Die Proteinkinase CK2 als pharmakologisches Zielmolekül€¦ · duk tion, Genexpression oder...

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Die Proteinkinase CK2 ist zusammen mit der CK1 die erste Kinase, die 1954 von Kennedy und Burnett isoliert wurde. Die CK2 ist ein Heterotetramer aus zwei katalytischen (α oder α’) und zwei regulatorischen β - Unter- einheiten. Neben dieser Hauptform existiert die CK2 jedoch auch als autonome Unterein- heiten, wobei die Isoformen CK2 α und CK2 α´ für unterschiedliche Aufgaben in der Zelle spezialisiert sind. Die CK2 phosphoryliert Serin- und Threoninreste und bevorzugt dabei Proteinsubstrate, die die Sequenz S/TxxD/E in einem sauren Umfeld aufweisen. Sie kann im Unterschied zu den meisten anderen bekannten Kinasen sowohl ATP als auch GTP als Phosphatdonor benutzen; ihre Aktivität wird durch keine der bekannten Regulationsmechanismen kontrolliert. Die CK2 ist in eine Fülle zellulärer Prozesse einge- bunden, die Auswirkungen auf das Leben oder Sterben einer Zelle haben. Neuere Erkenntnisse belegen, dass eine Fehlregulati- on ihrer Aktivtät zur neoplastischen Transfor- mation einer Zelle und so zum Tumorwachs- tum führen kann. Vom menschlichen Genom werden etwa 500 Enzyme des Typs „Proteinkinase“ codiert; sie bilden das „Kinom“. Alle Kinasen katalysie- ren denselben Reaktionstyp, indem sie Phos- phat von ATP auf bestimmte Aminosäure- reste eines Proteins übertragen. Da jedes Protein von verschiedenen Kinasen phospho- ryliert werden kann, errechnet sich für jede Kinase im Mittel mehrere Dutzend Substrat- moleküle. Ein Drittel aller exprimierten Protei- ne (des Proteoms) wird durch Kinasen phos- phoryliert und wird dadurch zum Phospho- proteom. Da die biologische Aktivität dieser Substrate durch die Phosphorylierung signifi- kant beeinflusst werden kann, ist es eine der molekularbiologischen Herausforderungen, die physiologischen Substrate der Kinasen zu identifizieren und den Einfluss der Phos- phorylierung auf ihre Aktivität zu bestimmen. Dies ist um so wichtiger, als im Falle der neo- plastischen Transformation einer Zelle oft- mals Kinasen ursächlich an der Dysregulation von Proliferation (Zellwachstum) und Apop- tose (Zelltod) beteiligt sind (z.B. stellen die Hälfte aller Onkogene Proteinkinasen dar). Die Proteinkinase CK2 ist mit mehr als 300 beschriebenen Substraten möglicherweise das vielseitigste Mitglied der Kinasefamilie. Viele dieser Substrate sind in wichtige zellulä- re Prozesse eingebunden, wie Signaltrans- duktion, Genexpression oder Proteinsynthe- se. Mustert man das gesamte Phosphopro- teom nach Proteinen durch, die potentielle Phosphorylierungssequenzen für CK2 besit- zen, so findet man bei einem Drittel aller phosphorylierten Proteine diese Erkennungs- sequenzen, so dass die Zahl von 300 wahr- scheinlich stark nach oben korrigiert werden muss. Eine weitere Besonderheit der CK2 ist das Fehlen eines strengen Kontrollmechanis- mus, was in einer hohen konstitutiven Akti- vität resultiert. Würde man jedoch die Phos- phorylierung eines einzelnen Substrats betrachten, könnte man durchaus eine lokal und zeitlich kontrollierte Aktivität beobach- ten, so dass die CK2 nur scheinbar unregu- liert ist. Die Proteinkinase CK2 verfügt außer- dem über ein hohes pathogenes Potential. In vielen Tumoren ist sowohl die Expression als auch die Aktivität der CK2 stark erhöht (bis zu achtfach höher im Colonkarzinom im Ver- gleich zu normalen Zellen). Sie kann dem pro- grammierten Selbstmord einer Zelle - der Apoptose - entgegenwirken und so dem un- 12 Universität des Saarlandes Die Proteinkinase CK2 als pharmakologisches Zielmolekül Claudia Götz Medizinische Biochemie und Molekularbiologie Die Regulation des Zellwachstums und der Zellteilung ist ein hoch komplexer Prozess. Wird dieser durch eine Fehlregulation gestört, kann es zur Krebsentstehung kommen. Die Bildung eines Tumors kann entweder durch unkontrollierte Proliferation (Wachstum) oder durch unzureichende Apoptose (programmierter Zelltod) verursacht werden. Die Kontrolle dieser zellulären Prozesse unterliegt Signalkaskaden, die zur Phosphorylierung oder Dephos- phorylierung und damit zur Aktivitätsänderung von Proteinen führen. Diese Aufgaben wer- den von Phosphatasen und Kinasen wie beispielsweise der Proteinkinase CK2 wahrge- nommen, was sie zu einem interessanten Zielmolekül für die Arzneimittelforschung macht. Abb. 1: Die Struktur der Proteinkinase CK2 (aus D.W.Litchtfield. Protein kinase CK2:structure, regulati- on and role in decisions of life and death, Biochem. J. 369, 1-15 (2003))

