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§ 6 Das stochastische Integral 6.2 Elementare Handelsstrategien erzeugen die σ-Algebra der previsiblen Mengen 6.3 Previsible Prozesse sind adaptiert und progressiv messbar 6.4 P 0 wird von den linksseitig stetigen und adaptierten Prozessen erzeugt 6.6 Die stochastischen Intervalle ]0] erzeugen P 0 6.9 Rechtsseitig stetige, nicht-negative Submartingale definieren ein eindeutiges Maß auf P 0 6.10 Das Dol´ eans-Maß 6.11 Das Dol´ eans-Maß der Brownschen Bewegung 6.13 f dg als Riemann-Stieltjes Integral f¨ ur rechtsseitig stetiges f 6.15 Die Ito-Isometrie 6.16 Folgerungen aus der Ito-Isometrie 6.17 z } E (R) liegt dicht in L 2 (μ M ) 6.18 Ausdehnung einer Isometrie 6.19 Das Ito-Integral 6.22 Aus M t = M t P -6.35 folgt X dM = X dM 6.24 1 ]0,t] X dM ist ein L 2 (P )-Martingal 6.27 Rechtsseitig stetige Prozesse die Modifikation voneinander sind, sind auch unun- terscheidbar 6.28 Die Klasse Λ 2 (μ M ) der lokalen L 2 -integrierbaren Funktionen 6.29 Auswahl rechtsseitig stetiger Repr¨ asentanten von ( 1 ]0,t] XdM ) t0 6.31 Substitution von Stoppzeiten beim Ito-Integral 6.33 Substitutionsprinzip beim Ito-Integral 6.34 Previsible ”lokalbeschr¨ ankte” Prozesse geh¨ oren zu Λ 2 (μ M ) 6.35 P 0 -Messbarkeit und stochastische Integrierbarkeit spezieller Prozesse 6.36 Integration bzgl. αM + βN 6.37 Lokale Integration bzgl. αM + βN Wir beginnen in diesem Paragrafen mit der Einf¨ uhrung des Ito-Integrals. Im n¨ achsten Paragrafen betrachten wir das lokale Ito-Integral, um in § 8 die Integration bzgl. stetiger Semimartingale zu untersuchen. In § 9 entwickeln wir den Kalk¨ ul f¨ ur das Ito-Integral. C1(WS08/09) 6–1

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§ 6 Das stochastische Integral

6.2 Elementare Handelsstrategien erzeugen die σ-Algebra der previsiblen Mengen

6.3 Previsible Prozesse sind adaptiert und progressiv messbar

6.4 P0 wird von den linksseitig stetigen und adaptierten Prozessen erzeugt

6.6 Die stochastischen Intervalle ]0, τ ] erzeugen P0

6.9 Rechtsseitig stetige, nicht-negative Submartingale definieren ein eindeutiges Maßauf P0

6.10 Das Doleans-Maß

6.11 Das Doleans-Maß der Brownschen Bewegung

6.13∫

f dg als Riemann-Stieltjes Integral fur rechtsseitig stetiges f

6.15 Die Ito-Isometrie

6.16 Folgerungen aus der Ito-Isometrie

6.17z E(R) liegt dicht in L2(µM )

6.18 Ausdehnung einer Isometrie

6.19 Das Ito-Integral

6.22 Aus Mt = M ′t P -6.35 folgt

∫X dM =

∫X dM ′

6.24∫

1]0,t]X dM ist ein L2(P )-Martingal

6.27 Rechtsseitig stetige Prozesse die Modifikation voneinander sind, sind auch unun-terscheidbar

6.28 Die Klasse Λ2(µM ) der lokalen L2-integrierbaren Funktionen

6.29 Auswahl rechtsseitig stetiger Reprasentanten von(∫

1]0,t]XdM)t≥0

6.31 Substitution von Stoppzeiten beim Ito-Integral

6.33 Substitutionsprinzip beim Ito-Integral

6.34 Previsible ”lokalbeschrankte” Prozesse gehoren zu Λ2(µM )

6.35 P0-Messbarkeit und stochastische Integrierbarkeit spezieller Prozesse

6.36 Integration bzgl. αM + βN

6.37 Lokale Integration bzgl. αM + βN

Wir beginnen in diesem Paragrafen mit der Einfuhrung des Ito-Integrals. Im nachstenParagrafen betrachten wir das lokale Ito-Integral, um in § 8 die Integration bzgl. stetigerSemimartingale zu untersuchen. In § 9 entwickeln wir den Kalkul fur das Ito-Integral.

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Finanzmathematik I

Integrieren wollen wir stochastische Prozesse X :]0,∞[×Ω → R also X = (Xt)t>0 bzgl.rechtsseitig stetiger L2-Martingale M : [0,∞[×Ω → R. Da bei einer Integration von XMessbarkeitsfragen eine Rolle spielen betrachten wir zunachst σ-Algebren uber ]0,∞[×Ω.Wir erinnern an den Begriff der previsiblen Mengen und Prozesse uber ]0, T ] × Ω (siehe2.4).

In diesem gesamten Paragrafen sei (At)t∈[0,∞[ eine vorgegebene Filtration und σ, τ

Stoppzeiten bzgl. (At)t∈[0,∞[.

6.1 Previsible Prozesse und die σ-Algebra der previsiblen Mengen

Setze R := ]s, t]× As : 0 ≤ s < t, As ∈ As.(i) P0 = Aσ(R) heißt die uber ]0,∞[×Ω erzeugte σ-Algebra der previsiblen

Mengen.

(ii)a X = (Xt)t∈]0,∞[ mit X :]0,∞[×Ω → Rd heißt previsibel, wenn X P0,Bd

messbar ist.

(ii)b X = (Xt)t∈[0,∞] mit X : [0,∞[×Ω → Rd heißt previsibel, wenn X0 A0,Bd-

messbar und (Xt)t∈]0,∞[ previsibel ist.

Es ist PT0 = P0 ∩ (]0, T ]× Ω), wegen

P0 ∩ (]0, T ]× Ω) = Aσ(R) ∩ (]0, T ]× Ω) =Ubungs. 1

Aσ(R∩ (]0, T ]× Ω))

= Aσ(]s, t]× As : 0 ≤ s < t ≤ T,As ∈ As) =2.4PT

0 .

In 6.2, 6.4 und 6.6 werden wir nun drei weitere Moglichkeiten angeben, wie man dieσ-Algebra P0 der previsiblen Mengen erzeugen kann.

6.2 Elementare Handelsstrategien erzeugen die σ-Algebra der previ-siblen Mengen

Die σ-Algebra P0 der previsiblen Mengen ist die kleinste σ-Algebra bzgl. derer alleelementaren Handelsstrategien (Ht)t∈]0,∞[ messbar sind.

Beweis. Sei P1 die kleinste σ-Algebra bzgl. derer alle elementaren Handelsstrategien(siehe Definition 2.3) messbar sind. Zum Nachweis von P1 ⊂ P0 reicht es zu zeigen

]0,∞[×Ω 3 (u, ω) → 1]s,t](u)h(ω) ist P0-messbar

fur 0 ≤ s < t und eine As-messbare Funktion h. Dies folgt, da fur B ∈ Bg+1 mit 0 6∈ Bgilt:

(u, ω) ∈]0,∞[×Ω : 1]s,t](u)h(ω) ∈ B =]s, t]× h−1(B) ∈ R,

wegen h−1(B) ∈ As. (Beachte B ∈ Bg+1 : 0 6∈ B bildet ein Erzeuendensystem vonBg+1.) Zu zeigen bleibt:

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Die Brownsche Bewegung

(1) P0 ⊂ P1.

Sei also 0 ≤ s < t und As ∈ As. Zu zeigen ist fur (1):

(2) ]s, t]× As ∈ P1.

Setzt man hs := (1As , . . . , 1As)′, so ist hs As-messbar und H(u, ω) = 1]s,t](u)hs(ω) eine

elementare Handelsstrategie. Nun ist P1 3 H−1((1, . . . , 1)′) =]s, t]× As. Also gilt (2).

Wir nannten einen Prozess (Xt)t>0 progressiv messbar, wenn fur alle t > 0 gilt

]0, t]× Ω 3 (u, ω) → Xu(ω) ist B(]0, t])⊗At-messbar.

Also ist (Xt)t≥0 progressiv messbar (siehe 4.28), wenn X0 A0-messbar und (Xt)t>0 pro-gressiv messbar ist.

6.3 Previsible Prozesse sind adaptiert und progressiv messbar

Es sei(Xt)t∈]0,∞[ ein previsibler Prozess. Dann ist (Xt)t∈]0,∞[ progressiv messbar.

Es reicht reellwertige, previsible Prozesse

X :]0,∞[×Ω → Rzu betrachten. Zu zeigen ist fur t > 0

]0, t]× Ω 3 (u, ω) → X(u, ω) ist B]0, t]⊗At-messbar.

Da jede P0-messbare Funktion punktweiser Limes einer Folge von P0-elementaren Funk-tion ist, durfen wir X = 1A fur A ∈ P0 annehmen. Zu zeigen bleibt also fur t > 0

(1) A ∩ (]0, t]× Ω) ∈ B(]0, t])⊗At fur A ∈ P0.

Dies gilt offenbar fur A ∈ R. Es folgt (1) somit wegen P0 = Aσ(R) aus

Aσ(R) ∩ (]0, t]× Ω) = Aσ(R∩ (]0, t]× Ω)) ⊂ B(]0, t])⊗At.Linksseitig stetige und adaptierte Prozesse sind nicht nur progressiv messbar wie in 4.29(i) festgestellt, sondern nach 6.4 sogar previsibel.

Rechtsseitig stetige und adaptierte Prozesse sind zwar progressiv messbar, mussen jedochnicht previsibel sein.

6.4 P0 wird von den linksseitig stetigen und adaptierten Prozessenerzeugt

Es ist P0 die kleinste σ-Algebra uber ]0,∞[×Ω bzgl. derer alle linksseitig stetigenund adaptierten Prozesse (Xt)t∈]0,∞[ messsbar sind.

Beweis. Es bezeichne P1 die kleinste σ-Algebra uber ]0,∞[×Ω bzgl. derer alle linksseitigstetigen und adaptierten Prozesse messbar sind. Fur P0 ⊂ P1 reicht es zu zeigen

]s, u]× As ∈ P1 fur 0 ≤ s < u,As ∈ As

oder X(t, ω) := 1]s,u](t)1As(ω) ist P1-messbar. Dies folgt, da (Xt)t∈]0,∞[ linksseitig stetigund adaptiert ist.

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Finanzmathematik I

Zum Nachweis von P1 ⊂ P0 sei (Xt)t∈]0,∞[ ein linksseitig stetiger und o.B.d.A. reellwer-tiger, adaptierter Prozess. Zu zeigen ist

(1) X = (Xt)t∈]0,∞[ ist P0-messbar.

Nun ist

Xn(t, ω) =n·2n∑k=1

Xk·2−n(ω)1]k·2−n,(k+1)·2−n](t)

als”elementare Handelsstrategie“ nach 6.2 P0-messbar.

Da aus der linksseitigen Stetigkeit von X folgt, dass X(t, ω) = limn→∞

Xn(t, ω) ist, ist X

mit Xn ebenfalls P0-messbar.

