1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu:...

32
DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-1 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept, Werkstoffe, Tragwerksidealisierung I. Danielewicz, J. Reymendt 1.1 Einführung Nach Jahrzehnten der Entwicklung der neuen europäische Normengeneration im Rahmen des Eurocodes hat der Deutsche Ausschuss für Stahlbeton DAfStb im Jahr 1996 die Überarbei- tung der deutschen Normen für den Beton – Stahlbeton – und Spannbetonbau, die derzeit auf einem Kenntnisstand aus den 60er Jahren aufbauen, beschlossen. Die neue deutsche Normung sollte insbesondere auf den europäischen Eurocode aufbauen und dessen bestehende Konzep- te mit nationalen Anpassungen übernehmen. Durch die Einführung der DIN 1045 Neu sollen die bestehenden europäischen Normen als nationale Norm schneller umgesetzt werden. Fünf Jahre später, im Juli 2001, wurde die neue DIN 1045-1 "Tragwerke aus Beton, Stahlbe- ton und Spannbeton" mit ihrem Teil 1: „Bemessung und Konstruktion“ als neue Deutsche Norm für den Beton – Stahlbeton – und Spannbetonbau eingeführt und wird nun in den kom- menden Monaten bis zum Ablauf der Übergangsfrist nennenswerte Umstellungen in der deut- schen Baubranche mit sich ziehen. Neben der Schulung von Ingenieurinnen und Ingenieuren werden auch Neuentwicklungen von Programmen zur Schnittgrößenermittlung und Bemes- sung, Überarbeitung bzw. Neubeantragung aller bestehenden bauaufsichtlichen Zulassungen sowie die praktische Umsetzung auf den Baustellen erforderlich. Sieht man auf die Entstehungsgeschichte der für den Beton- und Stahlbetonbau wichtigsten Norm in der Vergangenheit zurück, so liegt deren Ursprung in den zwischen 1908 und 1916 verfassten ersten Bestimmungen des damaligen Deutschen Ausschusses für Eisenbeton. Be- wehrungsstäbe wurden 1923 in der DIN 488 „Rundeisen für Eisenbeton“ berücksichtigt und die DIN 1045 wurde erstmalig 1925 zum Thema „Ausführung von Bauwerken aus Eisenbe- ton“ durch den Deutschen Ausschuß für Eisenbeton als Deutsche Industrie Norm verfasst. Die erste Überarbeitung erfolgte bereits 1932, wobei hier die Fachleute und die Öffentlichkeit erstmalig die Möglichkeit hatten, konstruktive Kritik zu üben. Dies schlug sich in damals be- reits 1500 Vorschlägen zu Änderungen nieder, die durch den Deutschen Ausschuß für Eisen- beton geprüft und – soweit sinnvoll – in der Norm eingearbeitet wurden. Bei der nach einer weiteren Änderung 1937 folgenden Novellierung wurden 1943 die Güteklassen für den Beton und die uns allen bekannte 28-Tage Würfeldruckfestigkeit W 28 eingeführt. Die Klassifizie- rung des Betons wurde in die vier Güteklassen B 120, B 160, B 225 und B 300 eingeteilt. Im Jahr 1953 wurde erstmalig die DIN 4227 „Spannbeton“ als Bemessungsgrundlage eingeführt und war weltweit das erste Standardwerk in diesem damals noch jungen Forschungsgebiet. Weitere Überarbeitungen und Novellierungen der DIN 1045 fanden in den Jahren 1959, 1972 und 1978 (Umstellung von Kilopond auf Newton) statt. Die letzte zum heutigen Zeitpunkt noch gültige Fassung der “alten“ DIN 1045 wurde zeitgleich mit der DIN 4227 im Juli 1988 unter den Titeln „Beton und Stahlbeton, Bemessung und Ausführung“ sowie „Spannbeton“ verfasst und eingeführt. Seit der Fassung von 1972 besteht das für uns alle geläufige globale Prof. Dr.-Ing. I. Danielewicz, Hochschule Magdeburg-Stendal, Fachbereich Bauwesen Prof.-Dr.-Ing. Jörg Reymendt, Fachhochschule Frankfurt am Main, Fachbereich 1, Studiengang Bauingenieurwesen

Transcript of 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu:...

Page 1: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-1

1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept, Werkstoffe, Tragwerksidealisierung

I. Danielewicz, J. Reymendt

1.1 Einführung

Nach Jahrzehnten der Entwicklung der neuen europäische Normengeneration im Rahmen des Eurocodes hat der Deutsche Ausschuss für Stahlbeton DAfStb im Jahr 1996 die Überarbei-tung der deutschen Normen für den Beton – Stahlbeton – und Spannbetonbau, die derzeit auf einem Kenntnisstand aus den 60er Jahren aufbauen, beschlossen. Die neue deutsche Normung sollte insbesondere auf den europäischen Eurocode aufbauen und dessen bestehende Konzep-te mit nationalen Anpassungen übernehmen. Durch die Einführung der DIN 1045 Neu sollen die bestehenden europäischen Normen als nationale Norm schneller umgesetzt werden.

Fünf Jahre später, im Juli 2001, wurde die neue DIN 1045-1 "Tragwerke aus Beton, Stahlbe-ton und Spannbeton" mit ihrem Teil 1: „Bemessung und Konstruktion“ als neue Deutsche Norm für den Beton – Stahlbeton – und Spannbetonbau eingeführt und wird nun in den kom-menden Monaten bis zum Ablauf der Übergangsfrist nennenswerte Umstellungen in der deut-schen Baubranche mit sich ziehen. Neben der Schulung von Ingenieurinnen und Ingenieuren werden auch Neuentwicklungen von Programmen zur Schnittgrößenermittlung und Bemes-sung, Überarbeitung bzw. Neubeantragung aller bestehenden bauaufsichtlichen Zulassungen sowie die praktische Umsetzung auf den Baustellen erforderlich.

Sieht man auf die Entstehungsgeschichte der für den Beton- und Stahlbetonbau wichtigsten Norm in der Vergangenheit zurück, so liegt deren Ursprung in den zwischen 1908 und 1916 verfassten ersten Bestimmungen des damaligen Deutschen Ausschusses für Eisenbeton. Be-wehrungsstäbe wurden 1923 in der DIN 488 „Rundeisen für Eisenbeton“ berücksichtigt und die DIN 1045 wurde erstmalig 1925 zum Thema „Ausführung von Bauwerken aus Eisenbe-ton“ durch den Deutschen Ausschuß für Eisenbeton als Deutsche Industrie Norm verfasst. Die erste Überarbeitung erfolgte bereits 1932, wobei hier die Fachleute und die Öffentlichkeit erstmalig die Möglichkeit hatten, konstruktive Kritik zu üben. Dies schlug sich in damals be-reits 1500 Vorschlägen zu Änderungen nieder, die durch den Deutschen Ausschuß für Eisen-beton geprüft und – soweit sinnvoll – in der Norm eingearbeitet wurden. Bei der nach einer weiteren Änderung 1937 folgenden Novellierung wurden 1943 die Güteklassen für den Beton und die uns allen bekannte 28-Tage Würfeldruckfestigkeit W28 eingeführt. Die Klassifizie-rung des Betons wurde in die vier Güteklassen B 120, B 160, B 225 und B 300 eingeteilt. Im Jahr 1953 wurde erstmalig die DIN 4227 „Spannbeton“ als Bemessungsgrundlage eingeführt und war weltweit das erste Standardwerk in diesem damals noch jungen Forschungsgebiet. Weitere Überarbeitungen und Novellierungen der DIN 1045 fanden in den Jahren 1959, 1972 und 1978 (Umstellung von Kilopond auf Newton) statt. Die letzte zum heutigen Zeitpunkt noch gültige Fassung der “alten“ DIN 1045 wurde zeitgleich mit der DIN 4227 im Juli 1988 unter den Titeln „Beton und Stahlbeton, Bemessung und Ausführung“ sowie „Spannbeton“ verfasst und eingeführt. Seit der Fassung von 1972 besteht das für uns alle geläufige globale

Prof. Dr.-Ing. I. Danielewicz, Hochschule Magdeburg-Stendal, Fachbereich Bauwesen Prof.-Dr.-Ing. Jörg Reymendt, Fachhochschule Frankfurt am Main, Fachbereich 1, Studiengang Bauingenieurwesen

Page 2: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-2

Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten γ = 1,75 bei Versagen des Querschnitts mit Vorankündigung bzw. gleitend zunehmend auf γ = 2,1 bei Versagen ohne Vorankündigung. Mit diesen Sicherheitskonzepten bewegen wir uns zum heutigen Zeitpunkt mittlerweile in einer Außenseiterrolle in Europa und die Novellierung der Norm mit den bereits überall ver-breiteten Teilsicherheiten und Kombinationsbeiwerten wurde dringend nötig.

Im Juli 2001 erfolge nun die offizielle Einführung der Normenreihe

• DIN 1045-1, Ausgabe: 2001-07 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 1: Bemessung und Konstruktion,

• DIN 1045-2, Ausgabe: 2001-07 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 2: Beton; Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität,

• DIN 1045-3, Ausgabe: 2001-07 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 3: Bauausführung,

• DIN 1045-4, Ausgabe: 2001-07 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 4: Ergänzende Regeln für die Herstellung und die Konformität von Fertigteilen

und die alten Fassungen der Normen DIN 1045-88, DIN 4227 (Teile 1, 2, 3, 4, 6) für Spann-beton sowie DIN 4219 (Teil 2) für Leichtbeton werden in einer Übergangszeit bis vermutlich Ende 2004 abgelöst. Gleichzeitig stellt die DIN 1045-1 den deutschen Standpunkt zum Euro-code 2, Teil 1 dar. Nach der endgültigen Einführung des Eurocode 2 wird die DIN 1045-1 praktisch das nationale Anwendungsdokument darstellen, so dass mit weiteren künftigen Um-stellungen nicht mehr zu rechnen ist.

