1,6-Anhydrofuranosen, XII. Ein Zucker mit Twistbrendangerüst: 1,6: 2,5-Dianhydro-α-L-gulofuranose

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626 P. KBIl, H.-G. John und J. Kopf Liebigs Ann. Chem. 1982, 626 - 638 1 ,fiAnhydrofuranosen, XI1 1) Ein Zucker mit Twistbrendangeriist: 1,6 : 2,5-Dianhydro-a-~- gulofuranose Peter KO11 *a, Hans-Georg John a und Jiirgen Kopf Fachbereich Chemie der Universitat Oldenburga, Postfach 2503, D-2900 Oldenburg Institut fur Anorganische Chemie der Universitat Hamburgb Lingegangen am 4. Mai 1981 -~ - -~ - Die Titelverbindung 9 laRt sich entweder aus der 1 ,~Anhydro-3-O-benzyl-2-O-tosyl-a-~-idofu- ranose (7) oder der 1,6-Anhydro-3-O-benzyl-5-O-tosyl-~-~-mannofuranose (5) durch intramole- kulare Substitution (Kochen mit KOAc in DMF) iiber das Benzylderivat 8 darstellen. 8, 9 und 10 enthalten ein Trioxa-Twistbrendangerust und sind chirale, in 9-Stellung substituierte Derivate des 2,4,7-Trioxatricyclo[4.3.0.0. 3,8]n~nan~. Die Rontgenstrukturanalyse von 9 zeigt, daB sowohl der im System enthaltene 1,3- als auch die 1 ,4-Dioxanringe nahezu ideale Twistboot-Konformationen (Skew-K.) einnehmen, wahrend der Furanose- und der Oxolanring zwischen T und E liegende Konformationen aufweisen. l,&Anhydrofuranoses, XI1 1). - A Twistbrendane Sugar: 1,6: 2,5-Dianhydro-a-~-gulofuranose The title compound 9 is prepared uia the benzyl derivative 8 either from 1,6-anhydro-3-O-benzyI- 2-O-tosyl-cc-~-idofuranose (7) or 1,~anhydro-3-O-benzyl-5-O-tosyl-~-o-mannofuraiiose (5) by KOAc-mediated intermolecular nucleophilic substitution in boiling DMF. 8, 9 and 10 contain a trioxatwistbrendane system and are chiral derivatives of 2,4,7-trioxatricycl0[4.3.0.0~+~]nonane substituted in position 9. X-ray analysis of 9 shows that six-membered rings (13 and 1,4- dioxanes) found in the system adopt almost ideal twist-boat (skew) conformations while the furanose and oxolane rings show conformations intermediate between 7 and E. Sieht man von Epoxiden von Anhydrozuckern ab, sind bisher lediglich zwei weitere Klassen von Dianhydrozuckern bekannt, namlich die 1,4: 3,GDianhydrohexopyranosen mit glum- *) und rnanno-Konfiguration3), sowie die kurzlich von uns dargestellten 1,6: 3,s-Dianhydride der Idose4’ und der Gulose5). Mit der Darstellung der 1,G Anhydro-3-O-benzyl-2-O-tosyl-a-~-idofuranose (7) in vorstehender Arbeit wurde die Moglichkeit eroffnet, eine weitere Reihe von Dianhydriden zu erschliefien, narnlich die 1,6: 2,S-Dianhydrofuranoside, die das unter konformativen Gesichtspunkten interes- sante Twistbrendan-System erhalten. Es wird im folgenden die Darstellung der entspre- chenden L-gulo-Verbindung beschrieben und uber die Ergebnisse einer Rontgenstruk- turanalyse berichtet, die am unsubstituierten Derivat 9 vorgenornmen wurde. @) Verlag Chemie GmbH, D-6940 Wcinheim, 1982 0170-2041/82/0404-0626 ! i 02.50/0

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626 P. KBIl, H.-G. John und J . Kopf

Liebigs Ann. Chem. 1982, 626 - 638

1 ,fiAnhydrofuranosen, XI1 1)

Ein Zucker mit Twistbrendangeriist: 1,6 : 2,5-Dianhydro-a-~- gulofuranose

Peter KO11 *a, Hans-Georg John a und Jiirgen Kopf

Fachbereich Chemie der Universitat Oldenburga, Postfach 2503, D-2900 Oldenburg

Institut fur Anorganische Chemie der Universitat Hamburgb

Lingegangen am 4. Mai 1981

-~ - -~ -

Die Titelverbindung 9 l aR t sich entweder aus der 1 ,~Anhydro-3-O-benzyl-2-O-tosyl-a-~-idofu- ranose (7) oder der 1,6-Anhydro-3-O-benzyl-5-O-tosyl-~-~-mannofuranose (5) durch intramole- kulare Substitution (Kochen mit KOAc in DMF) iiber das Benzylderivat 8 darstellen. 8, 9 und 10 enthalten ein Trioxa-Twistbrendangerust und sind chirale, in 9-Stellung substituierte Derivate des 2,4,7-Trioxatricyclo[4.3.0.0. 3 , 8 ] n ~ n a n ~ . Die Rontgenstrukturanalyse von 9 zeigt, daB sowohl der im System enthaltene 1,3- als auch die 1 ,4-Dioxanringe nahezu ideale Twistboot-Konformationen (Skew-K.) einnehmen, wahrend der Furanose- und der Oxolanring zwischen T und E liegende Konformationen aufweisen.

l,&Anhydrofuranoses, XI1 1). - A Twistbrendane Sugar: 1,6: 2,5-Dianhydro-a-~-gulofuranose

The title compound 9 is prepared uia the benzyl derivative 8 either from 1,6-anhydro-3-O-benzyI- 2-O-tosyl-cc-~-idofuranose (7) or 1,~anhydro-3-O-benzyl-5-O-tosyl-~-o-mannofuraiiose (5) by KOAc-mediated intermolecular nucleophilic substitution in boiling DMF. 8, 9 and 10 contain a trioxatwistbrendane system and are chiral derivatives of 2,4,7-trioxatricycl0[4.3.0.0~+~]nonane substituted in position 9. X-ray analysis of 9 shows that six-membered rings ( 1 3 and 1,4- dioxanes) found in the system adopt almost ideal twist-boat (skew) conformations while the furanose and oxolane rings show conformations intermediate between 7 and E.

