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3 Wärmelehre und Thermodynamik 3.1 Temperatur und Wärme 3.1.1 Historische Entwicklung Der Ausdruck Thermodynamik ist eine Kombination der griechischen Worte thermós (warm) und dýna- mis (Kraft) und wird auch als Wärmelehre bezeich- net. Seit ihrer Begründung im 19. Jahrhundert hat die Thermodynamik eine enorme Bedeutung für die Physik, Chemie und viele ingenieurwissenschaftli- chen Gebiete. Sie hat Konsequenzen für viele An- wendungen im Alltag. Einstein fasste ihre Bedeu- tung so zusammen: Eine Theorie ist desto eindrucksvoller, je grö- ßer die Einfachheit ihrer Prämissen ist, je ver- schiedenartigere Dinge sie verknüpft, und je weiter ihr Anwendungsbereich ist. Deshalb der tiefe Eindruck, den die klassische Thermody- namik auf mich machte. Es ist die einzige phy- sikalische Theorie allgemeinen Inhaltes, von der ich überzeugt bin, dass sie im Rahmen der Anwendbarkeit ihrer Grundbegriffe nie- mals umgestoßen werden wird. Eine wichtige Motivation für ihre Entwicklung war die Verbesserung des Wirkungsgrades von Dampf- maschinen, welche im 19. Jahrhundert eine stark zu- nehmende Bedeutung als Treiber der industriellen Revolution erhielten. Die Thermodynamik kann einerseits rein phänome- nologisch behandelt werden, über Zuständsgrößen wie Druck, Temperatur und Volumen, oder ausge- hend von atomaren Bestandteilen in der Form der statistischen Thermodynamik. Letztere ist ein an- spruchsvolles Thema, welches im Rahmen dieser Vorlesung nicht behandelt werden kann. 3.1.2 Wärme als Energieform In mechanischen Systemen ist die Energie nicht er- halten, sondern sie wird durch Reibung reduziert. Phänomenologisch findet man, dass bewegte me- chanische Systeme Reibungseffekte zeigen, welche die Bewegung verlangsamen und Wärme erzeugen. Wärme stellt dabei eine Form von Energie dar, wel- che unabhängig ist von den bisher behandelten For- men wie kinetische und potenzielle Energie. Gewicht Kupferband Thermometer Zylinder Abbildung 3.1: Experimenteller Nachweis der Um- wandlung von Arbeit in Wärme. Ein Beispiel für die Umwandlung von mechanischer Energie in thermische Energie sind Bremsen. Abb. 3.1 zeigt ein Experiment, bei dem die geleistete Ar- beit und die dadurch erzeugte Wärme quantitativ verglichen werden können. Die quantitative Auswer- tung folgt in Kapitel 3.3.1. Abb. 3.2 zeigt ein weiteres Beispiel: ein Rohr, wel- ches ein Bleigranulat enthält. Das Granulat wird wiederholt im Rohr fallen gelassen. Die mechani- sche Energie der Bleikugeln wird dabei in Wärme umgewandelt. Die Temperaturerhöhung wird über ein Thermometer gemessen. Wärme kann qualitativ als die kinetische Energie der ungeordneten Bewegung der atomaren und moleku- 113

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3 Wärmelehre und Thermodynamik

3.1 Temperatur und Wärme

3.1.1 Historische Entwicklung

Der Ausdruck Thermodynamik ist eine Kombinationder griechischen Worte thermós (warm) und dýna-mis (Kraft) und wird auch als Wärmelehre bezeich-net. Seit ihrer Begründung im 19. Jahrhundert hatdie Thermodynamik eine enorme Bedeutung für diePhysik, Chemie und viele ingenieurwissenschaftli-chen Gebiete. Sie hat Konsequenzen für viele An-wendungen im Alltag. Einstein fasste ihre Bedeu-tung so zusammen:

Eine Theorie ist desto eindrucksvoller, je grö-ßer die Einfachheit ihrer Prämissen ist, je ver-schiedenartigere Dinge sie verknüpft, und jeweiter ihr Anwendungsbereich ist. Deshalb dertiefe Eindruck, den die klassische Thermody-namik auf mich machte. Es ist die einzige phy-sikalische Theorie allgemeinen Inhaltes, vonder ich überzeugt bin, dass sie im Rahmender Anwendbarkeit ihrer Grundbegriffe nie-mals umgestoßen werden wird.

Eine wichtige Motivation für ihre Entwicklung wardie Verbesserung des Wirkungsgrades von Dampf-maschinen, welche im 19. Jahrhundert eine stark zu-nehmende Bedeutung als Treiber der industriellenRevolution erhielten.

Die Thermodynamik kann einerseits rein phänome-nologisch behandelt werden, über Zuständsgrößenwie Druck, Temperatur und Volumen, oder ausge-hend von atomaren Bestandteilen in der Form derstatistischen Thermodynamik. Letztere ist ein an-spruchsvolles Thema, welches im Rahmen dieserVorlesung nicht behandelt werden kann.

3.1.2 Wärme als Energieform

In mechanischen Systemen ist die Energie nicht er-halten, sondern sie wird durch Reibung reduziert.Phänomenologisch findet man, dass bewegte me-chanische Systeme Reibungseffekte zeigen, welchedie Bewegung verlangsamen und Wärme erzeugen.Wärme stellt dabei eine Form von Energie dar, wel-che unabhängig ist von den bisher behandelten For-men wie kinetische und potenzielle Energie.

Gewicht

Kupferband

Thermometer

Zylinder

Abbildung 3.1: Experimenteller Nachweis der Um-wandlung von Arbeit in Wärme.

Ein Beispiel für die Umwandlung von mechanischerEnergie in thermische Energie sind Bremsen. Abb.3.1 zeigt ein Experiment, bei dem die geleistete Ar-beit und die dadurch erzeugte Wärme quantitativverglichen werden können. Die quantitative Auswer-tung folgt in Kapitel 3.3.1.

Abb. 3.2 zeigt ein weiteres Beispiel: ein Rohr, wel-ches ein Bleigranulat enthält. Das Granulat wirdwiederholt im Rohr fallen gelassen. Die mechani-sche Energie der Bleikugeln wird dabei in Wärmeumgewandelt. Die Temperaturerhöhung wird überein Thermometer gemessen.

Wärme kann qualitativ als die kinetische Energie derungeordneten Bewegung der atomaren und moleku-

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3 Wärmelehre und Thermodynamik

Schüttelrohr

Granulat

n = 50 ΔT = 2 K

Abbildung 3.2: Umwandlung von mechanischerEnergie in Wärme in einem Blei-Granulat.

laren Bestandteile des Materials verstanden werdenDiese kann z.B. als Brown’sche Bewegung sichtbargemacht werden, indem man kleine Partikel in einerLösung unter einem Mikroskop beobachtet.

3.1.3 Temperatur und thermischesGleichgewicht

Die wichtigsten Fakten der Thermodynamik werdenin den sogenannten Hauptsätzen zusammengestellt.Dies haben für die Thermodynamik eine ähnlicheGrundlagenfunktion wie die Newton’schen Axio-me für die klassische Mechanik oder die Maxwell-Gleichungen für die Elektrodynamik.

Der 0. Hauptsatz wurde als letzter formuliert. Da eraber grundlegend für die Thermodynamik und dieanderen Hauptsätze ist, wurde er an den Anfang ge-stellt. Weil die Zahlen 1-3 bereits vergeben waren,erhielt er den Index 0.

A B C

Abbildung 3.3: Thermodynamisches Gleichgewichtzwischen Systemen A, B und C.

Nullter Hauptsatz der Thermodynamik: Ist Sy-stem A mit System B im thermischem Gleich-gewicht und System B mit System C, dann sinddie Systeme A und C miteinander im thermi-schen Gleichgewicht. (! Abb. 3.3)

Die Zustandsgröße, die bei diesen Systemen über-einstimmt, ist die Temperatur, die skalar, intensivund im Gleichgewicht überall im System gleichist. Haben zwei Körper die gleiche Temperatur, sosind sie thermisch im Gleichgewicht. Bei ungleichenTemperaturen fließt Wärme vom heisseren zum käl-teren Körper, bis der Gleichgewichtszustand erreichtist. Die Temperatur ist deshalb ein Maß für die imSystem gespeicherte Wärmemenge. Allerdings istdie Beziehung nicht linear.

