegens tze = ουσία' den αίτίαι vor-, neben-, nachgeordnet(7—g), αΐτίαι = Gegens tze = ουσία (ίο) , αίτίαι .neben' Gegens tzen .neben'ουσία (ιι ) . Aber dabei kann man nicht stehenbleiben, sondern man mu auchTeilidentit ten annehmen, weil die Gegens tze άρχαί sind, es daneben aber auchnoch andere άρχαί gibt (z. B. die vier klassischen Ursachen); dadurch vergr ernsich die Kombinationsm glichkeiten. N heres im Folgenden.

801 Wagner 146 w hlt ohne weiteres drei M glichkeiten aus: ,,a) Einmal ist es denkbar,da das Gef ge der Fundamentalgegens tze identisch ist mit den άρχαί undαΐτίαι των ουσιών aus ioo3b 18, ohne da dieses Gef ge darum auch mit der•πρώτη ουσία identisch w re, die doch auch Grund f r die weiteren ούσίαι ist.b) Dann ist eine Identit t aller drei Glieder denkbar: Gef ge der Fundamental-gegens tze, άρχαί καΐ αΐτίαι των ούσίών, πρώτη ουσία (das ist das Ergebnis derMerlanschen Untersuchungen), c) Schlie lich k nnten die Fundamentalgegen-s tze als Prinzipien und Gr nde noch der πρώτη ουσία selbst gedacht sein."

602 Wie bereits mehrfach betont, findet man diese Komponenten am klarsten bei Realeunterschieden, auf den erneut verwiesen sei.

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4-4 Das Sein im Ursinn 431

»ersten Philosophie' oder Metaphysik, erwiesen: ,0ntologie' ver-schlingt sich mit ,Usiologie', weil die Seinslehre um den Substanzbe-griff zentriert ist, mit .Theologik', weil die Betrachtung der Substan-zen einm ndet in die der obersten ουσία, und schlie lich mit ,Aitio-logie', weil die Fundamentalfrage der .ersten Philosophie', die nachden letzten Ursachen, nur sinnvoll ist als Frage nach den Ursachendes ens eminentissimum603.

Die Darlegungen von Γ ι—3 geben, wie l ngst beobachtet undallgemein anerkannt, eine Antwort auf die vier ersten Aporien desBuches B, in denen gefragt wurde, ob jeweils ein und dieselbe Wissen-schaft a) alle Arten von Ursachen, ) die Prinzipien der ουσία und zu-gleich die obersten logischen Prinzipien wie den Satz vom Widerspruch,y) alle Arten von ουσία, 5) die ουσία und zugleich die Gegensatz-Begriffe untersucht604.

F r drei davon (a; ; 5), auf die wir uns hier beschr nken, meintman die L sung im ov fj v, n herhin in der ουσία, zu finden, welchedie Verbindung zwischen den verschiedenen Ursachen (Prinzipien)garantiere605 und mit den obersten logischen Gesetzen606 sowie denGegens tzen607 zusammenh nge.

b) Obgleich diese Deutung zun chst einleuchtet, ergeben sich bein herer Betrachtung Schwierigkeiten. Denn gerade die oberste Sub-stanz (πρώτη ουσία) als der vornehmste Gegenstand der Metaphysikl t sich mit den in den zwei Aporien a) und 5) genannten anderenObjekten nur teilweise zusammendenken:

So ist die ουσία ακίνητος zwar oberste Form-, Zweck- und Bewe-gungsursache in einem (reine ενέργεια)608, aber nicht Material-Ursache,denn sie enth lt keinerlei ύλη (bzw. δύναμι$)609. Wer deshalb imRahmen der ,ersten Philosophie' die Ολη als eines der vier Letzt-prinzipien610 oder δύναμις als Grundmodus des Seins611 erforschen will,mu »au erhalb' der unbewegten Substanz danach suchen612.603 Klar dargestellt bei Reale 99—124.604 B i, 995b 4—6 = 2, ggoa 18—b 26. B i, 995b 6—10 = 2, gg b 26—997a 15. B i,

995b ίο—13 = 2, 997a 15—25. B i, 995b 18—27 = 2, 997a 25—34. (Die Reihen-folge ist an B 2 abgelesen, nicht an B i.) Vgl. au er den Kommentaren zu diesenStellen besonders Reale 125—130, wo alles N here.

605 Reale i25f. eo« Reale 127. «°7 Reale i29f.608 Vgl. Reale passim ber die .componente aitiologica' in den einzelnen Metaphysik-

b chern, bes. i7ff. 34ff. 267—270 (Λ). 275—277 (MN).809 Stallmach 194 ff (u. a. ber θ und Λ). Reale, La dottrina 178—181 (La potenza e

l'aiio e la sostanza soprasensibile; bes. ber Λ). Vgl. auch nachstehend 4.452.810 Vgl. auch hierzu Reale an den o. A. 608 genannten Stellen.611 Stellen bei Reale 155—157 (zu E 2; dort weitere Verweise); spezieller ders., L'im-

possibilit 315—322.«12 Vgl. die Beschreibung der .Wege zum Hyle-Prinzip' (u. 7.823) und zur .reinen

δύνσμις (8.232).

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432 4· ττληθο; als Materie-Prinzip in Metaphysik Γ/Κ

Das best tigt sich, wenn man das Verh ltnis der ουσία ακίνητοςzu den logischen Prinzipien, vor allem dem Satz vom Widerspruch,bedenkt, den Aristoteles im zweiten Teil des Γ behandelt. Wenn erdort den Leugnern des Satzes vom Widerspruch vorwirft, sie d chtennur an einen Teil der Realit t, n mlich an die αίσθητά, und demgegen-ber auf die (Sterne und die) ακίνητος ουσία verweist613, so scheint das

zu hei en: Die unbewegte Substanz bezeugt als entscheidender Ma -stab die Geltung des Satzes vom Widerspruch, weil sie immer mit sichselber identisch, d. h. niemals zugleich A und (Non-A) ist. Dannd rfte man also in der -πρώτη ουσία nicht ein Etwas sehen, welchesGegens tze in sich enth lt und aus sich entl t614, sondern ein vonallen Gegens tzen freies, v llig eindeutig bestimmtes Seiendes, demman bestimmte Pr dikate zuspricht (oberstes Eidos = Telos = causaeffreiem; reine ενέργεια; absolut notwendig; reines εν) und im glei-chen Ma e die .Negate' dieser Pr dikate (oberste Hyle; absolute δύ-ναμις; reines πλήθος) abspricht.

c) Dasselbe ergibt sich nun offenbar auch f r unser Haupt-Pro-blem, die Beziehung der πρώτη ουσία zu den Gegens tzen (Aporie 5):W hrend Aristoteles die , erste' Systoichie von vorneherein eng mitder πρώτη ουσία verbindet und in ihrem obersten Glied (εν) mit ihrkonvertibel sein l t615, bringt er die zweite Systoichie nur indirektber die erste mit ins Spiel, weil man sie bei Betrachtung der ersten

Systoichie mit bedenken m sse (jede Wissenschaft untersuche ja auchzugleich das Gegenteil ihres Objektes)61e. Da dar ber hinaus die zweiteSystoichie auf die πρώτη ουσία direkt angewendet oder gar in sie hin-einverlegt werden k nne, deutet er nirgends an. Wenn man ihm trotzseines Schweigens eine solche Meinung zuschreiben wollte, w rde mansich ber all seine Aussagen hinwegsetzen, mit denen er die πρώτηουσία aus jeder Art von Gegensatz herausnimmt und sie einseitig inabsolut-positivem Sinne versteht (vgl. 4.451 b).

