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Page 1: Mathcad - Indizierungs-Grundlagen - haw- · PDF fileProf. Dr.-Ing. Victor Gheorghiu Indizierungsgrundlagen 2.1.2. Mögliche Fehlerfaktoren bei Indizierung Es sind neben der Meßdatenerfassung,

Prof. Dr.-Ing. Victor Gheorghiu Indizierungsgrundlagen

2. INDIZIERUNG

2.1 Indizierungsgrundlagen

Die Messung des Druckes im Zylinder bei gleichzeitiger Messung des Kurbelwinkels nennt man in derMotormeßtechnik Indizierung. Die Kenntnis des Kurbelwinkels ermöglicht die Erfassung des Zylindervolumens, undsomit die Bestimmung der vom Arbeitsgas geleisteten Volumenänderungsarbeit

W12V α1( )

V α2( )Vp α( )−

⌠⎮⌡

d=

Wenn z.B.

α2 α1 720 °KW⋅+=

liefert die obige Formel die insgesamt pro Arbeitsspiel und Zylinder geleistete Volumenänderungsarbeit eines4.Takt-Motors.

2.1.1 Indizierungsbedeutung

Die Indizierung ist von besonderer Bedeutung, da in einem Verbrennungsmotor eine zweifache Energieumwandlungstattfindet:

chemische Energie des Brennstoffes = Qzu | Verbrennung | innere Energie des Arbeitsfluids | Kurbeltrieb | mechanische Energie

Die erste Energieumwandlung, von chemischer in innerer Energie, erfolgt mit dem Wirkungsgrad ηi (innererWirkungsgrad) und die zweite mit ηm (mechanischer Wirkungsgrad). Das Produkt dieser Wirkungsgradestellt den effektiven (gesamt) Wirkungsgrad dar

ηe η i ηm⋅=wobei

η iWArbeitsspiel−

Qzu=

Der effektive Wirkungsgrad ist es möglich am Motorprüfstand einfach zu ermitteln, wenn der Heitzwert desBrennstoffes Hu in kJ/kg bekannt ist, und der wahre Brennstoffverbrauch B in kg/h sowie die Motorleistung in kWgemessen sind

ηeQNutz−

Qzu= 3600

PeB Hu⋅

⋅=

Will man motorische Maßnahmen exakt beurteilen, müssen nicht nur die zu- und abgeführten (hier die nutzbaren)Energien, sondern auch der dazwischenliegende Energiezustand bekannt sein.Eine zusätzliche Bedeutung der inneren Energie bzw. des Druckes im Brennraum besteht darin, daß daraus diemechanischen und thermischen Verlusten und Belastungen der Bauteile errechnet werden können.

Die innere Energie, d.h. der thermische Zustand des Gases im Brennraum, läßt sich im allgemeinen durch zweiZustandsgrößen beschreiben, und zwar durch Druck und Temperatur. Der Temperaturverlauf kann, im Falle einesidealen Gases, aus der thermischen Zustandsgleichung bei bekanntem Druck- und Volumenverlauf errechnet werdeDie Indizierung beinhaltet genau diese zwei notwendigen Größe: Druck und Volumen, und in dieser Tatsache besteihre große Bedeutung.

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2.1.2. Mögliche Fehlerfaktoren bei Indizierung

Es sind neben der Meßdatenerfassung, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll, drei Fehlerfaktorenvorhanden:1. Fehler der Druckmessung2. Fehler der Volumenmessung3. Fehler bei der thermodynamischen Auswertung.Erst wenn alle drei Fehlergrößen zusammen klein gehalten werden können, ist eine hinreichende Genauigkeit unddamit ein sinnvoller Einsatz der Indizierung gegeben.