3.1.4 Temperaturskalen

Temperatur [oC]

400

200

0

-200

Tem

pera

tur

-200 -100 0 100 200

Kelvin

Celsius

Fahrenheit

Abbildung 3.4: Vergleich der drei gebräuchlichenTemperaturskalen.

Die gebräuchlichsten Temperaturskalen sind Kelvin[K], Celsius und Fahrenheit. Abb. 3.4 vergleicht die3 Skalen. Für jede Temperaturskala benötigt manReferenzpunkte, also Temperaturen, die man ge-nau reproduzieren kann. Dafür sind Phasenübergän-ge geeignet, wie z.B. der Schmelz- und Siedepunktvon Wasser (0�C, 100�C). An diesen Punkten sindzwei Phasen im Gleichgewicht. Wenn Wärme zu-oder abgeführt wird, ändert sich dadurch die Zusam-mensetzung des Systems, es geht z.B. Eis zu Wasserüber, während die Temperatur konstant bleibt.

Schmelz- und Siedepunkt variieren jedoch, wenn derDruck im System sich ändert. Ein noch besseres Re-

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3 Wärmelehre und Thermodynamik

Temperatur T [oK]273,16

fest

flüssig

gasförmigDru

ck p

[Pa]

612

Abbildung 3.5: Tripelpunkt von Wasser.

ferenzsystem ist deshalb ein System, bei dem sichdrei Phasen im Gleichgewicht befinden. Das wich-tigste Beispiel ist der Tripelpunkt von Wasser, beidem sich flüssiges Wasser, Eis und Wasserdampf imGleichgewicht befinden. Abb. 3.5 zeigt das entspre-chende Phasendiagramm.

Die Kelvin-Skala ist dadurch definiert, dass die Tem-peratur des Tripelpunkts von Wasser 273,16 K betra-gen soll. Die Bewegungsenergie eines Systems vonN Massenpunkten ist dann gegeben als das Produktaus Temperatur und universeller Gaskonstante,

hEkini = N kB T = nRT, (3.1)

mit der Boltzmann-Konstanten kB=1,380662 ·10�23J/K, der universellen GaskonstantenR = kBNA= 8,31 J/(Mol K) und n = N/NA derAnzahl Mol.

Typische Referenztemperaturen sind

• Siedepunkt von 4He: 4.2 K

• Siedepunkt von H2: 20 K

• Kritische Temperaturen für “warme” Supralei-ter: 93 K

• Schmelzpunkt von Eis: 273.15 K

• Körpertemperatur des Menschen: ⇡ 310 K

• siedendes Wasser: 373.15 K

• Sonneninneres: 107 K

• höchste Temperatur beim Urknall: 1012 K

3.1.5 Temperaturmessung

Größen, die von der Temperatur abhängen, könnenzur Definition der Temperaturskala benutzt werden:

• Länge eines Stabes

• Volumen eines Gases

• Volumen einer Flüssigkeit

• elektrischer Widerstand eines Leiters

• elektrische Spannung an Lötstellen (Thermo-element)

Zink

Eisen

T = T0

T > T0

T < T0

Bimetall

Abbildung 3.6: Bimetallthermometer.

Ein häufig verwendetes System ist das Bimetall-thermometer (! Abb. 3.6). Dazu werden Metall-streifen verwendet, welche aus zwei unterschied-lichen Lagen mit unterschiedlichen Ausdehnungs-koeffizienten (! Kapitel 3.1.6) bestehen. TypischeBeispiele sind

aFe = 12,3 ·10�6/GradaCu = 16,7 ·10�6/GradaPt = 9 ·10�6/Grad.

Eine weitere Möglichkeit ist die Wärmeausdehnungvon Flüssigkeiten. Dies wird z.B. in klassischen Fie-berthermometern oder in Quecksilberthermometernverwendet.

Für die elektronische Messung einer Temperatur ver-wendet man meist einen temperaturabhängigen Wi-derstand. Diesen misst man, wie in Abb. 3.7 gezeigt,indem man bei gegebener Spannung den Strommisst, oder umgekehrt.

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3 Wärmelehre und Thermodynamik

UI

)(TfR =

Abbildung 3.7: Elektrische Temperaturmessung:Widerstandsthermometer.

3.1.6 Wärmeausdehnung

Körper dehnen sich in alle drei Raumrichtungen aus.In einer Dimension nähert man die Längenänderungmeist linear in der Temperatur:

L(T0 +DT ) = L0(T0)(1+aDT ).

Typische Werte für den Wärmeausdehnungskoeffizi-enten a sind

Al Pb Fe Cu Pt Quarzglas

a[ 10�5�C ] 2,4 2,7 1,2 1,7 0,9 0,05

Die Wärmeausdehnung in 3 Dimensionen kann ent-sprechend berechnet werden als

V (DT ) = L3(DT ) = L30(1+aDT )3.

Mit V0 = L30 folgt

V (DT ) = V0(1+3aDT +O(DT 2))

⇡ V0(1+3aDT ).

Der Volumenausdehnungskoeffizient ist also ein-fach der dreifache lineare Ausdehnungskoeffizient.Bei Flüssigkeiten und Gasen existiert kein linearerAusdehnungskoeffizient, aber ein Volumenausdeh-nungskoeffizient. Bei Gasen ist dieser um mehre-re Größenordnungen höher als bei Festkörpern undFlüssigkeiten (kondensierter Materie).

Die meisten Stoffe dehnen sich mit zunehmenderTemperatur monoton aus. Eine der wenigen Ausnah-men ist Wasser. Hier erreicht die Dichte ein Maxi-mum bei 4 Grad Celsius, wie in Abb. 3.8 gezeigt.

Dies führt unter anderem dazu, dass die Temperaturvon tiefen Gewässern unten meist in der Nähe von 4Grad liegt.

1,0004

1,00° 4° T [°C]

Volu

men

[cm

3 ]

von

1 g

Was

ser

Abbildung 3.8: Volumenausdehnung von Wasser.

Eine weitere Anomalie ist, dass beim Wasser derFestkörper (Eis) eine geringere Dichte aufweist, alsdie Flüssigkeit. Dies führt unter anderem dazu, dassSeen oder Meere meist nur oberflächlich zufrieren,weil das Eis auf dem Wasser schwimmt. Durch dieVergrößerung des Volumens beim Einfrieren kann esaußerdem dazu kommen, dass der Behälter, indemsich das Wasser befindet, gesprengt wird.

3.2 Gastheorie

3.2.1 Gase

Die Äquivalenz zwischen Wärme und anderen Ener-gieformen lässt sich relativ leicht anhand der kine-tischen Gastheorie diskutieren. Anhand des Modellseines idealen Gases können die wichtigsten thermo-dynamischen Größen auf die mechanischen Eigen-schaften der darin enthaltenen Bestandteile (Atome,Moleküle) zurückgeführt werden. Für diese Art derBetrachtung ist es wesentlich, wie groß die Zahl derTeilchen ist; für große Zahlen können mit guter Ge-nauigkeit Mittelwerte verwendet werden.

Abbildung 3.9: Atome und Moleküle als Bestandtei-le von Gasen.

Mikroskopische gesehen bestehen Gase aus atoma-ren und molekularen Bestandteilen, wie in Abb. 3.9

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3 Wärmelehre und Thermodynamik

gezeigt. Wichtig für die folgenden Betrachtungen istdie Stoffmenge. Im SI-System ist die Basiseinheitfür die Stoffmenge das Mol. 1 Mol enthält dabei im-mer

NA = 6,022045 ·1023 MolekuleMol

� 1

Teilchen. NA, die Avogadro-Zahl bezeichnet also dieAnzahl Atome oder Moleküle pro Mol; sie wird auchals Loschmidt-Zahl NL bezeichnet. Ein Mol hat eineMasse von n Gramm, wenn n die Masse der Konsti-tuenten in atomaren Masseneinheit bezeichnet.

