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Lias-Fossilien aus der Tongrube Eichenberg, Nordhessen Fossilreiche Aufschlüsse im Lias des Leinetalgrabens sind eine Seltenheit. Eine Ausnahme hiervon bildet die Tongrube bei Eichenberg an der Grenze von Nordhessen zu Niedersach- sen, welche etwa 20 m Ton- und Mergelschiefer des höheren Lias a 3 mit einer individuenreichen Ammonoideenfauna (Arnioceras ssp., Euagassiceras resupinatum) erschließt. Die Muschelfauna wird durch eine artenarme Vergesellschaftung von dünnschaligen, vorwiegend epibyssaten Formen repräsen- tiert, wie sie in schlecht durchlüfteten Sedimentationsräumen des Unterjura typisch ist Der Lias des Leinetalgrabens Der tiefere Jura des Leinetalgrabens in der Region um Göttingen umfaßt weitgehend monotone, fossilarme Abfolgen von Tonmergeln mit La- gen karbonatischer Konkretionen (SCHMIDT in STILLE, 1932; RETTBERG, 1991). Etwas reicher an Makrofossi- lien ist nur der basale Abschnitt des Lias α 1 (SCHMIDT in STILLE, 1932; LANGHEINRICH, 1966), wenngleich die Erhaltung oft mangelhaft ist. Heutige Restaufschlüsse, so auf dem Gelände der ehemaligen Tongrube Levin in Göttingen oder bei Parensen, bieten nur noch geringe Fundmöglichkeiten. Gut aufgeschlossen ist nur der Lias α 1 bis α 2 (Hettangium) in den Tongruben Göttingen-Rosdorf (SCHMIDT in STILLE, 1932; WÜSTEMANN, 1991). In der 15 km südlich von Göttingen gelegenen Tongrube Eichenberg am Südende des Leinetalgrabens, unmit- telbar an der Grenze Niedersachsen- Hessen, sind dagegen Tonmergel und Mergelschiefer des höheren Lias α 3 (tieferes Sinemurium) erschlossen, die sich durch eine überraschend reiche Fossilführung und gute Erhaltung auszeichnen. Dieses tektonisch isolierte Lias-Vor- kommen am Knotenpunkt von Leine- tal-, Lichtenauer und Eichenberg- Graben ist eines der wenigen Relikte, die die Existenz der Hessischen Straße als verbindenden Meeresarm zwi- schen nord- und süddeutschem Raum für den Unterjura belegen. Die einzige Beschreibung geht auf MOESTRA (1883) zurück und bezieht sich auf An- schnitte bzw. Ausschachtungen ent- lang der Eisenbahntrasse Göttingen- Kassel. In einer kurzen Beschreibung der Schichtenfolge werden, auf Ton- mergel der Angulatenschichten ( α 2 ) folgend, dunkle Mergel mit "Ammo- nites geometricus " (Arnioceras oppeli GUÉRIN-FRANIATTE) erwähnt. Lias β bis δ liegen ebenso in tonmergeliger Fazies vor und sind durch Fossilfunde belegt (siehe auch BEYSCHLAG, 1886). Zur etwa 900 m nordöstlich des Bahn- hofs gelegenen Tongrube nahe der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze fanden sich keine Angaben in der Literatur. Der vorliegende Beitrag soll G. Arp, D. Persoh, A. Reimer, J. Reitner & M. Sosnitza a = alpha nach Quenstedt, der die Schichtfolgen von Lias, Dogger und Malm mit griechi- schen Buchstaben bezeichnete. Auf alpha folgen ß = beta, ? = gamma, d = delta, e = epsi- lon und ? = zeta. 108 FOSSILIEN 2/00

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Lias-Fossilien aus derTongrube Eichenberg,Nordhessen

