Redoxpotentiale biochemischer...

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Reduktionspotentiale Die Neigung von Stoffen, Elektronen abzugeben, ist verschieden stark (wobei starke Reduktionsmittel Elektronen besonders leicht abgeben). In einer elektrochemischen Zelle lassen sich die Potentialunterschiede zwischen zwei Redoxreaktionen direkt messen.

Redoxpotentiale biochemischer Reaktionen

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Elektronentransportkette und Energiegewinnung

Die ΔE °‘-Werte sind, analog zum ΔG °‘, bezogen auf die Standardbedingungen: alle Konzentrationen sind 1 molar, nur der pH ist 7. Da bei den Redoxreaktionen häufig H+ oder OH- einbezogen sind, hat der pH einen großen Einfluß auf das tatsächliche Potential.

Als „E° = 0 V“ wurde übrigens die Standard-Wasserstoff-elektrode definiert, also H+ + e- zu 1/2 H2., bei 1 M H+, also pH 0. Der Unterschied zum pH 7 (E°‘)-Wert von -0,421 V läßt sich aus den Konzentrationsverhältnissen (10,000,000x mehr H+, also 40 kJ/mol tieferes ΔG, also (/96,5 kJ/mol*V) 0,42V tieferes Potential) mit den Formeln und Tabellen auf den vorigen Seiten errechnen.

Elektronentransportkette und Energiegewinnung

Die Nernstsche Gleichung

erlaubt die Rechnung in einem Schritt.

U.a. lässt sich daraus ausrechnen, dass die Verschiebung des Konzentrationsverhältnisses von Ox zu Red um 10x zu einer Potentialverschiebung um 0,059 V führt (bei Erhöhung der oxidierten Form nach +, bei Erhöhung der reduzierten nach -).

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Elektronentransportkette und Energiegewinnung

Der Potentialunterschied der NADH/NAD+-Reaktion zur Bildung von Wasser aus O2 beträgt 1,23 V, entsprechend einer Enthalpie von -218 kJ/Mol. In der Elektronentransportkette (Atmungskette) wird dieses Potential in Teilschritten abgebaut, wobei jeweils Protonen durch die Membran transportiert werden (Membranpotential), deren Rückstrom zur Bildung von ATP führt.

Elektronentransportkette und Energiegewinnung

Die Teilschritte finden an Proteinkomplexen in der Cytoplasmamembran bzw. der inneren Mitochondrien-membran statt. Von NADH fließen die Elektronen über die Komplexe I, III und IV auf den Sauerstoff. FADH hat ein weniger negatives Potential, Succinat-Dehydrogenase (=Komplex II) schleust ihre Elektronen ohne Protonentransport auf Ubichinon (Q) und weiter auf Komplex III.

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Elektronentransportkette und Energiegewinnung

Elektronentransportkette und Energiegewinnung

Hemmstoffe der einzelnen Komplexe helfen bei der Erforschung des Ablaufes. So blockiert Rotenon den Sauerstoffverbrauch (gemessen mit einer Sauerstoffelektrode) mit Substrat NADH, Zugabe von Succinat oder Cytochrom c ermöglichen den O2-Verbrauch wieder. Auch durch den Verbrauch des ADP (zu ATP) kommt die Atmungskette zum Stillstand (der Protonengradient wird nicht abgebaut) Atmungskette und ATP-Synthese sind gekoppelt. Zugabe von ADP führt zum weiteren Sauerstoffverbrauch, aber auch die Zugabe von „Entkopplern“ wie 2,4-Dinitrophenol, die den Protonengradienten zerstören. Natürliche Entkoppler kommen im braunen Fettgewebe vor, die Energie wird dann als Wärme frei.

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Elektronentransportkette und Energiegewinnung

Aus diesen Experimenten mit der Sauerstoffelektrode läßt sich auch der „Kopplungsquotient“ oder P/O-Quotient (ATP pro Sauerstoff) bestimmen, indem man die Substratmenge mit dem verbrauchten ADP und O2 vergleicht. Daraus ergibt sich, dass pro NADH (10 H+ werden transloziert) etwa 3 ATP entstehen, pro Succinat (6 H+ werden transloziert) etwa 2 ATP. Daraus ergibt sich der „Lehrbuchwert“ von 38 ATP/Glucose - das stimmt aber nur für atmende Prokaryonten. Für Mitochondrien ist der wirkliche Wert niedriger (ca. 2,5 bzw. 1,5 ATP), besonders weil der Import des Phosphats in die Matrix ein Proton verbraucht (ergäbe 32 ATP/Glucose).