1.2 Inhalte der DIN 1045-neu

Die neue Normenreihe beinhaltet erstmalig unter dem Titel DIN 1045 eine Vielzahl früherer Normen für den Stahlbeton- und Spannbetonbau und deckt folgende Themenbereiche ab:

• Bauteile aus Beton- und Stahlbeton

• Bauteile aus Leichtbeton mit geschlossenem Gefüge

• Bauteile aus hochfestem Beton

• Bauteile mit beschränkter und voller Vorspannung

• Bauteile mit teilweiser Vorspannung

• Bauteile mit Vorspannung ohne Verbund

• Fertigteile

• Stahlbeton – und Spannbetonbrücken

• Betontechnologie

• Ausführung

• Fertigteile.

Page 3: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-3

Somit werden erstmalig die Normen und Richtlinien für Stahlbeton und Spannbeton sowie Normalbeton, Leichtbeton und Hochfester Beton in einer Norm zusammengeführt und behan-delt.

Neben der geänderten Sicherheitstheorie mit Teilsicherheitsbeiwerten bestehen für den An-wender der Normenreihe eine Vielzahl von Neuerungen bei der Schnittgrößenermittlung und Bemessung, geänderte Bezeichnungen und Indizes in den Formeln, sowie Neuerungen bei den Werkstoffkennlinien für den Beton und Betonstahl. In der Einleitung der Norm werden zudem erstmalig ausführlich die Begriffe und Formelzeichen zur Anwendung der Norm beschrieben.

Neben einer erwünschten Vereinfachung bei gleichzeitiger Verbesserung der Rechenmodelle in Bezug zur Realität wurden viele Neuerungen und Rechenverfahren ergänzt, die den Einsatz moderner Computerprogramme und EDV-Systeme ermöglichen.

Besonders wird in der Norm auch der Unterschied zwischen den

• Nachweisen der Tragfähigkeit und

• Nachweisen der Gebrauchstauglichkeit

hervorgehoben. Das Querkraftmodell und die Bemessung für Querkraft und Durchstanzen wurden überarbeitet (vgl. Kapitel 4 und 5) sowie die Konstruktionsregeln und Werkstoffge-setzte an den aktuellen Entwicklungsstand der Baustoffe angepasst. Die Norm ermöglicht insbesondere bei Normalkraftbeanspruchten Bauteilen eine zum Teil deutlich höhere Ausnut-zung des Werkstoffs. Der Nachweis gegen Ermüdung wurde zudem aufgenommen sowie die Gebrauchstauglichkeitsnachweise wie z.B. das Nachweisverfahren für die Rissbreitenbe-schränkung und Mindestbewehrung aufgewertet bzw. ergänzt.

1.3 Verfahren zur Schnittgrößenermittlung

Die DIN 1045-1 gibt dem Anwender die Möglichkeit unter folgenden Verfahren für die Schnittgrößenermittlung zu wählen:

• Linear- elastische Berechnung

Die Schnittgrößen werden am linear elastischen Tragwerk unter Annahme Zustand I ermittelt. Zur Berücksichtigung des Zustands II darf die Systemsteifigkeit herabgesetzt werden.

• Linear- elastische Berechnung mit Umlagerung Auf der Grundlage des elastischen Berechnungsverfahrens dürfen die Momente im Grenzzustand der Tragfähigkeit bei Berücksichtigung des Gesamtgleichgewichts um-gelagert werden. Die mögliche Umlagerung ist abhängig von der Rotationsfähigkeit des Querschnitts und von der Verformungskapazität des Betonstahls.

Page 4: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-4

• Verfahren nach der Plastizitätstheorie Erstmalig ist in einer deutschen DIN-Normenreihe für Beton- und Stahlbeton auch das Verfahren der Plastizitätstheorie anwendbar und öffnet dem Anwender eine Vielzahl von Nachweisverfahren auf denen z.B. auch die Stabwerkmodelle basieren. Bei der Plastizitätstheorie werden Verformungen des Systems im elastischen Berech vollstän-dig vernachlässigt, so dass sich bei überschreiten der Fließgrenze des Betonstahls plas-tische Gelenke mit unbegrenzter Verformbarkeit bilden können.

• Nichtlineare Verfahren Für die Nachweise der Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit (z.B. Verformung) und Tragfähigkeit ist erstmals auch die Schnittgrößenermittlung mit nichtlinearen Ver-fahren zulässig. Computerprogramme werden hierzu künftig eine einfache Verwen-dung und Umsetzung der nichtlinearen Schnittgrößenermittlung ermöglichen.

Zur Berücksichtigung der Stabverformungen bei Belastung bei stabförmigen Bauteilen unter Längsdruck ist das bereits aus dem EC2, Teil 1 bekannte Modellstützenverfahren zur einfa-chen Berechnung der Schnittgrößenänderungen infolge Theorie II. Ordnung verfügbar.

Für vorgespannte Bauteile beschreibt die DIN 1045-1 die Schnittgrößenermittlung, Ermitt-lung der Vorspannkräfte und Spannkraftverluste Grenzzustände der Tragfähigkeit und Ge-brauchstauglichkeit sowie die Verankerungsbereiche der Spannglieder.

1.4 Sicherheitskonzept

1.4.1 Grundlagen des Sicherheitskonzeptes

Für die Anwendung der DIN 1045-1 gilt das in DIN 1055-100 "Grundlagen der Trag-werksplanung" festgelegte Sicherheitskonzept. Danach ist das Tragwerk so zu dimensionie-ren, dass während der geplanten Nutzungsdauer seine Tragfähigkeit und geschuldeten Nut-zungseigenschaften mit der geforderten Sicherheit garantiert werden können.

Formal erfolgt die Bemessung durch Nachweise der sogenannten Grenzzustände. Es ist nach-zuweisen, dass die Grenzzustände nicht überschritten werden.

Man unterscheidet zwischen

• Grenzzuständen der Tragfähigkeit (GZdT) und

• Grenzzuständen der Gebrauchstauglichkeit (GZdG).

Das Erreichen des Grenzzustandes der Tragfähigkeit bedeutet, dass das Tragwerk die auftre-tenden Beanspruchungen gerade noch aufnehmen kann ohne Bruch zu erleiden oder, dass das Tragwerk sich gerade noch im statischen Gleichgewicht befindet. Die Nachweise sind für "ständige" und "vorübergehende", als auch für "außergewöhnliche" Bemessungssituationen zu erbringen. Die Ermüdung ist gesondert nachzuweisen.

Page 5: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-5

Beim Erreichen des "Grenzzustandes der Gebrauchstauglichkeit" sind die Nutzungseigen-schaften wie Begrenzung der Durchbiegung, Begrenzung der Stahl- bzw. Betonspannungen und Begrenzung der Rissbreite gerade noch erfüllt.

In den Bemessungsregeln, die sich aus den oben genannten Grenzzuständen ergeben, werden die Beanspruchung (E) den Widerständen (R) gegenübergestellt. Für die Bemessung der beiden Grenzzustände wird ein anderes Zuverlässigkeitsniveau gefordert (die Auswirkungen eines Einsturzes (GZdT) sind anders zu wichten als die Auswirkungen eines z.B. zu breit ge-öffneten Risses (GZdG). Die theoretische Versagenswahrscheinlichkeit für Tragfähigkeits-nachweise liegt bei pf = 10-6, für die Gebrauchstauglichkeit bei pf = 10-3.

Nachweise der Tragfähigkeit In den Nachweisen der Tragfähigkeit werden Unsicherheiten in den Annahmen (Bemes-sungsmodell, Lasten, Materialfestigkeiten) durch Sicherheitsbeiwerte abgedeckt. Im Gegen-satz zum Konzept der DIN 1045 (07/88), wo mit einem globalen Sicherheitsbeiwert γ gearbei-tet wird, werden in DIN 1045 (07/01) Teilsicherheitsbeiwerte auf der Einwirkungsseite und auf der Widerstandsseite verwendet.

γF Teilsicherheitsbeiwerte für Einwirkungen (γG,,..,γQ) γM Teilsicherheitsbeiwerte für Material. (γc,,..,γs)

Die für die Bemessung maßgebenden Werte erhält man, indem auf der Beanspruchungsseite (E) die s.g. repräsentativen Einwirkungen (F) mit Sicherheitsbeiwerten γF erhöht werden und auf der Widerstandsseite (R) die Bauteilwiderstände (X) mit den Teilsicherheitsbeiwerten γM abgemindert werden.

Zur Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit des gleichzeitigen Auftretens von mehreren veränderlichen Lasten, (z.B. Verkehrslast, Wind und Schnee), dürfen diese mit einem Beiwert ΨΨΨΨ abgemindert werden.

Nachweise der Gebrauchstauglichkeit Die Nachweise der Gebrauchstauglichkeit werden auf dem Niveau der Gebrauchslasten ge-führt. Zur Berücksichtigung einer für die einzelnen Nachweise angezielten Zuverlässigkeit (z.B. Überschreitung einer Gebrauchseigenschaft ca. 1-mal je Woche) werden die gleichzeitig auftretenden Verkehrslasten in entsprechenden Lastfallkombinationen mit den Reduktios-beiwerten ΨΨΨΨ1, ΨΨΨΨ2 abgemindert.

1.4.2 Einwirkungen und Beanspruchungen

Einwirkungen (F) sind auf das Tragwerk wirkende Belastungen (Kräfte und Zwang) unter denen maßgebende Schnittgrößen (Beanspruchungen (E)) ermittelt werden.