Fossi lreiche Aufschlüsse im Lias des Leinetalgrabens s indeine Sel tenhei t . Eine Ausnahme hiervon bi ldet die Tongrubebei Eichenberg an der Grenze von Nordhessen zu Niedersach-sen, welche etwa 20 m Ton- und Mergelschiefer des höherenLias α 3 mit e iner individuenreichen Ammonoideenfauna(Arnioceras ssp. , Euagassiceras resupinatum) erschließt . DieMuschelfauna wird durch eine artenarme Vergesel lschaftungvon dünnschaligen, vorwiegend epibyssaten Formen repräsen-t iert , wie s ie in schlecht durchlüf teten Sedimentat ionsräumendes Unterjura typisch is t

Der Lias des LeinetalgrabensDer tiefere Jura des Leinetalgrabensin der Region um Göttingen umfaßtweitgehend monotone, fossilarmeAbfolgen von Tonmergeln mit La-gen karbonatischer Konkretionen(SCHMIDT in STILLE, 1932; RETTBERG,1991). Etwas reicher an Makrofossi-lien ist nur der basale Abschnitt desLias α1 (SCHMIDT in STILLE, 1932;LANGHEINRICH, 1966), wenngleich dieErhaltung oft mangelhaft ist. HeutigeRestaufschlüsse, so auf dem Geländeder ehemaligen Tongrube Levin inGöttingen oder bei Parensen, bietennur noch geringe Fundmöglichkeiten.Gut aufgeschlossen ist nur der Lias α1

bis α2 (Hettangium) in den TongrubenGöttingen-Rosdorf (SCHMIDT inSTILLE, 1932; WÜSTEMANN, 1991).In der 15 km südlich von Göttingengelegenen Tongrube Eichenberg amSüdende des Leinetalgrabens, unmit-telbar an der Grenze Niedersachsen-Hessen, sind dagegen Tonmergel undMergelschiefer des höheren Lias α3(tieferes Sinemurium) erschlossen, diesich durch eine überraschend reiche

Fossilführung und gute Erhaltungauszeichnen.Dieses tektonisch isolierte Lias-Vor-kommen am Knotenpunkt von Leine-tal-, Lichtenauer und Eichenberg-Graben ist eines der wenigen Relikte,die die Existenz der Hessischen Straßeals verbindenden Meeresarm zwi-schen nord- und süddeutschem Raumfür den Unterjura belegen. Die einzigeBeschreibung geht auf MOESTRA (1883)zurück und bezieht sich auf An-schnitte bzw. Ausschachtungen ent-lang der Eisenbahntrasse Göttingen-Kassel. In einer kurzen Beschreibungder Schichtenfolge werden, auf Ton-mergel der Angulatenschichten (α2)folgend, dunkle Mergel mit "Ammo-nites geometricus" (Arnioceras oppeliGUÉRIN-FRANIATTE) erwähnt. Lias βbis δ liegen ebenso in tonmergeligerFazies vor und sind durch Fossilfundebelegt (siehe auch BEYSCHLAG, 1886).Zur etwa 900 m nordöstlich des Bahn-hofs gelegenen Tongrube nahe derehemaligen deutsch-deutschen Grenzefanden sich keine Angaben in derLiteratur. Der vorliegende Beitrag soll

G. Arp,D. Persoh,A. Reimer,

J. Reitner &M. Sosnitza

a = alpha nachQuenstedt, der dieSchichtfolgen vonLias, Dogger undMalm mit griechi-schen Buchstaben

bezeichnete. Aufalpha folgen ß =

beta, ? = gamma,d = delta, e = epsi-

lon und ? = zeta.

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daher einen Überblick zur Lithologieund Makrofossilführung (v.a. Cepha-lopoden und Bivalven) dieses isolier-ten Vorkommens geben. Die Grubewird zur Zeit als Bauschuttdeponiegenutzt und wird in absehbarer Zeitverfüllt sein.

Das Lias-Profil der TongrubeEichenbergAufgeschlossen ist eine Abfolge vonetwa 20 m Mächtigkeit, welche von

den folgend beschriebenen Lithofa-ziestypen aufgebaut wird. Die Schich-ten fallen mit 165°/40° steil nach SSEein.„Gryphaeenbank“: Eine hellgraue,schiefrige, leicht tonige Kalkbank vonetwa 30 cm Mächtigkeit befindet sichnahe der Aufschlussbasis, konnte abernur noch in Blöcken und nicht mehranstehend beobachtet werden. Siezeichnet sich durch zahlreiche Scha-lenreste von Bivalven [Oxytoma inae-

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Lithologisches Pro-fil des Lias α3 derTongrube Eichen-berg. Rechts oben:Lageskizze derTongrube (Pfeil) ander Landesgrenzevon Hessen, Nie-dersachsen undThüringen.

