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Symposion

PHILOSOPHISCHE SCHRIFTENREIHE

BEGRÜNDET VON MAX MÜLLER, BERNHARD WELTE, ERIK WOLF

HERAUSGEGEBEN VON ROBERT SPAEMANN,

KLAUS HEMMERLE, ALEXANDER HOLLERBACH

ERNST TUGENDHAT

ΤΙ ΚΑΤΑ TINOΣ

EINE UNTERSUCHUNG

ZU STRUKTUR UND URSPRUNG

ARISTOTELISCHER GRUNDBEGRIFFE

VERLAG KARL ALBER FREIBURG/MÜNCHEN

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Die vorliegende Arbeit wurde im Sommer 1956 unter dem Titel „Die Zwiefältigkeit des Seins bei Aristoteles" von der Philosophischen Fakultät

der Universität Freiburg i. Br. als Dissertation angenommen. Meinen akademischen Lehrern danke ich für Belehrung und Anregung.

insbesondere Professor Karl Ulmer, unter dessen steter Forderung die Untersuchung entstanden ist.

Ε. Τ. DEM ANDENKEN

MEINES VATERS

FRITZ TUGENDHAT

CIP-Titelaufnähme der Deutschen Bibliothek Tugendhat, Ernst:: Ti kata tinos: e. Unters, iu Struktur g, Ursprung arisrotel. Grundbegriffe / Ernst Tugendhat, -4., unveränd. Aufl. - Freiburg (Breisgau); München: Alber, 19S8

(Symposion; 2) Zugl.: Freiburg (Breisgau), Univ., Diss., 1956 u. d. T.: Tugendhat, Ernst: Die Zwiefäkigkeit des Seins bei Aristoteles ISBN 3-495-44031-3

NE:GT

4., unveränderte Auflage 1988

SYMPOSION 2

Alle Rechte vorbehalten - Printed in Germany

ι Verlag Karl Alber GmbH Freiburg/München 1958/1988

Druck: Offsetdruckerei j. Krause, Freiburg i. Br.

ISBN 3-495-44031-3

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I N H A L T i

I. Einleitung: Der Ursprung des τί κατά τινός als einer Zwiefältig keit des Seins aus der ontologischen Frage nach der Einheit des Mannigfaltigen ....................................................................................... 1

5 1. Wahrheit und Präsenz als ausschließlicher Sinn des Seins bei Platon............................................................................................... 6

5 2. Aristoteles' Frage über die Präsenz hinaus nach dem An wesen des Vorliegenden selbst; seine vorgängige Bestim mung der Präsenz als solcher (τό τί ἧν ε�ναι) ............................... 13

§ 3. Die Zwiefältigkeit des Seins; die Kategorie als Präsenz des Vorliegenden ................................................................................... 2Ü

§ 4. Die Entdeckung einer Kategorie des Selbständigen (τόδε τι) und die Unterscheidung der Kategorien in oberste Gattungen 23

5 5. Der neue Begriff der ουσία und die Stellung der Zwiefältigkeit innerhalb der ausdrücklichen Frage nach dem Sein; Gliede rung der Untersuchung.................................................................... 29

II. Die Zwiefältigkeit zwischen den übrigen Kategorien und der ουσία 37 § 6. Das Verhältnis der übrigen Kategorien zur ουσία in der Kate

gorienschrift .................................................................................... 38 § 7. Das Verhältnis der übrigen Kategorien zur ουσία in Metaph. Z1 44 § 8. Die Einheit der mannigfaltig vorliegenden Präsenzen (das

συμβεβηκός) . ." ........................................................................... 49 § 9. Das Problem einer notwendigen Einheit der vorliegenden

Präsenzen (das συμβεβηκός καθ' αυτό) ........................................... 55

ΠΙ. Die Zwiefältigkeit innerhalb der ουσία (Metaph. Z).................................... 67 § 10. Die Einführung der Frage nach einet eigentlichen ουσία inner

halb des Vorliegenden in Metaph. Z3-6 .......................................... 69 § II. Das selbständig Vorliegende als Zwiefältiges; die Ursprüng

lichkeit der einfachen Präsenz gegenüber dem Zusammen gesetzten ......................... ........................................................ 72

5 12. Die einfache Präsenz als πρώτη ουσία; Erweis ihrer Selb ständigkeit ........................................................................................ 81

§ 13. Die Zwiefältigkeit der ουσία als ενέργεια (εντελέχεια) eines δυνάμει όν; die Einheit und Anwesenheit des mannigfaltig Vorliegenden . .............................................................................. 88

§ 14. Die Wesensbestimmung des Allgemeinen und die Einbezie hung der ύλη in die Definition ........................................................ 102

§ 15. Das Problem der Mannigfaltigkeit der einfachen Präsenz als solcher und die Wesensbestimmung der Gattung als δύναμις 115

VII

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IV. Das Vermittelnde der Zwiefältigkeit als Grund........................................... 121 § 16. Die Lösung des Problems der notwendigen Einheit der vorliegenden

Präsenzen durch den Entwurf einer begründenden Wissenschaft (έπιστήμη άποδεικτική) ...................................., 122

5 Π. Die Einheit von Begründung und Definition (Anal. Post. Bl-10) ............................................................................................. 134

§ l8. Begründung und Definition bei der ουσία; Grenze der ari stotelischen Fragestellung und letzte Vorstöße............................... 144

Stellenregister.................................................................................................... 155

VERZEICHNIS DER ZITIERTEN LITERATUR

Das Verzeichnis soll keinen Überblick über die Literatur geben, sondern nur die Identifizierung der im Text zitierten Schriften erleichtern. Die Bezugnahme auf Literatut wurde im Interesse der einheitlichen Gedankenentwick-lung auf das Nötigste beschränkt. Daher fehlen im Verzeichnis viele hervorragende Beiträge zur aristotelischen Logik und Metaphysik, während umgekehrt auch weniger bedeutende angeführt sind, nur weil es in einem bestimmten Zusammenhang sinnvoll schien, auf sie einzugehen.

Nur mit Verfassernamen zitiert werden die Schriften der im Verzeichnis nur einmal vertretenen Autoren, ebenso die jeweils an e r s t e r Stelle angeführten Schriften der übrigen.

Allan, D. j.. The Philosophy of Aristotle. Oxford 1952. Apelt, O., Die Kategorienlehre des Arisioteles, in: Beiträge zur Geschichte der

Griechischen Philosophie. Leipzig 1891, S. 101-216. — Platonische Aufsätze. Leipzig und Berlin 1912. Alpe, C, Das τί ήν εϊναι bei Aristoteles. Hamburg 1938. Bonitz, H., Über die Kategorien des Aristoteles. Sitzungsber, WienX (1853), S. 591-

645. — Anstotchs Mctaphysica. Bonn 1848/49. — Index Aristotelicus (Arist. Opera ed. Acad. Borussica. Vol. V). Berlin 1870. Fried lande r, P., Platon I. Berlin Μ 954. Fritz, K. v., Der Ursprang der aristotelischen Kategorienkhre, in: Archiv

für Gesch. der Philos. XL (1931), S. 44ΪΜ96. Gohlkc,P.,Dic Entstehung der aristotelischen Prinzip ienlehrc. Tübingen 1954. — Aristoteles: Kategorien und Hermeneutik. Paderborn 1951. Heidegger, M., Sein und Zeit. Halle 1927. — Platons Lehre von der Wahrheit. Bern 1947. — Holzwege. Frankfurt a. M. 1950. — Vorträge und Aufsätze. Pfnllingen 1954. jaeger, W., Aristoteles; Grundlegung einer Geschichte seiner Entwicklung.

Berlin 1923, «1955. Joachim, H. H., Aristotic: On Coming-To-Be and Passing-Away (De Gene-

ratione ct. Corruptionc). Oxford 1922. Kant, L, Kritik der reinen Vernunft. 2. Aufl. („B") 1787. — Kritik der Urteilskraft. 1790. Kapp, E., Greek Fonndations of Traditional Logic. New York 1942. Maier, ! L, Die Syllogistik des Aristoteles. Tubingen 1896/1900.

IX

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Minio-Paluello, L., Aristotelis Categoriae et Liber de Interpretatione. Oxford 1949. Natorp, P., Platons Ideenlehre. Leipzig 1903. Owens, J., The Doctrine of Being in the Aristotelian Metaphysics. Toronto 1951. Preiswerk, Α., Das Einzelne bei Platon und Aristoteles. Philologus Supplement bartd

XX XII, 1 (1939). Rijk, L. M. de, The Place of the Categotics o£ Being in Aristotle's Philosophy.

(Diss.) Uteecht 1952. Ritter, J., Die Lehre vom Ursprung und Sinn der Theorie bei Aristoteles

(Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nord rhein-Westfalen, Heft 1, S. 32 ff.). Köln 1952. Ross, W. D., Aristotle's Metaphysics. Oxford

1924. (Zitiert „Metapfi.") — Aristotle's Prior and Posterior Analytics. Oxford 1949. (Zitiert „Anal.") — Aristotle's Physics. Oxford 1936. (Zitiert „Phys.") Schwegter, Α., Die Metaphysik des Atistoteies. Tübingen 1847. Smith, J. Α., ΤΟΔΕ ΤΙ in Aristotle, in: Classica! Review XXXV (1921), S. 19. Solmsen, F., Die Entwicklung der aristotelischen Logik und Rhetorik. Berlin 1929. Teichmülter, C, Geschichte des Begriffs der Parusie (Aristotelische Forschungen

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/. Einleitung \

Der Ursprung des τί κατά τινός als einer Zwiefältigkeit des Seins

aus der ontologischen Frage nach der Einheit des Mannigfaltigen

Unvoreingenommenen Lesern der metaphysischen Schriften des Aristoteles fällt auf, wie wenig in ihnen die ontologischen Grundbegriffe, in deren Rahmen sich die einzelnen Probleme und Gedankengänge abspielen, geklärt und motiviert werden. Die charakteristischen aristotelischen Begriffe, von denen wir doch wissen, daß sie teils erst von ihm selbst überhaupt geprägt wurden, jedenfalls aber erst bei ihm ihre bestimmte terminologische Bedeutung erhalten haben — wie ουσία und κατηγορία, τί ήν ε�ναι und συμ,βεβηκός, τόδε τι und ενέργεια —, sie alle treten uns von Anfang an als fettige Gebilde entgegen. In ihren Bahnen bewegt sich das Denken scheinbar so selbstverständlich, als ob sie schon immer dagewesen wären.

An der Metaphysik des Aristoteles entfaltete sich dann eine Kommentations- und Interpretationsüberlieferung, die an Umfang, Kontinuität und wissenschaftlicher Akribie in der Geschichte philosophischer Traditionen einzig ist. Aber die aristotelischen Grundbegriffe — etwa Substanz und Akzidens, Akt und Potenz, Notwendigkeit und Zufälligkeit — blieben nun auch für alle spätere Metaphysik trotz wesentlicher Verwandlungen der selbstverständliche Boden. Und so war es nur natürlich, wenn auch Aristoteles selbst bloß mit Hilfe seiner eigenen Begrifflichkeit interpretiert wurde, die sich mehr und mehr verfestigte. Sie schien jetzt mit der Natur des Menschen gegeben und keiner weiteren Explikation bedürftig oder auch nur fähig.

Das konnte jedoch nur gelten, solange die Tradition der Metaphysik unerschüttert blieb. Als sie nach Hegel abbrach, mußten sich für die Aristotelesinterptetation neue Möglichkeiten eröffnen. Sie konstituierte sich jetzt als freie philosophiegeschichtliche Forschung und konnte versuchen, mit den Mitteln der modernen Philologie und Historie das aristotelische Werk objektivierend zu rekonstruieren, zunächst systematisch, seit W. Jaeger (1912) auch in seiner Entwicklungsgeschichte. Die Gelegenheit jedoch, nun die, metaphysischen Grundbegriffe selbst zu thematisieren und aus ihrer Selbstverständlichkeit herauszuheben, ist nicht sofort erkannt worden. Über die Nachzeichnung eines Gedanken-

1 Tugendhat, Τί κατά τινός 1

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ganges hinaus in einer metaphysischen Struktur als solcher eine eigene Problematik finden zu wollen, mußte der sich in ihrer Befreiung von der Metaphysik zunächst als positive Wissenschaft verstehenden. Forschung als Rückfall in Metaphysik erscheinen. Um so weniger konnte es ihr bewußt werden, wie sehr sie den metaphysischen Begriffen und Vorstellungen — nunmehr untergründig — weiterhin verhaftet blieb.

So wurde auch die Entwicklungsgeschichte des Aristoteles nicht so sehr in der „Arbeit des Begriffs" gesehen als in dem äußerlichen Schema einer allmählichen Abwendung vom „Transzendenten" zum „Empirischen". Die neuen metaphysischen Begriffe hatte er dann entweder schon vorher, man weiß nicht woher und wieso, oder sie haben sich ihm bei dieser Umwendung von allein ergeben als die selbstverständlichen Denkstrukturen — nun nicht der „Natur des Menschen", sondern des „naiv-realistischen Bewußtseins". Doch mußte die ent-wicklungsgescliichtliche Forschung aus ihrem eigentümlichen Ansatz heraus unvermeidlich auf das Problem der Genesis der Grundbegriffe stoßen. Heute setzt sich langsam die Auffassung durch, daß sie zu kon-kreten Resultaten nur kommen kann, wenn die Vorstellung von den Motiven und Fragestellungen des aristotelischen Philosophierens, die ihr zugrunde liegt, erst einmal vertieft und das heißt auf die ontologische Ebene gebracht wird, die dem Gegenstand angemessen ist.

Die Notwendigkeit einer Thematisierung der metaphysischen Grund-begriffe ergibt sich jedoch zugleich und in erster Linie aus der gewandelten Lage der Philosophie, die heute nicht mehr glaubt die Metaphysik einfach hinter sich lassen zu können. Hat die Philosophie im vorigen Jahrhundert das Vergangene, da sie sich von ihm zu lösen meinte, der geschichtlichen Forschung freigegeben, so ist inzwischen aus dieser historischen Wissenschaft innerhalb der Philosophie ein Geschichtsbewußtsein erwachsen, das sie nun ihrerseits an die historische Forschung bindet. Heute scheint die Tradition, wenn sie abgerissen ist, damit noch nicht überwunden. Weil sie sich untergründig um so hartnackiger durchhält, stellt sie vor die Aufgabe ausdrücklicher Wiederaneignung.

Die geschichtüche Forschung muß sich dann freilich auch ihrerseits wandeln. Verstehende Wiederaneignung von Vergangenem kann nicht gelingen, wenn man das Vorgegebene bloß in abbildender Rekonstruktion wiederholt. Nur indem es zugleich in gewisser Weise überstiegen wird, kann das in der Tradition Selbstverständliche in ein ausdrückliches Verständnis gehoben werden. Die in der Überlieferung verfestigten metaphysischen Begriffe und Problemzusammenhänge der aristotelischen Ontologie sind nicht nur wiederherzustellen, sondern müssen verflüssigt und aus den ursprünglichen und einheitlichen Fragestellungen, denen sie erwachsen sind, neu aufgerollt werden. Das kann nur in dem Maße gelingen als der Abstand zur metaphysischen Tradition neue Perspektiven eröffnet, die gleichwohl in die Dimension der Metaphysik zurückreichen.

Zum Wesen der Metaphysik gehört der Bezug auf ein Übersinnliches und Zeitloses als dem eigentlicher. Sein. Demgegenüber ist jetzt, bei Hegel noch vom metaphysischen Sein bestimmt und einbehalten, dann diesen Rahmen sprengend, allenthalben die Geschichte auch als thematisches philosophisches Problem in den Vordergrund getreten. In einer grundsätzlichen Durchführung läßt es sich bei Heidegger (1927) fassen: hier tritt das Geschichtliche nicht an die Stelle des Seins, sondern der Sinn des Seins bestimmt sich selbst aus der Zeitlichkeit. Damit wird das Problem der Geschichte in eine der Metaphysik gleichgeordnete Dimension gehoben und eine Ontologie1 (Theorie des Seins) entworfen, die gleichwohl nicht mehr im engeren Sinn des Wortes „metaphysisch" genannt werden kann.

Mit dieser Erweiterung des Gegenstandes der Metaphysik selbst, des Seins, über das metaphysische Sein hinaus war es nun auch möglich ge-worden, das Neue dem Alten nicht nur entgegenzustellen, sondern dieses selbst aus der erweiterten Dimension im ganzen neu zu bestimmen. Daher konnte Heidegger auf Grund seiner noch unveröffentlichten Interpretationen antiker Philosophie und im Hinblick auf den neuen, sich aus der Zeitlichkeit bestimmenden Sinn des Seins zu der These kommen, der unausgesprochene Sinn des Seins innerhalb der griechischen Ontologie sei als „Anwesenheit" zu verstehen*. Darin liegt, zunächst grob gesehen, das Doppelte, daß der Sinn des Seins aus seinem Begegnungscharakter für ein Vernehmen (νοεΐν, λέγειν) verstanden wird und daß das Wesen dieser Begegnung spezifisch als Gegenwart gemeint ist.

Die hier anstehende Problematik ist bisher verkannt worden, indem man an dieser Deutung auf der einen Seite als an einer wortmystischen Schrulle vorbeigegangen ist, auf der anderen von ihr aus sich in allerlei Tiefsinn verbohrt hat. So konnte nicht beachtet werden, daß sie sich genau an die Bestimmung hält, die die Metaphysik selbst vom Sein gibt und sie doch zugleich so übertrifft, daß damit das metaphysische Sein im ganzen auf einen einzigen einheitlichen Begriff gebracht wird. Die Anwesenheit entspricht nämlich der Intelligibilität, der metaphysischen Bestimmung des eigentlichen, unwandelbaren Seins, umgreift aber zugleich auch das zu jeder Metaphysik gehörige uneigentliche Sein, die Phänomenalität des Sinnlichen. Dieses ist gegenüber der beständigen Gegenwart des Intelligiblen ein nur je und je Gegenwärtiges und wieder Verschwindendes und wird somit ebenfalls als eine Weise von Anwesenheit verstanden. Der außerhalb der Metaphysik gelegene und gleichwohl ontologische Standort ermöglichte es, das dem νοητόν und αΐσθητόν Gemeinsame in den Blick zu heben, was innerhalb der Metaphysik nir-

1 Das Wort „ontologisch" — dies sei ein für allemal zur Vermeidung von Mißverständnissen betont ■— wird in der Folge einzig in obigem weiten Sinn („das Sein [ov] bzw. dessen Erkenntnis [λίγος] betreffend") gebraucht und im-pliziert weder einen „realistischen Standpunkt" noch einen Gegensatz zum Logischen, ebensowenig wie das Wort „Sein". 1 Vgl. Heidegger, Sein und Zeit, S. 25f.

2 t* 3

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gends geschehen ist, weil ihr Wesen darin bestand, innerhalb dieses Gegensatzes zu stehen.

Sollte sich Heideggers These im einzelnen bestätigen, so stünde die Forschung offenbar vor ganz neuen Möglichkeiten eines einheitlichen Verständnisses der Problematik und Begrifflichkeit der antiken Onto-logie. Umgekehrt besteht nun aber auch der Prüfstein für einen philosophischen Grundbegriff in seiner Fähigkeit, die konkrete Einzelproblematik zu erschließen. Hat die „Anwesenheit" dem griechischen Philosophieren bloß als Fundament zugrunde gelegen, so daß sie auf seine einzelnen Fragestellungen und Begrifflichkeiten nur gleichmäßig abfärbte, dann bleibt es jedem überlassen, sie hinzuzudenken oder wieder wegzudenken. Zwingend würde sie erst, wenn sich zeigen ließe, daß sie selbst die einzelnen Schritte des Fragens und Denkens in Bewegung gesetzt und auseinander hervorgetrieben hat. In ihnen müßte sie sich dann aber auch gewandelt haben.

So käme es also auf einen Versuch an, diesen Begriff zum Leitfaden der geforderten Verflüssigung antiker metaphysischer Begrifflichkeit zu machen und damit zugleich nach seinen eigenen Modifikationen zu fragen, in denen er sich nicht nur neu ausweisen, sondern nun auch näher bestimmen und konkretisieren müßte. Weil die „Anwesenheit" aber kein eigener ausdrücklicher Begriff des griechischen Denkens ist, müßte sich ein solcher Versuch zur methodischen Kontrolle in erster Linie an einem ausdrücklichen Fundamentalproblem der antiken Metaphysik orientieren, das mit dem Problem der Anwesenheit verschränkt und ihm in Weite und Ursprünglichkeit ebenbürtig ist.

Ein solches Fundamentalproblem ist das Problem von Einheit und Mannigfaltigkeit (έν και πολλά). Die griechische Ontologie setzt damit ein, daß Parmenides Das Sein als Das Eine denkt, und zwar als das schlechthin Eine, das keine Mannigfaltigkeit und keinen Wechsel mitumgreifen kann, weil es als Sein alles Nichtsein aus sich ausschließen muß. Dieses ausschließende Wesen des Seins läßt sich einzig durch seinen von Parmenides auch ausdrücklich hervorgehobenen Anwesenheitscharakter verstehen: im Unterschied zu einem zeitlichen (auf Vergangenes und Zukünftiges bezogenen) Vernehmen ist das Vernehmen, das sich in einer Gegenwart erfüllt (νυν έστιν όμοϋ παν)a, ohne Bezug auf Abwesendes, und das ihm gegebene ,,ist" daher frei von allem „ist nicht" und von allem Bezug auf Mannigfaltiges. Indem das Eine Sein als schlechthin in seiner Einfachheit;Erfülltes nicht das Eine von Mannigfaltigem sein kann, rückt es — somit nicht als dessen „ist" (Sein), sondern selbst als „Das Seiende" — diesem gegenüber. Dadurch wurde aber das Mannigfaltige und Wechselnde in der Faktizität seines Vorhandenseins nur um so aufdringlicher, und für Platon und Aristoteles (in anderer Weise auch für die Atomistik) ergab sich die Aufgabe, ein Eines des Mannigfaltigen und ein Bleibendes des Wechselnden — nun nicht

3 Parmenides VIII, 5 (Diels).

bloß zu behaupten, sondern auf dem Boden des parmenideischen Seins-begriffs selbst, der weiterhin bestimmend blieb, ontologisch zu denken, um so das Seiende, wie es faktisch vorliegt, als Seiendes (Anwesendes) begreifen zu können. Das war nur durchführbar, wenn steh der Sinn von οv und εν umdenken ließ. Sollte sich dies aber innerhalb des par-menideischen Seinsbegriffes selbst (der Anwesenheit) vollziehen, dann mußte dieser einen gewissen Spielraum seiner möglichen Erweiterung in sich enthalten, andererseits der Bewältigung des Problems von εv και πολλά durch ihn eine Grenze gesetzt sein.

Diese Grenze, die durch den der Anwesenheit ursprünglich zugehörigen Begriff der Wahrheit (άλήθεια) vorgezeichnet ist und letztlich darin gründet, daß die Anwesenheit in der griechischen Metaphysik wohl modifiziert, aber nicht als Sinn des Seins aufgegeben werden konnte, zeigt sich erst bei Aristoteles, und zwar dadurch, daß er sie überschreitet und damit über sie hinausweist, gleichzeitig aber in ihren Bannkreis zurückgesogen wird. Es ist zwar Platon, in dessen Spätdialogen das Problem von εv και πολλά ausdrücklich als solches thematisch ist. Aber das Fehlen des Problemtitels bei Aristoteles ist nur ein Index der größeren Radikalität, mit der er das Problem in Angriff nimmt. Für Platon blieb die in den mittleren Dialogen vollzogene, wesentlich an Parmenides anknüpfende Festlegung des Sinns von �ν und εν bestimmend, und so hat er innerhalb gewisser Grenzen eine ursprüngliche Zusammengehörigkeit von Einheit und Mannigfaltigkeit zwar faktisch aufzeigen, aber nicht ontologisch begründen können. Erst bei Aristoteles führt die Frage nach Sein und Einheit des Mannigfaltigen zu neuen ontologischen Begriffen, zu neuen Weisen von έν und �ν, die den Bezug zum Mannigfaltigen in ihr eigenes Wesen aufnehmen, so daß die Problemformel εν και πολλά gegenstandslos wird.

Gerade weil das Problem von Einheit und Mannigfaltigkeit bei Aristoteles weniger an der Oberfläche in Erscheinung tritt, dafür aber die ontologischen Fragen und Begriffe als untergründiger einheitlicher Strom aus sich hervorgehen und ineinander übergehen läßt, kann es hier in eins mit dem Problem der Anwesenheit zum Leitfaden einer Verflüssigung dienen. Der Versuch einer Verflüssigung bedeutet nicht, daß die festen Grenzen verwischt, sondern daß sie neu, nämlich aus der einheitlichen Linienführung einer ontologischen Fragestellung nachgezeichnet werden sollen.

Das aristotelische Problem von Sein und Einheit des Mannigfaltigen ist hier nicht nach allen seinen Aspekten im Ganzen systematisch darzustellen, sondern soll auf seinen eigentlichen Kern zusammengezogen werden, der indem Gefüge des τι κατά τινός zu erkennen sein wird. Das τΐ κατά τινός, das in der bisherigen Forschung nur als „logische"4 Struktur behandelt worden ist, wird sich als eine Zwiefältigkeit des Seins selbst erweisen, mit der sich der Sinn des Anwesens so modifiziert, daß das, was ist, nicht mehr wie für Parmenides Das Eine und nicht mehr wie für Platon ein jeweilig Eines (Etwas) ist, sondern jeweils ein „Etwas

4 5

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Etwas". Diese Struktur ist zugleich das Ursprungsfeld der Grund-riffe der aristotelischen Metaphysik. Die Untersuchung des ontologischen Wesens des τί κατά -τινός "η nur; an Hand einer Abhandlung des Aristoteles durchgeführt werden, in der die Frage nach dem Sein (τι το �ν;) ausdrücklich gellt und behandelt wird: das

geschieht in ausgezeichneter Weise im Buch Ζ der Metaphysik (vgl. 1028b2fh)*. Das Buch Ζ steht aller-Itlgs wie jede aristotelische Abhandlung schon mitten in der Sache,

und die Begriffe und Problemstellungen sind bereits selbstverständlich ^vorhanden und mit diesen auch die Zwiefältigkeit des Seins (vgl. ■;5029a23f.). So muß zuvor

frei von einem bestimmten Text gezeigt .Werden, wie die Frage nach Sein und Einheit des Mannigfaltigen zu der Zwiefältigkeit des Seins rührt \(§§ 2-3) und wie

diese sich gliedert ,(§4). Von daher kann sich dann erst die Einteilung unserer Unter-suchung ergeben und sich zugleich bestimmen lassen, was für eine 'Stellung diese

Zwiefältigkeit innerhalb der ausdrücklichen Durchführung der Seinsfrage im Buch Ζ einnimmt (§5). Die Voraussetzung einer Untersuchung der Zwiefältigkeit als eines

neuen Sinns des Seins (Anwesens) ist aber eine Verständigung über den Sinn des Sems, von dem sich Aristoteles dabei absetzt: das ist die platonische „Idee", in deren. Gestalt das einfache Sein des Parmenides für Aristoteles lebendig war und umgedacht

werden mußte (§ 1).

die allen Aspekten der ideenlehte zugrunde liegtf. Hier müssen einige wenige Hinweise genügen, mit denen nicht die platonische Problematik als solche erhellt werden kann, sondern nur ein Ausgangspunkt £ür das Aristotelesverständnis gewonnen werden soll'.

Gehen wir von der geläufigen Bedeutung von Wahrheit im Sinn des wahren Sagens aus, so ist für Platon der λόγος άληθ-ής (Crat. 385b5) derjenige, der ,,das Wahre" aussagt (άληθη λέγειν, b2), und „das Wahre" ist „das Seiende wie es ist" (τα οντά ώς εατιν b7), das Seiende selbst, während der falsche ?ιάγος es so aussagt, „wie es nicht ist" (b8). Da das, was in einer Aussage gemeint ist (ganz gleich, ob sie wahr oder falsch ist), immer schon das Seiende ist und nicht ein immanenter Bewußt-seinsinhalt, bedeutet die „Wahrheit" eines Ausgesagten also nicht, daß es mit dem Seienden „übereinstimmt", sondern daß hier das Seiende „selbst" (,,so wie es ist") aufgezeigt wird, und es ist das Seiende, was in erster Linie „wahr" genannt wird, und zwar spezifisch, sofern es in bezug auf ein Aufzeigen „so ist wie es ist" („es selbst"). Und so kann Platon erklären, daß ein Sagen „wahr ist, offenbar weil es die Wahrheit des Seienden aufzeigt (τήν άλήθειαν τών ίίντων)" (Crat. 438d7 £,) und meint dabei mit „Wahrheit des Seienden" das „es selbst" des Seienden (αυτά, 438e7, 439bl, b7).

Wie ist nun die Wahrheit im Sinn dieser „Selbigkeit" des Seienden näher zu verstehen? „Es selbst", darin liegt; „es selbst und nicht . . ." Durch das „es selbst" wird das Seiende abgesetzt, doch wovon? Man sagt: vom Bewußtsein: „es selbst" ist das „an sich", „das Wahre"

§ 1. Wahrheit und Fräsen^ als ausschließlicher Sinn des Seins bei Pia ton

Die entscheidende;Festlegung dessen, was im eigentlichen Sinn „ist", geschieht bei Platon in den Dialogen der taktieren Periode, in denen idie Ideenlehre in ihrer „klassischen" Form entfaltet wird (vgl. z, B. Phaid. 65d-67b, 78c-df Symp. 211aff., Staat 508d-e, 475e-^79c)6; fie bleibt auch noch in den spätesten Dialogen unangetastet (vgl. ζ. Β. Phil, 59b-c). Der zentrale Begriff, der mit dem 6ν gleichgesetzt (vgl. z. B. Phaid. 66b-67b) und zum stehenden Terminus für die „Idee" wird (Phaidr. 247d4, 248c3, Symp. 212a5), ist das άληθ-ές, das „Wahre".

Für uns bedeutet Wahrheit entweder die Übereinstimmung einer Erkenntnis, einer Aussage, mit der Sache oder in einem vagen Sinn Echtheit, Eigentlichkeit, Wirklichkeit, Objektivität von etwas. Man hat daher den platonischen Gebrauch des άληΐΐες für die „Idee" lediglich im Sinn einer unbestimmten Betonung ihrer „Eigentlichkeit" und ,,Wirklichkeit" verstanden und übersehen, daß das αληθές bei Platon eine zwar vielschichtige, aber strenge und einheitliche Bedeutung hat,

........... ---------------------------------■ * 1 Aristoteles wird im folgenden nach der Ausgabe der Preuß. Akademie ohne

Angabe der jeweiligerf Schrift Meiert. * In der zuletzt genannten Stelle wird die Nahe zu Parmenides am deutlichsten.

