MAKROÖKONOMIK FÜR BETRIEBSWIRTE€¦ · Makroökonomik für Betriebswirte (WiSe 2019/20) 7...

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Dr. Michael Paetz - Raum 2083 - Tel.: 42838 - 5561 [email protected] MAKROÖKONOMIK FÜR BETRIEBSWIRTE (WiSe 2019/20) - LÖSUNG 7 - Aufgabe 1: Postkeynesianische Arbeitsnachfrage und Verteilung Betrachten Sie folgendes Modell: Y = C w + C π + I + G, (1) Y = W P N + Π, (2) C w = W P N , (3) C π = (1 - s) Π, 0 <s< 1 (4) Y = AN (5) mit Y : Einkommen/Produktion, C w : Konsum aus Lohneinkommen, C π : Konsum aus Profitein- kommen, I : Investitionen, G: Staatsausgaben, W : Lohnniveau, P : Preisniveau, N : Beschäfti- gung. Bis auf das Lohn- und Preisniveau sind alle Variablen preisbereinigt (real). Ferner reprä- sentiert A die Arbeitsproduktivität und s die marginale Sparquote der Profiteinkommensbezie- her a) Interpretieren Sie die Gleichungen. Gleichung (1) stellt die Verwendungsrechung des BIPs dar (Einkommen = Nachfrage). Gleichung (2) stellt die Verteilungsrechung des BIPs dar (Einkommen = Arbeitnehmereinkom- men plus Profiteinkommen). Auf die Betrachtung von Steuern wurde der Einfachheit halber verzichtet. Gleichung (3) stellt die Konsumfunktion der Lohneinkommensbezieher (Arbeitnehmer) dar. Die- se konsumieren ihr Einkommen vollständig und bilden keine Ersparnisse. Gleichung (4) stellt die Konsumfunktion der Profiteinkommensbezieher (Unternehmer) dar. Die- se sparen einen Anteil s von ihrem Einkommen und konsumieren folglich nur den Anteil (1 - s). Gleichung (5) stellt die Produktionsfunktion dar. Weil die Arbeitsproduktivität A als Output pro Arbeitnehmer (oder Arbeitsstunde) definiert ist (Y /N ),gilt für die Produktion Y = AN .

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Dr. Michael Paetz - Raum 2083 - Tel.: 42838 - [email protected]

MAKROÖKONOMIK FÜR BETRIEBSWIRTE(WiSe 2019/20)

- LÖSUNG 7 -

Aufgabe 1: Postkeynesianische Arbeitsnachfrage und Verteilung

Betrachten Sie folgendes Modell:

Y = Cw + Cπ + I + G, (1)

Y =W

PN + Π, (2)

Cw =W

PN , (3)

Cπ = (1− s)Π, 0 < s < 1 (4)

Y = AN (5)

mit Y : Einkommen/Produktion, Cw: Konsum aus Lohneinkommen, Cπ: Konsum aus Profitein-kommen, I: Investitionen, G: Staatsausgaben, W : Lohnniveau, P : Preisniveau, N : Beschäfti-gung. Bis auf das Lohn- und Preisniveau sind alle Variablen preisbereinigt (real). Ferner reprä-sentiert A die Arbeitsproduktivität und s die marginale Sparquote der Profiteinkommensbezie-her

a) Interpretieren Sie die Gleichungen.

Gleichung (1) stellt die Verwendungsrechung des BIPs dar (Einkommen = Nachfrage).

Gleichung (2) stellt die Verteilungsrechung des BIPs dar (Einkommen = Arbeitnehmereinkom-men plus Profiteinkommen).

Auf die Betrachtung von Steuern wurde der Einfachheit halber verzichtet.

Gleichung (3) stellt die Konsumfunktion der Lohneinkommensbezieher (Arbeitnehmer) dar. Die-se konsumieren ihr Einkommen vollständig und bilden keine Ersparnisse.

Gleichung (4) stellt die Konsumfunktion der Profiteinkommensbezieher (Unternehmer) dar. Die-se sparen einen Anteil s von ihrem Einkommen und konsumieren folglich nur den Anteil (1− s).

