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Zeitreihenanalyse Josef G. Steinebach oln, WS 2011/12 I Mathematische Modelle f¨ ur Zeitreihen 1 Einleitung. Beispiele Zeitreihe : Reihe statistischer Daten {x t } , die zu (i.A.) aufeinander folgenden Zeitpunk- ten t beobachtet worden sind Mathematisch : {x t } Realisation (Pfad) eines stochastischen Prozesses {X t } ¨ uber einem W -Raum (Ω, A,P ) Definition 1.1. Eine Familie {X t } tT (T = , Indexmenge ) von Zufallsvariablen (ZV. ) ¨ uber einem W-Raum , A,P ) heißt stochastischer Prozess , d.h. t T ist X t →X messbar. Bei festem ω Ω heißt die Abbildung t −→ X t (ω) =: x t Zeitreihe (Pfad, Realisation ) des stochastischen Prozesses {X t } tT . Bemerkung 1.1. a) I.A. besitzen die ZV. X t denselben Bildraum X , z.B. X = R, C, R d etc. (mit einer geeigneten σ-Algebra B ) und T Z, N, R, R + = [0, ). b) H¨ aufig wird {X t } tT selbst als Zeitreihe bezeichnet. c) Typisch f¨ ur die statistische Analyse ist, dass i.A. nur eine einzige Realisation zur Verf¨ ugung steht (f¨ ur Sch¨ atzungen, Tests, Konfidenzbereiche etc.). d) Der Existenznachweis f¨ ur einen stochastischen Prozess {X t } tT erfordert bestimmte Konsistenzbedingungen an die Familie P Xt 1 ,...,Xtn t 1 ,...,tnT ; nN der so genannten endlich-dimensionalenVerteilungen . Letztere bestimmen dann die Verteilung des Prozesses (Satz von Daniell-Kolmogorov ). 1

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Zeitreihenanalyse

Josef G. Steinebach

Koln, WS 2011/12

I Mathematische Modelle fur Zeitreihen

1 Einleitung. Beispiele

Zeitreihe : Reihe statistischer Daten xt , die zu (i.A.) aufeinander folgenden Zeitpunk-

ten t beobachtet worden sind

Mathematisch : xt Realisation (Pfad) eines stochastischen Prozesses Xt uber einem

W -Raum (Ω,A, P )

Definition 1.1. Eine Familie Xtt∈T (T 6= ∅ , Indexmenge ) von Zufallsvariablen

(ZV. ) uber einem W-Raum (Ω,A, P ) heißt stochastischer Prozess , d.h. ∀ t ∈ T

ist Xt : Ω → X messbar. Bei festem ω ∈ Ω heißt die Abbildung t 7−→ Xt(ω) =: xt

Zeitreihe (Pfad, Realisation ) des stochastischen Prozesses Xtt∈T .

Bemerkung 1.1.

a) I.A. besitzen die ZV. Xt denselben Bildraum X , z.B. X = R,C,Rd etc. (mit

einer geeigneten σ-Algebra B ) und T ⊂ Z,N,R,R+ = [0,∞).

b) Haufig wird Xtt∈T selbst als Zeitreihe bezeichnet.

c) Typisch fur die statistische Analyse ist, dass i.A. nur eine einzige Realisation zur

Verfugung steht (fur Schatzungen, Tests, Konfidenzbereiche etc.).

d) Der Existenznachweis fur einen stochastischen Prozess Xtt∈T erfordert bestimmte

Konsistenzbedingungen an die FamiliePXt1

,...,Xtn

t1,...,tn∈T ;n∈N

der so genannten

endlich-dimensionalenVerteilungen . Letztere bestimmen dann die Verteilung des

Prozesses (Satz von Daniell-Kolmogorov) .

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Beispiel 1.1. (vgl. Kopien)

a) Jahrlicher Ertrag pro ”acre“ (≈ 401

2Ar) ;

b) Anzahl Schafe ;

c) Monatliche Flugmeilen der U.K. Gesellschaften ;

d) Einwanderungszahlen USA ;

e) Stundliche Geburtenzahlen (√

-transformiert und gemittelt) ;

f) Jahrlicher Niederschlag ;

g) Wolfer’s Sonnenfleckenaktivitaten .

Aufgaben des Statistikers :

1. Aufstellen eines mathematischen Modells ;

2. Statistische Untersuchung des Modells (z.B. Schatzen unbekannter Modell-

parameter) ;

3. Vorhersage kunftiger Werte der Zeitreihe ;

4. Kontrolle (der Einstellung von Systemparametern etc.) .

Die obigen Beispiele zeigen sehr unterschiedliche Phanomene:

(i) Trends : Anderungen des Mittelwertes mit der Zeit (Beispiele 1.1 b,c,d,e) ;

(ii) Saisoneffekte : Zyklische Schwankungen in der Zeit (Beispiele 1.1 c: Jahreszyklus,

e: Tageszyklus) ;

(iii) Irregulare Fluktuationen , die (i) und (ii) uberlagern (stochastische Komponente) .

Nach einer Elimination von Trend- und Saisoneffekten (s.u.) zeigen Zeitreihen oft ein

”stationares“ Verhalten, d.h., die Art der Fluktuationen ist

”zeitunabhangig“ .

Klassischer Ansatz in der Zeitreihenanalyse :

Xt = mt + st + Xt ,

wobei

mt : ”deterministischer“ Trend ;

st :”deterministischer“ Saisoneffekt ;

Xt : ”stationarer“ stochastischer Prozess mit EXt = 0 ∀ t .

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