Enantiomere von Pharmazeutika und Pestiziden ...

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Enantiomere von Pharmazeutika und Pestiziden - Abbauuntersuchung und Quellenzuordnung Dr. Kevin Kuntze Workshop „Untersuchungsmethoden zum Schadstoffabbau in Altlasten“ Leipzig, 30.09./01.10.2020

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Enantiomere von Pharmazeutika und Pestiziden -

Abbauuntersuchung und Quellenzuordnung Dr. Kevin Kuntze

Workshop

„Untersuchungsmethoden zum Schadstoffabbau in Altlasten“

Leipzig, 30.09./01.10.2020

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Einführung

UBA (2016)

Haste mal‘ne Ibu?

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„[…] Als Schwellenwert für Pestizide (Pflanzenschutzmittel und Biozide) legt die GrwV 0,1 μg/l fest. Nach den letzten bundesweit geltenden Zahlen für den Zeitraum 2009 bis 2012 wird dieser Grenzwert an 4,6 % aller untersuchter Grundwassermessstellen (circa 13.000 Messstellen) überschritten. […]“

UBA: Maßnahmen zur Verminderung des Eintrages von

Mikroschadstoffen in die Gewässer

Einführung

Mikroschadstoffe (micropollutants) sind organische oder mineralische Stoffe, deren toxische, persistente und bioakkumulierende Eigenschaften sich bereits in sehr geringen Konzentrationen (ng/l - µg/l) negativ auf die Umwelt und/oder Organismen auswirken können.

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Mikroschadstoffe

HeptachlorBromacil

Ibuprofen Naproxen

HCH

PFAS

Diclofenac

Triclosan

Dichlorprop

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Chirale Mikroschadstoffe

HeptachlorBromacil

Ibuprofen Naproxen

HCH

PFAS

Diclofenac

Triclosan

Dichlorprop

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Was bedeutet Chiralität?

❖ Jedes Objekt, das mit seinem Spiegelbild nicht zur Deckung gebracht werden kann, ist chiral.

❖Zwei Stereoisomere, deren Moleküle sich zu einander wie Objekt und Spiegelbild verhalten, heißen Enantiomere.

(S)-Milchsäure (R)-Milchsäure

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Methoden zur Analyse von chiralen Mikroschadstoffen

Die Verschiebung des Enantiomerenverhältnissesgegenüber dem Ausgangswert liefert Hinweise auf den biologischen Abbau, selbst wenn keine Massenbilanzen vorliegen.

➢Konzentrationsbestimmung

➢Bestimmung Enantiomerenverhältnis (EF)

EFR = 𝑅

(𝑅+𝑆)

EFR

CR-Enantiomer

CS-Enantiomer

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Methoden zur Analyse von chiralen Mikroschadstoffen

➢Konzentrationsbestimmung

➢ Isotopenanalyse

➢Bestimmung Enantiomerenverhältnis (EF)

EFR = 𝑅

(𝑅+𝑆)

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Methodik - Isotopenanalyse

Schadstoffmoleküle mit schweren Isotopen (13C) werden langsamer abgebaut und reichern sich im verbleibenden Schadstoffpool an.

Komponenten-spezifische Isotopenanalyse

CSchadstoff

d13CSchadstoff

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Methodik - Isotopenanalyse

Enantiomer-spezifische Isotopenanalyse

CR-Enantiomer

d13CR-Enantiomer

CS-Enantiomer

d13CS-Enantiomer

Schadstoffmoleküle mit schweren Isotopen (13C) werden langsamer abgebaut und reichern sich im verbleibenden Schadstoffpool an.

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➢ Enantiomer-selektive Isotopenanalyse

ESIA, d13CR bzw. d13CS

➢ Konzentrationsbestimmung

➢ Bestimmung Enantiomerenverhältnis (EF)

EFR = 𝑅

(𝑅+𝑆)

Dichlorprop(RS)-2-(2,4-Dichlorphenoxy)-

propionsäure

Mecoprop(RS)-2-(4-Chlor-2-methylphenoxy)-

propionsäure

4-CPP(RS)-2-(4-Chlorphenoxy)-

propionsäure

Methoden zur Analyse von chiralen Mikroschadstoffen

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Praxisbeispiel – Übersicht und Zielstellung

Grundwasser-fließrichtung

Bis 1980 Waschstationen für Herbizid-Maschinen

1. Differenzierung von potenziellen Eintragsgebieten

2. Bewertung der Biodegradation

Potenzieller Eintragsbereich A

Potenzieller Eintragsbereich B

Abstromige GWM zur Trinkwasser-gewinnung

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Potenzieller Eintragsbereich A

Potenzieller Eintragsbereich B

Abstromige GWM zur Trinkwassergewinnung

Konzentrationµg/L

4-CPP Dichlor-prop

Meco-prop

A2 4,2 5,2 4,9

A1 5,8 2,0 0,8

Konzentrationµg/L

4-CPP Dichlor-prop

Meco-prop

A4 4,6 0,01 1,6

A3 22,0 69,0 27,0

Konzentrationµg/L

4-CPP Dichlor-prop

Meco-prop

A5 0,5 0,12 0,06

Grundwasser-fließrichtung

Praxisbeispiel – Konzentrationen

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Potenzieller Eintragsbereich A

