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Konvexe Mengen Def. Eine Teilmenge A R n heißt konvex, wenn sie mit je zwei Punkten x , y auch stets deren Verbindungsstrecke xy = {x + t · −→ xy | 0 t 1} = {(1 t )x + ty | 0 t 1} enth¨ alt. konvex nicht konvex Lemma 25. Der Durchschnitt von konvexen Mengen ist konvex. Beweis. Wir betrachten konvexe Mengen K α , α ∈A; wir m¨ ussen zeigen, dass α∈A K α konvex ist, d.h. wir m¨ ussen zeigen, dass α∈A K α mit je zwei Punkten x , y die ganze Strecke xy enth¨ alt. Angenommen, die Punkte x , y liegen im Durschnitt der konvexen Mengen K α , α ∈A. Dann liegt auch die Strecke xy in allen K α . Deswegen liegt diese Strecke im Durchschnitt α∈A K α

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Konvexe Mengen

Def. Eine Teilmenge A ⊆ Rn heißt konvex, wenn sie mit je zwei Punkten

x , y auch stets deren Verbindungsstrecke

xy = {x + t · −→xy | 0 ≤ t ≤ 1} = {(1 − t)x + ty | 0 ≤ t ≤ 1} enthalt.

k o n v e x n i c h t k o n v e x

Lemma 25. Der Durchschnitt von konvexen Mengen ist konvex.Beweis. Wir betrachten konvexe Mengen Kα, α ∈ A; wir mussen zeigen,dass

α∈A Kα konvex ist, d.h. wir mussen zeigen, dass⋂

α∈A Kα mit jezwei Punkten x , y die ganze Strecke xy enthalt.Angenommen, die Punkte x , y liegen im Durschnitt der konvexenMengen Kα, α ∈ A. Dann liegt auch die Strecke xy in allen Kα.Deswegen liegt diese Strecke im Durchschnitt

α∈A Kα

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Drei Definitionen der konvexen Hulle und Aquivalenzsatz:

Def. (a) Die konvexe Hulle von A ist die Mengeconv(A) := {λ1x1 + ... + λkxk | λ1 + ... + λk = 1 , λi ≥ 0, xi ∈ A}.

Def. (b) Die konvexe Hulle von A ist die kleinste konvexe Mengeconv(A), die A enthalt. (d.h., gilt A ⊆ C fur eine konvexe Menge C , sogilt conv(A) ⊆ C )

Def. (c) Die konvexe Hulle von A ist der Durchschnitt von allenkonvexen Mengen, die A enthalten:

conv(A) =⋂

C⊇A

C ist konvex

C .

Satz. Die Definitionen (a), (b), (c) sind aquivalent: ist eine Menge einekonvexe Hulle nach einer Definition, so ist sie auch eine konvexe Hullenach den anderen Definitionen.

Schema des Beweises: Zunachst machen wir eine lange Vorarbeit.

Dann zeigen wir (c) ⇐⇒ (b) und anschließlich (a) ⇐⇒ (b).

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Exkurs: Schwerpunkt

Seien x1, ..., xk Punkte des Raumes Rn, und m1, ...,mk ∈ R≥0, so dass

mind. ein mi > 0.Def. Der Schwerpunkt von x1, ..., xk mit Massen m1, ...,mk ist derPunkt a + 1P

ki=1 mi

∑ki=1 mi

−→axi = a + 1Pki=1 mi

∑ki=1 mi (xi − a).

Lemma 26 Schwerpunkt hangt nicht von der Wahl des Punktes a ab.

Beweis.

b +1

∑ki=1 mi

k∑

i=1

mi

−→bxi = a +

−→ab +

1∑k

i=1 mi

k∑

i=1

mi

−→bxi

= a +1

∑ki=1 mi

(k∑

i=1

mi

−→ab +

k∑

i=1

mi

−→bxi

)

= a +1

∑ki=1 mi

k∑

i=1

mi (−→ab +

−→bxi )

= a +1

∑ki=1 mi

k∑

i=1

mi−→axi .

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Bemerkung. Die Eigenschaft”Schwerpunkt zu sein“ ist eine

affine Eigenschaft: ist F : Rn → R

m eine affine Abbildung, dann istder Schwerpunkt von F (x1), ...,F (xk) (mit Massen m1, ...,mk) dasBild des Schwerpunktes von x1, ..., xk (mit denselben Massenm1, ...,mk). In der Tat, sei F (x) = Ax + b fur eine m × n-Matrix A

und b ∈ Rm. Dann gilt:

F (x) − F (y) = Ax + b − Ay − b = A(x − y) (∗)

Wir setzen (∗) in die Definition des Schwerpunktes vonF (x1), ...,F (xk) (mit Massen m1, ...,mk und “Anfangspunkt”a = F (~0)) ein und erhalten:F (~0) + 1Pk

i=1 mi

∑ki=1 mi (F (xi ) − F (~0))

