Hyle (Studien zum aristotelischen Materie-Begriff) || 2.6 Zum Wort ὕλη

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2.6 Zum Wort 273 streitet, meinen, er habe damit auch nur im geringsten die akademi- sche Herkunft der Hyle des Aristoteles in Zweifel zu ziehen vermocht 992 . Die oben gemachten Feststellungen über verschiedene Denk- Ansätze, die bei Aristoteles .antithetisch' nebeneinanderstehen, be- einträchtigen nicht die Einheit der aristotelischen Metaphysik, sie rücken sie vielmehr nur ins rechte Licht. Die aristotelische Metaphysik ist von den frühesten bis zu den spätesten Partien ein , freilich kein unbewegliches monolithisches Gebilde, sondern ein Spannungs- gefüge, das sich gleichsam noch ,zu sich selber hin' fortentwickeln kann, und doch einer einheitlichen Grundkonzeption unterliegt, einer inneren Form, welche dem Geist des Aristoteles entstammt 993 . Diese innere Form besitzt auch, wie das Folgende zeigen wird, das eine der beiden metaphysischen Hauptprinzipien des Aristoteles, die Hyle. 2.6 Zum Wort 2.6i Die Belege vor Aristoteles Wort- und begriffsgeschichtliche Arbeiten versuchen nicht selten an der sogenannten ,Grundbedeutung' oder ,Urbedeutung' eines Wor- tes anzusetzen, um von dieser aus die weiteren Bedeutungen, die man als »sekundäre 1 versteht, gleichsam .abzuleiten'. Sofern die ältesten Belege des Wortes diese ,Grundbedeutung' nicht oder zumindest nicht deutlich genug zeigen, greift man gern über die Texte hinaus auf die Etymologie zurück, als ob uns die - die .wahre Bedeutung' des betreffenden Wortes zu enthüllen vermöchte. Vor diesem weit- verbreiteten Optimismus gegenüber Etymologien kann nicht dringend genug gewarnt werden 994 , denn der Fälle, bei welchen die Etymologie den wortgeschichtlichen Befund wirklich aufgehellt hat, sind minimal wenige, aber man hat umgekehrt schon oft der (richtigen oder ver- meintlichen) Etymologie zuliebe dem Belegmaterial Gewalt angetan. Für das Aufsuchen der .Grundbedeutung' in den Texten gilt Ähnliches. Hieraus ist die methodische Folgerung zu ziehen, daß die kombinato- rische Erforschung der Textbelege absoluten Vorrang hat und die 992 Bei dieser Gelegenheit sei auch noch an die Bemerkungen o. 2.21 u. ö. erinnert, wo nachgewiesen wurde, daß die Anknüpfung der aristotelischen Hyle an die Akademie vom Streit um den .esoterischen Platon' überhaupt nicht tangiert wird. 993 Diese Einheit hat gerade Theilers durch und durch .analytischer' Aufsatz schön auf- gewiesen. 994 Eine kurze Bemerkung hierüber Indogerm. Forsch. 68 (1963) 97 f in meiner Be- sprechung von H. Frisks Griech. etym. Wörterbuch; vgl. auch den dort zitierten Aufsatz von M. Wandruszka in: Etymologica (Festschr. W. v. Wartburg), 1958, 857—871- 18 Happ.Hyk Brought to you by | National Dong Hwa University Authenticated | 134.208.103.160 Download Date | 3/26/14 5:50 PM

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2.6 Zum Wort 273

streitet, meinen, er habe damit auch nur im geringsten die akademi-sche Herkunft der Hyle des Aristoteles in Zweifel zu ziehen vermocht992.

Die oben gemachten Feststellungen über verschiedene Denk-Ansätze, die bei Aristoteles .antithetisch' nebeneinanderstehen, be-einträchtigen nicht die Einheit der aristotelischen Metaphysik, sierücken sie vielmehr nur ins rechte Licht. Die aristotelische Metaphysikist von den frühesten bis zu den spätesten Partien ein , freilichkein unbewegliches monolithisches Gebilde, sondern ein Spannungs-gefüge, das sich gleichsam noch ,zu sich selber hin' fortentwickelnkann, und doch einer einheitlichen Grundkonzeption unterliegt, einerinneren Form, welche dem Geist des Aristoteles entstammt993. Dieseinnere Form besitzt auch, wie das Folgende zeigen wird, das eine derbeiden metaphysischen Hauptprinzipien des Aristoteles, die Hyle.