Gleichung (5) stellt die Produktionsfunktion dar. Weil die Arbeitsproduktivität A als Output proArbeitnehmer (oder Arbeitsstunde) definiert ist (Y /N ),gilt für die Produktion Y = AN .

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2 Makroökonomik für Betriebswirte (WiSe 2019/20)

b) Berechnen Sie das gleichgewichtige Einkommen sowie die Arbeitsnachfrage in Abhän-gigkeit des Reallohns. Interpretieren Sie Ihre Ergebnisse.

Setzen wir (3) und (4) in (1) ein, so folgt unter Verwendung von (2) für das gleichgewichtigeEinkommen:

Y =W

PN︸ ︷︷ ︸

Cw

+ (1− s)Π︸ ︷︷ ︸Cπ

+I + G

⇔ Y =W

PN + (1− s)

(Y − W

PN

)︸ ︷︷ ︸

Π

+I + G

⇔ sY =W

PN − (1− s)

W

PN + I + G

⇔ sY = sW

PN + I + G

⇔ Y =W

PN +

1s(I + G)

Interpretation: Die gesamtwirtschaftliche Produktion hängt bei gegebener Sparneigung po-sitiv von der Lohnsumme ((W /P )N ), den Investitionen und den Staatsausgaben ab. Einehöhere Sparneigung führt zudem zu einer geringeren Produktion, weil der geringere Konsumder Unternehmer die gesamtwirtschaftliche Nachfrage reduziert.

Mit Hilfe von Y = AN gilt, folgt für die effektive Arbeitsnachfrage:

AN =W

PN +

1s(I + G)

⇔(

A− W

P

)N =

1s(I + G)

⇔ N eff =I + G

s(A− W

P

)

Interpretation: Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nach Arbeitskräften hängt bei gegebenerSparneigung positiv vom Reallohn, den Investitionen und den Staatsausgaben ab. Verbessertsich die Einkommensverteilung zu Gunsten der Arbeitnehmer steigt die Nachfrage, weil dieseeinen geringeren Teil ihres Einkommens nicht ausgeben. Eine höhere Sparneigung führt zu-dem zu einer geringeren Arbeitsnachfrage, weil der geringere Konsum der Unternehmer diegesamtwirtschaftliche Nachfrage reduziert.

c) Berechnen Sie gleichgewichtiges Einkommen, Beschäftigung, die absolute Höhe der Pro-fite, Lohn- und Profitquote sowie das Verhältnis von Staatsausgaben- und Investitionenzum gesamtwirtschaftlichen Einkommen für folgende Parametrisierung: A = 3, W = 2,P = 1, s = 0, 6, I = 400 und G = 200.

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Makroökonomik für Betriebswirte (WiSe 2019/20) 3

Die Arbeitsnachfrage beträgt:

N eff =I + G

s(A− W

P

)=

200 + 4000, 6

(3− 2

1

)=

6000, 6 · 1

=6000, 6 = 1.000

Das gleichgewichtige Einkommen beträgt somit:

Y = AN = 3 · 1.000 = 3.000

Die absolute Höhe der Profite beträgt:

Y − W

PN = 3.000− 2 · 1.000 = 1.000

Die Lohnquote beträgt:WP N

Y=

WP N

AN=

WP

A=

23 ≈ 66, 7%

Die Profitquote entspricht dementsprechend ca. 33, 3%.

Das Verhältnis von Staatsausgaben und Investitionen zum gesamtwirtschaftlichen Einkommenbeträgt:

I

Y=

4003.000 ≈ 0, 133 = 13, 3%

G

Y=

2003.000 ≈ 0, 067 = 6, 7%

d) Die erwerbsfähige Bevölkerung beträgt 1.250. Wie hoch müsste der Reallohn sein (fürdie angegebene Höhe der Investitionen und Staatsausgaben), um alle Arbeitnehmer zubeschäftigen?

Hierzu muss die Arbeitsnachfrage nach dem Reallohn umgeformt werden:

N =I + G

s(A− W

P

)⇔ A− W

P=

I + G

sN

⇔ W

P= A− I + G

sN

⇔ W

P= 3− 400 + 200

0, 6 · 1.250

⇔ W

P= 3− 600

750

⇔ W

P= 3− 0, 8 = 2, 2

e) Skizzieren Sie die effektive Arbeitsnachfrage, in ein Diagramm mit N auf der Y -Achseund W /P auf der X-Achse. Markieren Sie die derzeitige Beschäftigung, den derzeitigenReallohn, den Vollbeschäftigungreallohn sowie die Arbeitslosigkeit.