(∗)= b + 1Pk

i=1 mi

∑ki=1 mi (A(xi −~0)) = b + A

(1Pk

i=1 mi

∑ki=1 mixi

)

= F

~0 +1

∑ki=1 mi

k∑

i=1

mixi

︸ ︷︷ ︸

Schwerpunkt von x1, ..., xk

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Lemma 27. Seien x1, ..., xk und y1, ..., yr Punkte; mx1, ..., mxk

, my1, ...,

myrdie Massen, s.d. mx1

+ ... + mxk> 0 und my1

+ ... + myr> 0. Der

Schwerpunkt von x1, ..., xk sei Sx . Der Schwerpunkt von y1, ..., yr sei Sy .Dann gilt: Der Schwerpunkt von dem Punktepaar Sx und Sy mit Massen∑k

i=1 mxiund

∑ri=1 myi

ist gleich dem Schwerpunkt der Punktex1, ..., xk , y1, ..., yr mit Massen mx1

, ..., mxk, my1

, ..., myr.

Beweis. Wir berechnen die beiden Schwerpunkte und stellen fest, dasssie zusammenfallen. Nach Lemma 26 konnen wir einen beliebigen Punktals den Punkt a in der Formel

a +1

∑ki=1 mxi

+∑r

j=1 myj

k∑

i=1

mxi

−→axi +

r∑

j=1

myj

−→ayj

(∗)

wahlen; wir nehmen a = Sx . Da Sx Schwerpunkt von x1, ..., xk ist, ist

Sx + 1Pki=1 mxi

∑ki=1 mxi

−−→Sxxi = Sx , folglich

∑ki=1 mxi

−−→Sxxi = ~0.

Dann ist (∗) gleich

Sx +1

∑ki=1 mxi

+∑r

j=1 myj

r∑

j=1

myj

−−→Sxyj

.

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Wenn wir den Schwerpunkt von y1, ..., yr berechnen, bekommen wir

Sy = Sx +1

∑rj=1 myj

r∑

j=1

myj

−−→Sxyj , also

−−→SxSy =

1∑r

j=1 myj

r∑

j=1

myj

−−→Sxyj ,

und deswegen

1∑k

i=1 mxi+∑r

j=1 myj

r∑

j=1

myj

−−→Sxyj

=

∑rj=1 myj

∑ki=1 mxi

+∑r

j=1 myj

−−→SxSy .

Dann ist die Formel (∗) gleich

Sx +

∑ki=1 mxi

∑ki=1 mxi

+∑r

j=1 myj

~0 +

∑rj=1 myj

∑ki=1 mxi

+∑r

j=1 myj

−−→SxSy ,

und dies ist die Formel fur den Schwerpunkt der zwei Punkte Sx , Sy mit

Massen∑k

i=1 mxi,∑r

j=1 myj,

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Schwerpunkt eines Dreiecks

Folgerung. Man betrachte die Eckpunkte a, b, c eines Dreiecks mitMassen ma = 1, mb = 1, mc = 1. Dann ist der Schwerpunkt derSchnittpunkt der Seitenhalbierenden. Ferner gilt: der Schnittpunkt teiltdie Seitenhalbierenden im Verhaltnis 1 : 2.

Beweis. Wir nehmen k = 2, x1 = a, x2 = b undr = 1, y1 = c . Dann ist Sx = 1

1+1 (a+b) = 12 (a+

b). Wir sehen, dass Sx der Mittelpunkt der Seiteab ist, deswegen ist Sxc eine Seitenhalbierende.

a = x 1

c = y

b = x 2S x

Offensichtlich ist Sy = 11c = c .

Dann ist nach Lemma 26 (wir nehmen Sx als Fußpunkt)

S = Sx +1

2 + 1

(

2 ·−−→SxSx + 1 ·

−−→SxSy

)

= Sx + 13

−−→SxSy .

Wir sehen, dass der Schwerpunkt auf der Seitenhalbierenden die vomPunkt c ausgeht liegt, und dass er die Seitenhalbierende im Verhaltnis1 : 2 teilt. Analog zeigt man, dass der Schwerpunkt auch auf allenanderen Seitenhalbierenden liegt (und sie im Verhaltnis 1 : 2 teilt).Deswegen ist der Schwerpunkt der Schnittpunkt derSeitenhalbierenden,

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Schwerpunkt versus konvexe Kombination:

Def. Seien x1, ..., xk ∈ Rn und λ1, ..., λk ∈ R s.d. λi ≥ 0 und

∑ki=1 λi = 1. Die konvexe Kombination von x1, ..., xk mit

Koeffizienten λ1, ..., λk ist der Punkt∑k

i=1 λixi .

Einfach zu sehen: ein Schwerpunkt mit Massen mk , so dass∑

mk = 1 ist eine konvexe Kombination.In der Tat, als Punkt a konnen wir nach Lemma 26 den Punkt ~0nehmen.

