Liebe Leserinnen und Leser, - Research for Rare

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Juni 2016 Hintergrund: Interview: Paper of the Month: Professor Horsthemke, Verbund Imprinting-Erkrankungen Frau Professor Bruckner-Tudermann, Verbund Epidermolysis bullosa The atypical inhibitor of NF-κB, IκBζ, controls macrophage interleukin-10 expression Die Erforschung von Krankheitsursa- chen sowie die Entwicklung innovativer Therapien für Patienten mit seltenen Erkrankungen sind wichtige Ziele von Research for Rare. Das BMBF fördert seit 2003 For- schungsverbünde, die sich zum Ziel gesetzt haben, die Diagnostik durch ihre Grundlagen- und Therapieforschung zu beschleunigen und Betroffenen in Zukunft eine noch bessere Behandlung zuteil werden zu lassen. Im Jahre 2016 wurde die Förderlinie „Forschung für seltene Erkrankungen“ er- neuert. Es werden nun insgesamt 10 neue Forschungsverbünde über einen Zeitraum von drei Jahren gefördert. Wir wollen auch in Zukunft jeweils ein Netzwerk in unserem Newsletter vorstel- len - dieses Mal den Forschungsverbund Imprinting-Erkrankungen, koordiniert von Professor Horsthemke in Essen. Dass die bisherige Förderung von Forschungsverbünden sehr erfolgreich war, zeigt das Interview mit Frau Professor Bruckner-Tuderman (Freiburg) aus dem ehemals BMBF-geförderten Netzwerk Epidermolysis bullosa. Der Newletter enthält außerdem einen Kommentar zu einer aktuellen Arbeit des Verbunds für Autoinflammatorische Syndrome bei Kindern und Jugendlichen (AID-Net) und weist Sie auf aktuelle Infor- mationen, Veranstaltungen und Publikati- onen hin. Ihr Prof. Christoph Klein Mitglieder Research for Rare Liebe Leserinnen und Leser, Verbünde in der Förderung Autoinflammatorische Syndrome bei Kindern und Jugendlichen (AID-NET), Prof. Dr. Johannes Roth, Universitätsklinikum Münster Kognitive chromatinbedingte Störungen (CHROMATIN-NET) Prof. Dr. André Reis, Universitätsklinikum Erlangen Charcot-Marie-Tooth (CMT-NET) Prof. Dr. Michael W. Sereda, Universitätsmedizin Göttingen (UMG) Dystonien (DYSTRACT) Prof. Dr. Jens Volkmann, Universitätsklinikum Würzburg RASopathien (GeNeRARe) Prof. Dr. Martin Zenker, Universitätsklinikum Magdeburg Imprinting-Erkrankungen (Imprinting) Prof. Dr. Bernhard Horsthemke, Universitätsklinikum Essen Primäre Immundefekte (PID-NET) Prof. Dr. Christoph Klein, Universitätsklinikum München (LMU) Neuronale Ceroid-Lipofuszinose (NCL2TREAT) Prof. Dr. Braulke, Universitätsklinikum Hamburg - Eppendorf Frühkindliche zystische Nierenerkrankungen (NEOCYST) Prof. Dr. Martin Konrad, Universitätsklinikum Münster Speed Translation-Oriented Progress to Treat FSGS (STOP-FSGS) Prof. Dr. Marcus Möller, Universitätsklinik RWTH Aachen Ehemalig geförderte Verbünde Zelluläre Verfahren für seltene Lungenerkrankungen (CARPuD 2) Prof. Dr. Ulrich Martin, Medizinische Hochschule Hannover Kongenitale uro-rektale Malformationen (CURE Net) Dr. Ekkehart Jenetzky (DKFZ), PD Dr. Heiko Reutter (Universitätsklini- kum Bonn), Nicole Schwarzer (SOMA e.V.) Epidermolysis bullosa (EB-Net) Prof. Dr. Leena Bruckner-Tuderman, Universitätsklinikum Freiburg Craniofaziale Entwicklungsstörungen (FACE) Prof. Dr. Bernhard Zabel, Universitätsklinikum Freiburg Genetische Modifikation des CFTR-Gens bei CF (GALENUS) Prof. Dr. Joseph Rosenecker, Universitätsklinikum München (LMU) Leichtketten-(AL-) Amyloidose (Geramy) PD Dr. Stefan Schönland, Universitätsklinikum Heidelberg Erbliche Netzhauterkrankungen (HOPE) Prof. Dr. Bernd Wissinger, Universitätsklinikum Tübingen Neurologische und Ophthalmologische Ionenkanalerkrankungen (IonNeurONet). Prof. Dr. Holger Lerche, Universitätsklinikum Tübingen Muskeldystrophien (MD-NET) Prof. Dr. Maggie Walter (Universitätsklinikum München, LMU) Mitochondriale Erkrankungen (mitoNET) Prof. Dr. Thomas Klopstock Universitätsklinikum München (LMU) Motoneuronerkrankungen (MND-Net) Prof. Dr. Albert Ludolph, Prof. Dr. Jochen Weishaupt, Universitätsklinikum Ulm Ichthyosen (NIRK) Prof. Dr. Heiko Traupe, Universitätsklinikum Münster Sarkome (TranSarNet) Prof. Christoph Klein, Sprecher der Forschungsverbünde für seltene Erkrankungen Gemeinsam zu Diagnose und Therapie Research for Rare ist das Netzwerk von Forschungsverbünden für seltene Erkrankungen, die vom Bundesminis- terium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert werden. Im Zentrum der wissenschaftlichen Aktivitäten der Verbünde steht der von einer seltenen Erkrankung betroffene Patient. Unter www.research4rare.de. finden Sie unter anderem die Publikationslisten der Verbünde, unser aktuelles „Paper of the Month“ sowie Ausschreibungen und weitere Hinweise rund um das Thema „Forschung zu seltenen Erkrankungen“.