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quivalvis (SOWERBY), Pseudomytiloidespinnaeformis (DUNKER), Plicatula sp.,u.a.] und Brachiopoden („Rhyncho-nella“) aus und ist mäßig stark vondem Spurenfossil Chondrites durch-setzt. Nicht selten findet sich hier Gry-phaea arcuata LAMARCK mit einerSchalenhöhe von bis zu 5 cm. Ein-zelne, autochthone Phosphoritknollensind in der Bank ebenso enthalten.Mergelschiefer-Folge: Das Liegendeim nördlichen Grubenteil umfasstdunkelgraue schiefrige Mergel undMergelschiefer von etwa 11,5 mMächtigkeit. Im basalen Bereich kom-men vereinzelte, vollkörperlich erhal-tene, pyritisierte Exemplare von Eua-gassiceras resupinatum (SIMPSON) undArnioceras sp. (juvenile, schwachskulpturierte Exemplare) vor. In ihrerMitte ist eine auffällige Lage aus bis20 cm dicken Karbonatkonkretioneneingeschaltet, die radiale Schwund-risse aufweisen (Septarien). Im unte-ren Drittel der Mergelschiefer ist einetwa 1 m mächtiger Abschnitt, in demzahllose flachgedrückte Ammono-ideen vorkommen. Er hat den Groß-teil der geborgenen Fossilien geliefert(s.u.). Vereinzelt findet sich auchgagatisiertes Treibholz von bis zu30 cm Länge.

„Ölschiefer-Chondrites-Mergel-Wech-selfolge“: Es folgt eine etwa 2,5 mmächtige Wechselfolge aus bituminö-sen, dünnschichtigen Mergelschiefern(„Ölschiefer“), blockig brechendenbioturbaten Mergeln („Chondrites-Mergel“), und zwischenliegendenschiefrigen Mergeln. Verdrückte Ar-nioceraten finden sich in den Ölschie-fern, sind jedoch schlechter erhalten(teils gelöste Schalen) und seltener alsin den Mergelschiefern des tieferenProfilabschnittes. Bioturbate Mergelsind vollständig von Fressbauten(Chondrites) durchsetzt, weitgehendentschichtet, enthalten jedoch häufigjuvenile Ammonoideen sowie kleinedünnschalige Bivalven [Aequipectensp., Oxytoma inaeqivalvis (SO-WERBY), Plicatula sp.] und Belemnitender Art Nannobelus acutus (MILLER).Tonmergel-Folge: Der höhere Profil-abschnitt umfasst noch etwa 8 mrauhe, schiefrige Tonmergel, welcheweitgehend fossilarm sind. Nur in dentieferen Lagen fanden sich noch kleineSchalenreste, kleine Bivalven (Ledasp.) und Echinidenstacheln.

Die FossilfaunaIn der Tongrube Eichenberg kann einFossilspektrum gesammelt werden,

Übersicht der Ton-grube Eichenberg,

Situation April1998. Unterbrau-

nen Tonen undSanden des Tertiär

treten die blau-grauen, fossilrei-

chen Mergelschieferdes Lias α3 an der

Grubenbasis zu Tage.