2.1.2.1 Druckmessung

Zur Messung des Druckverlaufes im Brennraum haben sich piezoelektrische Aufnehmer anderen Systemengegenüber bewährt und es werden daher heute bei Indizierungen überwiegend solche Aufnehmer verwendet.Piezoelektrische Aufnehmer eignen sich zur Meßung mechanischer Größe wie Kraft, Druck oder Beschleunigung.Bei Druckaufnehmer wirkt der Gasdruck auf eine Metallmembran, welche auf einem Quarzkristall drückt. Dieser gibteine der mechanischen Einwirkung proportionale elektrische Ladung ab. Die erzeugte elektrische Ladung wird überLadungsverstärker in eine elektrische Spannung umgewandelt, und die kann beliebig weiter verarbeitet werden.Bei der Messung des Druckverlaufes in Motoren ist die mechanische, thermische und chemische Beanspruchungdes Druckaufnehmers besonders hoch. Es ergeben sich extreme meßtechnische Anforderungen. Neben denallgemein üblichen Einflußgrößen, wie z.B. ausreichende Isolationswerte der gesamten Meßkette, sind in der Praxisbei Indizierungen folgende vier Faktoren besonders zu beachten; sie sind die Vorausetzung für eine befriedigendeGenauigkeit:- Auswahl des geeigneten Druckaufnehmers- Anordnung der Meßstelle- Kalibrierung der Meßkette- Bestimmung der Nullinie

2.1.2.1.1 Auswahl des geeigneten Druckaufnehmers

Bei der Indizierung ist in der Praxis zu beobachten, daß aus Platzgründen kleine Qurzdruckaufnehmer verwendenwerden. Diese kleine Abmessungen erlauben zwar einen leichteren Einbau im Zylinderkopf, dafür müssen abergravierende Nachteile bei der Genauigkeit in Kauf genommen werden. Denn einmal ist die Genauigkeit naturgemäßschon kleiner als bei einem baulich größeren Aufnehmer. Hinzu kommt dann noch, daß der Aufnehmer, durch diehohe instationäre thermische Beaufschlagung in der Verbrennungsphase, im allgemeinen etwas zu niedrigen Druckanzeigt (Thermoschock). Der Thermoschock ist ein Effekt, der durch instationäre Wärmebelastung derDruckaufnehmermembran entsteht. Hierdurch entsteht ein unsymmetrisches Temperaturprofil in der Membran, waszu Verspannungen führt, die den Quarzkristall entlasten. Damit ergeben sich entsprechende Verfälschungen, z.B. imindizierten Mitteldruck pi . Wenn man den Reibmitteldruck mittels Indizierung ermitteln will, also durch

pr pi pe−= wobei piWArbeitsspiel−

Vh= und Vh das Hubvolumen ist,

unter Verwendung eines sog. Miniaufnehmers, erzeugen die im indizierten Mitteldruck durch Thermoschockhervorgerufenen Verfälschungen keinesfalls ausreichende Ergebnisse.

2.1.2.1.2 Anordnung der Meßstelle

Die Lage und Anordnung der Meßstelle ist in der Praxis ebenfalls häufig die Ursache für unbefriedigende Ergebnissvon Indizierungen. Wird aus Gründen des leichteren Einbaues ein sog. Schußkanal verwendet, so wirkt dieserSchußkanal als Helmholtz-Resonator. Es entstehen so vor allem bei steilen Druckanstiegen ausgeprägteDruckschwingungen, die sich dem Brennraumdruck überlagern. Dadurch kommt es zu Verfälschungen im indizierteMitteldruck, die sich noch verstärken, wenn die Meßstelle abseits des Hauptbrennraumes, z.B. am Rande desQuetschspaltes, liegt. Bei Indizierung ist deshalb ein Schußkanal zu vermeiden und die Meßstelle so anzuordnen, dsie im Bereich des Hauptbrennraumes liegt.