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Juni 2016

Hintergrund: Interview:Paper of the Month:

Professor Horsthemke, Verbund Imprinting-ErkrankungenFrau Professor Bruckner-Tudermann, Verbund Epidermolysis bullosaThe atypical inhibitor of NF-κB, IκBζ, controls macrophage interleukin-10 expression

Die Erforschung von Krankheitsursa-chen sowie die Entwicklung innovativer Therapien für Patienten mit seltenen Erkrankungen sind wichtige Ziele von Research for Rare.

Das BMBF fördert seit 2003 For-schungsverbünde, die sich zum Ziel gesetzt haben, die Diagnostik durch ihre Grundlagen- und Therapieforschung zu beschleunigen und Betroffenen in Zukunft eine noch bessere Behandlung zuteil werden zu lassen.

Im Jahre 2016 wurde die Förderlinie „Forschung für seltene Erkrankungen“ er-neuert. Es werden nun insgesamt 10 neue Forschungsverbünde über einen Zeitraum von drei Jahren gefördert.

Wir wollen auch in Zukunft jeweils ein Netzwerk in unserem Newsletter vorstel-len - dieses Mal den Forschungsverbund Imprinting-Erkrankungen, koordiniert von Professor Horsthemke in Essen.

Dass die bisherige Förderung von Forschungsverbünden sehr erfolgreich war, zeigt das Interview mit Frau Professor Bruckner-Tuderman (Freiburg) aus dem ehemals BMBF-geförderten Netzwerk Epidermolysis bullosa.

Der Newletter enthält außerdem einen Kommentar zu einer aktuellen Arbeit des Verbunds für Autoinflammatorische Syndrome bei Kindern und Jugendlichen (AID-Net) und weist Sie auf aktuelle Infor-mationen, Veranstaltungen und Publikati-onen hin.