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4 Makroökonomik für Betriebswirte (WiSe 2019/20)

Beschäftigung, N

Reallohn, WP

Neff

N = 1.000

2

NV = 1.250

2.2

Arbeitslosigkeit

f) Berechnen Sie gleichgewichtiges Einkommen, die absolute Höhe der Profite, die Lohn-und Profitquote sowie das Verhältnis von Staatsausgaben- und Investitionen zum ge-samtwirtschaftlichen Einkommen, wenn der Reallohn dem Vollbeschäftigungsniveau ent-spricht. Interpretieren Sie Ihr Ergebnis.

Das gleichgewichtige Einkommen bei Vollbeschäftigung beträgt:

Y = AN = 3 · 1.250 = 3.750

Der Anteil des Arbeitnehmereinkommens beträgt:

WP

A=

2, 23 =

2, 23 ≈ 0, 733 = 73, 3%

Die Profitquote beträgt dementsprechend 26, 7%.

Die absolute Höhe der Profite entspricht dem Teil des Einkommens, der nicht Arbeitnehmerein-kommen ist:

Π = Y − W

PN = 3.750− 2, 2 · 1.250 = 3.750− 2.750 = 1.000

I

Y=

4003.750 ≈ 0, 107 = 10, 7%

G

Y=

2003.750 ≈ 0, 053 = 5, 3%

Interpretation: Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage ist durch die höheren Löhne gestiegen.Hierdurch sind auch Beschäftigung und Produktion/Einkommen gestiegen. Das Verhältnis vonProfiten zu Reallöhnen hat sich aus Sicht der Arbeitnehmer verbessert, obwohl sich die abso-lute Höhe der Profite nicht verändert hat. Das zusätzliche Einkommen kommt in diesem Fallevollständig den Arbeitnehmern zu Gute.

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Makroökonomik für Betriebswirte (WiSe 2019/20) 5

Da bei gleichen Investitions- und Staatsausgaben das gesamtwirtschaftliche Einkommen ge-stiegen ist, sind Investitions- und Staatsausgabenquote gesunken.

Anmerkung: Die absolute Höhe der Profite ist von den Reallöhnen unabhängig und wird vonden Investitions- und Staatsausgaben sowie der marginalen Sparneigung bestimmt:

Π = Y − W

PN

⇔ Π = Cw + Cπ + I + G− W

PN

⇔ Π = Cπ + I + G

⇔ Π = (1− s)Π + I + G

⇔ (1− (1− s))Π = I + G

⇔ sΠ = I + G

⇔ Π =I + G

s

- ZUSATZAUFGABEN -

Zusatzaufgabe 1: Postkeynesianische Arbeitsnachfrage und Staatsausgaben

Betrachten Sie das Modell aus Aufgabe 1.

a) Wie hoch müssten die Staatsausgaben für die gegebene Parametrisierung aus Aufga-benteil 1c) sein, um Vollbeschäftigung zu gewährleisten?

Hierzu muss die Arbeitsnachfrage für eine Beschäftigung von 1.250 nach den Staatsausgabenumgeformt werden:

N =I + G

s(A− W

P

)⇔ I + G = sN

(A− W

P

)⇔ G = sN

(A− W

P

)− I

⇔ G = 0, 6 · 1.250 (3− 2)− 400⇔ G = 0, 6 · 1.250 · 1− 400 = 350

b) Skizzieren Sie die Veränderung der effektiven Arbeitsnachfrage durch die Erhöhung derStaatsausgaben in ein Diagramm mit N auf der Y -Achse und W /P auf der X-Achse.

Die Erhöhung der Staatsausgaben verschiebt die effektive Arbeitsnachfrage soweit nach oben,dass die Nachfrage bereits zu einem Reallohnniveau von 2 ausreicht, um Vollbeschäftigung zugewährleisten.