6.5 Stochastische Intervalle

Seien σ, τ zwei Stoppzeiten, dann bezeichnet man Mengen der Form

[σ, τ ], ]σ, τ ], [σ, τ [, ]σ, τ [⊂ [0,∞[×Ω

als stochastische Intervalle. Hierbei sind z.B. definiert

[σ, τ ] := (t, ω) ∈ [0,∞[×Ω : σ(ω) ≤ t ≤ τ(ω),]σ, τ ] := (t, ω) ∈ [0,∞[×Ω : σ(ω) < t ≤ τ(ω).

Stochastische Intervalle der Form ]σ, τ ](⊂]0,∞[×Ω) sind previsibel.

Beweis. Es ist z.z. 1]σ,τ ] ist P0-messbar. Nun ist 1]σ,τ ](t, ω) = 1]σ(ω),τ(ω)](t), und es gilt

(1) ]0,∞[3 t → 1]σ(ω),τ(ω)](t) ist linksseitig stetig fur festes ω :

(2) Ω 3 ω → 1]σ(ω),τ(ω)](t) ist At-messbar fur festes t ∈]0,∞[.

Zu (2): Setzt man At := ω : σ(ω) < t ≤ τ(ω), so ist

(3) 1]σ(ω),τ(ω)](t) = 1At(ω).

Da σ und τ Stoppzeiten sind, gilt

σ < t ∈ At, t ≤ τ = τ < t ∈ At.

Also ist At = σ < t ∩ t ≤ τ ∈ At, und daher folgt (2) aus (3). Aus (1) und (2) folgtnach 6.4 dann, dass 1]σ,τ ] P0-messbar ist.

Man beachte das Intervalle der Gestalt ]σ, τ [ keine previsiblen Mengen sein mussen.

6.6 Die stochastischen Intervalle ]0, τ ] erzeugen P0

Die von allen stochastischen Intervallen ]0, τ ] – mit Stoppzeiten τ – uber

]0,∞[×Ω erzeugte σ Algebra ist P0.

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Die Brownsche Bewegung

Beweis. Nach 6.5 ist P1 := Aσ(]0, τ ] : τ Stoppzeit ) ⊂ P0. Fur P0 ⊂ P1 reicht es zuzeigen

(1) ]s, t]× As ∈ P1 fur 0 ≤ s < t, As ∈ As.

Betrachte die Stoppzeiten σ ≡ s und τ = t1As + s1As. Dann folgt

]s, t]× As =]σ, τ ] =]0, τ ]\]0, σ] ∈ P1.

Im weiteren Paragrafen sind alle Prozesse reellwertig, und wir legen einen festen W-Raum(Ω,A, P ) zu Grunde mit einer festen Filtration (At)t∈[0,∞[.

6.7 Lp-Prozesse

Ein stochastischer Prozess (Xt)t∈I heißt ein Lp-Prozess (oder auch Lp(P )-Prozess),wenn

∫|Xt|pdP < ∞ fur alle t ∈ I ist.

Ein Martingal (Mt)t≥0 bzgl. (At)t≥0, welches ein Lp-Prozess ist, heißt ein Lp-Martingal.

6.8 Die Abbildung νZ

Sei (Zt)t∈[0,∞[ ein L1(P )-Prozess. Definiere νZ : R→ R fur 0 ≤ s < t und As ∈ As

durch

νZ(]s, t]× As) =∫As

(Zt − Zs)dP.

Wir wollen nun zeigen, dass νZ unter gewissen Voraussetzungen aufR σ-additiv und nichtnegativ ist. Mit Hilfe des Caratheodoryschen Erweiterungssatzes setzt man dann νZ aufAσ(R) fort.

Um eine Vorstellung uber die notwendigen Voraussetzungen an Zt zu gewinnen, betrachtenwir einmal den speziellen Fall Ω = ω. Es ist fur 0 ≤ s < t

νZ(]0, t]) := νZ(]0, t]× ω) = Zt(ω)− Z0(ω) =: F (t).

Dann ist νZ(= µF ) nach 5.25 (iv) genau dann zu einem Maß auf B(]0,∞[) mit νZ(]0, t]) <∞ erweiterbar, wenn [0,∞[3 t → Zt(ω) rechtsseitig stetig und monoton nicht fallend ist.Die Monotonie ist wegen Ω = ω gleichbedeutend damit, dass (Zt)t≥0 ein Submartingalist.

Wir erinnern daran, dass wir einen Prozess X = (Xt)t≥0 rechtsseitig stetig, bzw. links-seitig stetig, bzw. stetig nennen, wenn fur jedes ω ∈ Ω gilt

[0,∞[3 t → Xt(ω) ist rechtsseitig stetig, bzw. linksseitig stetig, bzw. stetig.

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Finanzmathematik I

6.9 Rechtsseitig stetige, nicht-negative Submartingale definieren eineindeutiges Maß auf P0

Sei Z = (Zt)t∈[0,∞[ ein nicht-negatives, rechtsseitig stetiges Submartingal bzgl.

(At)t∈[0,∞[ auf (Ω,A, P ).

Dann existiert ein eindeutig bestimmtes Maß

νZ : P0 → [0,∞] mit νZ |R = νZ .

Beweis. Zur Eindeutigkeit: Es ist R ∩-stabil mit Aσ(R) = P0. Sind dann ν1, ν2 zweiMaße auf P0 die νZ fortsetzen, so gilt ν1(R) = ν2(R) = νZ(R) < ∞ fur R ∈ R. Wegen

En :=]0, n]× Ω ∈ R und En ↑ ]0,∞[×Ω,

folgt ν1 = ν2 auf Aσ(R) = P0 nach dem Eindeutigkeitssatz fur Maße (siehe S. 4.20 derStochastik I.)

Zur Existenz: Wir zeigen zunachst

(1) R ist ein Semiring;

(2) νZ ist auf R nicht negativ und additiv.

Zu (1): Offensichtlich ist R = ]s, t]× As : As ∈ As, 0 ≤ s < t ∩-stabil mit ∅ ∈ R. Esbleibt zu zeigen

(3) ∅ 6= A2 ⊂ A1, A1, A2 ∈ R ⇒ A1 \ A2 = ]ni=1Ri mit paarweise disjunkten Ri ∈ R.

Seien also Aj =]sj , tj ]×Asj mit Asj ∈ Asj fur j = 1, 2 gegeben. Wegen ∅ 6= A2 ⊂ A1 gilt

s1 ≤ s2 < t2 ≤ t1 mit As1 \ As2 ∈ As2 .

Also hat A1 \ A2 wegen As1 ∈ At2 die gewunschte Gestalt:

A1 \ A2 = (]s1, s2]× As1) ] (]s2, t2]× (As1 \ As2)) ] (]t2, t1]× As1).

Es gilt somit (3) und daher (1).

Zu (2): Da (Zt)t≥0 ein Submartingal ist, gilt fur As ∈ As und s < t, dass∫A ZsdP ≤∫

A ZtdP ist. Also folgt fur s < t und As ∈ As

νZ(]s, t]× As) =∫As

(Zt − Zs)dP ≥ 0,

d.h. νZ ist nicht negativ auf R.

Zum Nachweis der Additivitat fuhren wir zunachst folgende Hilfsuberlegung durch. SeienR =]s, t] × As 6= ∅ mit As ∈ As und s = s1 < . . . < sm+1 = t sowie A1, . . . , An ∈ Apaarweise disjunkt gegeben, so dass gilt

(4) R = ]i≤m,j≤n

]si, si+1]× Aj .

Dann ist

(5) ]s, t] =m]

i=1]si, si+1], As =

n]

j=1Aj .

6–6 C1(WS08/09)

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Die Brownsche Bewegung

Hieraus erhalten wir

(6)

νZ(R) = νZ(]s, t]× As) =∫As

(Zt − Zs)dP

=(5)

m∑i=1

∫As

(Zsi+1 − Zsi)dP =(5)

m∑i=1

n∑j=1

∫Aj

(Zsi+1 − Zsi)dP.

Zum Nachweis der Additivitat von νZ aufR seien R ∈ Rmit R =l]

k=1Rk und ∅ 6= Rk ∈ R

gegeben. Zu zeigen ist

(7) νZ(R) =l∑

k=1

νZ(Rk).

Es gibt nun eine Zerlegung von R gemaß (4), so dass

Rk = ]]si, si+1]× Aj | ]si, si+1]× Aj ⊂ Rk.Dann gibt es

(8) Ik disjunkt fur k = 1, . . . , l mitl]

k=1Ik = 1, . . . ,m × 1, . . . , n

(9) Rk = ](i,j)∈Ik

]si, si+1]× Aj .

Aus (6), angewandt auf Rk, folgt

(10) νZ(Rk) =∑

(i,j)∈Ik

∫Aj

(Zsi+1 − Zsi)dP.

Aus (6), (8) und (10) folgt dann (7). Also sind bisher (1) und (2) bewiesen.

Wir kommen nun zum Nachweis der σ-Additivitat von νZ . Setze hierzu zunachst

(11) R := n]

i=1Ri : Ri ∈ R fur i = 1, . . . , n, p.d. und n ∈ N,

(12) νZ(n]

i=1Ri) :=

n∑i=1

νZ(Ri) fur Ri ∈ R, i = 1, . . . , n p.d..

Dann ist R nach (1) und Definition (11) ein Ring. Das auf R erweiterte νZ ist additivund nach (2) und (12) auch nicht negativ. Es bleibt zu zeigen

(13) νZ ist auf R σ-additiv.

Dann folgt namlich nach dem Maßerweiterungssatz von Caratheodory [siehe S.4.17, Sto-chastik I, oder Bauer Maß- und Integrationstheorie Satz 5.1 (Fortsetzungssatz)], dass sichνZ zu einem Maß auf Aσ(R) = P0 fortsetzen laßt. Da νZ auf R ein nicht-negativer,endlicher Inhalt ist, reicht es fur (13) nachzuweisen

(14) R 3 An ↓ ∅ ⇒ νZ(An) ↓ 0,

mit o.B.d.A. An 6= ∅ fur alle n ∈ N.

Es gibt ein T mit

(15) An ⊂ A1 ⊂]0, T ]× Ω.

Ferner ist A1 =m]

j=1]sj , tj ]×Asj mit Asj ∈ Asj . Wir betrachten daher zunachst fur festes

s mit 0 ≤ s < t ≤ T Mengen

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Finanzmathematik I

(16) R :=]s, t]× As, As ∈ As.

Wir wahlen c > 0 so klein, dass s + c < t ist, und setzen

(17)R0

k := ]s + c/k, t]× As ∈ R,Ra

k := [s + c/k, t]× As.

Es gilt dann

(18) R0k ⊂ Ra

k ⊂ R fur alle k ∈ N,

und wegen der Additivitat von νZ auf R erhalten wir

0 ≤ νZ(R \R0k) =

(18)νZ(R)− νZ(R0

k)

=(16), (17)

∫As

(Zt − Zs)dP −∫As

(Zt − Zs+c/k)dP

≤∫As

|Zs+c/k − Zs|dP.

Wir zeigen nun

(19)∫|Zs+c/k − Zs|dP −→

k→∞0.

Zusammen mit der letzten Ungleichung erhalten wir dann

(20) νZ(R \R0k) −→k→∞

0.

Zu (19): Da (Zt)t≥0 rechtsseitig stetig ist, gilt

(21) Zs+c/k −→k→∞

Zs punktweise.