4 Die nachfolgende Interpretation fußt auf Heideggers Deutung der άλή&εια als „Unvetborgenheit", aber deckt sich nicht mit ihr (vgl. die Anm. 10). — Charakteristisch für die gewöhnliche Auffassung ist das in der 2. Auflage von P. Friedländers Platonbuch (1954) neu hinzugekommene Kap. XI; „Aletheiä (Eine Auseinandersetzung mit Martin Heidegger)", S. 233-242, Friedländer stellt zusammenfassend fest, daß Wahrheit überhaupt im Griechischen und ebenso (S. 242) bei Placon „1. die Richtigkeit des Sagens und Metnens, 2. die Wirklichkeit des Bestehenden, Seienden, 3. die . . . Wahrhaftigkeit des Menschen" (S. 236) bedeutet, und übersieht, daß mit einer solchen lexikalischen Nebeneinanderstellung von vornherein das Problem preisgegeben ist, um das es Heidegger geht, nämlich wieso das Wort für die „Richtigkeit des Sagens" zugleich das Wort für die „Wirklichkeit des Bestehenden" ist und was demgemäß „Wirklichkeit" bedeutet. — Er ist damit über den Gesichtspunkt etwa O. Apelcs nicht hinausgekommen, der in seinen „Platonischen Aufsätzen" das Problem der „Wahrheit" in einem eigenen Kapitel behandelt hat (S. 31-50). Wahrheit bedeute für Platon eigentlich Urteils Wahrheit, aber „überträgt sieh . . . auch auf die Dinge selbst", nämlich „das objektiv wirklich Vorhandene" (S. 30).

7 Vor allem kann der Zusammenhang zwischen der „Idee" und dem αγαθόν, der ebenfalls im αληθές (qua ύρ&όν) gründet und den eigentlichen Boden der Ideenlehte bildet, nicht berücksichtigt werden, da er für Aristoteles nicht mehr lebendig war. Alle Bezüge des Sich-Richtens nach . , . (6μοίωσις, μίμη-σις), nicht nur des Menschen, sondern auch des übrigen Seienden, alles „so sein wie —" (εϊδωλον, είκών usw.) ist auf ein άληθΐς orientiert (vgl. ζ, Β, Pol. 300c5f., Staat 586b8, 587c9, Symp. 212a4f.)·

6 7

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ist das .jObjektive" im Gegensatz 2um Subjektivens. Aber das Seiende ist „es Selbst" gerade füi das Erkennen, dtks sich nach ihm richtet; nur als solches Wonach eines Sich-Richtens wird es „es selbst" (wahr) genannt* Schaltet man alle theoretisierendeo Vormeinungen aus, dann kann man nur sagen: das Seiende ist „es selbst", „ist wie es ist" und nicht — wie es nicht ist; ist das „Wahre" und nicht — das Falsche. Der Wahrheitscharakter (das „es selbst") des Seienden ist somit zunächst spezifisch das, wodurch dieses als etwas Eigenes nicht dem Vernehmen überhaupt, sondern dem Belieben des Vernehmens gegenübersteht (Crat. 386e-387a) und was dadurch das Vernehmen gerade an das Seiende hält und bindet. Und da das Vernehmen erst Vernehmen (Wissen) ist, wenn es Vernehmen des Seienden selbst ist, ist ihm das Wahre so wenig entgegengesetzt, daß es, erst wenn es das Wahre er-reicht hat, sich selbst erreicht hat'.

Doch die Absetzung, die in dem „es selbst" liegt, ist, wenn sie eine Absetzung gegen das Falsche ist, nicht nur keine Absetzung gegen das Vernehmen überhaupt, sie erschöpft sich auch nicht darin, Absetzung gegf α ein bestimmtes (das falsche) Vernehmen zu sein. Denn das Falsche (also das, was ein falsches Meinen vom Seienden sagen kann) ist das dem Seienden Fremde, Nicht-Dazu gehörige, Andere. Voraussetzung dafür, daß das Seiende vom Vernehmen als „es selbst" und nicht als etwas anderes erkannt wird, ist dann aber, daß es von vornherein in sich „es selbst" ist und nicht anderes. Das ist die eigentümlich griechische und spezifisch platonische Wendung des Problems. Als αληθές muß das Seiende mit anderem unvermischt (άμεικτον, άκρατες, Phil. 53a, Symp. 21iel) und d. h. rein (καθαρόν, Phil. 53a-b, 55c, 59c3, Symp. 211el) sein. Als unvermischtes muß das αληθές schlechthin einfach, ohne Zusammensetzung sein (άσύν&ετον Phaid. 78c-d), und als solches zugleich unbeweglich, ohne Möglichkeit, anders zu sein, notwendig, in bleibender Selbigkek (άεί κατά ταώτά και ώααύτως έχον, Phaid. 78c-d, Phil. 59b), ständig (βέβαιον, Phil. 59b).

Also nicht bloß das Vernehmen kann nur unter einer bestimmten Bedingung „wahr" sein (d. h. die Sache selbst erblicken), wenn es nämlich von allem Fälschen (der Sache Fremden) frei ist, auch die Sache kann nur unter einer bestimmten Bedingung „wahr" (und d. h. eine „Sache selbst") sein, und zwar unter der gleichen Bedingung wie das Vernehmen: wenn sie von allem „Falschen" (Anderen) frei "(rein, einlach, unbewegt) ist. Diese Selbigkeit der Sache selbst ist also nichts anderes als die Bedingung, vom Vernehmen unverhülit erblickt zu werden (vgl. Soph. 249b--c). Die Wahrheit (Selbigkeit) steht also so wenig in einem Gegensatz zum Vernehmen als vielmehr ihr Wesen (der

* Vgl. Apelt oben Anm. 6. * Vgl. Phaid. 66: Das „Erlangen" (b6), und d. h. „Erblicken" (d7) des „Wahren",

und d. h. des „Seienden" (c2), ist identisch mit dem „Erlangen des Wissens" (e6).

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Ausschluß des Andersseins) dann besteht, w^bar Zü;seiri|i(S 508el). Dadurch kommt die Wahrheit nicht unter die Botmäßigkeit Wissens, denn das Wesen des Wissens ist ja seinerseits geiade'^CU aus dem Bezug zur Wahrheit gedacht. Daß sich das Wahre "einemfe nehmen darbietet, ist nicht etwas Weiteres, was zu seiner, Selbigkl hinzukäme, sondern als Reines i s t es von vornherein lichthaft, Einheit des Reinen und Lichthaften kommt in einem Begriff zumVA^ druck, mit dem Platon das άλη&ές wiederholt erklärt und glcichsötSil (Phaid. 67bl, Phil. 53a8£., 59c3) und das als dessen höchste und präzise Wesensbestimmung zu begreifen ist: das ειλικρινές10. .^

Wenn nun das Wesen des Seins (wie schon für Parmenides) besteht, seiend und nicht nichtseiend zu sein (Staat 476eff.), alles Anderssein und somit alles ISSichthafte aber gerade auf Gtund der Selbig-J? keit aus dem Seienden ausgeschlossen ist, dann fällt die Wahr hei t^fijjl und d.h. die Wißbarkeit, mit dem Wesen des Seins zusammen (477a3);'^'

Und so ist es auch bei Platon (ebenso wie in der neuzeitlichen Er^. kenntnistheorie) nichts anderes als das Wesen der Wahrheit, wodurch. das Seiende im Ganzen und der Bezug des Menschen dazu in einer fundamentalen Spaltung au seinander tritt, aber dies ist hier nicht eine Spaltung zwischen Subjekt und Objekt, sondern (gemäß dem anders verstandenen Wesen der Wahrheit) zwischen einem Bereich der Selbigkeit (Einfachheit, Ständigkeit, Wahrheit), der sowohl das eigentlich Seiende als auch das eigentliche Vernehmen umfaßt, und einem Beteich der TJnselbigkek (Mannigfaltigkeit, Wechsel, Schein), der

10 Heideggers Bestimmung der αλήθεια als „Unverborgenheit" trifft also genau, jedoch nur, wenn damit ein schlechthinniges Enthülltsein verstanden wird, das alle Verborgenheit aus sich ausschließt. Wenn Heidegger von seinem eigenen Wahrheitsbegriff der „Un-Verborgenheit" sagt, zu ihm ge höre „das Verweigern in der Weise des Verbergens" und die Wahrheit sei nicht „eitel Unverborgenheit, die sich alles Verborgenen entledigt hat" (Holzwege, S. 43), so ist zu beachten, daß genau dieser aus dem zeitlichen Wesen des Seins gedachte Charakter der Wahrheit in der griechischen Onto togie fehlt und fehlen muß. Während Heideggers „Wahrheit" eine Un Verborgenheit ist, die die Verborgenheit in sich umgreift, ist die griechische άλήθεια „eitel Unverborgenheit", die die Verborgenheit aus sich ausschließt ebenso wie das Anwesen die Zeitlichkeit. Alle Bestimmungen, die Platon und schon Parmenidcs von der Wahrheit geben, zeugen dafür. Dann läßt sich auch bei Platon nicht, wie Heidegger in „Platons Lehre von der Wahrheit" dartun will, ein „Wandel des Wesens der Wahrheit" von der αλήθεια zur Ιδέα feststellen, sondern die ιδέα ist, wie sich zeigen wird, nichts anderes als der schlechthin adäquate Ausdruck der αλήθεια, ist das �ν, sofern es nur und einzig von der αλήθεια her bestimmt ist. Heidegger konnte dem griechischen Wahrheitsbegriff nicht voll gerecht werden, weil er über dessen oben entwickelten Charakter der Selbigkeit hinweggesehen hat. Das hat wohl letztlich seinen Grund darin, daß er in seinem eigenen Denken durch den von Husserl im Zusammenhang mit der „Evidenz" neu erarbeiteten Begriff der „Selbig keit" auf die „Unverborgenheit" hin durchgestoßen ist, ohne daß es ihm gelungen wäre, die „Selbigkeit" dabei zu bewahren und in die zeitliche Auf fassung von Sein und Wahrheit mit aufzuheben. ■:' ί

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ebenfalls sowohl „Seiendes" als auch Vernehmt» umgreift, wobei sich nun das eigentlich Seiende und das eigentliche Vernehmen gegenüber dem uneigfentlichen spezifisch dadurch auszeichnen, daß jedes von beiden sich einzig aus der Möglichkeit zur schlechthinnigen Begegnung mit dem milderen bestimmt.

Diese schlechihinnige, weil in sich erfüllte Begegnung ist schiecht-hinnige Gegenwart. So erweist sich aus dem Wesen der Wahrheit die schlechthinnige Anwesenheit als das Wesen des Seins.

Aber auch das Wesen des uneigendich „Seienden" wird aus seinem Bezug auf ein Vernehmen und d. h. hinsichtlich seiner Weise zu begegnen verstanden. Da „Begegnung" nur als „Gegenwärt" denkbar ist, ist auch der Bereich dieses „Seienden" ein Bereich des Anwesens, aber im Unterschied zum schlechthin Anwesenden ist alles, was hier dem Vernehmen begegnet, jeder Anblick (εΐοος), der sich hier zeigt, von solcher Art, daß er immer auch schon ins Abwesen herausgerissen ist: Er ist nur je und je gegenwärtig (erscheint und verschwindet) und ist auch in seiner jeweiligen Gegenwart nicht in sich abgeschlossen, sondern mit anderem vermischt. Nur weil Sein Gegenwärtigsein bedeutet, kann das Seiende, wie es faktisch in unserem Umkreis vorliegt, als Wechselndes und mannigfaltig Vermischtes verstanden werden. Als solches ist es unselbig (unwahr); jedes ε�δος, das sich biet zeigt, ist nie ein ,,SCJ und nicht anders", sondern immer ein „so und auch , . . uud auch . . . und schon nicht mehr und auch anderswo und mit anderem". Diese Weise des Begegnens und d. h. Seins, in der das Wahre nicht vom Falschen geschieden (das Seiende somit unselbig) ist, nennt Platon „Scheinen" (φαίνεσθοα, Phaid. 74b8f., Staat 476a, 479a usw.).

Daß das jeweilige ε�δος aber überhaupt je und je begegnen kann, set2t voraus, daß es in bezug auf sich selbst (αυτό καθ' αυτό, Phaid. 78d; Symp. 211bl usw.) ein Selbiges ist. Als das, was es s e i h s t ist (αύτο ο ecmv, Phaid. 78d usw.) und worauf wir uns in der Frage, was es ist (-π Ιστιν), eigens richten können, ist das ε�δος im Gegensatz zu seinem vielfältigen Scheinen ein schlechthin einfacher Anblick (μονοετές, Phaid. 78d, Symp. 21 IM usw.) und diesem kommen alle Bestimmungen zu, die zum αληθές gehören (vgl. ζ, Β. Symp. 211a ff.). Ein solcher einfacher Anblick ist alles, was wir jeweils mit Einem Wort (Namen) benennen und dabei, obwohl es vielfach und vermischt erscheint, als Eines und Einfaches im Blick haben (Staat 596a6f.)11. Und weil sich bei Platon der Sinn des Seins im αληθές erschöpft, ist das reine ε�δος ein schlechthin Eines, das in sich selbst ruht: seine Selbig-keit (sein „αυτό καθ' αυτό") ist zugleich Selbständigkeit („Idee").

Somit ist der Bereich des uneigentlich Seienden nicht nur auch ein Bereich des Anwesens, der bloß neben dem Bereich des schlecht-

11 Der Vorrang ganz bestimmter einfacher Wesenheiten, der im άγαθήν- und ip&dv-Charakter des αληθές gründet, kann hier unberücksichtigt blei ben. Vgl, Anm. 7. $■ '

hin Anwesenden liegt, sondern gerade sein eigentümlicher Anwesenheitsc ha takter setzt voraus, daß das, was mit anderem wechselt und vermischt ist, als solches schlechthin Eines und schlechthin Anwesendes ist. Das schlechthin Anwesende ist das eigentliche Anwesen des uneigentlich Anwesenden, das eigentlich Eine, Bleibende und Wahre des Mannigfaltigen, Wechselnden und Scheinenden, aber — weil es Anwesendes und daher Ausschließendes ist — so, daß es dieses nicht in sich aufheben kann, sondern ihm gegenübertritt.

Die Auffassung des Seins als Anwesen (Gegenwart) schließt also notwendig in sich, daß zwei Weisen von Anwesen auseinandertreten. So kann die Frage nach den möglichen Modifikationen (S. 4) nicht nur auch an die Anwesenheit wie an irgendeinen behebigen Begriff gestellt werden, sondern ist von vornherein gerade durch ihr besonderes Wesen vorgegeben. Das Anwesen des schlechthin Einfachen, das im Unterschied zum je und je ins Abwesen übergehenden Anwesen alles Abwesen aus sich ausschließt, soll im folgenden terminologisch als Präsenz festgehalten werden. Da der Sinn des Anwesens sich für Platon in der Präsenz erfüllt, wird bei ihm das Anwesende des anderen Bereiches nur negativ als das Unselbige, Nicht-Präsente, uneigentlicher Anwesende verstanden. Wenn dann aber bei Aristoteles ein Eines des Mannigfaltigen gedacht werden wird, das nicht mehr aus dem Mannigfaltigen heraustritt, so bedeutet das, daß der Sinn des Seins (Anwesens) über die Präsenz hinausweisen und sich erst in einer bestimmten Verbindung mit dem anderen Bereich von Anwesen erfüllen können wird, welcher dann seinerseits zu einer positiven ontologischen Bestimmung kommen muß. Bei der Zwiefältigkeit des Anwesens, die sich daraus ergeben wird, wird aber nicht nur die einfache Präsenz weiterhin die eine Seite ausmachen, sondern auch das Ganze wird getragen und zugleich begrenzt weiden von dem Begriff der Wahrheit, der also mit der Präsenz nicht zusammenfällt, sondern sich in ihr nur am eigentlichsten erfüllt (vgl. § 9).

Für Platon hingegen ist Anwesendes noch gleich Präsenz, aber nicht mehr wie für Parmenides Die Eine Präsenz, sondern eine jeweilige Präsenz (ε�δος), nicht mehr Das Seiende, sondern jeweils ein Seiendes, etwas (TL, Staat 476e). Damit ist bereits ein Mannigfaltiges gegeben, doch jede Präsenz ist zunächst ein schlechthin Einfaches und Eines.

Aber das ε�δος ist ein Eines, das auch vielfach erscheint. In dem Maße als dann auch dieses Viele nicht bloß als Unseibiges, sondern selbst irgendwie (aber noch ontologisch unbestimmt) als je Eines und Seiendes verstanden wurde, mußte die Frage erwachsen, wie das Eine Seiende auch vieles Seiende sein kann. Die Schwierigkeiten, die sich hier ergeben, hat Platon in den späteren Dialogen selbst entwickelt (Parm. 131 äff., Phil. 15b), aber zu einer prinzipiellen Lösung konnte er nicht kommen. Man versichert zwar vielfach, die Antworten auf die Schwierigkeiten, die Platon im Blick gehabt haben müsse, liegen auf der Hand, wenn man sich das ε�δος nur nicht dinglich als ein Seiendes denke. Als was

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es dann aber positiv gedacht werden soll, läßt man offen, oder man greift auf Vorstellungen zurück, die teils ontologisch undurchsichtig, teils erst auf dem Boden der aristotelischen Philosophie denkbar sind, wie ja überhaupt gewöhnlich übersehen wird, daß die Selbständigkeit der Idee eine Οntologische Notwendigkeit war und nur durch einen neuen ontlologischen Ansatz überwunden werden konnte". Indem für Platon der Sinn des Seins sich in der einfachen Präsenz erschöpft — und daran hält er Ms zuletzt fest (vgl. Phil. 59c) —, ist das ε�δος ein schlechthin Eines, das in sich selbst ruht. Als schlechthin Eines ist es selbständig Seiendes. Soll die einfache Präsenz als Eines von Vielem ontologisch gedacht und nicht bloß behauptet werden, so darf erstens der Sinn des Seins dieses Einfachen nicht mehr in ihm selbst erfüllt, seine Einheitlichkeit nicht in sich geschlossen sein, zweitens muß jenes, Wovon es Eines ist, selbst ontologisch positiv als jeweiliges οv und έν gedacht werden können. Beides geschieht dann bei Aristoteles, während für ihn der Begriff, in dem Platon das Verhältnis zwischen dem einen εΐδος und den vielen Einzelnen denkt, die μέ&εξις (Teilhabe), eine „poetische Metapher" ist (991a21f., 987b9ff.). So wird Platon von der aristotelischen Kritik auf seine mittlere Periode gewissermaßen festgenagelt.

Ebenso ontologisch unberechtigt erscheint Aristoteles die in den späteren Dialogen entwickelte Verbindung unter den Präsenzen selbst, die κοινωνία των γενών. ;Platon erkannte, daß jede Präsenz trotz ihrer Einfachheit ein Mehrfaches sein mußte, und im Zusammenhang damit entdeckte er im „Sophistes" das eigentümliche Wesen des λόγος, in dem im Unterschied zum einfachen Erblicken des νους etwas als etwas aufgezeigt, etwas also von etwas anderem gesagt wird, wobei dann auch das αληθές nicht mehr für die schlechthinnige Selbigkeit eines τι, sondern für die Selbigkeit (das „so und nicht anders") eines τι κατά τινός steht (vgl. § 9). AU dies lag auch schon von vornherein im ursprünglichen Sinn der „τί έοτι''-Frage, auf die ja nicht wie für Antisthenes nur tautologisch mit dem Namen des Befragten geantwortet werden sollte. Der Sinn des Seins ist aber ohne Berücksichtigung dieser,Zusammenhänge in den mittleren Dialogen ak schlechthinnige Selbigkeit festgelegt worden, das εΐδος als μονοειδές, und als die Mehrfältigkeit der Präsenz in den Spätdialogen Thema wurde, konnte auch sie nur mit Hilfe der μέθ-εξις verstanden werden, als Teilhabe der verschiedenen Präsenzen aneinander, wobei der £v-Charakter der miteinander verbundenen Präsenzen wieder ontologisch unangetastet blieb und sie folglich, wie Aristoteles sagt (1045a7ff.), zusammen nur einen bloßen „Haufen" bilden konnten.

11 So sagt auch Aristoteles (1040b27f.), es sei ganz richtig, daß die Präsenz verselbständigt wird, wenn sie ούαΐ« (d. h. schlechthin Eines, vgl. S. 29f.) ist, wenn sie also ihr bisheriges ontologisches Wesen behält.

§ 2. Aristoteles' Frage über die Präsen^ hinausSiach dem Ληινε$εη des Vorliegenden selbst; seine vorgängige Bestimmung der Prase/t^ als solcher

(το χι ήν ε�ναι)

Die bestimmte Lokalisation des „εν και πολλά "-Problems bei Platon gründet im eigentümlichen Ansatz der Ideenlehre. Thema wird das Verhältnis der Ideen unter sich und ihr Verhältnis zum Vielen des Bereichs der Unselbigkek, jedoch nicht die Frage nach einem εν innerhalb dieses Bereiches selbst, obwohl auch diese Frage, sogar als eine „landläufige", Platon bekannt war (Phil. 14d4ff.), aber von ihm nicht als ontologisches Problem gestellt wurde. Und doch konnte die platonische Aporie bez. des Verhältnisses zwischen der Einen Präsenz und dem Vielen Einzelnen nur angegangen werden, wenn erst einmal der Öv- und εν-Charakter dieses Einzelnen selbst auf eine positive ontologische Bestimmung gebracht worden war. Denn zunächst war auf dem Beiden der Ideenlehre das innerhalb des Bereiches der Unselbigkek Erscheinende gerade kein Öv und εν und war, sobald es als solches gefaßt werden sollte, vielmehr ein „αυτό καθ-' αυτό" und somit schon nicht mehr in diesem Bereich.

Das aristotelische Problem von £v και πολλά hat sein Zentrum in der Frage nach einem ev und Öv innerhalb dieses Bereiches selbst, einem £v also, dessen Einheit nicht in der Einfachheit aufgeht, einem 5v, dessen Anwesen sich nicht in der Präsenz erschöpft. Bedenkt man, daß die einfache selbständige Präsenz bisher den Sinn von (Sv und εν bildete und auch für Aristoteles das eigentlichste Sein bleibt (vgl. § 5), dann läßt sich schon im voraus erwarten, daß es der höchsten philosophischen Anstrengung bedurfte, um zu dem von der Forschung gewöhnlich als so verständlich und selbstverständlich hingestellten „Ding des naiven Bewußtseins" zu kommen.

Aristoteles unternimmt es also, das, worin der Mensch sich unmittelbar vorfindet und was für ihn das unmittelbar Anwesende ist, als Anwesendes zu denken. Nichts anderes geschah bereits bei Platon, doch indem das unmittelbar Anwesende als Anwesendes gedacht wurde, Anwesen aber Präsenz bedeutete, wurde das, was das eigentliche Anwesen des unmittelbar Anwesenden war, aus diesem entrückt. Gegenüber „diesem Seienden" (τάδε τά Οντα 990bl), wie es um uns herum offenbar zutage liegt (τά φανερά, 992a25), wurde es ein „Jenes" (έκεΐνα, 990b6), das schlechthin Anwesende also für den faktischen Menschen in gewisser Weise zu einem „Abwesenden". Demgegenüber nennt Aristoteles das uns umgebende Anwesende „das unmittelbar vor uns Liegende" (τά υποκείμενα) „das faktisch Votliegende" (τά υπάρχοντα), ύποκείμενον und υπάρχον sind die beiden Grundbegriffe, in denen das Anwesen des unmittelbar Gegebenen gedacht werden wird: sie erhalten dann eine speziellere Bedeutung, tteten einander gegenüber und werden die beiden Seiten der „τι κατά τινός''-Struktur bilden, dies aber nur auf dem Boden der weiten Bedeutung des Anwesens im

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Sinn des gegenwärtigen faktischen Vorliege η s, die hei Aristoteles vor allem in dem vorterminologischen Gebrauch dieser Worte faßbar wird". Von den Platonikern sagt Aristoteles, sie seien „des Vorliegenden unkundig geworden" (ά-θΐώρετοι των υπαρχόντων, 316a9).

Mit derri „Vorliegen" ist jetxt eine positive Bezeichnung für das Anwesen innerhalb des Bereiches der Unsedbigkeit gegeben, aber im Unterschied zum Anwesen im Sinn der „Präsenz" ist es zunächst lediglich

11 ύκάρχειν ist im aligemeinen Sprach gebrauch schon früh von „anfangen, lls erster etwas tun, antizipieren" zu „von vornherein dasein, vorliegen, zur Verfügung stehen" (Pindar, Pyth. IV, 205) übergegangen und meint schließlich ganz allgemein jedes „faktische Vorhandensein", wobei das Moment des „zuerst" in den Hintergrund tritt, aber die Bezogenheit auf etwas, das dadurch betroffen werden kann, im ύπό weiter erhalten bleibt: die υπάρχοντα liegen nicht einfach herum, sondern sie sind das unmittelbar Angehende, Tangierende, aktuell Gegenwärtige, Bedrängende, sind Bei-Seiendes, Anwesendes, Vor-liegendes: das ύπο ist auf einen Dativ angelegt, in dem das Bestimmte (meist Menschen) genannt werden kann, was durch das υπάρχον betroffen Wird (ζ. Β, Soph., Antig. 932: τοϊσιν ίγουσιν κλαύμα&' υπάρξει — es wird Tränen für sie geben). So sind dann auch für A r i s t o t e l e s τά υπάρχοντα zunächst ebenso wie im sonstigen zeitgenössischen Sprachgebrauch die Dinge, die vorhanden sind in dem Sinn, daß sie zur Verfügung stehen, gebraucht, genossen, bearbeitet werden können (vgl. 183a38, b36, 194a35, 982b23, T169b5), der Besitz (1Ί21α34), das Jetzige im Gegensatz zum Zukünftigen und Vergangenen (10fi5al9, 1384alS, 1421a26), das an einem Ort Vorliegende (279al3). υπάρχοντα sind dann auch Dinge füreinander, wenn sie unmittelbar beieinander sind, so daß sie wechselweise aufeinander einwirken können, wobei das ύπάρχειν hier ausdrücklich als παρεΐναι verstanden wird (324b 16f., 1048al2-t5); der ausgezeichnete Sonderfall dieses Anwesens ist das unmittelbare Gegebensetn für die Wahrnehmung (tl74b30i., 417b25). Am häufigsten wird ύπάρχειν, auch noch nicht ganz terminologisch, mit Dativ gebraucht, um auszudrücken, daß etwas einer Sache eignet, ihr zugehört (ζ. Β. das Leben dem Lebewesen 4t3a33f., vgl. auch ζ. Β. 982a22, a31, 996a22>. Als terminologisch fassen wir dann das υπάρχει, das lediglich die Faktizität des Vor-liegens von etwas ausdrückt (sein ίοτι, 1064a3) und dessen An-wesenheit, da es ohne Dativ gebraucht wird, an kein bestimmtes Ding mehr gebunden ist und damit frei wird, eine ontoiegische Bedeutung zu bekommen (vgl. ζ. B. 1064a3, a35, 999b31, 1040b26f„ 1048a31). Daraus erst ergibt sich' dann der terminologische Gebrauch mit Dativ, der für das ε�ναι der „Copula" steht, vgl. unten S. 21 und 51.

τά υποκείμενα in der bestimmten (spezifisch aristotelischen) vorterminologischen Bedeutung, aus der sich dann die terminologische ergeben wird, meint das Seiende in seinem Vorliegen für Wissen, Wahrnehmen und Umgang des Menschen (vgl. 1355a36, b27f„ 1216bl4, 9U7-11, 425bl4, 426b8), wobei das 6πο ebenso wie bei ύιτάρχειν soviel wie „vor", „bei" ineint, wie aus solchen Ausdrücken ersichtlich ist wie τά ΰπ& την αΕσθησιν (1174b 15, 19, 23), τά ύφ'αυτήν (τήν έπκιτήμην) επιστητά (1063b37) (vgl. auch 7öa39, 647a, 17 f., 12b6, b9). Dabei ist für den bestimmten Anwesenheitscharakter, der im ύποκείμενον im Unterschied zur Präsenz liegt,, wichtig zu beachten, daß die υποκείμενα das dem Verstehen sich Gebende nicht sind in dem Sinn, daß sie sich bereits in einem bestimmten Ausseher, zeigen als das, was sie sind, sondern gemeint ist die Faktizität des Vorgegebenseins eines bestimmten Bereiches von Seiendem oder alles Seienden, das dann erst nach bestimmten Hinsichten betrachtet (106lb3lf.) und nach seinem Wesen und nach seinen Gründen befragt werden kann (982a23/b2--l·, 1003B37). 982a22f. heißt es:

ein ie Problem wort. Die aristotelische Frage nach bv und εν des Mannigfaltigen ist dFtage nach dem Anwesen des Vorliegenden. Aber der Sinn von Anwesen liegt weiterhin in der Präsenz. Nur von daher wird auch jet2t das Anwesen des Vorliegenden begriffen werden o zuerst gefragt werden, wie können14. So muß alsAristoteles die P r ä s e n zen des Vorliegenden als solche bestimmt.

Dabei ergibt sich zunächst ein der platonischen Problemlage ähnliches Bild. Zum Vorliegenden gehört es, daß der Mensch in seinem verstehenden Umgang mit ihm je und je eine einfache Präsenz (ε�δος), ein �ν und τι im Blick des νους hat und mit einem Wort der Sprache bezeichnet (vgl. 1006a28-bl3). Ein solches ε�δος ist bloß, was es selbst ist, und schließt alles andere aus (b13f.). Es liegt innerhalb des Vor-liegenden mit unbestimmt vielen anderen Präsenzen vor, aber ist mit ihnen bloß zusammengekommen: es sind seine συμβεβηκότα. Es ist diese dann auch, aber nur κατά συμβεβηκός, in Hinsicht auf sein Zusammengekommensein; dagegen ist es in Hinsicht auf sich selbst (καθ' αυτό) das, was für es sein Sein (vor allem Zusammengekommensein) schon war: τό τί �ν εΐναι (a33). Das τί �ν ε�ναι ist der dem platonischen α�τό � εστίν entsprechende Begriff; ebenso wie dieses, ist damit das ε�δος gemeint spezifisch als das, was es als es selbst (καθ1 αυτό) ist (1029bl3f.). Es ist schlechthin einfach (άπλοϋν 1027b27, άδί*ίρετον 430.126, άσύνθ-ετον 1051 b!7) und als solches schlechthin wißbar

Wer ein Wissen vom Allgemeinsten hat, „weiß auch irgendwie πάντα τά υποκείμενα" — nicht „alles Darunterfallende", wie gewöhnlich falsch übersetzt wird (denn vgl. b4J), sondern; „alles taktisch Vorliegende". Diese υποκείμενα sind die υπάρχοντα, deren die Platoniker „unkundig" geworden sind (316a9). — (Bei Poiybios heißt dann τά υποκείμενε die gegenwärtigen Zustände genauso wie τά υπάρχοντα; vgl. auch schon Demosthenes 348,24 at ύποκείμεναι ελπίδες: die gegenwärtigen Hoffnungen. In der späteren Grammatik bedeutet ό υποκείμενος χρόνος das grammatische „Präsens".)

11 Die Begriffe „Präsenz1- und „Vorliegen" finden sich als Termini für „Anwesenheit" bereits in Heideggers Interpretationen griechischer Philosophie, jedoch in anderer Bedeutung. Während sie dort mit dem Begriff der Anwesenheit mehr oder weniger synonym gebraucht werden, stehen sie in der vorliegenden Untersuchung für ganz bestimmte Modifikationen der Anwesenheit, und zwar so, daß ihre Bedeutung zunächst noch so weit offenbleibt, als sie sich in der Folge gerade durch ihr eigenes gegenseitiges Verhältnis in mannigfacher Weise weiterbestimmen werden. Die aristotelischen Probleme und Begriffe stehen also nicht auf dem Boden der Anwesenheit, sondern bilden gewissermaßen das Gewebe, als welches sich die Anwesenheit aus ihrer eigenen Aporerik heraus selbst fortspinnt.