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das typisch für den höheren Lias a3(„geometricus-Zone“) in diesemRaum ist. Zwar sind nahezu alle Fos-silien flachgedrückt, liegen aber inSchalenerhaltung vor und können aufihrem Umgebungsgestein belassenschöne Sammlungsstücke bilden.Die basale „Gryphaeenbank“ bietetnur begrenzt Fossilfunde und liegtauch nur in wenigen Blöcken vor. Ne-ben Schalenbruch ist vor allem Gry-phaea arcuata LAMARCK zu nennen,die jedoch an vielen anderen Fund-stellen in Deutschland weit häufigervorkommt.Die besten Fundmöglichkeiten beste-hen in einem etwa 1 m mächtigen Ab-schnitt im unteren Drittel der „Mer-gelschiefer-Folge“. Die Mergelschiefersind hier relativ fest, so daß sie sich.

im bergfrischem Zustand in bis zu De-zimeter-großen Platten abheben las-sen. Hier finden sich auf den Schicht-flächen zahllose Arnioceraten bis7 cm Durchmesser. Neben dem typi-schen, radial berippten Arnioceras op-peli GUÉRIN-FRANIATTE (= „A. geo-metricus“) sind auch das retrocostateA. acuticarinatum (SIMPSON), A. semi-costatum (YOUNG & BIRD), sowie daskleine und schwach skulpturierte Ar-nioceras miserabile (QUENSTEDT) häu-fig. Einzelne Lage zeigen Anreiche-rungen von zahllosen, juvenilen Am-moniten („Ammonitenbrut“) unddünnschaligen Muscheln. Außer Ar-nioceraten, welche etwa drei Viertelder Ammoniten dieser Lage bilden,kommt die Gattung Euagassiceras mitder Art E. resupinatum (= „E. sauzea-

Links oben: Flach-gedrücktes Schalen-exemplar undAbdruck von Arnio-ceras cf. acuticari-natum (Simpson).Lias a3, TongrubeEichenberg.Rechts oben:Arnioceras sp.,juveniles Euagassi-ceras resupinatum(Simpson). Durch-messer des Arnio-ceras 7 cm. Lias a3,Tongrube Eichen-berg.Mitte links:Adultes Exemplar vonEuagassiceras resu-pinatum (Simpson).Durchmesser13 cm. Lias a3,Tongrube Eichen-berg.Mitte rechts:Arnioceras falcaries(Quenstedt), einLeitfossil für diesemicostatum-Zonedes Sinemuriums.Durchmesser3,5 cm. Lias a 3,Tongrube Eichen-berg.Links unten:Schichtfläche mitGervillia (Cultriop-sis) lanceolata(Quenstedt) zwi-schen zahlreichen,vorwiegend juveni-len Arnioceraten.Maßstab 1 cm.Lias a3, TongrubeEichenberg.Rechts unten:Arnioceras misera-bile (Quenstedt), einkleinwüchsiger undschwach skulptu-rierter Vertreter derArnioceraten.Durchmesser1,7 cm. Lias a 3,Tongrube Eichen-berg.

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num“) vor. Gehäuse bis 13 cm Durch-messer konnten geborgen werden.Zusammen mit mehreren Funden vonArnioceras falcaries (QUENSTEDT) istdamit eine biostratigraphische Einstu-fung in die sauzeanum-Zone des Sine-muriums belegt. Möglicherweise liegthier ein Äquivalent der „Sauzeanus-Bank“ vor, wie sie vom nördlichenHarzvorland bekannt geworden ist(MERKT, 1966). Die folgenden Mer-gelschiefer sind nun toniger und we-niger stabil („bröckelig“). Arniocera-ten sind zwar auch hier zu finden,jedoch selten unversehrt zu bergen.Euagassiceras kommt dagegen nichtmehr vor. Erst in der „Ölschiefer-Chondrites-Mergel-Wechselfolge“ be-stehen wieder bessere Chancen aufgute Funde. Innerhalb der bituminö-sen Lagen selbst sind die Schalen derAmmoniten jedoch aufgelöst und nurnoch Abdrücke mit dem Periostra-kum erhalten. Als Bestimmungshilfefür die Ammonoideen sei auf LANGE(1925), HENGSBACH (1986) undSCHLEGELMILCH (1992) verwiesen.Neben der Ammonitenfauna sollteman auch einem Blick für die Begleit-fauna mitbringen. Neben „gewöhnli-chen“ Muscheln wie Pseudomytiloidespinnaeformis (DUNKER), Oxytoma in-aeqivalvis (SOWERBY), und Plagio-stoma punctata (SOWERBY) ist auf dielang ausgezogene, klingenartige Ger-villia (Cultriopsis) lanceolata (QUEN-STEDT) zu achten, welche ein charak-teristisches Element dieser Bivalven-vergesellschaftung bildet. Auch fandsich als Seltenheit das Phragmokoneines coleoiden Tintenfisches (sieheauch DIEBEL, 1941). Belemniten wieNannobelus acutus (MILLER), im tie-fern Lias noch eher untergeordnetvertreten, sind auch in der TongrubeEichenberg nur vereinzelt zu finden.Vertrebratenreste beschränken sich aufisolierte Fischschuppen.Muschelfaunen sind allgemein für dieInterpretation von fossilen, marinenLebens- und Ablagerungsräumen be-sonders geeignet. Vielfach spiegeltsich in Bau und Form ihrer Schalen(Funktionsmorphologie) auch ihreLebens- und Ernährungsweise wider.In Falle der Mergelschiefer von Ei-chenberg handelt es sich bei allen viergenannten Arten um epibyssate Fil-