Ihr Prof. Christoph Klein

Mitglieder Research for Rare

Liebe Leserinnen und Leser,Verbünde in der FörderungAutoinflammatorische Syndrome bei Kindern und Jugendlichen (AID-NET), Prof. Dr. Johannes Roth, Universitätsklinikum MünsterKognitive chromatinbedingte Störungen (CHROMATIN-NET)Prof. Dr. André Reis, Universitätsklinikum ErlangenCharcot-Marie-Tooth (CMT-NET)Prof. Dr. Michael W. Sereda, Universitätsmedizin Göttingen (UMG) Dystonien (DYSTRACT)Prof. Dr. Jens Volkmann, Universitätsklinikum WürzburgRASopathien (GeNeRARe)Prof. Dr. Martin Zenker, Universitätsklinikum MagdeburgImprinting-Erkrankungen (Imprinting)Prof. Dr. Bernhard Horsthemke, Universitätsklinikum EssenPrimäre Immundefekte (PID-NET)Prof. Dr. Christoph Klein, Universitätsklinikum München (LMU)Neuronale Ceroid-Lipofuszinose (NCL2TREAT)Prof. Dr. Braulke, Universitätsklinikum Hamburg - EppendorfFrühkindliche zystische Nierenerkrankungen (NEOCYST)Prof. Dr. Martin Konrad, Universitätsklinikum MünsterSpeed Translation-Oriented Progress to Treat FSGS (STOP-FSGS)Prof. Dr. Marcus Möller, Universitätsklinik RWTH Aachen

Ehemalig geförderte Verbünde Zelluläre Verfahren für seltene Lungenerkrankungen (CARPuD 2)Prof. Dr. Ulrich Martin, Medizinische Hochschule HannoverKongenitale uro-rektale Malformationen (CURE Net)Dr. Ekkehart Jenetzky (DKFZ), PD Dr. Heiko Reutter (Universitätsklini-kum Bonn), Nicole Schwarzer (SOMA e.V.)Epidermolysis bullosa (EB-Net)Prof. Dr. Leena Bruckner-Tuderman, Universitätsklinikum FreiburgCraniofaziale Entwicklungsstörungen (FACE)Prof. Dr. Bernhard Zabel, Universitätsklinikum FreiburgGenetische Modifikation des CFTR-Gens bei CF (GALENUS)Prof. Dr. Joseph Rosenecker, Universitätsklinikum München (LMU)Leichtketten-(AL-) Amyloidose (Geramy)PD Dr. Stefan Schönland, Universitätsklinikum HeidelbergErbliche Netzhauterkrankungen (HOPE)Prof. Dr. Bernd Wissinger, Universitätsklinikum TübingenNeurologische und Ophthalmologische Ionenkanalerkrankungen (IonNeurONet). Prof. Dr. Holger Lerche, Universitätsklinikum TübingenMuskeldystrophien (MD-NET)Prof. Dr. Maggie Walter (Universitätsklinikum München, LMU)Mitochondriale Erkrankungen (mitoNET)Prof. Dr. Thomas Klopstock Universitätsklinikum München (LMU)Motoneuronerkrankungen (MND-Net)Prof. Dr. Albert Ludolph, Prof. Dr. Jochen Weishaupt, Universitätsklinikum UlmIchthyosen (NIRK)Prof. Dr. Heiko Traupe, Universitätsklinikum MünsterSarkome (TranSarNet)

Prof. Christoph Klein, Sprecher der Forschungsverbünde für seltene Erkrankungen

Gemeinsam zu Diagnose und Therapie

Research for Rare ist das Netzwerk von Forschungsverbünden für seltene Erkrankungen, die vom Bundesminis-

terium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert werden. Im Zentrum der wissenschaftlichen Aktivitäten der

Verbünde steht der von einer seltenen Erkrankung betroffene Patient. Unter www.research4rare.de. finden Sie

unter anderem die Publikationslisten der Verbünde, unser aktuelles „Paper of the Month“ sowie Ausschreibungen

und weitere Hinweise rund um das Thema „Forschung zu seltenen Erkrankungen“.

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Aktuelle Publikationen

Genome-wide methylation analysis of retrocopy-associated CpG islands and their genomic environmentGrothaus K, Kanber D, Gellhaus A, Mikat B, Kolarova J, Siebert R, Wieczorek D, Horsthemke B. Epigenetics. 2016 Feb 18:0. [Epub ahead of print] PMID: 26890210

Paternally Inherited IGF2 Mutation and Growth RestrictionBegemann M, Ph.D., Zirn B, M.D., Ph.D., Santen G, M.D., Ph.D., Wirthgen E, Ph.D., Soellner L, M.Sc., Büttel HM, M.D.,