Dann ist aber diese „Anwesenheitstermjnologie" kein bloßer „Heideggerismus", der den folgenden Untersuchungen nur als äußerliche „Färbung" anhaftet und vom Leser nach Belieben beseite gelassen oder „in seine eigene Sprache übersetzt" werden könnte. Genau in dem Maße, in dem er dies tut, verschüttet er wieder das, worauf es hier primär ankommt, nämlich die Übergänge, in denen die Begriffe in ihrer Genesis durchsichtig werden. Man läßt dann alles beim Alten und mag fortfahren, wie bisher „Substanz" und „Akzidenz", „Kategorie" und „Akt", „Idee" und „Ding", „Essenz" und „Existenz" als starre Größen empirisch aus dein Texten und aus ihrer Selbstver-ständlichkeit für den „common sense" zu übernehmen.

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(1031b20f.), und d. h. zugleich schlechthin wahr, weil bei einem Einfachen die Möglichkeit des Falschen ausgeschlossen ist (43Üb28, 105ibl7ff.)u. In ihm zeigen sich also wieder die bereits bekannren Wesenszüge der Präsenz als sc hie chth inniger Anwesenheit.

Weil dieses εν nur eimt ist, e in εν unter anderen, hat seine Selbigkeit, wie auch schon bei Platon, spezifisch den Charakter des Umgrenztseins gegen anderes (�ριστόν). Als in solchem Umgrenztsein Unverwechselbares ist es das schlechthin Bestimmte. Die ausdrückliche Explikation des im νοεΐν einfach Geschauten ist daher die Umgrenzung, „Definition": der ορισμός oder ορός. Die Umgrenzung geschieht als Unterscheidung von allen anderen Präsenzen; unterschieden werden kann aber nur solches, was auch gleich ist (1054b25f.): der ορισμός vollzieht sich daher als Festlegung der spezifischen Differenz (διαφορά) innerhalb des gemeinsamen Wesens, der Gattung (γένος), welche ihrerseits vermittelst einer weiteren Differenz einer höheren Gattung bestimmt wird (139a28f., 1037b29ff.). Erst in solcher Explikation, die nicht mehr einfaches vosiv ist, sondern sich als λόγος vollzieht (101b39), wird das Jeweilige als das unverwechselbar Eine gewußt, das es ist. Der ορισμός ist, wie auch schon für Platon, nicht bloß die semantische Festlegung einer „Bedeutung", sondern der Wissensbezug selbst, der γνωρισμός der jeweiligen Präsenz (90blo). Daß das Wissen des τί ήν ε�ναι nicht nur νοεΐν, sondern auch λέγειν ist, daß die Präsenz also, obgleich einfach, doch auch irgendwie mehrfach ist, übernimmt Aristoteles zunächst (etwa in der Topik) von Platon und macht es erst später, mit Hilfe der inzwischen aus dem „Vorliegenden" gewonnenen Begrifflich-keit, zum ontologischen Problem (vgl. § 15).

Indem das εΐδος also von allen συμβεβηκότα getrennt und verselbständigt wird (χωριστόν), muß es zugleich, um in dieser Selbigkeit in ein explizites Wissen zu kommen, von allen übrigen Präsenzen unterschieden werden (opto-τόν). In der ursprünglichen Zusammengehörigkeit dieser beiden Loslösungen gründet es, daß mit dem τι ήν εΐναι nicht nur das Einfache gegenüber der Mannigfaltigkeit seines faktischen Vorliegens gemeint ist, sondern zugleich der explizierte ορισμός dieses Einfachen gegenüber diesem selbst als bloßem Wort (102al, 1029bl9f.).

Die Präsenz als solche führt auch hier, so wie bei Platon, aus der Mannigfalt des Vorliegens hinaus, weil es von vornherein in ihrem einfachen und in sich umgrenzten Wesen liegt, alles Fremde von sich abzustoßen, den Blick des Vernehmens auf ihre eigene Selbigkeit (καθ1 αυτό) gewissermaßen festzubannen und sich ihm als Losgelöstes und d. h. Selbständiges (χωριστών) zu präsentieren. Gleichwohl ist die P&isenz für Aristoteles im Gegensatz zu Platon nicht schlechthin selbständig (απλώς χωριστόν), sie ist kein selbständiges Seiendes. Man mag

" Näher kann auf das Problem des Wahren bei Aristoteles erst in § 9 eingegangen werden.

diese Auffassung, indem man das ε�δος soglekh^ins Logische und Subjektive wendet, etwa als „Begriff" versteht und diesen ontologisch ungeklärt läßt, selbstverständlich finden; ontologisch gesehen, ist sie zunächst paradox, weil ihr zufolge das Einfache nicht schon ein in sich geschlossenes E i n e s ist,

Fragen wir noch, wie Aristoteles zu dem seltsamen Terminus το τί ήν ε�ναι gekommen ist, so wird sich schon an dieser Formulierung selbst vorläufig zeigen, wie Aristoteles der Selbigkeit der Präsenz einerseits eine gewisse Selbständigkeit zugesteht, anderseits die eigentliche Selbständigkeit abspricht, wobei der Grund dafür zunächst noch nicht zu erkennen ist:

Der Ausdruck ist eine Abkürzung für το τί �ν ε�ναι έκάστω (1029b20), an dessen Stelle meist bloß το έκάστω εἶναι (1032a5f.) gesagt wird (wobei das εκαστον für den Namen des jeweiligen εΐδος steht), manchmal sogar nur το εἶναι (135all), woraus schon erhellt, daß dies das Grundwort des Ausdrucks ist. im Unterschied zu diesem εΐναι wird das έκαστο ν selbst (also das noch unexpiizierte ε�δος) einfach ßv genannt (141a35).

Der platonische Terminus αυτό δ εστίν, genauer αυτό εκαστον δ έΌτιν (Phaid, 78d3), „was das jeweilige selbst ist", kann von Aristoteles nicht übernommen werden, weil darin nicht nur die Selbigkeit, sondern die volle Selbständigkeit der jeweiligen Präsenz ausgedrückt ist. Statt dessen versubstantiviert er durch ein vorgesetztes τό die Formel, in der nach dem καθ' αυτό des εΐδος, also nach der „Definition" gefragt wird. Diese Frage lautete ursprünglich einfach: τί έστι. Aristoteles nennt daher das τί ήν εΐναι auch öfters τότί έστι (ζ. Β. 1027b28), aber das τί έστι ist noch mehrdeutig, und zwar auf Grund seiner eigentümlichen Frage-Intention: indem es nämlich fragt, was Etwas ist, fragt es im Gegensatz zu anderen Fragen, wie ζ. Β. „Wo?", „Wann?", „Wieviel?", nicht nach irgendeinem Zustand, Beschaffenheit usw. von Etwas, sondern nach einem Etwas selbst, und d. h. nach einem Selbständigen. Die Frage: „Was ist das?" hat, indem sie etwas καθ-' αυτό betrachtet (vgl. 103b36f,), die Intention auf ein Selbständiges, sei es, daß es schon als Selbständiges gegeben ist, sei es, daß es erst in der Frage verselbständigt wird. Für Platon ist das, was nach seinem τί έστι befragt wird, so wie es im Bereich der Uns eibig keit gegeben ist, zunächst nicht selbständig und kehrt, indem es befragt wird, in seine ihm ursprünglich zugehörige Selbständigkeit zurück. Die Antwort auf die Frage τί έστι ist: αύτλ δ εστί. Auch bei Aristoteles wird die jeweilige Präsenz in der Definitionsfrage aus ihren συμβεβηκότα herausgehoben und also in gewisser Weise, wenn auch nicht schlechthin, verselbständigt. Somit wäre τό τί έστι eine angemessene Bezeichnung gewesen, wenn dieser Ausdruck von Aristoteles nicht auch (wie sich noch zeigen wird) für dasjenige in Anspruch genommen worden wäre, was für ihn das schlechthin Selbständige ist. Außer dieser Zweideutigkeit der Frageformel τί έστι hat auch noch eine andere dazu beigetragen, sie durch

16 2 Tugendhat, Tl itnxi τινός 17

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einer. Kuristausdruck zu ersetzen: auch sie gründet darin, daß die ,,-ci έστι''-Frage ein Selbständiges intendiert: als sülehe erwartet sie nämlich eihe Antwort, die das Befragte ebenfalls als Selbständiges anspricht; als Selbständiges wird aber die Präsenz nicht nur durch den ορισμός, sondern auch im Nennen der Gattung für sich oder auch des bloßen Wortes in seiner substantivischen Form (als „Name") inten-diert1'. Dagegen kann auf die Frage τί ήν το αΰτω εΐναι („Was war das ihm eigentümliche Sein?") nur mit dem ορισμός an Stelle des bloßen Namens geantwortet werden (αντί ονόματος, 102al; vgl. auch 1029b!9f.), weil der Name bereits in der Frageformel enthalten ist, und es kann auch nur mit dem ganzen ορισμός geantwortet werden, indem keine dazugehörige spezifische Differenz fehlen darf (146b31 f.), weil das εἶναι mit dem Dativ das αυτό ganz umfaßt und ganz aus allem anderen herauslöst17. Diese Formulierung kann jetzt auch nicht mehr wie das τί έστι auf das eigentlich Selbständige bezogen werden: indem sie nach dem fragt, was dem Jeweiligen sein Sein war", beläßt sie das Befragte in seinem unselbständigen Vorliegen und hebt nur das Erfragte — das εΐναι — in eine gewisse Selbständigkeit:

>* Vgl. 102*34 f., 103b29f., 36f. Hingegen tst die spezifische Differenz für sich keine mögliche Antwort auf die „τί έατι"-Frage, weil durch sie nicht das Gegebene direkt angesprochen, sondern die Gattung qualifiziert wird.

11 Dieses Verhältnis kann durch den Geniiiv (der in seltenen Fällen auch vorkommt, ζ. Β. 1032b2) nicht so scharf zum Ausdruck kommen. Im Geniiiv liegt nur, daß das εἶναι irgendwie zu dem jeweiligen gehört, während der „possessive" Dativ durch das εἶναι gleichsam betroffen und d. h. ganz erfaßt wird,

ls Die vielumstrittene Frage nach der Bedeutung des Imperfektum ήν im Begriff des τί ήν εϊναι findet, wie schon angedeutet, darin ihre Lösung, daß das τ( ήν ε�ναι ursprünglich der Gegenbegriff zum αυμβεβηκός ist {vgl. ζ. Β. 210bl6-t8,263b7f.). Gegenüber einem faktischen Vorliegen von Präsenzen, das als Zusammengekommensein verstanden wird, kann die Selbigkeit der jeweiligen Präsenz nur als das begriffen werden, was sie vor diesem Zusammengekommensein schon war. Jenes Perfekt und dieses Imperfekt weisen wechselseitig aufeinander zurück; selbstverständlich ist keines von beiden naiv zeitlich zu verstehen. Daß diese Erklärung, die schon dadurch auf der Hand liegt, daß das τί ήν εΐνοα als das bestimmt wird, was etwas καθ' αυτί ist (1029L13f.) und das καθ' αυτά den Gegenbegriff zum κατά αυμβεβηκίς bildet (vgl, 5 8), bisher nirgends erwogen wurde, hat seinen Grund einerseits in der Verwirrung, die allgemein über das σομβεβηκός und seine verschie-denen Bedeutungen herrscht (vgl.ξ 8 und § 9), anderseits darin, daß man steh beim τί ήν ε�ναι seit Trendelenburgs maßgebendem Aufsatz (Rhein. Mus. 1828) immer nur an der ersten Kategorie orientiert hat; das bedeutet eine Verengung, die A. selbst in Met. Ζ durchführt, die aber ursprünglich nicht gegeben war und von der man nicht ausgehen darf. Erst Arpe hat, anknüpfend an Natorp (Platoris Ideenlehre, S. 2) gezeigt, daß die Form des Ausdrucks nur aus der Definitionssituation verstanden werden kann und sich, wie am besten aus der Topik zu ersehen ist, auf jede beliebige Kategorie bezieht. Aber seine von Natorp übernommene subjektivistische Erklärung de s ήν als „Imperfekt der gedanklichen Voraussetzung" (3. 17) trifft zu kurz, wieauch seiner weiteren Erklärung des Ausdruckes jedes Verständnis für die ontologische Bedeutung der „Definition" abgeht, vgl. unten Anm. 20.

τό elvat wurde das in der ,,τί έστι''-Frage Erfragte bereits bei Platcn genannt (ζ. Β. Phaid. 78dl), weil es nämlich als das schlechthin Seiende (ov) das war, von dem auch schlechthin gesagt werden konnte, daß es sei (εστί) VJ. Das ε�ναι und ebenso sein Äquivalent ουσία (Phaid. 78dl) ist eine Substantivierung dieses έστι. Dabei besteht für Platon kein Unterschied zwischen der ουσία (dem ε�ναι) des Ov und diesem selbst (vgl. Phaid. 78dl ff.). Daß auch von Aristoteles das aus dem Zusammen-gekommensein isolierte εΐδος ein εΐναι genannt wird, hat einen doppelten Sinn: einerseits ist es auch für ihn ein schlechthinniges Sein im Sinn der Präsenz; anderseits soll es als solches gerade kein Seiendes, kein 6v sein: man kann davon nicht mehr sagen ,es ist'; das ε�ναι wird nicht mehr als substantiviertes £<m verstanden. Diesem τό ε�ναι setzt nun aber auch Aristoteles den Terminus ουσία gleich (ζ. Β. 146b3f., 263b8f.), so daß ουσία zu einem Äquivalent des τί ήν ε�ναι wird (ζ. Β. 140a34, 143al8), und das ist nun insofern von besonderer Bedeutung als ουσία bei Aristoteles zum Terminus für das Selbständige fixiert worden ist und sonst ebenso wie das τί εστίν das schlechthin Selbständige meint*0.

Die Bestimmungen, in denen sich das τί ήν gezeigt hat — χωριστόν, τί έστι, ε�ναιουσία *— bestätigen einerseits den eigentümlichen Selbständigkeitsanspruch, der in der Präsenz auf Grund ihrer Selbigkeit liegt und rechtfertigen damit rückläufig von Arisroieles her die schlecht-hinnige Selbständigkeit, die ihr zukam, solange noch kein anderer Seinssinn entdeckt war; anderseits weist ihre Zweideutigkeit, auf Grund deren sie hier noch keine schlechthinnige Selbständigkeit bezeichnen sollen, auf einen neuen Begriff der Selbständigkeit vor, dem die Einfachheit der Präsenz nicht mehr genügt. Und wenn die Präsenz, insofern man nur auf ihren Selbigkeitscharakter reflektiert, zwar aus dem Bereich des Vorliegens hinausführt, als solche aber nicht mehr selbständig sein soll,

" Es ist dies nichts anderes als das έατι im αυτά έΊαχστον 6 εστί (78d3), worin ja nicht nur liegt: „das, was es selbst ist", sondern: „das selbst, was ist" (vgl. ζ. Β. Staat 507b7).

10 Unhaltbar ist die Konstruktion von Arpe (S. 17f.), dergemäß beim τί ήν elvaL immer zwei Dative mitzudenken wären, deren „zweiter" ein „durch Assimilation entstandener prädikativer Dativ" sei und das εΐνκι lediglich kopulative Bedeutung habe (also etwa: τί ήν τφ Σωκράτει τ!> άνθρώπψ ε�ναι — was bedeutet es für Sokrates, Mensch zu sein). Dagegen ist vor allem festzustellen, daß gerade in der Topik, auf die sich Arpe beruft, die substantivische Bedeutung des ε�ναι und seine Gleichsetzung mit ovaia eindeutig ist (vgl. ζ. Β. I35a1l, 141a3S, 146b3f.). Auch wäre das vor dem „zweiten' (eigentlich primären) Dativ stehende τό unbegreiflich. Schließlich widerspräche es überhaupt dem Wesen der Definition, die doch gerade das allgemeine ε�δος als solches heraushebt, wenn man immer dessen „Prädizierung . . . von einem faktischen Subjekt" (ζ. Β. Sokrates) mitdenken müßte. Für die wahre Bedeutung des gelegentlichen doppelten Dativs vgl, unten S. 80 Anm. — Vgl. gegen Arpe auch Owens S. 353f., der allerdings nur wieder auf die Auffassung von Trendelenbutg zurückgreift und das Imperfekt aus dem Verhältnis des βίδος zur υλη erklärt (S. 355f.). Inwiefern allerdings doch auch diese Erklärung innerhalb eines bestimmten Rahmens richtig ist, wird noch zu zeigen sein (S. 91 f. Anm.).

18 Ζ * 19

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dann weist sie damit auf das Vorliegen zurück, da sie als unselbständige ihren Stand jetzt in einem anderen haben muß. Aber weder diese Unselb-ständigkeit noch jene neue Selbständigkeit ist aus dem Wesen der Präsenz als solcher zu ersehen. Soll bei der Frage nach dem Anwesen des Vorliegenden dieses selbst nicht wieder übersprungen werden, soll das Anwesen des Vorliegenden als Vorliegenden in det Präsenz liegen können, dann kann auch dem Anwesen der Präsenz selbst ihr Präsenz-Charakter als solcher nicht mehr genügen, sondern muß sich seinerseits erst im Vorliegen erfüllen.

£ ί. Die Zmefältigkeit des Seins; die Kategorie als Fräsen^ des Vorliegenden

Das Vorliegende kann als Anwesendes und d. h. Präsentes nur gedacht werden, wenn es gelingt, die Präsenz nicht nur als solche (καθ1 auxr>), sondern als vorliegende zu denken, ohne daß sie ihr Wesen als Präsenz verliert. Mit dem „Vorliegen" einer Piiisenz meinen wir ihr faktisches Anwesen (ύπάρχειν) innerhalb dieses Bereiches. Was bedeutet für die Präsenz ihr Anwesen im Bereich des Vorliegenden? Die Präsenz als solche ist das schlechthin Bestimmte (όριστόν). Dagegen ist das Vorliegende als solches (wenn also von den vorliegenden Präsenzen abstrahiert wird) das schlechthin Präsenzlose (αμορφον) und Unbestimmte (αόριστοι). Aristoteles nennt es υλη (Iü29a20f., 19iai0, 20%9). Das eigentümliche Wesen des Unbestimmten ist aber, daß es kein Etwas für sich sein kann (332a35£., 1029a27f.), sondern immer nur das Unbestimmte des Bestimmten ist. Nur an diesem kann es als Unbestimmtes walten. Die υλη ist daher das von sich aus unbestimmt Vorliegende, aber je und je von Präsenzen Bestimmtwerdende (όριζόμενον) (1029al 8-21). Als Unbestimmtes wird es nun (a) immer zugleich von unbestimmt vielen und (b) auch immer wieder von anderen Präsenzen bestimmt. Das „Vorliegen" (υπάρχει) bedeutet also für die Präsenz, daß sie erstens nicht mehr nur in sich Bestimmtes, sondern Bestimmendes eines Unbestimmten ist und daß sie damit zweitens in schlechthinnige Mannigfaltigkeit und Wechsel verstrickt wird.

Halten wir uns zunächst nur an den ersten Aspekt, dann ist jedenfalls deutlich, daß das Vorliegen der Präsenz, wenn es überhaupt positiv gedacht werden kann, nicht nur ein faktisches Vorhandensein in diesem Bereich bedeutet, sondern eine Modifikation ihres Präsenz- und An-wesenheitscharakters. Denn das, wohin die Präsenz in ihrem Vorliegen gerät, ist als das präsenzlos Vorliegende selbst ein Anwesendes, und zwar von solcher Art, daß sein Anwesen in nichts anderem besteht als dem schlechthinnigen Geöffnetsein für Bestimmung. Weil das präsenzlos Vorliegende in solcher Weise auf den Anwesenheitscharakter der Präsenz eingespielt ist, kann auch die Präsenz nicht nur überhaupt

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in ein Verhältnis, sondern in einen Anweseriheitsbezug zu ihm treten. Das ύπαρχε ι ν der Präsenz bedeutet jetzt nicht nur die Faktizität ihres Anwesens in diesem Beteich, sondern in eins damit ist es ein ύπάρχειν τινί, ein An-wesen, Bei-Sein (παρεΐναι) bei etwas21. Das wechselnde Erscheinen und Verschwinden der Präsenz wird als Anwesenheit und Abwesenheit (άπουαία και παρουσία, 191a7) bei dem unbestimmt Vorliegenden verstanden.

Die zunächst unbestimmt auf das votliegende Seiende weisenden Titel υπάρχον und ύποκείμενον treten jetzt in bestimmter Bedeutung auseinander, υπάρχοντα heißen spezifisch die Präsenzen, sofern sie vorliegen, und dieses ihr ύπάρχειν bedeutet erstens die Faktizität ihres Anwesens innerhalb dieses Bereiches und zweitens und in eins damit ihr Anwesen bei dem unbestimmt Vorliegenden, Dieses selbst wird jetzt als ύποκείμενον in einem betonten Sinn verstanden, indem das ύπo zwar weiterhin „vor", „bei" bedeutet, zugleich aber auch im Sinn von „darunter" gemeint ist (vgl. 1042a33/b2f.). Es wird gewissermaßen als der Boden verstanden, det den Präsenzen eine Stätte für ihr jeweiliges Vorliegen bietet, det als ein Einer ihrer Mannigfaltigkeit zugrunde hegt und sich als Zugrunde-Bleibender (ύπομένον) innerhalb ihres Wechsels durchhält. Nur auf einem solchen Boden kann die Anwesenheit der Präsenz innerhalb dieses Bereiches einen Stand gewinnen und als υπάρχον mit dem ύποκεΐμενον, indem sie sich gegenseitig anwesen, ein Zusammenvorliegendes (συγκείμενον, 105 lb4) bilden.

Doch ist das Bei-Sein (ύπάρχειν, παρεΐναι) noch nicht der adäquateste Ausdruck des Verhältnisses der Präsenz zum ύποκείμενον, denn er legt das Mißverständnis nahe, daß es sich dabei um ein Beieinandersein von zwei Seienden handelt. Es wird darin noch nicht sichtbar, daß es vielmehr der Seinssinn und Anwesenheitscharakt er des einen und des anderen ist, det von diesem Zusammenkommen betroffen wird. Die Präsenz kommt nicht einfach mit dem Unbestimmten zusammen, sondern ihr eigenes Wesen, das schlechthinnige Bestimmtsein, bricht aus seiner Geschlossenheit in sich heraus und wird zu einem Bestimmend sein des Unbestimmten. Das Vorliegen (ύπάρχειν) der Präsenz im Sinn des faktischen Anwesens innerhalb dieses Bereiches hat als Vorliegen bei (ύπάρχειν τινί) einem unbestimmt Zugründe-Vor-liegenden (ύποκείμενον) den näheren Sinn, Präsenz DES Vorliegenden zu sein.

Indem das Bestimmtsein als Bestimmendsein jetzt auf ein anderes (Zu-Bestimmendes) bezogen ist, braucht es noch nicht die Einfachheit und Selbigkeit seines Wesens zu verlieren, es bleibt diese bestimmte unverwechselbare Präsenz, aber indem es die Präsenz des Vorliegenden ist, ist es nicht mehr selbständig. In ihrem jeweiligen Vorliegen in solcher

31 Vgl. S. 14 Anm. 13. ~ τιαρεΐνοά τινι gebraucht Α. häufig gleichbedeu-tend mit diesem ύπάρχειν, vgl. 44a4, 45al0, 126b22, b24, 1018a23/5. Bereits TeichmuHcr (Gesch. d. Pamsic S. 6f.) hat auf diesen Zusammenhang hin-gewiesen und ύπάρχειν mit ,,Anwesen" übersetzt.

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Weise aus sich heraustreten kann die Präsenz nur, wenn sie auch schon vor ihrem jeweiligen Vorliegen nicht in sich selbst ruht, trotz ihrer Einfachheit noch kein schlechthinniges £v, noch kein selbständiges tiv ist. Daß ihre Anwesenheit mit einet anderen Anwesenheit sich verbinden kann, setzt voraus, daß sie in sich noch offen, noch nicht erfüllt ist, daß sie somit, um überhaupt se in zu können, sich mit der anderen Anwesenheit verbinden muß. Das Sein (Anwesen) ist wesens mäßig zwiefältig geworden, und von jeder der beiden Seiten kann man nur sagen, sie sei, wenn sie mit der anderen verbunden ist. Das Anwesen der Präsenz ist ihr Vorliegen (ύπαρχειν) und das Anwesen des Vorliegenden (ΰποκείμενον) seine Präsenz. Der Sinn des ε�ναι, welches die jeweilige einfache Präsenz ist, liegt darin, ein εΐναι des υποκείμενου zu sein (vgl. 996b 14-18). Man kann vom ΰποκείμενον nur sagen „es ist", wenn man ein solches εΐναι von ihm sagt; rst dann „ist" auch erst man sagt dann „es ist das ε�δος χ". Edas ε�δος. Dies t nicht zwei es „ist", die sogenannte Copula, verbindeVorstellungen ck, daß das ε�ναι der oder Dinge, sondern es bringt zum AusdruPräsenz das ε�ναι des Vorliegenden ist und daß somit diese beiden, jedes nur im anderen, seiend sind.

Weil die Art und Weise, in der hier die Sprache selbst das Verhältnis ausspricht, die einzig angemessene, weil nicht verdinglichende ist, bezieht Aristoteles von hier seine für diesen Zusammenhang entscheidende Terminologie. Da das Anwesende zwiefältig ist, muß auch das Vernehmen zwiefältig sein: es vollzieht sich nicht mehr als einfaches Schauen (νοεΐν), sondern als Rede (λόγος), und zwar spezifisch als aufzeigende Rede (λόγος άποφαντικός. 17a8), in der etwas als etwas, das ΰποκείμενον hinsichtlich der oder der es bestimmenden oder nicht bestimmenden Präsenz angesprochen und kundgetan wird: Der Redende spricht dabei dem vor ihm Liegenden eine Präsenz zu (κατά) oder ab (άπό). Die von ihm vernommene und aufgezeigte Zwiefältigkeit („etwas ist etwas") ist ein τι κατά τινός (17a25f.).

Jetzt erst wird der .Zusammenhang zwischen dem ΰποκείμενον als Vorliegendem und als Zugrundeliegendem und das Wesen dieses Zu-grundeliegens deutlich: das ύπο entspricht dem κατά des λέγειν. Und die Präsenz, die auf das vorliegende ΰποκείμενον gleichsam herabgesagt wird, ist ein λεγόμενον, Gesagtes (z. B. 1045b30f.), genauer: ein Darauf-zu-und-hetab-Gesagtes, von ihm Prädiziertes und es dabei als das, was es ist, Kundtuendes: κατηγορούμενων (1017a25 usw.). κατηγορία (10ίί9α9 usw.). Die οντά (Präsenzen) selbst werden λεγόμενα genannt (1045b30), jedes έν τι των όντων (i089al2, b7, b20) eine κατηγορία, nicht weil das öv innerhalb des Urteils untersucht wird (Apelt), sondern umgekehrt: weil das, was seiend ist, sich zwiefältig, als „Präsenz von Vorliegendem" zeigt, ist sein Vernehmen ein λέγειν τι κατά τινός, und weil das Seiende einzig innerhalb des ihm entsprechenden Vernehmens zuganglich ist, wird die Struktur des τι κατά τινός maßgebend für die ontologische Bewältigung dieses Seins Zusammenhanges. Das einzigartige Verhältnis zwischen der Präsenz und dem Vor-

liegenden läßt sich nicht als „Beisein", „ZusammeAsein", „Insem", oder wie auch immer sonst, fassen, denn jede solche Erklärung kommt von außen und verdinglicht; weil es einzig vom „ist" der Aussage getroffen wird, ist das λέγεσ&αι bzw. κατηγορεΐσ&αί τι κατά τινός (83a22f., 49a6f.) als die eigentliche Wesensbestimmung des ΰπάρχειν τι τινί (49a6) und als die ontologisch höhere und präzisere Formulierung zu bezeichnen.

Das λέγεσθαι κατά (κατηγορεΐσθ-αι.) bedeutet nicht eine urteilsimmanente Beziehung und meint auch nicht primär (wie sich aus den Worten nahelegen könnte) die Beziehung des Seienden zum Aussagen, nicht das faktische Angesprochenwerden des Seienden, sondern es steht für eine bestimmte Seins struktur, da es lediglich die Bezeichnung für die Beziehung der Präsenz zum Vorliegenden ist, sofern diese Beziehung von jenem zwiefaltigen έστι getragen wird, das nicht „in" der Aussage „vorkommt", sondern zur Aussage nur gehört, weil es das Sein des von ihr gemeinten Seienden ist. Und so ist auch κατηγορία die vollkommen angemessene Bezeichnung des neuen Wesens der Präsenz; das Wort deckt sich nicht mit υπάρχον, denn es steht für die Präsenz selbst, ob sie faktisch vorliegt oder nicht. Die Kategorie ist ebensowenig subjektiv, aber auch ebensowenig objektiv wie die platonische Idee: daß die Präsenz nicht mehr Idee ist, sondern Kategorie, das bedeutet, daß ihr Wesen nicht mehr darin besteht, in sich geschlossen und somit selbständig zu sein: sie ist eine „Präsenz von": das τι als Kategorie enthält von vornherein den möglichen Bezug zum ΰποκείμενον: auch wenn es noch nicht je und je faktisch vorliegt und sich zu einem τι κατά τινός erfüllt, ist es bereits „τι κατά —".

§ 4. Die Entdeckung einer Kategorie des Selbständigen ('τόδε τι) uud die Unterscheidung der Kategorien in oberste Gattungen

Von den beiden Aspekten, in denen das Unbestimmte sich an der vor-liegenden Präsenz manifestiert (S. 20), wurde bisher nur der erste betrachtet: die Präsenz wird als Bestimmendes des Unbestimmten zur Kategorie. Bei dem anderen Aspekt wird sofort die Frage akut, die bisher zurückgestellt wurde, wie das Vorliegen der Präsenz überhaupt möglich ist, ohne daß sie ihr Wesen einbüßt. Denn in der schlecht-hinnigen Mannigfaltigkeit und dem schlechthinnigen Wechsel scheinen die Präsenzen halt- und standlos zu werden und sich im Unbestimmten zu verlieren, es müßte sich denn innerhalb des Vorliegenden ein Eines und Bleibendes fassen lassen, dessen Einheit nicht bloß von der Art der Sich-selbst-Gleichheit der Präsenz wäre, sondern ein Eines des Mannigfaltigen und ein Bleibendes des Wechselnden, das den mannigfaltigen und wechselnden Präsenzen Stand und Orientierung gewährte.

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Aber hat sich nicht|schon das unbestimmt Vorliegende selbst als die ses Eine und Bleibende gezeigt? Das υποκείμενων ist als das Wovon des Gesagtwerdens (καθ-' οΰ λέγεται, 1028b3o) dai Eine, das den mannig faltigen Präsenzen zugrunde liegt, und als solches zugleich das Zugrunde- Bleibende (ϋπομένον, 1029al2; Phys. A.7), das sich in ihrem Wechsel durchhält; f.

Doch dieses „Eine" ist zunächst bloß das schlechthin Unbestimmte (άόριοτον, υλη) und also das aller Einheit schlechthin barie. Während die Einheit der Präsenz als solcher die schlechthinnige Einfachheit ist, die alle Mannigfaltigkeit ausschließt, kann dagegen das unbestimmt Vorliegende das Mannigfaltige wohl zusammenschließen, aber nicht in Eines. Statt daß die Präsenz in solchem Zusammenschluß einen Stand gewinnen könnte, wird sie vielmehr gerade darin in eine schlechthin unbestimmte Mannigfaltigkeit entlassen. Indem sie als τί κατά „τινός" von solchem gesagt wird, was αόριστον ist, wird sie gar nicht von einer» τι gesagt (1029a24), sondern von nichts bzw. von allem, was das Unbestimmte auch noch ist. Das τί κατά τινός ist als Iv καθ' ενός zu verstehen (ζ. Β. 93b36), und nur dann, wenn die als Kategorie aus ihrer Geschlossenheit heraustretende Präsenz nicht sogleich in das Zusammensein mit einer unbestimmten Mannigralt hinausgleitet, sondern zunächst in Einem gleichsam festen Fuß fassen kann, wird ihr Vorliegen, d. h. ihr Bezug zum ΰποκείμενον (das τΐ κατά τίνος) und damit das Anwesen des Vorliegenden ontologisch positiv, d. h. als eine neue Weise von Üv und εν, gedacht werden können.