Da (Zu)u≥0 ein nicht negatives Submartingal ist, gilt (beachte s + c/k ≤ t ≤ T )

(22) 0 ≤ Zs+c/k ≤ E(ZT |As+c/k).

Nun ist (E(ZT |As+c/k))k∈N gleichgradig integrierbar nach 4.5 und somit gilt gleiches fur

(Zs+c/k)k∈N nach 4.14 (iii). Zusammen mit (21) folgt aus Satz 4.19 daher (19).

Wir kommen nun zum Beweis von (14). Fur jedes n ∈ N gilt nun

(23)aAn =

mn]j=1

Rnj mit Rn

j ∈ R, Rnj 6= ∅ und

Rnj = ]sn

j , tnj ]× Asnj, Asn

j∈ Asn

j.

Bilde fur jedes Rnj ∈ R analog zum obigem R ∈ R (siehe (16) - (18)) die entsprechenden

Folgen

(Rnj )0k ⊂ (Rn

j )ak ⊂ Rnj

mit c := c(j, n) und

(23)b (Rnj )0k =]sn

j + c/k, tnj ]× Asnj; (Rn

j )ak = [snj + c/k, tnj ]× Asn

j.

Dann gilt fur k ∈ N

(24)

mn]j=1

(Rnj )0k ⊂

mn]j=1

(Rnj )ak ⊂

mn]j=1

Rnj

:=

:= =

(23)a

Bn,k ⊂ Cn,k ⊂ An; Bn,k ∈ R.

6–8 C1(WS08/09)

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Die Brownsche Bewegung

Nach Konstruktion gilt dann (siehe (20))

νZ(Rnj \ (Rn

j )0k) −→k→∞0.

Da νZ auf R additiv ist, folgt daher fur festes n

νZ(An \Bn,k) =(24)

mn∑j=1

νZ(Rnj \ (Rn

j )0k) −→k→∞0.

Sei nun ε > 0 beliebig aber fest vorgegeben. Nach obigem gibt es dann fur jedes n ∈ Nein k(n) mit

(25) νZ(An \Bn,k(n)) ≤ ε · 2−n.

Nach Konstruktion der Cn,k in (24), als disjunkte endliche Vereinigung von Mengen derGestalt [u, v]× Au, ist

(26) Cn,k(ω) := t ≥ 0 : (t, ω) ∈ Cn,k kompakt fur alle ω ∈ Ω.

Mit Bn :=n∩

l=1Bl,k(l), Cn :=

n∩

l=1Cl,k(l) folgt wegen Bl,k(l) ⊂ Cl,k(l) ⊂ Al (siehe (24)))

(27) Bn ⊂ Cn ⊂n∩

l=1Al =

An↓An.

Nun ist Bn ∈ R, da Bl,k(l) ∈ R nach (24) sind. Wir erhalten somit fur alle n ∈ N:

νZ(An \ Bn) =(27)

νZ(n∩

l=1Al \

n∩

l=1Bl,k(l))

≤ νZ(n∪

l=1(Al \Bl,k(l))) ≤

n∑l=1

νZ(Al \Bl,k(l))

≤(25) εn∑

l=1

2−l ≤ ε.

Zum Nachweis von (14) reicht es daher zu zeigen:

(28) νZ(Bn) −→n→∞

0.

Zu (28): Es gilt wegen (27) und An ↓ ∅

(29)∞∩

n=1Cn ⊂

∞∩

n=1An = ∅.

Es ist Cn(ω) als Durchschnitt von nach (26) kompakten Mengen Cl,k(l)(ω) selbst kompakt

mit Cn(ω) ↓ und∞∩

n=1Cn(ω) = ∅ fur jedes ω ∈ Ω nach (29). Also gilt

(30) (∀ω ∈ Ω)(∃n0(ω) ∈ N)(∀n ≥ n0(ω))Cn(ω) = ∅.Fur A ⊂ [0,∞[×Ω definiert man die erste Eintrittszeit in A durch

DA(ω) := inft ≥ 0 : (t, ω) ∈ A.

Da Bn ∈ R ist, besitzt Bn also die Gestalt

Bn =N]

i=1]si, ti]× Asi mit Asi ∈ Asi

und o.B.d.A. s1 ≤ s2 . . . ≤ sN sowie ]si, ti]× Asi 6= ∅.

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Finanzmathematik I

Dann gilt, wenn s1 = s2 . . . = sl < sl+1 = . . . = sk < . . . ist:

DBn

= s1 = As1 ∪ . . . ∪ Asl∈ As1

DBn

= sl+1 = Asl+1∪ . . . ∪ Ask

\ (As1 ∪ . . . ∪ Asl) ∈ Asl+1

.

Somit zeigt man entsprechend allgemein DBn

= si ∈ Asi . Da s1, . . . , sN und ∞ die

einzigen Werte von DBn

sind, ist DBn

eine Stoppzeit.

Wegen Bn ⊂(27)

Cn gilt nach (30):

(31) τn(ω) := DBn

(ω) ≥ DCn

(ω) = ∞ fur alle n ≥ n0(ω).

Also ist τn ∧ T eine Stoppzeit mit τn(ω) ∧ T = T fur n ≥ n0(ω) und somit

(32) Zτn∧T −→n→∞

ZT punktweise.

Da (Zt)t≥0 ein nicht nicht-negatives, rechtsseitig stetiges Submartingal ist, gilt nach demZusatz zu 4.30 (ii), dass 0 ≤ Zτn∧T ≤ E(ZT |Aτn∧T ). Nach 4.5 und 4.14 (iii)) folgt dann

(33) (Zτn∧T )n∈N ist gleichgradig integrierbar.

Aus (32) und (33) ergibt sich mit 4.19:

(34) E(|Zτn∧T − ZT |) −→n→∞

0.

Ferner ist

(35) Bn ⊂]τn ∧ T, T ] =Def.

(t, ω) : τn(ω) ∧ T < t ≤ T,

denn es gilt wegen Bn ⊂(27)

An ⊂(15)

]0, T ]× Ω, (t, ω) ∈ Bn ⇒Def. von τn τn(ω) < t ≤ T.

Nun hat τn ∧ T einen endlichen Wertebereich W, und somit erhalten wir

(36) ]τn ∧ T, T ] = ]s∈W

]s, T ]× ω : τn(ω) ∧ T = s ∈ R,

denn ω : τn(ω) ∧ T = s ∈ As, da τn ∧ T Stoppzeit ist. Also gilt

νZ(Bn) ≤(35)

νZ(]τn ∧ T, T ]) =(36)

∑s∈W

νZ(]s, T ]× ω : τn(ω) ∧ T = s)

=Def.

∑s∈W

∫τn∧T=s

(ZT − Zs)dP =∫

(ZT − Zτn∧T )dP(34)−→

n→∞0.

Somit ist (28), und damit (14) und daher auch der Satz bewiesen.

6.10 Das Doleans-Maß

Sei M = (Mt)t≥0 ein rechtsseitig stetiges L2(P )-Martingal bzgl. der Filtration(At)t≥0. Dann existiert ein eindeutig bestimmtes Maß

µM : P0 → [0,∞] mit µM |R = νM2 .

µM heißt das Doleans-Maß von M . µM ist das eindeutig bestimmte Maß auf P0,so dass fur 0 ≤ s < t und As ∈ As gilt:

µM (]s, t]× As) =∫As

(M2t −M2

s )dP =∫As

(Mt −Ms)2dP.

6–10 C1(WS08/09)

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Die Brownsche Bewegung

Beweis. Da M ein L2(P )-Prozess ist, ist Z := M2 ein L1(P )-Prozess. Nach 4.9 ist(Zt)t≥0 dann ein Submartingal. Es existiert nach 6.9 daher ein eindeutig bestimmtes MaßµM auf P0 mit µM |R = νM2 , also mit

µM (]s, t]× As) =6.8

∫As

(M2t −M2

s )dP fur 0 ≤ s < t und As ∈ As.

Die zweite Darstellung von µM (]s, t]× As) folgt aus der Martingaleigenschaft von M furAs ∈ As∫

As

(Mt −Ms)2dP =

∫As

(M2t + M2

s )dP − 2∫As

MsMtdP

=∫As

(M2t + M2

s )dP − 2∫As

EAs(MsMt)dP =3.12(i)

=∫A0

(M2t + M2

s )dP − 2∫As

M2s dP =

∫As

(M2t −M2

s )dP.

6.11 Das Doleans-Maß der Brownschen Bewegung

Sei B = (Bt)t≥0 eine reelle Brownsche Bewegung bzgl. (At)t≥0. Dann gilt fur dasDoleans-Maß µB

µB = λ⊗ P |P0, wobei λ das Lebesgue-Maß auf B(]0,∞[) bezeichne.

Beweis. Es ist (Bt)t≥0 ein (rechtsseitig) stetiges Martingal bzgl. (At)t≥0 (siehe 5.15 (i)).Es ist Bt ∈ L2(P ) nach 5.15 (ii). Also ist (Bt)t≥0 ein rechtsseitig stetiges L2(P )-Martingalbzgl. (At)t≥0. Somit existiert µB auf P0.

Wir fassen λ als Maß auf B(]0,∞[) auf. Dann ist λ⊗ P ein Maß auf B(]0,∞[)⊗A, undsomit ist λ ⊗ P |P0 ein Maß. Nach 6.10 reicht es daher fur 0 ≤ s < t und As ∈ As zuzeigen

λ⊗ P (]s, t]× As) =∫As

(Bt −Bs)2dP.

Nun ist Bt − Bs - nach Definition einer Brownschen Bewegung - unabhangig von As

und nach N(0, t − s)-verteilt. Daher sind (Bt − Bs)2 und 1As unabhangig. Nach S. 9.7,

Stochastik I gilt daher∫As

(Bt −Bs)2dP =

S. 9.7P (As)

∫(Bt −Bs)

2dP

= P (As)(t− s) = (λ⊗ P )(]s, t]× As).

Sei E(R) := n∑

i=1αi1Ri

: αi ∈ R, Ri ∈ R, i = 1, . . . , n; n ∈ N mit

R := ]s, t]× As : 0 ≤ s < t, As ∈ AsE(R) ist dann der von 1R : R ∈ R erzeugte R-lineare Raum. Jedes X ∈ E(R) hat dieGestalt

X(t, ω) = α11]s1,t1](t)1As1(ω) + α21]s2,t2](t)1As2

(ω) + . . . + αn1]sn,tn](t)1Asn(ω).

Fur festes ω setze f(t) := X(t, ω). Dann ist f :]0,∞[→ R und hat die Gestalt

C1(WS08/09) 6–11

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Finanzmathematik I

f =n∑

i=1βi1]si,ti].

Wir werden jetzt das stochastische Integral von (Xt)t>0 bzgl. eines Prozesses (Zt)t≥0

einfuhren als punktweises Riemann-Stieltjes Integral, d.h. fur festes ω ∈ Ω als Riemann-Stieltjes Integral von f(t) := X(t, ω) bzgl. g(t) := Z(t, ω). Fur eine Erweiterung auf diegroßere Klasse der linksseitig stetigen Prozessen mit rechtsseitigen Grenzwerten ist eineEinfuhrung als punktweises Riemann-Stieltjes nicht moglich, da g in der Regel nicht vonlokal-beschranker Variation ist (siehe 5.22 und 5.20).