Beispiele: 1 Mol 4He hat eine Masse von 4g, 1 Mol238U hat eine Masse von 238 g.

3.2.2 Das ideale Gas

Abbildung 3.10: Modell eines idealen Gases.

Ein einfaches Modell für ein thermodynamischesSystem ist das des idealen Gases. Das System be-steht aus N � 1 Teilchen (Atome oder Moleküle),deren Struktur keine Rolle spielt. Es finden Stöße mitder Wand und untereinander statt. Die Beschreibungdes Systems durch die 3N Koordinaten der Teilchenist wegen N ⇡ NA nicht sinnvoll. Es müssen geeig-nete statistische Größen und deren Mittelwerte de-finiert werden. Das wichtigste Modellsystem ist dassog. “ideale Gas”, das sich in einem abgeschlosse-nen Volumen V befindet, wie in Abb. 3.10.

Bei der Behandlung des idealen Gases werden fol-gende Annahmen gemacht:

1. Es gelten die Gesetze der klassischen Mechanik,d.h. die Newton’schen Axiome. Insbesondere sindalle auftretenden Geschwindigkeiten sehr klein ge-gen die Lichtgeschwindigkeit: v ⇡ 1000 m/s ⌧ c =300000 km/s und die kinetische Energie der Teilchenist groß im Vergleich zu ihrer potentiellen Energie,

E 1Tkin � E 1T

pot .

Der obere Index 1T gibt an, dass sich das auf ein Teil-chen bezieht.

2. Die Teilchenzahl ist sehr groß, N � 1.

3. Der mittlere Abstand der Teilchen untereinanderist groß gegen den Durchmesser der Teilchen, d.h.die Ausdehnung der Teilchen ist vernachlässigbar.

4. Die Wechselwirkung zwischen den Gasteilchenkann ebenfalls vernachlässigt werden. Für jedesTeilchen gilt:

Ekin � Epot

Die Gasteilchen führen also im wesentlichen nur ela-stische Stöße untereinander und mit den Wänden ih-rer Umgebung aus. Ihre mittlere kinetische Energiebeträgt

hE 1Tkin i =

12hmv2i.

Für ein ideales Gas ist die mittlere Energie propor-tional zur Temperatur,

hE 1Tkin i =

12hmv2i =

32

kBT.

Die Proportionalitätskonstante ist die Boltzmann-Konstante

kB = 1,38 ·10�23 JK

.

Multipliziert man diese mit der Avogadrozahl, so er-hält man die allgemeine Gaskonstante

R = kBNA = kBNL = 8,31J

MolK.

Diese mittlere kinetische Energie ist unabhängig vonder Masse der Teilchen. Sie kann u.a. auch direkt be-obachtet werden, also Brown’sche Molekularbewe-gung.

3.2.3 Druck

Es finden elastische Stöße mit der Wand und unter-einander statt. Die Gasteilchen (Atome oder Mole-küle) haben eine bestimmte kinetische Energie und

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3 Wärmelehre und Thermodynamik

x

Stempel Fläche A

⊥F

Gasmoleküle

Zylinder

Abbildung 3.11: Molekulare Stöße erzeugen Druckauf die Wände.

damit einen Impuls. Beim Aufprall auf die Wandwird eine Kraft erzeugt.

Auf Grund der Brown’schen Molekularbewegungstoßen die Teilchen gegen die Wände, wie in Abb.3.11 gezeigt. Die gemittelte Kraft, welche durch die-se Stöße entsteht, entspricht dem Druck des Gases.Dieser Druck wächst mit der Temperatur.

Stahlkugeln

Bewegliche Zylinderplatte

Abbildung 3.12: Modell eines Gases. Die Gasmole-küle werden durch Stahlkugeln si-muliert.

Dies kann in einem Modell mit Stahlkugeln simuliertwerden, wie in Abb. 3.12 gezeigt.

Für die formale Beschreibung betrachtet man ein mitGasmolekülen gefülltes Volumen V . Die Teilchenhaben bei Zimmertemperatur typische Geschwindig-keiten von einigen hundert m/s und stoßen elastischmit der das Volumen begrenzenden Wand. Einen be-weglichen Kolben muss man daher mit einer von au-ßen wirkenden Kraft im Gleichgewicht halten und es

gilt

F? = pA.

Der Gasdruck p entsteht also durch die große Anzahlmikroskopischer Impulsüberträge auf die Wand. Dadie Masse der Wand sehr viel größer ist als die Masseder einzelnen Moleküle, kann man nur den gemittel-ten Effekt messen.

Die Richtung der Gasteilchen und ihre Geschwin-digkeit sind statistisch verteilt. Der Druck ergibtsich dann als Summe über alle zur Wand senkrech-ten Impulsüberträge beim Stoß. Kollidiert ein Teil-chen elastisch mit der Wand, so ändert sich die x-Komponente seiner Geschwindigkeit zu v

0x = �vx.

Die Kraft auf die Wand ergibt sich als das Produktdieses Impulsübertrags mit der Anzahl Stöße pro Se-kunde.

Um die Zahl der Teilchen zu berechnen, welche proZeiteinheit mit der Wand stoßen, betrachtet man ei-ne Schicht der Dicke s auf der Wand. Darin befindensich im Schnitt N Gasatome. Die Hälfte dieser Ato-me bewegt sich in Richtung der Wand mit Fläche Aund trifft diese im Schnitt in der Zeit Dt = s/vx. DieTeilchendichte im Gas ist

n =NV

=NsA

=N

vx Dt A.

Beim Stoß der Teilchen mit der Wand wird die Nor-malkomponente p des Impulses invertiert. Die Kraftauf den Kolben ist gegeben durch die Impulsände-rung Dpx = 2px = 2mvx pro Zeit Dt, multipliziert mitder Zahl N/2 der Teilchen, die sich in Richtung aufdie Wand bewegen:

Fges =N2

Dpx

Dt= nvx Dt A

mvx

Dt

= nAmv2x = 2nA(

12

mv2x).

Der Ausdruck in Klammern ist proportional zur ki-netischen Energie eines Teilchens:

E 1Tkin =

m2

(v2x + v2

y + v2z ) =

32

mv2x =

32

kBT. (3.2)

Beim zweiten Schritt wurde berücksichtigt, dass dieGeschwindigkeiten isotrop sind, dass also die Mittel-werte für alle drei Richtungen gleich sind. Die Tem-peratur ist, wie bei der Definition (3.1) die absolute

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3 Wärmelehre und Thermodynamik

Temperatur.1 Somit ist

Fges =23

nAE 1Tkin .

Daraus ergibt sich der Druck

p =Fges

A=

23

nE 1Tkin .

3.2.4 Zustandsgleichung

Die kinetische Energie eines idealen Gases ent-spricht seiner inneren Energie U . Mit n = N/V und(3.2) entspricht dies

pV =23

N E 1kin = N kBT = nRT, (3.3)

mit n = N/NA der Anzahl Mol und der allgemeinenGaskonstanten

R = NAkB = 8,31J

MolK.

0° C

V

T-273° C

Extrapolation: V→0 für T→-273oC

Abbildung 3.13: Abnahme des Gasvolumens mit derTemperatur.

Die idealeGasgleichung 3.3 sagt aus, dass das Vo-lumen einer Gasmenge proportional zur Tempera-tur sein sollte. Wie (3.13) zeigt, entspricht das auchdem tatsächlichen Verhalten: Für viele Gase ist dieAbnahme mit der Temperatur näherungsweise line-ar. Extrapoliert man die gemessenen Daten zu tiefenTemperaturen, so findet man, dass das Volumen bei

1Allgemein gilt, dass die thermische Energie pro Freiheitsgrad(z.B. Translation, Vibration, Rotation) den Betrag kBT/2hat.

etwa -273�C verschwinden würde. Dies ist der Null-punkt für die absolute Temperaturskala, gemessen inKelvin (K).

Diese Gleichung gilt in guter Näherung nur für

• einatomige Gase (z.B. Edelgase wie He, Ne,Ar)

• mittlere Temperaturen, etwa Zimmertempera-tur. Beim absoluten Nullpunkt verflüssigen Ga-se, bei Temperaturen > 1000°C ionisieren sie.