Sauerstoffelektrode

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Sauerstoffelektrode

NADH hat das höchste P/O (beste ATP-Ausbeute: ADP mit wenig Sauerstoffverbrauch phosphoryliert)

Mit Hemmstoffen ließen sich die drei Experimente in einem Ansatz durchführen (wie?).

Atmungskette

Die Komplexe der Atmungskette enthalten zahlreiche Redoxzentren, über die die Elektronen geleitet werden.

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Atmungskette Elektronenfluß und Protonentransport. Ubichinon (Q) ist ein wichtiger Sammelpunkt der Elektronen. Dort speist auch Komplex II die Elektronen ein. Die räumliche Lage der einzelnen Zentren in den Komplexen führt zum Austransport der Protonen.

Elektronenfluß durch Dehydrogenasen

Neben der NADH-Dehydrogenase (Komplex I) und Succinat-Dehydrogenase (Komplex II) speisen bei Bakterien auch andere Dehydrogenasen Elektronen direkt in die Atmungskette ein. Diese enthalten meist Schwefel-Eisen-Zentren und Flavingruppen (FMN oder FAD). D-Lactat-Ubichinon Oxidoreduktase (FAD-haltig) und L-Lactat-Ubichinon Oxidoreduktase (FMN-haltig) sind membranassoziiert und reduzieren Ubichinon. Glycerol-3-Phosphat Dehydrogenasen (aerobes Enzym mit FAD, anaerobes mit FMN) ermöglichen Wachstum auf Glycerol. Hydrogenasen oxidieren Wasserstoff und übertragen die Elektronen auf Ubichinon.

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Elektronenfluß durch Dehydrogenasen

Neben der Protonen-transportierenden NADH-Dehydrogenase (NDH-I) besitzt E. coli auch ein Isoenzym (NDH-II), das keine Transmembrandomainen enthält und die Elektronen direkt, ohne Protonentransport, auf Ubichinon überträgt. Es wird bei anaeroben Bedingungen gebildet.

Formiat-Dehydrogenasen (HCOOH > CO2 + 2 H+ + 2 e-) setzen die Protonen „außen“ frei und erzeugen so auch ohne Protonentransport durch die Membran den Protonengradienten.

Komponenten der Atmungskette Flavoproteine enthalten Flavin-Mononucleotid FMN oder Flavin-Adenin-Dinucleotid FAD als prosthetische Gruppe. Sie übertragen ein oder zwei Elektronen.

Auch das Ubichinon kann in zwei distinkten Schritten zwei Elektronen aufnehmen, der Zwischenzustand ist ein radikalisches „Semichinon“. Ubichinone variieren in der Länge der Isoprenseitenkette.

Flavine und Ubichinone transportieren die Elektronen in Kombination mit Protonen als gebundenen Wasserstoff (letztlich als reduzierte C-C-Doppelbindungen).

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Flavine und Ubichinon

Komponenten der Atmungskette

Schwefel-Eisen-Zentren und Cytochrome transportieren Elektronen „ohne begleitendes Proton“, in Form reduzierter Eisenionen (Fe2+ statt Fe3+). Pro Schwefel-Eisenzentrum (mit 2 bzw. 4 Eisenionen) wird aber immer nur ein Elektron transportiert, nicht etwa eins pro Eisen! Die Ladung wird im ganzen Zentrum delokalisiert.

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Komponenten der Atmungskette:

Schwefel-Eisen-Cluster

Komponenten der Atmungskette: Hämgruppen in Cytochromen

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Komponenten der Atmungskette: Hämgruppen in Cytochromen

Cytochrome Die Einteilung der Cytochrome ist älter als die Aufklärung ihrer Struktur und leitet sich von den Absorptionsspektren der reduzierten Formen (dunkle Linie, dünne - oxidiertes Cytochrom) ab. Das Maximum der α-Bande bestimmt die Klassifizierung. Nur die γ-Bande (Soret-Bande) tritt auch im oxidierten Cytochrom auf, hat dann aber ein verschobenes Maximum.

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Absorptionsmaxima von Cytochromen

Atmungskette

Elektronenfluß und Protonentransport in Komplex I werden durch die Abfolge der Elektronentransporteure und ihre Lage in der Membran sinnvoll organisiert.