Obwohl dieser Befund eindeutig zu sein scheint, k nnen wir nochkeine Entscheidung f llen, ehe wir nicht einige weitere Punkte gepr fthaben, welche die aristotelische πρώτη ουσία vielleicht doch in einemanderen Lichte zeigen, als die bisher betrachteten Indizien vermutenlassen.613 Γ 5, looga 36—38. loioa i—4. 25—35. r8,ioi2b2g—31. K 6, 1063a 10—17 {vgl.

22). Auf diese Stellen komme ich ausf hrlicher zur ck; vgl. vorl ufig Kosmo-logie und Metaphysik 160—167. Reale 121—124 und I27f zeigt gut, wie fest dieseStellen im Zusammenhang von Γ 5 und Γ 8 verankert sind, geht aber auf unsereProblematik nicht ein. Zuletzt hier ber Berti, Riv. filos. neoscol. 60 (1968) i—24.

611 Trotz mancher Verschiedenheiten kann man zum Vergleich an die coincidentiaoppositorum des Nikolaus von Kues denken.

616 Vgl. o. 4.44.βιβ ygL wiederum 4.44 Anfang.

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4-4 Das Sein im Ursinn 433

4.452 Vielheit und Kontingenz innerhalb der ακίνητος ουσία

Obschon in Γ/Κ die oberste Seinsschicht nur mit singularischenWendungen bezeichnet wird, darf man auf Grund der anderen B cher(z.B. E), bei welchen Singular und Plural stets durcheinandergehen,mit gro er Wahrscheinlichkeit auch f r Γ/Κ eine Vielf ltigkeit derττρώτη ουσία annehmen617. Deshalb wird man immer wieder versuchtsein, den uXfjeos-Begriff von Γ/Κ irgendwie auf die oberste Seinsstufeanzuwenden. Man kommt jedoch dabei einfach nicht ber den Um-stand hinweg, da Aristoteles eine solche Beziehung weder ausge-sprochen hat noch auch nur nahelegt618. ber die Gr nde daf r magman allerlei Vermutungen anstellen619, mu sich aber mit der Tat-sache als solcher abfinden, so da nur der Schlu bleibt: Die Beziehungder Gegens tze, besonders des TrAfl os-Begriffes, zur ακίνητος ουσίαl t Aristoteles offen, indem er beide Denkans tze — trotz mancherBer hrung zwischen ihnen620 — letztlich nicht miteinander vereinigt.

Mehr kann man aus den vorhandenen Texten des Γ/Κ wohl nichtgewinnen, ist also dar ber hinaus lediglich auf Vermutungen ange-wiesen. Einige solche Vermutungen wollen wir jetzt anstellen: Dennschon das deskriptive, neutrale Durchspielen aller denkbaren M glich-keiten und Kombinationen regt als solches dazu an, sich das betreffendeProblem genauer zu vergegenw rtigen, als man es sonst getan h tte,ist also schon deshalb f rderlich. Im vorliegenden Fall kommt nungl cklicherweise noch ein Kriterium hinzu, welches es erlaubt, dieDenkbarkeiten zu beurteilen und die einen davon als historisch wahr-scheinlich, die ndern als unwahrscheinlich zu bezeichnen. Es l t sichn mlich ungef hr angeben, an welchem Platz innerhalb der .platonisch-akademischen' Philosophie das aristotelische System sich befindetund welcher von den drei .akademischen System Varianten', die alleinwir genauer kennen (Platon, Speusipp, Xenokrates), es n her oderferner steht. Mit dieser Betrachtungsweise tut man, wie immer wiederbetont werden mu , der Originalit t des aristotelischen Denkens keinenEintrag, sondern man siedelt es nur, statt es unkritisch zu isolieren,historisch dort an, wo es sich nun einmal herausbildete. Wir fragenalso: Was lehren die anderen Akademiker ber das Verh ltnis vonoberstem Seinsbereich und zweitem Prinzip und was ergibt sich darausf r Aristoteles ? Das Ergebnis wird also durch .Interpolation' gewon-617 N heres o. 4.41/42.«β Vgl. o. 4.45 L818 Eine L cke im .System' anzunehmen, die Aristoteles noch ausf llen wollte, ist nicht

so wahrscheinlich, weil er die TrAfj os-Systoichie in einer Weise einf hrt, als wolleer sie .au erhalb' der ττρώτη ουσία belassen (vgl. erneut o. 4.44, wo weitere Hin-weise). Vielleicht meinte er mit πλήθος eine .Vielheit', die anders geartet ist als dieinnere Vielfalt der πρώτη ουσία ? Non liquet.

620 Andeutungen dazu u. 4.453.28 Happ. Hyle

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434 4· Ίτλη6θ5 als Materie-Prinzip in Metaphysik Γ/Κ

nen und gilt — von anderen Unsicherheitsfaktoren abgesehen — nurdann, wenn Aristoteles sich auch in diesem Punkt an seine , System-variante' hielt, also nicht berraschend von ihr abwich.

Bevor wir die Akademie zum Vergleich heranziehen, mu derBefund bei Aristoteles ber das bisher Gesagte hinaus noch pr zisergefa t werden:

Wir hatten bereits wahrscheinlich gemacht, da die oberste Seins-schicht in Γ/Κ pluralisch zu verstehen sei. Da nun am Ende von Γ 8ausdr cklich der unbewegte Beweger genannt wird, liegt die Vermu-tung nahe, da eine Mehrzahl von unbewegten Bewegern gemeint ist621.Daraus ergibt sich weiter die Frage, wie sich diese Mehrzahl von .Sub-stanzen' (ούσίαι) zu der Einzahl der ,Seinsschicht' (ουσία) verh ltund wie man sich die Mehrzahl n herhin denken soll. Da Aristotelesnur in Λ 8 dar ber spricht, sehen wir uns dort nach Auskunft um:

Die Beweger befinden sich in einer »Ordnung', welche nach Ari-stoteles' Worten der Ordnung der ther-Sph ren entspricht622. »Ord-nung' meint in diesen beiden F llen jene Rangfolge einer nach demGesetz des .Fr her' und ,Sp ter' geordneten Reihe, bei welcher dasjeweils .fr here' Glied .Prinzip' f r alle nachfolgenden Glieder und daserste Glied .Prinzip' der gesamten Reihe ist623. Bei den thersph rensteigt die hierarchische Stufung bis zum Fixsternhimmel (πρώτο; ού-ρα νό$) empor, der .Prinzip' aller anderen Sph ren ist, so da er als.Inbegriff des gesamten ther-Bereiches erscheinen und mit ihm ge-radezu identifiziert werden kann624. In bezug auf das vieldiskutierteVerh ltnis des Fixsternbewegers zu den brigen unbewegten Bewe-gern625 ergibt sich aus Λ 8 mit einiger Sicherheit mindestens soviel,da die Beweger eine Rangfolge bilden, deren Spitze der Fixstern-Beweger einnimmt; hier ber ist sich auch die Forschung weitgehend

821 Vgl. o. 4.41.422 Λ 8, io73b i—3 ότι μεν o v εϊσΐν ούσίαι, καΐ τούτων τις πρώτη καΐ δευτέρα κατά

την αυτήν τάξιν ταϊς φοραϊς των άστρων, φανερόν.628 Alles N here ber solche Reihen, ihre Herkunft von der Akademie und ihre Be-

deutung f r die aristotelische Ontologie o. 4.21 (dort weitere Verweise und Lit.).Die (schon von Merlan, Movers vorgeschlagene) Deutung der Beweger-Ta£is als.Reihe' ist unabh ngig von irgendwelchen ideengeschichtlichen Herleitungen derBeweger aus akademischen Lehren (dazu vgl. u.) und von der u. A. 628 angedeuteten,Immanenz'-These Kr mers. Denn Aristoteles bernimmt zwar die Konzeption der.Reihe' von Platon und der Akademie, macht sie sich aber ganz zu eigen, so da dasErscheinen einer .Reihe' bei Aristoteles durchaus nicht eo ipso auf akademischeHerkunft der betreffenden Lehre (also des durch die Reihen-Form gegliedertenInhalts) schlie en l t.