Sieht man von Epoxiden von Anhydrozuckern ab, sind bisher lediglich zwei weitere Klassen von Dianhydrozuckern bekannt, namlich die 1,4: 3,GDianhydrohexopyranosen mit glum- *) und rnanno-Konfiguration3), sowie die kurzlich von uns dargestellten 1,6: 3,s-Dianhydride der Idose4’ und der Gulose5). Mit der Darstellung der 1,G Anhydro-3-O-benzyl-2-O-tosyl-a-~-idofuranose (7) in vorstehender Arbeit wurde die Moglichkeit eroffnet, eine weitere Reihe von Dianhydriden zu erschliefien, narnlich die 1,6: 2,S-Dianhydrofuranoside, die das unter konformativen Gesichtspunkten interes- sante Twistbrendan-System erhalten. Es wird im folgenden die Darstellung der entspre- chenden L-gulo-Verbindung beschrieben und uber die Ergebnisse einer Rontgenstruk- turanalyse berichtet, die am unsubstituierten Derivat 9 vorgenornmen wurde.

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Darstellung der 1,6 : 2,5-Dianhydro-a-L-gulofuranose (9)

Wird die 1,6Anhydro-3-O-benzyl-2-0-tosyl-cc-~-idofuranose (7), die in 11 Stufen aus D-Glucose zuganglich istl*@ rnit KOAc in DMF gekocht, so entsteht lediglich ein Reaktionsprodukt, dessen Analyse und NMR-Spektrum (vgl. Tab. 1) dem eines Mono- benzylderivates 8 der Titelverbindung entspricht . 8 ist auch auf einem alternativen Weg erhaltlich. Wird die 1,6Anhydr0-3,5-di-O-benzyl-cc-~-glucofuranose (l), die entspre- chend dem bereits zitierten Ciba-Geigy-Patent in 7 Stufen aus D-Glucose erhalten werden kann, iiber das Keton 2@ in die manno-Verbindung 36) iibergefiihrt, so 1aBt sich selektiv die Benzylgruppe in 5-Stellung abhydrieren I s 6 ) und nachfolgend das entstande- ne Monobenzylat 4a (das zur besseren 'H-NMR-spektroskopischen Charakterisierung auch zu 4b acetyliert wurde) selektiv zum Monotosylat 5 umsetzen. Es entstehen ledig- lich geringe Mengen des Ditosylats 6. Das Monotosylat 5 ergibt ebenfalls beim Kochen rnit KOAc in DMF die Benzylverbindung 8. Die Zahl der Reaktionsstufen ist auf die- sem Wege die gleiche wie auf dem zuvor genannten, so dal3 es von den jeweiligen zu- satzlichen Synthesezielen abhangt, welcher beschritten werden sollte.

Formelschema 1 (Bn = Benzyl)

1 2 3-6

\ OTs

7 6-10

13 La Lb 5 6 R1 H H Ac H Tos R2 Bn H Ac Tos Tos

Ri8n ; h",

Durch katalytische Hydrierung wird aus 8 die freie, gut kristallisierende 1,6: 2,5- Dianhydro-cc-L-gulofuranose (9) erhalten, deren 'H-NMR-Spektrum ebenso wie das des Acetats 10 mit der vorgeschlagenen Struktur in Einklang steht (vgl. Tab. 1). Auffal- lend ist die groBe Zahl von Fernkopplungen, wobei J,,,, J2,4 und J2,5 iiblichen 4J- Kopplungen mit W-Anordnung der koppelnden H-Atome entsprechen, J3,&, aber eine 5J-Kopplung darstellt, die seltener anzutreffen ist. In der Kohlenhydratchemie gibt es relativ wenige Beispiele, interessanterweise auch rnit L-ido-Konfiguration'). Die Anord- nung der koppelnden Protonen entspricht den optimalen geometrischen Anforderun- gen (fragliche Diederwinkel ca. ISOO), wie sie in einer Gleichung von Barfeld und

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Chakrabarti8) gefordert werden, obwohl dies nicht unbedingt fur das Auftreten derarti- ger Kopplungen erforderlich zu sein scheint’). Da die ubrigen normalen 3J- Kopplungskonstanten auch alle klein sind, gestaltete sich die Interpretation der erhalte- nen Spektren als besonders schwierig. Die abschlieoendc Interpretation wurde durch Simulation der Spektren abgesichert, wobei vollige Ubereinstimmung erzielt wurde, zu- satzliche kleinere Fernkopplungen in der Gronenordnung von maximal 0.5 Hz aber wahrscheinlich gcmacht wurden (J,,,,,, J,,5). Neben dem Derivat 9, dessen Twistbren- danstruktur im Formelschema 2 verdeutlicht wird, ist ein weiteres Isomeres denkbar, das ebenfalls ein in 9-Stellung substituiertes 2,4,7-Trioxatricyclo[4.3.0.03~8]nonan dar- stellt, namlich ein solches mit yalucto-Konfiguration. Auch sollte es eine weitere Klasse derartiger Dianhydride geben, namlich die 1,4: 2,&Dianhydrohexopyranoside mit manno- und altro-Konfiguration (vgl. Formelschema 2), jedoch wurden bisher keine derartigen Verbindungen bekannt.

Um weitere Aufschlusse iiber die Molekulgeometrie dieser Dianhydride zu erhalten, wurde an 9 eine Rontgenstrukturanalyse durchgefuhrt.