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Atmungskette FMN kann beide Elektronen vom NADH aufnehmen und gibt dann eines in die FeS-Zentren-Kette Richtung Ubichinon weiter. Dadurch wird es zum Semichinon. Wahrscheinlich nimmt FeS-Zentrum N1a das zweite Elektron auf, bis N3 sein Elektron weitergegeben hat (so dass der - offenbar ungünstige- Semichinonzustand nur sehr kurz bestehen muss). N7 scheint funktionslos zu sein.

Komponenten der Atmungskette: Komplex III

Komplex III (Cytochrom-Reduktase, Cytochrom bc1-Komplex) übernimmt die Elektronen vom Ubichinon und überträgt sie auf Cytochrom c. Um den Protonentransport zu optimieren, ist der Elektronentransport über den „Q-Cyclus“ erstaunlich kompliziert.

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Komponenten der Atmungskette: Komplex III

Zwei QH2 geben je ein Elektron ans Schwefel-Eisen-Zentrum (Rieske-Zentrum) des Komplex III ab, die über Cyt c1 auf Cyt c fließen. Die entstandenen Semichinone geben ihr zweites Elektron an Cyt bL ab (und werden so zur volloxidierten Form Q des Ubichinons, dabei geben sie je zwei Protonen an der Membranaußenseite ab). Die Elektronen fließen über Cyt bH zum einem volloxidierten Ubichinon (Q), das - unter Aufnahme von zwei Protonen - zu QH2 reduziert wird. Das geschieht sinnvollerweise an der Membraninnenseite. Es werden also zwei Ubichinone oxidiert und eins reduziert, netto also eins oxidiert.

Komponenten der Atmungskette: Komplex III

Die Lage der Elektronentransporter im Komplex: Vom Rieske-Zentrum wandern die Elektronen nach oben (Außenseite) auf Cyt c1 (und weiter auf Cyt c) und nach unten (Membraninnenseite) über Cyt bL und Cyt bH auf oxidiertes Ubichinon Q.

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Komponenten der Atmungskette: Cytochrom c

Cytochrom c ist, anders als die übrigen Cytochrome der Atmungskette, ein lösliches Protein, das an die Membran nur angelagert ist.

Komponenten der Atmungskette: Hämgruppen in Cytochromen

Im Cytochrom c ist das Häm über zwei Thioetherbindungen zu Cysteinresten kovalent mit dem Protein verbunden.

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Komponenten der Atmungskette: Cytochrom-Oxidase

Komplex IV (Cytochromoxidase, Cytochrom aa3-Komplex) überträgt vier Elektronen auf O2 und transportiert dabei vier Protonen durch die Membran. Beteiligt sind noch zwei Kupfer-Zentren, das eine (CuA) übernimmt die Elektronen vom Cyt c und leitet sie auf Cyt a weiter, das andere (CuB) überträgt die Elektronen, in Zusammenarbeit mit einem Eisen, vom Cytochrom a3 auf den Sauerstoff. Das Eisen erreicht intermediär die ungewöhnliche Oxidationsstufe +IV (Ferryl-Eisen). Fehler bei der Reduktion des Sauerstoffs (Übertragen von nur 1, 2 oder 3 Elektronen) führen zur Bildung hochgiftiger „reaktiver Sauerstoffspezies“ (ROS).

Komponenten der Atmungskette: Cytochrom-Oxidase

Bei E. coli ist die Cytochromoxidase etwas anders aufgebaut als in den Mitochondrien (oder auch bei Paracoccus denitrificans). Es fehlen Cyt c und Cyt aa3. Es besitzt eine Cytochromoxidase bd, die bei mikroaerophilen Bedingungen gebildet wird, und eine bo, mit Häm B und Häm O, das bei normaler Belüftung gebildet wird. Die Elektronen wandern vom Komplex III-Cyt b direkt auf die terminalen Oxidasen Cyt bd oder Cyt bo. Dieser Komplex enthält nur ein Kupfer, das CuA fehlt. Häm O ist eine Vorstufe des Häm A. Bei Cytochromoxidase bd ist die Sauerstoff-Affinität höher, dafür ist die Energiegewinnung etwas geringer.

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Komponenten der Atmungskette: Cytochrom-Oxidase

Umwandlung von Häm B über Häm O in Häm A

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Umwandlung der Hämringe

Varianten der Atmungskette bei verschiedenen Organismen

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Protonentransport

Der Transport der Protonen über die Membran läßt sich bei atmenden Bakterien direkt als Ansäuerung des Mediums nachweisen. Die Energie des Gradienten setzt sich aus elektrischem Potential und der Säure-Basen-Trennung zusammen: Protonenpotential ΔP = ΔE (Membranpotential) - Z* ΔpH

Bei ΔpH von 1,4 und 0,14 V Membranpotential* erhöht sich das Potential auf 0,224 V.

