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Versuch 6: Induktion der β-Galaktosidase von Escherichia coli Seite 1 von 6 Induktion der β-Galaktosidase von Escherichia coli 1. Einleitung Das Bakterium Escherichia coli ist in der Lage verschiedene Substrate für seinen Stoffwechsel zu nutzen. Neben Glucose und Acetat kann es auch das Disaccharid Lactose verwerten. Die für den Lactosestoffwechsel benötigten Enzyme werden gemeinsam als so genanntes lac-Operon reguliert. Das Operon umfasst einen lac-Promotor, einen lac-Operator sowie die Strukturgene für die Enzyme β-Galaktosidase (lacZ), Lactosepermease (lacY) und Transacetylase (lacA). Zur Regulation der Enzymexpression unterliegt das gesamte lac-Operon sowohl einer positiven, als auch einer negativen Kontrolle. Wenn keine Lactose im Nährmedium vorhanden ist, werden die Enzyme des Lactosestoffwechsels durch den lac-Repressor (lacI), der in der DNA vor dem Lac- Operon codiert ist, unterdrückt. Der Repressor bindet an die Operatorregion des lac-Operons und verhindert die Transkription der Strukturgene. Ist Lactose (β-D- Galactosyl-β-1,4-D-Glucose) im Medium vorhanden, wird diese von der β- Galactosidase zu Allolactose (β-D- Galactosyl-β-1,6-D-Glucose) umgesetzt, welche dann als Induktor für die Expression der Strukturgene des lac-Operons wirkt. Der Induktor bindet an den Repressor woraufhin sich dessen Konformation ändert und eine Bindung an den Operator nicht Abb. 2 Lactose Abb. 1 Bestandteile des Lac-Operons

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Induktion der β-Galaktosidase von Escherichia coli

1. Einleitung

Das Bakterium Escherichia coli ist in der Lage verschiedene Substrate für seinen

Stoffwechsel zu nutzen. Neben Glucose und Acetat kann es auch das Disaccharid

Lactose verwerten. Die für den Lactosestoffwechsel benötigten Enzyme werden

gemeinsam als so genanntes lac-Operon reguliert.

Das Operon umfasst einen lac-Promotor, einen lac-Operator sowie die Strukturgene

für die Enzyme β-Galaktosidase (lacZ),

Lactosepermease (lacY) und

Transacetylase (lacA).

Zur Regulation der Enzymexpression

unterliegt das gesamte lac-Operon

sowohl einer positiven, als auch einer

negativen Kontrolle.

Wenn keine Lactose im Nährmedium vorhanden ist, werden die Enzyme des

Lactosestoffwechsels durch den lac-Repressor (lacI), der in der DNA vor dem Lac-

Operon codiert ist, unterdrückt. Der

Repressor bindet an die Operatorregion des

lac-Operons und verhindert die Transkription

der Strukturgene. Ist Lactose (β-D-

Galactosyl-β-1,4-D-Glucose) im Medium

vorhanden, wird diese von der β-

Galactosidase zu Allolactose (β-D-

Galactosyl-β-1,6-D-Glucose) umgesetzt, welche dann als Induktor für die Expression

der Strukturgene des lac-Operons wirkt. Der Induktor bindet an den Repressor

woraufhin sich dessen Konformation ändert und eine Bindung an den Operator nicht

Abb. 2 Lactose

Abb. 1 Bestandteile des Lac-Operons

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mehr möglich ist (negative Regulation). Zur endgültigen Expression der Enzyme des

Lactosestoffwechsels bedarf es aber auch eines positiven Regulationssignals.

In einem glucosefreien Medium bildet die Zelle cyclisches AMP (cAMP), das als

„Hungersignal“ wirkt. cAMP bildet mit dem Genaktivatorprotein CRP (cAMP Rezeptor

Protein) einen Komplex, der an dem Promotor bindet und damit die Expression der

Strukturgene ermöglicht. Die Bildung von cAMP wird durch das

Phosphotransferasesystem (PTS) kontrolliert.

Um Glucose in die Zelle aufnehmen zu können, wird diese über eine Enzymkaskade,

die man als PTS bezeichnet, phosphoryliert. Als Phosphat-Donor dient

Phosphoenolpyruvat, dass das Phosphat auf das Enzym EI überträgt. Von EI aus

wird das Phosphat über HPr und EIII auf EIIA übertragen. EIIA überträgt das Phosphat

dann auf Glucose, welche als Glucose-6-Phosphat in die Zelle aufgenommen wird.