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2.1.2.1.3 Kalibrierung der Meßkette

Wird eine Kalibrierung sorgfältig mit einer geeigneten Druckwaage durchgeführt, so ist im allgemeinen ein Fehlerunter 1% zu erwarten. Bei nicht sachgemäßer Durchführung der Kalibrierung ist jedoch eine größere Abweichungdurchaus möglich. Dies ist bei verschiedenen Aussagen, wie dem Druckanstieg, sicherlich nicht entscheidend. Beianderen Größen hingegen, wie z.B. dem Reibmitteldruck, kommt es jedoch zu merkbaren Verfälschungen.

2.1.2.1.4 Bestimmung der Nullinie

Quarzdruckaufnehmer zeigen aufgrund der physikalischen Gegebenheiten nur Druckunterschiede an. Das heißt, deAbsolutwert (Nullinie) muß zusätzlich erfaßt werden. Eine Möglichkeit besteht darin, mittels eines sog.Umschaltadapters zu Beginn und am Ende der Messung einen Referenzdruck (z.B. Atmosphärendruck)einzublenden. Oder man schätzt überhaupt nur in grober Näherung das Absolutniveau ab (z.B. Annahme Mittelwertdes Druckes im Ansaugkrümmer zu Beginn der Kompression).Es gibt aber auch aus dem thermodynamischen Zusammenhang heraus einen Lösungsweg, wie man die Nulllinieexakt bestimmen kann. Das Prinzip beruht auf dem Vergleich zwischen dem gemessenen und einem theoretischen,gerechneten Druckverlauf während der Kompressionsphase. Aus der Gleichung für eine polytrope Verdichtungergibt sich für die Druckdifferenz (relativer Druck) im Bereich von 1 nach 2:

p1 V1( )n⋅ p2 V2( )n⋅= Δp p2 p1−= Δp p1V1V2

⎛⎜⎝

⎞⎟⎠

n1−

⎡⎢⎢⎣

⎤⎥⎥⎦

⋅=

Für das in der Praxis bewährte Rechenintervall von 1 nach 2 mit 260 bis 295°KW ist der Polytropenexponentannährend konstant, damit bleibt der Ausdruck aus der Klammer konstant für jeweiligen Motortyp, und es gibt letztlicfür den Absolutwert des Druckes im Punkt 1 (bzw. für die Nullinie)

p1Δp

V1V2

⎛⎜⎝

⎞⎟⎠

n1−

=

2.1.2.2 Volumenmessung

Wie zuvor erwähnt, ist für die richtige erfassung des Zylindervolumens erstens die zeitliche Zuordnung des Volumenzum Druckverlauf und zweitens die Absolutgröße des momentanen Zylindervolumens ausschlaggegebend.Das momentane Zylindervolumen errechnet sich aus der bekannten Kurbelgeometrie für die jeweilige Kurbelstellungwobei eine eventuelle Desachsierung berücksichtigt werden sollte. Auf diese Weise erhält man den theoretischenVerlauf des Zylindervolumens in Abhängigkeit von der Kurbelwellen- stellung.

V α( ) VC AK s α( )⋅+=

wobei

VCVh

ε 1−= das Kompressionsvolumen

AKπ D2

4= die Kolbenstirnfläche

Vh AK S⋅= das Hubvolumen

s α( ) r 1 cos α( )−Λ4

1 cos 2 α⋅( )−( )⋅+⎡⎢⎣

⎤⎥⎦

⋅= der Kolbenweg

r S2

= der Kurbelradius

Λ rL

= das Pleuelstangenverhältnis

bedeuten.

