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Univ.-Professor Dr. Ralf Runde Guido Schultefrankenfeld Rechnen mit dem Summenzeichen Σ In der Mathematik und Statistik verwendet man zur verk¨ urzten Darstellung h¨ au- fig auftretender Rechenoperationen bestimmte Symbole. Eine besondere Bedeutung kommt dabei dem Summenzeichen Σ zu. Der Vorteil in der Anwendung dieses Symbols besteht darin, dass man mit ihm umfangreiche Summenausdr¨ ucke in eine kurze und ¨ ubersichtliche Form ¨ uberf¨ uhren und bestimmte Rechenoperationen ausf¨ uhren kann, ohne die Summen selbst zu kennen. So kann man zum Beispiel die Summe der reellen Zahlen a m ,a m+1 ,...,a n abk¨ urzen in der Form a m + a m+1 + ... + a n = n i=m a i , (i, m, n N, m n). (1) Der Ausdruck in Gleichung (1) wird wie folgt gesprochen: Summe der a i von i = m bis n. Dabei heißen i Laufindex, m unterer und n oberer Summationsindex. Der Ausdruck n i=m a i stellt also eine Anweisung dar, die Summe der reellen Zahlen a i zu bilden, wobei i alle ganze Zahlen von m bis n durchl¨ auft. Nat¨ urlich kann man statt der hier verwendeten Indices i, m, n beliebige andere Buchstaben verwenden. Der obere Summationsindex muss dabei nicht endlich sein a 1 + a 2 + a 3 + a 4 + ... = i=1 a i . (2) Ungerade Zahlen kann man darstellen durch den Ausdruck (2i - 1), gerade Zahlen durch (2i) und einen Vorzeichenwechsel durch die Formel (-1) i+1 . Es ergibt sich also beispielsweise 1 - 3+5 - 7+9 - ... - 99 = 50 i=1 (-1) i+1 · (2i - 1) und (3) 2 - 4+6 - ... - 100 = 50 i=1 (-1) i+1 · (2i). (4) 1

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Univ.-Professor Dr. Ralf Runde

Guido Schultefrankenfeld

Rechnen mit dem Summenzeichen Σ

In der Mathematik und Statistik verwendet man zur verkurzten Darstellung hau-

fig auftretender Rechenoperationen bestimmte Symbole. Eine besondere Bedeutung

kommt dabei dem Summenzeichen Σ zu. Der Vorteil in der Anwendung dieses Symbols

besteht darin, dass man mit ihm umfangreiche Summenausdrucke in eine kurze und

ubersichtliche Form uberfuhren und bestimmte Rechenoperationen ausfuhren kann,

ohne die Summen selbst zu kennen. So kann man zum Beispiel die Summe der reellen

Zahlen am, am+1, . . . , an abkurzen in der Form

am + am+1 + . . . + an =n∑

i=m

ai, (i, m, n ∈ N, m ≤ n). (1)

Der Ausdruck in Gleichung (1) wird wie folgt gesprochen: Summe der ai von i = m

bis n. Dabei heißen i Laufindex, m unterer und n oberer Summationsindex. Der

Ausdruckn∑

i=m

ai stellt also eine Anweisung dar, die Summe der reellen Zahlen ai zu

bilden, wobei i alle ganze Zahlen von m bis n durchlauft. Naturlich kann man statt

der hier verwendeten Indices i, m, n beliebige andere Buchstaben verwenden.

Der obere Summationsindex muss dabei nicht endlich sein

a1 + a2 + a3 + a4 + . . . =∞∑i=1

ai. (2)

Ungerade Zahlen kann man darstellen durch den Ausdruck (2i − 1), gerade Zahlen

durch (2i) und einen Vorzeichenwechsel durch die Formel (−1)i+1. Es ergibt sich also

beispielsweise

1− 3 + 5− 7 + 9− . . .− 99 =50∑i=1

(−1)i+1 · (2i− 1) und (3)

2− 4 + 6− . . .− 100 =50∑i=1

(−1)i+1 · (2i). (4)

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Nutzlich sind die folgenden Beziehungen:

n∑i=1

i =n(n + 1)

2, (5)

n∑i=1

i2 =n(n + 1)(2n + 1)

6, (6)

n∑i=1

i3 =n2(n + 1)2

4. (7)

Es gilt insbesondere

Satz 1.n∑

i=0

ai =1− an+1

1− a, a 6= 1 (endliche geometrische Reihe)

und

Satz 2.∞∑i=0

ai =1

1− a, 0 < a < 1 (unendliche geometrische Reihe).

Nachfolgend werden die wichtigsten Rechenregeln fur den Umgang mit dem Summen-

zeichen eingefuhrt.

Satz 3.n∑

i=1

c = n · c (c = const.).

Beweis:

n∑i=1

c = c + c + . . . + c︸ ︷︷ ︸n-mal

= nc.

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Satz 4.n∑

i=1

c · ai = c ·n∑

i=1

ai.

Beweis:

n∑i=1

c · ai = c · a1 + c · a2 + c · a3 + . . . + c · an

= c · (a1 + a2 + . . . + an) = c ·n∑

i=1

ai.

Beispiel:

a1 = 2; a2 = 4; a3 = 6; a4 = 9; c = 2.

4∑i=1

2ai = 2 · 2 + 2 · 4 + 2 · 6 + 2 · 9 = 2 · (2 + 4 + 6 + 9) = 2 · (21) = 2 ·4∑

i=1

ai.