Dann gilt: Sx := 1Pki=1 mi

∑ki=1 mixi , und das ist Definition der

konvexen Kombination.

Sei Sx ein Schwerpunkt von x1, ..., xk mit Massenm1, ...,mk ∈ R≥0, so dass mind. ein mi > 0. Dann ist Sx einekonvexe Kombination von x1, ..., xk mit Koeffizienten m1

M, ..., mk

M,

wobei M :=∑k

i=1 mi .

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(c) ⇐⇒ (b)

Satz. Die Definitionen (a), (b), (c) sind aquivalent: ist eine Menge eine konvexe Hulle nach einer Defi-nition, so ist sie auch eine konvexe Hulle nach den anderen Definitionen.Def. (b) Die konvexe Hulle von A ist die kleinste konvexe Menge conv(A), die A enthalt. (d.h., giltA ⊆ C fur eine konvexe Menge C , so gilt conv(A) ⊆ C)

Def. (c) Die konvexe Hulle von A ist der Durchschnitt von allen konvexen Mengen, die A enthalten:

conv(A) =\

C⊇A

C ist konvex

C .

Sei conv(b)(A) die konvexe Hulle im Sinne der Definition (b), d.h.,die kleinste konvexe Menge, die alle Punkte von A enthalt, und seiconv(c)(A) :=

C⊇AC ist konvex

C . Wir zeigen:

(i) conv(b)(A) ⊆ conv(c)(A) und (ii) conv(c)(A) ⊆ conv(b)(A).

Beweis (i): Nach Lemma 25 ist conv(c)(A) konvex; offensichtlichgilt A ⊆ conv(c)(A), und deswegen ist conv(b)(A) ⊆ conv(c)(A)nach Definition von conv(b)(A).

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Beweis (ii): conv(c)(A) ⊆ conv(b)(A).

Satz. Die Definitionen (a), (b), (c) sind aquivalent: ist eine Menge konvexe Hulle nach einer Definition,so ist sie auch eine konvexe Hulle nach den anderen Definitionen.Def. (b) Die konvexe Hulle von A ist die kleinste konvexe Menge conv(A), die A enthalt. (d.h., giltA ⊆ C fur eine konvexe Menge C , so gilt conv(A) ⊆ C)

Def. (c) Die konvexe Hulle von A ist der Durchschnitt von allen konvexen Mengen, die A enthalten:

conv(A) =\

C⊇A

C ist konvex

C .

conv(b)(A) ist nach Definition konvex und enthalt alle Punkte von A.Dann ist sie eine der Mengen aus dem Durchschnitt

C⊇A

C ist konvex

C := conv(b)(A),

deswegen ist conv(c)(A) ⊆ conv(b)(A).

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(a) ⇐⇒ (b)

Wir beweisen zuerst das folgende Lemma.Lemma 28. Eine Menge A ⊆ R

n ist genau dann konvex, wenn furalle k ∈ N, fur alle x1, ..., xk ∈ A und fur alle λ1, ..., λk ∈ R mit∑

i λi = 1, λi ≥ 0 gilt:

λ1x1 + ... + λkxk ∈ A (∗)

Beweis ⇐=: Angenommen x1, x2 ∈ A. Wir nehmen k = 2 undλ1 = (1− t), λ2 = t. Dann sind (fur t ∈ [0, 1] ) λ1x1 + λ2x2 genaudie Punkte der Strecke, die x1 und x2 verbindet. Falls (∗) erfulltist, liegen sie in A und damit ist die Menge A konvex.

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Lemma 28. Eine Menge A ⊆ Rn ist genau dann konvex, wenn fur alle k ∈ N, fur alle x1, ..., xk ∈ A

und fur alle λ1, ..., λk ∈ R mitP

i λi = 1, λi ≥ 0 gilt:

λ1x1 + ... + λk xk ∈ A (∗)

Beweis =⇒: Angenommen A ist konvex.Zuerst bemerken wir, dass λ1x1 + ... + λkxk genau der Schwerpunkt derPunkte x1, ..., xk mit Massen λ1, ..., λk ist ( weil

i λi = 1). Falls wir alleMassen mit derselben Konstanten multiplizieren,andern wir denSchwerpunkt nicht, weil diese Konstante in der Formel

S := ~0 +∑

i

mi∑

j mj

xi

im Zahler und im Nenner erscheint (siehe auch Abschnitt: Schwerpunktversus konvexe Kombination). Also mussen wir beweisen, dass fur allek ∈ N und fur alle Massen m1, ...,mk der Schwerpunkt von x1, ..., xk ∈ A

mit Massen m1, ...,mk wieder in A liegt.