Das ΰποκείμενον kann ein £v nur dann sein, wenn es nicht 5λϊ), sondern selbst bereits Präsenz ist. Das Vorliegende kann als Anwesendes also nur gedacht werden, wenn ein neues ev entdeckt wird, das nicht nur, wie die Präsenz überhaupt, ein Einfaches ist, sondern als einfache Präsenz zugleich ein Mannigfaltiges und Wechselndes, von dem es bestimmt wird, zusammenschließen kann. Mit andern Worten: die Um-deutung der Präsenz von der Idee zur Kategorie erzwingt zugleich eine Unterscheidung verschiedener Arten von Präsenzen, die Herausstellung einer a deren usgezeichneten Kategorie, die vom ΰποκείμενον nicht als von einem anw ne eitere Bestimmungen aussagt, sondern es an ihm selbst bestimmt (83a24ff.). Eisolche "Präsenz muß sich zugleich dadurch von den anderen unterscheiden! daß sie gerade als vorliegende nicht mehr von etwas anderem gesagt wird und somit selbständig ist. Dem Selbständigen entspricht die Frage τί �στι (S. 17). So muß also eine Präsenz gefunden werden, die mit einem τί έστι angesprochen werden kann, nicht erst wenn sie von ihrem Vorliegen isoliert und verselbständigt wird, sondern von vornherein als vorliegende: gesucht wird eine Kategorie des τί eem. So wie dem „Wie groß?" (πόσον) ein „So groß" (τοατόν8ε),^εηι „Wie geartet?" (ποίον) ein „So geartet" (τοιόνδε) als Antwort entspricht, so dem „Was ist es?" (τί έστι) ein „Das" (toSe). Mit dem Demor|strativum „Das" wird ebenso wie mit dem „Was ist es?" jeweils ein Selbständiges intendiert: ein Etwas. Die Kategorie des

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τί εστί wäre die Kategorie eines jeweiligen „Das", die Kategorie des τό8ε τι-2. Nach einer solchen selbständigen Präsenz braucht nicht erst gesucht zu werden.

Sobald die Frage nach ihr ausdrücklich gestellt ist, ist sie auch schon entdeckt. Es zeigt sich, daß tatsächlich alle anderen Präsenzen, die in ihrem Vorliegen nicht als selbständig angesprochen werden können, weil sie von etwas gesagt werden, nicht v sagt werden, die ihrerseits on einem Unbestimmten, sondern von einer Präsenz gev ren Präsenz gesagt wird und daher als vorliegende mit der „τί ecm"-on keiner andeFrage angesprochen werden kann. Von einem Vorliegenden läßt sich ζ. Β. sagen: es ist weiß, groß, auf der Erde, jung, später alt — und noch unbegrenzt vieles andere; aber was ist es? Zum Beispiel ein Mensch. Und diese ausgezeichnete Präsenz, die „erste" Kategorie, ist nicht nur selbständig, sondern zugleich die einige versammelnde Stätte der Mannigfaltigkeit und Bewegung der anderen Präsenzen, nicht ah bloße Unterlage, sondern die Präsenzen sind als Kategorien ihre weiteren Seinsbestimmungen, sind die Präsenzen des Vorliegenden, so daß es selbst es ist, was sich mannigfaltig präsentiert und bewegt, dabei aber hinsichtlich seiner eigenen Präsenz einfach und beharrlich bleibt (es ist der. Mensch selbst, der weiß und groß und jung ist und alt wird, dabei aber als solcher immer nur Mensch bleibt; vgl. Phys. A7).

Damit ist ein Eines und Bleibendes (Anwesendes) entdeckt, auf dessen Boden so etwas wie Bewegung und Mannigfalt überhaupt erst als solche in den Blick treten können, statt nur negativ verstanden zu werden als Nicht-Bleibendes und Nicht-Eines. Solange das Eine und Bleibende nur die Präsenz als solche war, führte es sogleich aus dem Vorhegenden hinaus. Ebenso müßte jede der vielen Präsenzen und jedes Bewegungsstadium in sich isoliert bleiben, wenn das eine und bleibende Z schlechthin Unbestimmte wäre". Von Mannigfaltigem (und ugrundeliegende nur dasnicht bloß Vielem), von Bewegtem (und nicht bloß Wechselndem) läßt sich erst sprechen, wenn ein in sich bestimmtes Eines

" D dem er Ausdruck τόδε τ: meint nicht „dieses Was", sondern „ein Das", wie ausebenso häuf 141) igen Gebrauch des bloßen τώδε (vgl. die Obersicht bei Apelt, S. 139-zu ersehen TL ist und aus dem analogen Gebrauch von τοιόνδε τι (178b38), ποιόν(3bl5f.). — Auf die bisherigen Erklärungen (vgl j. A. Smith, ΊΌΔΕ TI in Α.; Ross Metaph. 1 S. 247f.; Preiswerk S. 84ff.; Owens S. 39Bf.) braucht hier nicht eingegangen zu werden, weil sie, statt von der Selbständigkeit, immer nur von der „Einzelheit" ausgehen, was zu einer einseitigen Erklärung des τό8ε τι lediglich im Hinblick auf seine Rolle innerhalb der ersten Kategorie geführt hat, ohne daß sein Verhältnis zu den übrigen Kategorien berücksichtigt wurde. — Ganz fernzuhalten ist die vulgäre Vorstellung, als sei mit dem τόδε τι speziell das unmittelbare sinnliche Dieses gemeint. Vielmehr ist es als „Das" der allgemeine Terminus für das Selbständige als solches und kann ebenso ein übersinnliches, wie ein sinnliches Selbständiges bezeichnen (vgl. unten S. 31).

" Hier liegt der wesentliche Unterschied zwischen dem aristotelischen ΰποκείμενον und dem πανδεχές des platonischen Timaios (48eff.).

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und Bleibendes und d. h. jet2t zugleich ein Etwas (τόδε τι) gefußt werden kann, was mannigfaltig und bewegt ist.

Das unbestimmte ΰποκείμενον (die υλη) ist aber damit nicht ver-schwunden. Indem das τι έατι das ύποκείμενον an ihm selbst bestimmt, kehct innerhalb dessen, wovon die übrigen Kategorien gesagt werden, die Differenz zwischen Bestimmendem und Bestimmtem wieder. Das ev, wovon die übrigen Präse he" (nzen gesagt werden, ist nicht eine „Präsenz als solc TL), sondern wiederum ein Vi κατά τινός (1029a23f.). Weil aber das, wovon die zugrundeliegende Präsenz ihrerseits gesagt wird, υλη, und d. h. kein Etwas, ist, verliert sie, indem sie ein mit dieser Zusammengesetztes (σύνολον, 1029a5) ist, nicht ihre Selbständigkeit. Doch scheint jetzt der feste Boden, der mit dem τόδε τι erreicht werden sollte, überhaupt wieder verlorenzugehen: wir stehen wieder vor einem τι κατά τινός, bei dem das „τινός" eigentlich kein τι., weil kein £v ist. Aber die Schwierigkeit hat sich wesentlich verschoben: Die Präsenz kommt zwar als σύνολον mit einer unbestimmten Mannigfalt anderer Präsenzen zusammen, aber diese werden jetzt von ihr selbst als deren ύποκείμενον gesagt und haben in ihr einen einheitlichen Ort. Die unbestimmte Mannigfalt, von der sie ihrerseits gesagt wird, ist nicht mehr eine Mannigfalt von Präsenzen, sondern von Teilen. Jedes Selbständige innerhalb des Vorliegenden ist als kontinuierlicher Körper (σώμα συνεχές) schlechthin teilbar (διαιρετόν εις äel διαιρετά, 268a6L); -aus den Teilen entsteht es, und in sie vergeht es. So bewahrt das Vorliegende seinen Unbestimmtheitscharakter, indem auch das, was der Mannigfalt und Bewegung des übrigen als Eines und Bleibendes zugrunde hegt, selbst mannigfaltig und vergänglich ist. Es wird daher als Anwesendes nur gedacht werden können, wenn das τόδε τι in dieser Mannigfalt nicht auseinandergerissen wird und untergeht, d. h. wenn der εν-Charakter dieser Präsenz über die bloße Einfachheit hinaus als Vereinigung der ihr zugrunde liegenden Teile begriffen werden kann, ebenso wie als Vereinigung der Präsenzen, denen sie selbst zugrunde liegt.

Die Unbestimmtheit, d. h. der hyletische Charakter des τόδε τι zeigt sich aber nicht nur in seiner eigenen Vergänglichkeit und Teilbarkeit, sondern auch in der Bestimmbarkeit durch weitere Präsenzen. Diese Bestimmbarkeit betrifft nicht das immanente Wesen der zugrundeliegenden Präsenz selbst, auch nicht die schlechthin unbestimmte üXrj für sich, sondern sie bedeutet, daß das selbständig Vorliegende außer seiner eigenen Präsenz noch weitere Seinsweisen hat, die ihm erst in den übrigen Kategorien zugesagt werden. Den weiteren Seinsweisen entsprechen weitere Fragen, in denen nicht mehr gefragt wird: „Was ist es?", sondern: „Wie beschaffen, wie groß, wo, wann usw. ist es?" Diese Fragen betreffen weder das τόδε τι als solches noch die anderen Präsenzen als solche — denn dies vermag in beiden Fällen nur die ,,τί έστι"-Frage —, sondern befragt wird immer das τόδε τι („es"), aber g hin: diese werden erfragt, nicht als Präsen- erade auf die anderen Präsenzen

z 7)· en, sondern als Präsenzen des Vorliegenden (vgl. 1028al5-18; unten 5Dadurch daß das ύποκείμενον nicht ein Unbestimmtes, sondern ein Etwas ist, stehen die Präsenzen in ganz bestimmten Bahnen, die den möglichen Seinsweisen des Etwas entsprechen. Darin liegt aber: die Auffassung der Präsenz als Kategorie führt, sobald das ύποκείμενον als τόδε τι begriffen wird, dazu, daß bereits der innere Gehalt der Präsenz (ihr τί ήν ε�ναι) an bestimmte Möglichkeiten gebunden ist, die vom Vorliegenden vor gezeichnet sind: die Präsenz kommt in einen Bezug zum ύποκείμενον nicht erst, wenn sie jeweils faktisch vorhegt, sondern dieser gehört bereits zu ihrem inneren Wesen.

So ergibt sich aber aus der Herausstellung einer ausgezeichneten und „ersten" Kategorie zugleich die Notwendigkeit einer Unterscheidung auch innerhalb der übrigen Kategorien, und zwar einer Unterscheidung besonderer Art. Die Unterscheidung von anderen Präsenzen gehört zur Präsenz als einem άριστον von vornherein (S. 16). Das Selbe aber, woraufhin jede Unterscheidung geschehen muß (1054b25f.), ist beim ορισμός der Präsenz zunächst jenes, was beide unterschiedenen Präsenzen selbst sind: die Gattung (1054b30f.). Diese ist das, woraufhin als ein Eines (καθ-' έν, 1030b3) die beiden Präsenzen selbst angesprochen werden können. Wird dann weiterhin nach der Gattung der Gattung geEragt usw., dann müßte die oberste Gattung sämtlicher Präsenzen das sein, was sie letztlich als Präsenzen sind, nämlich ßv und εν. Statt dessen lehrt Aristoteles, daß öv und εν (die nicht identisch sind, aber immer zusammengehen, 1003b23f.) keine Gattung sind (1053b23f.)" und es vielmehr eine begrenzte Anzahl höchster Gattungen gibt, von denen jede nichts anderes als eine Weise von Sv und εν ist (1045a36ff.) und die in kein weiteres εν „aufgelöst" werden können (1024bl5f,). 6v und e'v haben daher keine einfache, sondern von vornherein ein rste Gattungen von Präsenzen gibt e so vielfältige Bedeutung, wie es obe(1003a33, 1017a23f., 1054al3f.). Das Öv ist dabei aber nicht bloß ein gemeinsames Wort für sachlich Disparates (Homonymie, 1003a34), sondern die höchsten Gattungen stehen, obwohl sie nicht auf ein Eines hin, das sie gleichermaßen selbst sind, angesprochen werden können (καθ1 εν), doch in einem Bezug auf ein Eines (προς ev, 1030b3,1003a33).

11 Es ist üblich geworden, für die Lehre, daß das 6v keine Gattung sei, auf B3,998b22ff, tu verweisen (vgl. z. B. Heidegger S. u. Z., S. 3; Ross zu 1053b23), offenbar aus keinem anderen Grund, als weil das die ausführlichste Stelle ist, an der diese Auffassung dargelegt wird. Aristoteles begründet sie hier nur mit dem formalen Argument, daß (nach Top. 122b20f,, 144a31ff.) eine Gattung nicht von einer spezifischen Differenz prädiziert werden könne, jede Differenz aber ein Öv und h) sei. Den eigentlichen Grund, warum das öv keine Gattung is enbucfi Β mit t, verschweigt A. hier gerade, so wie er auch sonst im Aporiseiner eigentlichen Lehre zurückhält. Schließlich kann sogar bezweifelt wer-den, daß dieses formale Argument auf dem Boden der nachher in der „Meta-physik" durchgeführten Klärung des Seinscharakte ts der spezifischen Diffe-renz (vgl. § 15) überhaupt noch irgendeine Gültigkeit hat.

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Dieses Eine ist das τόδε τι (vgl. iOQ3boff., bt6-18) und jene höchsten Gattungen sind seine verschiedenen Seins weisen: voran sein eigenes „Was es oß" bzw. ifet", ferner das „Wie beschaffen" (ποιόν), das „Wie gr„Wieviel·'(ποσόν) usw. (1003b6ff„ 1017a25f.)- Sie lassen sich nicht in ein Ein« „auflösen", weil das Selbe, in bezug worauf sie unterschieden sind, geride nicht das ist, was sie selbst sind (ihre Gattung), sondern das, wovon sie gesagt werden. Das heißt aber, daß der Bezug auf das ύποκείμενον bereits ursprünglich zum Gehalt det Präsenz gehört, und wenn die obersten Gattungen „Gattungen det Kategorien" heißen (2. B. I03b20) und meist einfach „die Kategorien" genannt werden, so sind sie dies im vollen Sinn des Wortes. Daß die aristotelische κατηγορία tatsachlich als κατηγοροΰμενον („Prädikat") zu verstehen ist, wird also dadurch bestätigt, daß es gerade ihr „Prädikatscharakter" ist, aus dem sich sowohl die Hinsicht der Unterscheidung in die verschiedenen Gattungen ergibt als auch der Grund, warum sie nicht in einer höchsten Gattung zusammenkommen. Die Gattungen der Kategorien (γένη των κατηγοριών) sind daher zugleich die Formender „Aussage" (σχή-μ*τα της κατηγορίας, 10i7a23, 1024b23). Weil der Bezug zum Vorliegenden die Hinsicht der Unterscheidung abgibt, sind die verschiedenen Arten der δντα als Präsenzen zugleich die verschiedenen Weisen des lern der „Copula" (49a6f.).

Wenn dagegen, wie bei Bonitz, der Prädikatscharaktet der Kategorie geleugnet und die Bedeutung der Kategorieneinteilung darin gesehen wird, einen „Überblick über den Inhalt des erfahrungsmäßig Gegebenen sicher zu vermitteln" (Sitzb. [1853] S. 606), so bleibt, von anderem abgesehen, ungeklärt, warum das „Gegebene" gerade in diese und keine anderen Gattungen eingeteilt wird. Ebenso verkehrt ist aber die Annahme, die aristotelische Kategorienlehre sei aus einer Untersuchung des Urteils entstanden (Trendelenburg, Apelt, Kapp). Solange man sich in der Alternative bewegt, die Gattungen der Kategorien stellen entweder eine Einteilung des Seienden oder der Urteilsprädikate dar, haben entweder einen „ontologisehen" oder einen „logischen" oder einen ontologischen und daneben einen logischen Ursprung (K. v. Fritz), aber auch wenn man sich bei der bloßen Feststellung beruhigt, daß für Aristoteles kein solches Entweder-Oder besteht (ζ. Β. de Rijk), muß der eigentliche Ursprung der Kategorienlehre unsichtbar bleiben, demzufolge sich hier der Grundcharakter des Seins selbst von der „selbständigen Präsenz" (τι) zur „Präsenz des Vorliegenden" (τΐ κατά τίνος) wandelt und erst dadurch das „Logische", nicht in einem Gegensatz zum „Ontologischen", sondern zum „Noetischen", in den Vordergrund tritt.

§ 5. Der neue Begriff der ο�σία und die Stellung der Zmejältigkeit inner-halb der ausdrücklichen Frage nach dem Sein; Gliederung der Untersuchung

Mit dem τόδε τι ist innerhalb des Vorliegenden ein je und je Eines entdeckt. Erst auf diesem Boden kann die Frage nach dem Verhältnis zwischen der Einen (allgemeinen) Präsenz und dem mannigfaltigen Einzelnen (S. 13) mit Sinn gestellt werden. Wie wenig selbstverständlich dieser Boden ist, zeigt sich an dem (von Platon her gesehen) unerwarteten Ergebnis, daß es Eines (Einzelnes) nur innerhalb einer Gattung von Präsenzen gibtBS. Und vor die Frage, wie der Bezug der Einen allgemeinen Präsenz zu der Mannigfalt ihrer Vereinzelungen zu denken ist, schiebt sich jetzt die Frage nach dem Verhältnis des Einen und Mannigfaltigen innerhalb des Einzelnen selbst; erst mit den ontologischen Begriffen, die sich hier herausbilden, wird dann auch sie bewältigt werden können". Das Vorliegende wird sich als Anwesendes denken lassen, weil ein Eines entdeckt wird, das ein Eines von Mannigfaltigem ist, und dies in zweierlei Richtung, die sich jedesmal als eine Zwiefältigkeit des Seins zeigt, solcherart, daß Sein (Anwesen) den näheren Sinn bekommt, Präsenz eines Vorliegenden zu sein: τΐ κατά τίνος υποκειμένου, Das Mannigfaltige versammelt sich also um das Eine in den Bahnen zweier Zwiefältigkeiten, die, obwohl ihre Struktur äußerlich dieselbe ist, von ganz verschiedener Art sind und vor ganz verschiedene Probleme stellen werden.

Sie unterscheiden sich zunächst dadurch, daß bei der einen das Be-stimmende eine unselbständige und das Bestimmte eine selbständige Präsenz ist, während bei der anderen das Bestimmende die selbständige Präsenz und das Bestimmte überhaupt keine Präsenz ist. In beiden Fällen ist das Schwergewicht des Verhältnisses — nämlich das gründende Eine —, das hier auf der einen, dort auf der anderen Seite liegt, dasselbe: die selbständige Ptäsenz. Bevor das Verhältnis dieses Einen zu der einen und der anderen Mannigfalt erörtert werden kann, muß der εν- und d. h. ίίν-Charakter des Selbständigen als solchen geklärt werden . Die Entdeckung eines Selbständigen innerhalb des Vorliegenden führt nämlich nicht nur zu einem Zusammenhang von Einem und Mannigfaltigem, sondern zuvor zu einem neuen Begriff des schlechthin Einen, und dieser wird in ganz bestimmter Weise maßgebend werden für die ausdrückliche Durchführung der Frage nach dem Sein (dem Seienden als Seienden), in der das Problem der Zwiefältigkeit seinen Ort haben muß, wenn in ihr ein neuer Sinn des Seins enthalten sein soll.

Das schlechthinnige ev ist sowohl für Platon als auch für Aristoteles das schlechthin Seiende, weil es eine geschlossene, autarke Begegnung für das Vernehmen ermöglicht (vgl. 1052a30f., unten S. 106) und

" Für das Verhältnis zwischen Allgemeinem und Einzelnem innerhalb der iibtigen Kategorien vgl. unten S. 45. *' Vgl. die §5 Hund 15.

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daher ein schlechthin Anwesendes ist: es heißt dann eine „Seiendheit", ουσία, Wdhn sich daher der Sinn des schlechthinnigen εν und somit der ουσία wandelt, so ist das nicht ein Bruch, sondern bleibt innerhalb des gleichen fundamentalen Seinssinnes; ja die grundsätzliche Wandlung des platonischen zum aristotelischen Seinsbegrifferweist sich, wenn man nur die üblichen äußerlichen Vorstellungen von „transzendent" und „immanent1', „Idee" und „Begriff" usw. beiseiteläßt undiurenontologischen Charakter betrachtet, als so „geringfügig", daß sie lediglich in einer IJmkehrung des Rang Verhältnisses zwischen Einfachheit und Selbs t ä n d i g k e i t innerhalb des Begriffs des schlechthin Einen besteht:

Für Platon ist das schlechthin Eine (Seiende) die selbständige einfache Präsenz, wobei sich die Selbständigkeit als αυτί» καθ-'αυτό noch in der selbstverständlichen G e f o l g s c h a f t der Selbigkeit des Einfachen befindet. Dabei besteht noch kein Grund und auch keine Möglichkeit, überhaupt einen gegenüber der Einfachheit eigenen Begriff der Selbständigkeit zu denken. Dazu kommt es erst, wenn es Einfaches gibt, das nicht mehr als selbständiges verstanden werden kann, und wenn es zugleich gelingt, auch diese Unselbständigkeit positiv ontologisch zu fassen; Selbständigkeit bedeutet für Aristoteles zunächst formal, daß etwas (und d. h. immer: eine Präsenz) nicht nur in sich einfach, sondern zugleich ohne anderes (άνευ άλλων, 1019a3), d.h. losgelöst (χωριστόν) und d.h. bloß in Bezug auf sich selbst (καθ' αυτό) sein kann. So wesentlich gehört nun, nicht nur für Platon, bereits zur Einfachheit und Selbigkeit als solcher ein Selbständigkeitscharakter, daß Aristoteles diese Begriffe und auch den Begriff der ουσία zunächst ebenfalls auf jede einfache allgemeine Präsenz als solche anwendet, so wie sie im ορισμός für sich betrachtet und als τί ήν εΐναι entfaltet wird (§2). Aber das τι, das im ορισμός isoliert wird, ist wesensmäßig ein „τί κατά"; es weist, obwohl es unverwechselbar ist, was es ist, über sich hinaus auf ein ΰποκείμενον. Und weil es als das Selbe, was es ist, mehrmals vorliegen kann und also ein „Allgemeines" (καθόλου) ist, ist es wohl Eines hinsichtlich seines einfachen Präsenzcharakters (εϊδει εν), aber nicht ein schlechthin Eines im Sinn eines nur einmal Zählbaren (αριθμώ έν). Indem dieses „Eine" also in doppelter Weise ein Nicht- ^ Eines ist, da es erstens auf ein anderes angewiesen und daher zweitens ^ noch kein Eines der Zahl nach ist, läßt es zwar eine in sich umgrenzte { und bestimmte, aber keine ganz geschlossene Begegnung zu und ist somit keine eigentliche ουσία. Es ist also nur hinsichtlich seines Prä-senzcharäkters, und d. h. hinsichtlich des ορισμός (λόγος), ein Selbständiges (λόγω χωριστών), kein schlechthin Selbständiges (απλώς χωριστόν), kein selbständig Seiendes. Die Präsenz als solche (das reine αληθές) entscheidet nicht mehr darüber, ob etwas seiend ist oder nicht, geschweige denn ob es selbständig ist. Seiend kann etwas, was als τί κατά auf ein anderes angewiesen ist, erst sein, wenn es von diesem als einem Zugrundeliegenden (καθ' υποκειμένου) gesagt wird.

Mit dem καθ' υποκειμένου λέγεσθαι ist eine positive ontologische Bestimmung für die Unselbständigkeit eines Einfachen gewonnen und damit zugleich ein Kriterium für die wahre Selbständigkeit einer Präsenz, wodurch sich das απλώς χωριστόν vom λόγω χωριστόν, mit dem es platonisch gesehen noch zusammenfallen mußte, unterscheidet und wodurch etwas als „ein Das" (τόδε τι) ansprechbar wird: das μή καθ-' υποκειμένου λέγεσθαι ist die aristotelische „Definition" der ουσία (1038b 15, 1029a8). In ihr wird a r t i k u l i e r t , was in den Begriffen ουσία, τόδε τι und απλώς χωριστόν, die alle dasselbe meinen-', genannt ist.

Der neue Begriff der Selbständigkeit führt nicht zu einer Verdrängung der einfachen Präsenz aus dem Sinn des Seins, sondern zu ihrer Differenzierung. Erstens wird die Selbständigkeit zur Auszeichnung einer bestimmten Gattung von Präsenzen; die Präsenzen innerhalb der anderen Gattungen sind nur als καθ-' υποκειμένου λεγόμενα (185a31f., 190a36f.) und als solche jede ein εν und öv (1030bl0f.), aber kein schlechthinniges εν und also keine ουσία. So wird der Begriff der ουσία neben τί εστί zum Titel für die 1. Kategorie2". Aber zweitens wird auch innerhalb dieser ausgezeichneten Kategorie die Präsenz als solche, sofern sie die Eine Allgemeine ist, zwar nicht von einer anderen Präsenz (κατ' άλλου υποκειμένου, 83a25I.) wie die übrigen Katego-rien, aber immer noch καθ·' υποκειμένου gesagt (1038M6); sie „bedeutet" daher zwar noch eine ουσία (οϋσίαν σημαίνει, 83a24f.), aber ist keine (1038MSf.); selbständig ist sie nur als εν αριθμώ (108öb26) und dieses ist gegenüber dem Allgemeinen das Einzelne (καθ' εκαστον, 999b33f.).

Selbständig ist also nur eine bestimmte Präsenz und auch diese nur als je und je vorliegende. Das heißt aber nicht, daß das „Vorliegen" an sich zum Begriff der Selbständigkeit gehört und die Präsenz als solche ihm nicht genügen könnte. Das ist vielmehr nur dann der Fall, wenn es sich um eine Präsenz handelt, die im Bereich des Vorliegenden an-wesen kann; denn dann ist sie notwendigerweise „Präsenz von —" und nur dann nicht schon als solche selbständig. Für Aristoteles gibt es aber auch (warum, ist hier nicht zu zeigen) eine ausgezeichnete Präsenz (τί ή ν ε�ναι, 1074a35), die nicht im Bereich des Vorliegenden an-wesen kann und daher keine „Präsenz von —" und somit bereits in sich ein τόδε τι ist: die göttliche ουσία. Hier zeigt sich die universal-ontologische Bedeutung des neuen Begriffs: die göttliche ουσία ist kein ύποκείμενον, denn sie ist kein Vor- und anderen Präsenzen Zugrundeliegendes, aber sie ist ein τόδε τι (μή καθ* υποκειμένου λεγόμενον); sie ist nicht das Einzelne eines Allgemeinen (καθ' εκαστον), aber sie ist ein Eines der Zahl nach (£v αριθμώ, 1074a36f.). — Und weil Platon

» Vgl z.B. 135a3tf., 1001b32, 1039a30-32, 1060hlf.; für das in diesem Sinn seltenere κα&> αυτό vgl. 73b5ff., 1028a23, 1060b2. *a Vgl. die Aufstellung bei Apelt S. 139.

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auch diejenigen Präsenzen, die im Bereich des Vorliegenden anlesen können, als selbständig denken mußte, da zwischen Einfachheit und Selbständigkeit überhaupt noch nicht unterschieden wurde und diese daher in jener noch enthalten war, kann Aristoteles das von Platon u«ausdrücklich mitgedachte Moment der Selbständigkeit ausdrücklich hervorheben, indem er auch auf die platonische Idee seine Begriffe ουσία, τόδβ τι, Üv αριθμώ und άπλοι; χωρίστόν anwendet*».

Wenn aber für Aristoteles die Einfachheit über die Selbständigkeit nicht mehr entscheidet, so gehört sie doch immer noch wesentlich zur ουσία als dem schlechthin Einen. Selbständig kann immer nur Eine Präsenz sein, und diese ist wesensmäßig einfach. Und dennoch: die selbständig vorliegende Präsenz ist zwar nicht Präsenz einer anderen Präsenz, aber „Präsenz eines Unbestimmten"; sie ist nicht die einfache beständige Präsenz als solche, sondern als σύνολον teilbar und vergänglich (S. 26). Daß trotzdem auch sie, ja in uneigentlicher Weise sogar die υλη ουσία genannt wird (ζ. B. I()35a2), zeigt, daß sich das Rang Verhältnis zwischen der Einfachheit und der Selbständigkeit innerhalb des schlechthin Einen umgekehrt hat.

Weil nun aber die Einfachheit trotzdem wesentlich zur ουσία gehört, führt sie zu einer Differenzierung zwischen eigentlichem und uneigentlichem Selbständigen (ουσία), ebenso wie die Selbständigkeit eine Dif^ ferenzierung zwischen eigentlicher und uneigentlicher Präsenz (Öv) ergeben hatte (S. 31 f.). Der Begriff der Selbständigkeit ist also nicht nur nicht an das Vorliegende gebunden, er e r f ü l l t sich überhaupt nur in jener ουσία, die als göttliche (1026a20) nicht nur selbständig (1026*16), sondern zugleich einfach (1072a31 f.) und beständig (102oalo)unddaher die eigentlichste (πρώτον, 1074a36) ist. Weil die göttliche ουσία und die vergängliche (φύσις) ebensowenig auf eine höhere Gattung reduzierbar sind wie die obersten Gattungen der Οντά (Kategorien), ist nicht nur das ov, sondern auch die ουσία keine Gattung (1053b24), vielmehr von vornherein in diese beiden Gattungen unterschieden (1004a2ff., 1026a24f., 1005a34). Die Einfachheit ist nun aber weiterhin nicht nur das Kriterium-der Unterscheidung zwischen göttlicher und vorliegender ουσία, sondern führt zugleich innerhalb dieser letzteren zu einer Differenzierung ihrer eigentlichen und uneigentlichen Momente: eigentlichen ουσία' Charakter kann innerhalb der vorliegenden ουσία gegenüber der ολη

——■— i ΐβ Vgl. z.B. 1039a25-32, Das χωριστοί* ist dann spezifisch ein κεχωριαμένον (ζ, Β.

1039a31f.), weil es nicht nur in sich selbständig, sondern von dem, was (da es an ihm teilhat) unselbständig ist (1019a3£.), getrennt ist und ihm g e g e n ü b e r l i e g t (1086b4), während das aristotelische Selbständige als υποκείμενο ν (1019a5) dem Unselbständigen zugrundeliegt.