Satz 5.n∑

i=m

c = (n−m + 1) · c.

Beispiel:

10∑i=5

3 = (10− 5 + 1) = 6 · 3 = 18.

Satz 6.n∑

i=1

(ai ± bi) =n∑

i=1

ai ±n∑

i=1

bi.

Beweis:

n∑i=1

(ai + bi) = (a1 + b1) + (a2 + b2) + . . . + (an + bn)

= (a1 + a2 + . . . + an) + (b1 + b2 + . . . + bn)

=n∑

i=1

ai +n∑

i=1

bi.

Beispiel:

a1 = 3; a2 = 5; a3 = 6; b1 = 5; b2 = −2; b3 = 4.

3∑i=1

(ai + bi) = 21 ⇔3∑

i=1

ai +3∑

i=1

bi = 14 + 7 = 21.

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Im allgemeinen gilt fur die Summation von Produkten:

n∑i=1

ai · bi 6=n∑

i=1

ai ·n∑

i=1

bi (n > 1). (8)

Beispiel:

a1 = 3; a2 = 5; a3 = 6; b1 = 5; b2 = −2; b3 = 4.

3 · 5 + 5 · (−2) + 6 · 4 = 29 6= 3 · 5 · 6 + 5 · (−2) · 4 = 50.

Achtung!

n∑i=1

a2i 6=

(n∑

i=1

ai

)2

, da (9)

(a21 + a2

2 + . . . + a2n) 6= (a1 + a2 + . . . + an)2.

Beispiel:

a1 = 3; a2 = 5; a3 = 6.

(3 + 5 + 6)2 = 142 = 196 6= 32 + 52 + 62 = 70.

Achtung!

n∑i=1

(ai − c) 6=n∑

i=1

ai − c, da (10)

(a1 − c) + (a2 − c) + . . . + (an − c) 6= (a1 + a2 + . . . + an)− c.

Beispiel:

a1 = 3; a2 = 5; a3 = 6; c = 5.

3− 5 + 5− 5 + 6− 5 = −1 6= 3 + 5 + 6− 5 = 9.

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Satz 7.m∑

i=1

ai +n∑

i=m+1

ai =n∑

i=1

ai (m < n).

Beweis:m∑

i=1

ai +n∑

i=m+1

ai = (a1 + . . . + am−1 + am) + (am+1 + . . . + an−1 + an)

= (a1 + . . . + am + am+1 + . . . + an) =n∑

i=1

ai.

Es kann aber auch vorkommen, dass sich die untere Summationsgrenze der zweiten

Summe nicht unmittelbar an die obere Summationsgrenze der ersten Summe anschließt.

In diesem Falle gilt:

Satz 8.m∑

i=1

ai +n∑

i=k

ai =n∑

i=1

ai +m∑

i=k

ai, (k < m < n), bzw.

Satz 9.m∑

i=1

ai +n∑

i=k

ai =n∑

i=1

ai −k−1∑

i=m+1

ai, (m < k < n).

In vielen praktischen Aufgabenstellungen treten Anordnungen von Elementen in fol-

gender Form auf:

A = (aij) =

a11 a12 . . . a1m

a21 a22 . . . a2m

......

. . ....

an1 an2 . . . anm

, (11)

wobei A = (aij) ∈ Rn×m eine Matrix der Ordnung oder Dimension (n×m) (gesprochen:

n kreuz m) ist. Es lassen sich sogenannte Doppelsummen bilden, indem man uber beide

Indices i und j summiert.

Man bezeichnet die folgende Summen∑

i=1

m∑j=1

aij =m∑

j=1

a1j︸ ︷︷ ︸i=1

+m∑

j=1

a2j︸ ︷︷ ︸i=2

+ . . . +m∑

j=1

anj︸ ︷︷ ︸i=n

= (a11 + . . . + a1m) + . . . + (an1 + . . . + anm) (12)

als Doppelsumme.

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Beispiel: Ein Betrieb verbraucht acht unterschiedliche Rohstoffe (i = 1, . . . , 8) in den

ersten vier Monaten (j = 1, . . . , 4) eines Jahres. Der Verbrauch an Rohstoffen wird in

Geldeinheiten pro Monat (aij) gemessen.

PPPPPPPPPPPPPPRohstoff

MonatJanuar Februar Marz April

∑1 a11 a12 a13 a14

∑4j=1 a1j

2 a21 a22 a23 a24

∑4j=1 a2j

......

......

......

8 a81 a82 a83 a84

∑4j=1 a8j∑ ∑8

i=1 ai1

∑8i=1 ai2 . . .

∑8i=1 ai4

∑8i=1

∑4j=1 aij

Dabei bezeichnen die Zeilensummen den Verbrauch des Rohstoffes i in den Monaten

Januar bis April und die Spaltensummen den Verbrauch aller Rohstoffe im Monat j.

Der Gesamtverbrauch wird durch den Ausdruck∑8

i=1

∑4j=1 aij erfasst. Fur Doppel-

summen gelten die zu einfachen Summen analogen Rechenregeln.

Es gilt insbesondere folgender Satz:

Satz 10.n∑

i=1

m∑j=1

aij =m∑

j=1

n∑i=1

aij.

Es ist also gleichgultig, ob zuerst uber die Indices i oder j summiert wird.

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