2.6 Zum Wort

2.6i Die Belege vor Aristoteles

Wort- und begriffsgeschichtliche Arbeiten versuchen nicht seltenan der sogenannten ,Grundbedeutung' oder ,Urbedeutung' eines Wor-tes anzusetzen, um von dieser aus die weiteren Bedeutungen, die manals »sekundäre1 versteht, gleichsam .abzuleiten'. Sofern die ältestenBelege des Wortes diese ,Grundbedeutung' nicht oder zumindest nichtdeutlich genug zeigen, greift man gern über die Texte hinaus auf dieEtymologie zurück, als ob uns die - die .wahre Bedeutung'des betreffenden Wortes zu enthüllen vermöchte. Vor diesem weit-verbreiteten Optimismus gegenüber Etymologien kann nicht dringendgenug gewarnt werden994, denn der Fälle, bei welchen die Etymologieden wortgeschichtlichen Befund wirklich aufgehellt hat, sind minimalwenige, aber man hat umgekehrt schon oft der (richtigen oder ver-meintlichen) Etymologie zuliebe dem Belegmaterial Gewalt angetan.Für das Aufsuchen der .Grundbedeutung' in den Texten gilt Ähnliches.Hieraus ist die methodische Folgerung zu ziehen, daß die kombinato-rische Erforschung der Textbelege absoluten Vorrang hat und die

992 Bei dieser Gelegenheit sei auch noch an die Bemerkungen o. 2.21 u. ö. erinnert, wonachgewiesen wurde, daß die Anknüpfung der aristotelischen Hyle an die Akademievom Streit um den .esoterischen Platon' überhaupt nicht tangiert wird.

993 Diese Einheit hat gerade Theilers durch und durch .analytischer' Aufsatz schön auf-gewiesen.

994 Eine kurze Bemerkung hierüber Indogerm. Forsch. 68 (1963) 97 f in meiner Be-sprechung von H. Frisks Griech. etym. Wörterbuch; vgl. auch den dort zitiertenAufsatz von M. Wandruszka in: Etymologica (Festschr. W. v. Wartburg), 1958,857—871-18 Happ.Hyk

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274 2. .Materie' in der alten Akademie und die aristotelische Hyle

Etymologie, falls berhaupt, nur mit u erster Vorsicht herangezogenwerden darf995.

Da die au ergriechischen Entsprechungen zweifelhaft sind undso gut wie nichts f r die Wortgeschichte ausgeben996, beschr nkenwir uns auf die innergriechische Entwicklung des Wortes, die bekanntist997 und in wenigen S tzen referiert werden kann:

Von Homer an bezeichnet Ολη sowohl a) ,Wald, Unterholz' wieb) das (dem Wald entnommene) ,ΗοΙζ', welches in vielerlei Gestalt(Scheite, Balken, Reisig) zum Verbrennen, Bauen usw. dient: Die Be-deutung ,ΗοΙζ als Material' ist also seit Beginn der literarischen ber-lieferung reichlich belegt, c) Es lag nahe, nun das Wort Ολη auch f r»Material· aus anderem Stoff als Holz zu verwenden, aber hierf r gibtes vor Aristoteles kein sicheres Beispiel998. Weitere » bertragene' Ver-wendungsweisen (au er der philosophischen nat rlich) sind ebenfallserst nach Aristoteles belegt999, d) Man hat gemeint, in den platonischenDialogen f nden sich die ersten Beispiele eines philosophischen Ge-brauchs von ύλη im Sinne von ,Materie', aber diese Annahmen haben

996 Diesen methodischen Grundsatz beachtet z. B. H. Schreckenberg, Ananke, M nchen1964 trotz aller Besonnenheit (z. B. VII 165). nicht immer. Auch die Untersuchun-gen ber den griechischen und besonders platonischen Physis-Begriff wurden oftdurch extreme etymologische Spekulationen beeintr chtigt, bis erst jetzt D. Manns-perger, Physis bei Platon, 1969, die Lage kl ren konnte: Mannsperger widerlegtjeweils die einseitigen etymologischen Theorien auf ihrem eigenen Feld und machtdadurch den Blick frei f r den komplexen Befund bei Platon selber.