Formelschema 2

9

Tab. 1. Chemische Verschiebungen (6-Werte, TMS innerer Standard) und Kopplungskonstanten aus den ‘H-NMR-Spektren ausgewahlter Verbindungenal in CI>C13

Verbin- Chemische Verschiebungen dung I-H 2- H 3- H 4-H 5-H hen-H 6ex-H Acetyl

4b 5.34 d 5.04 q 4.31 q 4.40 rn 4.81 m 4.52 q 3.79q 2.10 s, 2.13 s

8 5.05 q 4.45 m 3.90 m 4.34 m 4.24m 4.100 3.87 d 9 5.17 q 4.34m 4.08 rn 4.44111 4.26m 4.180 3.93 d

10 4.74 q 4.26 m 4.54 m 4.12 rn 3.60 rn 3.82 o 3.55 d 1.66s 10 in C,D, 5.24 q 4.64 m 4.80m 4.68 rn 4.31 rn 4.15 o 3.97 d 2.10s

Verbin- Kopplungskonstanten (in Hz) dung J1.2 J2.3 J3.4 J4.5 J5.6en J5,hex J6en. 6ev

4b 4.6 9.0 6.8 = 1.2 3.2 1.2 13.2 8, 9 b ) 2.5 1.3 1.8 3.0 3.2 0 8.4 1 0 C ) 2.4 1.3 1.8 3.0 3.4 0 8.8

a’ Auf die Angabe der Protonensignale der Benzylgruppen wurde verzichtet. - b, Weitere Kopp- lungskonstanten: J , ,4 = 1.6, Jz,4 = 1.4, J2,5 = 1.2, J3 6en = 1 .O Hz. - C) Weitcre Kopplungskon- stanten: J l . 4 = 1.7, J2, , = 1.4, = 1.4, J3,6En = b.9 Hz.

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Tab. 2. Kristallographische und rontgenographische Daten f u r 1,6: 2.5-Dianhydro-cr-i.- gulofuranose (9)

~~

Summen formel C6H804 Molmasse 144.1 Schmp. (aus Ether/ 91 -92°C

Cyclohexan) (c = 1 . 4 in + 60.6"

CHCI3) Kristallklasse Orthorhombisch Raum gr uppe p212121

Gitterkonstanten a 566.1(3) pm b 9 7 7 4 5 ) pm c 2179.2(8) prn

a = b = y 90" Zellvolumen V F (OOO) 608 Dichte D, KristallgroRe ca.

1205.8 . lo6 pm3

1.59 g . c r Y 3 0.3 x 0.4 x 0.8 rnrn

Elementarzellen- 8 inhalt Z

Diffraktometer Hilger und Watts Y 290, Mo-K,-Strahlung, h = 70.9261 prn; CL = 0.88 em- ' ; O-Bereicha): 2- 30"

a) Anzahl der Reflexe in diesem Bereich 1520, davon 68 nicht signifikant [ I F / < 2a(F)]. Auf eine Absorptionskorrektur wurde verzichtet. Losung der Struktur mittels MULTAN" und SHELX lo). R-Wert der Endverfeinerung: 0.045 bzw. gewichtet 0.034 fur 1440 Reflexe. ( In diesen Werten sind 12Reflexenichtenthalten,namlich 020, 111,021,023,004,014,024,112,012,022,113und008.)

Molekulstruktur der 1,6 : 2,5-Dianhydro-a-1,-gulofuranose (9)*)

Die Kristall- und Molekiilstruktur von 9 wurde in ublicher Weise mittels direkter Methoden9J0) bestirnmt (vgl. Tab. 2) . Die Verbindung kristallisiert in der Raumgruppe P2,2,2, (wie die meisten bisher rontgenographisch untersuchten Kohlenhydrate) mit 2 Molekiilen in der asymmetrischen Einheit. Diese unterscheiden sich in ihrer raumli- chen Struktur jedoch nur wenig. Die Atomparameter sind in der Tab. 3 zusammenge- stellt. Bindungslangen und Bindungswinkel enthalt die Tab. 4. Die Abb. 1 zeigt das un- abhangige Molekiil I von 9 in einer ORTEP-Darstellung"), aus der auch die Beziffe- rung der Atorne hervorgeht .

Abb. 1 . ORTEP-Darstellung 11) des unabhangigen Molekuls I der 1,6: 2,5-Dianhydro-a-~-gulo- furano%e (9)

*) Weitere Einzelheiten zur Kristallstrukturuntersuchung konnen beim Fachinformationszentrurn Energie Physik Mathernatik, D-7514 Eggenstein-Leopoldshafen, unter Angabe der Hinterle- gungsnummer CSD 50135, des Autors und des Zeitschriftenzitats angefordert werden.

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Tab. 3. Atomparameter der C- und 0-Atome mit anisotropen Temperaturfaktoren ( x lo4); Atomparameter der H-Atome mit isotropen Temperaturfaktoren ( x 103);

Standardabweichungen in Klammern

Molekdl I : c-1 L-2 c-3 1-4 r-5 C -6 0-1 0-2 0-3 0-4 n-i H-2

H-3 H-4 n-5 tl-61 H-62 9-03

Yolekul ;:. ( - 1 '

r - 2 ' c-3' c -4 ' (-5' i - 6 ' 0 -1 ' 0-2' 0-3' 0-4' H-1' H-2' H-3' H-4' ! I -5 '

9-61, H-62' H-03'

7106( 1) 6988( I I 6527( 1) 6912(1) 75751 1 I 7977(11 7733(11 7512(1 I 6425(1) 6852( 1)

690(1) 690L11 614(1) 682( 1 ) 774( I )

837(1) 799(11 681(1)

4670(11 5283(1) 5266(1) 460511) 460311 I 4136(1) 4330(1 1 518511) 569411) 4338( I I

475(11 566(11 527(1) 440(11 457111 403(2) 374(1) 579(21 __

328(16) 240(161 323(16) 296(151 3621161 446(20) 469(13) 334( 10 1 543(141 214(10)

4418) 68(11) 29(71 26(1) 57110) 30(71 % ( l o ) 4619)

361(171 4 2 2 0 9 1 289Ll7) 340117) 3111161 4301191 4431 12) 3251 11 510(141 3231111 43181 45(8) 41(91 46(8)

3118) I04(13) 4318: 96(14)