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Die Proteinkinase CK2 ist zusammen mit derCK1 die erste Kinase, die 1954 von Kennedyund Burnett isoliert wurde. Die CK2 ist einHeterotetramer aus zwei katalytischen (αoder α’) und zwei regulatorischen β - Unter-einheiten. Neben dieser Hauptform existiertdie CK2 jedoch auch als autonome Unterein-heiten, wobei die Isoformen CK2 α und CK2α´ für unterschiedliche Aufgaben in der Zellespezialisiert sind. Die CK2 phosphoryliertSerin- und Threoninreste und bevorzugtdabei Proteinsubstrate, die die SequenzS/TxxD/E in einem sauren Umfeld aufweisen.Sie kann im Unterschied zu den meistenanderen bekannten Kinasen sowohl ATP alsauch GTP als Phosphatdonor benutzen; ihreAktivität wird durch keine der bekanntenRegulationsmechanismen kontrolliert. DieCK2 ist in eine Fülle zellulärer Prozesse einge-bunden, die Auswirkungen auf das Lebenoder Sterben einer Zelle haben. NeuereErkenntnisse belegen, dass eine Fehlregulati-on ihrer Aktivtät zur neoplastischen Transfor-mation einer Zelle und so zum Tumorwachs-tum führen kann.

Vom menschlichen Genom werden etwa 500Enzyme des Typs „Proteinkinase“ codiert; siebilden das „Kinom“. Alle Kinasen katalysie-ren denselben Reaktionstyp, indem sie Phos-phat von ATP auf bestimmte Aminosäure-reste eines Proteins übertragen. Da jedesPro tein von verschiedenen Kinasen phospho -ryliert werden kann, errechnet sich für jedeKinase im Mittel mehrere Dutzend Substrat-moleküle. Ein Drittel aller exprimierten Protei-ne (des Proteoms) wird durch Kinasen phos-phoryliert und wird dadurch zum Phospho -pro teom. Da die biologische Aktivität dieserSubstrate durch die Phosphorylierung signifi-kant beeinflusst werden kann, ist es eine dermolekularbiologischen Herausforderungen,die physiologischen Substrate der Kinasenzu identifizieren und den Einfluss der Phos-phorylierung auf ihre Aktivität zu bestimmen.Dies ist um so wichtiger, als im Falle der neo-plastischen Transformation einer Zelle oft-mals Kinasen ursächlich an der Dysregulationvon Proliferation (Zellwachstum) und Apop -

tose (Zelltod) beteiligt sind (z.B. stellen dieHälfte aller Onkogene Proteinkinasen dar).

Die Proteinkinase CK2 ist mit mehr als 300be schriebenen Substraten möglicherweisedas vielseitigste Mitglied der Kinasefamilie.Viele dieser Substrate sind in wichtige zellulä-re Prozesse eingebunden, wie Signaltrans -duk tion, Genexpression oder Proteinsynthe-se. Mustert man das gesamte Phosphopro-teom nach Proteinen durch, die potentiellePhosphorylierungssequenzen für CK2 besit-zen, so findet man bei einem Drittel allerphosphorylierten Proteine diese Erkennungs-sequenzen, so dass die Zahl von 300 wahr-scheinlich stark nach oben korrigiert werden

muss. Eine weitere Besonderheit der CK2 istdas Fehlen eines strengen Kontrollmechanis-mus, was in einer hohen konstitutiven Akti-vität resultiert. Würde man jedoch die Phos-phorylierung eines einzelnen Substratsbetrachten, könnte man durchaus eine lokalund zeitlich kontrollierte Aktivität beobach-ten, so dass die CK2 nur scheinbar unregu-liert ist. Die Proteinkinase CK2 verfügt außer-dem über ein hohes pathogenes Potential. Invielen Tumoren ist sowohl die Expression alsauch die Aktivität der CK2 stark erhöht (biszu achtfach höher im Colonkarzinom im Ver-gleich zu normalen Zellen). Sie kann dem pro-grammierten Selbstmord einer Zelle - derApoptose - entgegenwirken und so dem un -