Induktion nach k. Induktionsanfang: fur k = 2 ist das offensichtlich: in

dem Fall liegt der Schwerpunkt auf der Verbindungsstrecke

x1x2 = {(1 − t)x1 + tx2 | t ∈ [0, 1]} und diese liegt in A da A konvex ist.

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Induktionsschritt k − 1 7→ k. Es seien x1, ..., xk ∈ A und m1, ...,mk ≥ 0mit k > 2,

i mi > 0.

Sei S der Schwerpunkt von x1, ..., xk−1 mit Massen m1, ...,mk−1. NachInduktionsvoraussetzung ist S ∈ A.Nach Lemma 27 ist der Schwerpunkt von x1, ..., xk (mit Massenm1, ...,mk) der Schwerpunkt von S ∈ A , xk ∈ A mit Massen jeweilsm1 + ... + mk−1 und mk .Nach Induktionsvoraussetzung liegt der Schwerpunkt dann in A,

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(a) ⇐⇒ (b)

Satz. Die Definitionen (a), (b), (c) sind aquivalent: ist eine Menge konvexe Hulle nach einer Definition,so ist sie auch eine konvexe Hulle nach den anderen Definitionen.Def. (a) Die konvexe Hulle von A ist die Mengeconv(A) := {λ1x1 + ... + λk xk | λ1 + ... + λk = 1 , λi ≥ 0, xi ∈ A}.

Def. (b) Die konvexe Hulle von A ist die kleinste konvexe Menge conv(A), die A enthalt. (d.h., giltA ⊆ C fur eine konvexe Menge C , so gilt conv(A) ⊆ C)

Nach Definition (b) ist conv(b)(A) konvex, und enthalt A. Dann liegen

nach Lemma 28 alle Punkte der Form∑

i λixi (wobei λi ≥ 0,∑

i λi = 1,

xi ∈ A ) in conv(b)(A). Also conv(a)(A) ⊆ conv(b)(A). Deswegen bleibt

uns noch zu zeigen, dass conv(a)(A) konvex ist. (Da A ⊆ conv(a)(A) ist,

ist dann conv(b)(A) ⊆ conv(a)(A).)

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Angenommen die Punkte x und y sind konvexe Kombinationen vonPunkten x1, ..., xk ∈ A (OBdA konnen wir denken, dass die Punkte in derLinearkombination fur x und y gleich sind, weil wir die fehlenden Punktemit Koeffizient λ = 0 hinzufugen konnen.)

x =∑

i

λixi y =∑

i

µixi .

Dann besteht die Verbindungsstrecke xy aus den Punkten der Form(wobei t ∈ [0, 1]) (1 − t)

i λixi + t∑

i µixi =∑

i ((1 − t)λi + tµi )︸ ︷︷ ︸

ηi

xi .

Die Koeffizienten ηi erfullen ηi ≥ 0 und∑

i ηi =∑

i ((1 − t)λi + tµi ) = (1 − t) + t = 1. Deswegen liegt jederPunkt der Verbindungsstrecke xy in conv(a)(A),

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Topologische Begriffe in der konvexen Geometrie

Wiederholung. Ein offener Ball vom Radius r > 0 um x0 ist die MengeBx0

(r) := {x ∈ Rn | d(x , x0) < r}.

Def. (Analysis- Vorlesung) Sei A ⊆ Rn . Das Innere von A

(Bezeichnung: int(A)) ist die Vereinigung von allen offenen Ballen, dieganz in A enthalten sind.

Def. – Wiederholung. Eine Menge A ⊆ Rn ist offen, falls es fur jeden

Punkt a ∈ A ein r > 0 gibt, so dass Ba(r) ⊆ A.

Bemerkung. Eine Menge A ist genau dann offen, falls A = int(A).

y

x

Bsp. Ein offener Ball ist offen. Weil fur jeden Punkty ∈ Bx0

(r), also fur jedes y mit |y − x0| < r der gan-ze Ball By (

12 (r − |y − x0|)) in Bx0

(r) liegt: in der Tat, istz ∈ By (

12 (r − |y − x0|)), so gilt

|z − x0|Dreiecksungleichung

≤ |z − y | + |y − x0|

≤ 12 (r − |y − x0|) + |y − x0| = 1

2 (r + |y − x0|) ≤ r .

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Lemma 29. Sei A eine konvexe Menge, x ∈ int(A) und y ∈ A. Dann gilt:jeder Punkt u ∈ xy , s.d. u 6= y liegt in int(A).

Beweis. Sei y ∈ A und o.B.d.A. sei y = ~0 der Ursprung. Da x ∈ int(A),Def. von

”offen“

=⇒ ∃ eine offene Kugel Bx(δ) ⊆ A. Fur beliebiges u ∈ xy , s.d.u 6= y existiert ein λ, (0 < λ < 1), so dass u = λx . Es gilt:Bλx(λδ) = λBδ(x) := {λ · w | w ∈ Bδ(x)}.