336115) 4391 16) 426( 171 333L15) 350(16) 473(181 372(11) 439(11) 479(121 373(101

335(15) 353( 161 357(16) 294( 15) 323(16) 437118) 3 3 9 ( 1 0 ) 401111) 404(12) 445(111

313(151 - l6(131 366(161 56(15) 3011151 -24(14) 431(161 -31114) 465(171 92(16) 338117) 44(15) 375(10) -6191 3921101 721101 410(12) -43(10) 424(!11 1 4 ( 9 )

-12113) O(141

-16114) -15 (151

36(15) 94(161 23(101

-75(91 -19(111 -51(91

l ( 1 5 ) -61 116) -14(16)

921151 -5(151

-66117) -37(11) 100110) 66(13)

145110)

9 enthalt im zugrundeliegenden tricyclischen System u. a. drei Sechsringe (zwei 1,4 Dioxan- und einen 1,3-Dioxanring) und zwei Funfringe (jeweils Oxolane). Von beson- derem Interesse ist die Konformation des Furanoseringes, der in l,&Anhydro-cc-D- hexofuranosen und vergleichbaren Systemen normalerweise in der Briefumschlag- Form E, vorliegt, wie durch mehrere Rontgenstrukturanalysen gezeigt werden konnte5.12- 14). Allerdings kann dieser Ring durch zusatzliche Ether-4.5) oder andere Brucken 15) wie im vorliegenden Fall deformiert werden. Berechnung der ,,Puckering"- Parameter nach Cremer und Pople'@ (vgl. Tab. 5 ) liefert detaillierte Aussagen. Alle moglichen Funfringkonformationen lassen sich auf Kreisbogen des Radius Q anord- nen, wobei Q (in pm) ein MaD fur das AusmaD der Abweichung von der Planaritat des Ringes ist. Auf diesen Kreisbogen, die den Pseudorotationszyklus wiedergeben, werden reine Envelope-Konformationen (E-K.) bei Mittelpunktwinkeln Q, von O", 36", 72" usw. gefunden, wahrend die reinen Twist-Konformationen bei 18", 54", 90" usw. lie- gen. Dies ist in Abb. 2 dargestellt, in der neben der Verbindung 9 auch die anderen bis-

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1 ,6-Anhydrofuranosen, XI1 63 1

Tab. 4. Bindungslangen und -winkel (nrn bzw. Grad); Standardabweichungen in Klarnrnern

c-1-c-2 c-2-c-3 c-3-c-4 c - 4 4 - 5

C-5-C-6

c-1-0-1 C-1-0-4 c-2-0-2 C-3-0-3 (-4-0-4 C-5-04 C-6-0-1 C-1-H-1 C-2-H-2

C-3-H-3 C-4-H-4 C-5-H-5 C-6-H-61 C-6-H-62 0-3-H-03

0.1397(31 0.1407(41 0.1429(31 0.1418(31 0.1419(4) 0.1436(4) 0.140413) 0.139814) 0.14481 31 0.14461 31

0.1459(4) 0.1445( 31 0.1449(41 0.144014) 0.1025(25) 0.0986126) 0.09001341 0.0953124) 0,0932121 I 0.09221311 0.0954(25) 0.0951 (25) 0.0959( 31 ) 0.0897( 25 I 0.0920(241 0.1007(38) 0.0937 134) 0.0966( 2 5 )

0,101 5 ( 26) 0.0842(35 I

c-2-c- 1 -H- 1 c-2-c-1-0-1 C-2-C-1-0-4 H-1-c-1-0-1 H-1-C-1-04 0-1-C-1-0-4

C-1 -C-2-C-3 C-1-C-2-H-2 c-1-c-2-0-2 C-3-C-2-H-2 C-3-C-2-0-2 H-2-c-2-04

c-2-c-3-c-4 C-2-C-3-H-3 C-2-C-3-0-3 C-4-C-3-H-3 C-4-C-3-0-3 H-3-C-3-0-3

MolekLil

I I 1 114.7(151 110.7(131 111.6(21 l11.8121 103.9(21 104.2(2) llO.O(l3) 109.6(14) 108.4(141 112.3(151 107.712) 108.1(21

102.3(2) 102.4121 120.2(22) 119.3115) 106 .6 (2 ) 105.612) 116.5120) 114.2(151 100.5121 99.5121 l08 .7 l20) 11 3.51 1 7 )

90.1 120) 90.1 ( 2 ) 115.61141 111.3(171 115.2(201 115.0131 113.6115) 107.4(17) 118.0120) 117.9(3) 104.6114) 112.9(17)

c-3-c-4-c-5 c-3-c-44-4 c-3-c-4-04 C-5-C-4-H-4 C-5-C-4-0-4 H-4-C-4-0-4

C-4-C-54-6 c-4-C-5-H-5 C-4-C-5-0-2 C-6-C-5-H-5 Cd-C-5-0-2 H-5-C-5-0-2

Halekti

I 103.8121 121.8(141 98.412)

112.51131 105.6121 112.8(14)

110.8(3) 113.0(171 103.0121 114.11171 104.2(2) 110.71191

1

I 1 109.3121 118.51151

99.1121 117.91161 106.4121 109.4116)

109.8131 115.3(161 103.ll21 112,9116) 103.8(21 110.81161

C-5-Cd-H-61 112.81151 109.71151 C-5-C-6-H-62 117.9(18) 117.2120) C-5-C-6-0-1 106.5131 107.3(2) H-61-C-6-H-62 108.61231 101.3124) H-61-C-6-0-1 105.8115) Il3.0(20) H-62-C-6-0-1 104.21191 107.81161

C-6-0-I-C-1 107.8121 107.4(21 C-5-0-2-C-2 99.2121 99.8121

C-3-0-3-H-03 I l l ,5115) 96.0124) C-4-0-4-C-1 99 .301 99.1121

Tab. 5 . ,,Puckering"-Parameter 16) fur Mono- und Dianhydrohexofuranosen

Furanosering Furanring 1,3-Dioxanring

c 3 - C4) c 4 - C5) c 4 - c 5 - c6) QIprnI @["I QIprnI @["I Q[prnl @["I 0 [ 0 ]