Auch die platonische Idee ist für Aristoteles (ebenso wie seine eigene gött liche oyala.) ein -roSe ti (103va32), aber kein ύποκείμενον (1031bl5f.), doch wird sie im Unterschied zur göttlichen ουσία nicht nur Sv άριθμφ, sondern auch κα*' ϊχαστον genannt (1040a8f., 1080a34), weit sie von Aristoteles als ein, wenn auch ausgezeichneter, Einzelfall einer Präsenz betrachtet wird (vgl, 1040a8ff., unten S. 76 Anm.). ί

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und dem σύνολον nur die einfache Präsenz als solche (das τι �ν ε�ναι) haben. Hier ergibt sich jedoch eine Schwierigkeit: die einfache Präsenz ist das Allgemeine, hat also keine Selbständigkeit und ist folglich überhaupt nicht ουσία. So scheint hier eine Differenzierung nicht möglich zu sein, da die beiden Wesensseiten des schlechthin Einen auseinandergerissen werden. Die Einfachheit (das schlechthinnige αληθές, und d. h. das έπιστητόν, 999a27f., 1003al4) gehört auch für Aristoteles so wesentlich zur ουσία, daß in der aporetischen Darstellung im Buch Β der „Metaphysik" b e i d e n Seiten — dem einfachen Allgemeinen und dem unbestimmten Selbständigen —der ουσία-Charakter abgesprochen werden muß (1003a5ff.). Die Aporie wird im Buch Ζ gelöst werden, indem es gelingt, die einfache Präsenz seihst (das τι ή ν ε�ναι) zugleich als einzeln vorliegend und somit doch als selbständig zu denken. Durch diese eigentliche ουσία (πρώτη ουσία, 1037a28) wird dann auch der οΰσία-Charakter des σύνολον und der υλη begründet und somit eine vorliegende ουσία überhaupt erst denkbar und zugleich die oben genannte Differenzierung ermöglicht. Auch diese Differenzierung ist von solcher Art, daß das Unterschiedene auf keine höhere Gattung zu reduzieren ist (1024bl2), sondern sich ebenso wie die Gattungen der Kategorien auf ein Eines b e z i e h t (προς ev, 1043a37), wobei dieses Eine ebenso wie dort das πρώτον selbst ist.

Die in der Berücksichtigung des eigentümlichen Anwesens des Vorliegenden gründende Unterscheidung der beiden Seiten des schlechthin Einen (der Einfachheit und der Selbständigkeit) führt also zu einer dreifach gestaffelten Differenzierung des sich jedesmal als zwei- oder mehrdeutig erweisenden έν und d. h. 6v, und zwar immer in eigentliches (πρότερον, bzw. πρώτον) und uneigentliches, wobei das eigentliche jeweils das ist, in dem sich der Sinn des Seins (die schlechthinnige An-wesenheit als einfache beständige selbständige Präsenz) mehr oder ganz erfüllt. Diese Differenzierung ist maßgebend geworden für die ausdrückliche Durchführung der Frage nach dem Sein bei Aristoteles. Weil das jeweils Differenzierte auf keine höhere Gattung reduzierbar ist, die uneigentlichen Weisen aber als defiziente Modi der eigentlichen verstanden werden und diese daher jedesmal den Sinn des Seins auch der übrigen erfüllt, vollzieht sich die Frage nach dem Seienden als Seienden (δν η ov 1003a21) im Allgemeinen (καθόλου, 1003a24), so wie sie als „erste Philosophie" in Γ1-2 der „Metaphysik" entworfen und im Buch Ζ teilweise durchgeführt wird, als stufenweiser Rückgang von den defiziente n Gattungen des fiv zur eigentlichen und schließlich eigentlichsten*0.

10 Die Unhaltbarkeit der Jaegerschen Konstruktion, dergemäfS die Bestimmungen der ersten Philosophie als Frage nach dem Seienden als Seienden im allgemeinen und als Frage nach dem höchsten Seienden auf verschiedene Entwicklungsstadsen iurückgeheu, wurde neuerdings von Owens sehr eindringlich gezeigt. Die Frage nach dem Seienden im Allgemeinen sieht sich ebenso auf die Gattung des Göttlichen verwiesen wie zuvor auf die Gattung der αύσία. Jedesmal ist dann gerade das πρώτον das 6v ■/) <>v (lÜ61a8, 10o4a29, b7). 3 Tugtodhit, TL κατά ti\&<;

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Daraus ergibt sich hinsichtlich des Ortes, d^n die Frage nach dem Sein des Vorliegenden innerhalb der aristotelischen Ontologie einnimmt, ein Doppeltes: Erstens wird die Betrachtung des Vorliegenden nicht nur (obwohl auch) einer lediglich auf diesen Bereich gerichteten Wissenschaft (der επιστήμη φυσική als zweiter Philosophie, 1004a3f., I037al4f.) überlassen, sondern, sofern nach dem Anwesen, d. h. nach öv und εν, des Vorliegenden gefragt wird, in die erste Philosophie, in die Frage nach dem Sein überhaupt, mit aufgenommen. Zweitens ist aberder Sinndesovals schlechthinniges, von aller Mannigfalt ungebrochenes εν auch für Aristoteles noch so maßgebend, daß zwar auch andere Weisen von ί>ν anerkannt werden, aber zunächst nur als defi-ziente Modi d e s s e l b e n Seinssinnes. Die Zwiefaltigkeit als ein eigener Sinn von öv und εν liegt somit nicht in der ausdrücklichen Intention dieses Denkens und muß sich gegen den bisherigen und auch für Aristoteles maßgebenden Sinn des Seins erst durchkämpfen. Weil dieser nicht aufgegeben werden kann, wird es zu keinen eindeutigen Lösungen kommen. Es handelt sich also um lebendiges Philosophieren, und die Interpretation darE nicht ein vermeintliches System rekonstruieren wollen, sondern muß versuchen, der Bewegungsrichtung dieses Denkens nachzugehen, die schließlich über es hinausweist. Weil der gekennzeichnete Rückgangscharakter der ausdrücklichen Durchführung der Frage nach dem Sein im Buch Ζ die ausführlichere Entfaltung des neuen Seinssinnes zuweilen nicht erlaubt, wird vielfach auf andere Bücher innerhalb und außerhalb der „Metaphysik" zurückzugreifen sein. Trotzdem ist eine Untersuchung über die Zwiefaltigkeit als Sinn des Seins in erster Linie an die Abhandlung verwiesen, in der Aristoteles die Frage τι το civ ausdrücklich stellt (ZI, 1028b4), und hier gewinnt sie denn auch einen festen Anhalt, weil es schließlich doch gerade ein bestimmter Aspekt der Rückgängsbewegung zum schlecbthinnigen εν ist, bei dem die Zwiefaltigkeit herausspringt:

Die Frage nach dem Seienden als Seienden versteht sich nämlich genauer als Frage nach den ursprünglichsten Gründen (πρώται άρχαΐ κ«ί αίτίαι) des Seienden als Seienden (982b9, i003a31f.), und die Ursprünglichkeit des jeweiligen πρώτον gegenüber den defizienten Modi besteht nicht nur in seinem Seinsrang, sondern auch darin, daß es, jedesmal auf andere Weise, zugleich Grund (αρχή) des übrigen ist, was nicht heißt, daß das übrige auf das Ursprüngliche zurückgeführt wird, de^in es ist ei n Wesens, wohl aber in ihm den Halt gewinnt, dessen es, um zu sein, auf geneGrund seiner Defizienz bedarf. Gerade weil Anwesen beständige einfache selbständige Präsenz ist, kann es nicht genügen, die uneigentlichen Modi als dem Seinrang nach geringer dem Ursprünglichen gegenüberzustellen, wenn sie als anwesende gedacht werden sollen. Sie sind jeweils hinsichtlich desjenigen EV-Charakters, der ihnen selbst fehlt, auf das Ursprüngliche angewiesen. Die göttliche ουσία, der „ursprünglichste und eigentlichste Grund" (1064a37f.), ist als das schlechthin Beständige das Worumwiüen der Beständigkeit

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der vergänglichen ουσία (1072blff., 415a29ff.), die ουσία überhaupt als Selbständiges der Grund des Vorliegens und Zum-Stand-Kommens der übrigen Präsenzen3', das τί ήν ε�ναι als schlechthin einfache Präsenz der Grund des Sich-Präsentierens des unbestimmt Vorliegenden (1041b7f.).

Vom Gründungscharakter der göttlichen ουσία kann hier abgesehen werden, weil erstens dieses Begründungsverhältnis für das Problem der Zwiefaltigkeit ohne unmittelbare Bedeutung ist und weil zweitens die Rückgangsbewegung innerhalb des Buches Ζ zwar als Vorbereitung für die Betrachtung des höchsten ov durchgeführt wird3-, aber nicht bis zu ihm durchstößt. Das Buch Ζ bleibt noch innerhalb des Vorliegenden, und indem es die Frage nach dem Seienden als Seienden von den Präsenzen überhaupt zur selbständigen Präsenz (ZI) und vom Selbständigen zum einfach Selbständigen (Z3-17) forttreibt, dabei aber das πρώτον zugleich als αρχή versteht, werden die Kategorien gegenüber der ουσία und die ύλη und das σύνολον gegenüber dem ε�δος (τί ήν ε�ναι) nicht nur als das geringere ev herausgestellt, sondern in eins damit auf das ursprüngliche EV znrückgebogen. Indem somit, gewissermaßen im Dienst des bisherigen Seinsbegriffs (des schlecht-hinnigen εν), die Defizienz der uneigentlichen Modi durch den Bezug auf das πρώτον wenigstens so weit ausgeglichen wird, daß sie überhaupt anv/esen können, t r i t t , da sich ihr εν und ov jetzt gerade in diesem Bezug erfüllt, unter der Hand der neue Sinn des Seins in Erscheinung. Die Defizienz des εν-Charakters der uneigentlichen Modi kann jetzt positiv expliziert werden als die Kehrseite ihrer "Zugehörigkeit in eine Zwiefaltigkeit. Und die Herausstellung eines vollkommenen εν (5ν) — was trotz allem das eigentliche'Thema von Ζ bleibt — verbindet sich mit einer Steigerung seines ev-Charakters über die Einfachheit hinaus: indem das πρώτον als αρχή zur einen Seite einer Zwiefaltigkeit wird, muß es auf das Defiziente eingespielt sein, nicht indem es ebenfalls zu einem Defizienten würde, denn dann wäre das Ganze ohne Halt, sondern indem es als selbständig Einfaches zugleich Stätte einer Mannigfaltigkeit wird.

Auch der Aufbau des Buches Ζ ist zwar in erster Linie durch die Frage nach, dem πρώτον bestimmt, doch zugleich der Problemstruktur der Zwiefaltigkeit so angemessen, daß die Gliederung unserer Untersuchung sich ihm einordnen kann. Demnach wird im zweiten Abschnitt an Hand von ZI und mit Hilfe anderer dazugehöriger Stücke die Zwiefaltigkeit zwischen den übrigen Kategorien und der ουσία zu untersuchen sein und im dritten Abschnitt auf dem Wege einer Interpretation von Z3-16 die Zwiefaltigkeit innerhalb der ουσία selbst; dabei wird sich in beiden Fällen zeigen, wie Aristoteles durch die Ηerausarbeitung

" In 2 unausdrücklich (vgl. ξ 7); ausdrücklich 189a31f. 3i Vgl. 1029a33 f., 1037al3f., 1041 a7 f. Ob diese Stellen mit jaeger (S. 205f.) als

spätere Zusätze anzusehen sind, kann hier offenbleiben. Der Sache nach gehören sie von vornherein dazu.

35

3 *

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der Zwiefältigkeit (§§6 und 7; §§10-12) zur Bewältigung des Problems der Einheit des Mannigfaltigen (der Anwesenheit des Vorliegenden) gelangen konnte (§§8 und 9; §§11-15). Im vierten Abschnitt wird dann das Schlußkapitel von Ζ im Zusamrneahang mit den Analytica Posteriota den Anhalt bieten für eine Untersuchung der αίτια als des die Zwiefältigkeit dei TL κατά τι,νός Vermittelnden (μέσον), wobei zugleich die beiden zunächst gesondert betrachteten Zwiefältigkeitefi in ihrer einheitlichen Struktur vor den Blick treten wetden.

II \

Die Zwiefältigkeit '^wischen den übrigen Kategorien

und der ovaia

Die erste der beiden Hauptfragen, in die sich die Ausgangsfrage (S. 15 nach dem Anwesen und d. h. der Einheit des mannigfaltig Vorliegenden gegliedert hat (S. 29), ist die Frage nach dem Anwesen und der Einheit der mannigfaltig zusammenliegenden Präsenzen. Um das Vorliegende als Anwesendes und d. h. Präsentes zu begreifen, genügt es nicht, je und je vorliegende Präsenzen zu denken, sondern das Zusammensein (συγκεϊσθ-αι) und d. h. das Zusammengekommensein (συμβε-βηκέναι) der Präsenzen muß selbst als ein Sein (Öv) und Einssein (Iv) und in einem Präsenzcharakter gedacht werden können, nämlich als Wahr sei η (άληθ-ές). In diesem letzteren gründet es, daß das Zusammensein der Präsenzen ah bloße Zwiefältigkeit gedacht wird, als jeweiliges ov- und £v κατά συμβεβηκός zwischen einer Präsenz und einer anderen Präsenz. Dabei wird das Sein und Einssein des Zusammenseins von einet beliebigen Kategorie mit einer beliebigen Kategorie begründet werden durch die Zurückführung auf die Zwiefältigkeit zwischen den anderen Kategorien und der ersten Kategorie als ein ausgezeichnetes ov und εν κατά συμβεβηκός (§ 8).

Da aber zur Wahrheit als Selbigkeit ursprünglich die Notwendigkeit (άναγκαϊον) gehört, wird sich das Zusammensein erst dann als eigentlich wahres (präsentes) begreifen lassen, wenn es gelingt, ein notwendiges συηβεβηκός 2u denken. Indem das συμβεβηκός das xoc&J αϋτο in sich aufnimmt, das ursprünglich die Präsenz als solche im Gegensatz zum συμβεβηκένοα auszeichnet, witd durch das sich daraus ergebende (τομβεβηκ&ς καθ1 αυτό der Boden gelegt für die in den Zweiten Analytiken entwickelte neue Form von Wissenschaft, deren Wesen nicht mehr darin b h zu schauen, sondern in esteht, das Einfache bloß als solches definitoriscseiner Zwiefältigkeit und d. h. seinem Vorliegen zu begründen {§ 9).

Im 1. Kapitel des Buches Ζ der '„Metaphysik" wird die Zwiefältigkeit nicht als eigenes £v und öv thematisch, aber die Unselbständigkeit und Defizienz des Öv und £v der einen Seite, nämlich der vorliegenden Kategorie, wird in ihrem Verhältnis zur ουσία so herausgearbeitet, daß sie als „Präsenz von —" die Angewiesenheit auf die Zwiefältigkeit in ihr eigenes Wesen aufnimmt; diese Unselbständigkeit der Kategorie als

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™--» ..... -.... -... -π...... ......^c^ ^miT^mmmmmmmmmmmimtiiiiiemm

καθ·* υποκειμένου λεγόμενον wird als Ausgang Üicnen für das Verständnis des δν κατά συμβεβηκός (§ 7).

Zugleich soll sie an Profil gewinnen, indem wir sie gegen die zeitlich wesentlich früher liegende „KategorienschriEt'' abheben1, in der Aristoteles das Verhältnis der Kategorie zur ουσία noch nicht als καθ* υποκειμένου λέγεσ&οα verstehen kann; weil die Lehre der Kategorienschrift keinen eigenen positiven Sinn hat, sondern die spätere Auffassung bereits vorhanden ist vmd sich nur noch nicht gegen den bisherigen Sinn des Seins (die einfache Selbständigkeit) durchzusetzen vermag, kann die frühere Position erst rückläufig aus der bereits in der Einleitung vorbereitend entwickelten späteren Lehre verstanden werden (§ 6).

§ 6. Das Verhältnis der übrigen Kategorien %ur ούαία in der

Kategorienscbrift

DieBetrachtungdereinzelnenKategorien(Kap.5ff.)wirdinderKatego-rienschrift durch einige allgemeinere Ausführungen eingeleitet, zuerst (Kap. 1) die Erklärung der Begriffe „homonym", „synonym" und „paro-nym", dann (Kap. 2-4) folgen drei Einteilungen:

In der ersten (laloft.) wird alles „Gesagte" unterschieden in solches, was aus sage maß ig zusammengesetzt ist (κατά συμπλοκής) (ζ. Β. „Mensch läuft"), und solches, was nicht zusammengesetzt ist (άνευ συμπλοκής), aber mögliches Element einer solchen Zusammensetzung ist (ί. Β. „Mensch", „läuft").

Das ehne Zusammensetzung Gesagte wird dann in der dritten Einteilung {Kap, 4) in 10 Arten unterschieden, die nachher auch, γένη (lla38) und κατηγορίαι (10M9/23) genannt werden. An erster Stelle steht die ουσία, die sich von den anderen Kategorien dadurch auszeichnet, daß sie nicht έν υποκείμενη ist (3a7). Alle anderen Kategorien sind έν υποκείμενη, nämlich in det ουσία.

Aus dem folgenden Kapitel über die ουσία geht hervor, daß es zwei Arten von ουσία gibt. Beiden ist gemeinsam, daß sie nicht εν ύποκειμενω sind (3a7), aber die eigentlichste und daher erste ουσία wird auch nicht

καθ* υποκειμένου gesagt (2allf.), während die zweite ουσία καθ-' υποκειμένου von der ersten gesagt wird. Erste ουσία ist jedes einzelne Seiende, z. B. ein einzelner Mensch (6 τις άνθρωπος). Zweite ουσία ist das ε�δος, „in dem" eine erste ουσία „vorliegt", (ζ. Β. „Mensch") oder das γένος des ε�δος (2al5f.). Das gleiche Verhältnis besteht aber auch innerhalb der anderen Kategorien (la29fr.): so wird ζ. Β. das γένος επιστήμη (das zur Kategorie des προς τι gehört, 6b3) καθ·' υποκειμένου vom ε�δος γραμματική επιστήμη gesagt und dieses ε�δος wiederum καθ* υποκειμένου von einer einzelnen γραμματική επιστήμη. Das „Einzelne" wird in den Beispielen mit dem unbestimmten Pronomen τις und begrifflich als άτομον και έν αριθμώ (Ibo, 3bl2) bezeichnet, an einer Stelle auch als καθ' έκαστο ν (2b 3).

Von daher kann nun auch die zweite der drei Einteilungen verstanden werden, in der (la20ff.) das Seiende in vier Arten unterschieden wird: 1. was weder εν ΰποκειμένω ist noch καθ' υποκειμένου gesagt wird (Einzelnes innerhalb der 1. Kategorie); 2. was nicht έν ύποκειμενω ist, aber καθ' υποκειμένου gesagt wird (εΐδος und γένος innerhalb der 1. Kategorie); 3. was έν ΰποκειμένω ist, aber nicht καθ' υποκειμένου gesagt wird (Einzelnes innerhalb der übrigen Kategorien); 4. was έν ΰποκειμένω ist und καθ' υποκειμένου gesagt wird (εΐδος und γένος innerhalb der übrigen Kategorien).

Die Hinsicht dieser Einteilung ist die jeweilige Selbständigkeit und Unselbständigkeit. Die erste ουσία ist deswegen die eigentlichste, weil sie die schlechthin selbständige ist, da sie „allem anderen zugrunde liegt" (2b37f.) und, wenn sie nicht ist, „nichts von dem anderen sein kann" (2b5f.). ε�δος und γένος der ersten ουσία sind zwar auch noch ουσία, weil sie jeweils eine erste ουσία in dem, was sie ist, kundtun (2b30f.), aber sie sind bloß „zweite ουσία", weil sie trotz ihrer Einfachheit kein eigentlich Eines sind (3bl6), sondern „von vielem gesagt werden" (3bl6f.). Nur das Einzelne ist Eines der Zahl nach (εν αριθμώ) und unteilbar (ατομον) und daher τόδε τι (3bl0-12). Während sein Sein somit in sich geschlossen und also selbständig ist, hat die zweite ουσία ihr Sein jeweils erst in dem „ist", in dem sie καθ' υποκειμένου von einem jeweiligen ύποκείμενον gesagt wird!.

1 Ein ausdrücklicher Beweis, daß die Kategor lenschtift zum Frühesten gehört, was von Aristoteles erhalten ist, soll hier nicht gegeben werden; erstens ergibt es sich irnplicite aus der folgenden Darstellung, zweitens hat sich diese Auffassung auch sonst weitgehend durchgesetzt, vgl. Kapp, ρ. 40. Bei Kapp ist auch der enge Zusammenhang zwischen det Kategorienschrift und der heute allgemein als sehr früh feststehenden Topik erkannt. Ganz anders K. v. Fritz, der zwischen Topik und Kategorienschrift die Zweiten Analytiken einordnet (S. 490); für seine späte Datierung ist eine bestimmte Auffassung des „έν ΰποκειμένφ" der Kategorienschrift bestimmend, das in der Interpretation, die im folgenden gegeben wird, gerade zum wichtigsten Argument für das frühe Datum wird, zumal es sich auch hier um eine Kongtueni mit der Topik handelt (vgl. S. 40),

33 , ■

1 Das Kriterium der Differenzierung in eigentliche und uneigentliche ουσία ist hier also die Selbständigkeit, während es später gelingt, das elSoq selbst als τόΒε τι zu denken und dann innerhalb des Einzelnen zwischen eigentlicher und uneigentlicher ουσία zu unterscheiden, so daß dann das Kriterium die Einfachheit sein kann. Indem die Kategorienschrift sowohl das Selbständige als auch die Präsenz ούαία nennt, löst sie scheinbar die Aufgabe, die ουσία als Setbständigvorliegendes und Einfaches zu denken, und verdeckt doch durch die Verteilung auE zwei ούσίαι das Problem dieses „und". — Weil in der Kategorienschrift das ε�δος als zweite ουσία unmittelbar neben das γένος rückt und sein Verhältnis zum vielen Einzelnen analog ist ium Ver-hältnis des γένος zu den mehreren ΕΪ8η, ist nicht bloß das γένος, sondern auch das ε�δος, wenn auch in anderer Weise, weiter „teilbat". Daher ist hier und in der Topik (121a36, 122Ü21, 144b2) das Ατομον eine Auszeich-

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Diese Erklärung der Unselbständigkeit des Allgemeinen unterscheidet sich nicht prinzipiell von der späteren Auffassung. Die Unselbständigkeit der jibrigen Kategorien hingegen, die Aristoteles später durchgängig ebenfalls als κα&' υποκειμένου λέγ/εσ&αι begreift, -wird hier und in der Topik (vgl. 127bt, 132b 19 ff.) als έν ϋποκειμένω et ναι verstanden1. Die Wandlung der ontologischen Auffassung, die sich in dieser geringfügigen Verschiebung der Terminologie verbirgt, läßt sich aus einigen Hinweisen und weiteren Aspekten der Kategorienschrift rekonstruieren:

Aus einer genaueren Erklärung (2al9fV.), wie das καί>' υποκειμένου λέγεσθαι von γένος und ε�δος zu verstehen sei, ist zu ersehen, unter weichet Bedingung die K , ategorienschrift etwas als καΐτ' υποκειμένου λεγήμενον anerkennen kann: „Von demwas καί>' υποκειμένου gesagt wird, muß sowohl der Name als auch die Definition vom όποκείμενον ausgesagt werden" (können); „Name" (όνομα) ist das Wort spezifisch in seiner nominalen (substantivischen) Form, in der es auch der Definition entspricht, da es dann das Jeweilige als solches (καθ* αύτο) anspricht (vgl. S. 18). Von dem aber, was έν ύποκειμένφ ist, also von den übrigen Kategorien, kann (2a27ff.) nur selten der Name und nie die Definition vom ύποκείμενον ausgesagt werden. Denn während man ζ. Β. von einem einzelnen Menschen sowohl den Namen als auch die Definition von „Mensch" (ε�δος) und „Tier" (γένος) aussagen kann, ist es, wenn ζ, Β. „Blindheit" „im" Menschen ist (12a39ff.), nicht möglich, zu sagen: „Der Mensch ist Blindheit", und ebensowenig kann man den ο nur auf die ρισμός von „Blindheit" auf den Menschen anwenden, sondern einzelne

Blindheit im Menschen. Diese Erklärung wird ergänzt durch einen zweiten Hinweis, den Aristoteles

3a33ff. gibt (vgl. auch 10a27ff., Top. 109blff.): das γένος wird vom ε�δος und das ε�δος und γένος vom Einzelnen συνωνύμως gesagt. Synonym ist nach der Erklärung am Anfang der Kategorienschrift (lalff.), zunächst im Gegensatz zu homonym, was nicht nur den gleichen Namen, sondern auch die gleiche Definition hat, sich nung des Einzelnen im Gegensatz tum γένος und zum εΐδας, während in der „Metaphysik" das αίτομον ein Charakter des εΐΒος im Gegensatz zum γένος ist (998b29, 1058al8, blO, 105%36) und spezifisch dem ε�δος auch im Gegensatz zum ούνολον zugesprochen wird (1058b 10). Put das Einzelne, insofern es vom εΐδος unterschieden wird, steht ϋταμον innerhalb der Metaph. nur (obwohl auch da nicht ganz eindeutig) 995b29, 998M6 und 999al5, also im Aporienbuch B, das von früheren Anschauungen ausgeht, um die neuen Erörterungen vorzubereiten, und daher sachlich in vielem eine Zwischenstellung einnimmt; bezeichnenderweise wird im gleichen Zusammenhang das ίΐδος als ίο-χα-rov γένος betrachtet (995b29f., 998bl4ff.. 999a31). — Die Verbindung ϊτομον καΐ 6ν άριθμφ als Terminus für das Einzelne findet sich nur in der Kategonenschrif t.

"Der Ausdruck kommt allerdings auch noch De Interpr, 16b 11 vor, ist aber mit Recht von Minio-Paluello in der Oxford-Ausgabe gestrichen worden, da er hier vom Verbum gesagt wird, von dem A. nie, auch nicht in der Kategorienschrift, gesagt hätte, es sei έν ύποκειμένω, vgl. S. 41 f. 40 ■ ■ k

r

also auch sachlich nicht unterscheidet, ζ. ΒΪ Rind und Mensch lassen sich beide als Tier ansprechen und haben qua Tier auch die gleiche Definition (la8ff.). In einem etwas anderen Sinn kann man dann auch sagen (3a33ff,, }09b6£.), daß Tier synonym von Mensch und Mensch synonym vom einzelnen Menschen gesagt werden kann, weil auch hier sowohl Name als auch Definition des einen (nämlich des jeweils Allgemeineren) auch vom anderen gelten (109b6f.). Das Verhältnis ist jetzt aber einseitig und betrifft nicht mehr die eindeutige Sachbezogenheit des Wortes, sondern die Weise seines Sagens*. Diese zweite Bedeutung von Synonym hat nicht mehr in der Homonymität, sondern in der Paronymität ihren Gegensatz.

Paronym (lal2ff.) ist etwas von einem anderen, wenn es zwar durch das gleiche Wort, aber in einer durch πτώσις veränderten Form dieses Wortes angesprochen wird; so ist ζ, Β. „der Tapfere" paronym zur „Tapferkeit", „der Sitzende" oder auch eine fkiite Form des Verbums (vgl. 109b3f.), ζ. Β. „sitzt", paronym zum „Sitzen", πτώσις bedeutet im Unterschied zu der in der Stoa sich vollziehenden Verengung auf den Casus des Substantivs bei Aristoteles noch jede grammatische Abwandlung einer als ursprünglich angesetzten Wortform*; paronym ist aber spezifisch nur eine solche Modifikation durch πτώσις, bei der die ursprüngliche Wortfofm ein „Name" ist und mit dem modifizierten Wort ein gegenüber dem im Namen Genannten (ζ. Β. „die Tapferkeit") anderes angesprochen wird (ζ. Β. ein Mensch), und zwar so, daß dieses nicht mehr genannt wird, sondern etwas anderes (ζ. Β. „tapfer"), was es nicht als solches ist, von ihm gesagt wird. Hier läßt sich dann ebensowenig wie bei der Homonymität die Definition anwenden, aber nicht weil es sich beim gleichen Namen ηm eine andere Sache handelt, sondern weil das Wort überhaupt nicht mehr als Name fungiert.

Wenn nun also Aristoteles sagt (3a33ff.), die Aussageweise von ε�δος und γένος sei synonym, so ist damit nichts anderes gemeint als mit der ersten Erklärung, daß ihre Namen und Definitionen vom ύποκείμενον gesagt werden können. Doch ist mit der Paronymität jetzt zugleich eine andere Möglichkeit des καθ' υποκειμένου λέγεσ&αι sichtbar geworden, bei der das vom ύποκείμενον Ausgesagte nun nicht mehr als Name fungiert: Auch alles, was έν �ποκείμενη ist, kann also καθ* υποκειμένου gesagt werden, wenn es nur paronym modifiziert wird (10a27ff.)e. Als paronymes ist es aber nicht mehr, was es als

1 Dabei wird jetzt auch nicht mehr unterschieden zwischen dem Namen Tier und der Sache (dem γένος) Tier. Das ist jetzt, da durch die Definition die Homonymität ausgeschaltet ist, also keine Differenz mehr zwischen Wort und Gemeintem besteht, nicht mehr notwendig.

' Vgl. Trendelenburg, S. 27 f. ' Daraus wird auch deutlich, warum gesagt wurde (2a29), daß doch auch bei

manchem, was έν ύιτοκειμένφ ist, der Name vom ύποκείμενον gesagt werden kann; immer dann nämlich, wenn sich bei der griechischen Wortform die Paronymität von der Synonym (tat äußerlich nicht unterscheidet; der „Name" fungiert dann also gar nicht als Name.

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solches (καθ1 αυτό) ist, sondern ist vielmehr als ein anderes (nämlich als das ΰποκείμενον): es ist in sich zwieiäLtig und steht gar nicht raeht als ein Etwas im Blick, sondern ein Etwas ist in der paronymen Aussage nur noch das ΰποκείμενον.

Wenn nun einerseits die Kategorie bereits als καθ' υποκειμένου λεγόμενο ν gesehen wird, anderseits dennoch nicht in ihrem Sein als solche bestimmt werden kann, so liegt das nicht an einer anderen positiven Konzeption der Sache, sondern lediglich daran, daß der bisherige Sinn des Seins (dasxuc0-'aix6) noch nicht so radikal um gedacht ist, daß die paro-nyme Form als das einem Öv angemessene Woit begriffen werden kann. So wesentlich steht die Kategorienschrift ontologisch noch auf dem Boden der Ideenlehre, daß als ov eine Präsenz nur so gedacht werden kann, wie sie im ορισμός und in der nominalen Anrede im Blick steht. Auch später entspricht der "Verselbständigung, die im ορισμός geschieht, dem λόγω χωριστάν, das synonyme Ansprechen. Aber in dieser Frühschrift muß die Kategorie auch in ihrem Vorliegen, wenn sie überhaupt noch ein ov bleiben soll, als in sich Selbständiges, als Etwas gedacht werden. Daher w i rd die ν ο r lie gende Ρ ras en ζ als ein eigenes Einzelwe se η ko η s truier t (άτομον καίένάριθμω, lb6-3),das synonym an gesprochen wird und selbst von nichts weiterem gesagt werden kann. So bleibt nichts anderes übrig, als sie irgendwie „im" ΰποκείμενον zu denken; doch bleibt offen, wie dieses έν genauer zu verstehen is ft. εν ΰποκειμένφ „nenne ich, was in etwas aber nicht als Teil, vorliegt und ni n kann, in dem es ist" (la24f.). Eine positive cht getrennt von dem seiErklärung wird nicht gegeben und kann nicht gegeben werden, weil das έν ΰποκειμένω eine Verlegenheitslösung ist, mit der erreicht wird, die Präsenzen der übrigen Kategorien in einer faktischen Unselbständigkeit zu denken, ohne daß dadurch ihr eigenes Wesen tangiert wird. Da das άτομον και έν αριθμώ die einzige Wesensbestimmung der Kategorienschrift für das τάδε τι ist (3Μ0-12), unterscheiden sich dann die übrigen Kategorien von der ersten ουσία schließlich nur dadurch, daß sie de facto nicht getrennt von ihr vorkommen.