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Der tatsächliche Volumenverlauf kann davon aufgrund verschiedener Faktoren vom theoretischen Verlaufabweichen. Im wesentlichen sind dies die Lagerspiele und die Drehschwingungsausschläge der Kurbelwelle. DieLagerspiele sind bei heute üblichen Lagerauslegungen kaum relevant. Drehschwingungsausschläge sind ebenfallsim allgemeinen zu vernachlässigen. Aus dieser Weise ergibt sich der Verlauf und die Absolutgröße desZylindersvolumens.Es fehlt jedoch noch die richtige Zuordnung zum gemessenen Druckverlauf. Dies geschieht in der Art, daß maneinen definierten Punkt des Volumenverlaufes (üblicherweise den OT) bestimmt und so die Zuordnung festlegt.Fehler in der OT-Bestimmung wirken sich direkt auf die Genauigkeit des Zylindervolumens aus, so daß dieselbeSorgfalt wie bei der Druckmessung aufgewendet werden muß.Für die meßtechnische Bestimmung der OT-Stellung sind mehrere Verfahren bekannt. In der Praxis zeigte sich, daßdie sog. kapazitive Methode sehr verläßlich ist. Als Meßgröße wird hier die Kapazitätsänderung bei der Änderungdes Abstandes zweier Elektroden - Elektrode 1 wird durch den Kolben und Elektrode 2 durch den Meßgebergebildet - verwendet.

Eine gänzlich andere Möglichkeit besteht darin, aus dem Druckverlauf im Schleppbetrieb mit Hilfe derthermodynamischen Gesetzmäßigkeit die Kolbenstellung OT zu bestimmen (sog. thermodynamischerVerlustwinkel). Der Verlustwinkel ergibt sich aufgrund der thermodynamischen verluste durch Wärmeübertragungund Leckage. Vernachlässigt man die Leckage, so ergibt sich der 1.HS der Thermodynamik zu

αUd

d αQW

dd

Vdd

⋅−=wobei

U die innere Energie

QW die übertragene Wärme durch Zylinderwand

bedeuten. Im Druckmaximum gilt p = konstant. Aus der thermischen Zustandsgleichung eines idealen Gasesund deren Differential (p, m, R = konstant)

p V⋅ m R⋅ T⋅= p dV⋅ m R⋅ dT⋅=

sowie der kalorischen Zustandsgleichung

dU m cv⋅ dT⋅=ergibt sich

dUcvR

p⋅ dV⋅=

Durch Einsetzen in den 1.HS folgt schließlich

αQW

dd

1cvR

+⎛⎜⎝

⎞⎟⎠

pmax⋅α

Vdd

⋅=

Da in dieser Differentialgleichung

αQW

dd

0<

ist (das Gas am Verdichtungsende verliert Wärme), es folgt, daß

αVd

d0<

ist, und somit das Druckmaximum vor dem oberen Totpunkt liegen muß !

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2.1.3 Beispiel der Indizierung am AVL-Motor 520, n = 2500 1/min, F = 45 N

Die Indizierungsergebnisse werden graphisch im p,α- und p,V-Diagramm dargestellt.

A PRNLESEN "mal_0201.prn"( ):= j 0 zeilen A( ) 1−..:= α j A j 0, °KW⋅:= p j A j 1, bar⋅:=

0 180 360 540 7200

20

40

60

pj

bar

α j

OT Ansaugen UT Verdichtung ZOT Expansion UT Ausschieben OT

Um den Druckverlauf während der Verbrennung im Detail beobachten zu können, wird nur dieser Bereich graphischdargestellt.

j 350 390..:=

350 360 370 380 39030

40

50

60

70

pj

bar

α j

Aus der visuellen Analyse des Diagramms können folgende Aussagen gezogen werden. Im OT-Bereich ist der steileDruckanstieg in Folge der 1. Phase der Verbrennung deutlich erkennbar. Diese 1.Phase erfolgt in etwa beimkonstanten Volumen, wie eine idealisierte isochore Verbrennung. Die 2.Phase der Verbrennung (diffuseVerbrennung) wirkt durch einen nahezu isobaren Druckverlauf aus. Der maximale Druckanstieg - sehr wichtigerParameter zur Beurteilung der mechanischen Belastungen der Bauteile - kann einfach aus dem Diagrammerrechnet werden. Der maximale Druck während der einigermaßen isobaren Verbrennung liegt bei etwa 63 bar.