(04-C1 -C2- (02-C2- C3 - (01 -C1-04- Verbindung

1 ,dAnhydro-B-D- mannofuranose 12)

1 ,&Anhydro-a-L- gulofuranose5)

1,6: 3,SDianhydro- a-D-gulofuranose 5 ) (L- Isorneres)

dianhydro- a-L-idofuranose 1 7 )

2,3,5-0-0rthoacetyl- 1 ,danhydro-a-L- gulofuranose 15)

2-0-Acetyl-1,6: 33-

9, Molekul I 9, Molekul I1

46.4 179.9

47.2 178.2

39.3 23.6

(203.6) 39.6 205.9

49.5 156.9

64.0 130.7 63.1 131.8

61.0 303.3 158.7

62.9 312.3 162.8

74.0 105.6 79.2

(285.6) 73.1 288.2 99.1

80.3 288.8 97.5

61.6 48.0 89.0 274.2 95.8 62.6 49.6 88.6 273.7 95.5

1 ,CDioxanring I (04-C1 -C2-02-C5 - C4)

1 ,CDioxanring I1 ( 0 1 -Cl -C2-02-C5-C6)

Q[prnI @["I @['I Q[prnI @["I 0[01

9, Molekul I 101.0 276.4 89.5 89.8 28.6 97.4 9, Molekiil I1 100.9 276.7 90.1 89.7 28.7 97.0

Liebigs Ann. Chern. 1982

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632 P. Koll, H.-G. John und J. Kopf

her rontgenographisch untersuchten 1,6Anhydrohexofuranose-Derivate eingezeichnet sind. Wie ersichtlich liegt der Furanosering in den freien l,&Anhydrofuranosen in der Envelope-Konformation E, vor, wahrcnd die 1,6: 3,5-Dianhydrofuranosen 5,17) auf die 'E- (bzw. El-)Konformation hin verzerrte Twist-Konformationen IT, (bzw. T, ) zei- gen. In den beiden unabhangigen Molekulen von 9 schliel3lich liegt in den Furanoserin- gen eine Konformation vor, die in der Nahe von ", liegt, aber deutlich in Richtung "E- Konformation verzerrt ist. Diese Verrerrung in Richtung 4E, jedoch von der anderen Seite her, wird auch in der 2,3,5-0-Orthoacetyl-l ,6anhydro-a-L-gulofuranosel5) ge- funden. Dcr Oxolanring in 9 ( 0 2 - C 2 - C 3 - C 4 - C 5 ) zeigt eine ahnlich deformierte T-Konformation wie der Furanosering.

C E O

Abb. 2. Konformationen der Furanoseringe in Mono- und Dianhydrohexofuranosen A: 1 ,&Anhydro-b-D-mannofuranose'?); B: 1 ,6-Anhydro-a-i.-gulofuranoses); C: 1,6: 3,SDian- hydro-a-t -gulofuranose (n-lsomeres5)); D: 2-0-Acetyl- 1.6: .?,5-dianhydro-u-i.-idofuranose 1'); E:

2,3,5-0-Orthoacetyl-l,6-anhydro-a-~-gulofuranose~~); F: 9, Molekul I ; G : 9, Molekul 11.

Auch die Geometrie von Sechsringen IaBt sich nach Crerner und Pop/eIh) beschreiben, nur lie- gen hier allc moglichen Konformationen auf Kugelschalen des Radius Q , wobei Q wiederum die Gesamtdeformation angibt. Zwei Winkel, CP und 0 bestimmen den Ort, wobei CP quasi den Langen- und 0 den Breitengrad gibt . Verzichtet man auf die Wiedergabe von Q. so kann die gra-

Liebigs Ann. Chem. 1982

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1,6-Anhydrofutanosen, XI1 633

phische Darstellung in einfachster Weise in einem Koordinatensystem erfolgen, wie es Abb. 3 aus- schnittweise zeigt (aus der Kartographie sind aufwendigere Losungen auch fur Polarprojektionen bekannt, hier aber nicht erforderlich). Rcine Sessel-Konforrnationen (C-K.) liegen an den Polen (0 = 0" bzw. 180°), wahrend bei 0 = YO" (am Aquator) Skew- bzw. Twistboot- (S-K.) und Boot-Konformationen (B-K.) lokalisiert werden: bei @ = 0". 60°, 120", 180" usw. dieB- und bei @ = 30". 90", 150°, 210" usw. die S-Konforrnationen (Twistboote). In rnittleren Breiten (0 = 45") finden sich bei @ = O", 60", 120' usw. Halbboote (Envelope-K. E ) und bei @ = 30°, 90" usw. die Halbsessel H .

B

Abb. 3. Konformationen von Sechsringen in Mono- und Dianhydrohexofuranosen A: 1 ,&Anhydro-P-o-mannofuranose I*); B: 1,6-Anhydro-a-~-gulofuranose 5 ) ; C: 1,6 : 3,5-Dian- hydro-a-L-gulofuranose (o-Isomeres 5 ) ) ; D: 2-O-Acetyl-l,6: 3,5-dianhydro-a-~-idofuranose j7); E: 2,3,5-0-0rthoacetyl-1,6-anhydro-cc-L-gulofuranose Is); F: 9, 1.3-Dioxanringe; G : 9, 1 ,CDioxan-

ringe I ; H: 9, 1 ,CDioxanringe 11.

Betrachtet man die 1,3-Dioxanringe in 1 ,&Anhydrofuranosen (vgl. Tab. 5 ) , wobei die berechneten Winkel einer Zahlang beginnend bei 0-1 und endend bei C-6 entspre- chen, so liegen sowohl in der 1 ,6-Anhydro-B-D-manno-I2) als auch -gulofuranoses) kei- ne reinen C-Konforrnationen mehr vor, sondern diese sind in Richtung auf Halbboote an C-6 abgeflacht. Bei den 1,6: 3,5-Dianhydriden5*") liegen die Konformationen fast genau in der Mitte zwischen S- und B-Konformationen, wahrend in 9 eine angenaherte Twistboot-Konformation S gefunden wird. Dies gilt auch fur die beiden in 9 enthalte- nen lJ-Dioxanringe, wahrend der 1,3-Dioxanring in der 2,3,5-0-0rthoacetyl-l,& anhydro-a-L-gulofuranose wiederum zwischen S und B liegt 15).