Page 6: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-6

1.4.2.1 Charakteristische Werte der Einwirkungen (Fk) In den jeweiligen Lastnormen (hier DIN 1055) findet man s.g. charakteristische Werte der Einwirkungen. Diese sind:

bei ständigen Einwirkungen Gk: der Mittelwert bei veränderlichen Einwirkungen Qk: der 98%- Fraktilwert der Jahresmaxima bei außergewöhnlichen Einwirk. A: wird meistens direkt der Bemessungswert Ad vorgegeben

Formal werden Einwirkungen (F) (wie schon oben angedeutet) in drei Gruppen unterteilt:

ständige Einwirkungen (G) Eigenlast Gk Vorspannung Pk Erddruck Gk,E Flüssigkeitsdruck Gk,H

veränderliche Einwirkungen (Q) Nutz- und Verkehrslast Qk Schnee- und Eislast Qk,S Temperatureinwirkung Qk,T Baugrundsetzung Qk,∆a Flüssigkeitsdruck Qk,H

außergewöhnliche Einwirk. (A) Anpralllast, Explosionslast Ad Erdbebenlast AEd

1.4.2.2 Repräsentative Werte der Einwirkungen Für bestimmte Bemessungssituationen werden aus den charakteristischen Werten s.g. reprä-sentative Werte durch Multiplikation mit den Kombinationsbeiwerten gebildet.

Qrep,0 = ΨΨΨΨ0⋅⋅⋅⋅Qk Kombinationswert (wird in GZdT -Nachweisen benötigt) Berücksichtigung der geringen Wahrscheinlichkeit des Aufeinander- treffens der Extremwerte (charakteristische Werte) unabhängiger Einwirkungen

Qrep,1´ = ΨΨΨΨ1⋅⋅⋅⋅Qk nichthäufiger Wert (speziell für den Brückenbau) Wiederkehrperiode des Wertes beträgt ca. ein Jahr

Qrep,1 = ΨΨΨΨ1⋅⋅⋅⋅Qk häufiger Wert (wird für GZdT und GZdG- Nachweise benötigt) Überschreitungshäufigkeit von Qrep,1 liegt bei etwa 300-mal je Jahr bzw. liegt bei 5%.

Qrep,2 = ΨΨΨΨ2⋅⋅⋅⋅Qk quasi-ständiger Wert (benötigt für GZdT und GZdG Nachweise) Qrep,2 bildet den zeitlichen Mittelwert der Einwirkung, d.h. die Über- schreitungshäufigkeit von Qrep,2 liegt bei 50%.

Page 7: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-7

Einwirkungen Ψ0 Ψ1 Ψ2

Nutzlastena,b) - Kategorie A - Wohn- und Aufenthaltsräume - Kategorie B - Büroräume - Kategorie C - Versammlungsräume; - Kategorie D - Verkaufsräume - Kategorie E – Lagerräume

0,7 0,7 0,7 0,7 1,0

0,5 0,5 0,7 0,7 0,9

0,3 0,3 0,6 0,6 0,8

Verkehrslasten - Kategorie F - Fahrzeuglast ≤ 30 kN - Kategorie G - 30 kN ≤ Fahrzeuglast ≤ 160 kN - Kategorie H - Dächer

0,7 0,7 0

0,7 0,5 0

0,6 0,3 0

Schnee- und Eislasten Orte bis zu NN +1000m Orte über NN +1000m

0,5 0,7

0,2 0,5

0

0,2

Windlasten 0,6 0,5 0

Temperatureinwirkungen (nicht für Brand)c) 0,6 0,5 0

Baugrundsetzungen 1,0 1,0 1,0

Sonstige veränderliche Einwirkungend) 0,8 0,7 0,5

a) Abminderungsbeiwerte für Nutzlasten in mehrgeschossigen Hochbauten siehe E DIN 1055-3 b) Ψ-Beiwerte für Maschienenlasten sind betriebsbedingt festzulegen c) siehe E-DIN 1055-7 d) Ψ-Beiwerte für Flüssigkeitsdruck sind standortbedingt festzulegen

Tabelle 1 Kombinationsbeiwerte für Hochbauten nach DIN 1055-100 (März 2001).

1.4.2.3 Bemessungswerte der Einwirkungen

Bemessungswerte der Einwirkungen ergeben sich durch die Multiplikation der repräsenta-tiven (in der Regel der charakteristischen) Werte mit den entsprechenden Teilsicherheits-beiwerten.

Allgemein gilt: Fd = γγγγF ⋅⋅⋅⋅ Frep (1) mit Fd Bemessungswert der Einwirkung (Last, Zwang) Frep repräsentativer Wert der Einwirkung γF⋅ Teilsicherheitsbeiwert für Einwirkungen (Tabelle 1)

Die Bemessungswerte der ständigen- und der veränderlichen Lasten betragen somit:

Gd = Gk ⋅ γG [kN] bzw. gd = gk ⋅ γG [kN/m] (2) Qd = Qk ⋅ γG bzw. qd = qk ⋅ γG (3)

mit γG Teilsicherheitsbeiwert für ständige Einwirkungen γQ Teilsicherheitsbeiwert für veränderliche Einwirkungen

Page 8: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-8

Die Teilsicherheitsbeiwerte sind nachstehend zusammengestellt. Die Tabelle beinhaltet auch Beiwerte für Bemessungssituationen, die im weiteren Teil dieses Beitrages beschrieben wer-den.

Tabelle 2 Teilsicherheitsbeiwerte im Grenzzustand der Tragfähigkeit nach DIN 1055-100.

1.4.3 Tragwiderstand

Zur Ermittlung der Bauteilwiderstände (R) für die GZdT und GZdG Nachweise werden zu-erst die charakteristischen Werte der Werkstoffeigenschaften (Xk) benötigt. Grundsätzlich steht X für Werkstofffestigkeit bzw. für Steifigkeiten. (Das Bauteilwiderstand R ist im Allgemeinen eine Funktion der Festigkeit X und der geomet-rischen Größen a; R = R(X1,....Xi, a1 .... ai)).

(13) (Glg. (11) der DIN 1055-100)

(Glg. (12) der DIN 1055-100) (12)

Page 9: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-9

Die charakteristischen Werte der Werkstoffeigenschaften (Xk) sind:

bei Festigkeiten 5% bzw. 95%-Fraktilwerte der Baustoffeigenschaften bei Steifigkeiten die Mittelwerte der Baustoffeigenschaften.

Zur Ermittlung der Bemessungswerte der Bauteilwiderstände (Rd) werden die Bemessungswerte der Werkstoffeigenschaften (Xd) benötigt. Diese errechnen sich durch die Division der charakteristischen Werte durch die Materialteilsicherheitsbeiwerte.

Im Allgemeinen gilt:

M

kd

XX

γγγγ==== oder

M

kd

XXγγγγ

ηηηη ⋅⋅⋅⋅==== (4)

mit Xd Bemessungswert der Werkstoffeigenschaft (Festigkeit) Xk charakteristischer Wert der Werkstoffeigenschaft γM Teilsicherheitsbeiwert für Werkstoffeigenschaften (Tabelle 3) η Anpassungsfaktor

Für die "normale" Bemessungssituation ergeben sich die Bemessungswert der Betondruck- und der Betonstahl- und Spannstahlfestigkeit für GZdT Nachweise zu:

c

ckcd

ffγ

α ⋅= s

ykyd

ff

γ=

s

pkpd

ff

γ9,0= (5)

mit fck charakteristische Zylinderdruckfestigkeit des Betons fcd Bemessungswert der Betondruckfestigkeit

α Faktor zur Berücksichtigung der Dauerstandsfestigkeit des Betons fyk charakteristischer Wert der Streckgrenze von Betonstahl fyd Bemessungswert der Stahlzugfestigkeit fpk charakteristische Zugfestigkeit des Spannstahls γc Teilsicherheitsfaktor der Betondruckfestigkeit γs Teilsicherheitsfaktor der Stahlfestigkeit

Der Bemessungswert des Widerstandes des Betonquerschnittes lässt sich (für den Fall einer linear-elastischen Schnittgrößenermittlung ) wie folgt schreiben:

⋅=

s

pk

s

yk

c

ckd

f9,0;

f;

fRR

γγγα

(6)

Tabelle 3 Teilsicherheitsbeiwerte γM

Bemessungssituation Beton1)

γc

Betonstahl oder Spann-stahl

γs , γs,fat

Systemwiderstand bei nichtlinearen Verfahren der Schnittgrößenermittlung

γR

ständig, vorübergehend 1,5 1,15 1,3

außergewöhnlich 1,3 1,0 1,1

Nachweis gegen Ermüdung 1,5 1,15 -

1) für Beton ab C55/67 ist γc = 1/(1,1-fck/500) ≥ 1

Page 10: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-10

1.4.4 Nachweise des Grenzzustandes der Tragfähigkeit

Im Grenzzustand der Tragfähigkeit ist nachzuweisen

• ausreichende Beanspruchbarkeit der Querschnitte und Tragwerksteile und

• statisches Gleichgewicht des Tragwerkes

Grundsätzlich wird bei den Nachweisen des Grenzzustandes der Tragfähigkeit zwischen drei Bemessungssituationen unterschieden:

• ständige und vorübergehende Bemessungssituation, die den normalen Nutzungsanforderungen des Tragwerkes entspricht oder im Bauzu-stand bzw. während Instandsetzung auftreten kann,

• außergewöhnliche Bemessungssituation, die unter unplanmäßig auftretenden Beanspruchungen entstehen kann, wie z.B. Fahr-zeuganprall an eine Stütze

• Erdbeben (wird im Rahmen dieses Beitrages nicht behandelt)

Insgesamt wird die Bemessung des Grenzzustandes der Tragfähigkeit durch vier Nachweis-formate beschrieben (Erdbeben nicht betrachtet).