Wenn die übrigen Kategorien in ihrem Vorliegen nicht paronym, sondern selbst je und je als ein Etwas gedacht werden, ist also ihr eigentümliches Wesen preisgegeben, demgemäß sie vielmehr Präsenzen von Etwas sind. In dieser Verdinglichung unterscheiden sie sich weder voneinander noch vom τόδε τι. Es hätte also zu der Unterscheidung der verschiedenen Kategoriengattungen, die eine Unterscheidung hinsichtlich ihres „Prädikatscharakters" ist (S. 28), gar nicht kommen können, wenn nicht gera esen schon von vornherein für ihre Konzeption de ihr paronyrnes Wmaßgebend gewesen wäre,

Daher stehen die Kategorien in der Kategorienschrift immer auch in der paronymen Form im Blick; in dieser treten sie in den Beispielen der Auf καθ' υποκειμένου λεγόμενα werden zahlung des vierten Kapitels auf; als si verstanden, wenn dort die Zusammensetzung eses zunächst e auch diUnzusammengesetzten als κατάφασις, d, h. als λέγεσθαί τι

κατά τίνος, gefaßt wird (2a4ff.); und das τι κατά τινός und nicht das τι έν τινί ist auch gemeint, wenn in der ersten Einteilung der Kategorienschrift (ialuff.) das Zusammengesetzte vom Unzusam menge setzten unterschieden wird (S. 38), Neben diesem paronymen Verhältnis wird aber das eigene Einzelwesen im ΰποκείμενον gedacht, und erst auf Grund seiner Anwesenheit in diesem soll dann das ΰποκείμενον auch paronym nach ihm angesprochen werden können (10a27L). Da dieses Einzelwesen die vorliegende Kategorie als ov ist, muß ungeklärt bleiben, was für einen Seinscharakter das paronym G da es nicht von esagte hat, denn es ist weder die vorliegende Kategorie,dieser, sondern vom ΰποκείμενον gesagt wird, noch ist es das ΰποκείμενον, da es von ihm als von einem anderen gesagt wird. Sobald aber sein Seinscharakter faßbar werden wird und es selbst also als ov denkbar, wird auch das Einzelwesen hinfällig.

Erst wenn dann das Verhältnis zum ΰποκείμενον als καθ' υποκειμένου λέγεσθαί gedacht wird, wird es überhaupt als ein Seins Verhältnis verstanden werden. Dies mag verwundern, da doch vielmehr im έν ΰποκειμένω ε�ναι das Sein ausdrücklich ausgesprochen ist und man sich durch das λέγεσθαί sogar zu der Aristoteles ganz fremden Erklärung verleiten ließ, das καθ' υποκειμένου stehe für das logische Verhältnis im Unterschied zum έν ΰποκειμένω als dem realen1. Im λέγεσθαί κατά und ε�ναι έν stehen sich nicht Logisches und Reales gegenüber, sondern zwei verschiedene sachliche Strukturen: auch das λέγεσθαί κατά ist ein ε�ναι, nämlich jenes „ist", das im Ansprechen von etwas als etwas gemeint ist, das also wohl das „Sein" des Ur edoch nur weil es das Sein des im Urteil aufgezeigten Seienden teils ist, jist (S. 23). Aber nicht nur ist auch das λέγεσθαί κατά ein εΐναι, sondern umgekehrt ist gerade das έν ύποκειμένω ε�ναι nicht ein Seins Verhältnis, weil dabei das Verhältnis zum ΰποκείμενον lediglich im έν liegt und das ε�ναι das bloße Vorhandensein bedeutet. Dagegen ist das etvat, für das das λέγεσθαί κατά steht, selbst der Träger des Verhältnisses. Und gerade deswegen, weil hier das Verhältnis durch das ε�ναι selbst hindurchgeht, kann dieses ε�ναι in der Kategorienschrift noch nicht als ε�ναι gedacht wer aches verstanden ist, ist als den. Da das ov zunächst als EinfSeinsverhältnis nur jenes λέγεσθαί denkbar, in dem von etwas gesagt wird, was es καθ' αυτό ist (γένος und εΐδος)fl. Hier aber ist ein λέγεσθαί zu denken,

' V — Auf dem gleichen Irrtum beruhen auch die gl. Trendelenburg, S. 18 f,Überlegungen von K. v. Fritz, S. 480 ff.

' Die spezifische Differenz, nimmt hier naturgemäß eine ungeklärte Zwi-schenstellung ein, denn sie sagt von der jeweiligen Präsenz nicht etwas anderes, sondern spricht sie καδ' αίιτύ ?.n, aber nicht als mögliche Antwort auf ein τί έστι (S. 18, somit nicht als Selbständiges. Bei ihr kann daher wohl die Anm. 16) und Definition, aber gerade nicht die substantivische Wertform von der Präsenz gesagt werden. Deshalb spricht A. in der Kategorienschrift meist nur von γένος und £Ϊ8ος, aber 3a33-b9 setzt er sich über alle Schwierigkeiten hinweg und behauptet auch von der Differenz die Synonymität.

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in dem etwas als etwas anderes ist, als etwaSi was es nicht καθ' αυτά ist — ein ε�ναι also, das in sich gebrochen ist, und ein Öv, das in sich zwiefältig ist. Solange das nicht gelingt, wird das ε�ναι dieses λέγεσθαι nicht subjektiv logisch, verstanden, sondern sein Sinn bleibt einfach offen.

§ 7. Das Verhältnis der übrigen Kategorien ^ur ουσία in Mtiapb. ZI

Die Erörterung der Kategorien in Metaph. ZI knüpft (l028alOf.) an das Kapitel Δ7 ah, in dem die Weisen des Öv (und des dazugehörigen έστι) nach den verschiedenen Kategorie η unterschieden (1017a22ff.) und im ganzen als das δν καθ·' αυτό dem δν κατά συμβεβηκός gegenübergestellt werden (a7f., a22f.). Wenn in Ζ das 3v f) δν untersucht werden soll, so geht es also von vornherein nur um das δν καθ-' αυτό, d. h. um das Sein der jeweiligen Präsenz als solcher, nicht um das Zusammensein mit anderen. Dabei hat das καθ·' αυτό in Δ7 eine Bedeutung, die sonst ohne Parallele ist, weil es hier nicht bloß von der jeweiligen Präsenz, dem jeweiligen ίίν gemeint ist, sondern von seinem Εστί (a22, 24, 27,28, 29). Dieses £στι, das von einem Öv gesagt wicd, bedeutet die Faktizität seines Vorliegens, und erst wenn dieses eVu von ihm gesagt werden kann, ist es ein Öv im eigentlichen Sinn. Mit diesem Z\ καθ-' αυτό wird also von den συμβεβηκότα, aber nicht vom Vorliegen abstrahiert; es meint nicht das Sein der Präsenz als solcher im Sinn des τί ήν ε�ναι, sondern das Sein der vorliegenden Präsenz als solches. Nur wenn in dieser Weise einerseits von den συμβεβηκότα abgesehen werden kann, anderseits das jeweilige Öv in seinem vollen Sinn genommen wird, kann die Frage nach seinem Sein gestellt werden.

Auch in ZI wird daher das Öv (die Präsenz) sogleich als Vorliegendes verstanden, und zwar im Gegensatz zur Kategorienschrift so, daß sein Vorliegen und ,d. h. Sein darin besteht, daß es eine Seinsweise von einem τόδε τι ist: „Die übrigen werden Οντά genannt dadurch, daß sie von dem in dieser Weise Seienden (dem τόδε τι) Quantitäten oder Qualitäten oder Zustände oder etwas anderes sind" (alSf.)», Also 1. ist jedes von ihnen eine Präsenz des Vorliegenden, und 2. besteht nur in diesem Bezug sein Sein.

In den anschließenden Sätzen -wird dann der Gegensatz zur Katego-rienschrift voll sichtbar (a20ft\): „Daher könnte man daran zweifeln, ob ,das Gehen' und ,das Sitzen' usw. jedes überhaupt ein Seiendes (Öv) bedeutet, ebenso bei jedem anderen derartigen. Denn keines von ihnen ist selbständig (καθ·' αυτό) oder imstande, von der ουσία getrennt zu werden (χωρίζεσθαι), sondern eher, wenn überhaupt, sind das Gehende, das Sitzende usw. Seiendes. Diese scheinen eher Οντά zu sein, weil sie

» Vgl. auch 996M6-18,1003b6ft\, 1061a8f.

nämlich ein bestimmtes ΰποκείμεναν haben — und das ist die ουσία und das Einzelne (το καθ' εκαστον) —, was in einer derartigen Bezeichnung miterscheint. Denn ,das Taugliche' oder ,das Sitzende' wird nicht ohne dieses (das ύποκείμενον) gesagt. Also ist klar, daß (nur) auf Grund von dieser (der Kategorie in der paronymen Form) auch jedes von jenen (den Kategorien in der synonymen Form) seiend ist, so daß das eigentlichst Seiende und nicht (nur) So-Seiende, sondern schlechthin Setende die ουσία wäre."

Weil also das Sein der jeweiligen Kategorie darin besteht, Seinsweise des Vorliegenden zu sein, wird gerade das Paronyme als δν gedacht und gegenüber dem Synonymen zur ursprünglicheren Form, und zwar aus demselben Grund, weswegen es in der Kategorienschrift noch nicht als öv zugelassen werden konnte: weil in ihm zugleich ein anderes (das ύποκείμενον) ,,miterscheint" und es somit in sich zwiefältig ist, Hand in Hand mit dem paronymen Charakter der Kategorie geht die neue Auffassung der Einzelheit, Nur das ύποκείμενον ist Einzelnes (καθ1 εκαστον); für die übrigen Kategorien steht an Stelle der Einzelheit die Zwiefältigkeit: gerade jenes andere, was in der paronymen Bezeichnung miterscheint, ist es, was die jeweilige Kategorie zu einer einzeln Vorliegenden macht. Es gibt nicht mehr so etwas wie ein einzelnes Sit2en („in" einem Menschen), sondern nur den einzelnen Menschen, der sitzt: einen sitzenden Menschen.

Auch in der Kategorienschrift wurde das Sein der Präsenz bereits in ihrem Vorliegen gesehen, aber dieses wurde noch aus dem Wesen der verselbständigten einfachen Präsenz gedacht. Die Unselbständigkeit der übrigen Kategorien, ihr Bezug zur ουσία, war ihrem eigenen Sein noch äußerlich. Jetzt hingegen ist die ουσία das, als welches das übrige seiend ist: der Bezug zur ουσία liegt im εστί der Kategorie selbst. Mit dieser inneren Zwiefältigkeit der übrigen Kategorien, mit dem onto-logischen Charakter ihrer Unselbständigkeit ist zugleich auch erst die Seinsursprünglichkeit der ουσία o n to lo g i s ch erwiesen, da erst jetzt das Sein der Kategorie 1. in sich defizient und daher 2. auf die ουσία angewiesen ist. Und so kann Aristoteles in der oben zitierten Stelle unmittelbar ans der Priorität des Paronymen gegenüber dem Synonymen auf die οΰσΐα als das πρώτως Öv folgern. Daß die ουσία nicht nur das πρώτον Öv, sondern auch das πρώτως Öv, nicht nur das eigentlichste Seiende, sondern das eigentlichst Seiende genannt wird, darin liegt, daß die Eigentlichkeit das έστι (εΐναι) des δν betrifft, also ontologisch gemeint ist.

Anschließend wird 1028a31-b2 diese Seinsursprünglichkeit eigens nach drei Seiten entwickelt: die ουσία ist das πρώτον hinsichtlich der Zeit (χρόνω), des Wissens (γνώσει) und der Definition (λόγω). Der Schlüssel zum Verständnis dieser dreifachen Hinsicht, die sich mit keiner sonstigen Gliederung der verschiedenen Bedeutungen des πρώτον genau deckt und aus dem bestimmten Zusammenhang verstanden werden muß, ^iegt darin, daß jede der drei Ursprünglichkeiten eine solche

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des S e in s (ε�ναι) ist; nur so können sie die ουσία als das ιΐρώτως δν erweisen.

Die Ursprünglich kek der Zeit nach-wird darin gesehen, daß „von den übrigen Khtegorien keine losgelöst (χωριστόν) ist, sondern allein diese" (a33f.), Diese kurze Erklärung genügt, weil sie durch die bisherigen Ausführungen des Kapitels vorbereitet ist. Die Priorität der ουσία zeigt sich dabei1 1. im ursprünglicheren Sein, 2. im Grundsein für das Sein des übrigen.

Diese Ursprünglichkeit des χωριστόν wird sonst nirgends χρόνω genannt, sondern πρότερον τω ε�ναι (1077bl3) oder-rf) ουσία (1077b2f., 1019a2f.). Was bei den übrigen Kategorien unselbständig, bei der ersten selbständig und daher eigentlich ist, ist ihr ε�ναι (εστί), nämlich jenes, das von der jeweiligen Präsenz die Faktizitat ihres Seins (also tei jeder außer der göttlichen das „Vorliegen") aussagt. Wenn dieses ΐτρότερον τω εΐναι auch πρότερον τϊ) ουσία genannt wird, so darf dabei ουσία natürlich nicht im Sinn der 1. Kategorie verstanden werden10, Sondern das Wort Steht für eine Substantivierung des ε�ναι, bedeutet falso dasselbe wie τό ε�ναι, wie zu ersehen ist aus der Erklärung, τη ουσία πρότερα sei δσα χωριζόμενα τω εΐναι υπερβάλλει (1077b2f.), „was, wenn es losgelöst wird, hinsichtlich des Seins weiterwährt"". Weil in ZI dieser Gebtauch von τη ουσία unmittelbar neben ουσία als \. Kategorie verwirrend gewesen wäre und auch τω εΐναι hier nicht gesagt werden darf, da an dieser ausgezeichneten Stelle alles darauf an-kommt, auch die beiden anderen Prioritäten als solche eines ε�ναι er-scheinen zu lassen, wird diese Priorität χρόνω genannt; denn dieses ε�ναι, also das ΰπάρχειν im Sinn der Faktizitat des Anwesens, ist ein Gegen-wärtigsein, und zu diesem gehört, wenn es als solches Bestand haben soll, das Bleiben, Die ουσία ist das eigentlichst Gegenwärtig seiende, weil sie selbständig „hinsichtlich des Seins weiterwährt" und zugleich als Zugrunde bleibendes (ΰπομένον) der Grund jeglicher Dauer der Anwesenheit des übrigen ist.

Der innere Zusammenhang der drei Prioritäten wirdfdeutlich, wenn man jetzt das γνώσει πρώτον vor dem λόγω πρώτον betrachtet: „Und wir meinen etwas dann am meisten zu wissen, wenn whj erkennen, was der Mensch oder das Feuer ist, mehr als wenn wir ihr Wie-BeschafTen oder Wie-Groß oder Wro erkennen" (a36f.). Auch hier ist die gemeinsame Hinsicht ein Sein (ε�ναι), wie aus der einzigen Parallelstelle er-

10 Denn daraus ergäbe sich der Unsinn, daß die 1. Kategorie hinsichtlich ihrer selbst ursprünglicher sei als die übrigen, und das, im Hinblick worauf verglichen wird, wäre kein Drittes.

11 Umgekehrr liegt vielmehr hier der Grund, warum oünta zum Titel für das τόΒε τι werden konnte: das τόδε τι ist jenes δν, dessen elvcti (οίιαία) auf kein anderes angewiesen ist. Auch der andere terminologische Gebrauch von ουσία (im Sinn des τ[ ήν εΐναι) hat seinen Ursprung in der Substanti vie gl. S. 19. Für den vortermirto- rung eines (allerdings ganz anderen) εΐναι, vlogi £ι ε�ναι auch in anderen Zu schen Gebrauch von ουσία im Sinn von τsammenhängen vgl. Bonitz, index 544a26ff.

sichtlich ist (99obl4fT.): „Da man ein und dasse in vielfähiger Weise wissen kann, sagen wir, daß die es mehr erkennen, die es hinsichtlich des Seins (τω ε�ναι) wissen, als die, die es hinsichtlich des Nichtseins wissen, von diesen selbst aber der eine mehr als der andere, und am meisten der, der weiß, was es ist, und nicht der, der weiß, wie groß oder wie beschaffen oder was zu tun oder zu leiden es fähig ist."

Das ε�ναι., um das es sich hier handelt, ist dasselbe έστι wie bei der Priorität hinsichtlich der Zelt, aber es wird nach einer anderen Seite seines Wesens betrachtet: dort bedeutete das έστι das Vorliegen (ύπάρ-χειν) der Präsenz; hier sagt dieses selbe έστι die Präsenz vom ύποκεί-μενον aus: es fungiert als λέγεσ-9-αι κατά (,,Copula"). Auch nach dieser Seite des ε�ναι ist die ουσία das ursprünglichst Seiende, weil einzig das, was innerhalb der 1. Kategorie vom ΰποκείμενον gesagt wird, dieses als solches (κα-9'1 αυτό) kundtut, nämlich als das, was es ist, während das έστι der übrigen Kategorien dem ύποκείμενον seine weiteren Seinsweisen paronym zuspricht. Das, was als Selbständiges vorliegt (καθ-' αυτό ov) kann auch als Vorliegendes in seiner Se lb igIceit angesprochen werden (λέγεαθ-αι κα-fr' αυτό). In der Kategorienschrift war dies das einzige λέγεσθαι (ε�ναι), das zugleich das έστι eines Öv sein konnte, jetzt bleibt es das eigentlichste.

Im Gegensatz zur Kategorienschrift können die übrigen Kategorien nicht mehr als vorliegende καθ-' αυτό und synonym angesprochen werden, wohl aber noch dann, wenn sie aus dem Vorliegen herausgehoben und als λόγ(ι> χωριστά betrachtet werden. Als solche sind sie zwar überhaupt nicht mehr seiend (vorliegend), aber das ε�ναι im Sinn des λέγεσθ-αι kommt ihnen dann in der gleichen ursprünglichen Form wie der ουσία zu, und so kann Aristoteles in Zt als zweites Argument für die Ursprünglichkeit des der ουσία eigentümlichen εΐναι hinzusetzen (blf.), daß wir „auch jedes von diesen selbst dann erkennen, wenn wir wissen, was das Wieviel oder Wiebe Schafte η ist"11. Dieses Argument könnte in unserem Zusammenhang befremden, denn indem es .an die Möglichkeit der Verselbständigung (λόγω χω ρ ιστό ν) auch der übrigen Kategorien erinnert und darin ihr ursprüngliches Sein wenigstens nach einer Seite des εΐναι sieht, treten die Kategorien gerade in dem Aspekt ihres Wesens vor den Blick, der scheinbar nicht auf die ουσία angewiesen ist und aus dem sich daher auch keine Priorität der ουσία zu ergeben scheint.

Doch wir stehen mit dem λόγω χωριστόν zugleich bei der dritten Priorität, und hier sagt Aristoteles (a34f.): „Und auch hinsichtlich des λόγος ist dieses das Ursprünglichste, denn notwendigerweise muß im λόγος von jedem der λόγος der ουσία mitenthalten sein," Damit wird den übrigen Kategorien nicht nur das απλώς χωριστόν, sondern auch das λόγω χωριστόν abgesprochen. Natürlich kann die Präsenz immer noch aus ihrem jeweiligen Vorliegen herausgehoben, allgemein als,,

la Der entsprechende Zusatz findet sich auch in der Parallelstelle 996bi8ff.

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solche vorgestelLt und in ihrem τί ήν εΐνο« umgrenzt werden (sonst ließe sie sich überhaupt nicht als ein Bestimmteil in den Blick fassen); dabei muß iwar von der bestimmten einzelnen ούατία abgesehen werden, aber überhaupt von einer ουσία läßt sich auch das τί ήν ε�ναι nicht mehr isolieten. Dieser weitere Schritt, der die Zwiefältigkeit des Vorliegens über das faktische Vorliegen hinaus in das innere Wesen der einfachen Präsenz als solcher hineinträgt, ergibt sich notwendig aus der Konzeption der Kategorien als Seinsweisen des τάδε τι} denn als solche können sie nicht in einem beliebigen Gehalt an einer beliebigen ουσία äußerlich auftreten, sondern dieser Gehalt muß sich aus dem bestimmen, als was sich die verschiedenen οόσίαι präsentieren können oder müssen. Weder können daher die allgemeinsten Kategoriengattungen auch nur in den Blick gefaßt werden, ohne sie als ποιόν, ποσόν usw. von ουσία zu sehen, noch kann irgendeine bestimmte Kategorie definiert werden ohne eine bestimmte ουσία: „das Sitzen" ζ. Β. ist zwar nicht an diesen einzelnen Menschen, aber doch an „Mensch" überhaupt oder jedenfalls „Tier" gebunden. Ohne diesen Bezug kann es nicht nur nicht vorliegen, sondern gar nicht die Präsenz sein, die es ist. Die Präsenz ist bereits als solche (καθ-* αυτό) jeweils eine „Präsenz des Vorliegenden". Während in der Katego den schritt sogar das Vorliegen aus der einfachen Präsenz verstanden wurde, wird hier sogar die Selbigkeit der Präsenz aus der Zwiefältigkeit des Vorliegens gedacht.

Im Unterschied zum χρόνω πρώτον wird das λόγψ πρώτον in ZI nur nach der einen Seite erwiesen, detgemäß die ουσία der Grund des Seins des Übrigen ist. Erst in Z4-5 wird gezeigt, wie damit zusammenhängt, daß es ein eigentliches τι ^v ε�ναι überhaupt nur von der ουσία gibt: denn zur Selbigkeit der Präsenz gehört ursprünglich die Einfachheit ; da in der Definition der übrigen Kategorien immer noch eine andere Präsenz (die ουσία) enthalten sein muß (vgl. 1031alfT.), kann das τί ήν ε�ναι hier seinem ursprünglichen Wesen nicht genügen.

Auch das λόγω πρώτον ist nichts anderes als die Priorität eines $e ins , nämlich des τί ήν clvatj das auch einfach το ε�ναι genannt wird (S. 17)ia. Es ist dasjenige etvat, als welches die Präsenz als solche ist.

So ist also die ουσία nach allen Seiten des εΐναι (πάντως, 1028a32) als das πρώτως δν erwiesen, hinsichtlich des Vorliegens 4e,t Präsenz (χρόνφ), hinsichtlich ihres Wesens als Präsenz des Vorliegenden (γνώσει) und hinsichtlich der Präsenz als solcher (λάγ(ύ). Und daraus kann

11 as λ6γφ πρήτερον, das sonst nicht auf die ούαία beschränkt ist und Dallgemein von dem gesagt wird, was im λίγος eines anderen enthalten ist (1018b34ff.)( wird allerdings nie τψ tlv«i πρότερον genannt, weil dieser Ausdruck für das βΐναι im Sinn des Vorliegens festgelegt ist (S. 46). Dagegen ist τω ε�ναι mit Ετερον genau umgekehrt fixiert worden, indem es immer die Verschiedenheit des Präsenzcharakters von solchem meint, das in seinem Votliegen gerade zusammen ist (18oa30f.). So ist τψ ε�ναι έτερον (das auch τη ουσία έτίρον genannt wird, 263b8f.) identisch mit τφ λόγψ έτερον (210bl6f.), dagegen τφ εϊναι πρότεραν dem λόγψ πρίτερον entgegengesetzt (vgl. 1077 a36-bl4).

Aristoteles abschließend folgern, daß „also das einst und jetzt und immer Gesuchte und immer Erfragte, τί το ov, dies ist: τις ή ουσία . . „ und so müssen auch wir am meisten und ersten und sozusagen allein das in solcher Weise Seiende bettachten" (1028b2rT.). So führt der bisherige Sinn des Seins (das schlechthin Eine) dazu, daß die übrigen Kategorien, sobald sie in ihrem zwiefältigen Sein entdeckt sind, auch schon aus der Untersuchung ausgeschaltet werden, der neue Sinn des Seins also nicht eigens zum ontologischen Problem gemacht wird. Deswegen zeigt sich auch in der metaphysischen Hauptuntersuchung nur der defiziente und daher auf die Zwiefältigkeit mit der ουσία innerlich bezogene Charakter des 6v und εν der übrigen Kategorien für sich, nicht aber der Sinn des δν und εν der Zwiefältigkeit selbst, des Zusam-men-Seins (συγκεΐσθαι) der Kategorie mit der ουσία, des κατά im τί κατά τινός.

§ 8. Die Einheit der mannigfaltig vorlügenden Präsenzen (das αυμβεβηχός)

Das Zusammen der Kategorie mitder ουσία war in der Kategorienschrift das Zusammen von zwei Seienden und daher kein Zusammensein. Auf der Position, die in ZI sichtbar wurde, zeigt sich dieses Zusammen dagegen als eine Zwiefältigkeit, weil das eine als das ändere seiend ist. Die Einheit (£v) und Seiendheit (öv) des Zusammen selbst, dergemäß wir sagen können „das eine ,ist' das andere", liegt in jenem ε�ναι, das sich in ZI beim γνώσει πρώτον gezeigt hat und das wir als λέγεσθαι κατά erkannten (S. 47). Dabei handelte es sich spezifisch um ein solches λέγεσθαι κατά, indem das ΰποκείμενον nicht καθ-1 αυτό, d. h, dann aber: κατά συμβεβηκός angesprochen wird. Demnach bedeutet das έα-α, das das Zusammensein von Kategorie und ύποκείμενον trägt und zugleich das έ"στι der Kategorie selbst ist, ein ov und Sv κατά συμβεβηκός.

So dringt das Sv κατά συμβεβηκός, das von vornherein zugunsten des δν κα&' αυτά aus der Untersuchung ausgeschaltet bleiben sollte (S. 44), in dieses selbst ein. Das liegt einerseits an der bestimmten und einzigartigen Weise, in der das ov κα&' αυτό in Δ7 angesetzt wurde (S. 44), anderseits aber auch an einem (ebenfalls in Δ7 faßbaren) neuen συμβεβηκός, von dem aus e r s t e n s das, was bisher ov und εν κατά συμβεβηκός war, in seinem Sv- und έν-Charakter überhaupt erst begründet wird, und das zweitens selbst ein ausgezeichnetes ov κατά συμβεβηκός darstellt, innerhalb dessen sich die Möglichkeit eines wesensmäßigen (κα&' αυτό) συμβεβηκός ergeben wird. Man kann sich also bei der Frage nach fiv und εν des Zusammen-Seins der Kategorie mit der ουσία nicht einfach auf das συμβεβηκός berufen, sondern dieses wird zugleich auch erst durch jenes eigentlich verständlich. Im Öv un

d έν κατά συμβε-

48 ί -lugcndhat, T\ Kot-ri -ίινύς 49

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βηκός beantwortet sich nicht nur die Frage nach der Zwiefältigkeit zwischen Kategorie und ουσία, sondern die Ausgangsfrage nach der Einheit des mannigfaltigen Zusammenseins der Präsenzen überhaupt (dem Anwesen dßs. Vorliegenden). Das Buch Ζ allerdings läßt uns hier im Stich, denn es hält an der Ausschließung des ov κατά συμβεβηκός fest, so daß auch das ϊίν καθ·' αυτό, so weit es die übrigen Kategorien umfaßt, in ZI ausgestoßen wird, sobald sich in ihm selbst ein συμβεβηκός zeigt. Die Erörterung des ov κατά συμβεβηκός wird aber in der metaphysischen Hauptuntersuchung nicht nur versäumt, sondern dieses Versäumnis wird noch dadurch verdeckt, daß dem Buch Ζ in E2 eine ausführliche Erörterung eines ov κατά συμβεβήκός vorausgeschickt wird, woraus der Anschein entsteht, daß damit das συμβεβηκός überhaupt erledigt sei. Das in E2 behandelte Phänomen umfaßt abet gar nicht das Sv κατά συμβεβηκός, wie es in Δ7 kurz entwickelt ist, sondern lediglich das in diesem (wie sich zeigen wird) fundierte „zufällige" συμβεβηκός, bei dem auf Grund seiner Unbestimmtheit (1027b34) eine Wissenschaft nicht möglich ist (1026b3f,j lQ27al9rT.), und man daher ohne weiteres einsehen kann, daß es aus der eigentlichen metaphysischen Untersuchung „weggelassen werden muß" (1028a3). Um also das eigentlichste £v καθ' αυτό im Sinn der οϋοία in seinem Anspruch auf das einzig eigentliche Sein möglichst zu sichern, wird ihm gerade das „uneigentlichste" ov κατά συμβεβηκός gegenübergestellt und der Zwischenbcteich, in dem sich συμβε-βηκός und καθ' αυτά durchdringen, übergangen. Das hat Aristoteles nicht daran gehindert, eine neue Art von Wissenschaft, die er dann in den Zweiten Analytiken als επιστήμη αποδεικτική entwickelt, auf das Sv κατά συμβεβηκός aufzubauen11, das natürlich nicht das in E2 erörterte ist, von dem es ja keine Wissenschaft geben soll, und es ist daher neben Δ7 ein Kapitel der 2, Analytiken (A22), das uns über den sich aus der Verschiebung der Kategorienlehre ergebenden neuen σuμßεßηκός-Begrii:F, der dann dem zufälligen und notwendigen συμβε-βηκός gleichermaßen ugrunde liegt, den meisten Aufschluß gewährt. Das zVersäumnis jedoch, dieses ov κατά συμβεβηκάς innerhalb der ausdrücklichen Durchführung der Seinsfrage zum Thema'zu mächen, konnte nicht ohnenachteilige Folgen bleiben und hat vor allem beim wesentlichen συμβεβηκάς, und d. h. bei der Konzeption der neuen επιστήμη, weitgehende Dunkelheiten verschuldet.

Zunächst ist für das Verständnis des συμβεβηκός ganz allgemein fest-zuhalten, daß es sich dabei immer um ein ε�ναι κατά συμβεβηκός eines t>v handelt und dieses einem εΐναι καθ' αυτό desselben Öv entgegengesetzt ist, wobei das ε�ναι beidemal ein λέγεσθαι κατά bedeutet, das in dem einen Fall dem ov etwas zuspricht, was es als solches (καθ' αυτό) ist, etwas „was es gerade ist" (όπερ εστίν), und in dem anderen Fäll

etwas, was es nicht als solches ist. Aus dieser feusammensteliung ist schon zu erkennen, daß sich das κατά συμβεβηκός je nach dem καθ' αύτύ modifizieren wird, und d. h. je nach dem ov, das so oder so angesprochen wird.

Daß die Hinsicht des λέγεσθαι (ε�ναι), die dem καθ' αυτό entgegengesetzt ist, gerade κατά συμβεβηκός genannt wird, gründet in dessen ursprünglicher Bedeutung, die der ursprünglichen Bedeutung des καθ' αυτό entspricht und bei der es sich um eine beliebige Präsenz handelt, die καθ* αυτό das ist, was ihr das Sein vor dem Zusammengekommensein mit anderem war (τί ή ν ε�ναι), so daß sie alles weitere, was von ihr als vorliegender gesagt werden kann und was über ihr eigenes ε�ναι hinausgeht, κατά συμβεβηκός ist. Die weiteren Präsenzen, mit denen sie zusammenvorliegt, auch die 1. Kategorie, sind ihre συμβεβηκότα. So ist hier jede Präsenz gegenüber jeder anderen ein συμβεβηκός. Diese Bedeutung des συμβεβηκός, die sich auch später neben der anderen durchhält (vgl. ζ. Β. 225a24, 418a22, 1078a2, al7), ist in der Kategorienschrift die einzige (vgl. 5a38-blO, 7a27-38).