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6 Makroökonomik für Betriebswirte (WiSe 2019/20)

Beschäftigung, N

Reallohn, WP

NV = 1250

Neff

Neffneu

2, 2

N = 1.000

2

Arbeitslosigkeit

c) Berechnen Sie gleichgewichtiges Einkommen, die absolute Höhe der Profite und der Ar-beitnehmereinkommen sowie Lohn- und Profitquote für die in b) berechneten Staatsaus-gaben. Interpretieren Sie Ihr Ergebnis.

Das gleichgewichtige Einkommen beträgt:

Y = AN = 3 · 1.250 = 3.750

Der Anteil des Arbeitnehmereinkommens beträgt weiterhin:

WP N

Y=

2 · 12503.750 =

23 ≈ 66, 7%

Die Profitquote beträgt dementsprechend 1/3 (ungefähr 33, 3%).

Die absolute Höhe der Profite entspricht dem Teil des Einkommens, der nicht Arbeitnehmerein-kommen ist:

Π =13 · 3.750 = 1.250

Die absolute Höhe der Arbeitnehmereinkommen beträgt somit:

W

PN = Y −Π = 3.750− 1.250 = 2.500

Interpretation: Die höheren Staatsausgaben haben sowohl die absolute Höhe der Profite wieauch die absolute Höhe der Arbeitnehmereinkommen erhöht. Das Verhältnis von Profiten zuArbeitnehmereinkommen hat sich aber nicht verändert, weil sich das Verhältnis zwischen Re-allohn und Produktivität nicht geändert hat. Die Einkommenssteigerung kommt Arbeitnehmernwie Unternehmen zu Gute. Arbeitnehmer profitieren von der höheren Beschäftigung und Un-ternehmen vom höheren Umsatz.

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Makroökonomik für Betriebswirte (WiSe 2019/20) 7

Anmerkung: Der selbe Beschäftigungseffekt wäre eingetreten, wenn die Investitionen um 150gestiegen wären.

Zusatzaufgabe 2: Postkeynesianische Arbeitsnachfrage und Produktivität

Betrachten Sie das Modell aus Aufgabe 1.

a) Berechnen Sie gleichgewichtiges Einkommen, Beschäftigung, die Höhe der Profite sowieLohn- und Profitquote für die gegebene Parametrisierung aus Aufgabenteil 1c), wenn dieProduktivität um 10% steigt. Interpretieren Sie Ihr Ergebnis.

Die Arbeitsnachfrage beträgt nun:

N eff =I + G

s(A− W

P

)=

400 + 2000, 6

(3, 3− 2

1

)=

6000, 6 · 1, 3

=6000, 78 ≈ 769, 23

Das gleichgewichtige Einkommen beträgt somit:

Y = AN = 3, 3 · 769, 23 ≈ 2.538, 46

Die absolute Höhe der Profite beträgt weiterhin:

Y − W

PN = 2.538, 46− 2 · 769, 23 = 2.538, 46− 1.538, 46 = 1.000

Die Lohnquote beträgt:WP

A=

23, 3 ≈ 0, 606 = 60, 6%

Die Profitquote entspricht dementsprechend ca. 39, 4%.

Interpretation: Mit steigender Produktivität sinkt die Arbeitsnachfrage, weil weniger Arbeitneh-mer benötigt, werden, um die gleiche Produktion herzustellen. Da bei geringerer Beschäftigungdie Nachfrage fällt, sinkt auch die Produktion und somit das Einkommen. Da die Profite vomReallohn unabhängig sind und ausschließlich von den Investitions- und Staatsausgaben sowieder marginalen Sparneigung abhängen, verändert sich die absolute Höhe der Profite nicht. Dader Reallohn nicht gestiegen ist, sinkt aber das Verhältnis von Reallohn zur Produktivität unddie Einkommensverteilung verändert sich zugunsten der Profiteinkommensbezieher, obwohlihr absolutes Einkommen nicht wächst.

b) Berechnen Sie gleichgewichtiges Einkommen, Beschäftigung, die Höhe der Profite sowieLohn- und Profitquote, wenn zusätzlich zur Produktivität auch der Reallohn um 10% steigt.Interpretieren Sie Ihr Ergebnis.