Schweizer R, M.D., van Workum W, Ph.D., Binder G, M.D., and Eggermann, T Ph.D.N Engl J Med 2015; 373:349-356July 23, 2015

A maternal deletion upstream of the imprint control region 2 in 11p15 cau-ses loss of methylation and familial Beckwith-Wiedemann syndromeBeygo J, Joksic I, Strom TM, Lüdecke HJ, Kolarova J, Siebert R, Mikovic Z, Horsthemke B, Buiting K. Eur J Hum Genet. 2016 Feb 3. doi: 10.1038/ejhg.2016.3. [Epub ahead of print]

Array-based DNA methylation analy-sis in individuals with developmental delay/intellectual disability and normal molecular karyotype.Kolarova J, Tangen I, Bens S, Gilles-sen-Kaesbach G, Gutwein J, Kautza M, Rydzanicz M, Stephani U, Siebert R, Ammerpohl O, Caliebe A.Eur J Med Genet. 2015 Aug;58(8):419-25. doi: 10.1016/j.ejmg.2015.05.001. Epub 2015 May 21.PMID: 26003415 [PubMed - indexed for MEDLINE]

Der falschen Prägung auf der SpurDas menschliche Erbgut umfasst etwa 23000 Gene. Die meisten sind doppelt vorhanden, da sich bei der Befruchtung einer Eizelle durch eine Samenzelle das mütterliche und väterliche Erbma-terial addieren. Bei rund 100 Genen jedoch ist eine der beiden elterlichen Kopien stillgelegt. Ein natürlicher Prozess beraubt sie während der Entwicklung der Eizelle oder der Samenzelle ihrer biologischen Tatkraft. „Genetisches Imprinting“ nennen die Biolo-gen diesen Vorgang des Prägens, der gravierende Folgen haben kann. Denn er macht die nur einfach aktiven Gene besonders fehleranfällig. „Während sich Mutationen an anderen Genen in der Regel durch ihre aktive Kopie ausgleichen lassen, führen Schäden an den ge-prägten Genen zu mehr oder weniger schweren Erkrankungen“, sagt Prof. Bernhard Horsthemke, Leiter des Instituts für Human-genetik am Universitätsklinikum Essen und Koordinator des Netzwerks Imprinting-Er-krankungen. Derzeit kennen die Mediziner acht Krankheiten, bei denen geprägte Gene betroffen und die alle durch geistige oder körperliche Entwicklungsstörungen gekennzeichnet sind: etwa das Prader-Wil-li-, das Angelman- und das Silver-Rus-sell-Syndrom, eine Form des Kleinwuchses. „Alle diese Krankheiten treten selten auf und lassen sich gut diagnostizieren“, sagt Horsthemke. Doch was genau bei ihrer Ent-stehung geschieht und wie die Prägefehler letztlich den Körper krankmachen, ist noch weitgehend unbekannt. Diesen biologischen Prozessen wollen Wissenschaftler an meh-reren deutschen Kliniken und Forschungs-instituten in dem Netzwerk auf die Spur kommen. Die Hoffnung der Forscher: Wenn sie die Entstehungsmechanismen der bislang unheilbaren Krankheiten durchschau-

en, könnten sich diese irgendwann kurieren lassen.Diesen Weg versuchen die Wissenschaftler in einem For-schungsprojekt direkt zu gehen: „Die inaktiven Gen-Kopien sind zwar ausgeschaltet, aber dennoch vorhanden“, sagt Bernhard Horsthemke. „Daher versuchen wir, die stillgelegten Kopien wie-der aufzuwecken.“ So lassen sich vielleicht auch die Symptome der Erkrankung beseitigen. In anderen Projekten erzeugen die Wissenschaftler aus dem Körpergewebe von Patienten Stamm-zellkulturen, um daran im Labor die Krankheitsmechanismen zu untersuchen.Dass diese viel komplizierter sind, als die Forscher vor einigen Jahren noch geglaubt haben, belegt eine neue Entdeckung: Die Forscher fanden heraus, dass oft nicht nur ein Gen falsch geprägt ist, sondern Defekte an mehreren Genen dazu beitra-