So as ε�ναι wohl beim κατά συμβεβηκός als auch beim καθ' αυτό stellt d( κατά τινός. λέγεσθαι) ein εν (Öv) her, das kein bloßes τι ist, sondern ein τι Das τι κατά τινός bedeut das Gesagtwerden einer Präsenz vom et hier nichtVorliegenden, sondern steht nivelliert allgemein für jede Möglichkeit, daß etwas auf etwas hin angesprochen werden kann, etwas als etwas seiend ist; entsptechend die nivellierte Terminologie, dergemäß allgemein j ed e s τι, von dem etwas gesagt wird, ύποκείμενον, und j edes , das von einem anderen gesagt wird, υπάρχον, und j e d e s τί κατά τινός ein συγκείμενον genannt wird.

Das συγκεΐσθαι (εν εΐναι) des λέγεσθαι καθ' αυτά ist dadurch ein ausgezeichnetes, daß hier von einer Präsenz nur das gesagt wird, was sie gerade ist (όπερ εστίν): es handelt sich also nicht um eine Zwiefälüg-keit mit einem anderen. Daß dennoch nicht tautologisch dasselbe wiedetholt werden muß, sondern statt des Namens das explizierte τΕ ή ν εΐναι (1029bl9f.), gründet darin, daß das Οπερ Öv der Präsenz in sich gegliedert istlö; so können auch außer dem ganzen τί ή ν εΐναι die einzelnen Glieder (Gattung und Differenzen) für sich καθ' αυτό von der Präsenz gesagt werden (73a34-7). Da hier das Prädizierte in das ε�ναι der Präsenz selbst gebort, besteht kein Problem bezüglich des ßv- und £v-Charakters des ε�ναι der Zwiefältigkeit; schwierig ist nur, daß und wie überhaupt das Einfache in sich mannigfaltig und gegliedert ist (vgl. § 15).

Gerade umgekehrt ist es beim συγκεΐσθαι des λέγεσθαι κατά συμβεβηκός. Weil die Präsenz im τί ή ν εΐναι umgrenzt ist und ihr εΐναι sich also in sich selbst erschöpft, fällt alles weitere, was sich durch das Zusammen des Vorliegens ergibt, außerhalb dessen, was sie ist: sie ist es daher nicht, sondern ist bloß mit ihm zusammengekommen. Das ε�ναι

14 1059a32f.: ή μεν γαρ αποδεικτική σοφία ή περί τά συμβεβηκήια. Vgl. auch 75a42f., 76bllff.

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11 Vgl. Iß6t)14i.: διαιρείται τα &xep Sv είς Sirep ίν τι δλλο (nämlich in Gat-tung und spezifische Differenz).

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(λέγεσθαι) wird κατά συμβεβηκός genannt, um 2um Ausdruck zu bringen, daß es aus dem εΐναι der Präsenz selbst (τί ήν εΐναι) herausfällt, also kein Eigentliches elvat sein kann. Aber ob eigentlich oder nicht, es ist nun einmal ein εΐναι: das eine ist als das andere seiend (i>v) und mit ihm eines (έν). Die B und ev κατά συμβεβηκός qua ov und έν läßt sich auf erechtigung dieses ο νde vom 6v r Ehene dieses ursprünglichen συμβεβηκός-Begriffs, der lediglichim Sinn dei Präsenz ausgeht, nicht begründen.

Das gelingt erst auf dem Boden des neuen συμβεβηκός-Begriffs, der sich daraus ergibt, daß nicht nur jede beliebige Präsenz ein Öv ist, das καθ' αυτά angesprochen werden kann, sondern auch das Vorliegende. Dieses kann wiederum durch τί η\ elvat, Gattung und spezifische Differenz, aber auch und vor allem (da es sich nicht mehr um eine bloße Präsenz, sondern um das τάδε τι handelt) du ich das ε�δος — alles dies aber jetzt nur innerhalb der er ερ sten Kategorie —■ als das angesprochen werden, „was es gerade ist" (οπεστίν) (Anal. Post. A22, 83a24f.). Da die übrigen Kategorien davon immer nur so gesagt werden können, daß es selbst bereits in der 1. Kategorie fe äßt ststeht, werden sie zugleich von einer anderen Präsenz gesagt, und so lsich auch das dem neuen καθ-' αυτό entgegengesetzte Gesagtwetden als κ ατά συμβεβηκές verstehen. Daß der συμβεβηκάς-Begriff aber auch fürdieses Verhältnis, für das er nicht ursprünglich geschaffen wurde, zum Terminus wird, gründet in der hartnäckigen Vorrangstellung der Präsenz und führt dazu, daß die Bedeutung des Seins Verhältnisses (ε�ναι) 2wischen Kategorie und ΰποκείμενον im Sinn des Bestimmendseins des Vorliegenden zwar nicht verdrängt, aber doch überschattet wird durch das bloße Zusam-mensein von einer Präsenz mit einer anderen Präsenz.

Eben darin unterscheidet sich aber gerade das neue ε�ναι κατά συμ-βεβηκός vom bisherigen, daß das ov, von dem es gesagt wird, sich nicht in der Präsenz, die es καθ-' αυτό ist, erschöpft, sondern von sich aus auf die Mannigfalt weiterer Bestimmungen angelegt ist. Auf der anderen Seite si ung der nd auch diese weiteren Bestimmungen, sobald sich die AuffassK auf ategorien als κα&' υποκειμένου λεγόμενα durchsetzt, von sich ausdieses Zusammensein angelegt, in ihm erfüllt sich ihr Sein, So kann A ß ristoteles in Anal. Post. A22 sagen: „Das, was nicht ουσία bedeutet, muvon einem ύποκείμενον gesagt werden, und ein Weißes kann nicht sein, das nicht als ein anderes seiend weiß ist" (83a30ff.). Das δπερ &v, das die K lche ist, ist kein eigentliches 8v und έν, sondern erfüllt sich ategorie als soals ein solches erst, wenn es zu einem έτερον τι δπερ εστίν (73b8) wird (vgl. auch 73b5ff., 83b22f.}. So handelt es steh hier also um ein εΐναι κατά συμβεβηκός dessen Öv- und IVCharakter dadurch ermöglicht wird, daß das έν der einen Seite sich steigert zu einem solchen, das über seine eigene Präsenz hinaus noch weitere Präsenzen in sein Sein aufnehmen kann, und daß hlossen ist und somit das £v der anderen Seite noch nicht in sich gescbeide von vornherein auf das Bv und έν der Zwiefälügkett eingespielt sind.

Weil dieses ε�ναι κατά συμβεβηκός nicht menr das bloße In-Bezie-hung-Stehen von solchem meint, was jedes für sich ein καθ·' αυτό ist, sondern das, was hier κατά συμβεβηκός prädiziert wird, erst als so Prä-diziertes, als κατ' άλ υποκειμένου λεγόμενον ist, sind jetzt die übrigen Kategorien λου wesensmäßig (und nicht nur in bezug auf ein anderes) συμβεβηκότα (vgl. A22, 83a2SfF., MOff., bl7ff.; A4, 73b5ff.), und die erste Kategorie wesensmäßig (und nicht nur, wenn sie aus den Bezügen des Vorliegens herausgehoben wird) ein κα-ϊτ' αΰτο λεγόμενον (73b5ff,). Das συμβεβηκός ist kein bloßer RelationsbegrifF mehr, da die Relation zum Sein der übrigen Kategorien geworden ist16.

Das συμβεβηκός-Verhältnis zwischen den übrigen Kategorien und der ersten stellt sich nun aber nicht als ein ausgezeichnetes συγκεΐσ&αι bloß neben das bisherige συμβεβηκός-Verhältnis von beliebiger Präsenz mit beliebiger Präsenz: vielmehr liegt es, wie Aristotele#s auch noch in Anal. Post. A22 zeigt (83al-20), diesem zugrunde und läßt es überhaupt erst in sei εβηκός zwischen nem eigentlichen Sinn erscheinen. Jedes εΐναι κατά συμβPräsenz und Präsenz ist nämlich ein Verhältnis des Vorliegens und untersteht daher den hier herrschenden Bestimmungen. Nun hat sich gezeigt, daß jede vorliegende Präsenz innerhalb der übrigen Kategorien, ganz gleich ob sie in einer Aussage an der Stelle des Prädikats steht oder nicht, schon als solche paronym und συμβεβηκάς einer ουσία ist; ferner ist die einzige Präsenz, die als vorliegende ein Etwas (Synonymes) ist, so daß anderes davon gesagt werden kann („es ist das und das"), die ουσία, ganz gleich ob sie in einer Aussage an der Stelle des Subjekts steht oder rieht. Und so wird jetzt sic συμβεβηκός-Aussage, ganz, gleich was an der Stelle des htbar, daß jede Prädikats und des Subjekts steht, ihrer eigenen Intention nach immer nur eine andere Kategorie von der ουσία aussagt und das Zusammensein zweier beliebiger Kategorien nur vermittels des Zusammenseins von jeder mit der ουσία. Sagt man ζ. Β. „das Große geht", so wird das Gehen gar nicht von einer Größe ausgesagt, sondern von einer ουσία, die κατά συμβεβηκός groß ist (83all f.). Und „wenn ich sage, daß das Weiße Holz ist, dann meine kh, daß das, dem das Weiße ein συμβεβηκός ist, Holz ist, und nicht, daß das ύποκείμενον von Holz das Weiße ist" (a4ff.). Weil in solchen Fällen das Satz-Subjekt nur κατά συμβεβηκός das ύποκείμενον ist, wird dieses Prädizieren im Gegensatz zum eigentlichen κατηγορεΐν ein κατηγορεΐν κατά συμβεβηκός genannt (al4-17).

11 Jetzt wird auch sichtbar, an welcher Stelle in ZI der entscheidende Schritt gegenüber der Kategorienschrift liegt: nicht in den einzelnen Prioritäten für sich, sondern darin, daß das ε�ναι im Sinn des λέγεσθαι mit dem εϊν<Η im Sinn der Faktizität, also das ε�ναι., das die Kategorie von der ouoU aussagt, mit dem εΐναι der Kategorie selbst zusammenfällt, daß also die Kategorie (was in Ζ natürlich nicht aus ategorienschrift drücklich werden kann) als συμβφηκός begriffen wird. In der Kkonnte die Kategorie selbst noch nicht in der paronymen Fotm gesehen werden, weil es noch unbegreiflich war, daß das, was die ο υ σ ί α κίχτά συμβίβηκός ist, das Sein der Kategorie sein soll.

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Da sich der Vorrang der ουσία als Basis der συμβεβηκός-Verhälinisse im konkreten Aussagen ganz von selbst ergibt, ist er bei Aristoteles bereits von Anfang an de facto vorhanden gewesen, wie aus den -τόποι des συμβεβηκός in der Topik zu ersehen ist1'; philosophisch begründet werden kannte er etst, als die übrigen Kategorien in ihrem Sein ab συμβεβηκότα und d. h. als καθ' υποκειμένου λεγόμενα begriffen waren10. Anderseits kann natürlich auch jetzt immer noch eine beliebige Kategorie καθ' αυτό (synonym) betrachtet und die übrigen mit ihr zusammen seienden Präsenzen als ihre αυμβεβηκότα verstanden werden (vgl. ζ. Β. i078al7f.), aber weil man dann die Kategorie aus dem Zusammen des Vorliegens herausgehoben hat, kann man die übrigen Präsenzen nicht von ihr κατά συμβεβηκός aussagen. Da es sich beim κατά συμβεβηκός immer nur um Verhältnisse des Vorliegens handelt, muß alles λέγεσθαι κατά συμβεβηκός auf diejenige Präsenz orientiert sein, die als vorliegende καθ' αυτό ist und daher a 1 s καθ-' αυτό Ansprechbares zugleich anderes κατά συμβεβηκός sein kann.

Weil das ΰποκείμενον als £v zugleich Mannigfaltiges sein kann und auch die übrigen Präsenzen zwar nicht zueinander, wohl aber zum ΰποκείμενον von vornherein „geöffnet" sind (S. 52f.), ist mit der Fundierung der übrigen συμβεβηκός-Verhältnisse in diesem ausgezeichneten zugleich die Begründung ihres εν- und öV Charakters gegeben. Diese führt Aristoteles, wenn auch nur sehr rudimentär, in der Erörterung des δν κατά συμβεβηκός in Metaph. Λ7 und des ev κατά συμβεβηκός in Δ6 durch ". In Δ7 werden zunächst (1017a8-13) Beispiele für alle 3 Typen des ε�ναι κατά συμβεβηκός gegeben (1. andere Kategorie von anderer Kategorie, 2. andere Kategorie von ουσία, 3. ουσία von anderer Kategorie) und dann (al3-22) der 6v-Charakter ihres ε�ναι begründet, indem gezeigt wird, daß sie alle in der ουσία als einem 6v verankert sind. In der Begründung des ε�ναι κατά συμβεβηκός wird also nur auf das ΰποκείμενον als auf ein Sv zurückgegriffen, nicht auf die Kategorie, weil diese ihrerseits erst durch das συμβεβηκέναι zu einem Öv wird (vgl. 1017al8f. mit 1069a23L). Entsprechend (wenn auch nicht so durchsichtig) wird in Δ6 (1015bt6fT.) das εν aller Typen des συμβεβηκός in dem 6ν begründet, das die ουσία ist: so bilden ζ. Β. „das Gerechte und das Gebildete" ein

11 Daß er in der Kategorienschrift nicht sichtbar ist, liegt an ihrem be-sonderen Thema, der Untersuchung der einzelnen Kategorien.

" Typisch für die Verwirrung, die über diesen Zusammenhang allgemein herrscht, ist der Satz von Trendeknburg (S, 19): „Die ausgesagten Begriffe (κατηγορούμενα) . . . sind, real gefaßt, in dem Substrate (σνιμβεβηκότα)." Der erste, der erkannt hat, daß das συμβεβηκός die spätere Bezeichnung des Verhältnisses der Kategorie zur υύαία istj die an Stelle des έν ΰποκειμέυφ tritt, ist meines Wissens Gohlkc (Ausgabe der Kateg-, S. 15), Aber Gohlke sieht nicht, daß auch das συμβεβηκός eine Wandlung durchgemacht hat, und betrachtet daher die Stellen, an denen das συμβεβηκάς in der Katcgotien-schrift vorkommt, als spätere Zusätze.

» Vgl. auch Γ4,1007a33rT.

ev κατά συμβεβηκός, „weil sie συμβεβηκότα von einer ουσία" sind (1015b21 f., vgl. auch b27, b30f.).

Das ist der e r s t e Schritt in der Beantwortung der Frage nach der Einheit (Anwesenheit) der mannigfaltig zusammen vorliegenden Präsenzen, wobei zugleich die Grenze der aristotelischen Lösung des Problems von Sv und πολλά greifbar wird. Dadurch daß die ουσία ein Eines von Mannigfaltigem ist, kann das Mannigfaltige zu einer Einheit kommen, die aber in der hloßen Zwiefältigkeit von jeder Präsenz mit jeder anderen besteht („denn es können nicht mehr als zwei verbunden werden", 1007bH.) und in der Zwiefältigkeit von jeder Präsenz mit der ουσία gründet. So wird das Mannigfaltige, um es als Anwesendes denken zu können, nicht mehr in lauter Einfaches ausein-andergenommen, wohl aber in lauter Zwiefältigkeiten, die aber nun doch auch ein Ganzes bilden, jedoch nur dadurch, daß die eine Seite von ihnen allen die Eine ουσία ist. Wenn nicht jede Präsenz in erster Linie eine Zwiefältigkeit mit der ουσία bilden würde, „könnte nicht aus allen ein Eines entstehen" (1007bl0).

,Der zweite Schritt besteht in der Herausarbeitung einer wesensmäßigen und notwendigen Einheit zwischen Präsenz und Präsenz. Der gleiche Wesenszug des συμβεβηκός-Verhältnisses zwischen Kategorie und ουσία, der den ÖV und IVCharakter jedes συγκεΐσθαι κατά συμβεβηκός begründet hat, ermöglicht jetzt auch diese Steigerung des έν-Charakters innerhalb des ausgezeichneten συμβεβηκός-Verhältnisses selbst: Denn da die ουσία wesensmäßig ουσία von irgendwelchen Kategorien ist und diese wesensmäßig Kategorien von irgendeiner ουσία, ist der Boden gewonnen, auf dem jetzt auch nach einem wesensmäßigen Zusammenhang der bestimmten Kategorie mit einer bestimmten ουσία gefragt werden kann, nach einem συμβεβηκύς καθ1 αυτό.

§ 9. Das Problem einer notwendigen Einheit der vorliegenden Präsenzen (das σνμβεβηκός Ηα&αντό)

Die Forderung, das elvat des λέγεσθαι κατά συμβεβηκός nicht nur über-haupt als ovund £:v, sondern als wesens maß ige und not wendige Einheit zu denken, geht von dem Anwesenheits- und d. h. Präsenzcharakter dieses 6v und εν aus, den wir bisher nicht berücksichtigt haben: der Sinn des die Zwiefältigkeit vermittelnden έστι liegt in der Wahrheit (αλήθεια), und das 6v und εν des συγκεΐσθαι ist jeweils ein αληθές '(Metaph. 010, 1051M-13, 34f.)2°.

Auch bei Aristoteles bedeutet αληθές, wie schon bei Platon (§1),

*· Vgl. auch z. B. 21b30f„ 22aB, 139a37ff.

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primär da$ Seiende in seiner Selbigkcit und d. h, Wißbarkeit (Präsenz) und erst sekundär den das Seiende als es selbst vernehmenden Wissensbezug S1. Doch gelingt es jetzt, diese Selbigkeit auch auf das Zwiefältige auszudehnen. Dadurch daß jede Präsenz in ihrem Vorliegen primär auf die Eine οϋαία bezogen ist und nicht sogleich in eine unbestimmte Mannigfaltigkeit hinausgleitet, kann sie im Vorliegenden Fuß fassen, ohne ihre Bestimmtheit zu verlieren, und sich dann auch je und je mit einer mitvorliegenden anderen Präsenz zusammen iwlefaltig und dabei doch bestimmt und selbig präsentieren. Nicht nur die einfache Präsenz ist jetzt selbig, sondern auch ihr jeweiliges Zusammensein mit einer anderen Präsenz ist deswegen, weil es lediglich das Zusammensein mit einer anderen Präsenz ist, ein „so und nicht anders". Im άλ-η&ές liegt also auch der Grund, warum das Zusammensein der Präsenzen auf eine jeweilige Zwiefältigkeit beschränkt bleiben muß2U: denn die das Wesen der Wahrheit ausmachende Selbigkeit

u Vorgreifend kann aus der Erörterung des ov ως αληθές (1026a34f.) in Λ7 (1017a31-5) gezeigt werden, wie beim Zwicfältigen das αληθές des Sagens im ίλτβίς des Seienden gründet. Δ7 geht beim αληθές genauso wie bei den anderen Bedeutungen des 6v von einer bestimmten Bedeutung des έσ-rt aus, und zwar zunächst von einem gan* besonderen έστι. Sagen wir nämlich von einer Aussage, daß sie wahr sei, so können wir sagen: „Es ist wahr, daß Sokrafes gebildet ist", aber auch einfach; „Es ist so, daß Sokratcs gebildet ist", oder schließlich nur: „Sokrates i s t gebildet." Im Griechischen kommt dieses betonte „ist", das soviel besagt wie „es ist wahr", prägnanter als im Deutschen durch die besondere Satzstellung zum Ausdruck (vgl. a33f.). Von hier aus versteht nun aber Aristotetes ( Θ10, 1051b34f., Δ29.1024bl7ff.) den Aussagesinn j e d e r Aussage und d. h. jedes έσ-u. Die Aussage kann auf ihre Wahrheit geprüft werden, nur weil sie in sich schon auf Wahrheit, auf ein Aufzeigen der Sache, so wie sie selbst ist, Anspruch macht, indem sie immer schon, mag sie faktisch wahr oder falsch sein, unausgesprochen sagt: „Sokrates ist in Wahrheit gebildet," Was durch dieses „ist" der Aussage selbst „wahr" genannt wird, ist aber dann nicht mehr eine Aussage, sondern das Seiende in seiner Selbigkeit („es ist in Wahrheit so": „es selbst ist so".). Daher war es auch von vornherein nicht die Aussage, die durch jenes besondere έσ-ti „wahr" genannt wurde, sondern das von der Avissage Aufgezeigte wurde damit als das „Seiende selbst" bekräftigt. Entsprechend versteht Aristoteles auch das „ist nicht" jeder Aussage als ψΕΰδος (1024bl7tt,, 1051b34f.):: „falsch" ist nicht nur eine Aussage, sondern alles der Sache Fremde, was durch ein „ist nicht" von ihr ferngehalten wird.

«'* So macht sich schon jetzt bemerkbar, was sich im folgenden immer wieder bestätigen wird (S. 63, 94, 107f., 153) daß die αλήθεια, die ah Selbigkeit einen ursprünglichen Zug zum eindeutig Bestimmten und Einfachen har, nicht nur bei Pia to n eine produktive Lösung der Frage nach der Einheit des Mannigfaltigenausschloß, sondern auch bei Aristoteles das retardierende Moment bleibt, das seiner Bewältigung des Problems schließlich überhaupt eine Grenze setzt. Diese Rolle der αλήθεια bleibt natürlich verdeckt, wenn man sie, über ihr Wesen als Selbigkeit und έπιατητόν hinwegsehend, als „XJn-Verborgcnheit" versteht (S. 9, Anm. 10). Daher kann für Heidegger „das aristotelische Denken" Inder αλήθεια (Μα.ΘΙΟ) sogar seine „Gipfelhöhe" erreichen (Platons Lehre, S. 44) und die Spannung zwischen der αλήθεια und der ένέρ-,-EL« (unten §§ 13, 14, 18), troti Vortr. u. Aufs. S. 76f., unbemerkt bleiben.

und Bestimmtheit und d. h, der eindeutige Gegensatz 211m Falschen besteht nur noch beim Zwicfäkigen, da hier etwas mit einem anderen entweder zusammenliegt oder nicht (Satz vom Widerspruch), mithin eine eindeutige Grenze zwischen dem „so" und dem „anders" gezogen ist (Satz vom ausgeschlossenen Dritten), so daß das Zusammenvorliegende schlechthin anwesend (präsent) sein kann".

Es gibt also ein Wahres (Seibig-Präsentes), das sich nicht in der einfachen Präsenz erschöpft, ja die Wahrheit ist sogar eigentlich im Bereich des λέγεσθαί Tt κατά τινός, das aber nicht auf das λέγεσθαι κατά συμβεβηκός beschränkt ist, beheimatet, weil nur hier auch ein Falsches, dem das Wahre entgegengesetzt sein kann, überhaupt möglich ist, nämlich jedes Zusammensein des τι mit einem τι, mit dem es faktisch nicht zusammen ist. Gerade deswegen erreicht aber die Wahrheit ihre höchste Möglichkeit beim Einfachen, weil hier das Falsche nicht nur ausgesperrt, sondern unmöglich ist, so daß das Vernehmen die Präsenz nur entweder in schlechthmniger Begegnung „berührt" oder sie überhaupt nicht im Blick hat: täuschen kann es sich nicht (010, 1051M7-33, 35f.). Weil das Einfache als das eigentlichste Wahre das eigentlichst Präsente ist, soll zur Vermeidung von Zweideutigkeiten im folgenden der Terminus „Präsenz" weiterhin auf das Einfache beschränkt bleiben, aber es darf nicht aus dem Auge verloren werden, daß auch das übrige in dem Maße in den Machtbereich der Präsenz (der scldechthinnigen Anwesenheit) hineingezogen wird, als es gelingt, es als Wahres zu denken.

Das gleiche Wesen der Wahrheit (die schlechthinnige Anwesenheit als Ausschluß des Falschen) führt nun aber auch zu einer Differenzierung» nnerhalbder Wahrheit des Ζ wiefältigen und d.h. zugleich innerhalb des entsprechenden Vernehmens, nämlich der dem νους im engeren Sinn als Vernehmen des Einfachen gegenüberstehenden διάνοια (λόγος) (Met, Θ10, 1051M3-17, Anal. Post. A33). Denn selbig im eigentlichen Sinn ist ein Zwiefältiges noch nicht, wenn es nur „so" ist ,;und nicht anders", sondern erst, wenn es notwendig ist (άναγκαΐον) und d. h. wenn es nicht anders sein kann (μη ένδεχόμενον &Κλως έχειν) ". Das notwendige Zwiefältige ist zugleich ein aligemeines (καθόλου): denn wenn das eine τι vom anderen τι nicht getrennt sein kann, dann

" Ebenso wie die Einh ch die sachlich gebundene eit des Seienden selbst findet auEinheit der Rede (λόγος im einfachen Urteil, ) bereits beim Zwtefältigen ihr Ende, bein dem ein Prädikar von einem Subjekt gesagt wird. Nur dieser λόγος zeigt ein Eines auf (ev 8ηλοί, 17al6); ist der λόγος komplizierter (wie ζ. Β, das „lüas-Gedicht"), so besteht seine Einheit nur noch darin, daß er selbst „aneinandergereiht" ist (συνδέαμω εΙς) (vgl. 17a8f. 15E., 93b35f., 1030b8f., H57a29f.).

" Ebenso wie das eigentlichste αληθές ist aber auch das eigentlichste άναγκαΐον das schlechthin Einfache (1015blIL), weil es nicht einmal mehrere Seiten hat und daher das Anderssein können bei ihm von vornherein ausgeschlossen ist (bl2f.).

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ist es „immer und überall" mit ihm zusammen (87b32f.), und von allem (κοιτά παντός), von dem das eine gesagt wird, muß auch das andere gesagt werden (?3a28ff.). So wie das άλή&ές und das άναγκαϊον, muß auch das καθόλου, das sich zunächst als Charakter der einfachen Präsenz als solcher (allerdings nur, sofern sie eine Präsenz von Vor-liegendern ist) gezeigt hat (S. 30), aut das Zwiefättige übergreifen, wenn dieses als eigentlich präsentes denkbar werden soll". Wenn es hingegen auch anders sein kann (d.h. z u f ä l l i g ist), wenn also die eine Seite des Zwiefältigen mit der anderen einmal zusammen ist und einmal nicht, dann ist es zwar jeweils wie es ist und nicht anders, aber es hat sein Anderssein nicht au s gesperrt, so daß das Vernehmen dieses Seienden, gerade wenn es an einem bestimmten Zwiefältigen als selbigem festhält, falsch wird, sobald die beiden Seiten nicht mehr zusammen sind; das Seiende ist hier zwar je und je „wahr", es besteht eine eindeutige Grenze zwischen Wahrheit und Falschheit, aber diese Grenze besteht nicht ein für allemal (1051bt3f.). Der λόγος dieses Vernehmens kann immer nur in be~ zug auf das je und je gerade gegenwärtige Einzelne wahr sein (1036aof., 103%33 ff,)- Das Vernehmen des je und je Gegenwärtigen (Vorliegenden), das im Unterschied zum schlechthin Anwesenden (Präsenten) ein aus dem Abwesen heraustretendes und wieder zurücktretendes Anwesen ist (vgl. S. 10), ist die Wahrnehmung (αΐσθησις, i040a3f.,428b28f,), und der in solcher Weise auf die Wahrnehmung angewiesene λόγος des Zufälligen heißt, weil er ohne Gewißheit ist, Meinung (δόξα, 89a2f., 1039b33ff.). Dagegen heißt der λόγος des notwendigen und allgemeinen Zwiefältigen Wissen (επιστήμη, 88b31f.): denn obgleich hier das Falsche im Unterschied zum Einfachen möglich ist, ist sich das Vernehmen, wenn es einmal das Seiende selbst im Blick hat, der Wahrheit, und d. h. des Ausgeschlossenseins des Falschen, gewiß und kann in dem Wahren in schlechthinniger Begegnung ein für allemal ruhen.

Weil nun auch das Zufällige je und je wahr ist, wird das „bloß Wahre" (das μόνον άληθες) zur unterscheidenden Kennzeichnung des Zufälligen im Gegensatz zum Notwendigen und Allgemeinen (i019b25f., 88b30-33, 1025al4f.)l· doch darf deswegen nicht übersehen werden, daß die Notwendigkeit nichts anderes ist als die eigene Wesenserfül-

" Der Allgemeinheitscharakter des notwendigen Zwiefältigen unterscheidet sich aber wesentlich vorn Allgemeinheitscharakter des Einfachen, da dieses eigentlich nur ein „Gemeinsames" (κοινόν, 1038bll) ist, ein solches, das unbestimmt oft vorliegen kann („Das nämlich wird allgemein genannt, was seiner Natur nach m'ehrerem zukommt", 1038bΠ f.), während erst beim Zwiefältigen ein eigentlich Allgemeines gegeben ist, etwas, was „von allem'* (κβτά πβντάς) gesagt wird. Jede einfache Präsenü schafft durch ihr mehrfaches Vorliegen überhaupt erst eine Vielheit, die dann, wenn dieser Präsenz etwas anderes notwendig zukommt, Allheit ist, auf die als auf ein Ganzes (βλυν) das andere κ<*8-όλου zugesprochen werden kann. (Die beiden Weisen des Allgemeinen werden in anderem Zusammenhang genauer unterschieden bei Ulmer, S.71.)

lung des Wahren seihst. Das fiv-εν-άληθές des* Zwiefältigen ist erst all· άναγχαΐον ein eigentliches δν-έν-άληθ-ές, und nur soweit sich das Zwiefältige als Notwendiges und Allgemeines und d, h. als Wißbares (επιστητών, 88b30) denken läßt, ist es Präsentes im eigentlichen Sinn.

Zunächst scheint ein Wissen nur möglich zu sein innerhalb der λεγόμενα καίτ' αυτά im ursprünglichen Sinn (S. 51), d. h. nur bei solchem λέγεσθ-αι, in dem von einer Präsenz das gesagt wird, was sie gerade ist (δττερ εστίν), also nur als definitorisches Wissen. Die Bestimmungen, um die es sich hier handelt, sind nicht verschiedene Präsenzen, sondern nur die verschiedenen Wesensseiten einer Präsenz und gehören daher notwendig zusammen. Hingegen ist das, was eine Präsenz mit einer anderen zu einem εν κατά συμβεβηκός zusammenkommen läßt, das Unbestimmte, die ϋλη (S. 20, 26), die wesensmäßig immer wieder von anderem bestimmt werden kann, und da das Vorliegen der Präsenz ihre Vereinzelung ist, scheint ihr das, womit sie hier zusammenkommt, nur zufällig und nicht allgemein und notwendig zuzukommen. Daher wird auch in der Topik, deren vierfache Einteilung aller möglichen προβλήματα (101bl7fF.) in solche des συμβεβηκάς, des γένος (und διαφορά), des tStov und des τι ήν ε�ναι noch ganz im Sinn der Akademie auf den notorisches Wissen orientiert ist", das συμβεβηκός überhaupt als das erklärt, was „ein und demselben zukommen und auch nicht zukommen kann" (102b6f.)", Wenn aber das Zusammenvor-

" Vgl. auch Solmsen, S. 153f., und unten Anm. 26. " Dagegen wird man gehend machen, daß an Stelle des notwendigen συμβεβηκός

hier das ISiov steht. Aber die übliche Gleichsetzung des ISLOV und des späteren συμβεβηκός καθ'αυτά (vgl. ζ. Β. Ross zu l025a30, Κ. ν. Fritz, S. 489) ist irrig und verdeckt nur die Entwicklung der Problematik. Denn 1. ist das ISiov, also das, was mit der Präsenz, der es zukommt, wechselseitig .prädiziert werden kann (άντικατηγορειται), aber nicht ihr τί �ν εΐναι ist (102al8ff.), ein viel engerer Begriff als das συμβεβηκύς καθ' Λυτά, so daß Α. in den 2. Analytiken (wo er das EStov genauso versteht) sagen kann, daß sich die apodeiktische Wissenschaft (deren einziger Gegenstand die αν;μβεβηκΰτα καθ' αυτά sind, 75bl) nut selten mit den iSia beschäftigt (73a7/17f,), 2. bleibt der ontologische Charakter des Verhältnisses der ISux zu der Präsenz, der sie zukommen, in der Topik gänzlich offen, und 3. geht es in der Topik bei der Erkenntnis der ESiot nicht um die Erkenntnis der Notwendigkeit ihres Zusammenseins mit einer anderen Präsenz bzw. ihres Vorliegens, sondern sie dienen nur zur weiteren Ausgrenzung der Präsen2, der sie zukommen, und fungieren bloß als deren Unterscheidungsmerkmale, sie ergänzen also lediglich die Definition, vgl. z.B. 130bl2ff.: „Unnütz ist nämlich dasjenige tStov, das nicht von anderem trennt (unterscheidet); denn das als tötov Gesagte muß trennen, ebenso wie die Definition."