Sei im Folgenden

f :]0,∞[→ R eine elementare Funktion, d.h. f =n∑

i=1βi1]si,ti] mit 0 ≤ si < ti,

βi ∈ R fur i = 1, . . . , n.

Sei g : [0,∞[→ R eine beliebige Funktion. Dann definiert man

6.12∫

f dg =∫ n∑

i=1βi1]si,ti]dg :=

n∑i=1

βi(g(ti)− g(si)) ∈ R.

Diese Definition ist unabhangig von der speziellen Darstellung der elementaren Funktionf. Die Abbildung

f →∫

f dg

ist eine R-lineare Abbildungen von den elementaren Funktionen in die reellen Zahlen.

Der nachste Satz, den wir aber im Folgenden nicht benotigen, zeigt, dass fur rechtsseitigstetiges g und wenn T ≥ ti ist, das

∫f dg gleich dem in 5.21 eingefuhrten Riemann-

Stieltjes Integral ist.

6.13∫

f dg als Riemann-Stieltjes Integral fur rechtsseitig stetiges g

Sei f =n∑

i=1βi1]si,ti] :]0,∞[→ R. Sei g : [0,∞[→ R eine rechtsseitig stetige Funktion.

Seien ti ≤ T und setze eine beliebigen Wert fur f(0) fest. Dann ist f |[0, T ] Riemann-Stieltjes integrierbar bzgl. g|[0, T ], und es gilt∫

f dg =T∫0

f dg.

Beweis. Ubungsaufgabe 47.

Sei nun X ∈ E(R), dann hat X die Gestalt

X = α11]s1,t1]×As1+ . . . + αn1]sn,tn]×Asn

mit Asi ∈ Asi und 0 ≤ si < ti. Fur festes ω ∈ Ω ist dann t → X(t, ω) eine elementareFunktion f. Ist nun (Zt)t≥0 ein zu (At)t30 adaptierter Prozess, so konnen fur festes ω ∈ Ωdefinieren

g(t) := Zt(ω), t ≥ 0.

Also ist fur festes ω

6–12 C1(WS08/09)

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Die Brownsche Bewegung

(∫

X dZ)(ω) :=∫

f dg = α1[Zt1(ω)− Zs1(ω)]1As1(ω) + . . . + αn[Ztn(ω)− Zsn(ω)]1Asn

,

erklarbar. Diese Definition liefert, da∫

f dg eine R-lineare Abbildung ist, bei festemω eine R-lineare Abbildung von E(R) in R. Betrachtet man die Abbildung, die jedemX ∈ E(R) die Funktion

Ω 3 ω → (∫

X dZ)(ω)

zuordnet, so entsteht eine R-lineare Abbildung von E(R) in die A-messbaren Zufallsva-riablen. Denn es ist nach Definition

(∫

X dZ)(ω) = α1[Zt1(ω)− Zs1(ω)]1As1(ω) + . . . + αn[Ztn(ω)− Zsn(ω)]1Asn

(ω).

6.14 Das stochastische Integral fur elementare, previsible Prozesse

Es sei E(R) := n∑

i=1αi1Ri

: αi ∈ R, Ri ∈ R fur i = 1, . . . , n; n ∈ N und (Zt)t≥0 ein

reeller zu (At)t≥0 adaptierter Prozess. Fur X ∈ E(R), d.h. fur X = α11]s1,t1]×As1+

. . . + αn1]sn,tn]×Asn, mit 0 ≤ si < ti und Asi ∈ Asi setze man

(∫

X dZ)(ω) :=n∑

i=1αi(Zti(ω)− Zsi(ω))1Asi

(ω) fur ω ∈ Ω.

Wie schon erwahnt ist die Abbildung

E(R) 3 X →∫

X dZ ∈M(A)

einen R-lineare Abbildung von E(R) in die Menge der reellwertigen A-messbaren Zufalls-variablen M(A). Man beachte, dass E(R) nur von der Filtration (At)t≥0 und

∫X dZ nur

von X und Z nicht aber vom W-Maß P abhangt.

Im Folgenden sei der Integrator Z = M und M = (Mt)t≥0 hierbei ein rechtsseitig stetigesL2(P ) Martingal. Nach 6.10 existiert dann das Doleansmaß µM . Wir weisen zunachst diefur das Folgende entscheidende Ito-Isometrie nach.

6.15 Die Ito-Isometrie

Sei M = (Mt)t≥0 ein rechtsseitig stetiges L2(P )-Martingal bzgl. (At)t≥0. Danngilt fur X ∈ E(R)∫

X2dµM =∫

[∫

X dM ]2dP < ∞.

Beweis. Es ist X :]0,∞[×Ω → R eine Abbildung, die P0-messbar ist, wegen ]si, ti] ×Asi ∈ Aσ(R) =

6.1P0. Somit existiert∫

X2dµM =∫

X2(t, ω)µM (d(t, ω)).

Nach Definition ist∫

X dM eine A-messbare Zufallsvariable, daher existiert ebenfalls∫[∫

X dM ]2(ω)P (dω).

C1(WS08/09) 6–13

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Finanzmathematik I

Nun zum eigentlichen Beweis. Sei X ∈ E(R), dann gibt es paarweise disjunkte Ri ∈ Rmit

(1) X =n∑

i=1αi1Ri

, wobei Ri =]si, ti]× Ai, Ai ∈ Asi .

Wegen Ri ∩Rj = ∅ fur i 6= j folgt

(2) X2 =n∑

i=1α2

i 1Ri,

und somit ist

(3)∫

X2dµM =n∑

i=1α2

i µM (Ri) < ∞.

Nun gilt nach Defintion 6.14

(∫

X dM)2 =(1)

[n∑

i=1αi1Ai

(Mti −Msi)]2

=n∑

i=1α2

i 1Ai(Mti −Msi)

2 +∑i6=j

αiαj1Ai1Aj

(Mti −Msi)(Mtj −Msj ).

Es ist ∫ n∑i=1

α2i 1Ai

(Mti −Msi)2dP =

n∑i=1

α2i

∫1Ai

(Mti −Msi)2dP

=6.10

n∑i=1

α2i µM (]si, ti]× Ai) =

(3)

∫X2dµM .

Auf Grund der letzten beiden Gleichungen reicht es zum Nachweis der Ito-Isometrie zuzeigen

(4)∫

1Ai1Aj

(Mti −Msi)(Mtj −Msj )dP = 0 fur i 6= j.

Wegen Ri ∩Rj = ∅ fur i 6= j, folgt

(5) Ai ∩ Aj = ∅ oder

(6) ]si, ti]∩]sj , tj ] = ∅.Im Fall (5) gilt offensichtlich (4). Im Fall (6) sei o.B.d.A. si ≤ sj . Dann gilt wegen (6),dass ti ≤ sj ist. Aus si ≤ sj folgt

(7) Ai ∩ Aj ∈(1)Asj ,

und es gilt∫1Ai

1Aj(Mti −Msi)(Mtj −Msj )dP =

=∫Ai∩Aj

(Mti −Msi)(Mtj −Msj )dP =

=(7)

∫Ai∩Aj

E([Mti −Msi ][Mtj −Msj ]|Asj )dP

3.12(i)=

ti≤sj

∫Ai∩Aj

[Mti −Msi ]E(Mtj −Msj |Asj )dP = 0,

da M = (Mt)t≥0 ein Martingal und somit E(Mtj −Msj |Asj ) = 0 ist.

6–14 C1(WS08/09)

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Die Brownsche Bewegung

Nach der Ito-Isometrie ist also∫

XdM ∈ L2(P ) fur X ∈ E(R).∫

X dM wird auch dasIto-Integral von X bzgl. M genannt.

Fur ein Maß µ auf einer σ-Algebra A hatten wir definiert fur p ≥ 1

Lp(µ) := Lp(Ω,A, µ) := f : Ω → R|f A-messbar,∫|f |pdµ < ∞.

Es ist Lp(µ) ein pseudonormierter Raum, der vollstandig ist.

Bezeichnet f die µ-Aquivalenzklasse von f, d.h.

f := g : Ω → R|g A-messbar,g = f µ-f.u.,so setzt man

Lp(µ) := f : f ∈ Lp(µ).

Man definiert fur f , g ∈ Lp(µ)

f + g :=z f + g , αf :=

z αf .

Definiert man fur p ≥ 1∫|f |pdµ)1/p :=‖ f ‖p:=‖ f ‖p:= (

∫|f |pdµ)1/p,

so wird

(Lp(µ), ‖ ‖p) ein Banach-Raum,

d.h. ein R-linearer, normierter Raum fur den jede ‖ ‖p-Cauchy-Folge gegen ein Element

von Lp(µ) bzgl. ‖ ‖p konvergiert. Wir schreiben auch ‖ f ‖p,µ fur ‖ f ‖p, um dieAbhangigkeit von µ zu verdeutlichen.

6.16 Folgerungen aus der Ito-Isometrie

Sei (Mt)t≥0 ein rechtsseitig stetiges L2(P )-Martingal bzgl. (At)t≥0. Dann liefert dieFestsetzung,

I(X) :=z ∫

X dM fur X ∈ E(R),

eine R-lineare Abbildung von E(R) ⊂ L2(µM ) in L2(P ) mit

‖ I(X) ‖2,P =‖ X ‖2,µM , d.h. mit

(∫

[I(X)]2dP )1/2 = (∫

X2dµM )1/2.

Beweis. Die Linearitat von I folgt aus der Linearitat von E(R) 3 X →∫

X dM und

dem Rechnen mit Aquivalenzklassen. Die Eigenschaft ‖I(X)‖2,P = ‖X‖2,µM folgt aus

6.15 und der Definition der ‖ ‖2-Norm einer Aquivalenzklasse.

Es ist I also eine R-lineare, normtreue Abbildung von E(R) in L2(P ). Wir werden zeigen,dass E(R) dicht in L2(µM ) liegt. Dies wird es ermoglichen, die R-lineare Abbildung Ieindeutig zu einer R-linearen und normtreuen Abbildung von L2(µM ) in den L2(P ) zuerweitern. Diese Erweiterung werden wir dann als Ito-Integral oder stochastisches Integralauf L2(µM ) bezeichnen.

C1(WS08/09) 6–15

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Finanzmathematik I

6.17 E(R) liegt dicht im L2(µM)

Es sei M = (Mt)t≥0 ein rechtsseitig stetiges L2(P )-Martingal bzgl. (At)t≥0. Danngilt

E(R) liegt dicht im L2(µM ) bzgl. ‖ ‖2,µM .

Beweis. Ubungsaufgabe 49.

6.18 Ausdehnung einer Isometrie

Seien (N1, ‖ ‖1) ein pseudonormierter und (B2, ‖ ‖2) ein Banach-Raum. Sei E1 ⊂ N1

ein bzgl. ‖ ‖1 dichter linearer Teilraum von N1 und es sei

I : E1 → B2 linear mit ‖ I(e) ‖2=‖ e ‖1 fur e ∈ E1.

Dann gibt es eine eindeutig bestimmte Abbildung I, so dass

I(e) = I(e) fur e ∈ E1 ist, und

I : N1 → B2 linear ist, mit ‖ I(e) ‖2=‖ e ‖1 fur e ∈ N1.