Will man jetzt ein p,V-Diagramm erzeugen, muß man zunächst den Volumenverlauf bestimmt werden. Mit dengegebenen Motordaten ergibt sich

j 0 720..:= ε 15.85:= Verdichtungsverhältnis

D 1.2 dm⋅:= S 1.2 dm⋅:= r S2

:= L 2.5 dm⋅:= Pleuellänge

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Λ rL

:= s j r 1 cos α jπ

180⋅⎛

⎜⎝

⎞⎟⎠

−Λ4

1 cos 2 α jπ

180⋅⎛

⎜⎝

⎞⎟⎠

⋅⎡⎢⎣

⎤⎥⎦

−⎡⎢⎣

⎤⎥⎦

⋅+⎡⎢⎣

⎤⎥⎦

⋅:= AKπ D2

4:=

Vh AK S⋅:= VCVh

ε 1−:= Kompressionsvolumen V j VC AK s j⋅+:=

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.4 1.60

5

10

15

20

25

30

35

40

45

50

55

60

65

pj

bar

V j dm 3−⋅

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2.2 Thermodynamische Analyse des Druckverlaufes

Wie erwähnt, erfolgt die einfachste Beurteilung des Druckverlaufes visuell, z.B. mittels eines Oszillographen. DieBeurteilungsgrößen sind hierbei der grundsätzliche Druckverlauf, der Spitzendruck pmax und dessenZyklusschwankungen sowie der Druckanstieg dp/dα. Mit diesen Größen läßt sich die Funktion des Motorskontrollieren bzw. allgemeine Aussagen über die Qualität der Energieumsetzung herleiten.

Will man detaillierte Angaben erhalten, so muß als nächster Schritt aus dem Druckverlauf den indizierten Mitteldruckpi bestimmen.

piWArbeitsspiel−

Vh= 1

Vh V 0( )

V 360 aT⋅( )Vp α( )−

⌠⎮⌡

d⋅=

wobei hier aT die Taktzahl (aT 1= für einen Zwei- und aT 2= für einen Viertakter) bedeutet. Zum Beispiel für die

vorher dargestellten Meßergebnisse, die am AVL-Motor 520 mit der Abtastrate Δα indiziert wurden, ergibt sich fürden indizierten Mitteldruck (mit Hilfe der Rechteckintegrationsmethode)

pi

1Δα

α

pα Vα 1+ Vα−( )⋅⎡⎣ ⎤⎦∑⎡⎢⎣

⎤⎥⎦

Vh= in diesem Fall pi 6.657 bar⋅=

wobei der Zeiger α die Werten zwischen 0 und 720 °KW annimmt. Wenn man auch noch den indiziertenMitteldruck der Hochdruckschleife pi,HD und der Ladungswechselschleife pi,LW getrennt ermittelt, so läßt sich darausdie grundsätzliche Aufteilung der Verluste errechnen. Die Gesamtverluste unterteilen sich in Reib- undthermodynamischen Verlusten.Die Reibverluste sind mittels des mechanischen ηm, während die thermodynamischen mittels des inneren ηi

Wirkungsgrades ausgedruckt.Die thermodynamischen Verluste kann man in zwei Verlustquellen unterteilt werden. Und zwar einerseits Verluste,die durch die gasdynamischen Prozesse während des Ladungswechsels verursacht und mittels desLadungswechselsgrades ηLW charakterisiert sind, und anderseits Verluste, die durch eine unvollkommene undsomit abweichend von der idealen Verbrennung verursacht und mittels des Verbrennungsgrades ηV ausgedrucktsind.

2.2.1 Brenn- und Heizverlauf, Brenn- und Heizfunktion

Durch die Verbrennung wird Energie als Wärme im Zylinder freigesetzt, die einerseits dem Gas zugeführt undanderseits durch die Zylinderwände dem Kühlsystem übertragen wird.