821 Einzelheiten o. 4.2i4b und u. 5.431.β26 Ygj_ o_ 4-2i4a (Lit.). Von der zahlreichen Literatur sei hier nur die letzte Behandlung

der Frage genannt: Kr mer, Theologie, bes. 365—370 (dort Belege und Lit.). Ichhebe nur das Allerwichtigste hervor und f hre auch kaum Textstellen an.

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4-4 Das Sein im Ursinn 435

einig626. In dieser »Ordnung' der Beweger, die man — wie oben vorge-schlagen — als .Reihe' verstehen mag, nimmt der Fixstern-Bewegergegen ber den anderen Bewegern eine so bevorzugte Stellung ein, daer als deren Prinzip gelten darf und sogar stellvertretend f r die ganzeReihe stehen kann bzw. da — umgekehrt formuliert — die Abfolgea parte potiori durch ihre Spitze repr sentiert werden kann627. Mehrals diese — wohl kaum umstrittenen — Feststellungen ben tigen wirf r unsere Frage nicht628.

Wenn auch nur Λ 8 direkt ber die Hierarchie der Beweger spricht,ist kein Grund f r die Vermutung vorhanden, Aristoteles habe sichan anderen Stellen und zu anderen Zeiten die Pluralit t der oberstenSeinsschicht wesentlich verschieden davon gedacht, etwa alle Bewegerabsolut gleichrangig — gleichsam als είδη einem γένος (welchem?)untergeordnet o. dgl. Daf r spricht auch, da die Rangstufung vonΛ 8 ideengeschichtlich an bestimmte Gedanken der Akademie (Motivder ,Reihe') ankn pft629, also durchaus eine schon .fr he' Lehre seinkann, und mit der aristotelischen Theorie der thersph ren verbundenist, an welcher Aristoteles von .fr her' bis in ,sp te' Zeit festgehaltenhat630. Man darf mithin die »hierarchische Reihung' der Beweger alstypisch aristotelisch ansehen.

Diese Art von .Vielheit' scheint ein individuierendes ,Materie'-Prinzip entbehrlich zu machen631, weil die aristotelische ϋλη die .syn-onym' unter ein und demselben Eidos zusammengefa ten Individuenvoneinander differenziert632, vielleicht aber nicht die Mitglieder einersolchen nach dem ,Fr her' und »Sp ter' abgestuften Reihe, die ja auchkeinen bergeordneten .Allgemeinbegriff' im blichen Sinne kennt633.Aber so einfach Hegt der Befund nicht: Denn erstens werden bei Platonund in der Akademie die Glieder derartiger Reihen — ob es sich umdie Reihung der Seinsschichten (z. B. νοητά — μαθηματικά — Sinnen-

*2· Abweichender Meinung ist z. B. Owens.627 Vgl. z.B. Λ 8, I073a23—b 3. io74a 35—38 und dazu au er den Kommentaren

zuletzt Kr mer, Theologie 368—370 (dessen Bemerkungen ber die genanntenStellen auch unabh ngig von allen Kontroversen Wert behalten d rften).

628 H. J. Kr mers Deutung, da die anderen Beweger dem Fixstern-Beweger .imma-nent' seien und dieser sie als seine .Momente' denke (jetzt mit neuen Gr nden dar-gelegt von Kr mer, Theologie passim), finde ich nach wie vor einleuchtend (vgl.Weltbild und Seinslehre 89 A. 74), kann aber hier diese Probleme s mtlich unent-schieden lassen und mich mit dem fast allgemein zugestandenen .Minimum' be-gn gen.

629 S. o. 4.214 a, die vorstehende Seite und das Nachstehende. Vgl. schon hier Kr mer,UGM 378—380 (dort weitere Hinweise).

eao Vgl. u. 5, o. 4.2i4b und o. S. 434.M1 Kr mer, UGM 168, GS 322 A. 24.632 pjie knappen Bemerkungen ber Hyle als Individuations-Prinzip bei Aristoteles

sind Sach-Index s. v. Individuation ία verzeichnet.633 Zur Problematik des καθόλου in solchen Reihen vgl. erneut o. 4.213—215 passim.

28*

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436 4· τλήθο$ als Materie-Prinzip in Metaphysik Γ/Κ

dinge) handelt oder um Reihen innerhalb einer einzelnen Seinsschicht(z. B. Ideenzahlen oder Dimensionen innerhalb des noetischen Be-reiches) — stets durch das zweite Prinzip (die .Materie') individuiert,also durch das gleiche Prinzip, welches bei Platon und in der Akademieauch sonst berall die Individuation bewirkt634. Man d rfte also auchbei Aristoteles dergleichen erwarten. Zweitens spielt ja auch bei Ari-stoteles die Hyle in solchen έφεξής-Κεϋιεη eine Rolle: Die Reihe ,sub-lunare ουσία — Sterne — unbewegte Beweger' ist gekennzeichnetdurch stufenweise Abnahme von Hyle und Zunahme von Form636;

hnliches l t sich auch anderswo bei Aristoteles zeigen636.Die Beweger enthalten jedoch offensichtlich keine Hyle irgend-

welcher Art637, und die bisher gemachten Versuche, sie doch irgendwiemit .Materie' zu verkn pfen, sind gescheitert.

a) So hat Ross mit Jaeger Λ 8,1074 a 31—38 als ,henotheistischen'Einschub in dem sonst .polytheistischen' Λ 8 betrachtet638 und des-halb a 33 ff als andeutend formulierten Selbsteinwand des Aristotelesgegen die Mehrzahl der Sph renbeweger verstanden: Da allein die HyleIndividuationsprinzip sei, k nne es im Bereich des Materielosen keineVielfalt von Individuen, also z. B. nicht mehrere unbewegte Bewegergeben. Diese vielleicht schon in der Antike begegnende Deutung derStelle639 ist unrichtig, wie Merlan berzeugend nachgewiesen hat640.Aristoteles will n mlich in Wirklichkeit sagen, da es nur die 48 (56)Beweger unserer Welt gibt und da nicht etwa in anderen Weltenweitere parallele Reihen von ersten, zweiten, dritten usw. unbewegtenBewegern existieren. Denn dann m te man — wie bei den sublunarenείδη, ζ. B. .Mensch' — ein und demselben Art-Eidos .erster Beweger',.zweiter Beweger' usw. jeweils mehrere Individuen zuschreiben, diedann, weil die Formbestimmtheit nicht unter die Art heruntergeht,durch die Materie unterschieden sein m ten; dies ginge jedoch nicht,weil die Beweger materielos sind. Also ergibt sich daraus, da nur 48(56) Beweger und nur unsere eine Welt existieren.

Aristoteles selbst hat also die Vielzahl der Beweger unserer ein-zigen Welt in keiner Weise mit einem Individuations-Prinzip .Materie'

634 Vgl. Sach-Index s. v. Individuation 2.«35 Vgi 8.271, dazu 4.212.939 Vgi 0 4.214, u. 8.27.637 1074 a 35—37 ergibt wenigstens so viel, da die oberste Seinsschicht als reine

ενέργεια keine (individuierende) Ολη im Sinne der sublunaren είδη hat, also nichtsK rperliches. — Vgl. auch weiter unten.

638 Jaeger 376—379. Ross, Metaphysics I, CXXXIXf. II 384. 395.638 Da Plotin 5, ι [10] 9, 7—27 Aristoteles met. Λ und bes. Λ 8 kritisiert, ist es m glich,

da er 26f speziell auf io74a 31—38 anspielt (Schwegler 4, 280. Jaeger 3761) unddie Stelle so auffa t wie z. B. Schwegler, Jaeger und Ross (vgl. Harders Anm.S. 5061).