Die 1,6: 2,5-Dianhydro-a-~-idofuranose (9) sowie 8 und 10 konnen auch als Derivate des Bicyclo[2.2.2]octans betrachtet werden, wobei C-3 lediglich zwei Atome innerhalb dieses Systems verbriickt. Entsprechend sollte 9 auch mit den 2,GAnhydro- hexopyranosiden verglichen werden, denen ein 2,5-Dioxabicyclo[2.2.2]octan-Geriist zugrunde liegt. Diese Verbindungen zeigen jedoch ebenso wie die genannten 1,6: 3 3 - Dianhydride5-l7) zwischen S und B liegende Konformationen Is ) .

Obwohl die beobachteten Skew-Konformationen in der Kohlenhydratchemie nicht gerade haufig sind, konnen sie allerdings sogar in Ausnahmefallen auch bei monocycli- schen Verbindungen im Kristall beobachtet werden 19).

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634 P. Koll, H . 4 . John und J . Kopf

Die Ringtorsionswinkel in 9 (vgl. Tab. 6) entsprechen den beschriebenen Konforma- tionen, entsprechen aufgrund der Ringsauerstoffatome aber nur angenahert den idea- lerweise von HendricksonZ0) fur eine Skew-Konformation des Cyclohexans berechneten Werten (2mal -62.8", 4mal 30.1"). Die Forderung nach Koplanaritat von jeweils 4 Atomen (davon 3 benachbart) ist, wie Berechnungen bester Ebenen ergaben, weitge- hend erfullt (maximale Abweichungen 3 - 7 pm).

Tab. 6. Torsionswinkel (in Grad) -

Molekul I I 1

25.0 25.4 14.2 12.5 -90.9 -91.2 -99.1 -103.8 -104.0 -108.5

26.9 18.7

-57.6 -57.2 63.7 64.0 -46.0 -44.4 70.3 64.4

59.6 64.0 -62.7 -66.0

75.5 73.5 -52.6 -59.1 65.0 64.1

-43.4 -45.3 -53.1 -48.3 70.4 69.8

-67.0 -67.3 46.4 46.9 -92.0 -91.7 26.5 27.4

Molekbl I I 1

20.7 20.8 -90.2 -89.3 12.7 14.5

-106.8 -106.4 -102.8 -102.4 26.8 26.5

46.7 46.2 -69.3 -82.2 -63.5 -63.4 53.0 53.4 51.9 38.0 -76.0 -76.8

47.4 47.6 -58.9 -58.2

33.3 12.5 -71.3 -92.0 -59.3 -59.8 47.7 47.1 26.9 25.8 -88.3 -88.8 27.5 27.8 -97.9 -90.3

Tab. 7 . Bindungsabstande und Bindungswinkel in den Wasserstoffbriickenbindungen

Abstlnde (nm)

Uinkel ( 0 )

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1,6-Anhydrofuranosen, XI1 635

Die Molekiile von 9 werden im Kristall durch ein System von Wasserstoffbrucken- bindungen zusarnmengehalten (vgl. Abb. 4). Die Molekule I bilden uber die 3-Hydroxy- gruppe, die eine Briicke zum Sauerstoffatom 0-1 des Nachbarmolekuls I' ausbildet, lange Ketten, an die jeweils die Molekiile I1 durch eine Wasserstoffbriicke nach 0 - 3 ge- bunden sind. Beide Wasserstoffatorne HO-3 zeigen jedoch auch Wechselwirkungen rnit den jeweiligen Sauerstoffatomen 0-2, wie in Abb. 4 gezeigt. Die Brucken sind also ge- gabelt (,,bifurcated")2'). Die Bindungsabstande und -winkel konnen der Tab. 7 ent- nommen werden. Die Werte in Klarnrnern beziehen sich auf standardisierte O-H- Bindungsabstande von 0.0970 nm, wobei die jeweiligen gemessenen Bindungen entwe- der in Richtung der Bindungen verlangert oder verkiirzt wurden. Auf diese Weise kon- nen die bei Rontgenstrukturuntersuchungen in Bezug auf die Positionsbestimmungen der H-Atome bestehenden Unsicherheiten ausgeglichen werden und die Zuverlassigkei- ten von Neutronenbeugungsaufnahrnen annahernd erreicht werden *l).

'.

Molekul I1 '. Molekul I

Abb.4. Wasserstoffbriicken im Kristall der 1,6: 2,5-Dianhydro-a-~-gulofuranose (9)

Die Wasserstoffbriickenbindung um 0 - 3 - H-03(1) gehort zum Typ ,,unsymmetrisch gegabelt", wobei der Sauerstoff 0 - 3 (I) sowohl Donor als auch Akzeptor einer H-Briicke ist. Die Akzeptoreigenschaft verstarkt die Donorwirkung"), was im sehr kurzen Bindungsabstand H-03(1) - 0-l(1)' mit 0.1825 (0.1866) nm zum Ausdruck kornrnt. Daneben gibt es aber auch die Wechselwirkung iiber die wesentlich langere Entfernung von 0.2273 (0.2284) nm zu 0-2(1). Demgegenuber ist die Briicke urn 0-3(II) - H-03(11) vom Typ ,,symmetrisch gegabelt" (insgesamt sind zehn Typen denkbarz')) mit annahernd gleichen, oder relativ langen Abstanden zu 0-3(1) und 0-2(11) . 0-3(II)ist lediglich Donor.

Die beiden beobachteten Formen von H-Bruckenbindungen sind nicht sehr haufig, sind aber auch nicht ungewohnlich, so finden sie sich z. B. in !3-D-Fructopyranose22) und Methyl-cc-o-altropyrano~id~~).