Unter dem Brennverlauf versteht man den zeitlichen Verlauf der durch die Verbrennung insgesamt freigewordenenEnergie.

Unter dem Heizverlauf versteht man den zeitlichen Verlauf des durch die Verbrennung dem Gas wirksam zugeführteEnergieanteils.

Die Integralen des Brenn- bzw. Heizverlaufes werden als Brenn- bzw. Heizfunktion bezeichnet.

Mit den Wirkungsgraden liegen quantitative Aussagen über die motorischen Gegebenheiten vor. Eine exakte,umfassende Beurteilung der einzelnen Einflußfaktoren von innermotorischen Vorgängen fehlt aber noch. Diese isterst möglich, wenn man den Druckverlauf thermodynamisch analysiert (z.B. Heizverlauf). Daraus lassen sich gezieltdie einzelnen Verluste (z.B. unvollkommene Verbrennung), deren Größen und auch die verursachenden Parameterermitteln (z.B. verschleppte Verbrennung durch Kraftstoffwandlagerung).Der Verbrennungsverlauf ist also die wesentliche Größe, um den innermotorischen Arbeitsprozeß beurteilen zukönnen. Zum Erzielen ausreichender Ergebnisse sind geeignete Meßdatenerfassungssysteme erforderlich.

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2.2.2 Herleitung des Brenn- und Heizverlaufes

Aus dem 1. HS der Thermodynamik für ideale Gase (die Änderung der inneren Energie wird durch Energiezufuhrinfolge der Verbrennung (Index B), durch Energieabfuhr durch Zylinderwand wegen der Kühlung (Index W) bzw. derVerdampfung des Brennstoffes (Index V) und durch Energieaustausch infolge der Volumenänderungsarbeit)

αUd

d αQB

dd α

QWdd

−α

QVdd

− pα

Vdd

⋅−=

der Massenbilanz (die Masse des im Zylinder anwesenden Arbeitsfluids ma kann durch Brennstoffzufuhr mBα ,wegen der Brennstoffeinspritzung, und durch Gasabfuhr, infolge der Leckage, verändert werden)

αma

dd α

mBαdd α

mLeckdd

−=

der kalorischen Zustandsgleichung

dU ma cv⋅ dT⋅ cv T⋅ dma⋅+=

der thermodynamischen Zustandsgleichung und deren Differential

p V⋅ ma R⋅ T⋅= dpp

dVV

+dmama

dTT

+=

der Gleichung der durch Verbrennung verursachten Energieproduktion (die durch Verbrennung produzierte Energieist der verbrannten Brennstoffmasse proportional; die Proportionalitätskonstante ist der untere Heizwert desBrennstoffes Hu )

αQB

dd

Huα

mBαdd

⋅=

und der Gleichung für den Wärmeübergang (der Wärmestrom ist der Austauschfläche A und Temperaturdifferenzbeider Fluide proportional; die Proportionalitätskonstante ist der Wärmedurchgangskoeffizient αW )

αQW

dd

αW AW⋅ T TW−( )⋅dtdα

⋅= (t ist hier die Zeit)

ergibt sich die Gleichung für den momentanen Brennverlauf. Dieser heute in der Praxis allgemein angewandte Wegist jedoch relativ aufwendig (s. Indizierungsbeispiel am AVL-Motor).

Wenn man keine sehr große Anforderungen bestehen, ist es genügend nur den Heizverlauf (frei vonWärmeübergangs- und Verdampfungsberechnung) zu bestimmen, und dies wird weiterhin vereinfacht, so daß dieMassenänderung infolge der Einspritzung bzw. der Leckage fortgelassen werden.