998 Von den vorgeschlagenen Entsprechungen pa t zu ϋλη < *s l am besten in derAblautstufe ahd. s l (*s li-) ,S ule, Pfosten'; auch die Bedeutungen lassen sich ver-einigen. Alle weiteren germanischen und baltisch-slawischen Parallelen, griechischξύλον und lat. silva zeigen — falls berhaupt zugeh rig — andere Ablautstufen,welche die Verkn pfung von ύλη und s l wieder fraglich machen. Vgl. die W rter-b cher u. a. von Hofmann (Ολη), Walde-Hofmann (silva), Feist (got. sauls), Fraenkel(lit. i las), Kluge-Mitzka (S ule). Griech. *s l lie e sich — die Richtigkeit der Her-leitung einmal vorausgesetzt — als eine Art Kollektivbildung verstehen: erstens.Ansammlung von Holzst mmen, Wald', zweitens .ein Haufen Holz (als Material)'.— Die von Rivaud 372 referierte Wurzeletymologie (Ολη zu einem idg. *s - .erzeu-gen') ist verfehlt.

997 Zeller II i6 721 A. 3. Baeumkeni4 A. i. 210. Rivaud 276 A. 667. 370—373. Ross,Metaph. I 128 f. Cencillo 27—31. Skemp 201—212, bes. 210. Solmsen, Festschr.Albareda 395—408. Alle wichtigen Stellen bersichtlich angeordnet bei Liddell-Scott, worauf insgesamt verwiesen sei.

998 Horn. Od. 5, 257 ist bestimmt Holz (etwa .Reisig') gemeint. Sophokles fr. 844 (beiPlut. mor. 802 b) hat erst Plutarch das Wort ύλη zugesetzt (s. Liddell-Scott).

998 Rivaud 371 erw hnt die ύλη (ρητορική) der Redner und Geschichtschreiber (,Sujet'o. .) und die ύλη ,der Lebewesen' (als Untersuchungsobjekt der Mediziner), ohneStellen anzugeben. Die Beispiele der ύλη ρητορική sind auf jeden Fall sp ter alsAristoteles, vgl. Liddell-Scott III 3 und au er der dort gen. Stelle EN io94b 12 nochmet. K 4, io6ib 22 (Docarie 126 A. 5. 132 A. 5; u. 8.27206). Bei den Medizinernspricht Rivaud von .der Schule Alkmaions zur Zeit Platons': Ich konnte das nichtverifizieren; vgl. zu ύλη ιατρική Liddell-Scott III 4.

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2.6 Zum Wort 275

sich nicht bestätigt1000. Auch die Referate von Platons innerschulischerLehre legen nirgends die Vermutung nahe, daß Platon als Ter-minus eingeführt oder verwendet habe1001. Ob dies die historische Ent-wicklung nur so mit sich gebracht hat oder ob mehr dahintersteckt,ist kaum zu entscheiden1002, e) Es scheint nicht ausgeschlossen, daß(im Gegensatz zu Platon) Speusipp und vielleicht auch Xenokrates

terminologisch angewendet haben1003, wenn sich das auch nachLage der Überlieferung weder exakt beweisen noch widerlegen läßt.Sollte es zutreffen, dann könnte man sich die Entwicklung in verschie-dener Weise vorstellen: Erstens, Aristoteles, Speusipp und Xenokratesschöpfen alle gleichermaßen aus .anonymer' innerakademischer Schul-tradition; zweitens, Speusipp (oder Xenokrates) hat den Terminus ge-prägt und an Aristoteles weitergegeben; drittens, Aristoteles ist Schöp-fer des Begriffs und Speusipp und Xenokrates haben ihn übernommen.Hiervon wäre die dritte Möglichkeit am wahrscheinlichsten. Freilichwird man heute, da man immer mehr auf den akademischen Schul-bereich, den intensiven Austausch zwischen den Platonschülern sowiedie Bedeutung Speusipps und des Xenokrates zu achten gewohnt ist,sich diesen Vorgang der Begriffsbildung nicht allzu schematisch vor-stellen : Die geistige Urheberschaft des Aristoteles verträgt sich durch-aus mit innerakademischen Anregungen und ,Vorstufen'.