� Nachweis des Grenzzustandes der Tragfähigkeit durch Querschnittsbruch oder Stabili- tätsversagen in ständigen und vorübergehenden Bemessungssituation

Ed ≤≤≤≤ Rd (7)

Ed – Beanspruchung/Schnittgröße Rd – Beanspruchbarkeit

� Nachweis des Grenzzustandes der Tragfähigkeit durch Querschnittsbruch oder Stabili- tätsversagen in außergewöhnlicher Bemessungssituation

Ed,A ≤≤≤≤ Rd,A (8)

� Nachweis des Grenzzustandes der Tragfähigkeit durch den Verlust des statischen Gleichgewichts in ständigen und vorübergehenden Bemessungssituationen

Edst ≤≤≤≤ Estb (9)

Edst – destabilisierende Einwirkungen Estb – stabilisierende Einwirkungen � Nachweis des Grenzzustandes der Tragfähigkeit durch den Verlust des statischen Gleichgewichts in außergewöhnlichen Bemessungssituationen

Edst,A ≤≤≤≤ Estb,A (10)

Page 11: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-11

1.4.4.1 Grenzzustand der Tragfähigkeit durch Querschnitts- oder Stabilitätsversagen in ständigen oder vorübergehenden Bemessungssituationen

Der Bemessungswert der Beanspruchung Ed darf den Bemessungswert der Beanspruchbarkeit Rd nicht überschreiten. Wie die einzelnen Einwirkungen zu der endgültigen Beanspruchung zusammengesetzt werden, d.h. wie eine Lastfallkombination gebildet werden soll, wird mit der nachfolgenden Gleichung beschrieben. Die linke Seite dieser Gleichung beschreibt die sogenannte Grundkombination. Die rechte Seite der Gleichung definiert die bei der Ermitt-lung der Beanspruchbarkeit anzusetzende Materialfestigkeiten. Sie wurde bereits unter 1.4.3 beschrieben. Alle benötigten Sicherheits- und Kombinationsbeiwerte sind ebenfalls bereits unter 1.4.2 eingeführt.

[ ]( )

⋅⋅=≤⊕⋅⊕⋅⊕⋅=s

pk

s

yk

c

ckdki,ki,01,k1,Qj,kj,Gd

f9,0;

f;fRRPQQGEE

γγγαψΣγγΣ (11)

E – bedeutet im Allgemeinen die Berechnung der Schnittgröße P – Vorspannung R – steht für die Berechnung der aufnehmbaren Schnittgröße (Widerstand) ⊕ – bedeutet „in Kombination mit“ Sind mehrere veränderliche Einwirkungen vorhanden, ist es oft nicht sofort erkennbar welche von ihnen die leitende Einwirkung ist, die zu der größten Schnittgröße führt. In solchen Fällen muss die maßgebende Beanspruchung Ed durch mehrfaches „Ausprobieren“ ausfindig ge-macht werden. Es ist erforderlich, mehrere Lastfallkombinationen zu untersuchen, in denen alle in Frage kommenden veränderlichen Einwirkungen als „leitend“ mit den vollen Wert angesetzt werden.

Erläuterung zum Einsatz des Teilsicherheitsbeiwertes für ständige Einwirkungen

Der Teilsicherheitsbeiwert für ständige Einwirkungen wird in der Regel einheitlich für das gesamte Tragwerk angesetzt, d.h. entweder mit dem oberen Wert γG,sup = 1,35 oder mit dem unteren Wert γG,inf = 1,0. Eine bereichsweise Veränderung des γG Wertes in den o.g. Grenzen ist nicht gewollt.

Beispiel für den Ansatz von γG für den Nachweis des Grenzzustandes der Tragfähigkeit durch Quer-schnittsversagen in ständiger Bemessungssituation. Gilt sowohl für Bemessung des Riegels als auch der Stütze.

Überlagerungsvorschrift Werkstoffausnutzung

Gd = 1,35⋅Gk Gd = 1,35⋅GkGd = 1,0⋅Gk Gd = 1,0⋅Gk

Page 12: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-12

In Nachweisen des Eurocodes war ein weiterer Nachweis mit unterem und oberem Wert des Sicherheitsbeiwertes für ständige Einwirkungen vorgesehen. In speziellen Situationen musste beim Nachweis des Grenzzustandes der Tragfähigkeit durch Querschnittsbruch eine Bemes-sung mit Teilsicherheitsbeiwerten γG,inf = 0,9 und γG,sup= 1,1 durchgeführt werden. Diese Situ-ation war dann gegeben, wenn ein Tragwerk auf die Schwankung der Größe einer ständigen Einwirkung empfindlich reagiert. In diesem Fall war die ständige Einwirkung in zwei Anteile zu spalten. Der günstig wirkende Anteil wird (wie beim Verlust des statischen Gleichgewich-tes) mit γG,inf = 0,9 multipliziert, der ungünstig wirkende Anteil mitγG,sup = 1,1. Diese Rege-lung wurde offensichtlich in die DIN 1045 nicht übernommen. Der Einsatz von γG = 0,9 bzw. 1,1 bleibt den Nachweisen der Lagersicherheit vorbehalten.

Beispiel für den Ansatz von γG,inf ;γG,sup im Nachweis der Lagersicherheit (nach Eurocode 2 hieraus resultierende Beanspruchungen auch beim im Nachweis der Tragfähigkeit durch Querschnittsversa-gen zu berücksichtigen). Betrachtung hinsichtlich des Einspannmomentes der Stütze einer Tankstel-lenüberdachung

1.4.4.2 Grenzzustand der Tragfähigkeit durch Querschnitts- oder Stabilitätsversagen in außergewöhnlichen Bemessungssituationen

Der Bemessungswert der Beanspruchung Ed,A darf den Bemessungswert der Beanspruch-barkeit Rd,A nicht überschreiten. Der Index A – bedeutet außergewöhnlich (accidential). Die Nachweisgleichung hat folgende Form:

( )

⋅=≤⊕⋅⊕⋅⊕⊕= pkykA,c

ckA,dki,ki,21,k1,1dj,kA,d f;f;fRRPQQAGEE

γαψΣψΣ (12)

Ad Bemessungswert der außergewöhnlichen Einwirkung (z.B. Anprallast) Die Teilsicherheitsbeiwerte γGA, γQA, γsA tauchen in Glg. (14) nicht auf, da gemäß Tabelle 2 bzw. 3 gilt γGA = γQA = γs,A = 1.

Die Bemessung in der o.g. Situation ist nur dann zu führen, wenn sie explizit in der Norm ver-langt wird. Auf der Lastseite tauchen alle Einwirkungen mit ihren charakteristischen Werten auf. Die leitende Einwirkung ist die außergewöhnliche Last. Auf der Widerstandsseite darf der Stahl bis auf die Streckgrenze ausgenutzt werden. Der Teilsicherheitsfaktor der Betonfes-tigkeit ist im Kapitel 1.4.3 angegeben.

MG= 0

Gd,rechts = 0.9 ⋅ GkGd,Links = 1,1 ⋅ Gk

Normalfall: Gd = 1,35 ⋅ Gk oder Gd = 1,0 ⋅ Gk führt zur zentrischen Be-lastung der Fundament-körpers und der Stütze

Sonderfall: Gd,Links = 1,1 ⋅ Gk und Gd,rechts = 0.9 ⋅ Gk Nur beim Nachweis der La-gersicherheit zu berücksichti-gen. (In EC 2 auch bei Stüt-zenbemessung anzusetzen)

Page 13: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-13

1.4.4.3 Grenzzustand der Tragfähigkeit durch Verlust des statischen Gleichgewichts in ständiger oder vorübergehender Bemessungssituation

Es ist nachzuweisen, dass die Bemessungswerte der destabilisierenden Einwirkungen Ed,dst die Bemessungswerte der stabilisierenden Einwirkungen Ed,stb nicht überschreiten. Hiermit wird Nachweis der Lagersicherheit geführt.

[ ]( ) ( )ki,kinf,Gstb,di,ki,01,kQj,ksup,Gdst,d PGEEQQGEE ⊕⋅=≤⋅⊕⊕⋅= ∑∑∑ γψγγ (13)

γG,sup = 1,1 Teilsicherheitsbeiwert für ständige, destabilisierende Einwirkungen.

γG,inf =0,9 Teilsicherheitsbeiwert für ständige, stabilisierende Einwirkungen. (Für die Auftriebsicherheit gelten andere Sicherheitsbeiwerte !)

Auf der Ed,dst – Seite sind alle ungünstig wirkenden ständigen und veränderlichen Lasten an-zusetzen. Die ständigen Einwirkungen werden mit γG,sup = 1,1 erhöht. Die veränderlichen Einwirkungen werden berücksichtigt.

Auf der Ed,stb – Seite dürfen nur ständig vorhandene Einwirkungen angesetzt werden und ge-gebenenfalls die Vorspannung (z.B. Rückhaltekräfte der Verankerung im Baugrund). Die „haltenden“ Einwirkungen dürfen nur zu 90% angesetzt werden, sie werden mit γG,inf = 0,9 multipliziert. Die veränderlichen günstig wirkenden Einwirkungen werden nicht angesetzt, da sie ja auch nicht auftreten können.

Der „Standard-Teilsicherheitsbeiwert“ γG = 1,35 wird bei diesem Nachweis nicht angesetzt.

Beispiel für den Ansatz von γG,inf und γG,sup im ULS-Nachweis durch Verlust des statischen Gleichgewichtes in ständiger Bemessungssituation (Abheben des linken Lagers)

Setzen sich die destabilisierenden Einwirkungen zu 30% aus veränderlichen Lasten und zu 70% aus ständigen Lasten zusammen, erreicht man mit dem Einsatz der o.g. Teilsicherheitsbeiwerte eine globa-le Sicherheit von etwa

η = 35,19,0

1,17,05,13,07,03,0KräfterendestabilisieKräfteierendedestabilis

inf,G

sup,GQ =⋅+⋅⋅+⋅=

γγγ

.

Die jetzige DIN 1054 fordert für die Standsicherheitsnachweise für LF 1 η ≅ 1,3

?

Gd = 1,1⋅GkGd = 0,9⋅Gk

?