Beweis. Zu b ∈ N1 existiert, da E1 dicht in N1 liegt, eine Folge en, n ∈ N mit en ∈ E1

und ‖ en − b ‖1 −→n→∞

0. Fur die Folge I(en), n ∈ N, in B2 gilt, da I linear und normtreu

ist

‖ I(en)− I(em) ‖2=‖ I(en − em) ‖2=‖ en − em ‖1 −→n,m→∞

0.

Da B2 vollstandig ist, ist die Cauchy-Folge (I(en))n∈N in B2 konvergent. Setze

(1) I(b) := limn→∞

I(en).

I(b) ist wohldefiniert, da – fur eine weitere Folge fn ∈ E1 mit ‖ fn − b ‖1 −→n→∞

0 – wegen

der Normtreue von I gilt

‖ limn→∞

I(en)− limn→∞

I(fn) ‖2 = ‖ limn→∞

I(en − fn) ‖2

= limn→∞

‖ I(en − fn) ‖2= limn→∞

‖ en − fn ‖1= 0.

Die Abbildung I ist also eindeutig definiert und normtreu, denn aus en −→n→∞

b folgt

‖ I(b) ‖2 =(1)

‖ limn→∞

I(en) ‖2= limn→∞

‖ I(en) ‖2

= limn→∞

‖ en ‖1=‖ b ‖1 .

Aus E1 3 en −→n→∞

b1, E1 3 fn −→n→∞

b2 folgt E1 3 α1en + α2fn −→n→∞

α1b1 + α2b2 und somit

I(α1b1 + α2b2) = limn→∞

I(α1en + α2fn) = α1 limn→∞

I(en) + α2 limn→∞

I(fn) =

α1I(b1) + α2I(b2).

6–16 C1(WS08/09)

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Die Brownsche Bewegung

Also ist I R-linear und normtreu. Mit en := e −→n→∞

e erkennt man, dass I eine Fortset-

zung von I ist. Die Eindeutigkeit der Fortsetzung folgt aus der Stetigkeit einer normtreu-en, linearen Abbildung.

Die letzten drei Satze gestatten uns nun das Ito-Integral als Abbildung vomL2(]0,∞[×Ω, µM ) in den L2(P ) einzufuhren.

6.19 Das Ito-Integral

Sei M = (Mt)t≥0 ein rechtsseitig stetiges L2(P )-Martingal. Dann ist vermoge

I(X) =z ∫

X dM fur X ∈ E(R)

nach 6.16 eine R-lineare Abbildung von E(R) ⊂ L2(µM ) in den L2(P )mit

‖ I(X) ‖2,P =‖ X ‖2,µM

defininiert. Nach 6.17 und 6.18 laßt sich dann I eindeutig zu einer R-linearenAbbildung I vom L2(µM ) in den L2(P )mit

‖ I(X) ‖2,P =‖ X ‖2,µM fur X ∈ L2(µM )

fortsetzen. Fur X ∈ L2(µM ) heißt I(X) das stochastische Integral bzw. Ito-Integralvon X bzgl. M. Man schreibt∫

X dM := I(X).

Beweis. Die Aussage des Satzes folgt mit 6.18 aus 6.16 und 6.17. Hierbei ist E1 :=E(R), N1 := L2(µM ), B2 := L2(P ) und ‖ ‖1:=‖ ‖2,µM sowie ‖ ‖2:=‖ ‖2,P .

6.20 Bemerkung

Die Ito-Isometrie schreibt sich in der Notation von 6.19 auch∫X2dµM =

∫[∫

X dM ]2dP fur X ∈ L2(µM ).

‖ X ‖2,µM =‖∫

X dM ‖2,P .

Fur X = Y µM -f.u. mit X, Y ∈ L2(µM ) gilt

(A)∫

X dM =∫

Y dM.

Wegen der Linearitat des Integrals konnen wir zum Beweis von (A) auch Y = 0 annehmen.Dann gilt wegen der Ito-Isometrie

0 =∫

X2 dµM =∫

[∫

X dM ]2dP

Also gilt fur die Aquivalenzklasse∫

X dM , dass∫

X dM = 0 ist.

Wir konnen daher auch definieren∫ z

X dM :=∫

X dM, und erhalten dann eine R-lineare,isometrische Abbildung von L2(µM ) in den L2(P ).

Man beachte fur X ∈ E(R) war∫

X dM als A-messbare Funktion erklart. Nach unsererjetzigen Definition verstehen wir jedoch unter

∫X dM die zu

∫X dM zugehorige P -

Aquivalenzklasse.

C1(WS08/09) 6–17

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Finanzmathematik I

6.21 Bemerkung

(i) Aus der Ito-Isometrie folgt fur Xk, X ∈ L2(µM ) insbesondere

Xk L2(µM )−→k→∞

X ⇐⇒∫

XkdML2(P )−→k→∞

∫X dM,

denn ‖ Xk −X ‖2,µM =6.20

‖∫

XkdM −∫

X dM ‖2,P .

(ii) Ist B eine Brownsche Bewegung, so gilt wegen µB = λ ⊗ P auf P0 (siehe 6.11)mit Fubini fur P0 messbares X mit

∫(∫∞0 X2(t, ω)dt)dP < ∞∫

[∫∞0 X2(t, ω)dt]dP =

Fub.

∫X2d(λ⊗ P ) =

6.20

∫[∫

XdB]2dP.

Der folgende Satz zeigt, dass die Definition von∫

X dM nur von der Aquivalenzklassevon Mt abhangt,

6.22 Aus Mt = M ′t P -f.s. folgt

∫X dM =

∫X dM ′

Sind M = (Mt)t≥0 und M ′ = (M ′t)t≥0 zwei rechtsseitig stetige L2(P )-Martingale

bzgl. (At)t≥0 mit

Mt −M0 = M ′t −M ′

0 P -f.u., so gilt

(i) µM = µM ′ auf P0.

(ii)∫

X dM =∫

X dM ′ fur X ∈ L2(µM ).

(iii) Aus (i) und (ii) folgt insbesondere, dass fur ein rechtsseitig stetiges L2(P )-Martingal M = (Mt)t≥0 und M ′ = (Mt −M0)t≥0 gilt:

µM = µM ′ auf P0 sowie∫

X dM =∫

X dM ′ fur X ∈ L2(µM ).

Beweis. (i) Nach 6.10 reicht es fur 0 ≤ s < t und As ∈ As zu zeigen

(1) µM (]s, t]× As) = µM ′(]s, t]× As).

Dies folgt, wegen Mt −Ms = (Mt −M0)− (Ms −M0) = M ′t −M ′

s P -f.s., aus

µM (]s, t]× As) =∫As

[Mt −Ms]2dP =

∫As

[M ′t −M ′

s]2dP = µM ′(]s, t]× As).

(ii) Nach der Definition 6.14 von∫

X dM folgt∫X dM =

∫X dM ′ P -f.s. fur X ∈ E(R) wegen Mt −Ms = M ′

t −M ′s P -f.s..

Als Aquivalenzklassen sind diese Integrale fur X ∈ E(R) also gleich.

Da das Ito-Integral die eindeutig bestimmte ‖ ‖2,µM =‖ ‖2,µ′M, ‖ ‖2,P normtreue, lineare

Fortsetzung von E(R) auf L2(µM ) =(i)L2(µ

′M ) ist, folgt (ii).

(iii) Es ist M ′ ein rechtsseitig stetiges L2(P )-Martingal mit Mt −M0 = M ′t −M ′

0. Alsofolgt (iii) aus (i) und (ii).

Ist f :]0,∞[→ R Lebesgue-integrierbar, so betrachtet man haufig∫A fdλ :=

∫1Af dλ fur

messbare Mengen A ⊂]0,∞[, oder auch x →∫]0,x] f(t)dt als Funktion von x. Entspre-

chendes wollen wir nun fur die stochastische Integration kennenlernen.

6–18 C1(WS08/09)

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Die Brownsche Bewegung

6.23 Stochastische Integration uber Mengen A ∈ P0

(i) Fur A ∈ P0 und X ∈ L2(µM ) ist 1AX ∈ L2(µM ); es existiert also∫1AXdM.

(ii) Sind σ, τ zwei Stoppzeiten und X ∈ L2(µM ); dann ist 1]σ,τ ]X ∈ L2(µM ), es

existiert also∫

1]σ,τ ]XdM.

(iii) Ist σ :≡ s, τ :≡ t und X ∈ L2(µM ); dann ist 1]σ,τ ]X = 1]s,t]X, es existiert

also∫

1]s,t]X dM.

Beweis. Zu zeigen ist

(1) X ∈ L2(µM ) und A ∈ P0 ⇒ 1AX ∈ L2(µM );

(2) ]σ, τ ] ∈ P0.Zu (1): Es ist X P0-messbar und somit 1AX ebenfalls P0-messbar. Da ferner∫

(1AX)2dµM =∫

1AX2dµM ≤∫

X2dµM < ∞,

folgt 1AX ∈ L2(µM ).

Zu (2): Nach 6.5 gilt ]σ, τ ] ∈ P0.

Das stochastische Integral∫

1]0,t]X dM laßt sich als bedingter Erwarungswert von∫XdM bzgl. At wahlen, wie 6.24 zeigt. Wegen ]0, 0] = ∅ ist insbesondere∫

1]0,0]X dM = 0.

Ist Y ∈ L1, so konnen wir nach 3.5 (vi) auch E(z Y |A0) durch E(Y |A0) definieren.

6.24∫

1]0,t]X dM ist ein L2(P )-Martingal

Sei M = (Mt)t≥0 ein rechtsseitig stetiges L2(P )-Martingal und X ∈ L2(µM ).Dann gilt fur jedes t ≥ 0

E(∫

X dM |At) ∈∫

1]0,t]X dM.

Insbesondere ist also (∫

1]0,t]X dM)t≥0 ein L2(P )-Martingal und zwar ein beding-

ter Erwartungswert von∫

X dM bzgl. (At)t≥0 mit Mittelwert 0.

Beweis. Genauer besagt der Zusatz: Es gibt eine Auswahl aus der A-Aquivalenzklassevon

∫1]0,t]X dM die At-messbar, und ein bedingter Erwartungswert von

∫X dM (oder

eines Reprasentanten von∫

X dM) bzgl. At ist.

Der Beweis fur diesen Satz – und fur analoge Aussagen – verlauft nach folgendem Muster:Fur elementare, previsible Prozesse, d.h. fur X ∈ E(R) fur die das stochastische Integralpfadweise definiert ist, rechnet man die Behauptung direkt nach. Allgemeine IntegrandenX ∈ L2(µM ) approximiert man durch eine Folge elementarer, previsibler Prozesse in der‖‖2,µM -Norm nach Satz 6.17. Man fuhrt dann den entsprechenden Grenzubergang fur

C1(WS08/09) 6–19

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Finanzmathematik I

das stochastische Integral aus, indem man die Ito-Isometrie ausnutzt. Bei einem solchenBeweis spricht man von einem Beweis durch den ublichen Erweiterungsprozess.

(I) Wir zeigen die Aussage fur X ∈ E(R), d.h. fur

(1) X =n∑

i=1αi1]si,ti]×Ai

, Ai ∈ Asi .

Dann gilt nach Definition des stochastischen Integrals in 6.14

(2)∫

X dM =n∑

i=1αi(Mti −Msi)1Ai

;

und aus (1) folgt fur t ≥ 0

(3) 1]0,t]X =n∑

i=1αi1]si∧t,ti∧t]×Ai

und daher (betrachte si ≤ t und si > t separat)

(4)∫

1]0,t]X dM =n∑

i=1αi(Mti∧t −Msi∧t)1Ai

.