Diese Prioritätsfrage scheint für den Hylebegriff sachlich zunächstnicht wichtig zu sein. Denn wer immer auch den Terminus zuerstprägte, der Ausgangspunkt für den philosophischen Gebrauch von

1000 Gegen diese Annahmen sprach sich bereits Zeller II i5 721 A. 3 entschieden aus, demsich Baeumker 114 A. i, Rivaud 276 A. 667 und Cencillo 31 anschließen. Solmsen,Festschr. Albareda 402—405 bespricht erneut die einschlägigen Stellen (bes. Timaios69 A 5 ff und Philebos 540) und kommt ebenfalls zum Ergebnis, daß trotz einigerAnsätze in dieser Richtung (am wichtigsten ist hierfür die Philebos-Stelle) bei Platonnicht von einem technischen Gebrauch des Wortes gesprochen werden kann. — DieHyle-Belege bei Timaeus Locrus sind, wie man seit Zeller a. O. weiß, nacharistote-lisch (s. nur R. Harders RE-Artikel; kaum weiterführend Cencillo 29—31). Vgl.ferner Cencillo 28 f.

1001 Hiervon kann man sich anhand der Gaiserschen TP leicht überzeugen. Da diese Be-richte recht summarisch verfahren und nur wenige Rückschlüsse auf die Termino-logie Platons erlauben, muß man hier mit argumenta e silentio vorsichtig sein. Aberes wäre doch merkwürdig, wenn ein wichtiger, vielleicht sogar tragender Begriff garkeine Reflexe hinterlassen hätte. Hinzu kommt das negative Zeugnis der Dialoge.

1002 jjie Frage, ob Platon sein zweites Prinzip mit dem Terminus hätte bezeichnenkönnen, selbst wenn er gewollt hätte, ist reizvoll, aber für uns nicht beantwortbar.

i°°3Dies vermutet Merlan 122, wo nähere Einzelheiten. Vgl. auch o. 2.3. Die Wahr-scheinlichkeit eines terminologischen Gebrauchs von bei Speusipp und (oder)Xenokrates ist besonders deshalb nicht gering, weil der Timaios, welcher mit seinemTechne-Modell und göttlichen - bestimmt einen wesentlichenAnteil an der Entstehung des -Terminus hatte, nicht nur auf Aristoteles, sondernauch auf Speusipp und Xenokrates einen starken Einfluß ausübte. Vgl. Krämer,Theologie passim, bes. 494 mit A. in.18*

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276 2. .Materie' in der alten Akademie und die aristotelische Hyle

ϋλη war in jedem Fall derselbe: Das Modell der Techne, genauer, desZimmermannshandwerks, von dem aus die . bertragung' per ana-logiam stattfand1004. In anderer Hinsicht jedoch w rden sich schoneinige Konsequenzen ergeben: Wenn Speusipp (bzw. Xenokrates) denϋλη-Terminus selbst pr gte oder von Aristoteles bernahm, mu erihn f r ausreichend gehalten haben, sein .zweites Prinzip' auszudr k-ken. Dies w rde sowohl die akademischen Erscheinungsformen des.zweiten Prinzips' wie auch den Terminus ϋλη kl ren helfen.

2.62 Aristoteles

Aristoteles fand also das Wort Ολη in der Bedeutung .Holz (alsMaterial)' vor und verwendete es nun in umfassender Weise f r .Ma-terie' (k rperliche, geistige usw.) bzw. f r das, was man in seiner Philo-sophie die Manifestationen des .zweiten Prinzips' nennen k nnte1005.Da, wie bereits o. S. 58 betont wurde, ύλη an allen Stellen, wo sieauftritt, fast gleichen Bedeutungsumfang hat und dabei chronolo-gische Differenzierungen nicht m glich sind1006, lassen sich innerhalbdes Aristoteles keine einzelnen Stadien der Bedeutungsentwicklungmehr verfolgen. Trotzdem k nnen wir mit ziemlicher Sicherheit denAusgangspunkt angeben, aus dem die terminologische Verwendungvon ϋλη erwachsen ist:

Aristoteles dachte nicht an .Holz' als etwas .Organisches' oderdergleichen, sondern an Holz als .Material' des Zimmermanns. ZumModell diente ihm also die Techne1007. Warum er aus diesem Bereichdas Zimmermannshandwerk und nicht ein anderes (etwa die Schmiede;χαλκός) ausw hlte, k nnen wir nur vermuten1008. Weshalb nahm er