gen. Die Experten sprechen von multiplen Imprinting-Fehlern. „Da gibt es offenbar ein übergeordnetes Problem im Körper“, stellt Horsthemke fest. Auch das wollen die Forscher im Netzwerk Imprinting-Erkran-kungen aufspüren. Von diesen Erkrankungen gibt es mögli-cherweise noch mehr als die acht heute bekannten. Ein Indiz dafür sind mehrere Gene, die offenbar auch fehlerhaft geprägt sein können – und die von den Wissen-schaftlern des Netzwerks entdeckt wurden. So könnten sich manche Erkrankungen, die die Mediziner bisher nicht mit Imprin-ting-Defekten in Verbindung gebracht haben, auch auf diese Ursache zurückfüh-

ren lassen. Die Arbeit der Forscher, die auch direkt mit Patienten zusammenarbeiten und verschiedene Selbsthilfegruppen unterstüt-zen, bleibt also weiterhin spannend.

Portrait

Prof. Dr. Bernhard HorsthemkeKoordinator Imprinting ErkrankungenInstitut für HumangenetikUniversitätsklinikum Essen

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Die Dermatologin Prof. Dr. Leena Bruckner-Tuderman ist Ärztliche Direkto-rin der Universitätsklinik für Dermatologie & Venerologie Freiburg sowie Mitglied im Vorstand und Sprecherin des Netzwerks Epidermolysis bullosa.

Was ist Epidermolysis bullosa, Frau Prof. Bruckner-Tuderman?

Epidermolysis bullosa, kurz EB, ist eine erblich bedingte Hauterkrankung. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass die Haut sehr verletzlich ist. Schon bei einer leichten Berührung entstehen schmerz-hafte Blasen und Wunden. Ursache sind Mutationen verschiedener Gene. Durch sie ist die obere Hautschicht nur schwach mit den darunter liegenden Schichten verankert.

Wie viele Menschen sind davon betroffen?

In Deutschland leiden etwa 1000 Menschen an einer mittelschweren bis schweren Form der EB.

Was lässt sich tun, um ihnen zu helfen?

Genau genommen reden wir bei EB von einer ganzen Gruppe von Krank-heiten. Darunter sind relativ milde, aber auch sehr schwere Formen mit starker körperlicher Behinderung und verkürzter Lebensdauer. Bei einer schwächeren Form lassen sich die Wunden durch eine gründliche Hautpflege behandeln. Bei Patienten mit schwerer Erkrankung kommt es oft auch zu Symptomen in Augen, Mundschleimhaut oder Speiseröhre. Dann ist eine Kooperation verschiedener

Fachärzte erforderlich, etwa zwischen Haut- und Augen- oder Zahnarzt. Es geht aber stets um Therapien zur Linderung der Symptome – eine Heilung der Krank-heit ist bisher nicht möglich. Bis dahin ist es, glaube ich, noch ein weiter Weg.

Welchen Beitrag leistet das Netz-werk Epidermolysis bullosa?

In dem Netzwerk kooperieren seit zwölf Jahren Ärzte und Forscher diverser Disziplinen und Standorte in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sie haben ein Patientenregister und eine Biomaterial-bank aufgebaut und durch systematische Grundlagenforschung, etwa in Experi-menten an Tiermodellen, neue wissen-schaftlich begründete Therapien entwi-ckelt. Zudem entstanden schnellere und zuverlässigere Diagnosemöglichkeiten. Während der Nachweis einer EB-Erkran-

kung früher Monate oder Jahre dauerte, steht die Diagnose heute nach zwei bis vier Wochen.

Welchen Stellenwert hat das Netz-werk EB?

Es hat sich zu einem der weltweit größ-ten und bedeutsamsten koordinierenden Zentren entwickelt. Im deutschsprachigen Raum ist die Vernetzung vieler Ärzte und Wissenschaftler entscheidend, die auch mit Kollegen in anderen Ländern koope-rieren. Die guten internationalen Kontakte helfen bei der Forschung und sind wichtig in medizinisch komplexen Situationen, etwa bei einer sehr schweren Erkrankung.

Welchen direkten Nutzen haben Patienten?