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636 P. Koll, H.-G. John und J . Kopf

Frau M . Rundshagen und Herrn Dr. B. Meyer danken wir fur die Aufnahme der NMR- Spektren und die Spektren-Simulation. Desgleichen gilt unser Dank Frau S. Gembrys und Herrn D. Neemeyer fur technische Assistenz sowie den Mitarbeitern des Rechenzentrums der Universitat Olderiburg f u r ihre Unterstutzung bei den kristallographischen Berechnungen.

Experimenteller Teil

Die verwendeten Methoden und Gerate entsprechen denen der vorstehenden Arbeit 1).

I , 6-Anh.vdro-3,5-di-O-benzyl-~-~arabino-hexofuranos-2-ulose~~ (2): 30.6 g (79.6 mmol) 1 ,& Anhydr0-3,5-di-O-benzyl-~-o-glucofuranose I s 6 ) (1) wurden portionsweise unter Ruhren zu einer Losung von 12 g P,O,, in 200 ml absol. DMSO gegeben. Nach 20.5 h wurden 2.7 g P,OlO in 45 ml absol. DMSO zugefugt. 45 min spater wurde das Reaktionsgemisch in 600 ml 5prOz. NaHC0,- Losung getropft, mit 1 I Wasser verdunnt und dreimal rnit Ether extrahiert. Die vereinigten orga- nischen Phasen wurden dreimal mil Wasser und einmal rnit gesatrigter NaCI-1.osung gewaschen und mit MgSO, getrocknet. Entfernen des Losungsmittels i. Vak. ergab 23.95 g (79%) hellgelben Sirup mit [IT];' = +22.9' (c = 0.6 in CHCI,).

C2,H2,O, (340.4) Ber. C 70.58 H 5.92 Gef. C 69.85 H 5.71

I ,6-Anhydro-3,5-di-O-benz~/-~-~manno~~ra~ose~ (3): 22.6 g (66.4 mmol) 2 wurden in 280 ml absol. Methanol gelost, unter Eiskuhlung mit 2 g (52.9 mmol) NaBH, versem und 1 h bei Raum- m n p . geruhrt. Nach Entfernen des Losungsmittels i . Vak. wurde der Ruckstand in Essigester auf- genommen, rnit Wasser neutral gewaschen und mit Na2S0, getrocknet. Nach Einengen der Lo- sung i. Vak. wurde die Substanz aus Essigester/Petrolether (40- 6OoC) kristallisiert. Ausb. 22.41 g(99Vo); Schmp. 120°C [Lit6): 117- 119"c], [a]? = - 3 3 . 8 " ( c = 0.7111 CHCI,) [Lit": [IT];' = -38.6" in CHCI,].

C2,HZ2Os (342.4) Ber. C 70.16 H 6.48 Gef. C 69.26 H 6.35

I,6-Anhydro-3-0-benzyl-~-u-t~annofuranose (4a): 9.2 g (26.9 mmol) 3 wurden in 400 ml Me- thanol gelost, rnit 1.5 g Palladium auf Aktivkohle (5% Pd) versetzt, auf 40 "C erwarnit und 18 h rnit Wasserstoff hydriert. Der nach Entfernen des Losungsmittels i. Vak. erhaltene Sirup wurde portionsweise an einer Saule [Kieselgel 40 (Merck), 4 x 57 cm, Laufmittel: CHCI,/Aceton 9: 1 1 chromatographiert. Ausb. 5 . 5 g (81Vo); Schmp. 92-93"C, [a12 = - 17.7" (c = 0.5 in CHCI,).

C,,HI6O, (252.3) Rer. C 61.90 H 6.39 Gef. C 61.57 H 6.44

2,LDi-O-aceryl-l,6-anhydro-3-O-henzyl-~-o-mannofuranose (4b): 20 mg (0.08 mmol) 4a wur- den 18 h mit 4 ml Acetanhydrid in 10 ml trockenem Pyridin behandelt. Anschlienend wurde das Acylierungsgemisch i . Vak. eingeengt und noch funfmal rnii Toluol i. Vak. eingedampft. Reini- gung rnit Aktivkohle in Ether ergab 24 mg (90%) 4b als Sirup mit [IT];: = -22.4" (c = 1 in CHCI,).

C,,HZoO7 (336.3) Ber. C 60.70 H 5.99 Gef. C 60.37 H 6.03

To.sylierung iron 4a zu 1,6-At?hydro-3-O-benzy/-5-O-rosyl-~-~tnunn~furano.se (5): 3.7 g (14.7 mmol) 4a wurden in 60 ml absol. Pyridin gelost, rnit 2.85 g (15.0 mmol) p-Toluolsulfonsaure- chlorid versetzt und 3 d bei Raumtemp. belassen. Das Reaktionsgemisch wurde mit 5 ml H,O ver- setzt und 30 min spater in 400 rnl EisIWasser gegossen. Nach dreimaliger Extraktion rnit CHCI, wurden die vereinigten CHC13-Phasen so lange niit kaltcr konr. NaHS0,-Losung gewaschen, bis die wanrige Phase stark sauer blieb. Anschlieaend wurde rnit eiskaltem Wasser, 5prOz. NaHC0,- Losung und wieder eiskaltem Wasser gewaxhen, rnit NazSO, getrocknet und i. Vak. eingeengt. Durch Kristallisation des Ruckstands aus Toluol/Ethcr/Petrolether erhielt man 3.5 g (59070) 5 . Weitere 0.56 g (68Vo Gesamtausb.) wurden durch Chromatographic der Mutterlauge an Kiedgel

Liebigs Ann. Chem. 1982

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1,6-Anhydrofuranosen, XI1 637

60 [Merck, 2.5 x 50 cm, Laufmittel: Essigester/Petrolether (40- 60°C) 1 : 11 gewonnen. Schmp. 109- 111 "C, [a12 = - 12.8" (c = 0.5 in CHCI,).

C,,H,,O,S (406.5) Ber. C 59.10 H 5.46 Gef. C 59.28 H 5.30

I , ~Anh~dro-3-O-benzyl-2,5-di-O-tosyl-~-o-tnannofuranose (6): Aus der Mutterlauge des vor- stehend beschriebenen Ansatzes wurden 0.42 g ( 5 % ) 6 abgetrennt; Schrnp.136"C (Ethanol), [a]? = -59.5" ( c = 0.7 in CHCI,).