Gd = 1,35⋅GkGd = 1,0⋅Gk

Page 14: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-14

1.4.4.4 Grenzzustand der Tragfähigkeit durch Verlust des statischen Gleichgewichts in außergewöhnlicher Bemessungssituation

Sinngemäß wie unter 1.4.4.3 beschreiben, aber für außergewöhnliche Bemessungssituation ist nachzuweisen, dass:

( ) ( )ki,kstb,dAi,ki,21,k1,1dj,kdst,dA PGEEQQAGEE ⊕=≤⋅⊕⊕⊕= ∑ ΣψψΣ (14)

Auf beiden Seiten der Nachweisgleichung werden charakteristische Werte der Einwirkungen angesetzt. Die Sicherheit wird durch eine entsprechend hohe außergewöhnliche Einwirkung Ad sichergestellt.

1.4.5 Nachweise des Grenzzustandes der Gebrauchstauglichkeit

Die Nachweise des Grenzzustandes der Gebrauchstauglichkeit sollen die Einhaltung der ver-einbarten Gebrauchseigenschaften unter einer normalen Nutzung von Bauwerken sicherstel-len.

In diesem Kontext sind folgende Nachweise zu führen:

• Begrenzung der Beton- und Stahlspannungen • Begrenzung der Tragwerksverformungen • Begrenzung der Rissbreiten

Bei Einhaltung bestimmter Konstruktionsregeln brauchen einige der oben genannten Nach-weise nicht geführt zu werden.

Die allgemeine Nachweisformel lautet:

Ed ≤≤≤≤ Cd (15)

mit Ed Bemessungswert der Auswirkung, Verformung oder Spannung Cd maßgebender Nennwert der Eigenschaft, zul. Spannung o.ä.

Zur Beschreibung der Beanspruchungen bei mehreren voneinander unabhängigen veränderli-chen Einwirkungen werden drei Lastfallkombinationen angegeben, die sich durch ihre Wie-derkehrperiode unterscheiden.

Page 15: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-15

Seltene Lastfallkombination (charakteristische):

i,0i,k1,kki,Krare,d QQPGE Ψ⋅⊕⊕⊕= ∑∑ (Wiederkehrperiode ca. 1 Jahr)

Häufige Lastfallkombination:

i,ki,21,k1,1ki,kfreuqu,d QQPGE ⋅⊕⋅⊕⊕= ∑∑ ΨΨ (Wiederkehrperiode ca. 1 Woche)

Quasi-ständige Lastfallkombination:

i,ki,2i,kpem,d QPGE ⋅⊕⊕= ∑∑ Ψ (Überschreitungshäufigkeit von 50% )

Eine mögliche Streuung der Vorspannkraft Pk soll berücksichtigt werden. Die anzusetzenden, maßgebenden Werte der Vorspannkraft können der Tabelle 4 entnommen werden.

Tabelle 4 Maßgebende Werte der Vorspannkraft P

1.4.6 Beispiel zur Kombination der Einwirkungen für den Nachweis des Grenzzustandes der Tragfähigkeit.

Die unten dargestellte Winkelstützwand soll für den Grenzzustand der Tragfähigkeit bemes-sen werden. Zu untersuchen ist das Versagen infolge:

• des Querschnittsbruches • des Verlustes des statischen Gleichgewichtes (hier nur Kippen)

Betrachtet werden sollen die • ständige und vorübergehende Bemessungssituation • die außergewöhnliche Bemessungssituation

Im vorliegenden Beispiel werden aus didaktischen Gründen Kombinationsbeiwerte für Hoch-bauten nach DIN 1055-100 verwendet. Bei Ingenieurbauwerken sind bauwerksspezifisch an-dere Ψ-Werte anzusetzen. Weiterhin soll hier darauf hingewiesen werden, dass bei Ingenieur-bauwerken der Teilsicherheitsbeiwert für Einwirkungen aus Erddruck infolge Bodeneigenge-wicht nicht wie üblich mit γG= 1,35, sondern nach DIN Fachbericht 101 mit γG= 1,50 anzu-

Wirkung der Vorspannung ungünstig günstig

charakteristischer Wert Pk Pk,sup = rsup ⋅ Pm,t Pk,inf = rsinf⋅ Pm,t

sofortiger Verbund rsup = 1,05 rinf = 0,95

nachträglicher Verbund rsup = 1,10 rinf = 0,90

(16)

(17)

(18)

Page 16: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-16

setzen wäre. Diese Regelung bleibt im Beispiel unberücksichtigt. Die Erddrucklasten werden als „ normale“ ständige Lasten und der Verkehrserddruck als „sonstige veränderliche Einwir-kung“ nach Tabelle 1 betrachtet.

Vorgaben: vertikales Bauteil im Freien, oben Straße Expositionsklasse XC3 (Karbonatisierung) XD1 (Chloride) XF2 (Frost+Taumittel)

Beton: C 25/30 LP oder C30/35 Stahl: BSt 500S Wandquerschnitt an der Einspannstelle b/h/d = 100/100/92,0 cm cmin = 40 mm (DIN 1045-2) cnom = 55 mm (ZTV-K, erdberührt)

E = 210 kN/m

E = 110 kN/m 6 m

5 m

5.2m

0.1 1.1m1.5m 2.0m

7.2 m

3.0m2m

1.0

A = 110 kN/m

W=10 kN/m

3

d

Q

G1

G =130 kN/m4

M

D

G =390 kN/m

G =120 kN/m

Einwirkungen: Kombinationsbeiwerte*) Ψ0 Ψ1 Ψ2 EG = 110 kN/m Erddruck infolge Bodeneigengewicht - - - G1 = 120 kN/m Eigengewicht der Stützwand - - - G3 = 390 kN/m Bodenauflast auf dem Sporn - - - G4 = 130 kN/m Eigengewicht der Fundamentplatte - - - EQ = 210 kN/m Verkehrserddruck 0,8 0,7 0,5 W = 10 kN/m resultierende Windbelastung 0,6 0,5 0 Ad = 110 kN/m Anpralllast auf die Lärmschutzwand - - - *) Kombinationswerte nach DIN 1055-100 für Hochbauten

Verkehr

Page 17: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-17

Grenzzustand der Tragfähigkeit durch Querschnittsversagen (Grundkombination) Ständige und vorübergehende Bemessungssituation

Untersuchung des Einspannquerschnitts der Wand (Punkt M),

[ ]

⋅≤+⋅+⋅+⋅=s

pk

s

yk

c

ckki,ki,01,k1,Qj,kj,Gd

f;

f;fR)PQQG(EE

γγγαψΣγγΣ (19)

LFK 1 (Mmax, Nmax, Q1=EQ)

Die ständigen Lasten werden ungünstig mit einheitlichen Teilsicherheitsbeiwerten γG = 1,35 angesetzt, so dass sie zum maximalen Einspannmoment am Wandfuß führen. Die vorherr-schende Verkehrslast ist der Verkehrserddruck, die Windlast ist eine „andere“ Einwirkung. Im weiteren werden alle Einwirkungen (G, Q , E, W) mit ihren charakteristischen Werten eingesetzt, auf das Mitführen des Indizes "k" wird verzichtet.

)m0,5Wm0,3E()m0,2Em1,0G(M Wind,0QQG1j,GEd ⋅⋅+⋅⋅+⋅+⋅⋅= ψγγ

( ) ( ) kNm1303m0,5106,0m0,32105,1m0,2110m1,012035,1M Ed =⋅⋅+⋅⋅+⋅+⋅⋅=

)WE()E0(V Wind,0QQGj,GEd ⋅+⋅++⋅= ψγγ

( ) ( ) kN473106,02105,1110035,1VEd =⋅+⋅++⋅=

)00()0G(N i,0Q1j,GEd ⋅+⋅−+⋅−= ψγγ

( ) kN162012035,1N Ed −=+⋅−=

LFK 2 (Mmax, Nmax , Q1=W)

Es ist im Allgemeinen zu untersuchen, ob eine andere Verkehrslast nicht zu ungünstigeren Schnittgrößen führt. D.h. die Windlast wird als vorherrschende Einwirkung betrachtet, der Verkehrserddruck als „andere“. Diese LFK ist offensichtlich nicht maßgebend, da die Wind-last mit 10 kN/m im Vergleich zur Erddrucklast von 210 kN/m gering ist. Diese LFK wird hier lediglich vollständigkeitshalber betrachtet.

=⋅⋅+⋅⋅+⋅+⋅⋅= )m0,3Em0,5W()m0,2Em1,0G(M Qandere,0QG1j,GEd ψγγ ( ) ( ) kNm1144m0,32108,0m0,5105,1m0,2110m1,012035,1M Ed =⋅⋅+⋅⋅+⋅+⋅⋅=

=⋅+⋅++⋅= )EW()E0(V Qandere,0QGj,GEd ψγγ ( ) ( ) kN4162108,0105,1110035,1VEd =⋅+⋅++⋅=

=⋅+⋅−+⋅−= )00()0G(N i,0Q1j,GEd ψγγ ( ) kN162012035,1N Ed −=+⋅−=

E = 210 kN/m

E = 110 kN/m 5 m

0.1

3.0m2m

W=10 kN/m

Q

G 1

M

G =120 kN/m

E = 210 kN/m

E = 110 kN/m 5 m

0.1

3.0m2m

W=10 kN/m

Q

G 1

M

G =120 kN/m

Page 18: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-18

LFK 3 (Nmin, Mzug, Q1=EQ)

Zur Ermittlung der erforderlichen Biege- und evtl. Schubbewehrung müssen auch die mini-malen Normaldruckkräfte untersucht werden. Daher wird in der Kombination 3 und 4 die Eigenlast und der ständige Erddruck als günstig wirkende ständige Einwirkung mit γG = 1,0 angesetzt. In der LFK 3 ist der Verkehrserddruck als vorherrschende Einwirkung angesetzt, in der LFK 4 die Windlast. (sonst wir LFK 1 und LFK2)

)m0,5Wm0,3E()m0,2Em1,0G(M Wind,0QQG1j,GEd ⋅⋅+⋅⋅+⋅+⋅⋅= ψγγ ( ) ( ) kNm1222m0,5106,0m0,32105,1m0,2110m1,01200,1M Ed =⋅⋅+⋅⋅+⋅+⋅⋅=

)WE()E0(V Wind,0QQGj,GEd ⋅+⋅++⋅= ψγγ ( ) ( ) kN434106,02105,111000,1VEd =⋅+⋅++⋅=

)00()0G(N i,0Q1j,GEd ⋅+⋅−+⋅−= ψγγ ( ) kN12001200,1N Ed −=+⋅−=

LFK 4 (Nmin, Mzug, Q1=W)

)m0,3Em0,5W()m0,2Em1,0G(M Qandere,0QG1j,GEd ⋅⋅+⋅⋅+⋅+⋅⋅= ψγγ = 1063 kNm

)EW()E0(V Qandere,0QGj,GEd ⋅+⋅++⋅= ψγγ = 377 kN

)00()0G(N i,0Q1j,GEd ⋅+⋅−+⋅−= ψγγ = -120 kN

Grenzzustand der Tragfähigkeit durch Querschnittsversagen Außergewöhnliche Bemessungssituation

⋅=≤+⋅+⋅++= pkykcA

ckdAki,ki,21,k1,1dj,kdA f;f;fRR)PQQAG(EE

γαψΣψΣ (20)

Da die Teilsicherheitsbeiwerte entfallen, brauchen nur zwei Lastfallkombinationen untersucht zu werden; mit Verkehrsdruck (LFK 5) und mit Windlast als vorherrschende Einwirkung. Da Windeinwirkung offensichtlich nicht vorherrschend ist, wird nur noch LFK 5 untersucht.