Wenn in Deutschland ein Kind mit Ver-dacht auf Epidermolysis bullosa geboren wird, erhalten wir sofort Proben, um die Erkrankung schnell und sicher zu diagnos-tizieren. So kann die klinische Therapie unmittelbar nach der Diagnose begin-nen. Auch eine Teilnahme an klinischen Studien ist dann prinzipiell möglich. In unserem Freiburger Zentrum können sich Betroffene zudem persönlich beraten und behandeln lassen. Dabei stehen wir in engem Austausch mit Ärzten in der Nähe des Wohnorts.

Wie geht es weiter?Im Herbst beginnt eine neue Studie.

Darin geht es darum, Kinder und Jugend-liche mit einer speziellen, schweren Form von EB mit einem verträglichen Medika-ment zu behandeln. Aufgrund von For-schungsergebnissen sind wir überzeugt, dass das gut funktionieren wird.

Neue Therapien und eine schnellere Diagnose

Prof. Leena Bruckner-TudermanÄrztliche Direktorin Universitätsklinik für Dermatologie & Venerologie Freiburg

Ausgewählte Publikationen des EB-Net

Injury-Driven Stiffening of the Dermis Expedites Skin Carcinoma Progressi-on.Mittapalli VR, Madl J, Löffek S, Kiristi D, Kern JS, Römer W, Nyström A, Bruck-ner-Tuderman L. Cancer Res. 76:940-51, 2016

Losartan ameliorates dystrophic epi-dermolysis bullosa and uncovers new disease mechanisms. Nyström A, Thriene K, Mittapalli V, Kern JS, KIristi D, Dengjel J, Bruckner-Tuder-man L. EMBO Mol´Med. 7:1211-28, 2015

High Local Concentrations of Intrader-mal MSCs Restore Skin Integrity and Faciliate Wound Healing in Dystrophic Epidermolysis Bullosa. Kühl T, Mezger M, Hausser I, Handgretin-ger R, Bruckner-Tuderman L, Nyström A. Mol Ther. 23:1368-79, 2015

3 Interview

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Informationen VeranstaltungenPublikationen

Medical Genetics Summer SchoolDas Institut für Medizinische Genetik und Angewandte Genomik des Universitäts-klinikums Tübingen versanstaltet eine Medical Genetics Summer School. Die Summer School beschäftigt sich mit der Komplexität von next generation sequen-cing und deren interdisziplinäre Analyse zur Identifikation von krankheitsverur-sachenden Genvariationen. Es können sowohl Doktoranden als auch PostDocs teilnehmen.https://medgen.medizin.uni-tuebingen.de/(...)

Dr. Holger Müller Preis 2015 an Göttin-ger Wissenschaftlerinnen für weg-weisende Erforschung des seltenen Kabuki-SyndromsDie Nachwuchswissenschaftlerinnen Dr. Nina Bögershausen vom Institut für Humangenetik der Universitätsmedizin Göttingen und Dr. I-Chun Tsai von der Duke University, Durham, USA, werden für jüngste Erfolge in der Erforschung des

seltenen Kabuki-Syndroms ausgezeich-net. Den Forscherinnen ist es gelungen, zwei neue Gendefekte zu identifizieren, die für das Kabuki-Syndrom verantwortlich sind. Außerdem konnten sie nachweisen, dass die Folgen der Gendefekte medika-mentös beeinflussbar sind. Die Forscher hoffen, so die Entwicklung neuer Thera-pien einen positiven Impuls gegeben zu haben.http://www.research4rare.de/aktuelles/presse/ Verbund kraniofaziale Erkrankungen (FACE)

Filmbeitrag: Forschung und Selbsthilfe – gemeinsam für Patienten mit selte-nen ErkrankungenIn diesem Beitrag wird die Zusammen-arbeit von Selbsthilfe und Forschung vorgestellt. Wissenschaftler der Verbünde Imprinting und mitoNET (mitochondriale Erkrankungen) stellen ihre Arbeit vor.Zum Filmbeitrag

Summer School: Genetics and Immu-nity – lessons from children with rare diseases of the immune systemhttp://www.ten-for-rare.com/deutsch/kalen-der/

Eva Luise Köhler Forschungspreis 2017Die Eva Luise und Horst Köhler Stiftung für Menschen mit seltenen Erkrankungen vergibt 2017 in Zusammenarbeit mit der Allianz Chronischer Seltener Erkrankun-gen (ACHSE) einen Preis für ein For-schungsprojekt, das sich mit seltenen Er-krankungen beschäftigt. Der Preis ist mit 50.000 Euro dotiert. Bewerbungen können bis zum 4. September 2016 eingereicht werden. Mehr Informationen unter:http://www.achse-online.de/(...)

