Festkörperphysik II Vorlesungsskript 31.07.03 Guido · PDF file7. Optische Eigenschaften...

7
1 t i x e E t E ϖ - = 0 ) ( Festkörperphysik II Vorlesungsskript 31.07.03 Guido Schmitz 7. Optische Eigenschaften und dielektrische Funktion Im letzten Abschnitt der Vorlesung besprechen wir dielektrische und optische Eigenschaften von Festkörpern. Von den vielen Phänomenen, die hier vorgestellt werden müßten, greife ich das Verhalten des Elektronengases und die Diskussion der Kramers- Kronig-Relation heraus. Letztere ist ein wichtiger Zusammenhang zwischen Real- und Imaginärteil einer frequenzabhängigen linearen Antwortfunktion, wie sie zum Beispiel die dielektrische Funktion aber auch jeder andere optische Parameter, etwa die Brechzahl, die Reflektivität oder die Transmission darstellt. 7.0 Begriffe Ähnlich wie bei der Diskussion der magnetischen Eigenschaften seien die wichtigen Größen, die aus den einführenden Vorlesungen bekannt sein sollten, hier noch einmal zusammengestellt. Die wesentliche Antwort eines Festkörpers (ein Ensemble geladener Teilchen) auf ein elektrisches Feld ist die Erzeugung einer Polarisation durch Verschiebung und Drehung der Bausteine. Die Polarisation P ist die Summe der feldinduzierten Dipole pro Volumenelement. Das äußere Feld und die Polarisation bilden ein Gesamtfeld, die sogenannte dielektrische Verschiebung, die in den Maxwellgleichungen auftritt Der Zusammenhang zwischen der Polarisation wird auch über eine elektrische Suszeptibilität ausgedrückt Falls das äußere Feld zeitlich variiert, müssen die Dielektrizitätskonstante und die Suszeptibilität im Allgemeinen als frequenzabhängige Funktionen ε(ϖ29 und χ(ϖ29 angesetzt werden. Die Ausbreitung einer elektromagnetischen Welle innerhalb von Materie wird durch die DGl. beschrieben. 7.1 Dielektrische Funktion des freien Elektronengases Zur Berechnung der dielektrischen Funktion ε(ϖ29 bestimmen wir zunächst die frequenzabhängige Leitfähigkeit ausgehend von Gl. 1.29, in die wir jetzt das zeitlich oszillierende Feld ) 2 . 7 ( ) 1 . 7 ( : 0 0 E P E D = + = ε ε ε ) 4 . 7 ( 1 ) 3 . 7 ( 0 + = = χ ε χ ε E P ) 5 . 7 ( 2 2 0 0 t D E = μ ε

Transcript of Festkörperphysik II Vorlesungsskript 31.07.03 Guido · PDF file7. Optische Eigenschaften...

Page 1: Festkörperphysik II Vorlesungsskript 31.07.03 Guido · PDF file7. Optische Eigenschaften und dielektrische Funktion Im letzten Abschnitt der Vorlesung besprechen wir dielektrische

1

tix eEtE ω−= 0)(

Festkörperphysik II Vorlesungsskript 31.07.03 Guido Schmitz 7. Optische Eigenschaften und dielektrische Funktion Im letzten Abschnitt der Vorlesung besprechen wir dielektrische und optische Eigenschaften von Festkörpern. Von den vielen Phänomenen, die hier vorgestellt werden müßten, greife ich das Verhalten des Elektronengases und die Diskussion der Kramers-Kronig-Relation heraus. Letztere ist ein wichtiger Zusammenhang zwischen Real- und Imaginärteil einer frequenzabhängigen linearen Antwortfunktion, wie sie zum Beispiel die dielektrische Funktion aber auch jeder andere optische Parameter, etwa die Brechzahl, die Reflektivität oder die Transmission darstellt. 7.0 Begriffe Ähnlich wie bei der Diskussion der magnetischen Eigenschaften seien die wichtigen Größen, die aus den einführenden Vorlesungen bekannt sein sollten, hier noch einmal zusammengestellt. Die wesentliche Antwort eines Festkörpers (ein Ensemble geladener Teilchen) auf ein elektrisches Feld ist die Erzeugung einer Polarisation durch Verschiebung und Drehung der Bausteine. Die Polarisation P ist die Summe der feldinduzierten Dipole pro Volumenelement. Das äußere Feld und die Polarisation bilden ein Gesamtfeld, die sogenannte dielektrische Verschiebung, die in den Maxwellgleichungen auftritt