C,,H,~O,S, (560.6) Ber. C 65.32 H 5.68 S 11.41 Get'.*) C 58.01 H 4.97 S 11.35

1,6: 2,5-Dian hydro-3- 0-benzyl- a- ~ - g u l o furanose (8) a) 2.81 g (6.9 mmol) in 50 ml frisch destillierten absol. DMF wurden mit 3.6 g Kaliumacelat

116 h gekocht. Nach Entfernen des Losungsmittrls i. Vak. wurde der Ruckstand in CHCI, aufge- nornmen. Die CHCI,-Phase wurde dreimal mit Wasser gewaschen, mit Na2S0, getrocknet, mit Aktivkohle behandelt und i . Vak. eingeengt. Das entstandene leicht bewegliche dunkle 61 wurde an einer Saule [Kieselgel60(Merck), 4 x 57 cm, Laufmittel: EssigesterIHexan 1 : 11 chrornatogra- phiert. Es wurden 0.45 g 7 zuruckgewonnen. 0.77 g Ausb. an 8 (57% bezogen auf umgesetztes 7).

b) 0.56g (1.4 mmol) 5 wurden in 20rnl absol. DMFgelost, mit 0.14 g Kaliumacetat versetzt und 13 h gekocht. Nach Entfernen des Losungsmittels i. Vak. wurde der Ruckstand in 20 ml Wasser aufgenornrnen und dreimal mit je 30 ml CHCI, extrahiert. Nach Trocknen mit Na2S04 und Ein- engen i . Vak. wurde der dunkle Ruckstand an einer Saule [Kieselgel 60 (Merck), 2.5 x 47 cm, Laufrnittel: Essigester/Petrolether (40- 60°C) 1 : 11 chromatographiert. Ausb. 120 mg (389'0); Schmp. 100- 101 "C, [a]$ = - 9" (c = 1 in CHCI,).

CI3Hl4O4 (234.3) Ber. C 66.65 H 6.02 Gef. C 66.35 H 6.00

1,6:2,5-Dianhydro-a-~-gulofuranose (9): 650 mg (2.8 rnrnol) 8 wurden in 50 ml Essigester ge- lost, rnit 600 mg Palladium auf Aktivkohle (5%Pd) versetzt und 19.5 h mit Wasserstoff hydriert. Nach Filtration und Einengen des Filtrats i. Vak. kristallisierte die Substanz. Umkristallisation aus EtherKyclohexan ekgab 376.3 rng (93070); Schrnp. 91 -92"C, [a]&' = +60.6O (c = 1.4 in CHCI,).

C6H,0, (144.1) Ber. C 50.00 H 5.60 Cef. C 50.11 H 5.56

3-O-Acelyl-l,6:2,5-dianhydro-a-~-gulofuranose (10): 92.6 mg (0.64 rnmol) 9 wurden entspre- chend der Darstellung von 4b acetyliert. Urnkristallisation aus Ether ergab 118 mg (99%); Schmp. 144°C (Sub].), [u]? = -34" (c = 1.3 in CHCI,).

CBH,,05 (186.2) Ber. C 51.61 H 5.41 Gef. C 52.18 H 5.57

*) Obwohl die Substanz kristallin erhalten wurde und keine Verunreinigungen erkennbar waren.

1) XI. Mitteilung: P. KOII, H.-G. John und J. Schulz, Liebigs Ann. Chem. 1982, 613, voranste-

2) K . Heyns, R. Stute und H. Paulsen, Carbohydr. Res. 2, 132 (1966); vgl. auch Lit. j4).

3) G. R. Bedford und D. Gardiner, Chem. Cornmun. 1965, 287. 4) P. Kdll und J . Schulz, Tetrahedron Lett. 1978, 49; Carbohydr. Res. 68, 365 (1979). 5 ) P. Kdll, J. Schulz und U. Behrens, Chem. Ber. 112, 2068 (1979). 6) Ciba-Geigy AG (Erf. G. Baschang, J. Stanek, A . Rossi und A . Sele), Ger. Offen. 2.324.623

7) H . Honig, I . Macher und H. Weidmann, Tetrahedron Leu. 1979, 2579. 8) M . Barfield und B. Chakraharti, Chem. Rev. 69, 757 (1969).

Liebigs Ann. Chem. 1982

wurden trotz mehrfacher Analysen die angegebenen C,H- Werte erhalten.

hend .

(1973) [Chem. Abstr. 80. 83523y (197411.

Page 13: 1,6-Anhydrofuranosen, XII. Ein Zucker mit Twistbrendangerüst: 1,6: 2,5-Dianhydro-α-L-gulofuranose

638 P. KOll, H.-G. John und J . Kopf

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10) S H E L X : G. Sheldrick, Universitat Cambridge, England 1972 (Version 1976). I t ) ORTEP: C. K. Johnson, Oak Ridge National Laboratory, Tennessee, USA, Report ORNL-

J2) J . Lechui und G. A. Jeffrey, Acta Crystallogr., Sect., B 28, 3410 (1972). 1 3 ) W. Dreissig und P. Luger, Acta Crystallogr. Sect. B 29, 1409 (1973). 14) J. Kopf und P. Koll, Acta Crystallogr. Sect. B 34, 2502 (1978). Is ) P. KO//, H . 4 . John und J . Kopf, Liebigs Ann. Chem. 1982, 639, nachstehend. j6) D. Cremer und J . A. Pople, J. Am. Chem. SOC. 91, 1354 (1975). j7) U. Behrens, J . Schub und P. Koll, Carbohydr. Res. 10. 150 (1979). IB) P. Koll und F. S. Tuyman, Chem. Ber. 110, 3297 (1977); P. KOII, H. Komander und J . Kopf,

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[83/81]

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3794, 1965.

ebenda 113, 3919 (1980).

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Liebigs Ann. Chem. 1982