trierer, d.h. um Muscheln, welche sichmit organischen Fäden an ein Sub-strat auf dem Sediment (oder in derWassersäule) festheften und mit ihrenKiemen feine Partikel und Kleinstle-benwesen aus dem Wasser filtern. BeiGervillia ist dabei das Hinterfeld ihrerSchale stark flügelförmig ausgezogen,so dass der für den Nahrungszustromzuständige, ventrale Schalenspaltstark verlängert ist. Alle gefundenenBivalven sind zudem dünnschalig undvergleichsweise kleinwüchsig. Im Se-diment lebende Muscheln wurden nurmit zwei Exemplaren von Leda sp.nachgewiesen. All dies deutet auf eineschlechte Durchlüftung am Meeres-boden hin. Das Spurenfossil Chondri-tes, das auch lagenweise in den Mer-gelschiefern vorkommt, ist zudembezeichnend für vorübergehendeDurchlüftungsereignisse in sonst sau-erstoffarmen bis -freien Sedimenta-tionsräumen.Insgesamt zeigen Fauna und Sedi-ment starke Anklänge an die Verhält-nisse im Posidonienschiefer des obe-ren Lias (siehe z.B. RIEGRAF et al.,1984), wenngleich stärker bituminöseMergelschiefer im Profil Eichenbergnur abschnittsweise vorkommen. Ähn-lich wie im Posidonienschiefer stelltsich auch hier die Frage, was an Ortund Stelle gelebt hat (autochthonesBenthos), was auf driftenden Hölzernund Tangen (Pseudoplankton) undwas bereits tot zu seinem Einbettungs-ort transportiert worden ist (alloch-thones Benthos). Vielfach ist der feineSchalenschill zusammen mit juvenilenAmmonoideen und isolierten Fisch-schuppen auf einzelnen Schichtflä-chen angereichert. Dies kann als Hin-weis auf eine episodische Anlieferungüber kurze Distanz gewertet werden(parautochtone Lebensgemein-schaft). Urspüngliche Siedlungsmus-ter sind damit nur noch unter Vorbe-halt zu entschlüsseln.

Hinweise zur KonservierungDie Fossilien sollten mitsamt ihremUmgebungsgestein feucht geborgenwerden und in nassem Zeitungspapierund Plastiktüten verpackt transpor-tiert werden, da die dunklen Tonge-steine beim Austrocknen zerreißen.Man sollte die so verpackten Fund-