Der Zusammenhang zwischen der Polarisation wird auch über eine elektrische Suszeptibilität ausgedrückt

Falls das äußere Feld zeitlich variiert, müssen die Dielektrizitätskonstante und die Suszeptibilität im Allgemeinen als frequenzabhängige Funktionen ε(ω) und χ(ω) angesetzt werden. Die Ausbreitung einer elektromagnetischen Welle innerhalb von Materie wird durch die DGl.

beschrieben. 7.1 Dielektrische Funktion des freien Elektronengases Zur Berechnung der dielektrischen Funktion ε(ω) bestimmen wir zunächst die frequenzabhängige Leitfähigkeit ausgehend von Gl. 1.29, in die wir jetzt das zeitlich oszillierende Feld

)2.7(

)1.7(:

0

0

E

PED

⋅⋅=+=

εεε

)4.7(1

)3.7(0

+=�

⋅=χεχε EP

)5.7(2

2

00 t

DE

∂∂=∆ µε

Page 2: Festkörperphysik II Vorlesungsskript 31.07.03 Guido · PDF file7. Optische Eigenschaften und dielektrische Funktion Im letzten Abschnitt der Vorlesung besprechen wir dielektrische

2

einsetzen. Wir erinnern uns, die in der Transportgleichung auftretende Relaxationszeit lag bei etwa 10-14s. Mit dem Ansatz

liefert die Dgl 1.29

also für die zeitabhängige Stromdichte

mit der frequenzabhängigen Leitfähigkeit

Der Strom folgt also dem Feld nicht mehr unbedingt instantan. Mit zunehmender Frequenz (ω > 1/τ ) kommt es zu einer Phasenschiebung, die durch den Imaginärteil ausgedrückt wird. Um die dielektrische Funktion zu bestimmen berücksichtigen wir, dass die lokale Stromdichte eine Verschiebung der Elektronen bedeutet, die dann natürlich auch eine Polarisation bewirkt. Durch den Vergleich von

finden wir

und schließlich für die dielektrische Funktion

xxti

x kit

kekk ∆−=

∂∆∂

⋅∆=∆ − ωω ;0

00

000

1

1

Ei

ek

kEe

ki

ωττ

τω

−⋅−=∆

∆−⋅−=∆−

ti

ti

e

e

e

xexeel

eE

eEi

e

m

e

m

kevej

ω

ω

ωσωττρ

ρρ

⋅⋅=

⋅−

⋅=

∆−=−=

0

0

)(

1

)6.7(1

)0(

1

)0(

1

1)(

2222

2

τωϖτσ

τωσ

ωττρωσ

++

+=

−⋅=

i

im

e

e

e

)()(

und

)(

txetP

txievej

e

exeel

∆−=

∆=∆−=

ρ

ωρρ

τωωσ

ωσωχε

ωωσ

ωω

20

0

)0()(

)()(

−−=

−=�

⋅−

=−

= −

ii

eEii

jtP

el

tielel

Page 3: Festkörperphysik II Vorlesungsskript 31.07.03 Guido · PDF file7. Optische Eigenschaften und dielektrische Funktion Im letzten Abschnitt der Vorlesung besprechen wir dielektrische

3

Für sichtbares Licht gilt ωτ >1, so dass wir Gl.7.7 auch näherungsweise schreiben als

was uns deutlich zeigt, dass die dielektrische Funktion für hinreichend kleine Frequenzen, nämlich für

negativ wird. Aus Gründen, die wir weiter unten noch einsehen werden, wird die Grenzfrequenz ωPl als Plasmafrequenz des Elektronengases bezeichnet. Diese Materialkonstante ändert sich proportional zur Volumendichte der beweglichen Ladungsträger. 7.2 Ausbreitung einer optischen (= transversalen) Welle Welche Konsequenzen hat eine negative Dielektrizitätszahl auf die Ausbreitung einer elektromagnetischen Welle? Setzten wir dazu in die entsprechende Wellengleichung

den üblichen Wellenansatz

ein, so erhalten wir die Dispersionsrelation

Das heißt, für Frequenzen kleiner als die Plasmafrequenz wird der Wellenvektor imaginär. Innerhalb des Materials wird die Welle dann gedämpft auf einer Eindringlänge, die etwa der Wellenlänge entspricht. Aufgrund einer hohen Dichte an beweglichen Ladungsträgern liegt die Plasmafrequenz bei Metallen im Ultraviolett-Bereich. Also sind Metalle für sichtbares Licht nicht transparent, oder anders ausgedrückt ihre Reflektivität ist hoch. Der metallische Glanz ist gerade eines der Merkmale, um Metalle von anderen Materialien zu unterscheiden.