Die Zustandsgleichung des idealen Gases kann auchgeschrieben werden als

pV = const.

In dieser Form wird es als Boyle-Mariotte Gesetz be-zeichnet.

3.3 Wärme

3.3.1 Wärmemenge, Wärmeäquivalent

Reibung reduziert mechanische Energie. Dabei er-wärmt sich das System entsprechend. Messungenzeigen, dass die mechanische Energie, die an einemSystem verrichtet wird, wird unter Reibung vollstän-dig in Wärmeenergie umgewandelt. Die an den Kör-per übertragene Wärmemenge DQ ist proportionalzur Masse m und proportional zur Temperaturände-rung DT :

DQ = cmDT

mit der spezifischen Wäremekapazität

c =DQ

mDT.

Sie hängt von dem verwendeten Material ab. DieWärmemenge wird wie die Energie in Joule gemes-sen. Historisch wird teilweise noch die Calorie (cal)verwendet, mit

1cal = 4,184J.

Damit kann das Experiment, welches in Abb. 3.1 ge-zeigt ist, quantitativ analysiert werden. Die gezeigte

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3 Wärmelehre und Thermodynamik

Trommel aus Kupfer ist mit Wasser gefüllt und vonmehreren Windungen einer Kupferlitze umwickelt,die mit einer Masse m im Erdschwerefeld belastetist. Die Trommel kann nun mit einem Handrad rela-tiv zu den Windungen der Litze gedreht werden, wo-bei die notwendige Kraft der Gewichtskraft mg ent-spricht. Die geleistete mechanische Arbeit W wirdüber die Reibung in die Wärmemenge Q umgesetzt,die zu einer Temperaturerhöhung des Systems führt,die über ein Thermometer gemessen werden kann.Bei n Umdrehungen wird ein Weg 2pRn zurückge-legt. Bei einer Masse von m = 5 kg und n=100 Um-drehungen und einem Radius R=2,32 cm der Trom-mel beträgt die mechanische Arbeit

W = mg2pRn = 715J. (3.4)

Die erzeugte Wärmemenge Q kann geschrieben wer-den als das Produkt der Masse, der Temperaturände-rung DT und der Wärmekapazität c. Im Experimentwerden zwei Stoffarten erwärmt, Wasser und Kup-fer. Deshalb ist die erzeugte Wärmemenge

Q = (mCucCu +mW cW )DT

= (0,125 · 385JK

+0,06 · 4160JK

)2,4K

= 722J.

Dies ist in guter Übereinstimmung mit dem Wert(3.4) aus der mechanischen Arbeit. Somit geht diemechanische Energie nicht verloren, sie wird umge-wandelt in Wärme. Dies berücksichtigt man in einenerweiterten Energiesatz:

E = Ekin +Epot +Q =const.

3.3.2 Wärmekapazität

Die Wärmekapazität C eines Körpers gibt an, wieviel Wärme dQ zugeführt werden muss, damit dieTemperatur des Körpers um einen Betrag dT an-steigt. Sie ist deshalb auch eine wichtige Größe umvon der messbaren Größe Temperatur auf die enthal-tene Wärmemenge zu schließen, welche eine Erhal-tungsgröße darstellt. Die Wärmekapazität ist propor-tional zur Masse des Körpers. Man tabelliert deshalbdie spezifische Wärmekapazität c = C/m.

spez

ifisc

he W

ärm

ekap

azitä

t c [J

/kg.

K]

Abbildung 3.14: Spezifische Wärmekapazität unter-schiedlicher Materialien.

Abb. 3.14 zeigt die spezifische Wärmekapazität ei-niger Materialien.

Neben der Wärmeenergie, welche in eine Erhöhungder Temperatur fließt, können Stoffe unter bestimm-ten Bedingungen auch Wärme aufnehmen, um ih-ren Aggregatzustand zu ändern. Dies geschieht z.B.beim Übergang von einem Festkörper zu einer Flüs-sigkeit oder von einer Flüssigkeit zu einem Gas.Diese Wärme wird als latente Wärme bezeichnetund kann sowohl aufgenommen, wie auch abgege-ben werden. Da auch diese Wärmemenge proportio-nal zur Masse ist, wird sie über eine Wärmekapazitätclatent quantifiziert:

clatent =DQm

.

In diesem Fall wird die Wärme nicht für die Erhö-hung der Temperatur verwendet, sondern für die Än-derung des Aggregatzustandes. Da hier keine Tem-peraturänderung stattfindet, fällt die Temperaturän-derung im Nenner weg. Für das Verdampfen vonWasser beträgt z.B. cVerd.,H2O=2,26 MJ/kg. Dies ent-spricht etwa der fünffachen Wärmemenge, welchebenötigt wird, um Wasser von 0 auf 100 �C zu er-wärmen. Abbildung 3.15 zeigt entsprechende Daten:Eine Wasserprobe wird zunächst mit Eis auf 0 �C ab-gekühlt und danach mit konstanter Heizrate erhitzt.Die Temperatur der Probe bleibt zunächst konstant,bis alles Eis geschmolzen ist. Danach nimmt sie zubis der Siedepunkt erreicht ist.

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3 Wärmelehre und ThermodynamikZe

it

Temperatur0 oC 100 oC

Abbildung 3.15: Temperatur von Wasser bei kon-stanter Heizrate.

3.3.3 Anwendungsbeispiele

Abbildung 3.16: Umwandlung von potenziellerEnergie in Wärme.

Aus welcher Höhe h müßte man in eine Badewan-ne springen, damit sich das darin befindliche Wasserum DT = 1�C erwärmt ? (! Abb. 3.16) Energieer-haltung ergibt

Epot = mPersongh = Q = mWassercWasserDT.

Auflösen nach der Höhe ergibt

h =mWasser

mPerson

cWasserDTg

=mWasser

mPerson

4186J/(kgK) ·1K9,81m/s2 .

Für mWasser = mPerson erhält man h = 426 m, wo-bei die Reibungsverluste durch den Luftwiderstandnicht berücksichtig wurden.

Abb. 3.2 zeigt ein Rohr, welches ein Bleigranulatenthält. Das Granulat wird wiederholt im Rohr fallengelassen. Die mechanische Energie der Bleikugelnwird dabei in Wärme umgewandelt. Das Rohr ent-hält 1 kg Granulat, und dieses wird n Mal aus einerHöhe h=1 m fallen gelassen. Die gesamte mechani-sche Energie beträgt damit

DEpot = nmgh = n9,81J ⇡ 500J,

für m=1kg, h=1m und n=50. Gemessen wird eineTemperaturerhöhung von 1,8 Grad, was einer Wär-memenge von

DQ = mcPbDT = DT 129J/K = 232J

entspricht, mit der Wärmekapazität cPb=129J/(K·kg). Offenbar ist ein Teil der Wärme auf dasRohr und die Luft übertragen worden.

3.3.4 Wärmetransport

Wärme ist ungeordnete Molekülbewegung: die Mo-leküle bewegen sich translatorisch wie auch rota-torisch und enthalten deshalb Energie. Diese Ener-gie wird als Wärmeenergie gemessen und kann auchzwischen Molekülen oder über längere Distanzenübertragen werden. Die Gesetze dieser Übertragunggelten auch für viele andere Vorgänge.

Wärmeenergie kann übertragen werden durch

• Wärmeströmung: Transport von Materie, dieWärme enthält. Beispiel: Warmwasserheizung

• Wärmestrahlung

• Wärmeleitung

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3 Wärmelehre und Thermodynamik

Heizkessel

Heizung

Abbildung 3.17: Wärmetransport in einer Warm-wasserheizung.

Wärmestrahlung ist elektromagnetischer Natur, wiedas Licht. Sie ermöglicht die Abgabe von Wärmeauch im Vakuum (Beispiel: Sonne). Diese Abgabeist nur von der Temperatur des strahlenden Körpersabhängig, aber für die Energiebilanz ist auch dieRückstrahlung der Umgebung wichtig.

Wärmeströmung setzt makroskopische Bewegungenin der Flüssigkeit oder dem Gas voraus, deren Wär-meinhalt so an andere Stellen transportiert wird.Wärmeleitung erfolgt nur in Materie, ist aber nichtmit deren makroskopischer Bewegung verbunden,sondern nur mit Energieübertragung durch Stöße.