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stücke nicht zu lange lagern und gege-benenfalls kühlen, damit sich keinSchimmel bildet. Zur Konservierunghaben wir das Material nach demAuspacken nur oberflächlich abge-trocknet und anschließend sofort inhochverdünntem Renia Edelkittgetränkt (ca. 10% Edelkitt, 90% Acetonund ein kleiner Schuß Dowanol; dasDowanol setzt die Bildung weißerFilme herunter).Nachfolgend getrocknet entsteht zu-nächst durch die im Tongestein ver-bliebene hohe Feuchtigkeit ein weißer,unansehnlicher Film. Um die Stabili-tät weiter zu erhöhen werden nach ca.12–24 Stunden die Fundstücke erneutgetränkt. Der weiße Film verschwin-det schon jetzt oft weitgehend. DieserVorgang muß gegebenenfalls mehr-fach wiederholt werden, bis das Mate-rial stabil und der Belag verschwun-den ist.Nach der Trocknung glänzen dieOberflächen häufig stark. Dieserüberschüssige Lack kann dann mitAceton und einem weichen Pinsel ent-fernt werden, ohne dass die Stabilitätdarunter leidet. Durch diese Konser-vierungsmethode behält das Tonge-stein seine dunkle, bergfrische Farbeund erhält einen leicht seidigen Glanz.Nach der Trocknung ist häufig einenur geringe Präparation mit Nadel,feiner Bürste und Pinsel nötig. „Edel-kitt“ kann von der Firma „Renia Ge-sellschaft“ (Ostmerheimer Str. 516,51109 Köln), „Dowanol“ von Dr. G.Kremer (88317 Aichstetten im Allgäu)bezogen werden.

Dankan Herrn G. Hundertmark (IMGP) für dieAnfertigung der Fossilfotos.

LiteraturBEYSCHLAG, F. (1886): Erläuterungen zurgeologischen Spezialkarte von Preussen

und den Thüringischen Staaten. 1 : 25 000,Blatt No. 40 Witzenhausen. – 37 S., Ber-lin.DIEBEL, K. (1941): Ein Ölschiefer im LiasAlpha bei Bielefeld. – Geologisches Jahr-buch. 60; Pages 157-196. Hannover.HENGSBACH, R. (1986): Über Arniocerasfalcaries (QUENSTEDT) und einige ver-wandte Arten aus Mitteldeutschland (Am-monoidea; Lias). – Senckenbergiana Le-thaea, 67 (1-4): 151–170, Frankfurt.LANGE, W. (1925): Zur Paläogeographieund Ammonitenfauna des Lias a, nebsteiner Revision der Nürtinger Psilonoten-fauna. – Zeitschrift der Deutschen Geo-logischen Gesellschaft, 77: 439–528; Taf.XVIII-XXI, Berlin.LANGHEINRICH, G. (1966): Syndiageneti-sche Fossildeformation im untersten Lias(Hettangium) von Göttingen. – NeuesJahrbuch für Geologie und Paläontologie,Monatshefte, 1966 (11): 666–680, Stutt-gart.MOESTA, F. (1883): Das Liasvorkommenbei Eichenberg in Hessen. – Jahrbuch derköniglich Preussischen geologischen Lan-desanstalt und Bergakademie, 1883: 57–80,Berlin.RETTBERG, H. (1991): Die Foraminiferen-Fauna der Wasserbohrung Milchhof Göt-tingen aus dem Lias. – UnveröffentlichteDiplomarbeit, 137 S., 9 Tafeln, 4 Anlagen,Göttingen.RIEGRAF, W., WERNER, G. & LÖRCHER, F.(1984): Der Posidonienschiefer. Biostrati-graphie, Fauna und Fazies des südwest-deutschen Untertoarciums (Lias e). – 195S., 50 Abb., 12 Taf., Stuttgart (Enke).SCHLEGELMILCH, R. (1992): Die Ammoni-ten des süddeutschen Lias. 2. Auflage. –241 S., 58 Taf., Stuttgart (G. Fischer).Stille, H. (1932): Erläuterungen zur Geo-logischen Karte von Preußen und benach-barten Bundesstaaten. Blatt GöttingenNr. 2520, 3. Auflage, 40 S., 1 Kte. 1 :25.000, Berlin.WÜSTEMANN, P. (1991): Die Schichtenfolgedes Unteren Lias (Hettangium) der Ziege-leitongruben am Ascherberg bei Göttin-gen. – Unveröffentlichte Diplomarbeit,Teil 2: S. 87–204, 5 Tafeln, Anlagen 2-4,Göttingen.

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Kontaktadresse:Dipl.-Geol.Gernot ArpInstitut undMuseum für Geo-logie und Paläonto-logie, Goldschmidt-str. 3, 37077 Göt-tingen.