Diesen Transportmechanismus bezeichnet man als Gruppentranslokation, da das

Substrat während der Aufnahme in die Zelle chemisch verändert wird.

In einem glucosehaltigen Medium liegt das Enzym EIIA hauptsächlich

dephosphoryliert vor. Dieser Zustand wirkt sowohl auf die Adenylat-Cyclase, als auch

auf die Lactosepermease hemmend. Es kann also weder cAMP gebildet werden

(durch die Adenylat-Cyclase) noch Lactose in größerem Umfang in die Zelle

transportiert werden (durch die Lactosepermease).

Abb. 3 Phosphotransferasesystem von E.coli

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Ist im Medium keine Glucose vorhanden, liegt das Enzym EIIA meist im

phosphorylierten Zustand vor. Dieser Zustand aktiviert die Adenylat-Cyclase und

cAMP kann gebildet werden. Das gebildete cAMP kann jetzt mit CRP zu einem

Komplex zusammentreten und die Expression der Enzyme des lac-Operons

aktivieren (natürlich muss auch das zweite Signal des Induktors vorhanden sein).

Bei Fehlen von Glucose wird außerdem die Hemmung der Lactosepermease

aufgehoben und Lactose kann in die Zelle aufgenommen werden (im Symport mit

H+-Ionen).

Um zu gewährleisten, dass der Stoffwechsel wirklich nur bei Fehlen von Glucose auf

Lactoseverwertung umschaltet, muss cAMP kontinuierlich aus der Zelle entfernt

werden. Wenn es zu einer Akkumulation von cAMP kommen würde, würden die

Enzyme des Lactosestoffwechsels auch bei Vorhandensein von Glucose aktiviert

werden können und somit ein ungünstigeres Substrat verwertet werden.

Wenn die Lactose in die Zelle aufgenommen wird, wird sie durch die β-Galactosidase

in Glucose und Galactose gespalten. Glucose kann direkt den Hexoseabbauwegen

zugeführt werden. Galactose muss vor dem Abbau erst zu Glucose isomerisiert

werden.

Damit das System funktionieren kann, muss in der Zelle ständig eine geringe Anzahl

der Enzyme des Lactosestoffwechsels expremiert werden. Wäre dies nicht der Fall,

könnte Lactose weder in die Zelle aufgenommen werden, noch könnte sie in

Allolactose umgesetzt werden und als Induktor wirken. Wenn das lac-Operon

aktiviert wird, kann die Konzentration der Enzyme in der Zelle um den Faktor 1000

steigen.

Bei Kultivierung von E.coli in Medien die Glucose und Lactose enthalten, tritt eine so

genannte Diauxie auf. Damit bezeichnet man einen doppelten Wachstumscyclus

bzw. ein zweiphasiges Wachstum, das dadurch bedingt ist, dass zuerst sämtliche im

Medium enthaltene Glucose verstoffwechselt wird, bevor die Enzyme des

Lactosestoffwechsels gebildet werden. Erst danach wird die Lactose als Substrat

genutzt. Die Diauxie ist mit den oben ausgeführten Regulationsmechanismen des

lac-Operons leicht zu erklären.

Im vorliegenden Versuch soll die Induktion des lac-Operons über das Enzym β-

Galactosidase untersucht werden. Dazu werden unter entsprechenden Bedingungen

gezüchtete Vorkulturen mit einem induzierenden (Lactose) und einem nicht

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induzierenden (Glucose) Medium gezüchtet. Außerdem wird ein Medium verwendet,

das sowohl Glucose als auch Lactose enthält.

Nach ca. zweistündiger Inkubation wird über die OD578 die gebildete Zellmasse

(Zellzahl) bestimmt. Danach wird die Aktivität der β-Galactosidase ermittelt. Dazu

werden die Zellen mit Detergenzien permeabilisiert ohne dass die β-Galactosidase

geschädigt wird. Als Nachweisreagenz dient σ-Nitrophenyl-β-Galactosid (ONPG), ein

Strukturanalogon der Lactose, dass durch die β-Galactosidase in Galactose und σ-

Nitrophenol gespalten wird.