*Nicht viel, oder?

Protonentransport Der Transport der Protonen über die Membran läßt sich bei atmenden Bakterien direkt als Ansäuerung des Mediums nachweisen. Die Energie des Gradienten setzt sich aus elektrischem Potential und der Säure-Basen-Trennung zusammen: Protonenpotential ΔP = ΔE (Membranpotential) - Z* ΔpH

Bei ΔpH von 1,4 und 0,14 V Membranpotential* erhöht sich das Potential auf 0,224 V.

*Bei einer Membrandicke von 4-5 nm ist das eine Feldstärke von 280.000 - 350.000 V/cm!

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ATP-Gewinnung - die ATP-Synthase

ATP-Gewinnung Durch Protonenrückfluß durch die „F1FO-ATPase“ = ATP-Synthase wird ATP synthetisiert, indem ADP und Pi erst locker gebunden werden, eine Konformationsänderung preßt beide im „tight“-Zustand fest zusammen, eine weitere Konformationsänderung setzt das ATP frei. Die regelmäßigen Konformationsänderungen werden durch die im α3β3-Ring rotierende γ-Untereinheit bewirkt. Die „Reaktionskammern“ liegen zwischen γ und den drei β-Untereinheiten Die Reaktion (Rotation > ATP) ist reversibel, durch ATP-Spaltung rotiert γ im α3β3-Ring. Diese Rotation konnte im Experiment direkt nachgewiesen werden, indem ein fluoreszenzmarkiertes Aktin angekoppelt wurde, dessen Bewegung direkt sichtbar war.

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ATP-Gewinnung

Das Actin-Filament an der γ-Untereinheit rotiert über dem fixierten (αβ)3-Ring

ATP-Gewinnung

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ATP-Gewinnung Die Erzeugung der Rotation durch Protonenrückfluß geschieht in der Fo-Einheit. Protonen binden von außen an die a-Untereinheit, wandern auf eine c-Untereinheit weiter und werden nach innen abgegeben. Dadurch kommt es zu Konformationsänderungen von c, das sich dadurch „an a vorbeischiebt“. Pro Proton wird so der c-Ring und der anhängende Stiel aus γ- und ε-UE um je 30° gedreht. Der α3β3-Ring ist über UE b, den „Stator“, fest mit UE a verbunden und dreht daher nicht mit. Auch die Drehung des Fo-Teils konnte direkt beobachtet werden. Die tatsächliche Drehgeschwindigkeit bei der ATP-Synthese beträgt 50-100 Umdrehungen pro Sekunde.

ATP-Gewinnung

Durch Konformationsänderungen schiebt sich Untereinheit c an Untereinheiten a vorbei und dreht so den Ring um 30° weiter.

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ATP-Gewinnung

Modell zum Antrieb durch den Protonenfluß

ATP-Gewinnung

Struktur und Rotation der ATP-Synthase

Die Zahl der c-Untereinheiten variiert von 9 - 14, Hefe-Mitochondrien haben 10, Chloroplasten 14

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ATP-Gewinnung

Der Protonenfluß in Fo (und damit die Aktivität der ATP-Synthase) kann durch das Antibiotikum Oligomycin (daher das o in Fo, es ist ein kleines O, keine Null) gehemmt werden (OSCP im Schaft ist „Oligomycin sensitivity conferring protein“, wird es entfernt, funktioniert der Komplex normal, ist aber Oligomycin-unempfindlich), und von DCCD (Dicyclohexylcarbodiimid), das in Untereinheit a einen für den Protonentransport wichtigen Aspartatrest blockiert.

ATP-Gewinnung

Letztlich wird in der ATP-Synthase an zwei Stellen mechanische Energie (Rotationsenergie) konvertiert: im F1-Teil zwischen β und γ zu ATP, im Fo-Teil zwischen a und c aus dem Protonengradienten. Beide Schritte sind reversibel, daher kann ja durch ATP-Spaltung der Protonengradient aufgebaut werden. Man kann das a/c12-System von Fo als Elektromotor (getrieben von einem elektrischen Strom aus H+) ansehen, und das αβγ-System von F1 als chemischen Motor, in gewisser Hinsicht sogar als Explosionsmotor (das energiereiche ATP „explodiert“ in ADP und Pi und treibt die Drehung).

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ATP-Gewinnung

Während der c-Ring gleichmäßig rotiert, „springt“ die γ-Achse in ihre drei Positionen.