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8 Makroökonomik für Betriebswirte (WiSe 2019/20)

Der neue Reallohn beträgt nun 1, 1 · 2 = 2, 2 und die Arbeitsnachfrage beträgt:

N eff =I + G

s(A− W

P

)=

400 + 2000, 6 (3, 3− 2, 2)

=600

0, 6 · 1, 1

=6000, 66 ≈ 909, 09

Das gleichgewichtige Einkommen beträgt nun wieder:

Y = AN = 3, 3 · 909, 09 = 3.000

Die absolute Höhe der Profite beträgt:

Y − W

PN = 3.000− 2, 2 · 909, 09 = 3.000− 2.000 = 1.000

Die Lohnquote beträgt nun wieder:WP

A=

2, 23, 3 =

23 ≈ 0, 667 = 66, 7%

Die Profitquote entspricht dementsprechend 33, 3%.

Interpretation: Mit steigender Produktivität sinkt die Arbeitsnachfrage, weil weniger Arbeitneh-mer benötigt, werden, um die gleiche Produktion herzustellen. Da der Reallohn nun aber umden gleichen Prozentsatz wie die Produktivität gestiegen ist, bleiben Produktion und Einkom-men konstant (im Vergleich zu 1c). Die höhere Nachfrage aus dem Reallohnanstieg sorgt dafür,dass die gleiche Produktion auch bei geringerer Beschäftigung nachgefragt werden kann.

Zudem hat sich die Einkommensverteilung nicht geändert, weil Reallöhne und Produktivität umden gleichen Prozentsatz steigen.

Die Arbeitsnachfrage ist dennoch geringer und die Arbeitslosigkeit entsprechend höher, weilder absolute Abstand zwischen Produktivität und Reallohn gestiegen ist. Die Nachfragelückezwischen der Produktion und der Konsumgüternachfrage, welche von Investitionen und Staats-ausgaben geschlossen werden muss, ist gestiegen.

Anmerkung: Die Beschäftigten profitieren im Aggregat von der Produktivitätssteigerung, weilsie bei einem höheren Reallohn weniger arbeiten müssen, um sich den gleichen Lebensstan-dard leisten zu können. Allerdings verlieren einige Beschäftigte ihren Job, sofern die Wochen-arbeitszeit gleich bleibt. Um einen Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verhindern, müsste die Wo-chenarbeitszeit also verkürzt werden. Jeder Einzelne würde dann nicht mehr durch einen An-stieg der Kaufkraft, sondern aufgrund einer geringeren Arbeitszeit profitieren. Wenn Reallohnund Produktivität um 10% steigen, könnte die Arbeitszeit z.B. auf 1/1, 1 = 90, 90% fallen.

Die Unternehmer profitieren von der Produktivitätssteigerung dagegen nicht. Ihre Profite blei-ben gleich, solange sich die Investitionen und/oder Staatsausgaben nicht ändern.

c) Wie hoch müsste nach der Produktivitätssteigerung der Reallohn sein, um die Arbeits-nachfrage auf dem Ausgangsniveau von 1.000 zu halten? Berechnen Sie gleichgewich-tiges Einkommen, die absolute Höhe der Profite sowie Lohn- und Profitquote für diesesReallohnniveau und interpretieren Sie Ihr Ergebnis.

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Makroökonomik für Betriebswirte (WiSe 2019/20) 9

Mit Hilfe der Umformung aus Aufgabenteil 1d) folgt:

W

P= A− I + G

sN= 3, 3− 600

0, 6 · 1.000 = 3, 3− 1 = 3, 3− 1 = 2, 3

Das gleichgewichtige Einkommen beträgt dann:

Y = AN = 3, 3 · 1.000 = 3.300

Die absolute Höhe der Profite beträgt weiterhin:

Y − W

PN = 3.300− 2, 3 · 1.000 = 3.300− 2.300 = 1.000

Und die Lohnquote beträgt:WP

A=

2, 33, 3 ≈ 0, 697 = 69, 7%

Die Profitquote entspricht dementsprechend 30, 3%.

Interpretation: Damit bei höherer Produktivität die Arbeitsnachfrage konstant bleibt, muss (beigleichen Investitionen, Staatsausgaben und marginaler Sparneigung) der Reallohn steigen.Nur so kann die größere Nachfragelücke aufgrund der absoluten Differenz zwischen Produkti-vität und Reallohn geschlossen werden. Die Einkommensverteilung ändert sich dann zu Guns-ten der Arbeitnehmer, ohne dass die Profiteinkommensbezieher hierdurch absolut schlechtergestellt wären.