αmBα

dd

0=α

mLeckdd

0=α

madd

0=

Bezeichnet man mit

αQH

dd α

QBdd α

QWdd

QVdd

+=

den Heizverlauf, somit ergibt sich für den Heizverlauf

αQH

dd

ma cv⋅α

Tdd

⋅ pα

Vdd

⋅+=

Nach dem Einsetzen der thermischen Zustandsgleichung und deren Differential ( dm = 0 )

dpp

dVV

+dTT

= oder dT p dV⋅ V dp⋅+ma R⋅

=

ergibt sich für den Heizverlauf

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αQH

dd

cvR

Vdd

⋅ Vα

pdd

⋅+⎛⎜⎝

⎞⎟⎠

⋅ pα

Vdd

⋅+=

und nach dem Zusammensetzen

αQH

dd

cvR

1+⎛⎜⎝

⎞⎟⎠

p⋅α

Vdd

⋅cvR

V⋅α

pdd

⋅+= oderα

QHdd

cpR

p⋅α

Vdd

⋅cpR

1−⎛⎜⎝

⎞⎟⎠

V⋅α

pdd

⋅+=

Diese Differentialgleichung wird weiterhin mit Hilfe der finiten Differenzen-Methode integriert. Die Druck- undVolumenverläufe sind durch Indizierung bekannt. Die im Zylinder anwesende Masse wird mittels der Luft- undBrennstoffdurchsatzmessung erfaßt, somit wird die Temperatur zur jeden Kurbelstellung α durch die thermischeZustandsgleichung im Zylinder errechnet

pα Vα⋅

ma R⋅=

Die spezifische isobare Wärmekapazität kann man nun abhängig von Temperatur für jede Gaskomponente undschließlich für das Gasgemisch bestimmen, wenn die momentane Zusammensetzung des im Zylinder anwesendenGasgemisches bekannt ist. Um die Zusammensetzung zu bestimmen, wird folgender Ansatz verwendet

QHαHu mHα⋅=

wobei

QHα

αVB

α

αα

QHdd

⎛⎜⎝

⎞⎟⎠

⌠⎮⎮⌡

d=

die Heizfunktion und mHα die umgesetzte Brennstoffmasse zur α-Stellung und der Index VB Verbrennungsbeginnbedeuten. Tatsächlich entspricht der obige Ansatz nicht ganz der Realität, da die umgesetzte Masse derBrennfunktion proportional ist, aber für übliche Anwendungen ist diese Vereinfachung völlig akzeptabel.Die Masse der Abgase ist an ihrer Reihe der umgesetzten Brennstoffmasse proportional, so daß

mAb m´Ab mHα⋅=

wobei m´Ab die Abgasmasse, die durch die Umsetzung eines Kilo Brennstoffes produziert ist, bedeutet. DieMassenanteile der frischen Ladung und Abgase im Gemisch errechnet sich wie folgend

maαmfGα

mAbα+= konst= ξfGα

1 ξAbα−=

ξAbα

mAbα

maα

=m´Abmaα

mHα⋅=

m´Abmaα

QHα

Hu⋅= konst QHα

⋅=

also ist der Massenanteil der Abgase der umgesetzten Brennstoffmasse proportional. Somit ist die Bestimmung derWärmekapazitäten erst jetzt möglich durchzuführen.

Um den Heizverlauf und die Heizfunktion nun zu erzielen, werden die nach dem Kurbelwinkel Ableitungen vom Drucund Volumen mittels finiten Differenzen diskretisiert. Somit ergibt sich für den winkelbezogenen Heizverlauf

αQH

dd

⎛⎜⎝

⎞⎟⎠α

cpα

Rαpα⋅

αVα

dd

⋅cpα

Rα1−

⎛⎜⎜⎝

⎞⎟⎟⎠

Vα⋅pα Δα+ pα−

Δα⋅+=

und für die winkelbezogene Heizfunktion

QHα Δα+QHα α

QHdd

⎛⎜⎝

⎞⎟⎠α

Δα⋅+=

Für diese Berechnungen ist Δα = 1°KW ein üblicher und ausreichender Wert.

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