4 Aus den Verbünden

Impressum und Kontakt:

Geschäftsstelle der Forschungsverbünde für seltene ErkrankungenKinderklinik und Kinderpoliklinik im Dr. von Haunerschen KinderspitalLindwurmstraße 480337 MünchenTel.: +49-89-4400-55126Fax.: +49-89-4400-57702 www.research4rare.de

Paper of the MonthJeden Monat kürt Research for Rare ein Paper aus dem Kreis der Forschungsverbünde und verfasst eine Kurzzusammenfas-sung. Diese können Sie hier einsehen: Paper of the Month

Paper of the Month - April The atypical inhibitor of NF-κB, IκBζ, controls macrophage interleukin-10 expression

Hörber S, Hildebrand DG, Lieb WS, Lorscheid S, Hailfinger S, Schul-ze-Osthoff K, Essmann F. J Biol Chem. 2016 Jun 10;291(24):12851-61. Epub 2016 Apr 18.

Wichtige biologische Prozesse müssen im Körper sehr eng- maschig kontrolliert werden, oftmals sind zu geringe und zu starke Aktivität gleichermaßen verheerend.

Häufig wird Kontrolle erreicht, indem einzelne Proteine gleich-zeitig gegenteilige Effekte haben. Der jeweilige Effekt kann sich also in Bezug auf die Stimulation, den Zeitverlauf, den jeweiligen Wirkort oder die betroffene Zelle grundlegend unterscheiden. Diese Art der Kontrolle lässt sich gut an Hand des Immunsys-tems verstehen. Störungen der Immunantwort können sowohl mit einer verminderten Immunantwort und erhöhter Infektneigung als auch mit Autoimmunität bzw. Autoinflammation einhergehen; nicht selten liegt auch beides vor.

Eine aktuelle Arbeit aus dem Verbund Autoinflammatorische Syndrome bei Kindern und Jugendlichen (AID-Net) veranschau-licht dies beispielhaft. IκBζ ist ein Transkriptionsfaktor der IκB-

Familie, welcher als Co-Regulator im essentiellen NF-κB-Sig-nalweg dient. In der Vergangenheit konnte gezeigt werden, dass IκBζ für die Sekretion proinflammatorischer Zytokine wichtig ist. Überraschenderweise zeigt die IκBζ knockout-Maus einen autoinflammatorischen Phänotyp. Ausgehend von diesem Wider-spruch haben Hörber et al untersucht, ob IκBζ auch anti-inflam-matorische Zytokine reguliert und ob diese dem klinischen Phä-notyp zu Grunde liegen können. Im Fokus stand dabei IL-10, das wahrscheinlich wichtigste antiinflammatorische Zytokin, dessen Mangel zu schweren angeborenen entzündlichen Darmerkran-kungen führt. Im Mausmodell konnte die Gruppe zeigen, dass ein Knockout von IκBζ nicht nur zu einem Mangel an proinflammat-orischen Zytokinen, sondern in einem deutlich größeren Umfang auch von IL-10 führt. Die dafür zu Grunde liegenden Regulations-mechansimen konnten anschließend in einem zellulären Modell sehr sauber herausgearbeitet werden.

In der Summe zeigt die Arbeit sehr schön, wie antagonisieren-de Effekte zur engmaschigen Kontrolle wichtiger Prozesse einge-setzt werden. Welcher der widersprüchlichen Effekte letztendlich funktionell überwiegt, zeigt sich nur am Phänotyp des Gesamtor-ganismus. Dies erklärt die Bedeutung von Tierversuchen, da ein-zelne Zelllinien diese Komplexität (noch?) nicht abbilden können. Im humanen System helfen uns hier seltene Erkrankungen.

Autor: Dr. Tilmann Schober, Dr. von Haunersches Kinderspital, LMU, München