Wir zeigen durch Fallunterscheidung, das P -f.s. gilt:

(5) E((Mti −Msi)1Ai)|At) = (Mti∧t −Msi∧t)1Ai

.

Aus (2), (5) und (4) folgt die Behauptung aus der P -f.s. gultigen Gleichung:

E(∫

X dM |At) =(2)

E(n∑

i=1αi(Mti −Msi)1Ai

|At) =n∑

i=1αiE((Mti −Msi)1Ai

|At)

=(5)

n∑i=1

αi(Mti∧t −Msi∧t)1Ai=(4)

∫1]0,t]X dM.

Zu (5): Sei zunachst t ≤ si, dann ist (Mti∧t −Msi∧t)1Ai= 0. Fur At ∈ At erhalten wir

Ai ∩ At ∈ Asi und somit, da ferner E(Mti |Asi) = Msi ist:∫At

1Ai(Mti −Msi)dP =

∫Ai∩At

(Mti −Msi)dP =∫Ai∩At

E(Mti −Msi |Asi)dP = 0.

Hieraus folgt E((Mti −Msi)1Ai|At) = 0.

Wir betrachten jetzt den Fall si < t ≤ ti, dann gilt wegen Ai ∈ Asi ⊂ At

E((Mti −Msi)1Ai|At) = 1Ai

E(Mti −Msi |At) = 1Ai(Mt −Msi) = 1Ai

(Mti∧t −Msi∧t).

Der Fall ti < t ist trivial, da dann 1Ai(Mti −Msi) At-messbar ist.

(II) Sei nun X ∈ L2(µM ). Dann gibt es nach 6.17 Folgen (Xk)k∈N mit Xk ∈ E(R) und

(6) ‖Xk −X‖2,µM −→k→∞

0.

Wegen

|1]0,t]Xk − 1]0,t]X| ≤ |Xk −X|

folgt aus (6)

(7) ‖1]0,t]Xk − 1]0,t]X‖2,µM −→

k→∞0.

Wegen der Ito-Isometrie gilt daher nach (6) und (7)

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Die Brownsche Bewegung

(8) ‖∫

Xk dM −∫

X dM ‖2,P −→k→∞

0.

(9) ‖∫

1]0,t]XkdM −

∫1]0,t]X dM ‖2,P −→

k→∞0.

Nach 3.7 (iii) gilt ‖E(Z|At)‖2,P ≤ ‖Z‖2,P fur Z ∈ L2(P ). Also folgt aus (8)

(10) ‖E(∫

XkdM |At)− E(∫

X dM |At)‖2,P −→k→∞

0.

Da Xk ∈ E(R) ist, folgt mit (I), dass

E(∫

XkdM |At) =∫

1]0,t]XkdM P -f.s.

ist. Aus (9) und (10) folgt daher fur t ≥ 0∫1]0,t]X dM 3 E(

∫X dM |At)

Fur t = 0 folgt insbesondere E(∫

X dM |A0) = 0 und somit gilt E(∫

X dM) = 0.

Zum Zusatz: Es ist Y :=∫

X dM ∈ L2(P ). Somit ist (E(Y |At))t≥0 ein L2(P )-Martingalbzgl. (At)t≥0. Also ist

∫1]0,t]X dM – falls eine At-messbare Auswahl gewahlt wird –

ebenfalls ein L2(P )-Martingal bzgl. (At)t≥0, und zwar bedingter Erwartungswert von∫XdM bzgl. (At)t≥0.

Die stochastischen Integrale∫

1]0,t]XdM =z Z t sind nach Definition Elemente des

L2(Ω,A, P ), also Aquivalenzklassen von A-messbaren Funktionen. Man mochte haufig –

wie schon im vergangenen Satz – geeignete Reprasentanten aus diesen Aquivalenzklassenauswahlen, die besonders

”schone Eigenschaften“ besitzen.

Zur besseren Formuierung dieses Problems, dienen die folgenden Definitionen.

6.25 Version eines Prozesses und Modifikation eines Prozesses

Seiz Z t fur t ≥ 0 eine P -Aquivalenzklasse von A-messbaren Funktionen. Ein sto-

chastischer Prozess (Yt)t≥0 heißt eine Version oder ein Reprasentant von (z Z t)t≥0,

wenn gilt

P (Yt = Zt) = 1 fur jedes t ≥ 0.

Man nennt (Yt)t≥0 auch eine Modifikation von (Zt)t≥0.

Eine Verscharfung des Begriffs der Modifikation fuhrt zum Begriff der Ununterscheidbar-keit.

6.26 Ununterscheidbarkeit von Prozessen

Zwei stochastische Prozesse (Yt)t≥0 und (Zt)t≥0 heißen ununterscheidbar, wenn eseine P -Nullmenge N ∈ A gibt, so dass fur alle ω 6∈ N gilt

Yt(ω) = Zt(ω) fur alle t ≥ 0.

Wir schreiben auch Y·=P

Z oder Y·= Z.

C1(WS08/09) 6–21

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Finanzmathematik I

Ununterscheidbare Prozesse sind offensichtlich Modifikation von einander. Die Umkeh-rung gilt jedoch nicht, wie das folgende triviale Beispiel zeigt. Es sei (Ω,A, P ) = ([0,∞[,B([0,∞[, P ) mit P (ω) = 0 fur jedes ω ∈ Ω. Ferner sei Yt(ω) = 1t(ω) fur t ≥ 0 und

Zt(ω) ≡ 0 fur alle t ≥ 0 und ω ∈ [0,∞[. Dann gilt P (Yt = Zt) = P ([0,∞[\t) = 1, aberfur jedes ω ∈ [0,∞[ stimmen t → Yt(ω) und t → Zt(ω) an der Stelle t = ω nicht uberein.Also ω ∈ Ω : Yt(ω) = Zt(ω) fur alle t ≥ 0 = ∅.

Es gilt aber der folgende, leicht zu beweisende Satz.

6.27 Rechtssseitig-stetige Prozesse, die Modifikationen voneinander sind,sind auch ununterscheidbar

Seien (Yt)t≥0 und (Zt)t≥0 zwei Modifikationen voneinander, die beide fur alle ω 6∈ N,mit N ∈ A und P (N) = 0, rechtsseitig stetig sind. Dann sind (Yt)t≥0 und (Zt)t≥0

ununterscheidbar.

Beweis. Sei Q+ := q ∈ Q : q ≥ 0 die Menge der nicht-negativen rationalen Zahlen.Da Yq = Zq P -f.s. fur jedes q ∈ Q+ ist, und Q+ abzahlbar ist, folgt P (N1) = 0 fur

(1) N1 := ω ∈ Ω|∃q ∈ Q+ mit Yq(ω) 6= Zq(ω).

Nun ist N2 := N1 ∪N ∈ A mit P (N2) = 0. Wir zeigen fur ω 6∈ N2 gilt

(2) Yt(ω) = Zt(ω) fur alle t ≥ 0.

Zum Nachweis von (2) sei hierzu t ≥ 0 gegeben. Wahle qn ∈ Q+ mit qn ↓ t. Dann giltYqn(ω) = Zqn(ω) fur alle n ∈ N, da ω 6∈ N1. Die rechtsseitige Stetigkeit fur ω 6∈ N liefertdann (2).

Wir hatten∫

X dM fur X ∈ L2(µM ) als Aquivalenzklasse im L2(P ) definiert. (Beachte

jedoch, dass hingegen∫

X dµM bzw.∫

X2 dµM zwei reelle Zahlen fur X ∈ L1(µM ) bzw.X ∈ L2(µM ) sind.)

Sei weiter X ∈ L2(µM ), wahlt man dann aus∫

1]0,t]X dM fur jedes t ≥ 0 eine spezielle A-

messbare Funktion aus, die ebenfalls mit∫

1]0,t]X dM bezeichnet werden soll, so entstehtein neuer stochastischer Prozess

(∫

1]0,t]X dM)t≥0.

Die Auswahlen konnten nach 6.24 so durchgefuhrt werden, dass (∫

1]0,t]X dM)t≥0 ein

L2(P )-Martingal bzgl. (At)t≥0 ist. Nun ist M = (Mt)t≥0 nach Voraussetzung ein rechts-seitig stetiges L2(P )-Martingal. Kann man eine geeignete Reprasentantenauswahl finden,so dass (

∫1]0,t]X dM)t≥0 ebenfalls rechtsseitig stetig ist? Bevor wir diese Frage beant-

worten, wollen wir an Stelle von X ∈ L2(µM ) eine etwas großere Klasse von Funktionenzulassen.

6–22 C1(WS08/09)

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Die Brownsche Bewegung

6.28 Die Klasse Λ2(µM) der lokalen L2-integrierbaren Funktionen

Es sei Λ2(µM ) := X :]0,∞[×Ω → R P0-messbar |1]0,t]X ∈ L2(µM ) fur alle

t > 0. Satz 6.24 lautet dann:

Ist M = (Mt)t≥0 ein rechtsseitig stetiges L2(P )-Martingal und X ∈ Λ2(µM ), sogibt es eine Version von (

∫1]0,t]X dM)t≥0 die ein L2(P )-Martingal bzgl.(At)t≥0

mit Mittelwert 0 ist.

Beweis. Sei 0 ≤ s < t und X := 1]0,t] ·X. Dann ist X ∈ L2(µM ) und es gilt nach 6.24∫1]0,s]X dM =

∫1]0,s] ·XdM =

6.24E(

∫X dM |As)

= E(∫

1]0,t]X dM |As).

Also laßt sich∫

1]0,s]X dM As-messbar wahlen, und es folgt die Martingaleigenschaft.

Fur das Folgende beachte man, dass

E(R) ⊂ L2(µM ) ⊂ Λ2(µM ),

die letzte Relation folgt, da fur X ∈ L2(µM ) nach 6.23 mit X auch 1]0,t]X ∈ L2(µM ) ist.

6.29 Auswahl rechtsseitig stetiger Reprasentanten von(∫

1]0,t]XdM)t≥0

Sei M = (Mt)t≥0 ein rechtsseitig stetiges L2(P )-Martingal bzgl. (At)t≥0. Es seiferner X ∈ Λ2(µM ).

(i) Dann existiert eine Version von (∫

1]0,t]X dM)t≥0, die rechtsseitig stetig ist.

(ii) Je zwei rechtsseitig stetige Versionen sind ununterscheidbar, sie werden mit

(∫ t0 X dM)t≥0 bezeichnet.

(iii) Ist M sogar stetig, so gibt es auch eine stetige Version von (∫

1]0,t]X dM)t≥0,

sie wird ebenfalls mit (∫ t0 X dM)t≥0 bezeichnet.

Beweis. (ii) folgt aus Satz 6.27.

(i) +(iii) Den Existenzbeweis fur eine rechtsseitig stetige (bzw. stetige) Version fuhrtman durch den

”ublichen Erweiterungsprozess“:

(I) Sei also X ∈ E(R), d.h. von der Gestalt

X =∑n

i=1 αi1]si,ti]×Ai, Ai ∈ Asi .

Dann gilt (siehe (4) im Beweis von Satz 6.24)∫1]0,t]X dM =

n∑i=1

αi(Mti∧t −Msi∧t)1Ai.