Das gebildete σ-Nitrophenol ist gelb gefärbt und kann photometrisch bei 420nm

gemessen werden.

2. Material und Methoden

Die ausführliche Versuchsbeschreibung sowie die Zusammensetzung der

verwendeten Lösungen sind im Skript (Versuch 6) zu finden.

3. Ergebnisse

Zur Berechnung der Enzymaktivität der β-Galactosidase wurde die Optische Dichte

der Versuchskulturen im Photometer bei 578nm bestimmt.

Tab. 1: Bestimmung der OD578 der Versuchskulturen

Blindwert (BW) = 0,050

OD578 Glucose Lactose Glucose + Lactose unverdünnt-BW 0,474 0,455 0,476

verdünnt-BW 0,29 - 0,24 Verdünnungsfaktor 2 - 2

Endwert 0,58 0,455 0,48

Lagen die ermittelten Werte über 0,5 wurde eine entsprechende Verdünnung

durchgeführt.

Abb. 4: Spaltung des ONPG durch die β-Galactosidase

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Die Aktivität der β-Galaktosidase wurde ebenfalls photometrisch bestimmt.

Gemessen wurde die Absorption des σ-Nitrophenols bei 420nm.

Tab. 2: Bestimmung der Aktivität der β-Galactosidase

Glucose Lactose Glucose + LactoseInkubationszeit 30min 3min 30min

Blindwert 0,051 0,058 0,048 E420 (1) 0,057 0,51 0,319 E420 (2) 0,055 0,483 0,319 E420 (3) 0,056 0,482 0,317

Mittelwert (1-3) 0,056 0,492 0,318 Mittelwert-BW 0,005 0,434 0,270

Miller Units 1 1589 94

Von den jeweils drei ermittelten Werten wurde der Mittelwert gebildet und der

Blindwert abgezogen. Zur Berechnung der Enzymaktivität in Miller-Units wurde

folgende Formel verwendet:

1000 * (E420 Probe – E420 BW) Aktivität (Miller-Units) = -------------------------------------------------------------- Zeit [min] * VProbe [ml] * (OD578 Probe – OD578 Medium) Die Berechnung der Miller-Units soll am Beispiel des Lactose Ansatzes demonstriert

werden:

1000 * (0,492 – 0,058) Aktivität (Miller-Units) = ------------------------------------ = 1589 30 * 0,2 * (0,505 – 0,05)

4. Diskussion

Die Ergebnisse des Versuches entsprachen vollkommen unseren Erwartungen.

Wenn E. coli in einem Medium kultiviert wird, dass als C-Quelle ausschließlich

Glucose enthält, ist die Aktivität der Enzyme des Lactoseabbauweges sehr gering.

Es werden nur äußerst geringe Mengen der Enzyme gebildet, die dazu dienen,

Lactose im Medium zu erkennen um bei Bedarf auf den Lactosestoffwechsel

umschalten zu können (siehe auch Einleitung).

Eine Kultivierung mit lactosehaltigem Medium ohne Glucose führt zu einer

Aktivitätssteigerung der Enzyme um mehr als das tausendfache. Lactose bzw.

Allolactose aktiviert zusammen mit dem in Abwesenheit von Glucose gebildeten

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cAMP-CRP-Komplex die Produktion der Enzyme des lac-Operons. Somit kann

Lactose gespalten und die Monomere in den Hexosestoffwechsel eingebracht

werden.

Wird dem Nährmedium sowohl Glucose als auch Lactose zugesetzt, beginnt E. coli

zuerst mit der Verwertung der Glucose. Erst wenn die Glucose komplett verbraucht

ist, wird vollständig auf den Lactosestoffwechsel umgeschaltet, da erst dann das

positive cAMP-CRP Signal auf das lac-Operon einwirken kann. Wie in der Einleitung

ausgeführt wurde, bezeichnet man dieses zweiphasige Wachstum als Diauxie.

Dennoch findet auch schon während der Glucoseverwertung eine stärkere

Produktion der Enzyme des Lactosestoffwechsels statt, die als eine erhöhte

Enzymaktivität (in Miller-Units) im Versuch erkannt werden konnte.

5. Literatur

Schlegel: Allgemeine Mikrobiologie, 1992

Skript zum Praktikum

Internet