3.3.5 Wärmeleitung

T2 < T1

Wärmestrom I

Wärmeleiter (z.B. Cu, Ag)

T1 T2

heiss

kalt

Abbildung 3.18: Wärmetransport durch Wärme-leitung.

Wärmeleitung tritt dann auf, wenn die Temperaturnicht homogen ist, wie z.B. in Abb. 3.18. Sie ist sogerichtet, dass sie zu einer Verringerung des Tempe-raturgefälles führt. Dabei wird zwischen stationären

und nichtstationären Problemen unterschieden. Sta-tionäre Probleme werden durch inhomogene Rand-bedingungen charakterisiert, nichtstationäre durcheine inhomogene Anfangsbedingung. InhomogeneRandbedingungen können durch Wärmequellen wiez. B. Heizdrähte erzeugt werden. Negative Wärme-quellen oder Senken sind Stellen, wo Wärme in an-dere Energieformen überführt wird, z. B. in chemi-sche Energie, Verdampfungs- oder Schmelzenergie.Zwischen Quellen und Senken kann sich dann einestationäre Temperaturverteilung einstellen.

Abbildung 3.19: Schematischer Mechanismus derWärmeleitung.

Auf mikroskopischer Ebene tragen unterschiedlicheMechanismen zur Wärmeleitung bei (! Abb. 3.19).Die wichtigsten sind frei bewegliche Elektronen inMetallen und Schwingungen von Atomen.

Phänomenologisch kann die Übertragung von Wär-me quantifiziert werden durch die Wärmestromdich-te

~j =dPQ

dA~n.

Sie beschreibt die Menge an Wärmeenergie, die proZeiteinheit durch ein Flächenelement dA mit Nor-malenvektor~n fließt und hat demnach die Einheit

[~j] =Wm2 .

Betrag und Richtung der Wärmestromdichte ~j sinddabei durch den Gradienten der Temperatur und dieWärmeleitfähigkeit l des Materials gegeben,

~j = �l

~—T. (3.5)

Der Wärmestrom zeigt dabei immer in Richtung dersinkenden Temperatur und nimmt mit zunehmender

122

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3 Wärmelehre und Thermodynamik

Wärmestrom

~j = ��~�T

Tem

pera

tur

Ort

Abbildung 3.20: Abhängigkeit des Wärmestromsvon der Temperaturverteilung.

Steilheit der Temperaturverteilung zu, wie in Abb.3.20 gezeigt.

3.3.6 Wärmeleitfähigkeit

Die Wärmeleitfähigkeit l ist eine temperaturabhän-gige Stoffkonstante und hat die Einheit

[l ] =W

K ·m.

Stoff T[�C]

l⇥ Wm·K

⇤ Mechanismus

Silber 0 420 FreieElektronen

Kupfer 50 390 FreieElektronen

Quarzglas 50 1,4 Gitterschwing-ungen

Luft 0 0,024 StößeWasser 0 0,54 DiffusionGewebe 37 0,1-0,2 Diffusion,

KonvektionVakuum Strahlung

Tabelle 3.1: Wärmeleitfähigkeit und Mechanismusder Wärmeleitung für verschiedeneStoffe.

Tabelle 3.1 vergleicht die Wärmeleitfähigkeitskoef-fizienten für einige Materialien. Allgemein sind Me-talle gute Wärmeleiter, wobei der Wärmeleitkoeffi-zient stark mit der elektrischen Leitfähigkeit korre-liert. In diesen Materialien wird die Wärme primär

über freie Elektronen übertragen. Elektrische Iso-latoren wie z.B. Glas leiten um mehrere Größen-ordnungen schlechter. Hier sind Gitterschwingungen(Phononen) für den Transport verantwortlich. In Ga-sen ist der Wärmeleitkoeffizient nochmals deutlichgeringer. In diesem Fall wird die Energie vor allemdurch molekulare Stoßprozesse übertragen. In Was-ser und anderen Flüssigkeiten wird die Wärme durchmolekulare Diffusion übertragen.

Abbildung 3.21: Messung der Wärmeleitfähigkeitvon unterschiedlichen Metallen.

Im Experiment von Abb. 3.21 wird die Wärmeleitfä-higkeit von 4 Stäben verglichen. Die Literaturwertefür die thermische Leitfähigkeit der Materialien sind

Material Cu Al MS PbWärmeleitkoeffizient

l

⇥ Wm·K

⇤ 379 220 128 34

Je höher die Wärmeleitfähigkeit, desto schnellererreicht die Spitze des entsprechenden Stabes dieSchmelztemperatur des Wachses, mit dem jeweilseine Stahlkugel daran geklebt ist. Ist die Schmelz-temperatur erreicht, fällt die entsprechende Kugelhinunter. Die beobachtete Reihenfolge entspricht derReihenfolge der Wärmeleitfähigkeiten in abnehmen-der Richtung.

Die unterschiedliche thermische Leitfähigkeit hatviele praktische Konsequenzen. So ist eine gerin-ge thermische Leitfähigkeit die wichtigste Voraus-setzung für eine warme Kleidung. Schweiß kanndie Leitfähigkeit deutlich erhöhen und so, nicht nurdurch die Verdunstung, zu einer Abkühlung führen.Weil Wasser eine deutlich höhere Leitfähigkeit alsLuft besitzt, kühlt man beim Schwimmen deutlichschneller aus als an der Luft. Metalle fühlen sich

123

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3 Wärmelehre und Thermodynamik

wegen der hohen thermischen Leitfähigkeit auch be-sonders kalt (oder heiß) an.

kaltes Reservoirheißes Reservoir

T1 = 100 oC

A

`

Ort

Tem

pera

tur

T2 = 0 oC

Abbildung 3.22: Wärme wird über einen Stab zwi-schen 2 Wärmereservoiren übertra-gen.

Wir betrachten als einfaches Beispiel die Wärme-leitung entlang eines Stabes mit Querschnitt A undLänge `. Der Stab sei homogen, so dass die darintransportierte Wärmeleistung als Produkt aus Wär-mestromdichte j und Querschnittsfläche A berechnetwerden kann:

PQ = j A = Al

T1 �T2

`, (3.6)

mit j = |~j| dem Betrag der Wärmestromdichte.Die Wärmeleistung ist also proportional zum Quer-schnitt des Stabes und zur Temperaturdifferenz, so-wie indirekt proportional zur Länge. Wie in Abb.3.22 gezeigt, bildet sich im stationären Gleichge-wicht eine lineare Temperaturverteilung entlang desStabes aus.

3.3.7 Wärmewiderstand

In Analogie zum Ohm’schen Gesetz I = V/R fürdie Leitung von Strom spricht man bei dieser Pro-portionalität auch gerne von einem Wärmewider-stand: Die transportierte Wärmemenge pro Zeit (derWärmestrom) ist proportional zur Temperaturdiffe-renz (der Wärmespannung) und indirekt proportio-nal zum Wärmewiderstand RQ:

PQ =T1 �T2

RQ. (3.7)

Der Vergleich der beiden Ausdrücke (3.6) und (3.7)ergibt

RQ =`

Al

= rQ`

A, [RQ] =

KW

.

Der Wärmewiderstand ist allgemein das Produkt ausder Materialkonstanten rQ = 1/l und dem geome-trischen Faktor `/A.

T1

T2

T1 T2RQ1 RQ2

Ort xTe

mpe

ratu

r T

Abbildung 3.23: Reihenschaltung von Wärmewider-ständen.

Für Wärmewiderstände gelten die gleichen Rechen-regeln wie für elektrische Widerstände: man kann siein Reihe oder parallel anordnen. Bei einer Reihen-schaltung (! Abb. 3.23; z.B. verschiedene Schich-ten von Kleidungsstücken) muss im stationären Fallder Wärmestrom durch zwei aufeinander folgendeSchichten gleich sein, PQ1 = PQ2. Somit gilt

PQ1 =T1 �T3

RQ1= PQ2 =

T3 �T2

RQ2

= PQ =T1 �T2

RsQ

.