1004 vgl. o. I.H2, i.35d u. .1005 " ber ύλη als das zweite Prinzip des Aristoteles vgl. o. 2.52, u. 8.1008 Obwohl wir schon mehrfach, darauf hingewiesen haben, mu auch hier nochmals

ausgesprochen werden: Es gibt kaum Textpartien bei Aristoteles, wo das Wort Οληnicht begegnet, obwohl es sachlich notwendig gewesen w re (z. B. met. Γ, u. 4.64).Sonst erscheint es von den ,fr hesten' bis zu den .sp testen' Stellen, vielleicht sogarschon im Protreptikos (vor 353 v. Chr.), wenn man von δύναμις-Ινέργεια (fr. 14Ross = B 79 Du.) auf ΰλη-εϊδος zur ckschlie en darf. During, Gnomon 27 (1955)156 meint richtig, es sei kaum eine Entwicklungsstufe aristotelischen Denkens vor-stellbar, in welcher Aristoteles zwar den Zwiebegriff δύναμις-ενέργεια, aber nochnicht Ολη-ε!δο$ entwickelt habe. Noch fr her zur ck kommt man offenbar nicht(During a. O.); vgl. Solmsen, Festschr. Albareda 397.

1007 Vgl., auch zum Folgenden, Solmsen, Festschr. Albareda, der alle wesentlichenAspekte des Problems behandelt, wenn auch nat rlich — das betont er selbst —nicht ersch pfend.

1008 Es spricht einiges daf r, da bei der Pr gung des Terminus haupts chlich derTimaios Pate stand, dessen g ttlicher Technit ja gerade in der Rolle eines τέκτωνerscheint. Vgl. Kr mer, Theologie 494 A. in mit Verweis auf Solmsen und Gadamer.

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2.6 Zum Wort 277

sich die Techne insgesamt zum .Vorbild' ? Die vorläufige Antwortdarauf ist bekannt: Aristoteles identifizierte die Aufbaustrukturenvon Natur und Techne und vermag deshalb am ,Paradeigma' destechnischen Herstellungsvorganges die in der Natur geltende Gesetz-lichkeit des Werdens abzulesen1009.

Hier könnte sich das Mißverständnis einstellen, als sei die Hylegemäß ihrer .Abkunft' von der Techne stark auf das Körperlich-Solidefestgelegt oder als müsse man sie gar von da her interpretieren. DerHyle-Begriff mag Spuren seiner Herkunft an sich tragen, und natür-lich bedeutet auch oft (besonders in den naturwissenschaftlich-biologischen Schriften) .konkretes Material'1010, aber es wäre völligfalsch, die »Material'-Bedeutung überzubewerten. Die folgenden Dar-legungen werden im Gegenteil zeigen, wie weit als umfassendesSeinsprinzip über alles Materialhafte, Konkret-Solide hinausgeht1011,von allem Anfang an1012 und so weit, als ob Aristoteles die Herkunftund die ursprüngliche Bedeutung des Wortes fast vergessen hätte,nachdem er es einmal zum Terminus geprägt hatte1013. Wieder einmalzeigt sich, wie bedenklich es methodisch wäre, die Geschichte einesWortes ausschließlich im Lichte seiner .Grundbedeutung' zu sehen.

1009 Hinweise o. S. 276 A. 1004.1010 Die Beispiele sind zahlreich und bekannt. Den .Material'-Aspekt von betonen die

Arbeiten von M. Schramm.1011 Vgl. wiederum o. 2.51, u. 8.1012 Es ist sehr zweifelhaft, ob wir selbst dann, wenn wir von der Frühzeit des Aristote-

les mehr wüßten, eine Bedeutungs-.Entwicklung' von bei ihm feststellen könn-ten. Wie schon o. 2.53 betont, erfolgte wohl die Prägung des Wortes zum Terminustechnicus plötzlich und .total', also nicht additiv-evolutionär.

1013Solmsen, Festschr. Albareda 401 betont, daß oft schon bei Aristoteles, nochstärker natürlich bei den Philosophen nach ihm sich ganz entschieden von sei-nem semantischen Ursprung getrennt habe.

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