640 Movers 12—14. Vgl. Kr mer, UGM 167! (ferner GS 322 A. 24).

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4-4 Das Sein im Ursinn 437

verbunden641 und somit die Beweger offenbar allein von der Form herunterschieden642.

b) Ross hat noch eine weitere aristotelische Lehre ber Materieherangezogen, um die Vielzahl der unbewegten Beweger zu erkl ren:Da bei Aristoteles das Genus die Ολη νοητή seiner Arten sei, werde inden einzelnen Arten jeweils ein verschiedener Teil dieser ύλη νοητήverwirklicht, und so erkl re sich der Unterschied der Arten. Die Intel-ligenzen seien also Formen, aber nicht reine Formen, da sie ein Element,noetischer Materie' enthielten, durch welches sie sich vorn (obersten),ersten' Beweger unterschieden643. Diese Deutung der aristotelischenLehre vom Genus als Ολη νοητή, die auch Merlan von Ross bernom-men hat644, ist nicht haltbar. Da wir hier ber ausf hrlich sprechenwerden645, deuten wir jetzt nur kurz an, da diese Ολη νοητή nicht,individuiert', sondern .generalisiert', und da die Individuierung von,oben' nach ,unten' bis zum Atomon Eidos durch die (formalen) diffe-rentiae specificae vollzogen wird. Diese Lehre hat also mit dem Problem,wie die Vielzahl der unbewegten Beweger zu erkl ren sei, nichts zutun646.

So bleibt mithin bei den Bewegern — wie bei den ther-Sph ren647 —zu fragen: Worin unterscheiden sie sich denn nun voneinander ?

Da in ihnen ε!δο$ und Individualit t zusammenfallen648, l stdas Problem nicht, sondern verschiebt es nur, denn es ist jetzt weiter

841 ber ,Hyle als Individuationsprinzip' bei Aristoteles vgl. erneut Sach-Index s. v.Individuation ία.

842 Die von Ross, Met. I, CXL gegen diese Auslegung angef hrte Stelle Δ roiob 36widerspricht ihr nicht, sondern kann sie vielmehr noch st tzen. Aristoteles sagt dort,da Einssein der Zahl nach stets Einssein dem Eidos nach, aber umgekehrt Eins-sein dem Eidos nach .nicht in allen F llen' Einssein der Zahl nach impliziere. DieseFormulierung des Aristoteles hat nur dann einen Sinn, wenn es berhaupt F llegibt, bei denen das Einssein dem Eidos nach zugleich Einssein der Zahl nach ist.Das ist aber nur denkbar, wenn es von einer Art ein einziges Individuum gibt, d. h.wenn Art und Individuum zusammenfallen, wie eben bei den unbewegten Bewegernund den thersph ren.

843 Ross, Met. l, CXL.844 Merlan, Movers ιοί mit A. 41.845 u. 7.71.848 Merlan, der wie gesagt die Ross'sche Deutung bernimmt, bringt Movers 11 f andere

( berzeugende) Argumente vor, um zu beweisen, da die Lehre vom Genos alsHyle nicht auf das Beweger-Problem angewendet werden darf; vgl. gleich nach-stehend.

847 Die thersph ren sind zwar (im Gegensatz zu den Bewegern) Synola aus Materieund Form, aber bei ihnen ist die Materie absolut homogen, so da sie nicht indi-viduiert. Alles N here u. 5.324.

848 Innerhalb einer iq^fjs-Reihe ist nat rlich jedes Glied sui generis, so da bei einerReihe von ακίνητοι καΐ άίδιοι ούσίαι (Λ 8, 1073a 32 ff) jede einzelne ουσία eineigenes εϊδο$ darstellt (vgl. auch Kr mer, UGM 168 und jetzt GS 322 A. 24). Wennin der Folgezeit auch allm hlich das Bewu tsein von der Eigenart der έφεξήζ-

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438 4· ττληθοξ als Materie-Prinzip in Metaphysik Γ/Κ

zu fragen, worin der Unterschied dieser reinen Formen voneinanderliegt, besonders hinsichtlich ihres Ranges und Wertes6*9. Zwar sindauch die sublunaren Wesensformen (z. B. Mensch, Tier-Arten, Pflan-zen-Arten) qualitativ und wertm ig voneinander verschieden, ohneda sich die Verschiedenheit weiter ableiten lie e, aber die Differenzensind im Raum unter dem Mond doch viel besser fa bar, weil jedes ein-zelne Eidos nicht nur seinen besonderen Namen, seine Wesensbestim-mung und seinen festen Platz (etwa in der Scala naturae) besitzt, son-dern auch an der ihm zugeh rigen Materie seinen Rang ablesen l t950.So bleibt das Problem, wie Differenzierung und Wertstufung der Be-weger und somit die ,Defizienz' der nachgeordneten Beweger ontolo-gisch zureichend zu erkl ren seien, ungel st stehen.

Die ,Unvollkommenheit' der nachgeordneten Beweger zeigt sichnoch von einer anderen Seite: Wie auch immer der Fixstern-Beweger(als ,Prinzip') sich zu den brigen Bewegern (als seinen ,Prinzipiaten')verhalten mag651, diese sind jedenfalls ihrerseits auf den ersten Be-weger angewiesen, weil sie nur im Hinblick und in bezug auf ihn ber-haupt einen Sinn haben. Denn die u. a. in cael. B 12 und Λ 7 geschil-derte Teleologie der einzelnen thersph ren auf den Fixsternhimmelhin und des gesamten therbezirkes auf das -πρώτον κινούν hin652

entbehrte letztlich der Begr ndung, wenn nicht auch die Beweger,auf welche ja die Sph ren prim r ausgerichtet sind, gleichfalls einStreben zum Fixstern-Beweger hin durchz ge. Diese immanent ausAristoteles gewonnene Auffassung663 best tigt sich, wenn man auchhinsichtlich dieses speziellen Punktes die aristotelische Lehre von derobersten Substanz mit entsprechenden Lehren der Alten Akademievergleicht654. Denn es ist uns eine altakademische Lehre bezeugt, inwelcher die (den aristotelischen nachgeordneten Bewegern analogen)Zahlen das — dem Fixstern-Beweger entsprechende — εν erstreben***5.Erg nzend kommt noch hinzu, da die oberste Seinsschicht bei Ari-

Reihen schwankt, so hat man doch sp ter in der Lehre, da immaterielle Geistwesenje eine verschiedene species besitzen und deren einziges Individuum sind, (unabsicht-lich) den Kern der Sache bewahrt.

649 Den Tatbestand des Unterschieds formuliert die von Merlan, Movers ίο Α. 40 zitierteStelle Thomas, De subst. sep. 6: invenitur in formis (sc. separatis) diversitas se-cundum quendam ordinem perfectionis et imperfectionis. u. . m. Zur Erkl rungdes Unterschieds bei Aristoteles vgl. das Nachstehende.

•M Vgl. u. 8.27 (bes. 8.271).661 Vgl. o. S. 435 A. 628.652 Vgl. Kosmologie und Metaphysik i68f, 5.422/423 und die Hinweise u. 8.233.883 Zuerst ausgesprochen von Ross. Met. I, CXL. Vgl. Kr mer, UGM 169 A. 147.654 So auch Kr mer, UGM 169 A. 147.656 Referiert bei Arist. EE A 8, 1218 a 24ff (vgl. a 26 und 30 εφίενται, a 27 δρεξις,

a 32 ορέγεται). Zur Frage, ob Aristoteles an dieser Stelle Xenokrates meint, vgl.o. 2.32 Ende.