LFK 5 (Ad, Q1=EQ)

m0,5Wm0,3Em2,7Am0,2Em1,0GM Wind,2Q.E,1dG1A,Ed ⋅⋅+⋅⋅+⋅+⋅+⋅= ψψ kNm1465m0,5100m0,32107,0m2,7110m0,2110m1,0120M A,Ed =⋅⋅+⋅⋅+⋅+⋅+⋅=

WEA)E0(V Wind,2Qandere,1dGA,Ed ⋅+⋅+++= ψψ ( ) kN3671002107,01101100V A,Ed =⋅+⋅+++=

00)0G(N 1A,Ed +++−=

( ) kN120000120N A,Ed −=+++−=

E = 210 kN/m

E = 110 kN/m

5 m

0.1

7.2 m

3.0m2m

A = 110 kN/m

W=10 kN/m

d

Q

G 1

M

G =120 kN/m

Page 19: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-19

Zusammenfassung der Schnittgrößen und Bemessungsergebnisse

LFK MSd [kNm] NSd [kN] VSd [kN] As1 [cm²/m] asw [cm²/m] 1 1303 -162 473 32,1 2 1144 -162 416 27,6 3 1222 -120 434 30,2 4 1063 -120 377 25,9

5*) 1465 -120 367 31,9

*) mit γcA = 1,3 und γs = 1,0

Grenzzustand der Tragfähigkeit durch Verlust des statischen Gleichgewichts Ständige und vorübergehende Bemessungssituation (Kippen um Punkt D)

[ ] )PG(EE)QQG(EE ki,kinf,Gdst,di,ki,01,kQj,ksup,Gdst,d +⋅=≤⋅++⋅= ∑∑∑ γψγγ (21)

Destabilisierend wirken der ständige Erddruck und der Verkehrserddruck. Für den Nachweis des statischen Gleichgewichtes sind die Anteile der ständigen Einwirkungen wie eigenständi-ge Lasten zu betrachten und entsprechend mit γG,inf = 0,9 und γG,sup = 1,1 einzusetzen.

LFK 6

( )m6,2Gm5,3Gm4,1GE

)m0,6Wm0,4E(m0,3EE

431inf,Gstb,d

Wind,0QQGsup,Gdst,d

⋅+⋅+⋅⋅=

≤⋅⋅+⋅⋅+⋅⋅=

γψγγ

( )( ) kNm1684m6,2130m5,3390m4,11209,0E

kNm1677m0,6106,0m0,42105,1m0,31101,1E

stb,d

dst,d

=⋅+⋅+⋅⋅==⋅⋅+⋅⋅+⋅⋅=

Grenzzustand der Tragfähigkeit durch Verlust des statischen Gleichgewichts Außergewöhnliche Bemessungssituation

)PG(EE)QQAG(EE ki,kstb,dAi,ki,21,k1,1dj,kdst,dA +=≤⋅+++= ∑ ΣψψΣ (22)

LFK 7

m6,2Gm5,3Gm4,1GE

)m0,6Wm0,4Em2,8Am0,3EE

431stb,dA

Wind,2Qandere,1dGdst,dA

⋅+⋅+⋅=

≤⋅⋅+⋅⋅+⋅+⋅= ψψ

kNm1871m6,2130m5,3390m4,1120EkNm1820m0,6100m0,42107,0m2,8110m0,3110E

stb,dA

dst,dA

=⋅+⋅+⋅==⋅⋅+⋅⋅+⋅+⋅=

Der Kippnachweis ist erfüllt.

E = 210 kN/m

E = 110 kN/m 5 m

5.2m

0.1 1.1m 1.5m 2.0m

3.0m2m

1.0

W=10 kN/m

3

Q

G 1

G =130 kN/m 4 D

G =390 kN/m

G =120 kN/m

Page 20: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-20

1.5 Werkstoffgesetze und Grundlagen für die Bemessung

1.5.1 Beton Die DIN 1045-1 unterscheidet zwischen Normalbeton und Leichtbeton. Die Betonfestigkeits-klassen werden, abweichend zu den uns bekannten Würfeldruckfestigkeiten, durch die cha-rakteristische Zylinderdruckfestigkeit nach 28 Tagen fck beschrieben. Die Betonfestigkeits-klassen liegen

• für Normalbeton zwischen C12/15 und C100/115 (inkl. hochfester Betone)

• für Leichtbeton zwischen LC12/13 und LC60/66.

Die Bezeichnungen beschreiben hierbei die Zylinderdruckfestigkeit fck am 150mm Zylinder und durch einen Schrägstrich getrennt die für uns geläufigere Würfeldruckfestigkeit fck,cube.

In Kapitel 9.1.5 der DIN 1045-1 werden die unterschiedlichen zur Verfügung stehenden Spannungs-Dehnungs-Linien beschrieben. Hierbei unterscheidet man zwischen

• Spannungs-Dehnungs-Linien für nichtlineare Verfahren der Schnittgrößenermittlung und für Verformungsberechnungen (Bild 1) und

• Spannungs-Dehnungs-Linien für die Querschnittsbemessung (Bild 2 und Bild 3).

Bild 1 Spannungs-Dehnungs-Linie für die Schnittgrößenermittlung mit nichtlinearen Ver-fahren und für Verformungsberechnungen

Bild 2 Spannungs-Dehnungs-Linien für die Querschnittbemessung

εc2 εc2,u0

-fcd

εc (<0)

σc (<0)

εc3 εc3,u0

εc (<0)

σc (<0)

-fcd

Parabel-Rechteck-Diagramm Bilineare Spannungs-Dehnungs-Linie

Page 21: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-21

Bild 3 Spannungsblock für die vereinfachte Querschnittbemessung

Für die Bemessung werden die Zylinderdruckfestigkeiten fck zugrunde gelegt. Als Neuerung zum bereits bekannten Eurocode EC2 wurde der Bemessungswert der Betondruckfestigkeit konsequent mit dem Beiwert α für die Berücksichtigung von Langzeiteinwirkungen versehen:

c

ckcd

ff

γα ⋅= (23)

mit cdf Bemessungswert der Betondruckfestigkeit

α Abminderungsbeiwert zur Berücksichtigung von Langzeiteinwirkungen auf die Druckfestigkeit (α = 0,85 für Normalbeton)

ckf charakteristische Zylinderdruckfestigkeit

cγ Teilsicherheitsbeiwert für den Beton ( cγ = 1,5 für ständige und vorübergehende Bemessungssituationen)

Festigkeitsklasse C für Normalbeton [N/mm²]

fck 12 16 20 25 30 35 40 45 50 55 60 70 80 90 100

γc 1,50 1,52 1,53 1,56 1,60 1,63 1,67

fcd1) 6,8 9,1 11,3 14,2 17,0 19,8 22,7 25,5 28,3 30,8 33,3 38,1 42,5 46,9 50,9

εc2 [%o] -2,0 -2,03 -2,06 -2,1 -2,14 -2,17 -2,20

εc2u [%o] -3,5 -3,1 -2,7 -2,5 -2,4 -2,3 -2,2

1) mit Langzeitbeiwert α = 0,85

Tabelle 5 Verformungskennwerte für Normalbeton bei der Anwendung des Parabel-Rechteck-Diagramms

In Tabelle 6 sind alle Festigkeits- und Formänderungskennwerte für Normalbeton zusammen-gestellt.

χ ≈ 0,95 für fck ≤ 50 N/mm²

χ = 1,05 - fck/500 für fck > 50 N/mm²

k = 0,80 für fck ≤ 50 N/mm²

k = 1,0 - fck/250 für fck > 50 N/mm²

Page 22: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-22

Tabelle 6 Festigkeits- und Formänderungskennwerte von Normalbeton

Page 23: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-23

1.5.2 Betonstahl Bei Betonstahl baut die DIN 1045-1 auf einem Material mit einer charakteristischen Streck-grenze von fyk = 500 N/mm² auf. Man unterscheidet zwischen normalduktilen und hochdukti-len Stahlsorten, was über die entsprechende bauaufsichtliche Zulassung des Betonstahls ge-regelt wird. In Deutschland ist bei Stabstählen in der Regel hochduktiler Stahl verfügbar, der mit einer Stahldehnung unter Höchstlast εuk = 50 %o im Vergleich zum normalduktilen Be-tonstahl εuk = 25 %o über sehr hohe Verformungskapazitäten verfügt. Bei Lagermatten liegt in der Regel ein normal duktiler Stahl vor. Die Kennzeichnung erfolgt über die Benennung BSt 500 (A) normal duktilen für Stahl und BSt 500 (B) für hoch duktilen Stahl.