12 Universität des Saarlandes

Die Proteinkinase CK2 als pharmakologisches Zielmolekül

Claudia GötzMedizinische Biochemie und Molekularbiologie

Die Regulation des Zellwachstums und der Zellteilung ist ein hoch komplexer Prozess. Wirddieser durch eine Fehlregulation gestört, kann es zur Krebsentstehung kommen. Die Bildungeines Tumors kann entweder durch unkontrollierte Proliferation (Wachstum) oder durchunzureichende Apoptose (programmierter Zelltod) verursacht werden. Die Kontrolle dieserzellulären Prozesse unterliegt Signalkaskaden, die zur Phosphorylierung oder Dephos-phorylierung und damit zur Aktivitätsänderung von Proteinen führen. Diese Aufgaben wer-den von Phosphatasen und Kinasen wie beispielsweise der Proteinkinase CK2 wahrge-nommen, was sie zu einem interessanten Zielmolekül für die Arzneimittelforschung macht.

Abb. 1: Die Struktur der Proteinkinase CK2 (aus D.W.Litchtfield. Protein kinase CK2:structure, regulati-on and role in decisions of life and death, Biochem. J. 369, 1-15 (2003))

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kontrollierten Wachstum einer ZellpopulationVorschub leisten, die dann letztendlich imWachstum eines Tumors resultieren kann.Darüber hinaus machen sich Viren im Rah-men einer Infektion die Aktivität der CK2zunutze, um ihr Überleben in der Wirtszellezu sichern. Neuere Daten lassen auch vermu-ten, dass die CK2 bei der Progression neuro-degenerativer Erkrankungen, wie z.B. der Alz-heimer Demenz, eine Rolle spielt. Alle dieseEigenschaften - die extreme Substratfülle,die scheinbar konstitutive Aktivität und v.a.ihre Deregulation bei verschiedensten Er -kran kungen - machen die CK2 zu einemattrak tiven Zielmolekül für die Entwicklungneuer therapeutischer Agenzien.

Zur Analyse der Bedeutung der CK2 für dieZelle ist es ein experimenteller Ansatz, ihreMenge und ihre Aktivität in der Zelle zu redu-zieren, um dann anschließend die Konse-quenzen für das Überleben der Zelle beurtei-len zu können. Gleichermaßen möchte mandie Hyperaktivierung der CK2 als Ursache ei -ner pathologischen Veränderung rückgängigmachen und auf ein normales Niveau redu-zieren. Um dies zu erreichen, wurden in denletzten Jahren eine Reihe von Techniken ent-wickelt, die großenteils jedoch nur in vitroan wendbar sind. So kann die Menge des En -

zyms durch die anti-sense Technologie oderdurch RNA - Interferenz herunterreguliertwer den. Eine Reduktion der Aktivität kanndurch die gleichzeitige Expression von domi-nant-negativen, inaktiven Mutanten erreichtwerden. Diese Methoden haben durchwegeinen hohen experimentellen Anspruch, siesind aber momentan zur Behandlung von Pa -tienten noch nicht anwendbar, was jedochfür die Entwicklung von Pharmaka eine unab-dingbare Vorausetzung wäre. Zur Aufklärungder Aktivität und Substratspezifitäten be -stimm ter Kinasen kommen oft niedermole-kulare Inhibitormoleküle zur Anwendung, diedie biologische Aktivität ihrer Zielmoleküleleicht abschalten können, indem sie ihr akti-ves Zentrum blockieren. Diese sollen sichdurch eine hohe Effektivität (kleine Konzen-trationen genügen, um die Kinase zu blockie-ren), hohe Selektivität (möglichst soll nur diezu analysierende Kinase gehemmt werden),gute Zellpermeabilität und möglichst geringeNebenwirkungen auszeichnen.

Zur Entwicklung spezifischer Inhibitoren ist esvon Vorteil, einzigartige Charakteristika deszu hemmenden Enzyms auszunutzen, umgröß tmögliche Spezifität und Selektivitätdes Inhibitors zu erreichen. Bei der Proteinki -nase CK2 sitzen solch einzigartigen Regionen

sowohl im N-terminalen als auch im C-ter -minalen Bereich der katalytischen Unterein-heiten der CK2. Wird die Region im N-Termi-nus gentechnisch entfernt, so erhält maneine inaktive Kinase, was bedeutet, dasssich in diesem Bereich eine Aktivierungsdo -mäne befindet und eine Manipulation diesesBereiches für die Entwicklung von selektivenInhibitoren erfolgversprechend wäre. Aller-dings war die Entwicklung von Inhibitoren, diedie Interaktion mit dieser Aktivierungsdomä-ne aufheben, bislang nicht erfolgreich. EineEntfernung des einzigartigen C-terminalenBe reiches hingegen führte sogar zu einer Er -höhung der Aktivität des Enzyms, so dasssich ein Angriff auf diese Region ebenfalls alsungeeignet erwies.