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4-4 Das Sein im Ursinn 439

stoteles — wie bei Xenokrates und Platon — .Leben' besitzt856, waswohl auch ein derartiges Streben einschlie t. Obgleich ein Streben desUnvollkommenen zum Vollkommenen sonst bei Aristoteles — wie inder Akademie — mit .Materie' verbunden wird667, ist das also bei denaristotelischen Bewegern offensichtlich nicht der Fall658.

Da man bei Aristoteles f r den Begriff ύλη stets auch δύναμις(oder besser: δυνάμει δν) einsetzen kann659, ergibt sich aus dem Fehlenvon Ολη in der obersten Seinsstufe automatisch auch das Fehlen vonδύναμις. Das ist nicht selbstverst ndlich, wenn man die Wirkungs-geschichte der aristotelischen Sph ren-Beweger in der sp teren Intelli-genzen-(Engel-) Lehre vergleichend heranzieht660: Denn Thomas z.B.r ckt potenlia und materia auseinander und fa t die Intelligenzen alsmaterielose Seiende auf, welche -potentia besitzen661. Dies tut er unteranderm deshalb, weil sein Materie-Begriff stark auf das k rperlicheSein bezogen ist, also nur schwerlich auf k rperlose Wesenheiten an-gewendet werden kann.

Wenn Aristoteles diese Wege nicht einschlug, so liegt dies be-stimmt nicht daran, da seine Ολη nur noch »sinnliche Materie' w re662:Denn wir sehen, um von dem allgemeinsten absolut unbestimmtenHyle-Prinzip zu schweigen, an der πρώτη Ολη, den beiden Formen vonύλη νοητή und an der ύλη τοπική, wie weit ύλη und δύναμις ber denBereich des »Sinnlichen* hinausgehen. Aristoteles besitzt also sehr wohleine Jdeal'-Materie, nur eben nicht an der gleichen Stelle wie Platonund andere Akademiker663. Vielleicht h ngt dies damit zusammen,da er — hnlich wie Xenokrates — Platons Konzeption von κόσμοςνοητός stark vereinfacht und ins Kosmologische gewendet hat? Es868 Kr mer, UGM i6if. 170. Vgl. o. 2.25 u. .857 Vgl. z. B. 2.25, 8.25 und Sach-Index s. v. Liebesstreben.868 Ross, Met. I, CXL meint also zu Recht, da das Streben der nachgeordneten Be-

weger „implies an element of potentiality in them" bzw. „implies something quasi-material in them", kann aber dieses .quasi-materielle Etwas' nat rlich auch nichtverifizieren.

859 Diese Konvertibilit t von ύλη und δυνάμει δν gilt praktisch unbeschr nkt, vgl.8.123, ferner 8.23 und 8.27.

880 Merlan, Movers ίο mit A. 39 und 40 (dort Stellen z. B. aus Albert. M., Thomas;wertvolle Lit.-Angaben). Moraux 1256, 64—1259, 25 (Der therische Leib der D monenund Engel; mit Lit.). Litt 99—109. Kr mer, UGM Index 470 s. v. Nus e).

881 Vgl. vorst. Anm.882 Kr mer, UGM 169: „Bei Aristoteles (ist) mit der Abkehr vom στοιχείο v-Zu-

sammenhang — die αόριστος δυάξ Stoicheion auch der Transzendenz — der letzteSchritt zum reinen Monismus hin getan. Hyle ist fortan nur noch die sinnlicheMaterie, die als solche die kosmische δυά$ des Xenokrates fortsetzt; . . .". Weder istdie aristotelische Hyle nur sinnliche Materie (vgl. zur Widerlegung 2.52, 4.6, 7.823,8.132, 8.21/22, 8.27 u. ., s. Sach-Index s. v. Hyle 46) noch liegt bei Aristo-teles irgendein Monismus vor (vgl. neben den genannten Stellen o. 1.15 u. .,s. Sach-Index s. v. Dualismus 2).

883 Vgl. nur o. 2.5.

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440 4· ιτληθθ5 als Materie-Prinzip in Metaphysik Γ/Κ

mag auch kein Zufall sein, da in der Systemvariante des Xenokrates— welche dem aristotelischen Seinsaufbau stark verwandt ist — dieMaterie im obersten Seinsbereich nicht fehlt, aber doch weniger deut-lich in Erscheinung tritt als im raumzeitlichen Kosmos664.

Mithin bleibt hier bei Aristoteles eine ,L cke' bestehen: Wir wis-sen von der Rangstufung der Beweger und m chten sie mit einem.zweiten Prinzip' verbinden — vielleicht mit dem πλήθος-Begriff ausmet. Γ — , aber Aristoteles hat diese Verkn pfung nicht thematisiert.

4.453 Die Stellung des πλήθος in der aristotelischen Seinsstufung

Kehren wir nun zu der zentralen Frage unseres Abschnitts 4.45zur ck665, n mlich : Welche ontologische Stellung nehmen ευ — πλήθοςim Γ ein ? Aristoteles spricht davon, da ,alles' auf εν — πλήθοςzur ckf hrbar sei666, da , alles' gegens tzlich sei oder von Gegen-s tzen abstamme667, noch pr gnanter, da τα όντα καΐ την ούσίανεξ εναντίων ουγκεϊσθαι668. Und da εν — πλήθος nun άρχαΐ των εναντίωνsind669, schlie en wir, sie seien auch άρχαΐ των όντων, d. h. das Seinsei diesen beiden Prinzipien Untertan. Das gesamte Sein ?

Merlan bejaht die Frage: εν und πλήθος bzw. ,Sein' und »Nicht-sein* stellten konstitutive Elemente der obersten Seinsschicht dar,und da die oberste Seinsstufe Prinzip der nachgeordneten Schichtensei, seien εν — πλήθος (Sein/Nichtsein) irgendwie auch in diesen unter-geordneten Stufen anwesend, also deren Elemente. Am deutlichstenanwesend seien Ιυ — πλήθος in der obersten Seinsstufe, so da derMetaphysiker bei der Untersuchung dieser h chsten Seinssph rezugleich auch die beiden Elemente εν — πλήθος am klarsten zu er-kennen und zu erforschen verm ge670. Merlan »identifiziert' somit die

ββ4 Vgi. ber Xenokrates' Materie-Begriff o. 2.4, dazu erneut 2.5.M5 o. 4.451.we ioo4b 2yf ττάντα ανάγεται ε!$ το δν καΐ το μη δν, καΐ είς §ν καΐ ττλήθο$. Vgl. 10040

33 f-ββ7 ιοο5 a 3f πάντα yap ή εναντία ή εξ εναντίων.868 ioo4b29f- Aristoteles zitiert dies als Meinung ,fast aller Philosophen', steht also

nicht ausdr cklich dahinter, aber er sagt auch nichts dagegen. Au erdem ist vondem, was er als eigene Ansicht ber die Gegens tze in Γ 2 vertritt, bis zu diesemSatz nur ein kleiner Schritt, wenn berhaupt einer.