Hier ist T3 die Temperatur zwischen den beidenSchichten und Rs

Q der Widerstand der Reihenschal-tung. Wir können sie bestimmen aus PQ1 = PQ2 = PQ:

T3 =RQ2T1 +RQ1T2

RQ1 +RQ2.

Sie entspricht somit einem gewichteten Mittelwert.Einsetzen in PQ1 oder PQ2 ergibt den Ausdruck für

124

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3 Wärmelehre und Thermodynamik

PQ, z.B.

PQ =T1 �T3

RQ1=

T1

RQ1� RQ2T1 +RQ1T2

RQ1(RQ1 +RQ2)

=1

RQ1

✓T1(1� RQ2

RQ1 +RQ2)

� T2RQ1

(RQ1 +RQ2)

◆=

T1 �T2

RQ1 +RQ2=

T1 �T2

RsQ

und damit den Gesamtwiderstand

RsQ = RQ1 +RQ2.

Somit addieren sich in der Reihenschaltung die Wi-derstände, wie beim elektrischen Widerstand. Diesnutzt man z.B. wenn man mehrere Kleidungsschich-ten verwendet, um sich warm zu halten.

T1

T2

T1 T2RQ1

RQ2

Ort x

Tem

pera

tur T

Abbildung 3.24: Parallelschaltung von Wärmewi-derständen.

Bei Parallelschaltung (! Abb. 3.24) addieren sichdie Wärmeströme durch die beiden Leiter, PQ =PQ1 +PQ2 und damit ihre Leitwerte:

1Rp

Q=

1RQ1

+1

RQ2.

3.3.8 Wärmeleitungsgleichung

Da Energie eine Erhaltungsgröße ist, gilt für dieÜbertragung von Energie eine Kontinuitätsglei-chung. Wärme ist im Allgemeinen keine Erhaltungs-größe, da sie in andere Energieformen umgewandeltoder daraus erzeugt werden kann. Wir beschränkenuns hier jedoch auf Systeme, in denen keine solchen

Umwandlungsprozesse stattfinden, so dass auch fürdie Wärmeenergie eine Kontinuitätsgleichung gilt:strömt mehr Energie in ein Volumenelement hineinals hinaus, so ändert sich die darin enthaltene Wär-meenergie und damit seine Temperatur:

~— ·~j dV = �∂Q∂ t

. (3.8)

Die Divergenz ~— ·~j des Wärmestroms ist die Dif-ferenz zwischen der in das Volumenelement hin-einfließenden und der herausfließenden Wärme. ∂Qdie Änderung der im Volumenelement dV enthalteneWärmeenergie. Die Wärmeänderung kann über dieWärmekapazität

C =dQdT

= r cdV,

oder die spezifische Wärmekapazität c auf eine Tem-peraturänderung zurückgeführt werden. Damit er-hält man ausGleichung (3.8)

~— ·~j = �∂Q∂T

1dV

∂T∂ t

= �r c∂T∂ t

.

Mit Hilfe von Gleichung (3.5) für die Wärmestrom-dichte erhalten wir daraus die allgemeine Wärmelei-tungsgleichung

∂T (~r, t)∂ t

= � 1r c

~— ·~j =l

r c~— ·~—T (~r, t)(3.9)

= DwDT (~r, t).

Hier bezeichnet

Dw =l

r cden Wärmeleitungskoeffizienten, welcher dem Dif-fusionskoeffizienten entspricht.

Die Wärmeleitungsgleichung (3.9) sagt, dass dieTemperaturänderung proportional zur Krümmungder Temperaturverteilung ist. Wie in Abb. 3.25 ge-zeigt, steigt die Temperatur somit in Bereichen mitpositiver Krümmung und sinkt in Bereichen nega-tiver Krümmung. Dies entspricht den Erwartungenaus der Kontinuitätsbedingung: in Bereichen positi-ver Krümmung fließt mehr Wärme hinein als hin-aus und umgekehrt in Bereichen negativer Krüm-mung. Dies führt dazu, dass die Krümmungen redu-ziert werden. Im stationären Fall wird die Tempe-raturverteilung bei einem eindimensionalen Systemlinear.

125

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3 Wärmelehre und Thermodynamik

Ort

Temperatur

Abbildung 3.25: Abhängigkeit der Temperaturände-rung von der Temperaturverteilung.

3.3.9 Wärmeleitung in 1D

Ein effektiv eindimensionales System erhält manauch bei der Diskussion des Wärmetransfers durcheine Wand. Dabei nimmt man an, dass das Systemin y- und z-Richtung homogen ist. Dadurch reduziertsich die Wärmeleitungsgleichung (3.9) auf

∂T (x, t)∂ t

=l

r c∂

2T (x, t)∂x2 . (3.10)

Abbildung 3.26: Wärmeleitung durch Mauer als 1DProblem.

Die stationäre Lösung, d.h. die Lösung der Glei-chung

∂T (x)∂ t

= 0 =l

r c∂

2T (x)∂x2 ,

erhält man z.B. durch zweimalige Integration:

Tst(x) = A+Bx.

Die beiden Konstanten ergeben sich aus den in Abb.3.26 dargestellten Randbedingungen: Die Tempera-tur bei x = 0 soll T1 sein, bei x = L T2.

Tst(0) = T1 = A

und

Tst(L) = T2 = T1 +BL.

Auflösen nach B ergibt

B =T2 �T1

L.

Somit ist die Temperaturverteilung linear,

Tst(x, t) = T1 +T2 �T1

Lx.

3.4 Thermodynamik

3.4.1 Der 1. Hauptsatz

Aus der Mechanik ist bekannt, dass

In rein mechanischen Systemen ist die Summeaus kinetischer und potentieller Energie kon-stant.

Oder mathematisch:

Etot = Ekin +Upot = const.

Die Umwandlung von mechanischer Energie inWärme widerspricht diesem Satz. Er muss deshalberweitert werden. Für ein abgeschlossenes Systemfindet man den ersten Hauptsatz der Thermodyna-mik:

1. Hauptsatz der ThermodynamikDie totale Energie U (innere Energie) eines ab-geschlossenen Systems ist konstant, dU= 0.

Findet ein Austausch von Wärme dQ oder mecha-nischer Arbeit dW statt, so ändert sich die Gesamt-energie um

dU = dQ+dW.

Innerhalb von abgeschlossenen Systemen kann Wär-me in Arbeit umgewandelt werden. Dann gilt somit

dQ = �dW.

Bemerkungen:

126

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3 Wärmelehre und Thermodynamik

• Der 1. Hauptsatz der Thermodynamik ent-spricht dem Satz von der Erhaltung der Energie.Äquivalent wäre also die Formulierung:

Eges = Ekin +Epot +Q = const.

für abgeschlossene Systeme.

• Die folgende Vorzeichenkonvention soll gelten:Alles, was in das System hineingeht, wird posi-tiv gezählt, alles was rauskommt negativ. Wennam System Arbeit geleistet oder Wärme hinein-gesteckt wird, dann gilt dW > 0, dQ > 0; leistetdas System Arbeit oder gibt es Wärme ab, dannist dW < 0, dQ < 0.

• Die Energieerhaltung wird als fundamentalesPrinzip in der Natur angesehen. Sie gilt sowohlim Mikrokosmos als auch makroskopisch. Siegilt auch für Energieformen, die erst später be-handelt werden (z.B. chemische Energie, Ener-gie des elektromagnetischen Feldes etc.).

3.4.2 Arbeit und Weg

p

V

Weg 2

Weg 1

W

A

B

A

dx

Kraft F

Abbildung 3.27: Links: Eine Kraft F leistet eine Ar-beit dW wenn der Kolben eine Di-stanz dx zurücklegt. Rechts: DieArbeit hängt i.A. vom zurückgeleg-ten Weg ab.