Die gemäß Norm verfügbaren Stabdurchmesser liegen zwischen ds = 5 mm und ds = 40 mm.

Wie auch beim Beton unterscheidet man beim Betonstahl zwischen

• Spannungs-Dehnungs-Linien für die Schnittgrößenermittlung (Bild 4) und

• Spannungs-Dehnungs-Linien für die Querschnittsbemessung (Bild 5).

Bild 4 Spannungs-Dehnungs-Linie des Betonstahls für die Schnittgrößenermittlung

Bild 5 Spannungs-Dehnungs-Linie des Betonstahls für die Querschnittsbemessung

εuk 0,2 %

fy

εs [%]

σs

y

ky

t fff ⋅

idealisierter Verlauf

εsu = 25 %o2 %o

fyk

εs [%]

σs

vereinfachte Annahme

idealisierter Verlauf

Verlauf für Bemessung

arctan ES

ftk,cal = 525 N/mm² Es = 200.000 N/mm² (E-Modul)

α = 10 · 10-6 K-1

(Wärmedehnzahl)

εuk = 50 ‰ (hochduktiler Stahl)

Page 24: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-24

Die zulässigen Betonstahldehnungen für die Schnittgrößenermittlung liegen für hochduktilen Stahl bei εuk = 50 %o.

Für die Bemessung darf der Betonstahl zudem durch den an das reale Verhalten des Werk-stoffs angepassten ansteigenden Astes im Bereich des Stahlfließens mit ftk,cal = 525 N/mm² noch höher ausgenutzt werden (vgl. Bild 5). Bei der Bemessung ist die Stahldehnung εs auf den charakteristischen Wert εsu = 0,025 (25 %o) zu begrenzen und liegt somit deutlich über den aus der alten DIN 1045 bekannten 5 %o. In Tabelle 7 sind die Eigenschaften der Beton-stähle nach DIN 1045-1 zusammengestellt.

Tabelle 7 Eigenschaften der Betonstähle

Page 25: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-25

1.5.3 Mindestbetonfestigkeitsklassen, Betondeckungen und Expositionsklassen

Betonbauteile können, je nach ihren Umgebungsbedingungen, durch chemische bzw. physika-lische Einwirkungen beeinflusst werden. Die Beschreibung dieser Einwirkungen werden in der DIN 1045-1 in Expositionsklassen eingeteilt. Man unterscheidet bei den Expositionsklas-sen zwischen Bewehrungs- und Betonangriff. In Tabelle 8 sind die für die Praxis häufiger maßgebenden Expositionsklassen für Bewehrungskorrosion dargestellt.

Expositionsklassen für Bewehrungskorrosion

Beispiele für Umweltbedingungen

Mindest-festigkeitsklasse

Kein Angriffsrisiko X0 Kein Angriffsrisiko Unbewehrte Bauteile (z.B.

Fundamente o. Bewehrung) C12/15 LC12/13

XC1 Trocken oder ständig nass Innenbauteile (inkl. Küche, Bad), Bauteile unter Wasser

C16/20 LC16/18

XC2 Nass, selten trocken Wasserbehälter, Gründungen C16/20 LC16/18

XC3 Mäßige Feuchtigkeit Außenbauteile bzw. Bauteile häufig unter Außenluft

C20/25 LC20/22

Karbona-tisierungs-induzierte

Bewehrungs-korrosion

XC4 Wechselnd nass und trocken direkt beregnete Außenbautei-le, Wasserwechselzonen

C25/30 LC25/28

XD1 Mäßige Feuchtigkeit Sprühnebelbereich von Verkehrsflächen, Einzelgaragen

C30/37 LC30/33

XD2 Nass, selten trocken Schwimmbecken u. Solebäder, chloridhaltigem Wasser ausges.

C35/45 LC35/38

Chlorid- induzierte

Bewehrungs-korrosion

XD3 Wechselnd nass und trocken Spritzwasser von taumittelbe-handelten Straßen, Parkdecks

C35/45 LC35/38

XS1 Salzhaltige Luft (kein unmit-telb. Kontakt m. Meerwasser) Außenbauteile in Küstennähe C30/37

LC30/33

XS2 Unter Wasser Bauteile in Hafenanlagen die ständig unter Wasser liegen

C35/45 LC35/38

Chlorid- induzierte

Bewehrungs-korrosion aus Meerwasser

XS3 Tiedebereiche, Spritzwasser- und Sprühnebelbereiche Kaimauern in Hafenanlagen C35/45

LC35/38

Tabelle 8 Expositionsklassen für Bewehrungskorrosion (bitte weitere Hinweise in der DIN 1045-1, Abschnitt 6.2 beachten)

Die für die Bemessung erforderliche Mindestbetonfestigkeitsklasse und Betondeckung sind in Abhängigkeit der vorhandenen Expositionsklasse zu ermitteln. Liegen mehrere Expositions-klassen vor, so ist die ungünstigste zu kombinieren.

Mit Hilfe der in Tabelle 8 dargestellten Umweltbedingungen (hier nur für Bewehrungskorro-sion) kann die Expositionsklasse sowie die Mindestbetondruckfestigkeit ermittelt werden.

Page 26: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-26

Anhand der Expositionsklasse wird die Betondeckung gemäß Tabelle 9 berechnet zu:

cccnom ∆+= min (24)

mit cnom Nennmaß der Betondeckung

cmin Mindestmaß der Betondeckung

∆c Vorhaltemaß gemäß Tabelle 9 in Abhängigkeit der Expositionsklasse

Umweltklasse

KarbonatisierungsinduzierteKorrosion

Chloridinduzierte Korrosion

Chloridinduzierte Korrosion aus Meerwasser

Anforderungen an die

Betondeckung [mm]

XC1 XC2 XC3 XC4 XD1 XD2 XD3 XS1 XS2 XS3

Verbundbedingung cmin ≥ ds bzw. dsv cmin ≥ ds bzw. dsv cmin ≥ ds bzw. dsv

cmin (Betonstahl) 1) 2) 10 20 25 40 40

cmin (Spannstahl) 1) 2) 20 30 35 50 50

∆c (Vorhaltemaß) 3) 10 15 15 15 15

1) Für Leichtbeton: cmin + 5 mm 2) Bei Verschleißangriff XM 1: cmin + 5 mm, XM 2: cmin + 10 mm, XM 3: cmin + 15 mm 3) XC 1: 10%-Quantilwert, XC 2 bis XS 3: 5%-Quantilwert Zusätzliche Anforderungen: siehe DIN 1045-1, Abschnitt 6.3

Tabelle 9 Anforderungen an die Betondeckung

Zur Berücksichtigung von Toleranzen bei der Herstellung wird die erforderliche Mindestbe-tondeckung cmin um das Vorhaltemaß ∆c vergrößert. Daraus ergibt sich das Nennmaß der Be-tondeckung cnom. Soweit Herstellungs- und Ausführungsbedingungen verbessert bzw. Quali-tätskontrollen eingeführt werden, darf das Vorhaltemaß um 5mm abgemindert werden (z.B. Herstellung im Betonfertigteilwerk).

Liegt ein Bauteil aus Leichtbeton vor, so ist die Mindestbetondeckung cmin außer für die Ex-positionsklasse XC1 mindestens 5mm größer als der Durchmesser des Größtkorns der leich-ten Gesteinskörnung zu wählen.

Bei stark mechanisch beanspruchten Bauteilen (z.B. Industrieflächen) liegt häufig auch ein Verschleiß an der Betonoberfläche vor. Hierbei liegen Expositionsklassen für Betonangriff durch Verschleißbeanspruchungen vor (XM1 – XM3). Eine Minimierung des Verschleiß kann hier durch z.B. geeignete Wahl der Betonzuschläge und Abstufung der Sieblinie erfolgen (vgl. DIN 1045-2). Eine weitere Möglichkeit besteht durch Vorgabe einer Verschleißschicht über die Vergrößerung der Betonüberdeckung. In diesem Fall sollte die Mindestbetondeckung cmin als Richtwert für die Expositionsklasse XM1 um 5mm, für XM2 um 10mm und für XM3 um 15mm erhöht werden.

Page 27: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-27

Wird ein Betonbauteil gegen unebene Flächen hergestellt, so ist dem durch eine entsprechen-de Erhöhung des Vorhaltemaß ∆c grundsätzlich Rechnung zu tragen. Dies kann z.B. bei Her-stellung von Betonbauteilen an bestehende Bauteile oder auch bei Herstellung unmittelbar auf den Baugrund von Bedeutung sein (z.B. Fundamente). Die Erhöhung des Vorhaltemaß sollte dabei mindestens das Differenzmaß der vor Ort festzustellenden Unebenheiten, mindestens jedoch 20mm betragen. Bei Herstellung von Bauteilen unmittelbar auf den Baugrund (in der Regel Fundamente) ist das Vorhaltemaß ∆c um 50mm zu erhöhen. Oberflächen mit architek-tonischer Gestaltung, wie strukturierte Oberflächen oder grober Waschbeton, erfordern eben-falls ein erhöhtes Vorhaltemaß.

1.6 Tragwerksidealisierung und Vereinfachung

Die Regelungen zur Tragwerksidealisierung der DIN 1045-1 unterscheiden sich unwesentlich von den Regelungen der DIN 1045-88. Grundsätzlich gilt:

• Die Schnittgrößenermittlung erfolgt an einem statischen Modell nach den unter 1.3 erwähnten Verfahren, wobei immer Gleichgewichtsbedingungen zu erfüllen sind.

• Der Gleichgewichtszustand ist im Allgemeinen am nichtverformten Tragwerk nach-zuweisen sofern das Tragwerk oder das Bauteil nicht Stabilitätsgefährdet ist.

• Zeitabhängige Verformungen sind dann zu berücksichtigen, wenn sie für den be-trachteten Grenzzustand von Bedeutung sind.