669 ioo5a4f.670 Merlan i6gf : Γ und E i folgen einer akademischen Tradition, nach der „there are

different spheres of being ; there is at least one sphere over and above the sphere ofthe sensible. There is some concatenation between these spheres, so that the supe-rior can be termed .cause' (in some sense of the word) of the inferior; moreover, theuppermost sphere is .composed of (or .derived from') two opposite elements whichcan conveniently be called One and multitude . . . Because the superior sphere isthe .cause' of the inferior, the elements of the superior must in some way be presentalso in the inferior (in the inferior ones, if there are many) . In this sense of the word,a pair of opposite principles, being and non-being or One and multitude, are the

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4-4 Das Sein im Ursinn 441

Fundamentalgegens tze mit den άρχαί και αίτίαι των ουσιών sowiemit der πρώτη ουσία671 und stellt sich die Seinsstufung von Γ Ε Κals ein akademisierendes ,Ableitungssystem' von folgender Art vor672:

,; fvπρώτη ουσία ^--ί-

Ι ΙΙ Ιι Ι_

.Mittelbereich' ( ' '

Sinnendinge

So bestechend diese Deutung zun chst auch erscheint, sie bringtbei n herem Zusehen gro e Schwierigkeiten mit sich, die ich f r un-

berwindlich halte: Ob nun in Γ Ε Κ Aristoteles (noch) ein regelrechtesakademisches .Ableitungssystem' vertritt oder nicht873, man tut aufjeden Fall gut daran, mit Merlan die Lehren der Akademie zum Ver-gleich heranzuziehen, weil Aristoteles ideengeschichtlich nun einmalvon dort ausgeht. Dabei darf man sich aber nicht mit vagen N he-rungswerten begn gen674, sondern mu sich — mindestens zun chst —an die uns Ai'sfonscA fa baren, konkreten Auspr gungen akademischerSeinssysteme halten675. In keiner der drei Systemvarianten fallen nundie obersten Prinzipien so mit der ersten Seinsschicht zusammen, wiees Merlan offensichtlich f r das Γ annimmt676: Platons εν wird explizit

elements of everything. Now, it is obvious that they are more distinctly present inthe superior than in the inferior sphere. If therefore wisdom is the study of thesupreme principles and elements, we are philosophers by studying the supremesphere of being, together with its elements, the One and the multitude. In otherwords, by studying being and non-being or the One and multitude as elements wedo not study them as abstracta. On the contrary, we remain within the realm of thesupreme sphere of being, though obliquely we are speaking of all spheres of being,whenever we speak of being and non-being or the One and multitude. .Theology',.metaphysics', .wisdom' is therefore the study of both the supreme sphere of beingand elements. . . .". Ebenso 182ff. 189ff. igsff. 205ff. 209 Anm. 2i5f. 230.

671 Wagner 146.972 Das Schema nach Merlan 182, sinngem mit der aristotelischen Terminologie von

ΓΕΚ ausgestattet. 873 Dar ber gleich unten.674 Dies tut n mlich Merlan 182 und auch sonst in dem gesamten Kapitel, sooft er sich

auf den akademischen Hintergrund von met. ΓΕΚ bezieht. Eine derartige Vagheiterstaunt bei einem eminenten Kenner wie Merlan, der uns ber die Systeme derAkademiker so viel Neues gelehrt hat. Vgl. auch Kr mer, GS 336 A. 77.

875 Nat rlich beschr nken wir uns hier auf knappe Andeutungen und Stichworte; allesN here o. 2, bes. 2.5.

βτβ vgi in pfj (jje o A. 670 genannten Seiten, bes. das Schema S. 182.

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442 4· ττλήθο$ als Materie-Prinzip in Metaphysik Γ/Κ

als . berseiend' gedacht und auch sein zweites Prinzip ist von derobersten Seinsschicht unabh ngig, Speusipp r ckt beide Prinzipien(εν — πλήθο$) ausdr cklich und entschieden ber Sein und Wert hin-aus ; Xenokrates vertritt zwar einerseits eine (am Timaios orientierte),kosmologische' Systemvariante, bei welcher die ber der ersten Seins-schicht stehenden Gesamtprinzipien zur cktreten, andererseits aberauch ein (mehr »innerschulisch* beeinflu tes) Derivationssystem, wel-ches deutlich zwei , berseiende' Prinzipien aufweist (wenn sie auchnicht direkt so genannt werden) — ohne da man letzteren Denk-ansatz bei ihm als minder wichtig bezeichnen k nnte677. Zieht mandaraus einen .Durchschnittswert' und wendet ihn auf das Γ an, som te das akademische System des Γ in seinem oberen Teil ungef hrso ausgesehen haben:

i-v πλήθος

•πρώτη ουσία

Das stimmt aber nicht zum Text von Γ/Κ: Zwar spricht Aristotelesnicht direkt ber das Verh ltnis von εν — πλήθος zur πρώτη ουσία678,aber er setzt im Γ »Einheit' und ,Sein' gleich und zwar eher so, da erIv als Bestimmung des ov versteht, nicht umgekehrt. Mit anderenWorten: Er ordnet das εν dem v auf keinen Fall ber, sondernmindestens gleich, vermutlich sogar unter679.

Diese Konzeption des εν, die im wesentlichen mit dem berein-stimmt, was er sonst ber das Iv lehrt680, schlie t ein ber der πρώτηουσία stehendes εν-Prinzip aus681: Denn selbst wenn man das εν im

677 N heres dazu o. 2.4; vgl. auch u.878 Vielleicht st tzt sich Wagner 146 auf diesen Umstand, wenn er meint: „Schlie lich

k nnten die Fundamental-Gegens tze als Prinzipien und Gr nde noch der πρώτηουσία selbst gedacht sein. Diese letztere Denkbarbeit ist keineswegs so leicht aus-schlie bar". Wenn man aber das oben im Text genannte Indiz ber cksichtigt, kannman sie mit gro er Wahrscheinlichkeit ausschlie en. — Merlan 169 schwankt imAusdruck „the uppermost sphere is .composed of (or .derived from') two oppositeelements . . .", denkt aber sonst immer an ein .Enthaltensein' von Iv und ττλήοοξin der πρώτη ουσία.

β7β Vgl. Γ 2, ioo3b22—1004a 2 (s. auch ioo4a 5) = K 3, io6iai5—18 und dazuo. 4.44.

ββο Vgi onitz 223b i8ff und die Kommentare zu den dort aufgef hrten Stellen, vorallem Eiders zu den Stellen aus met. I.

681 Kr mer, Έπέκεινα 12 A. 35 vermutet, da im Kreise Platons und der Akademie dieGleichung Iv αυτό = δν αυτό auf das ber seiende Hen angewendet worden sein k nne.Selbst wenn das zutr fe (die kargen Belege sagen nichts direkt dar ber; auch be-reitet mir die These gro e sachliche Schwierigkeiten), d rfte man diese Konzeption

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4.4 Das Sein im Ursinn 443

Γ/Κ als (immanentes) .Prinzip' der πρώτη ουσία auffassen k nnte (inWirklichkeit ist es doch wohl eine Bestimmung an dieser ουσία),bietet der Text keinerlei Anhalt f r die Vermutung, es liege hier inΓ/Κ — hnlich wie bei manchen Akademikern682 — wom glich eindoppeltes εν vor, n mlich ein εν-Prinzip .innerhalb' der h chsten Seins-stufe und ein zweites Gesamt-Pnnzip εν , ber' der obersten Sems-schicht. Eine solche Annahme liefe auch v llig dem zuwider, was mansonst ber die ideengeschichtliche Verbindung der aristotelischenSeinslehre nach .r ckw rts' wei : Die aristotelische Seinsstufungkn pft als ganze an den kosmologischen Seinsentwurf des Xenokratesund an den Timaios an, nicht etwa an Speusipp oder an Platons inner-schulisches System683. Demgem ergibt sich f r Γ/Κ: Die πρώτη ουσίαist als vollkommenes Sein (und Seinsprinzip) zugleich auch vollkom-mene Einheit (und Prinzip aller Einheit)684, schematisch

πρώτη ουσία = εν -Prinzip

Man darf auch noch einen Schritt weiter gehen und sagen, da dieπρώτη ουσία den obersten Bezugspunkt der .ersten' (positiven) Sy-stoichie und aller diesbez glichen Reduktionen bildet.

Die .Identifikation' von oberster Seinsschicht und εν ist von derSache her ohne weiteres einsichtig. Wie soll man sich jedoch vorstel-

noch lange nicht auf Γ/Κ bertragen. Ich halte es also f r ausgeschlossen, Aristotelesin Γ/Κ eine Stufung folgender Art zuzuschreiben:

bzw.£v = v

1 r

πρώτη ουσία

iv = ov

πρώτη ουσία882 Sicher bei Speusipp (2.3), vielleicht auch bei Xenokrates. soweit er dem inner-

schulischen .Ableitungssystem' folgt (o. 2.4, bes. 2.42/43; vgl. auch Kr mer,Theologie 485 mit A. 83).