C1(WS08/09) 6–23

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Finanzmathematik I

Die vorausgesetzte rechtsseitige Stetigkeit (bzw. Stetigkeit) von M liefert die rechtsseitigeStetigkeit (bzw. Stetigkeit) von

[0,∞[3 t → (∫

1]0,t]X dM)(ω).

(II) Sei n ∈ N fest. Dann ist X := 1]0,n]X ∈ L2(µM ). Es gibt daher Xk := Xk,n ∈ E(R)mit der in (I) angegebenen Gestalt und

(1) ‖Xk −X‖2,µM −→k→∞

0.

Nach (I) ist dann (Y kt )t≥0, definiert durch

(2) Y kt := Y k,n

t :=∫

1]0,t]Xk,ndM, t ≥ 0,

ein rechtsseitig stetiger (bzw. stetiger) adaptierter Prozess, der nach 6.24 auch einL2(P )-Martingal bzgl. (At)t≥0 ist. Aus der Maximalungleichung (siehe 4.33 (i) (2) mit

Xt := Y kt − Y j

t , p := 2, α := 2−m)

(3) Psupt≥0

|Y kt − Y j

t | ≥ 2−m ≤ 22m supt≥0

∫(Y k

t − Y jt )2dP.

Nun laßt sich die rechte Seite von (3) abschatzen zu∫(Y k

t − Y jt )2dP =

(2)

∫[∫

1]0,t](Xk −Xj)dM ]2dP

=6.20

∫1]0,t](X

k −Xj)2d µM ≤∫

(Xk −Xj)2d µM .

Also erhalten wir mit (3):

(4) Psupt≥0

|Y kt − Y j

t | ≥ 2−m ≤ 22m∫

(Xk −Xj)2d µM .

Aus (1) folgt

(Xk)k∈N ist eine Cauchy-Folge im L2(µM ).

Somit existiert eine Teilfolge k1 < k2 < . . . mit

(5)∫

(Xkm+1 −Xkm)2d µM ≤ 1/23m.

Aus (4) und (5) folgt daher∑∞m=1 Psup

t≥0|Y km+1

t − Y kmt | ≥ 2−m ≤

∞∑m=1

2−m < ∞.

Nach dem Lemma von Borel-Cantelli gilt somit

P (lim supm∈N

ω : supt≥0

|Y km+1t (ω)− Y km

t (ω)| ≥ 2−m︸ ︷︷ ︸=:Ωn

) = 0.

Fur Ωn := Ω \ Ωn (beachte Y jt = Y j,n

t ) ist somit P (Ωn) = 1, und es gilt

Ωn = ω : supt≥0

|Y km+1t (ω)− Y km

t (ω)| < 2−m fur fast alle m.

Sei jetzt ω ∈ Ωn beliebig aber fest. Dann ist (Y kmt (ω))t≥0 eine Cauchy-Folge bzgl.

der Supremumsnorm. Also existiert

(6)lim

m→∞Y km,n

t (ω) =: Znt (ω), und es gilt

supt≥0

|Y km,nt (ω)− Zn

t (ω)| −→m→∞

0.

6–24 C1(WS08/09)

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Die Brownsche Bewegung

Da bei der gleichmaßigen Konvergenz die rechtsseitige Stetigkeit (bzw. Stetigkeit) erhal-ten bleibt, ist [0,∞[3 t → Zn

t (ω) rechtsseitig stetig (bzw. stetig) fur ω ∈ Ωn.

Ist ω 6∈ Ωn, so setze man Znt (ω) = 0 fur alle t ≥ 0. Insgesamt ist also (Zn

t )t≥0 rechtsseitigstetig (bzw. stetig). Wir zeigen

(7) Znt ist eine Version von

∫1]0,t]X dM fur 0 ≤ t ≤ n.

Aus (1) folgt zunachst ‖1]0,t]Xk,n− 1]0,t]X‖2,µM −→

k→∞0, und somit wegen 1]0,t]X = 1]0,t]X

fur t ≤ n

Y km,nt =

(2)

∫1]0,t]X

km,ndMm→∞−→L2(P )

∫1]0,t]X dM fur t ≤ n.

Also gibt es eine Teilfolge von (Y km,nt )m∈N die P -f.s. fur festes t ≤ n mit m →∞ gegen∫

1]0,t]X dM konvergiert. Zusammen mit (6) folgt hieraus (7).

Ist nun n1 < n2 so sind (Zn1t )t≥0 und (Zn2

t )t≥0 beide rechtsseitig stetig (bzw. stetig) undVersionen von

∫1]0,t]X dM fur t ≤ n1 (siehe (7)). Es gibt daher eine P -Nullmenge Ωn1,n2

(Beweis analog zu 6.27) mit

(8) Zn1t (ω) = Zn2

t (ω) fur alle t ≤ n1 und ω 6∈ Ωn1,n2 .

Dann ist Ω0 := Ω \ ∪1≤n1<n2

Ωn1,n2 eine Menge von P -Maße 1. Nach (8) existiert daher

(9) Zt(ω) := limn→∞

Z(n)t (ω) ∈ R fur alle (t, ω) ∈ [0,∞[×Ω0.

Da alle [0,∞[3 t → Znt (ω) rechtsseitig stetig (bzw. stetig) sind, folgt aus (8) und (9) die

rechtsseitige Stetigkeit (bzw. Stetigkeit) von

[0,∞[3 t → Zt(ω) fur ω ∈ Ω0.

Setzt man noch Zt(ω) ≡ 0 fur (t, ω) ∈ [0,∞[×(Ω \ Ω0), so ist

(10) [0,∞[3 t → Zt(ω) fur alle ω ∈ Ω rechtsseitig stetig (bzw. stetig).

Es bleibt zu zeigen

(11) Zt ist eine Version von∫

1]0,t]X dM.

Sei t ≤ n1, dann gilt fur ω ∈ Ω0 nach (8) und (9), dass Zt(ω) = Zn1t (ω) ist. Aus (7) folgt

daher (11).

6.30 Lemma

Sei M = (Mt)t≥0 ein rechtsseitig stetiges L2(P )-Martingal und X ∈ Λ2(µM ). Danngilt

(i) fur 0 ≤ s < t∫

1]s,t]X dM =∫

1]0,t]X dM −∫

1]0,s]X dM ;

(ii) h : Ω → R beschrankt und As-messbar ⇒h

∫1]s,t]X dM =

∫h1]s,t]X dM.

C1(WS08/09) 6–25

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Finanzmathematik I

Beweis. (i) Ubungsaufgabe 50(i)

(ii) Wir zeigen

h As-messbar ⇒ 1]s,t]h P0-messbar.

Fur festes ω ist ]0,∞[3 u → h(ω)1]s,t](u) linksseitig stetig. Fur festes u ∈]0,∞[ ist

1]s,t](u)h Au-messbar. Also ist 1]s,t]h P0-messbar nach 6.4.

Der Beweis uber die Integralbeziehung folgt aus Ubungsaufgabe 50(ii) .

Lemma 6.30 wird beim Beweis des folgenden Satzes verwandt.

6.31 Substitution von Stoppzeiten beim Ito-Integral

Sei M = (Mt)t≥0 ein rechtsseitig stetiges L2(P )-Martingal bzgl. (At)t≥0 undX ∈ Λ2(µM ). Sei ferner

(Yt)t≥0 := (∫ t0 X dM)t≥0

eine rechtsseitig stetige Version von (∫

1]0,t]XdM)t≥0.

(i) Dann gilt fur jede beschrankte Stoppzeit τ

Yτ =∫

1]0,τ ]X dM, P -f.s.,

d.h. ω → Yτ(ω)(ω) ist eine Version von∫

1]0,τ ]X dM.

(ii) Ist X ∈ L2(µM ), so gilt (i) fur jede endliche Stoppzeit.

Beweis. Aufgabe 51(i) + (ii)

Starten wir mit einem rechtsseitig stetigem L2(P )-Martingal M = (Mt)t≥0 bzgl. der

Filtration (At)t≥0 und einem X ∈ Λ2(µM ), so erhalten wir durch(Yt)t≥0 := (t∫0

X dM)t≥0

einen rechtsseitig stetigen Prozess, der bis auf Ununterscheidbarkeit eindeutig bestimmtist (siehe 6.29). Nach 6.28 gibt es At-messbare Funktionen Zt ∈

∫1]0,t]X dM fur t ≥ 0,

so dass (Zt)t≥0 ein L2(P )- Martingal bzgl. (At)t≥0 ist. Es ist ferner Yt = Zt P -f.s.. Nach

5.10 (i) ist daher Yt auch APt -messbar, in der Regel jedoch nicht At-messbar. Mit 5.9(i)

erkennt man, dass (Yt)t≥0 ein Martingal bzgl. (APt )t≥0 ist.

Insgesamt ist also (Yt)t≥0 ein rechtsseitig stetiges L2(P )- Martingal bzgl. (APt )t≥0. Um

im Folgenden nicht immer zwischen At und APt unterscheiden zu mussen, setzen wir ab

jetzt grundsatzlich voraus

(6.32) Die Filtration (At)t≥0 sei augmentiert.

Dann ist also (Yt)t≥0 ein rechtsseitig stetiges L2-Martingal bzgl. (At)t≥0 und wir konnenµY nach 6.10 auf P0 definieren. Es gilt dann

µY (]s, t]× As) =∫As

(Yt − Ys)2dP fur 0 ≤ s < t, As ∈ As.

6–26 C1(WS08/09)

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Die Brownsche Bewegung

6.33 Substitutionsprinzip beim Ito-Integral

Sei M = (Mt)t≥0 ein rechtsseitig stetiges L2(P )-Martingal bzgl. der augmen-tierten Filtration (At)t≥0 und es sei X ∈ Λ2(µM ). Ferner sei Y := (Yt)t≥0 =

(∫ t0 X dM)t≥0, als rechtsseitig stetiges L2(P )-Martingal bzgl. (At)t≥0 gewahlt.

Dann gilt:

(i) Es ist µY absolut stetig bzgl. µM mit Dichte X2, d.h.

µY (A) =∫A X2dµM fur alle A ∈ P0.

Sei in (ii) und (iii) nun Z = (Zt)t>0 ein previsibler Prozess.

(ii) Ist Z ∈ L2(µY )(⇐⇒ ZX = (Zt ·Xt)t>0 ∈ L2(µM )),

so folgt∫

Z dY =∫

ZX dM.

(iii) Ist Z ∈ Λ2(µY ), (⇐⇒ ZX ∈ Λ2(µM )), so folgt∫1]0,t]Z dY =

∫1]0,t]ZX dM fur t ≥ 0, und (

∫ t0 Z dY )t≥0

·=P

(∫ t0 ZX dM)t≥0.

Beweis. (i) Da µY und P0 3 P →∫P X2dµM zwei Maße auf P0 sind, reicht es zu

zeigen (benutze den Eindeutigkeitssatz fur Maße):

(1) µY (]s, t]× As) =∫]s,t]×As

X2dµM (< ∞).

(1) folgt wegen Yt =∫ t0 X dM aus

µY (]s, t]× As) =∫

1As(Yt − Ys)2dP =

6.30 (i)

∫1As [

∫1]s,t]X dM ]2dP

=6.30 (ii)

∫[∫

1]s,t]×AsX dM ]2dP

=6.20

∫1]s,t]×As

X2dµM .