Während einer Zustandsänderung kann das SystemArbeit verrichten. Abb. 3.27 zeigt ein Beispiel: Ei-ne Kraft F drückt auf den Kolben eines Zylinders,in dem ein Druck p herrscht. Diese Kraft muss dieDruckkraft pA kompensieren können, um den Kol-ben zu bewegen. Für einen infinitesimalen Weg dxwird demnach am System die Arbeit

dW = F dx = �pAdx = �pdV

geleistet. Für einen endlichen Weg ergibt sich die ge-leistete Arbeit

W = �Z B

ApdV.

p

WgesA

B

Weg 1

Weg 2

Volumen V

Dru

ck p

Abbildung 3.28: Kreisprozess.

Wichtig sind häufig Kreisprozesse, bei denen diethermodynamischen Variablen zum Ausgangspunktzurück kommen. Solche spielen für alle zyklischenProzesse, wie sie z.B. in Wärmekraftmaschinen(Dampfmaschine, Verbrennungsmotor) eine Rolle.Abb. 3.28 zeigt einen solchen Kreisprozess in einempV-Diagramm. In diesem Fall ist die während einemZyklus geleistete Arbeit

Wc = �I

pdV.

Bei vielen Prozessen geht man (näherungsweise) da-von aus, dass eine der thermodynamischen Variablenkonstant bleibt. Beispiele umfassen

• Isochore : V =const.

• Isotherme : T =const.

• Isobare : p =const.

• Adiabatische : Q =const. Expandiert ein Gasadiabatisch, so leistet es Arbeit an seiner Umge-bung. Da die Gesamtenergie konstant ist, mussdie geleistete Arbeit aus der thermischen Ener-gie kommen: Das Gas kühlt ab.

Abbildung 3.29 zeigt den Verlauf von 2 solchen Pro-zessen für ein ideales Gas in einer Projektion auf diebeiden anderen thermodynamischen Variablen. Ausder idealen Gasgleichung (3.3) findet man

p(T ) =NkB

VT,

127

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3 Wärmelehre und Thermodynamik

V1

V2

V1 < V2

Dru

ck p

Isochore : V = const.

T1

T2

T1 > T2

Temperatur T Volumen V

Dru

ck p

Isotherme : T = const.

Abbildung 3.29: Isochore im pT -Diagramm undIsotherme im pV -Diagramm.

also p µ T . Entsprechend sind die Isochoren im pT -Diagramm Gerade. Ebenfalls aus der idealen Gas-gleichung erhält man

p(V ) = NkBTV

,

also p µ 1/V . Somit sind die Isothermen im pV -Diagramm Hyperbeln. Schließlich findet man für dieIsobaren

V (T ) = NkBTp.

Somit sind Isobaren im V T -Diagramm ebenfalls Ge-raden.

3.4.3 Der Stirling Motor

Der Stirling Motor ist ein interessantes Beispiel ei-nes zyklischen thermodynamischen Prozesses, wel-cher Wärme in Arbeit umwandelt. Er wurde 1816von Robert Stirling entwickelt. Darin wird ein Ar-beitsgas in einem abgeschlossenen Volumen von au-ßen erhitzt und danach gekühlt. Durch die damit ver-bundene Volumenänderung kann mechanische Ar-beit geleistet werden. Der Stirlingmotor kann mit ei-ner beliebigen äußeren Wärmequelle betrieben wer-den.

Abb. 3.30 zeigt die Funktionsweise eines idealenStirling Motors. Im Experiment wird ein Modell ver-wendet, bei dem zwei Kolben in einem gemeinsa-men Zylinder und auf einer gemeinsamen Kurbel-welle laufen. Der Arbeitskolben nimmt den Druckauf und leitet die resultierende Kraft nach außen, der

T1

T2

T1

T2

OTP

UTP

ArbeitskolbenKühlung

HeizungVerdrängerkolben

Takt 1 Takt 2 Takt 3 Takt 4

Abbildung 3.30: Modell eines idealen Stirling-Motors.

Verdrängerkolben bringt das Gas in Kontakt mit demheißen, resp. dem kalten Wärmebad.

Es finden die folgenden 4 Schritte statt:

1. Der Arbeitskolben steht im oberen Totpunkt(OTP) und der Verdrängerkolben befindet sichdirekt über dem Arbeitskolben. Das Gas wirddurch die Heizung auf die Temperatur T1 ge-bracht und dehnt sich aus. Der Kolben wirdnach unten bewegt.

2. Der Kolben und der Verdrängerkolben errei-chen den unteren Totpunkt (UTP), das Gasbleibt auf T1.

3. Der Verdrängerkolben bewegt sich nach obenund das heiße Gas strömt durch die Bohrun-gen in den unteren gekühlten Zylinderraum undkühlt sich auf T2 ab.

4. Das Gas zieht sich zusammen und der Kolbenbewegt sich nach oben zum OTP. Zum Schlußbewegt sich der Verdrängerkolben wieder nachunten, das Gas strömt in den heißen Zylinder-bereich. Damit ist der Zustand wie zu Beginnwieder erreicht.

Der Kreisprozess (! Abb. 3.31) beinhaltet somitzwei Isothermen und zwei Isochoren. Dabei han-delt es sich um eine Idealisierung. Reale Maschi-nen arbeiten kontinuierlich. Im Experiment wird diesdurch ein Galvanometer an die Wand projiziert.

Entlang der Isochoren (dV = 0) wird keine Arbeitgeleistet. Entlang der Isotherme gilt (aus der idealen

128

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3 Wärmelehre und Thermodynamik

1

4

2

3

1QΔ

2QΔ

V1 V2

T1

T2

Dru

ck p

Volumen V

Isothermen

Isochoren

Abbildung 3.31: pV -Diagramm des Kreisprozessesim Stirling-Motor.

Gasgleichung)

DW =Z V2

V1

p(V )dV = N kBTZ V2

V1

dVV

= N kBT ln✓

V2

V1

◆.

Über den gesamten Zyklus wird somit die Arbeit

DW = DW12 +DW34

= N kB

✓�T1 ln

✓V2

V1

◆+T2 ln

✓V2

V1

◆◆= N kB ln

✓V2

V1

◆(T2 �T1)

geleistet. Dafür wird die Wärme

DQ1 = �DW12

zugeführt. Der Wirkungsgrad ist deshalb

h =geleisteteArbeit

zugefuhrteWarmemenge=

DWDQ1

=T1 �T2

T1.

Der Wirkungsgrad von Wärmekraftmaschinen ist al-so durch die Temperaturdifferenz der beiden Isother-men gegeben. Er ist immer kleiner als 100% (h < 1).

T1 = const.

T2 = const.

0=ΔQ

0=ΔQ

V1 V4 V2 V3

1

4

2

3

1QΔ

2QΔ

Dru

ck p

Volumen V

Abbildung 3.32: Carnot’scher Kreisprozess.

3.4.4 Carnot’scher Kreisprozess

Der Kreisprozess nach Carnot ist eine andere Ideali-sierung einer Wärmekraftmaschine (! Abb. 3.32).

Der wesentliche Unterschied zwischen dem Car-not’schen und dem Stirling-Prozess liegt darin,dass beim Carnot-Prozess zwei Zustandsänderungenadiabatisch erfolgen, statt isochor. Bei adiabatischenZustandsänderungen erfolgt kein Wärmeaustauschmit der Umwelt. Dies ist nur möglich, wenn der Pro-zess genügend schnell erfolgt.

Bei einem idealen Gas erfolgen adiabatische Zu-standsänderungen nach der Gleichung

pV k = const.

Der Exponent

k =f +2

f

mit f = Anzahl der Freiheitsgrade beträgt für ein mo-noatomares Gas ( f = 3) 5/3, für zweiatomige Gasewie Stickstoff, Sauerstoff und Luft 7/2.

Abb. 3.32 zeigt die einzelnen Schritte des Carnot-Prozesses:

1. Isotherme Expansion. Hier ist DT = DU1 = 0.Das System leistet Arbeit. Diese stammt zu100% aus der aus dem heißen Wärmereservoiraufgenommenen Wärmemenge DQ1.

2. Adiabatische Expansion. Hier ist DQ2 = 0. DasSystem leistet Arbeit. Diese stammt zu 100%aus der inneren Energie des Gases.

129

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3 Wärmelehre und Thermodynamik

3. Isotherme Kompression. Hier ist DT = DU3 =0. Am System wird Arbeit geleistet. Diese wirdzu 100% als Wärmemenge DQ3 an das kalteWärmereservoir abgeführt.