Weil A konvex ist und ~0 ∈ A, gilt: λBδ(x) ⊆ A =⇒Bλδ(λx) = Bλδ(u) ⊆ A .

Da die Kugel um u mit Radius λδ in A enthalten ist, folgt daraus, dass

u ∈ int(A).

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Lemma 29. Sei A eine konvexe Menge, x ∈ int(A) und y ∈ A. Dann gilt: jeder Punkt u ∈ xy s.d.u 6= y liegt in int(A).

Folgerung. Falls A konvex ist, dann ist das Innere int(A) konvex.

Beweis. Seien x , y ∈ int(A). Nach Lemma 29 liegt jeder Punkt derStrecke xy in int(A)

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Stutzende Hyperebenen

Def. Eine Hyperebene H stutzt eine Menge S ⊆ Rn in einem Punkt

x ∈ S , wenn x ∈ H und H die Menge S beschrankt, d.h. S liegt ganz aufeiner Seite von H (d.h. fur H = {y ∈ R

n | 〈l , y〉 = c〉} gilt dann〈l , y〉 ≥ c fur alle y ∈ S , oder 〈l , y〉 ≤ c fur alle y ∈ S .) H heißtStutzhyperebene.

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Def. (Analysis-Vorlesung) Sei S eine abgeschlossene Menge. DieMenge Rand(S) := S \ int(S) heißt die Randmenge von S .

A R a n d ( A )

Bsp. Rand des abgeschlossenen BallsBx0

(r) = {x ∈ Rn | |x−x0|≤r} ist die Sphare

{x ∈ Rn | |x − x0|=r}

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Nachstes Ziel: Existenz einer stutzenden Hyperebene durchjeden Randpunkt einer abgeschl. konvexen Menge.

Satz. (Existenz der Stutzhyperebene) Sei S ⊆ Rn, S 6= R

n

abgeschlossen und konvex. Es gilt: Ist x ein Randpunkt von S , so existiertmindestens eine Hyperebene, die S in x stutzt.

Zuerst machen wir (relativ viel) Vorarbeit.

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Def. Der Punkt λ1x1 + ... + λkxk , λi ≥ 0, xi ∈ A, heißt positiveKombination der Elemente x1, ..., xk von A. Die positive Hulle von A

pos(A) ist die Menge aller positiven Kombinationen von Elementen vonA.

S

x0

y

P o s i t i v e H ü l l e v o n Si s t d i e g a n z e E b e n e

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Def. Sei S ⊆ Rn eine nichtleere Menge.

Der Kegel (mit Spitze ~0) uber S ist die MengeKegel(S) := {µ · x | µ ≥ 0, x ∈ S}.

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Lemma 30. Es gilt:

(i) Die positive Hulle einer konvexen Menge ist konvex.

(ii) Die positive Hulle ist ein Kegel.

(iii) Ist A konvex, so fallt der Kegel uber A mit pos(A) zusammen.

Beweis (i). Seien x , x ∈ pos(A), wobei A konvex ist, d.h. x und x sindpositive Kombinationen von Punkten aus A. OBdA konnen wirannehmen, dass die Punkte xi in der positiven Kombination fur x und inder positiven Kombination fur x zusammenfallen; sonst konnen wir diefehlenden Punkte mit Koeffizient 0 hinzufugen. Dann gilt:

x =∑k

i=1 λixi und x =∑k

i=1 λixi

Dann besteht die Strecke xx aus den Punkten (wobei t ∈ [0, 1])

t · x + (1 − t) · x = t ·∑k

i=1 λixi + (1 − t) ·∑k

i=1 λixi =∑k

i=1 (t · λi + (1 − t) · λi )︸ ︷︷ ︸

ηi

·xi .

Da jedes ηi die Summe von zwei nichtnegativen Zahlen ist, ist ηi ≥ 0 unddamit t · x + (1 − t) · x ∈ pos(A),

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Lemma 30. Es gilt:

(i) Die positive Hulle einer konvexen Menge ist konvex.

(ii) Die positive Hulle ist ein Kegel.

(iii) Ist A konvex, so fallt der Kegel uber A mit pos(A) zusammen.

Beweis (ii). Sei x ∈ pos(A), d.h. x ist eine positive Kombination von

Punkten aus A: x =∑k

i=1 λixi mit xi ∈ A und λi ≥ 0. Dann ist einbeliebiger Punkt x = µ · x aus Kegel(pos(A)) auch als positive