Potenzieller Eintragsbereich B

Abstromige GWM zur Trinkwassergewinnung

EFR

4-CPP Dichlor-prop

Meco-prop

A2 0,82 0,55 0,52

A1 0,80 0,44 0,56

Grundwasser-fließrichtung

EFR

4-CPP Dichlor-prop

Meco-prop

A4 0,60 n.d. 0,51

A3 0,72 0,50 0,55

EFR

4-CPP Dichlor-prop

Meco-prop

A5 0,52 0,23 0,51Abbau (R)-4-CPP

Abbau (R)-Dichlorprop

eingeschränkter

(R)-Mecoprop-Abbau

Praxisbeispiel – Enantiomerenverhältnisse

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Potenzieller Eintragsbereich A

Potenzieller Eintragsbereich B

Abstromige GWM zur Trinkwassergewinnung

d13CR/d13CS

[‰]

4-CPP Dichlor-prop

Meco-prop

A2 -28,2/n.b. -27,3/-27,3 -23,8/-23,9

A1 -28,4/n.b. -27,9/-28,6 n.d./n.d.

Grundwasser-fließrichtung

d13CR/d13CS

[‰]

4-CPP Dichlor-prop

Meco-prop

A4 -27,3/n.b. n.d./n.d. -28,1/-28,5

A3 -28,3/n.b. -28,8/-28,8 -26,0/-26,5

d13CR/d13CS

[‰]

4-CPP Dichlor-prop

Meco-prop

A5 -26,5/n.b. n.d./n.d. n.d./n.d.

Nachweis Abbau (R)-4-CPP

4-CPP

0,82

0,80

4-CPP

0,60

0,72

4-CPP

0,52

4-CPP

4,2

5,8

4-CPP

4,6

22,0

4-CPP

0,5

EFR µg/L

Praxisbeispiel – 4-CPP

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Dichlor-prop

Dichlor-prop

Dichlor-prop

A2 0,55 -27,3/-27,3 5,2

A1 0,44 -27,9/-28,6 2,0

Dichlor-prop

Dichlor-prop

Dichlor-prop

A4 n.d. n.d./n.d. 0,01

A3 0,50 -28,8/-28,8 69,0

Dichlor-prop

Dichlor-prop

Dichlor-prop

A5 0,23 n.d./n.d. 0,12

Potenzieller Eintragsbereich A

Potenzieller Eintragsbereich B

Abstromige GWM zur Trinkwassergewinnung

Grundwasser-fließrichtung

EFR µg/L

Abbau (R)-Dichlorprop

Zwei verschiedene

Eintragsbereiche

d13CR/d13CS

Praxisbeispiel – Dichlorprop

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Potenzieller Eintragsbereich A

Potenzieller Eintragsbereich B

Abstromige GWM zur Trinkwassergewinnung

Meco-prop

Meco-prop

Meco-prop

A2 0,52 -23,8/-23,9 4,9

A1 0,56 n.d./n.d. 0,8

Grundwasser-fließrichtung

Meco-prop

Meco-prop

Meco-prop

A4 0,51 -28,1/-28,5 1,6

A3 0,55 -26,0/-26,5 27,0

Meco-prop

Meco-prop

Meco-prop

A5 0,51 n.d./n.d. 0,06

EFR µg/Ld13CR/d13CS

Zwei verschiedene

Eintragsbereiche

eingeschränkter

(R)-Mecoprop-Abbau

Praxisbeispiel – Mecoprop

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Praxisbeispiel – Zusammenfassung der Ergebnisse

Die beiden potenziellen Eintragsbereicheließen sich anhand der δ13C-Werte der Enantiomere, unterschiedliche Enantiomerenverhältnisse sowie Konzentrationen eindeutig zuordnen bzw. unterscheiden.

Grundwasser-fließrichtung

Verschiebungen der Enantiomeren- und Kohlenstoffisotopenverhältnisse ergaben Belege für den biologischen Abbau von 4-CPP und Dichlorprop.

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Stärken, Limitationen und Ausblick

☺Die Kombination von Isotopen-, Enantiomerenverhältnissen und Konzentrationsdaten ermöglicht eine sehr sensitive und zuverlässige Bewertung hinsichtlich des mikrobiellen Abbaus sowie der Quellenidentifizierung von chiralen (Mikro)schadstoffen.

☺Sie sind anwendbar für alle chirale Schadstoffe wie Pestizide (z.B. Phenoxysäuren, -Hexachlorcyclohexan, Heptachlor, Bromacil) und Arzneimittelrückstände (z.B. Ibuprofen, Naproxen, Metoprolol, Venlafaxin, Salbutamol) sowie deren Transformationsprodukte.

Es werden z.T. große Mengen an Grundwasser benötigt (für NWG von 0,5 µg/L -> 10 L).

Anreicherung im Feld

bislang quantitative Bewertungen nur eingeschränkt möglich

weitere Abbaustudien notwendig