Eine weitere einzigartige Eigenschaft der CK2ist ihre Vorliebe für saure Substrate. DieseVorliebe wird diktiert durch eine Folge ba si -scher Reste um Aminosäure 70 in der kataly-tischen Untereinheit. Die Region wird durchpolyanionische Inhibitoren wie Heparin, Poly-glutaminsäure oder Pseudosubstratpeptidebe einflusst, wodurch eine effektive Hem-mung der Aktivität in vitro erreicht wird. Die -se Inhibitoren haben jedoch nur eine schlech-te Membranpermeabilität und sind in derZelle meist instabil. So bleiben ATP-Analoga,

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Abb. 2: Auswahl einiger CK2 spezifischerHemmstoffe und ihre Herkunft.

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die über einen kompetitiven Mechanismuszur Verdrängung des eigentlichen Phosphat-donors führen, trotz der hochkonserviertenATP-Bindungstasche unter den Kinasen dievielversprechendsten Inhibitoren. Obwohl dieATP-Bindungsstellen verschiedener Kinasensehr ähnlich aufgebaut sind, bringen die sieumgebenden Aminosäurereste einzigartigeCharakteristika in die Struktur einer Kinaseein, die die Entwicklung individueller Inhibito-ren, die mit ATP um die Bindung konkurrie-ren, möglich macht. Im Gegensatz zu ande-ren Kinasen ist die hydrophobe Bindungsre-gion der CK2 aufgrund sperriger Aminosäure-reste wie Valin und Isoleucin relativ klein;eine nicht zu unterschätzende Spezifität istauch gegeben durch Aminosäurereste, diedie ATP-Bindungsregion umgeben.

Für die CK2 sind einige Inhibitoren bekannt,die chemisch gesehen in die Gruppe der An -thrachinone (z.B. Emodin), Flavonoide (z.B.Quer cetin) und der halogenierten Benzimida-zole (Tetrabromobenzotriazol TBB) einzuord-nen sind. In den ersten beiden Gruppen fin-den sich hauptsächlich Naturstoffe, die ur -sprünglich aus Pflanzen isoliert wurden. Sowur de Emodin, ein Isolat aus dem chinesi-schen Medizinalrhabarber Rheum palma-tum, schon lange wegen seiner anti-infektiö-sen und anti-tumorigenen Wirkung einge-setzt. Erst in späteren Untersuchungen zeigtesich, dass es Kinasen und vor allem die Pro-teinkinase CK2 hemmt und dass seine thera-peutischen Effekte wohl teilweise auf die-sem Inhibitionsmechanismus beruhen. DieInhibitoren aus der Gruppe der Anthrachino-ne und Flavonoide zeigen noch ein recht brei-tes Wirkungsspektrum und hemmen nebender CK2 auch andere Kinasen, was ihrenWert in Analysen zur Bedeutung einzelner Ki -nasen für die Zelle in Frage stellt. Erst kürzlichsynthetisch hergestellte Verbindungen ausdiesen beiden chemischen Klassen zeigeneine bessere Selektivität und eine höhereStringenz in ihrer inhibitorischen Wirkung.

Inhibitoren aus der Gruppe der Benzimidazo-le sind rein synthetischen Ursprungs. Sie lei-ten sich alle ab von DRB, das eine hohestruk turelle Ähnlichkeit zum ATP aufzeigt unddamit den kompetitiven Inhibitionsmechanis-mus deutlich werden lässt. Durch Variationder Substituenten an der Benzolkomponen-te (Chlor- bzw. Bromatome), durch Weglas-sen der Zuckerkomponente und weitere Än -derungen am Imidazolring war man in der La -

ge, potente Inhibitoren zu entwickeln. Diesezeichnen sich durch eine hohe Effektivität(Maß für die Effektivtät ist der IC50-Wert; jeniedriger, desto besser ist der Inhibitor),durch eine hohe Selektivität (im Test mit an -deren Kinasen sollte nur die zu untersuchen-de maßgeblich gehemmt werden) und durchihre Fähigkeit zur Membranpenetration aus.Die effektivisten Inhibitoren aus dieser Grup-pe sind 4,5,6,7,-Tetrabromobenzotriazol TBBund 4,5,6,7,-Tetrabromodimethylaminoben-zimidazol DMAT.