Kombination der xi darstellbar: µ · x = µ ·∑k

i=1 λixi =∑k

i=1 µ · λi︸ ︷︷ ︸

λi≥0

xi ,

Beweis (iii). Die Inklusion pos(A) ⊇ Kegel(A) ist offensichtlich. Wirzeigen pos(A) ⊆ Kegel(A). Sei x ∈ pos(A), wobei A konvex ist. Dann istx = µ1x1 + · · · + µkxk , wobei xi ∈ A, µi ≥ 0. Sind alle µi = 0, so istx = ~0, und liegt in Kegel(A) nach Definition. Ist M :=

i µi > 0, sobetrachten wir den Punktx := 1

M· x =

µ1

M︸︷︷︸

λ1

x1 + · · · +µk

M︸︷︷︸

λk

xk . Nach Konstruktion der λi ist

i λi = 1. Nach dem Aquivalenzsatz ist

ADef (b)

= conv(A)Def (a)

= {λ1x1 + · · · + λkxk | λ1 + · · · + λk = 1, λi ≥ 0}.Dann liegt x in conv(A) = A. Damit liegt x = M · x in Kegel(A),

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Lemma 31. Sei S⊂R2, S 6=R

2, offen und konvex. Dann gilt fur jedesx ∈ R

2 \ S : Es existiert eine Gerade L mit x ∈ L und L ∩ S = ∅.

Beweis. OBdA sei x := ~0 ∈ R2 \ S . Da die Menge S offen und konvex

ist, ist nach Lemma 30 pos(S) auch konvex und ein Kegel uber S .Deswegen ist pos(S) ein offener Sektor mit Eckpunkt ~0 und Winkelδ ≤ π.

Eine Ursprungsgerade L (d. h. x = ~0 ∈ L), die eine Seite des Sektorsenthalt, erfullt nun obige Bedingung L ∩ S = ∅, da der Sektor offenist,

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Hilfssatz. Sei F ein affiner Unterraum des Rn mit dim(F) = k, wobei

0 ≤ k ≤ n − 2. Sei S ⊆ Rn offen und konvex, so daß F ∩ S = ∅.

Dann gilt: Es existiert ein (k + 1)−dimensionaler affiner Unterraum F∗

mit F ⊆ F∗ und F∗ ∩ S = ∅.

LL

Beweis. Sei e1, ..., en die Standardbasis des Rn. OBdA ist ~0 ∈ F . Fur

0 < k ≤ n − 2 sei F = aff ({~0, e1, ..., ek}) (= Span({e1, ..., ek})) undU = aff ({~0, ek+1, ..., en}) (= Span({ek+1, ..., en})).Sei π : R

n → U die orthogonale Projektion (=Lot) auf U ,π(a1, ..., an) := (0, ..., 0, ak+1, ..., an). Da π offensichtlich eine affineAbbildung ist, ist Bildπ(S) eine konvexe Teilmenge von U .

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Wir betrachten die Ebene P := aff ({~0, en, en−1}). Die SchnittmengeBildπ(S)∩P ist auch eine konvexe Menge; sie ist offen als Teilmenge vonP.

LL

Wegen F ∩ S = ∅ gilt: ~0 6∈ Bildπ(S), und deswegen ~0 6∈ Bildπ(S) ∩ P.Deswegen existiert nach Lemma 31 eine Gerade L ⊆ P mit x := ~0 ∈ L

und L ∩ Bildπ(S) = ∅.

Fur F∗ := UrbildπL = F + L gilt: dim(F∗) = dim(F) + 1 und

F∗ ∩ S = ∅,

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Existenz von stutzenden Hyperebenen: Beweis.

Satz (Existenz der Stutzhyperebenen). Sei S ⊆ Rn , S 6= R

n , abgeschlossen und konvex. Es gilt: Ist x

ein Randpunkt von S , so existiert mindestens eine Hyperebene, die S in x stutzt.

Hilfssatz. Sei F ein affiner Unterraum von Rn mit dim(F) = k, wobei 0 ≤ k ≤ n − 2. Sei S ∈ R

n

offen und konvex, so daß F ∩ S = ∅.Dann gilt: Es existiert ein (k +1)−dimensionaler affiner Unterraum F∗ mit F ⊆ F∗ und F∗∩S = ∅.

Beweis. Angenommen, es gibt eine Hyperebene H, so dass S ⊆ H. Dannist H Stutzebene fur jeden Punkt von S .Im Folgenden werden wir annehmen, dass es keine Hyperebene H gibt, sodass S ⊆ H. Dann ist int(S) 6= ∅. In der Tat gibt es n + 1-Punkte von S ,die in keiner Hyperebene liegen. Die konvexe Hulle von diesen Punktenist eine Teilmenge von S , welche innere Punkte besitzt.Wir betrachten jetzt die Menge int(S). Sie ist offen und nicht leer.Fur jeden Punkt x ∈ Rand(S) liefert ((n − 1)− k)-maliges Anwenden desHilfssatzes die Behauptung, da die Dimension des affinen Raumes jeweilsum 1 wachst, bis der Raum eine Hyperebene ist,

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Umkehrung des Satzes uber Existenz der Stutzhyperebene

Satz. ( Existenz der Stutzhyperebene) Sei S ⊆ Rn , S 6= R

n ,abgeschlossen und konvex. Es gilt: Ist x

ein Randpunkt von S , so existiert mindestens eine Hyperebene, die S in x stutzt.