)7.7(.1

1

)(1)(

20

2

τωωετρ

ωχωε

−−⋅+=

+=

im

e

e

e

20

2

1)(ωε

ρωεe

e

m

e−=

)8.7(0

222

e

ePl m

e

ερωω =<

2

2

2)(

1

t

E

cE

∂∂=∆ ωε

)(0),( ykti

xyeEtyE

+−⋅= ω

( ) )9.7(.1)( 222

22

2Plcc

k ωωωωε −==

Page 4: Festkörperphysik II Vorlesungsskript 31.07.03 Guido · PDF file7. Optische Eigenschaften und dielektrische Funktion Im letzten Abschnitt der Vorlesung besprechen wir dielektrische

4

7.3 Interpretation der Grenzfrequenz Wir haben gesehen, dass in der Dispersionsrelation die Frequenz auch für k gegen 0 nicht verschwindet. Offensichtlich führt selbst eine homogene Verteilung (d.h. k=0) der Elektronen zu einer rücktreibenden Kraft. Denken wir uns das Elektronengas homogen um ∆x gegenüber dem positiven Ladungshintergrund der Rümpfe verschoben, so wird sofort klar, woher diese rücktreibende Kraft kommt. An den beiden entgegengesetzten Oberflächen senkrecht zur Verschiebung entstehen Flächenladungen, deren Feld das Elektronengas in seine Ausgangslage zurücktreiben wird. Das homogene Feld Ex wird bestimmt über die Größe der Flächenladungen gemäß

Damit können wir die Bewegungsgleichung für jedes einzelne Elektron aufstellen

welche eine gewöhnliche Schwingungsgleichung mit einer Grundfrequenz von

also gerade der Plasmafrequenz darstellt.

.0ε

ρ xeE e

x

∆=

,1 2

02

2

xeeEdt

xdm exe ∆−=−=∆⋅ ρ

ε

,2

0

22

Ple

e

m

e ωε

ρω ==

Page 5: Festkörperphysik II Vorlesungsskript 31.07.03 Guido · PDF file7. Optische Eigenschaften und dielektrische Funktion Im letzten Abschnitt der Vorlesung besprechen wir dielektrische

5

7.4 Messung optischer Größen Messungen der optischen Eigenschaften liefern tiefgehende Information über das Elektronensystem oder die Schwingung atomarer Gitterbestandteile. Die üblichen optischen Parameter Brechzahl und Extinktion (beide frequenzabhängig) hängen durch eine einfache Definitionsgleichung mit der oben betrachteten dielektrischen Funktion zusammen, nämlich

Hierbei bedeutet n die übliche Brechungszahl des Materials, definiert über die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Welle, relativ zur Vakuumlichtgeschwindigkeit und K den Extinktionskoeffizienten, der die Absorption (=Energieverlust) der Welle beschreibt. Da n und K Real- und Imaginärteil einer komplexen Zahl darstellen, können wir alternativ auch einen komplexen Brechungsindex N(ω) definieren. Die einfachste Messung ist oft die des Reflexionskoeffizienten, der die Amplitude der reflektierten und der einlaufenden Welle phasenrichtig in Beziehung setzt:

Aus dieser komplexen Größe können dann die oben genannten optischen Parameter leicht über den Zusammenhang

errechnet werden. Allerdings ist die Messung der Phasenbeziehung zwischen der einfallenden und der reflektierten Welle, ohne die die komplexe Funktion r(ω) ja nicht quantifiziert werden kann, nicht ganz einfach. Hier kommt uns ein allgemeines Theorem für lineare Antwortfunktionen zu Hilfe, welches aussagt, dass es genügt, entweder nur den Real- oder den Imaginärteil über den Frequenzbereich zu messen. Der jeweils andere Anteil ist dann bereits festgelegt und kann durch Integralgleichungen berechnet werden. Natürlicherweise würde eine Messung den Betrag von r liefern (in der Regel |r|2, da Intensitäten gemessen werden). Mit

folgt für den Logarithmus

also eine Größe, deren Realteil wir dann kennen. Der Imaginärteil ist genau die gesuchte, aber schwierig zu messende Phase. Diese wird im Anschluss an die vollständige Messung von |r(ω)| dann einfach berechnet.