683 Einzelheiten o. 2.5 Bei Xenokrates liegt die Betonung auf .kosmologischer' Seins-entwurf ( ~ Timaios), denn er nimmt ja auch ( ~ Platons innerschulisches System)

berseiende Prinzipien an, im Verh ltnis zu denen die kosmologische Nus-Monas.sekund r', .abgeleitet' ist (s. die Verweise in vorst. Anm.). — Mit der Hervorhebungvon Xenokrates und Timaios soll nat rlich der Einflu , den Platon und Speusippin anderer Hinsicht auf das aristotelische System ausge bt haben, nicht verkleinertoder gar geleugnet werden (vgl. o. 2.52, S. 265 u. .): Nur folgt eben Aristoteles beiseiner Konzeption der obersten Seinsstufe und ihrer Prinzipien gerade nicht Platonsinneschulischem System oder Speusipp, sondern anderen Denktendenzen der Aka-demie (s. o. im Text).

484 N heres dazu Kr mer, GS 322 f (vgl. 328). — Die hiermit f r Aristoteles vorge-schlagene oberste Stufe entspricht also — um das nochmals zu sagen — genau derxenokratischen Nus-Monas, aber ohne die berseienden Prinzipien, die bei Xeno-krates noch dar berstehen (k nnen).

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444 4· ττλήθο$ als Materie-Prinzip in Metaphysik Γ/Κ

len, da in der gleichen πρώτη ουσία auch das ,Element' (bzw. .Prin-zip') πλήθος .enthalten' sei und zwar in seiner reinsten Form685 ? Dasich Merlan auch hier ber nur unbestimmt u ert686, wollen wir erneutdie akademischen Systeme vergleichen: Bei Platon, Speusipp und Xe-nokrates entsteht die oberste Seinsstufe aus dem Zusammenwirkenbeider Prinzipien, so da dann in der Schicht der νοητά nat rlich auchdas zweite Prinzip .enthalten' ist. Sofern nun bei Aristoteles die πρώτηουσία dem noetischen Bereich der Akademiker entspricht687, ist alsodurchaus die Frage berechtigt, ob nicht in ihr πλήθος als .Element'(bzw. .Prinzip') enthalten sei. Eine .Identifikation' von πρώτη ουσίαund πλήθος — analog der Gleichsetzung von πρώτη ουσία (reines δν) =εν — kommt, weil Seinsvollkommenheit nun einmal mit .Einheit' undnicht mit .Vielheit' zusammenf llt688, nicht in Frage, vielleicht abereine Einwirkung eines .unabh ngigen' πλήθος-Prinzips auf die ,ersteSeinsstufe', schematisch etwa so:

πρώτη ουσία = εν ·<- πλήθος

Die πλήθος-Wirkung w rde sich in der inneren Vielfalt der πρώτηουσία zeigen (viele Beweger), welche sich durchaus mit der absoluten.Einfachheit' (άπλοΰν; praktisch = εν) und .Unteilbarkeit' (άδιαίρε-τον) der obersten Seinsstufe vertr ge, weil mit diesen Termini nureine stofflich-r umliche Vielfachheit, Materialit t, Teilbarkeit usw.ausgeschlossen werden soll, nicht aber eine Gegliedertheit in vieleνοητά689. Vielleicht k nnte man damit sogar die obengenanntenEr rterungen ber den Satz vom Widerspruch vereinigen690. Diesenund hnlichen Vermutungen steht jedoch entgegen, da Aristoteles —wie wir sahen — πλήθος nicht auf die πρώτη ουσία bezieht — genauso-wenig, wie er in anderen Zusammenh ngen Ολη oder δύναμις mit ihrverbindet691. Es bleibt also nur brig, sich πλήθος als ein unabh ngig.neben' der πρώτη ουσία = εν stehendes Prinzip zu denken, daszusammen mit der πρώτη ουσία in die nachgeordneten Seinsstufenhineinwirkt:

ess Vgl. Merlan, PN an den o. S. 440 A. 670 genannten Stellen.888 Er macht an keiner der Stellen pr zise Angaben: Manchmal klingt es so, als denke

er an eine Art coincidentia oppositorum, manchmal anders. Deshalb wollen wir aufseine Formulierungen nicht n her eingehen.

987 Vgl. o. 2.52.βββ vgi die Fortwirkung dieses Gedankens in der Formel ens et unum convertuntur,

neben der niemals ein ens et multitudo convertuntur erscheint.689 Richtig dar ber Kr mer, Theologie 3671.690 Vgl. o. 4.45ib. Nicht einsehen konnte ich G. della Volpe, II principio di contradi-

zione e concetto di sostanza prima in Aristotele, Bologna 1934.891 Vgl. o. 4.452.

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4-4 Das Sein im Ursinn 445

πρώτη ουσία = εν πληθο$

Mittelbereich

Sinnendinge

Reduktion der ersten Systoichie auf das iv und Aufstieg per subtrac-tionem in den Seinsstufen f hren beide zum selben Ziel, der ττρώτηουσία692. Hingegen verl uft die Reduktion der zweiten Systoichie aufπλήθος hin getrennt von den eben genannten Reduktionen, und sief hrt auch in eine ganz andere Richtung, n mlich zum ττλήθο$-Ρπηζΐρ,welches der -πρώτη ουσία selbst ndig gegen bersteht.

Diese πλήθος-Konzeption l t sich nicht mit einem bestimmtenakademischen Vorbild verbinden: Von Xenokrates' kosmologischerSeinsstufung weicht sie darin ab, da Xenokrates auch in seiner kos-mologischen Systemvariante wohl ein Materie-Prinzip »au erhalb' derobersten Seinsschicht annimmt, es aber bereits in die oberste Seins-stufe hinein wirken l t. Der Timaios steht zwar hier letztlich berallim Hintergrund693, enth lt jedoch kein so umfassend wirkendes zweitesPrinzip, wie es πλήθος wohl darstellt694. Platons innerschulische Lehreund Speusipp schlie lich bieten zwar umfassende zweite Prinzipien695,

ββ2 wir sprechen nur vom gemeinsamen .Ziel', denn die Reduktion der ersten Systoichieist nicht mit dem Aufstieg zur πρώτη ουσία identisch, sondern impliziert immerzugleich auch die zweite Systoichie (εν weist auf πλήθος, τούτον auf έτερον,όμοιον besonders stark auf άνόμοιον und dgl.). Vgl. das unmittelbar Nachstehendeund o. 4.44 Anfang.

*93 Siehe zuletzt Kr mer, Theologie passim. — Sollte auch bei der Entscheidung desAristoteles, im obersten Seinsbereich nicht von .Materie' zu sprechen, der Einfludes Timaios eine Rolle gespielt haben ?

694 Vgl. ber die Auspr gungen des platonischen zweiten Prinzips im Timaios o. 2.223 d.686 Speusipp erinnert auch durch seinen Terminus πλήθος (die Belege bei Robin 654 bis

656; Sacherkl rung in den Kommentaren zu den dort genannten Metaphysik-Stellenund o. 2.3; auch f r die Terminologie wichtig das o. 2.3 ausgewertete Speusipp-Referat bei lamblich) an unseren πλήθος-Ι^ΓΪΐί. Die Wortgleichheit besagt indesnicht viel, weil die Terminologie f r das zweite Prinzip in der Akademie recht vari-abel war und πλήθος durchaus nicht auf Speusipp beschr nkt gewesen zu seinbraucht: Vgl. Robin 635—660 (Termini f r das zweite Prinzip Platons und derAkademiker). Gaiser 517 (der πλήθος in met. Γ zu Recht nicht speziell auf Speusippbezieht, sondern als „allgemeineren Begriff versteht). — Merlan orientiert sich— soweit man seine Ausf hrungen berhaupt genauer fixieren kann — bei seinemVergleich von met. Γ/Κ mit der Akademie offenbar mehr an Speusipp (dessen aller-oberste System-Stufe er freilich weglassen mu ) als an Xenokrates: Dies ist auchkein Zufall, weil in seinem Buch Speusipp ausf hrlich behandelt wird, Xenokratesso gut wie berhaupt nicht.