Satz. Sei S ⊆ Rn abgeschlossen und int(S) 6= ∅. Es gilt: Wenn

durch jeden Randpunkt von S eine Hyperebene verlauft, die S

stutzt, dann ist S konvex.

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Satz. Sei S ⊆ Rn abgeschlossen und int(S) 6= ∅. Es gilt: Wenn durch jeden Randpunkt von S eine

Hyperebene durchgeht, die S stutzt, dann ist S konvex.

Beweis fur n ≥ 2. Sei wieder S ⊆ Rn abgeschlossen und int(S) 6= ∅. Ist

S = Rn, so ist S konvex. Wir nehmen an, dass S 6= R

n. Wir nehmeneinen Punkt x 6∈ S . Außerdem gibt es, da int(S) 6= ∅, ein y ∈ int(S) undeinen Randpunkt b von S , sodass b ∈ xy , b 6∈ {x , y}.

Die nach Voraussetzung existierende stutzen-de Hyperebene H von S durch b enthaltnicht x (denn wurde sie b und x enthalten, soenthielte sie auch die Strecke bx und damitauch die Strecke xy , was im Widerspruch da-zu steht, dass y ein innerer Punkt ist). Folg-lich gilt fur den abgeschlossenen Halbraum,der von H begrenzt wird und y enthalt, dasser S einschließt, aber nicht x enthalt.

Da x ein beliebiger Punkt ist der nicht in S liegt, kann man diesesVerfahren fur alle x 6∈ S anwenden und so schließen, dass S gleich demSchnitt aller so entstandenen Halbraume, welche S enthalten, ist. Also istS ein Durchschnitt von konvexen Mengen und damit selbst konvex,

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Satze uber Existenz der Stutzhyperebene und dessenUmkehrung in Worten

Die Satze ergeben die folgende Charakterisierung vonabgeschlossenen konvexen Mengen mit nicht leerem Inneren:

Sei S ⊆ Rn abgeschlossen und int(S) 6= ∅. Dann gilt:

S ist genau dann konvex, wenn durch jeden Randpunkt vonS eine die Menge S stutzende Hyperebene geht.

=⇒ Gilt nach Satz uber Existenz der Stutzhyperebene.

⇐= Gilt nach Umkehrung des Satzes.

Bemerkung. Das Interessante an diesem wichtigen Satz ist, dasser die globale paarweise Definition von Konvexitat (Die Streckezwischen zwei beliebigen Punkten aus S muss ganz in S liegen)mit einer Eigenschaft von einigen einzelnen Punkten (jederRandpunkt muss in einer Stutzebene liegen) gleichsetzt.

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Def. Sei S ⊆ Rn eine konvexe Menge. Ein Punkt x ∈ S heißt

Extrempunkt von S , wenn es kein Intervall ab ganz in S liegend gibt,ab ⊆ S , sodass x ∈ ab und x 6∈ {a, b}. Die Menge aller Extrempunktevon S heißt Profil von S .

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Wiederholung – Vorl. Analysis. Eine abgeschlossene beschrankteMenge im R

n ist kompakt.Satz (Darstellung von konvexen Korper als Konvexe Hulle desProfils). Sei S ⊆ R

n eine kompakte und konvexe Menge. Es gilt: S istdie konvexe Hulle ihres Profils P.In anderen Worten, Jedes x ∈ S ist Konvex-Kombination vonElementen des Profils von S .

Zuerst eine Hilfsaussage:Lemma 32 Sei S ⊆ R

n abgeschlossen und konvex. Sei H eineStutzhyperebene von S in einem Punkt x ∈ S . Es gilt: Ist x einExtrempunkt von H ∩ S , so ist x ein Extrempunkt von S .

Beweis. Sei H := {y | 〈l , y〉 = c}. Sei x aus dem von S ∩H. Dann gilt〈l , x〉 = c . OBdA ist 〈l , z〉 ≤ c fur alle z ∈ S .Wir nehmen an, dass x nicht aus dem Profil von S ist. Das heißt, x liegtim Inneren eines Intervals, also x = λ · u + (1 − λ) · v mitλ ∈ (0, 1),u, v ∈ S und entweder u 6∈ S ∩H oder v 6= S ∩H (sonst warex kein Extrempunkt in S ∩H.) Folglich gilt 〈l , u〉 < c oder 〈l , u〉 > c .OBdA konnen wir annehemen, dass 〈l , u〉 < c .

Dann gilt c = 〈l , x〉 = 〈l , λ · u + (1 − λ) · v〉Linearitat

=

λ · 〈l , u〉+ (1− λ) · 〈l , v〉 < λ · c + (1− λ) · c < c . Der Widerspruch zeigt,

dass x im Profil von S liegt,

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Satz. Sei S ⊆ Rn eine kompakte und konvexe Menge. Es gilt: S ist die konvexe Hulle ihres Profils P.