Anmerkung: Nun profitieren die Arbeitnehmer bei gleicher Arbeitszeit vom höheren Reallohn,weil sie durch das steigende gesamtwirtschaftliche Einkommen ihren Wohlstand erhöhen kön-nen.

d) Skizzieren sie die Veränderung der effektiven Nachfrage aufgrund der Produktivitätsver-änderung in ein Diagramm mit N auf der Y -Achse und W /P auf der X-Achse. Kenn-zeichnen Sie zudem die Beschäftigungs- und Reallohnniveaus aus den Aufgabenteilena), b) und c) ein.

N

WP

Neff Neffneu

1.000

2, 3

909, 09

2, 22

769, 23

c)

a)

b)

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10 Makroökonomik für Betriebswirte (WiSe 2019/20)

e) Gehen Sie nun davon aus, dass zusätzlich zum Reallohn auch die Investitionen undStaatsausgaben um 10% steigen. Berechnen Sie gleichgewichtiges Einkommen, Beschäf-tigung, die Höhe der Profite und Arbeitnehmereinkommen sowie Lohn- und Profitquote,wenn zusätzlich zur Produktivität auch der Reallohn um 10% steigt. Interpretieren Sie IhrErgebnis.

Die effektive Arbeitsnachfrage beträgt nach 1a)

N eff =I + G

s(A− W

P

)=

440 + 2200, 6 (3, 3− 2, 2)

=660

0, 6 · 1, 1 =6600, 66 = 1.000

Das gleichgewichtige Einkommen beträgt somit:

Y = AN = 3, 3 · 1.000 = 3.300

Die absolute Höhe der Profite beträgt:

Y − W

PN = 3.300− 2, 2 · 1.000 = 1.100

Die absolute Höhe der Arbeitnehmereinkommen beträgt:

W

PN = 2, 2 · 1.000 = 2.200

Und die Lohnquote beträgt weiterhin 2/3, weil sich das Verhältnis von Reallöhnen zur Produk-tivität nicht verändert hat:

WP N

Y=

2, 2 · 1.0003.300 =

2.2003.300 =

23 ≈ 0, 667 = 66, 7%

Die Profitquote entspricht dementsprechend 1/3 (ca. 33, 3%).Interpretation: Da nun alle Nachfragekomponenten um 10% gestiegen sind, kann die Arbeits-nachfrage konstant gehalten werden. Die Produktivitätssteigerung führt nun zu einer Erhöhungdes gesamtwirtschaftlichen Einkommens, von der Arbeitnehmer wie Unternehmen gleicherma-ßen profitieren. Die Einkommensverteilung verändert sich hierdurch nicht.

Statt mit weniger Arbeitnehmer (bzw. Arbeitsstunden) die gleiche Menge von Gütern und Dienst-leistungen zu produzieren, werden nun mit der gleichen Menge von Arbeitnehmern mehr Güterund Dienstleistungen hergestellt.

f) Berechnen Sie den Anteil der Investitionen und Staatsausgaben am gesamtwirtschaftli-chen Einkommen nach der Steigerung von Produktivität, Reallohn, Staatsausgaben undInvestitionen. Interpretieren Sie Ihr Ergebnis.

Nach der Steigerung betragen die Anteile:

I

Y=

4403.300 ≈ 13, 3%

G

Y=

2203.300 ≈ 6, 7%

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Makroökonomik für Betriebswirte (WiSe 2019/20) 11

Interpretation: Investitions- und Staatsausgabenquote sind konstant geblieben, weil das Ein-kommen um den gleichen Prozentsatz wie Investitionen und Staatsausgaben gestiegen ist.

Zusatzaufgabe 3: Verteilungskonflikt bei Vollbeschäftigung

Betrachten Sie das Modell aus Aufgabe 1. Gehen Sie von einer Situation der Vollbeschäftigungaus.

a) Wie müssten sich Investitionen und Staatsausgaben entwickeln, wenn der Reallohn stei-gen soll?