• Im üblichen Hochbau darf der Einfluss der durch Quer- und Normalkräfte entste-henden Verformungen auf die Schnittgrößen im Allgemeinen vernachlässigt werden.

1.6.1 Einteilung der Tragwerke

Bei der Einteilung von komplexen Tragwerken in einzelne Bauteile, für die dann die Bemes-sung erfolgt, sind folgende geometrische Parameter zu Grunde zu legen.

Balken l > 2h und b < 4 h Wandartige Träger l < 2h Platten b > 4h und l > 2h (min h = 70 mm bei Vollplatte)

Stützen bmax ≤ bmin (min bmin = 200mm bei Ortbeton)

Wand bmax > 4 bmin

mit: l / b / h = Spannweite / Breite / Querschnittshöhe

Page 28: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-28

1.6.2 Effektive Spannweite

Die effektive Spannweite eines Bauteils darf wie folgt bestimmt werden:

21neff aall ++=

Die Werte ai stellen den jeweiligen Abstand zwischen den Auflagervorderkanten und den rechnerischen Auflagerlinien des betrachteten Feldes dar. Die DIN 1045-1 gibt genaue Werte nur für zwei Standardfälle (Fall a) und b) im Bild unten) an. Im weiteren wird auf das Heft 525 DAfStb verwiesen.

• nicht durchlaufende Bauteile: a/3 ≤ ai ≤ at/2 • durchlaufende Bauteile: ai = a/2

Bild 6 Definition der rechnerischen Auflagerpunkte und effektiven Stützweite

1.6.3 Mitwirkende Plattenbreite

Die mitwirkende Plattenbreite beff für Plattenbalken darf für Biegebeanspruchung infolge an-nähernd gleichmäßig verteilter Belastungen wie folgt angenommen werden:

wi,effeff bbb +∑=

mit beff,i – effektive Gurtbreite

00ii,eff l2,0l1,0b2,0b ⋅≤⋅+= ib≤

bi tatsächlich vorhandene Gurtbreite l0 die wirksame Stützweite (Abstand der Momentennullpunkte unter Gleichlast) bw Stegbreite

a) Endauflager

b) Zwischenauflager

c) Auflager mit voller Einspannung

d) freier Kragträger

e) Kragarm eines Durchlaufträgers

Page 29: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-29

beff

beff,2 beff,1

bwb1 b2 Bild 7 Definition der mitwirkenden Plattenbreite

Bild 8 Wirksame Stützweiten l0 zur Ermittlung von beff für Plattenbalken

1.6.4 Direkte und indirekte Lagerung

Die Regelung zur direkten/indirekten Lagerung bei monolithischer Verbindung zweier Bauteile kann dem Bild 9 entnommen werden.

(h1 – h2 ) ≥ h2 direkte Lagerung (h1 – h2 ) < h2 indirekte Lagerung

Bild 9 Definition der direkten und indirekten Lagerung

1.6.5 Imperfektionen

Für die Nachweise im Grenzzustand der Tragfähigkeit sind ungünstige Auswirkungen mögli-cher geometrischer Imperfektionen des unbelasteten Tragwerkes zu berücksichtigen. Der Ein-fluss der Tragwerksimperfektionen darf ähnlich wie in der DIN 1045-88 durch den Ansatz von Lastausmitten und Schiefstellungen bzw. äquivalenten Horizontalkräften berücksichtigt werden.

stützendes Bauteil

h2 h1

Page 30: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-30

Lotrecht aussteifende Bauteile

Für den Nachweis von lotrecht aussteifenden Bauteilen, ist eine Schiefstellung des Gasamt-tragwerkes gegen die Sollachse um Winkel αa1 anzunehmen.

αa1 = gesh100

1± 200

1≤ (25)

αa1 der Winkel der Schiefstellung, in Bogenmaß hges die Gesamthöhe des Tragwerkes über die Einspannebene

Der Schiefstellungwinkel darf bei Vorhandensein von mehreren lastabtragenden Bauteilen in einem Geschoss (Stützen, Wände) mit dem Faktor αn angemindert werden. Damit wird der geringeren Wahrscheinlichkeit der gleichgerichteten Schiefstellung von mehreren Druckglie-dern in einem Geschoss begegnet.

( )2

n/11n

−=α

n Anzahl der Druckglieder im Geschoss. Es zählen nur Stützen/ Wände mit einer Normalkraft NEd > 0,7 NEd,m= FEd / n FEd Summe der Bemessungswerte der Normalkräfte aller lotrechten Bauteile im betrachteten Geschoss.

Hieraus ergeben sich die der Schiefstellung äquivalente Ersatz-Horizontallast zu:

∆H = NEd ⋅αa1⋅αn Der Auswirkungen der Lotabweichung αa1 sind bis in die Gründung zu verfolgen.

Bild 10 Berücksichtigung von Imperfektionen über Schiefstellung des Tragwerks oder über äquivalente Horizontalkräfte. Bild 10 Berücksichtigung von Imperfektionen über Schiefstellung des Tragwerks oder über äquivalente Horizontalkräfte

Page 31: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-31

Beispiel: Schiefstellung für das dargestellte Tragwerk Geschosshöhe von 5m, hges = 25 m

Schiefstellung: 500/125100

11a ==α , Abminderung: 82,0

2)3/11(

n =+=α

3EdEda 10F64,1

50082,0FH −⋅⋅=⋅=∆

Waagerecht aussteifende Bauteile

Bei der Bemessung der waagrecht aussteifenden Bauteile ist die Auswirkung einer Ersatz-Horizontalkraft Hfd, zu berücksichtigen. Hfd ist wie folgt zu bestimmen:

Hfd = ( Nba + Nbc ) ⋅ αa2

mit αa2 = k2/008,0 k Anzahl der auszusteifenden Tragwerksteile im Geschoss (eine durchgehende Stütze/Wand ist ein Bauteil) Nbc, Nba Bemessungswert der Längskraft in Stützen und Wänden, die an das horizontale lastübertragende Bauteil anschließen.

Bild 11 Berücksichtigung zusätzlicher Horizontalkraft für waagrecht aussteifende Bauteile

Die horizontale Ersatzlast ist bei Bemessung der lotrecht aussteifenden Bauteile nicht zu Be-rücksichtigen.

Hfd

Nbc

Nba

Nba

Nba

Nba - Nbc

Hfd

Nbc

Hfd Nbc

2α 2α

ν α

N u

N o N o

ν

N u

N o N o

ν

Nu

No NoN uNu

∆Hj

α

∆Hj

a1

a1

∆N ∆NVa,iVa,i

∆Ha,i

∆Ha,i ∆Ha,i =αa1 ⋅ Va,i FEd

FEd = Σ Va,i

Page 32: 1 Struktur der DIN 1045-neu, Sicherheitskonzept ... · PDF fileDIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung I-2 Sicherheitskonzept mit den Sicherheitsbeiwerten

DIN 1045-neu: Sicherheitskonzept, Werkstoffe und Tragwerksidealisierung

I-32

1.6.6 Sonstige Vereinfachungen

Bei der Schnittgrößenermittlung dürfen weiterhin die aus der DIN 1045-88 bekannten Verein-fachungen vorgenommen werden. Im einzelnen sind das:

• Durchlaufende Platte und Balken dürfen im üblichen Hochbau unter Annahme frei drehbarer Lagerung berechnet werden.

• Das Stützmoment durchlaufender Balken und Platten auf drehbaren Auflagern, darf unabhängig vom angewendeten Rechenverfahren „ausgerundet“ werden.

8

aCM Ed

Ed⋅

=∆ mit CEd = Auflagerkraft, a = Auflagerbreite

• Bei monolithischer Verbindung des durchlaufenden Balkens oder Platte mit der Un-terstützung, darf die Biegebemessung mit dem am Auflagerrand bestimmten Biege-moment durchgeführt werden. („Bemessung am Anschnitt“) Die Mindesteinspann-momente (siehe weiter) sind jedoch stets abzudecken.

• Das Bemessungsmoment in den Anschnitten vertikaler Auflager von Durchlaufträ-gern sollte nicht geringer sein als 65% des Momentes die Annahme voller Einspan-nung am Auflagerrand.

• Die maßgebenden Querkräfte dürfen bei üblichen Hochbauten für Vollbelastung aller Felder ermittelt werden, vorausgesetzt, das Spannweitenverhältnis benachbarter Fel-der erfüllt die Bedingung: 0,5 < leff,1 / leff,2 < 2

• Im rahmenartigen, mit Wandscheiben ausgesteiften Tragwerken des üblichen Hoch-baus, dürfen bei Innenstützen, die mit Balken oder Platten biegesteif verbunden sind, die Biegemomente aus Rahmenwirkung vernachlässigt werden, vorausgesetzt, das Spannweitenverhältnis benachbarter Felder erfüllt die Bedingung:0,5 < leff,1 / leff,2 < 2

• Randstützen von rahmenartigen Tragwerken sind stets als Rahmenstiele in biegestei-fer Verbindung mit Balken oder Platten zu berechnen. Dies gilt auch für Stahlbeton-wände in Verbindung mit Platten.

Der üblicher Hochbau hat vorwiegend ruhende Belastungen mit gleichmäßigen Nutzlasten von qk < 5 kN/m2, gegebenenfalls Einzellasten bis 7 kN und Personenkraftfahrzeugverkehr.

Literatur

[1] DIN 1045-1 Ausgabe Juli 2001 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton, Teil 1:Bemessung und Konstruktion.

[2] DIN 1055-100 Ausgabe März 2001 Einwirkungen auf Tragwerke. Teil 100: Grundlagen der Tragwerksplanung, Sicherheitskonzept und Bemessungsregeln.

[3] DAfStb Heft 525, Erläuterungen zu DIN 1045-1 Stand 2003-05-16 (Entwurf)

[4] Zilch, K; Rogge, A.: Bemessung der Stahlbeton- und Spannbetonbauteile nach DIN 1045-1. Betonkalender 2000, Teil 1.