(ii) Aus (i) folgt fur einen previsiblen Prozess Z, dass∫

Z2dµY =∫

Z2X2dµM =∫(ZX)2dµM und

∫(1]0,t]Z)2dµY =

∫(1]0,t]ZX)2dµM ist. Hieraus ergeben sich die Aqui-

valenzen in (ii) und (iii).

Sei nun zunachst Z := 1]s,t]×Asmit As ∈ As. Dann erhalt man nach Definition des

stochastischen Integrals und der Definition von Y∫Z dY =

∫1]s,t]×As

dY = 1As(Yt − Ys) =

= 1As [∫]0,t] X dM −

∫1]0,s]X dM ] =

6.30(i)1As

∫1]s,t]X dM

=6.30(ii)

∫1As1]s,t]X dM =

∫1]s,t]×As

X dM =∫

ZX dM.

Wegen der Linearitat der Integrale, gilt die Behauptung daher auch fur Z ∈ E(R).

Sei nun Z ∈ L2(µY ). Es bleibt zu zeigen

(2)∫

ZdY =∫

ZXdM.

C1(WS08/09) 6–27

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Finanzmathematik I

Es gibt nun Zk ∈ E(R) mit

(3) ‖Zk − Z‖2,µY −→k→∞

0.

Aus (3) ergibt sich mit der Ito-Isometrie

(4) ‖∫

ZkdY −∫

Z dY ‖2,P −→k→∞

0.

Nach bereits Bewiesenem gilt wegen Zk ∈ E(R)

(5)∫

Zk dY =∫

ZkX dM.

Ferner haben wir

(6) ‖ZkX − ZX‖22,µM

=∫

(Zk − Z)2X2dµM =(i)

∫(Zk − Z)2dµY

(3)−→k→∞

0.

Hieraus folgt mit der Ito-Isometrie

(7) ‖∫

ZkXdM −∫

ZXdM ‖2,P = ‖ZkX − ZX‖2,µM

(6)−→k→∞

0.

Aus (4), (5) und (7) folgt dann (2).

(iii) Der erste Teil folgt aus (ii) angewandt auf 1]0,t]Z ∈ L2(µY ) an Stelle von Z.

Zum zweiten Teil von (iii) beachte, dass Z ∈ Λ2(µY ) und ZX ∈ Λ2(µM ) sind. Nach 6.29gibt es daher rechtsseitig stetige Versionen von (

∫1]0,t]Z dY )t≥0 und (

∫1]0,t]ZX dM)t≥0.

Daher folgt mit dem ersten Teil von (iii) und 6.27 die Behauptung.

Wir notieren noch einmal die Hauptergebnisse fur eine augmentierte Filtration (At)t≥0:

Ist (Mt)t≥0 ein rechtsseitig stetiges L2(P )-Martingal, so kann nach (6.28 und 6.29) fur

X ∈ Λ2(µM ) dann (∫ t0 X dM)t≥0 als rechtsseitig stetiges L2(P )-Martingal bzgl. (At)t≥0

gewahlt werden. Dieser Prozess ist bis auf Ununterscheidbarkeit eindeutig bestimmt.

Setzt man Yt :=∫ t0 X dM, so hangen also insbesondere µY und die Integrale

∫ZdY nicht

von der getroffenen Auswahl ab (siehe 6.22). Ferner gilt fur Z ∈ Λ2(µY ) nach 6.33 (iii):∫ t0 Zd(

∫ ·0 X dM) =

∫ t0 ZX dM.

Es ergibt sich die Frage, welche previsiblen Prozesse (Xt)t>0 zu Λ2(µM ) gehoren. Istf : [0,∞[→ R stetig und g : [0,∞[→ R eine v.l.b.V. Funktion, so existiert das Riemann-

Stieltjes Integral∫ t0 f dg nach 5.29 fur alle t ≥ 0. Ist X = (Xt)t≥0 ein stetiger und

adaptierter Prozess, so ist X zwar previsibel gehort jedoch nicht notwendigerweise zuΛ2(µM ). Dies liegt daran, dass die Beschranktheitsvoraussetzung in 6.34 nicht notwendi-gerweise gleichmaßig fur alle ω ∈ Ω erfullt sein muss. Wir werden im folgenden Kapitel

den Begriff des Ito-Integrals so ausdehnen, dass zumindestens das Integral (∫ t0 X dM)t≥0

fur alle stetigen und adaptierten Prozesse (Xt)t≥0 existiert.

6.34 Previsible,”beschrankte“ Prozesse gehoren zu Λ2(µM)

Sei M = (Mt)t≥0 ein rechtsseitig stetiges L2(P )-Martingal und (Xt)t>0 previsibel(z.B. linksseitig stetig und adaptiert). Gibt es dann fur jedes T > 0 ein KT > 0 mit

|Xt(ω)| ≤ KT fur 0 < t ≤ T und ω ∈ Ω,

so ist X ∈ Λ2(µM ).

6–28 C1(WS08/09)

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Die Brownsche Bewegung

Beweis. Da X previsibel ist, folgt X ∈ Λ2(µM ) wegen (1]0,T ]X)2 ≤ K2T 1]0,T ]×Ω aus∫

[1]0,T ]X]2dµM ≤ K2T µM (]0, T ]× Ω) = K2

T

∫(MT −M0)

2dP < ∞.

Linksseitig stetige und adaptierte Prozesse sind previsibel nach 6.4.

6.35 P0-Messbarkeit und stochastische Integrierbarkeit spezieller Pro-zesse

Sei M = (Mt)t≥0 ein rechtsseitig stetiges L2(P )-Martingal.

(i) Es seien τ1 ≤ τ2 ≤ . . . ≤ τn ≤ Stoppzeiten und hi Aτi-messbare Funktionen.Dann ist

∞∑i=1

1]τi,τi+1]hi P0-messbar.

(ii) Es seien τ1 ≤ τ2 ≤ . . . ≤ τn+1 Stoppzeiten und hi Aτi-messbare, be-schrankte Funktionen. Dann ist

n∑i=1

1]τi,τi+1]hi ∈ Λ2(µM ),

und es gilt fur t ≥ 0

a)∫

1]0,t]

n∑i=1

1]τi,τi+1]hidM =n∑

i=1hi(Mτi+1∧t −Mτi∧t) P -f.s..

b) (∫ t0

n∑i=1

1]τi,τi+1]hidM)t≥0·=P(

n∑i=1

hi(Mτi+1∧t −Mτi∧t))t≥0.

(iii) Sei τ eine Stoppzeit und h As-messbar und beschrankt, so gilt fur s < t∫1]s,t]1]0,τ ]h dM = h(Mτ∧t −Mτ∧s)P -f.s.

Beweis. (i) Summen und Limites von P0-messbaren Funktionen sind P0-messbar.Esreicht daher fur zwei Stoppzeiten σ ≤ τ und eine Aσ-messbare Funktion h zu zeigen

(1) h1]σ,τ ] ist P0-messbar.

Da fur festes ω die Funktion

]0,∞[3 t → h(ω)1]σ(ω),τ(ω)](t) linksseitig stetig ist,

reicht es nach 6.4 fur (1) zu zeigen: fur t ≥ 0 ist

Ω 3 ω → g(ω) := h(ω)1]σ(ω),τ(ω)](t) At-messbar.

Sei hierzu B ∈ B(R) mit 0 6∈ B. Es bleibt zu zeigen

(2) g−1(B) ∈ At.

Nun ist

(3) g−1(B) = h−1(B) ∩ σ < t ∩ t ≤ τ.Es gilt

C1(WS08/09) 6–29

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Finanzmathematik I

(4) t ≤ τ = τ < t ∈ At.

Da h−1(B) ∩ σ < t = (h−1(B) ∩ σ ≤ t) ∩ σ < t ∈ At ist - beachte h−1(B) ∈ Aσ

und benutze σ < t ∈ At - folgt (2) aus (3) und (4).

(ii) a) Wegen der Linearitat des Integrals, und da Λ2(µM ) ein linearer Raum ist, reichtes zu zeigen fur Stoppzeiten σ, τ mit σ ≤ τ und Aσ-messbarem beschranktem h gilt

(5) 1]σ,τ ]h ∈ Λ2(µM );

(6)∫

1]0,t]1]σ,τ ]hdM = h(Mτ∧t −Mσ∧t) P -f.s..

b) folgt dann aus (6) mit 6.27.

Es ist 1]σ,τ ]h P0-messbar nach (i), und (5) folgt somit, da h beschrankt ist, aus 6.34.

Der Beweis von (6) ist Ubungsaufgabe 1 der Finanzmathematik II.

(iii) Wende (ii) an auf τ1 := s und τ2 := τ ∨ s. Dann sind τ1 ≤ τ2 zwei Stoppzeiten undh ist Aτ1 messbar und beschrankt. Also gilt nach (ii) a)∫

1]s,t]1]0,τ ]hdM =∫

1]0,t]1]s,τ∨s]h dM

=(ii)a)

h(M(τ∨s)∧t −Ms∧t) = h(Mτ∧t −Mτ∧s).

6.36 Integration bzgl. αM + βN

Seien M, N rechtsseitig stetige L2(P )-Martingale. Dann sind αM und M + Nrechtssseitig stetige L2(P )-Martingale.

(i) Ist X ∈ L2(µM ) und α ∈ R, so ist X ∈ L2(µαM ), und es gilt∫Xd(αM) = α

∫X dM.

(ii) Ist X ∈ L2(µM ) und X ∈ L2(µN ), so ist X ∈ L2(µM+N ), und es gilt∫Xd(M + N) =

∫X dM +

∫XdN.

Offensichtlich sind αM und M+N rechtsseitig stetige L2(P )-Martingale. Daher existierenµαM und µM+N .

(i) Beachte α ∈ Λ2(µM ). Somit gilt P -f.s.

Yt :=∫ t0 αdM = αMt − αM0.

Also folgt nach 6.22(iii), dass µY = µαM ist, mit

(1)∫

XdY =∫

Xd(αM) fur X ∈ L2(µαM ) = L2(µY ).

Sei nun X ∈ L2(µM ), dann gilt nach 6.33 (i), angewandt auf (X :=)α, dass∫X2dµαM =

∫X2dµY = α2

∫X2dµM < ∞,

somit ist X ∈ L2(µαM ). Nach 6.33 (ii) gilt schließlich (angewandt auf Z := X,X := α)∫Xd(αM) =

(1)

∫XdY =

∫XαdM = α

∫XdM.

(ii) Ubungsaufgabe 2 der Finanzmathematik II.

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Die Brownsche Bewegung

6.37 Lokale Integration bzgl. αM + βN

Seien M, N rechtsseitig stetige L2(P )-Martingale.

(i) Ist X ∈ Λ2(µM ) und α ∈ R, so ist X ∈ Λ2(µαM ), und es gilt:

(∫ t0 Xd(αM))t≥0

·=P

(α∫ t0 XdM)t≥0.

(ii) Ist X ∈ Λ2(µM ) und X ∈ Λ2(µN ), so ist X ∈ Λ2(µM+N ), und es gilt

(∫ t0 Xd(M + N))t≥0

·=P

(∫ t0 XdM)t≥0 + (

∫ t0 XdN)t≥0.

Beweis. Wende Satz 6.36 fur festes t > 0 an auf X := 1]0,t]X und benutze dann 6.29und 6.27.

C1(WS08/09) 6–31