Wenn bei Vollbeschäftigung der Reallohn steigen soll, muss die Summe aus Investitionen undStaatsausgaben sinken. Da die Produktion (zumindest kurzfristig) nicht weiter gesteigert wer-den kann, würde eine weitere Nachfrageerhöhung die Menge von Gütern und Dienstleistungennicht mehr erhöhen können. Sofern die Summe aus Investitionen und Staatsausgaben nichtsinkt, würde eine Lohnerhöhung daher lediglich zu einer Preissteigerung führen, so dass derReallohn konstant bleibt.

b) Welche Auswirkungen hätte dies auf die absolute Höhe von Profiten und Arbeitnehme-reinkommen sowie auf Lohn- und Profitquote? Interpretieren Sie Ihr Ergebnis.

Da die Profite positiv von der Summe aus Investitionen und Staatsausgaben abhängen, wür-de sowohl ihre absolute Höhe wie auch die Profitquote fallen, während die Arbeitnehmerein-kommen absolut und relativ zum gesamtwirtschaftlichen Vollbeschäftigungseinkommen stei-gen würden.

Unter Vollbeschäftigung ist eine Einkommenserhöhung einer der beiden Gruppen nur zu Lastender anderen Gruppe möglich. Da die Produktion nicht weiter gesteigert werden kann, muss voneiner Gruppe zur anderen umverteilt werden (Verteilungskonflikt).

Anmerkung: Bei einem höheren Reallohn ist das gleiche Beschäftigungsniveau also bei nied-rigeren Staatsausgaben möglich. Die geringeren Staatsausgaben würden aber die Unterneh-mensprofite verringern.

c) Skizzieren Sie die Entwicklung von Staatsausgaben und Investitionen aus Aufgabenteila) in ein Diagramm mit N auf der Y -Achse und W /P auf der X-Achse.

Beschäftigung, N

Reallohn, WP

NV

Neffneu

Neff

(WP

)neu

(WP

)alt

(I + G) ↓

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12 Makroökonomik für Betriebswirte (WiSe 2019/20)

Zusatzaufgabe 4: Postkeynesianische Arbeitsnachfrage bei positiver Sparneigung derArbeitnehmer

Betrachten Sie das Modell aus Aufgabe 1. Gehen Sie nun aber davon aus, dass auch dieArbeitnehmer einen Teil ihres Einkommens sparen:

Cw = (1− sw)W

PN , 0 < sw < 1

Cπ = (1− sp)Π 0 < sp < 1,

wobei sp und sw die marginale Sparneigung der Profiteinkommensbezieher bzw. der Lohnein-kommensbezieher darstellen.

Zeigen Sie, dass die Arbeitsnachfrage weiterhin positiv vom Reallohn abhängt, solange sp > swgilt. Interpretieren Sie Ihr Ergebnis.

Setzen wir die neuen Konsumgleichungen in (1) ein, so folgt unter Verwendung von (2) für dasgleichgewichtige Einkommen:

Y = (1− sw)W

PN︸ ︷︷ ︸

Cw

+ (1− sp)Π︸ ︷︷ ︸Cπ

+I + G

⇔ Y = (1− sw)W

PN + (1− sp)

(Y − W

PN

)︸ ︷︷ ︸

Π

+I + G

⇔ Y = [(1− sw)− (1− sp)]W

PN + (1− sp) Y + I + G

⇔ spY = (sp − sw)W

PN + I + G

⇔ Y =

(sp − sw

sp

)W

PN +

1sp

(I + G)

Mit Hilfe von Y = AN lässt sich dann die neue effektive Arbeitsnachfrage berechnen:

AN =

(sp − sw

sp

)W

PN +

1sp

(I + G)

⇔(

A−(

sp − swsp

)W

P

)N =

1sp

(I + G)

⇔(

spA− (sp − sw)WP

sp

)N =

1sp

(I + G)

⇔ N eff =I + G

spA− (sp − sw)WP

Solange sp > sw hängt die Arbeitsnachfrage weiterhin positiv vom Reallohn ab.

Interpretation: Da die Profiteinkommensbezieher einen größeren Teil ihres Einkommen nichtausgeben, steigt die Nachfrage, wenn die Reallöhne steigen und sich die Einkommensvertei-lung zu Gunsten der Arbeitnehmer ändert.