Induktionsbeweis nach k := dim(aff (S)).InduktionsAnfang: Ist k = 0, so ist S nur ein Punkt. Da dieser Punkttrivialerweise auch das Profil P von S ist, gilt conv(P) = S .

InduktionsVoraussetzung: Gelte der Satz fur jede kompakte, konvexeMenge der Dimension hochstens k − 1.

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Satz. Sei S ⊆ Rn eine kompakte und konvexe Menge. Es gilt: S ist die konvexe Hulle ihres Profils P.

Induktionsschritt: Sei dim(aff (S)) = k und x ∈ S . Die affine Hulleaff (S) ist zu R

k isomorph. Offensichtlich ist S kompakt und konvex alsTeilmenge von aff (S) ∼= R

k . Ferner gilt: Das Profil P von S (in Rn) und

die konvexe Hulle conv(P) (auch in Rn) fallt mit dem Profil P von S (in

aff (S) ∼= Rk) und der konvexen Hulle conv(P) (auch in aff (S) ∼= R

k)zusammen. Also konnen wir OBdA annehmen, dass k = n ist.Ist x im Rand von S enthalten, so gibt es nach dem Satz uber Existenzder Stutzhyperebene eine k − 1 dimensionale Hyperebene, die S in x

stutzt. Die Menge S ∩H ist kompakt und konvex, wobeidim(aff (S ∩H)) ≤ k − 1. Nach Induktionsvoraussetzung gilt dann, dassx eine Konvexkombination der Extrempunkte von S ∩H ist. Aus Lemma32 folgt, dass x eine Konvexkombination der Extrempunkte von S ist.Wir haben deswegen Rand(S) ⊆ conv(P) bewiesen.

Wir zeigen jetzt int(S) ⊆ conv(P). Sei x ∈ int(S). Sei G eine Gerade inder affinen Hulle von S durch x . Dann ist G ∩ S ein Interval mitEndpunkten y und z , wobei y , z ∈ Rand(S) ⊆ conv(P). Dann liegt dasganze Intervall in conv(P), folglich int(S) ⊆ conv(P).

Insgesamt haben wir gezeigt:S ⊆ conv(P).Da S konvex ist, ist

conv(P) ⊆ S nach dem Aquivalenzsatz. Also erhalten wir

conv(P) = S ,

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Folgerung. Jede kompakte, konvexe Menge S besitzt mindestens einenExtrempunkt.

Beweis. Weil S nach Satz uber Darstellung der konvexen Korper alsKonvexhulle des Profils mit der konvexe Hulle der Extrempunkteubereinstimmt,

Beispiele, die zeigen, dass die Annahmen wichtig sind:

Links: S ist eine Halbgerade,d.h. S ist konvex aber unbe-grenzt und somit nicht kom-pakt. Das Profil von S istder Punkt P1. Es gilt hier:conv(P) 6= S .

Rechts: S ist ein halboffener, halb-geschlossener Kreis, d.h. S ist kon-vex und beschrankt, aber nicht ab-geschlossen, also nicht kompakt. DasProfil von S ist der linke Halbkreis.Folglich gilt conv(P) 6= S .

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Es gibt Ahnlichkeiten zwischen dem Profil einer kompakten, konvexenMenge und einer Basis eines linearen Untervektorraums bzw.Koordinatensystems eines affinen Unterraums:• Eine Basis B eines linearen Unterraums U ist eine linear unabhangigeTeilmenge von U, welche den Unterraum aufspannt, in dem Sinn, dassjedes Element von U eine Linearkombination der Elemente in B ist. JederUnterraum des R

n besitzt eine Basis, und obwohl die Basis nichteindeutig ist, hat sie immer die gleiche Anzahl von Elementen.• Eine Teilmenge F des R

n besitzt eine affin unabhangige Teilmenge A

von F mit einer endlichen Anzahl von Elementen, so dass die affine Hullevon A gleich der affinen Hulle von F ist. Obwohl diese Teilmenge nichteindeutig ist, hat sie immer die gleiche Anzahl von Elementen.• Wenn wir eine Menge als konvex unabhangig definieren, wenn keinElement der Menge eine Konvexkombination der anderen Elemente ist,dann ist das Profil P von S eine konvex unabhangige Teilmenge von S ,wobei S wieder kompakt und konvex ist, so dass die konvexe Hulle von P

gleich S ist. In der Analogie gesprochen heißt das, dass P die Menge S

konvex aufspannt. Obwohl das Profil eindeutig ist, kann esunglucklicherweise unendlich viele Elemente haben.Wie die Beispiele oben zeigen, bricht diese Analogie leider volligzusammen, falls die Menge S nicht kompakt ist.