4. Adiabatische Kompression. Hier ist DQ4 = 0.Am System wird Arbeit geleistet. Diese tauchtzu 100% als Erhöhung der inneren Energie desGases auf.

Definiert man den Wirkungsgrad h des Kreisprozes-ses als Quotient der von der Maschine abgegebenenArbeit pro Zyklus und der bei der heißen Tempera-tur aufgenommenen Wärmemenge, so kommt manim Fall des idealen Kreisprozesses zu einem über-raschend einfachen Ergebnis. Der Wirkungsgrad desCarnot-Prozesses beträgt

h =�DWDQ1

=T1 �T2

T1< 1.

DW ist die im pV-Diagramm eingeschlossene Flä-che. Der Wirkungsgrad h hängt also ausschließlichvon den Temperaturen der Reservoire ab. Dies stelltdas Optimum dar: Keine Wärme-Kraft-Maschine,die zwischen zwei Wärmespeichern mit T1 < T2 ar-beitet, hat einen größeren Wirkungsgrad als die Car-not’sche. Dies bedeutet, dass bei zyklischen Zu-standsänderungen, also Kreisprozessen, wie sie inMaschinen, Generatoren und Motoren verwendetwerden, eine vollständige Umwandlung von Wärme-energie in mechanische Arbeit nicht gelingt. Ein Teilder bei der hohen Temperatur aufgenommenen Wär-me wird an das kalte Wärmereservoir abgegeben.

3.4.5 Der 2. Hauptsatz

Daraus folgt u.a., dass es nicht möglich ist, Wär-me vollständig in Arbeit umzuwandeln. Dies ist der2. Hauptsatz der Thermodynamik, welcher unter-schiedlich formuliert werden kann.

2. Hauptsatz nach Carnot und Kelvin: Es gibtkeine zyklische thermodynamische Zustands-änderung, deren einzige Wirkung darin besteht,dass eine Wärmemenge einem Energiespeicherentzogen und vollständig in Arbeit umgewan-delt wird.

2. Hauptsatz nach Clausius: Es gibt keine zy-klische thermodynamische Zustandsänderung,deren einzige Wirkung darin besteht, Wärme-menge einem kälteren Wärmespeicher entzo-gen und an einen wärmeren abgegeben wird.

Oder einfacher: “Es gibt kein Perpetuum Mobile 2.Art!”

Die Tatsache, dass es nicht möglich ist, Wärme voll-ständig in Arbeit umzuwandeln, wohl aber das Ge-genteil, kann dahingehend verallgemeinert werden,dass es Prozesse gibt, die nur in eine Richtung ab-laufen können.

p1

p = 0

p2

p2

ja nein!

Abbildung 3.33: Beispiel eines irreversiblen Prozes-ses.

Abb. 3.33 zeigt als Beispiel eines irreversiblen Pro-zesses die Expansion eines Gases in einen leeren Be-hälter. Nach den Gesetzen der Mechanik sind beideRichtungen möglich, aber aus Erfahrung wissen wir,dass dieser Prozess nur von oben nach unten abläuft.

Abb. 3.34 zeigt ein weiteres Beispiel: zwei unter-schiedliche Gase befinden sich zunächst in 2 ge-trennten Behältern. Nach Entfernen der Trennwanderhält man in kurzer Zeit eine homogene Mischung.Der umgekehrte Prozess ist energetisch gesehen ge-nau so gut möglich, wie auch vom Standpunkt der

130

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3 Wärmelehre und Thermodynamik

Abbildung 3.34: Mischung 2er unterschiedlicherGase als irreversibler Prozess.

Mechanik, welche normalerweise symmetrisch be-züglich Zeitumkehr ist. Trotzdem findet erfahrungs-gemäß nur der Prozess von links nach rechts statt.

Bemerkungen zum 2. Hauptsatz der Thermodyna-mik:

• Eine “zyklische thermodynamische Zustands-änderung” wird beispielsweise in Motoren,Dampfmaschinen oder Kühlschränken durch-geführt.

• Man kann also die Energie des Meerwassersnicht nutzen, um ein Schiff mit einem Motoranzutreiben.

• Der 2. Hauptsatz gilt natürlich nur für abge-schlossene Systeme.

• Der 2. Hauptsatz sagt somit, dass Wärme-kraftmaschinen nie verlustfrei arbeiten können.Der Wirkungsgrad ist dabei nicht nur <1, son-dern für alle Wärmekraftmaschinen, die bei ei-ner Temperatur TW arbeiten und ihre Abwär-me an die Umwelt mit der Temperatur TKabgeben auch immer kleiner als der Carnot-Wirkungsgrad: hC = 1�TK/TH .

3.4.6 Entropie

Man kann die Ursache statistisch verstehen: DieGleichverteilung kann durch die größte Anzahlvon Zuständen realisiert werden. Damit ist dieGleichverteilung die Verteilung eines Vielteilchen-systems mit der größten Wahrscheinlichkeit. Prinzi-piell könnte der in Abb. 3.34 gezeigte Prozess auchrückwärts ablaufen, d.h. nach dem Öffnen der Trenn-wand könnten alle grünen Teilchen nach links undalle roten nach rechts zurückwandern. Dieser Vor-gang wäre allerdings schon bei wenigen Teilchen

wie etwa N = 100 so unwahrscheinlich, dass er nichteintritt. Für NA = 6,023 ·1023 Teilchen ist ein solcherVorgang damit ausgeschlossen.

Dies ist der Ansatz für die statistische Thermody-namik, welche hier nicht behandelt, aber kurz ange-sprochen wird. Sie stellt eine quantitative Beziehungzwischen der Wahrscheinlichkeit eines bestimmtenZustands und dessen Entropie als Maß für Ordnungbzw. Unordnung. Ist ein System geordnet, so ist dieWahrscheinlichkeit für deren Realisierung (Anzahlder Realisierungsmöglichkeiten) klein. Unordnungzeichnet sich durch eine Vielzahl von Möglichkeitenaus diesen Zustand zu realisieren. Ein Maß für dieUnordnung eines Zustandes (die WahrscheinlichkeitP diesen Zustand zu realisieren) ist die Entropie S.Statistisch ist sie gegeben als

S = kB lnP

und wegen P 1 immer 0. Für den Fall, dass dieTeilchen sich mit gleicher Wahrscheinlichkeit in 1von 2 Behältern aufhalten können, beträgt die Wahr-scheinlichkeit dafür, dass N Teilchen sich alle in dergleichen Hälfte befinden, p1 = 2�N . Die entspre-chende Entropie ist

S1 = �kBN ln2.

Die Wahrscheinlichkeit für eine Gleichverteilung istfür große Teilchenzahl p2 ⇡ N�1/2. Die entsprechen-de Entropie ist

S2 = �kBp

N ln2.

Für N � 1 ist somit S2 � S1.

Der zweite Hauptsatz sagt im Wesentlichen “Bei ei-nem irreversiblen Prozess nimmt die Entropie einesabgeschlossenen Systems (Universum) zu” und “Beieinem reversiblen Prozess ist die Entropieänderungeines abgeschlossenen Systems (Universum) gleichNull”.

3.4.7 Der 3. Hauptsatz der Thermodynamik

Der 3. Hauptsatz wurde von Walther Nernst2 imJahr 1906 vorgeschlagen und ist auch als Nernst-Theorem bekannt. Er lautet

2Walter Nernst (1864-1941)

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Page 20: 3 Wärmelehre und Thermodynamik · 3 Wärmelehre und Thermodynamik Schüttelrohr Granulat n = 50 ΔT = 2 K Abbildung 3.2: Umwandlung von mechanischer Energie in Wärme in einem Blei-Granulat.

3 Wärmelehre und Thermodynamik

3. Hauptsatz: Es ist nicht möglich, ein Systembis zum absoluten Nullpunkt abzukühlen.

Ausgangspunkt ist, dass der thermodynamischeGleichgewichtszustand am absoluten Nullpunkt einZustand maximaler Ordnung ist, der nur eine Reali-sierungsmöglichkeit hat. Es ist also:

limT!0

S(T ) = 0.

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