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446 4· πλήθος als Materie-Prinzip in Metaphysik Γ/Κ

eignen sich aber sonst nicht zum direkten Vergleich βββ. Man darf alsoschlie en, da Aristoteles hier — trotz enger Anlehnung an die Aka-demie im einzelnen (z. B. Xenokrates) und im ganzen (»akademische'Philosopheme im gesamten Γ/Κ; ~ akademische κοινή) — doch eineeigenst ndige Konzeption entwickelt hat. Sie ist seiner .klassischen'Lehre vom ύλη-Prinzip so hnlich, da wir sie damit verbinden wol-len (4.6).

Aristoteles l t also in den Gegensatz-Lehren von Γ/Κ die aka-demische Lehre von den zwei obersten Prinzipien und den in ihnengr ndenden Gegens tzen deutlicher als anderswo hervortreten, ver-tritt aber keine akademische Prinzipienlehre mehr, sondern ordnet dieGegens tze (vor allem das oberste Gegensatz-Paar εν — πλήθος) seinerSeinsstufung und Substanzlehre ein und unter69'3, ohne sie wiederumdarin v llig aufgehen zu lassen. Man darf somit weder die Seinslehrevon Γ/Κ unter Vernachl ssigung der aristotelischen ούσία-Stufung aufdie Gegensatz-Lehre reduzieren698 noch umgekehrt die Gegensatz-Lehre in ihrer ontologischen Relevanz untersch tzen699 und nur neben-bei behandeln700. Die Gegens tze ernst nehmen hei t die ,ontologische'Komponente der aristotelischen Metaphysik zu ihrem Recht kommenlassen und sie nicht einseitig in .Usiologie' (Substanzlehre) oder gar,Theologik' aufl sen. Der Metaphysiker untersucht eben nicht nur —im Blick auf die ττρώτη ουσία — Form, Wirklichkeit usw., sondernauch Hyle, M glichkeit usw., also die Seinsgegebenheiten, die von derh chsten Substanz ausgeschlossen sind und auch bei den brigen Sub-stanzen gerade das betreffen, was an ihnen nicht Substanz (also nicht»Form', .Wirklichkeit' usw.) ist.β9β vgi o 2 5 un(j das bisher in 4.453 Gesagte.697 Symptomatisch daf r Γ 2, 1004 b 8 — 10: Die Gegens tze werden vom .ersten Philo-

sophen' untersucht, der indes nie vergessen darf, da ihnen die Usia ontisch vor-geordnet ist.

698 So de facto Merlan, au er ihm z. B. noch Eusebietti (vgl. Owens 57 A. 92, dazu 465A. 38) und vielleicht L. Eiders (Owens 19 A. 17).

699 So zum Teil Kr mer, vgl. o. 4.44 S. 426 f.700 Das geschieht in den g ngigen Darstellungen der aristotelischen Metaphysik prak-

tisch berall, z. B. bei Owens bes. 276 — 279 (mit Verweis auf J. P. Anton und L.Eiders; vgl. Index Contraries, Not-Being, Plurality) und bei Reale. — Die Gegen-s tze des Γ/Κ f r relevant zu halten bringt keinen Widerspruch zur aristotelischenLehre mit sich, da nichts .Prinzip' einer Substanz sein kann, was nicht selberSubstanz ist (auf diese Lehre weist Wagner 146 hin) und da die Gegens tze keine.Prinzipien' seien (a 6, i8ga 29 — 32). Denn der letztere Grundsatz meint nur, daein Gegensatzpaar allein f r sich (a. h. ohne Bezug auf eine Substanz u. dgl.) nichtPrinzip sein kann (vgl. Ross z. St.). Nun ist aber das eine Gegensatzglied (εν) mitder obersten Substanz identisch und das andere (πλήθος) ist nicht Prinzip der ober-sten Substanz, sondern nur der nachgeordneten Seinsschichten, so da die Lehrevon Γ/Κ keinem der beiden aristotelischen Grunds tze widerspricht. Vgl. zudemu. 4.52 ber den Umstand, da die TrAq o$-Systoichie von Γ/Κ ein ΰποιαίμενον im-pliziert.

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4-5 Besteht ein .Bruch' zwischen ΓΕΚ und der brigen Metaphysik ? 447

Bevor wir das Ίτλήθοζ-Ρπηζΐρ von Γ/Κ mit dem Ολη-Prinzip zuverkn pfen versuchen, pr fen wir die Frage, ob sich die Lehren vonΓ/Κ in wesentlichen Punkten von den anderen Metaphysik-B chernunterscheiden oder nicht (4.5).

4.5 Besteht ein 'Bruch' zwischen Γ Ε Κund der brigen Metaphysik?

Philip Merlan, auf dessen Deutung von Γ Ε Κ wir in den vorauf-gegangenen Abschnitten immer wieder eingegangen sind, sieht die inden drei B chern enthaltene Philosophie im wesentlichen noch f r,rein-akademisch' an und legt einen scharfen Schnitt zwischen Γ Ε Κund die brigen B cher der Metaphysik, in denen dann Aristoteles —im Gegensatz zur Akademie und damit zu Γ Ε Κ — seine eigene Philo-sophie entwickele. Ein Eingehen auf diese These ist f r die Beurteilungdes ττλήβος-Begriffes nicht unwichtig: Denn wenn sie zutrifft, h ttenwir im πλήθος eine rein-akademische Variante des zweiten Prinzipsvor uns, im anderen Falle aber so etwas wie die aristotelische ϋλη inakademisierender Einkleidung.

4.51 Seins- und Erkenntnislehre

Die hergeh rigen Punkte streifen wir nur kurz, weil wir sie fastalle in anderen Abschnitten ausf hrlicher behandeln und nur daraufzu verweisen brauchen: In bezug auf die Kern-Frage, ob n mlich inΓΕΚ im Gegensatz zu den anderen B chern noch ein akademisches.Ableitungssystem' und ,Elementen-Metaphysik' vorliegt, zeigt eineNachpr fung, da die Seinsstufung von Γ Ε Κ (und ihre Kausalit t)sich in keinem wesentlichen Punkt von der .genuin-aristotelischen'Seinslehre unterscheidet701, also genau so viel oder so wenig akade-mische Philosopheme enth lt wie andere Metaphysik-B cher, z. B.wie die Lehre von met. Λ702. So hat denn auch die Forschung, so un-einig sie sonst hinsichtlich Metaphysik Γ ist, diese These Merlans ein-m tig nicht akzeptiert703.

TOI Vgl. o. 4.23, dazu noch die gesamten Er rterungen in 4,2 und 4.4.702 ber die Spuren akademischen .Ableitungs'- und .Elementen'-Denkens im Λ zu-

letzt Kr mer, GS 321—323 (dort weitere Hinweise und Lit.). Diese Beobachtungen,die im wesentlichen auf Merlan selber (!) zur ckgehen, werden von der Kontroverseum die .Immanenz-Hypothese' in keiner Weise ber hrt.

TOS Vgl. nur etwa Owens, Theiler, Reale und During ber den Zusammenhang vonΓΕΚ mit den anderen B chern. — Eine gewisse Ausnahme bildet vielleicht Wagner.

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