Unsere Arbeitsgruppe beschäftigt sich seit ei -nigen Jahren mit der Proteinkinase CK2. Wirkonnten im Laufe der letzten Jahre viele In -ter aktionspartner und neue Substrate derPro teinkinase CK2 identifizieren. Dazu ge -hören Proteine, die für die Zellzyklusregulati-on, für die Proliferation und für so basalePro zesse wie das Spleißen von RNA wichtigsind. Ausgehend von diesen Befunden sollteeine Inhibition der CK2 gravierende Auswir-kungen auf das Wachstum von Zellen haben.Am Zellkulturmodell des Prostatakarzinomsmit BPH-Zellen, einer benignen Prostatahy-perplasie, LNCaP, einem hormonabhängigenProstatakarzinom, und PC-3 Zellen, einemhor monunabhängigen Prostatakarzinom, ha -ben wir die Konsequenzen einer Hemmungder CK2 für das Zellwachstum untersucht. Inder Anfangsphase haben wir für die Hem-mung der CK2 Apigenin und Emodin, zweipflanzliche Inhaltsstoffe, denen eine Anti-Krebswirkung nachgesagt wird, benutzt. Wirkonnten zeigen, dass die CK2 Aktivität so -wohl in Hormon-sensitiven, wie auch in Hor-mon-insensitiven Prostatakarzinomzellenmit Apigenin und Emodin gehemmt wird. Al -lerdings reagieren nur die hormonsensitivenZellen mit einer Apoptose. Inzwischen wur-den neue Inhibitoren der CK2 bekannt, wiez.B. Tetrabromobenzotriazol (TBB), das be -reits in niedrigen Dosen eine spezifische

Hem mung der CK2 Kinaseaktivität bewirkt.Auch bei Einsatz von TBB erhielten wir einedeutliche Hemmung der CK2 Aktivität so -wohl in LNCaP als auch in PC-3 Zellen, aberauch in diesem Falle gehen nur die LNCap Zel-len in die Apoptose. PC-3 zeigen einenWachs tumsarrest aber letztlich keine Apop -tose.

In Kooperation mit der AG Prof. Dr. JoachimJosé, Institut für Pharmazeutische und Medi-zinische Chemie, Heinrich-Heine-UniversitätDüsseldorf, wurden neue Inhibitoren für dieProteinkinase CK2 hergestellt, die auf ihreEig nung als zellmembrangängige Agenzienund auf ihre Spezifität und Selektivität ge -genüber CK2 getestet wurden. Diese sollenbei Eignung ebenfalls im Prostatamodell annormalen und entarteten Linien eingesetztwer den.

Bislang weisen alle mit Inhibitoren gewonne-nen experimentellen Daten darauf hin, dassdie Proteinkinase CK2 essentiell für das Über-leben von Zellen ist. In normalen Zellen ver-hindert sie eine verfrühte Apoptose undsorgt so für den Bestand einer gesunden Zell-population. Dahingegen kann eine abnormhohe CK2-Aktivität wie sie in vielen Tumorenvorliegt, das „normale“ Absterben einer Zel -le verhindern und so die neoplastische Trans-formation einer Zelle verstärken. Die An -wendung zellpermeabler CK2 Inhibitoren oh -ne unerwünschte Nebenwirkungen könnteeine richtungsweisende neue Therapiestrate-gie darstellen, um verschiedene Arten vonTumoren, Virusinfektionen oder sogar neuro-degenerative Prozesse zu bekämpfen. Darü-ber hinaus kann eine CK2 Hemmung jedwedeTherapie synergistisch beeinflussen, die in ir -gendeiner Weise auf der Auslösung vonApop tose beruht (Strahlentherapie, Chemo-therapie).

14 Universität des Saarlandes

Prof. Dr. Claudia GÖTZ studierte Biologie mit den SchwerpunktenMikrobiologie, Genetik und Biochemie an der Universität desSaarlandes. 1992 schloss sie ebendort ihre Promotion in der Fach-richtung Biochemie ab. 2001 habilitierte sie sich mit einer Arbeitzum Thema “Neue Interaktionspartner und Regulatoren der Pro-teinkinase CK2” und erhielt die venia legendi für das Fach “Medi-zinische Biochemie und Molekularbiologie”.

Seit 2006 arbeitet sie als Akademische Rätin in der MedizinischenFakultät der Universität des Saarlandes. Nach Mutterschutz und

Erziehungsurlaub arbeitet sie derzeit in Teilzeit.