)10.7().()()()( ωωωωε NiKn =+=

)11.7(:)(0E

Ereflr =ω

)12.7(1

1)(

++−+=

iKn

iKnr ω

ϑierr ⋅=

,lnln ϑirr +=

Page 6: Festkörperphysik II Vorlesungsskript 31.07.03 Guido · PDF file7. Optische Eigenschaften und dielektrische Funktion Im letzten Abschnitt der Vorlesung besprechen wir dielektrische

6

7.5 Kramers-Kronig-Relation Wir werden jetzt die gesuchte Relation zwischen Real- und Imaginärteil der linearen Antwortfunktion α(ω) berechnen. Eine solche Antwortfunktion vermittelt zwischen einer verallgemeinerten Kraft und der verallgemeinerten Auslenkung (=Antwort), d.h.

Zur mathematischen Ableitung der Relation erweitern wir formal den Definitionsbereich der Funktion α(ω) auf die ganze komplexe Ebene. Für jede physikalisch sinnvolle Antwortfunktion gilt dann, dass Singularitäten nur in der negativ-imaginären Halbebene existieren. Anstatt eines Beweises: Betrachte ein Beispiel, das wir bereits in dieser Vorlesung abgeleitet hatten. Die komplexe Leitfähigkeit beträgt

die einzige Singularität liegt bei -i/τ, hat also einen negativen Imaginärteil. Wir betrachten jetzt die Hilfsfunktion

bei einem willkürlichen ω0 auf der reellen Achse. Diese Funktion hat nun gleichfalls ihre Pole in der negativ-imaginären Halbebene und zusätzlich eine Divergenz bei ω0, also gerade auf der reellen Achse. Ein Ringintegral über den in der Abbildung gezeigten Integrationsweg muss, da dieser keine Polstelle enthält Null ergeben. Das nun in Formeln:

Das zweite Integral bedeutet die Integration auf einem Kreisbogen um die Polstelle herum. Es wird weiter berechnet durch

Das vierte Integral von Gl. 7.13 verschwindet im Limes ∆ gegen unendlich, da jedes sinnvolle α für sehr hohe Frequenzen verschwindet (Jedes System hat eine endliche Trägheit). Der Grenzwert für δ gegen 0 des ersten und dritten Integrals zusammen bildet den Hauptwert des Integrals

)()()( ωωαω Fx ⋅=

tiωσωσ

−=

1

1)0()(

RC ∈∈− 0

0

,;)( ωω

ωωωα

)13.7()()(

)()(0

0 00

2

00

0

0

0

0

ϑϑω

ωαω

ωωωα

ϑϑω

ωδωδωαω

ωωωα

π

ϑ

ϑ

ω

π

πϑ

ϑδω

dd

d

e

ed

dd

d

e

ed

i

i

i

i

��

��

−⋅∆⋅∆+

−+

+−⋅+

⋅++

−=

∞−

)()()(

0

0lim2

0

2

00

0 ωαπϑδωαϑϑω

ωδωδωα δπ

π

ϑπ

πϑ

ϑ

ideidd

d

e

e i

i

i →≈⋅+⋅=

−⋅+⋅+ ��

Page 7: Festkörperphysik II Vorlesungsskript 31.07.03 Guido · PDF file7. Optische Eigenschaften und dielektrische Funktion Im letzten Abschnitt der Vorlesung besprechen wir dielektrische

7

einer berechenbaren Zahl. Aus Gl. 7.13 wird so

In der zweiten Zeile wurde lediglich die Aufteilung der ersten in Real- und Imaginärteil explizit hingeschrieben. Da die Gleichung für Real- und Imaginärteil unabhängig erfüllt sein muss, erhalten wir als Endergebnis

Gemäß der ersten Zeile kann der Realteil α´ für ein beliebiges ω0 berechnet werden, wenn der Imaginärteil α´´ für alle ω bekannt ist. Für den umgekehrten Fall kommt die zweite Zeile von Gl. 7.14 zur Anwendung.

���

���

�∞∞−

ωωω

ωαdP

0

)(

0)´´()´()´´()´(

0)()(

0000

00

=−+��

��

−+��

��

−⇔

=+��

��

∞−

∞−

∞−

ωπαωπαωωωωαω

ωωωα

ωαπωωω

ωα

idPidP

idP

RelationKronigKramers)14.7()´(1

)´´(

)´´(1)´(

00

00

−−���

���

−−=

���

���

−=

��∞

∞−

∞−

ωωωωα

πωα

ωωωωα

πωα

dP

dP