In Wahrheit ist das notwendige αυμβεβηκής in der Topik noch ungehoben im <ι\>μβεβηκός enthalten, und daher ergibt sich eine merkwürdige Diskrepanz zwischen der oben im Text zitierten und auch nachher (120b30ff., 144a23ff.) wiederholten Definition und den τάποι des ουμβεβηχός, die dann faktisch im 2. Buch gegeben werden und mit zwei Ausnahmen (112a25ff., U3a20ff.) alle von solchen αυμβεβηκήτα handeln, die ihrem Subjekt immer zukommen, vgl. besonders 109bl3ff. und lllb24ff. Siehe auch Solmsen, S. 155.

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liegende als im eigentlichen Sinn Anwesendes (Präsentes) begriffen werden soll, dann muß sich dn notwendiges Ov κατά συμβεβηκός denken lassen und damit eine Wissensetulft der συμβεβηκότα (1059a32t.) begründet werden können.

Das ist erst auE dem Boden des neuen, nicht mehr auf eine beliebige Präsenz, sondern auf die ουσία orientierten συμβεβηκός-Begriffs möglich und Zugleich notwendig: Da die Kategorie als solche nicht mehr ein in sich geschlossenes Eines ist, genügt dem Wissen nicht mehr die definitorische Betrachtung ihres eigenen Wesens, sondern umgrenzt und bestimmt werden muß ihr Vorliegen und d.h. ihr Zusammensein mit der ουσία, und dies wird dadurch möglich werden, daß die Kategorie jetzt von vornherein wesensmäßig auf eine ουσία bezogen ist.

In Anal. Post. A22 werden die συμβεβηκότα, so wie sie dort vorher erklärt wutden (als κατ*άλλου υποκειμένου λεγόμενα, S. 53), in zwei Arten eingeteilt: „συμβεβηκότα nämlich sind alle (genannt waren die übrigen Kategorien), aber die einen sind es καθ' αυτά, die anderen auf andere Weise" (83bl9f.). Gemeinsam erklärt werden diese beiden Arten nur an einer einzigen Stelle" (Phys. 186bl8ff.); „συμβεβηκός wird genannt entweder das, was zukommen (ΰπάρχειν) und nicht zukommen kann, oder das, in dessen Definition jenes enthalten ist, dem es ein συμβεβηΐιόςϊδί, so wie (Beispiel für das erste) das Sitzen ein Trennbares ist und (Beispiel für das zweite) im Stumpfnasigen (σιμό-ν) der λόγος der Nase, der das Stumpfnasige ein συμβεβηκός ist, enthalten ist."

Die Zufälligkeit also, die in der Topik al le συμβεβηκότα betrifft, charakterisiert hier nur den einen Teil. Diese, die Aristoteles meist schlechtweg συμβεβηκότα nenntia und im folgenden als die „zufälligen συμβεβη-

17 Denn in Met. Δ30 werden die βυμβεδηκότοι καθ' αυτά nicht eigentlich erklärt, sondern nur negativ gegen das dennitorische καθ' αυτό abgehoben.

11 Dieser Gebrauch des gleichen Terminus für die eine Unterart und für die übergeordnete Gattung hat natürlich wesentlich beigetragen zu der Verwirrung, die in der Forschung bei diesem Begriff weitgehend herrscht. Die Interpreten des 19. Jahrhunderts haben das zufällige συμβεβηκός und das συμβεβηκός καθ' αυτό als zwei v nicht aus einet gemeinsamen "Wurzel stammende Begriffe öllig heterogene und erklart, indem sie beim letzteren das Wort συμβεβηκός aus dem Gebrauch von συμβαίνειν im Sinn von „evenire" (Bonitz Ind. 713bl0/b43f.) verstanden und es als „Abgeleitetes" (Sehwegler III, S. 243) erklärten. Das καΰ' αυτά sei dann nur nachträglich zur Unterscheidung gegen das andere συμβεβηκός hinzugekommen (Bon.Ind.713b52fF.), Diese Konstruktion (die sich auch noch z. B. bei Allan, S. 150, findet) ist eindeutig widerlegt durch den oben zitierten Satz Anal. Post, Ä22 83bl9f. Dagegen ziemlich richtig bereits Maier Syll. d. Α. Η, 2, S. 326, Anm. 2 (allerdings wird auch von ihm ebenso wie sonst überall die erste und ursprüngliche Bedeutung des συμβεβηκός übersehen; man erklärt das (τυμβεβηκός immer nur im Verhältnis zum ύιτοκϊίμεΝον und hat sich dadurch auch den Zugang zum richtigen Verständnis des τΐ ήν ε�ναι versperrt (S. 18 Anm. 18]).

Es ist aber auch bei Aristoteles selbst oft schwer zu erkennen, ob jeweils das συμβφηκός im weiten Sinn oder das zufällige ουμβεβηκός gemeint ist. Das trifft besonders für die Behandlung des βυμβεβηκός in Met. Δ7 zu, die wir in der weiten Bedeutung erklärt haben (S. 54). Für die enge Bedeutung

κότα" festgehalten werden sollen, sind es, die rn Met. E2 (und Δ30, 1025al4—30) erörtert werden (vgl. S. 50). Nur die Einheit dieser συμβεβηκότα gründet noch in der ϋλη (1027al3), und nur von ihnen gibt es kein Wissen (1027a20). Das, wogegen sie in E2 abgesetzt werden, ist nicht das δν καθ' αυτό im Sinn von Δ7, sondern die an ! dere Art des συμβεβηκός ".

Diese andere Art, das συμβεβηκός καθ·' αυτό, wird in der obigen Physikstelle und auch.überall sonst (vgl. 73a37f., 84al3f., 1030b23f.) als solches erklärt, in dessen Definition das enthalten ist, dem es zukommt. Dabei fällt auf, daß die beiden Arten des συμβεβηκός nicht nach einer einheitlichen Hinsicht unterschieden werden. Warum wird die zweite Art nicht als das notwendige und allgemeine συμβεβηκός erklärt? Als solches wird es von Aristoteles auch verstanden (74b6f.), aber Notwendigkeit und Allgemeinheit genügen für sich allein noch nicht für seine Wesensbestimmung*, die Notwendigkeit nicht, weil vielmehr gezeigt werden muß, was es zu einem Notwendigen macht und wodurch es als solches erkannt werden kann; die Allgemeinheit nicht, weil erstens das beständige Zusammensein der beiden Präsenzen nur eine Folge ihrer notwendigen Wesenszusammengehörigkeit ist und weil zweitens der Mensch die Allgemeinheit des Zusammenseins nie unmittelbar erfahren kann, da er im Hingeführtwerden vom Einzelnen

spricht dagegen, daß 1, die Behandlung des zufälligen συμβεβηκός in E2 an Δ7 anknüpft (aber vgl. S. 50) und daß 2. in der parallelen Erörterung des ταύτέι κατά συμβεβηκός in Δ9 eindeutig das zufällige συμβεβηκός gemeint ist (vgl. 1017b33fF.). D das Zufällige weisen, nichts agegen darf aus den Beispielen, die ebenfalls aufgeschlossen werden, weil entsprechende Beispiele in Anal. Post. A22 gegeben werden, wo es sich eindeutig um die weite Bedeutung handelt (vgl, 83bl9f., 84a7ff.). Für die weite Bedeutung in Δ7 spricht vor allem die sachliche Erklärung, ferner auch, daß sonst das έστι im Sinn des συμβεβηκέναι καθ1 αυτό in Δ7 ganz ausgelassen wäre, denn das Sv καθ' αυτό von Δ7 darf natürlich nicht im Sinn eines συμβεβηκέναι κα&' αυτό verstanden werden (denn vgl. 1017a28f.). — Man wird hier nicht eine bestimmte Entscheidung erzwingen dürfen, sondern diese Unentschiedenheit ist selbst ein wesentlicher Charakter der aristotelischen Behandlung des αυμβεβηκός.

" Dort und auch sonst (vgl. z.B. Phys. 196bl0f., Anal. Post. Λ30) werden sie allerdings in einer gegenüber der obigen Physikstelk neuen und profilierteren Weise erklärt, nämlich als das, was „weder notwendig noch meistens (ώς έτιί τ6 πολύ)" ist (1025al5, 1026b32): das Anderssein könnende (ένΒεχόμενον ίλλως Κχειν) ist also noch unterschieden worden in das, was meistens, und das, was weder notwendig noch meistens zusammen ist, und nur dieses letztere wird noch συμβεβηκός genannt. Das, was wesensmäßig zusammengehört, kann sich im snblunaren Bereich gewöhnlich nicht immer gegen das Unbestimmte durchsetzen und ist daher nicht tmmet, sondern nur meistens zusammen; deswegen gehört es aber nicht weniger wesensmäßig zusammen und ist daher ebenso wie das Notwendige ein Wißbares (1027a20f., 87b22f.). Mit dem „meistens" erfährt also der Bereich der Wissenschaft eine abermalige Erweiterung. In unserem Zusammenhang ist der Unterschied zwischen dem „meistens" und dem Notwendigen nicht relevant, und wir halten daher an der simplifizierenden Gegenüberstellung von „Notwendigem" und „Zufälligem" weiterhin fest. Zum Genaueren über das „meistens* und sein Verhältnis Eum Notwendigen vgl. Ulmer, S, 89-91.

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auf das Allgemeine (επαγωγή) nicht alle Fälle durchlaufen kann: er muß also auf die Notwendigkeit des Zusammen als auf eine Wesens-zusarnmehgehörigkeit unmittelbar zurückgreifen und aus dieser erst der Allgemeinheit gewiß werden können.

Eine Nfresenszusarnmengehötigiceit, d. h. eine solche, die das καθ-1 οώτό der Präsenzen betrifft, ist aber nur dann gegeben, wenn das eine im τί ήν ε�ναι, also im ορισμός, des anderen enthalten ist. So gründet ja auch die Notwendigkeit und Allgemeinheit, mit der die Gattung und die Differenzen einer Präsenz zukommen, darin, daß sie in der Definition der Präsenz enthalten sind und sie als solche (καθ-' αυτό) ansprechen, also υπάρχοντα καθ-' αυτά sind (73a34ff,} S. 51). Daher muß auch das notwendige συμβεβηκός ein υπάρχον καθ-' αυτό und d. h. dann ein συμβεβηκός καθ' αυτό sein, also ein solches, das der Präsenz auf Grund eines Definitionsbezuges zukommt. Das συμβεβηκάς war ursprünglich als das dem καθ·' αυτό und dem τί ήν ε�ναι Entgegengesetzte konzipiert worden (S. 51 f.); jetzt kann es, weil es auf das ύποκείμενον und nicht mehr auf eine beliebige Präsenz orientiert ist, bei dem ausgezeichneten συμβεβηκός-Verhältnis zwischen Kategorie und ουσία das καθ' αυτό in sich aufnehmen50. Aber das υπάρχον ist hier im Gegensatz zu den definitotischen Prädikaten nicht im ορισμός der ουσία enthalten, denn dieser erschöpft sich in deren eigener Gattung und Differenzen. Wohl aber ist umgekehrt die Kategorie nicht nur überhaupt wesensmäßig auf irgendeine ουσία bezogen, sondern enthält auch gemäß der 3. Priorität von ZI eine bestimmte ουσία bereits in ihrer Definition (S.48f,), und so ist es also diese Wendung der Kategorienlehre, wodurch der paradoxe und doch genau angemessene Begriff des συμβεβηκός καθ-' αυτό ermöglicht wird und damit ein no wendiges συμβεβηκός und d. h. eine Wissenschart der t συμβεβηκότα und d. h. ein eigentliches Anwesen des mannigfaltig Zusammen vor liegenden. Die ί>λη wird als Grund der Einheit der Präsenzen dadurch verdrängt, daß das Zusammensein im Wesen der Präsenz selbst verankert wird.

Doch der anscheinend geringfügige Unterschied gegenüber den de-finitorischen Prädikaten, daß nämlich dort das Prädikat in der Definition de* Subjekts, bei den συμβεβηκότα hingegen das Subjekt in der Definition des Prädikats enthalten ist (73a34ff., 84al3£.), führt zu unerwarteten Schwierigkeiten, die aber zugleich den Weg weisen zum eigentlichen Wesen der Wissenschaft der συμβεβηκότα. Denn auf Grund des Enthaltenseins in der Definition kommt wohl das Enthaltene dem Definierten notwendig zu, aber nicht umgekehrt. So kommt ζ, Β. die Gattung immerund notwendig dem εΐδος zu, aber das ε�δος nicht immer der Gattung. Da es sich bei den συμβεβηκός- Aussagen um das Prädiziert-werden des Definierten von dem in seiner Definition Enthaltenen han-

delt, besteht hier also noch gar keine Notwendigkeit, Umgekehrt enthalten viele συμβεβηκότα, die Aristoteles unter die zufälligen zählt, ihr ύποκείμενον in der Definition. Die Gegenüberstellung der beiden Arten von συμβεβηκότα in der obigen Physikstelle (S. 60) erweist sich somit doch als uneinheitlich und gerade die dort gegebenen Beispiele machen das besonders deutlich: eine Nase ist nicht notwendig und nicht einmal meistens „stumpfnasig", und umgekehrt kann auch das Sitzen nur einem Menschen oder jedenfalls einem Tier zukommen und enthält dieses also auch in seiner Definition (vgl. S. 48). Es gibt allerdings auch zufällige συμβεβηκότα, die das, dem sie zukommen, nicht in ihrer Definition enthalten: das ist aber nur dann möglich, wenn beide Präsenzen innerhalb der übrigen Kategorien sind (ζ. Β. „Der Gebildete sitzt") oder wenn das ύποκείμενον nicht gerade nach der Hinsicht genannt wird, nach der ihm das συμβεβηκός zukommt (ζ. Β. „der Mensch ist weiß" im Unterschied zu „der Körper ist weiß"), jede Präsenz innerhalb der übrigen Kategorien enthält aber nach ZI (1028a35) irgendein ύποκείμενον in ihrem ορισμός und ist daher nach Z5, wenn sie nur mit ihrem eigenen ύποκείμενον zusamrnengeschen wird, als συμβεβη-κ&ς καθ' αυτό zu bezeichnen (vgl, 1030b22ff./1031a2ff.) braucht aber deswegen 3dem ύποκείμενον nicht notwendig zuzukommen.

So wird hier also eine weitere Unterscheidung erforderlich zwischen συμβεβηκότα καθ' αυτά in einem weiten Sinn, die ihr ύποκείμενον in ihrer Definition enthalten und also wesensmäßig darauf bezogen sind, und solchen in einem engen Sinn, die darüber hinaus mit dem ύποκείμενον auch notwendig verbunden sind. Daß diese Unterscheidung bei Aristoteles nicht ausdrücklich vollzogen wird, hat seinen Grund nicht nur in der bereits erörterten Außenstellung, die das συμβεβηκός in der eigentlichen Durchführung der Seinsfrage einnimmt (S. 50), sondern sachlich in der Grenze, die der Bewältigung des Problems der Mannigfaltigkeit auch hier (vgl. schon S. 56) durch das αληθές, diesmal in seiner eigentlichen Gestaltals άναγκαΐον, gesetzt ist: die Bestimmtheit der Präsenz ist zwar nicht mehr so ausschließend, daß alles Zusammensein mit eineranderen Präsenzaußersieunddamitins Unbestimmte fällt, aber der ausschließende Gegensatz zwischen schlechthin Bestimmtem (εΐδος) und schlechthi nUnbestimm tem (ϋλη) bleibt auch auf der neuen Ebene weiter bestehen. Ein συμβεβηκός hat entweder einen Wesensbezug zum ε�δος der ουσία und scheint ihm dann auch schon notwendig zukommen zu müssen, oder es kommt ihm nicht notwendig zu und scheint dann auch schon lediglich in der ύλη 2u gründen und dem ε�δος gänzlich äußerlich zu sein. Das εΐδος der ουσία kann nicht die Unbestimmtheit selbst in sich aufnehmen und damit zu einem Spielraum von Möglichkeiten werden, die ihm gerade als variable wesentlich zukämen (ζ. Β. Liegen-Sit2en-Stehen-Gehen usw. dem Tier)31. Alles, was nicht notwendig ist, wird

" Wie sich dadurch auch ein „καθ' au τό"-Bezug innerhalb der übrigen Kategorien ergibt, wird später zu zeigen sein (S. 129).

" Am deutlichsten werden diese Zusammenhänge an einer Stelle, wo Ari-stoteles sich gezwungen sieht, ein συμβεβηκύς xccil·' αυτό als zufälliges αυμβεβη

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als der Präsenz äußerlich angesehen, und so Wferden eine ganze Reihe von sachlich verschiedenen und mehr oder weniger wesentlichen Weisen des Züsammenvorliegens ohne weitete Utiterscheidung unter die zufälligen ουμβεβηκάτα zusammengefaßt, nur weil sie in dem Negativen übereinkommen, daß sie nicht im stre ngen Sinn wißbar sind".

κός zu erklären: Er wirft in Met, 19 die „Aporie" auf, ob Weiblichkeit und Männlichkeit bei Menschen und Tieren Unterschiede hinsichtlich des ε�δος sind. Da diese αυμβεβηκάτα dem Tier wesensmäßig zukommen und es auch in ihrer Definition enthalten (1030b25f.> 1031a4), werden sie sonst als αυμβεβη-κότα καίΐ' χυτά erklärt (1030b21 ff.) und auch hier so eingeführt und solchen συμβεβηκοτα wie Weiß und Schwarz zunächst entgegengestellt (1058a32f.). Die Aporie wird dann aber gerade durch die Ahalogie mit diesen zufälligen συμβεβηκότα gelöst (1058bl—21): Weiblichkeit und Männlichkeit sind nicht nur keine Unterschiede des ε�δος, sondern auch nicht in bezug auf das ε£8ος (b22) und gründen lediglich in der δλ-η (b22f.). Für Aristoteles müßte der Unterschied dieser συμβεβηκύτα, wenn er sich auf das ε�δος bezöge, dieses selbst in zwei εϊδη unterscheiden; das eine ε�δος als solches kann sich für ihn nicht einmal so und einmal so Zeigen.

*' Die αυμβεβηκότα, die Aristoteles unter die zufälligen zählt, lassen sich etwa folgendermaßen gliedern:

.1. Andere Kategorie vom ύποκεΙμενο\ι: (a) Wenn das αυμβεβηκός das ύποκείμενον nicht in seiner Definition enthält: es kommt ihm dann auE Gruna seiner hyletischen Beschaffenheit oder seiner Gattung zu, ζ. Β. das Weiße dem Menschen (vgl. 1030b24f.), das „Vorhandensein mehrerer Mägen" dem Rind (vgl. unten S. 128); solche βίιμβεβηκάτα können dem ύποκεΐμενον trotzdem notwendig zukommen und also Gegenstand der επιστήμη werden, (b) Wenn das συμβεβηκός das ύποκείμενον in seiner Definition enthält, aber nicht immer bei ihm vorliegt. Hier gibt es dann verschiedene Stufen von Wesentlichkeit, die sich außerdem noch dadurch unterscheiden, daß manche dieser σ^μβεβηκό-να einem Einzelnen ein für allemal zukommen (ζ. Β, Männlich-Weiblich, Gerade-Ungerade), andere auch an einem Einzelnen wechseln (Sitzen-Liegcn-. . . usw.) (ausdrücklich unterschieden 1052a4ff.), Auch hier ergibt sich die Möglichkeit der έηιατήμη, wenn nämlich bei dem συμβεβ-ήκός, das an sich dem ύτιοκείμενον nicht notwendig zukommt, eine Bedingung gefunden wird, unter der es ihm notwendig zukommt (z.B. „Eklipse", vgl, Anal. Post. A8, unten S. 129).

2, Andere Kategorie von anderer Kategorie, wenn sie nicht notwendig zusammengehören (für die Notwendigkeit innerhalb der αυμβεβηκότα selbst vgl. S. 129). Auch hier ergeben sich wieder verschiedene Stufen von Wesentlichkeit, was von Aristoteles ausdrücklich vermerkt wird (vgl. 195bt f./10t4a5; t97a21ff.) (ζ. Β. das Musikalische ist dem Bildhauersein „näher" als die helle Hautfarbe, 195b2f.). In einem besonders aufdringlichen Sinn, der sowohl bei (1) als auch bei (2)4 wenn auch je verschieden, möglich ist, ist etwas dann ein zufälliges ουμβεβηκύς von einem anderen, wenn es an Stelle eines Dritten tritt, mit dem das andere sonst (meist) zusammengeht, zu dem das andere also naft' αυτά gehört, ζ. Β. „Kälte" und „Sommer" (1026b33). Nur für diesen ausgezeichneten Fall trifft die Erklärung E2, 1026b30f. zu, daß das "^meistens der Grund des συμβεβηκάς sei (weil durch das „meistens" im Gegensatz zum Notwendigen die Möglichkeit des Ausnahmefalls gegeben ist). So stellt sich also die Er klärung, die Aristoteles in der Metaphysik vor der Betrachtung des 6v καθ' αυτό vom 6M κατά συμβφηκΑς gibt, als Erklärung eines Sonderfalls einer Unter art des αυμβεβηκάς heraus! In diesen Sonderfall gehören dann vor allem τύχ·η und αΰτόματον (zu diesen [Phys. B4-f6] vgl. Ulmer S. 108ff.; eine Mono gra ht). phie von Helene Weiss, „Chance in Ä^istotle", ist noch unveröffentlic> ■ ■ I '■ ' ■:■

Und so konnte es auch umgekehrt zunächst sii aussehen, als ob für die Notwendigkeit des Zusammenseins die Wesenszugehörigkeit (der Dcfinitionszusammenhang) nicht nur eine notwendige, sondern auch eine hinreichende Bedingung wäre. Es wird sich zeigen, daß in der Entfaltung der apodeiktischen Wissenschaft in den 2. Analytiken dieser Unterschied faktisch berücksichtigt wird, ja für deren richtiges Verständnis grundlegend ist: anderseits ist das Versäumnis einer ausdrücklichen Klärung" wesentlich für die Dunkelheiten mitverantwortlich, mit welchen dieser Entwurf der apodeiktischen Wissenschaft behaftet ist.

Wenn mit der bloßen Wesenszu gehörig keit nicht schon die Notwendigkeit des Zusammenseins gegeben ist, so ist damit doch, indem die Kategorie dadurch wesensmäßig auf die ουσία zurückbezogen ist, der Boden gewonnen, auf dem jetzt auch nach dem gefragt werden kann, was sie an die ουσία bindet. Und da die Notwendigkeit, wie sich gezeigt hat, als Wesensgebundenheit in der Definition verankert sein muß, wird über die bloße Zugehörigkeit hinaus diese Gebundenheit nur so erreicht werden können, daß auch das Bindende in die Definition selbst aufgenommen wird, so daß sich der auf die ουσία zunächst nur offenstehende Definitionsbezug gleichsam schließt. Dieses den Bezug Schließende und die Zwiefältigkeit der Kategorie mit der ουσία Vermittelnde wird sich im vierten Abschnitt als Grund (αΜα) erweisen, und dann wird auch erst sichtbar werden, warum die Wissenschaft der συμβεβηκότα spezifisch eine apodeiktische Wissenschaft werden muß.

aa Zwar beachtet Aristoteles diese Schwierigkeit einmal ausdrücklich, aber verdeckt sie dabei mehr, als daß er sie klärt. Er sagt (73bl8ff., 74b8f.), bei den αυμβφηκότα κα&' αυτά komme zwar nicht das συμβεβηκύς, aber doch e n t w e d e r das σ\>μβεβηκός oder sein Gegenteil dem Subjekt notwendig zu, ζ. Β, eine Zahl ist notwendig entweder gerade oder ungerade. Eine solche disjunktive Notwendigkeit genügt aber erstens gar nicht den Anforderungen, die den Aussagen in der apodeiktischen Wissenschaft gestellt sind, und sie wird daher auch sonst nicht mehr erwähnt; zweitens gibt es auch συμβεβη-κότα καί>' αυτά, die dem ύποκείμενον a l l e i n ^notwendig zukommen (ζ, Β. das häufige Beispiel der „Summe der Winkel0 gleich 180°" als συμβεβηκ&ς καθ' αυτά des Dreiecks, 102Sa32), anderseits aber auch solche, bei denen der 'Spielraum, zu dem sie gehören, mehr als nur zwei Möglichkeiten umfaßt (die Nase ζ. Β. hat die 3 Möglichkeiten der stumpfen, der geraden und der Adlernase [1309b23], ein Tier kann sitzen, gehen, stehen, liegen usw.). Vgl, auch Ross, Anal. S. 519 und 521 f.

5 Tugcntlhat, Tt καΐά τι^ώς öS

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111 ί

Die Zwiefälügkeit innerhalb der ovoia (Metaph. Z)

Das Buch Ζ sucht {§ 5) nach dem schlechthin Anwesenden (fiv) als dem schlechthin Einen (εν), und d. h. nach dem, was innerhalb det verschiedenen Weisen des Anwesenden das Ursprünglichste ist (πρώτον). Jede Präsenz innerhalb der übrigen Kategorien ist zwar einfach, aber in. ihrem Anwesen und d. h. Vorliegen unselbständig und zwiefaltig. Weil sie immer auch als ein anderes ist, ist sie kein schlechthin Eines und mußte daher in ZI aus der Untersuchung ausgeschaltet werden. Dagegen wird die ουσία als das ΰποχείμενον der anderen Präsenzen von keiner weiteren Präsenz gesagt und ist somit selbständig; indem die übrigen Präsenzen ihre συμβεβηκύτα sind, ist sie selbst nicht als ein anderes (73b7f.) und liegt also einzig in ihrer eigenen Präsenz und d. Κ als Eines vor (ή ουσία εν τι και τό^ε τι., 1037b27). Die Frage, τί τι) Sv reduzierte sich. daher in ZI auf die Frage τις ή ουσία (S. 49).

Aber die Präsenz der 1. Kategorie wird zwar nicht von einer anderen Präsenz, jedoch immer noch von einem Zugrundevorhegenden gesagt, nämlich vom zunächst präsenzlos Vorliegenden und schlechthin Unbe-stimmten, der ΰλη (1029a23f.). Und indem die Präsenz ein mit der ΰλη Zusammengesetztes (σύνολον) ist, bleibt sie zwar das Eine, was sie ist, und somit selbständig, aber sie verliert in der schlechthinnigen Mannigfaltigkeit des Unbestimmten ihre Einfachheit. So zeigen sich bei der ουσία sogleich mehrere Seiten (die Präsenz als solche, die ΰλη, das Zusammengesetzte), bei denen, anders als bei den Kategorien, nicht ohne weiteres zu sehen ist, welche die ursprünglichste ist. Denn (Z3-5)· die eigentliche ουσία als das schlechthin Eine muß sowohl ein Selbständiges (ϋποκείμενον) als auch eine einfache Präsenz (ε�δος, τίήν ε�ναι) sein (§ 10). Und aus der genaueren Untersuchung der vorliegenden (wahrnehmbaren) ουσία (Ζ7-11, 15) wird sich ergeben, daß die allgemeine Präsenz, wenn sie jeweils einzeln vorliegt und d. h. mit der ΰλη zusammengesetzt (σύνολον) ist, nicht mehr einfach und unvergänglich, sondern mannigfaltig teilbar und vergänglich ist; dann kann-weder das aus εΐδοςυηα ΰλη Zusammengesetzte noch das εΐδος als solches eine eigentliche ουσία sein, da dieses nicht selbständig und jenes nicht einfach ist (§ 11). Doch das unbestimmt Mannigfaltige könnte sich überhaupt nicht in Eine Präsenz versammeln, wenn sich das ε�δος nicht auch innerhalb der Zusammensetzung mit der ΰλη zugleich in seiner Einfachheit erhielte; läßt sich also nicht nur das σύνολον, sondern auch die einfache Präsenz selbst als einzelne und selbständige denken, dann ist sie als die ursprünglichste ουσία erwiesen {§ 12).

s · 67

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Ist somit die Frage nach einer πρώτη ου nnerhalb des orliegenden nicht auf σία i Vein Einfaches gerichtet, das alle Mannigfaltigkeit auss t, sondern auf ein chließsolches, da m der s ein Einfaches von Mannigfaltigem ist, dann steht auch das Probleουσία ach ebenso wie das der übrigen Kategorien in Zusammenhang mit der Frage nder Einheit des mannigfaltig Vorliegenden. Indem sich der Seins- und Einheitscharakter der einfachen Präsenz so verwandelt, daß sie als ενέργεια und εντελέχεια eines δυνάμει 6v nur noch die einzelne Präsenz des Vorliegenden und d. h. das Vereinheitlichende des Mannigfaltigen ist, gelingt es, auch die unbestimmte Mannigfaltigkeit der ολη als Eines und Anwesendes zu denken (§13).

Mit den Begriffen δάναμις und ενέργεια kann nun auch der Seins-und Einheitscharakter des Allgemeinen und sein Verhältnis zu seinen mannigfachen Vereinzelungen bestimmt werden; daneben wird sich ebenso wie bei den übrigen Kategorien auch hier ergeben, daß die Präsenz, wenn sie nur noch als Präsenz des Votliegenden gedacht wird, nicht einmal als allgemeine und in ihrer Definition von ihrem ύποκείμενον getrennt Werden kann (§ 14).

Schließlich wird auf der Grundlage der neuen BegrifFlichkeit auch der Seins- und EinheitsCharakter des γένος geklärt werden können und damit das von Anfang an (S. 16) zurückgestellte Problem der Mannigfaltigkeit innerhalb der einfachen Präsenz selbst (§ 15).

Weil mit der ενέργεια ein neuer Seinssinn der einfachen Präsenz durchbricht und damit der bisherige Sinn der Präsenz als schlechthinni-ger Wißbarkeit (έπιστητόν, αλήθεια) überschritten wird, kommt Aristoteles beim Problem der ουσία zu keiner eindeutigen Stellung, und die Problematik wird in verschiedenen Zusammenhängen, je nach dem Zwang der Sachen selbst, verschieden weit vorgetrieben. Im Buch X, wo die Idee der schlechthinnigen Einheit als schlechthifiniger Anwesenheit für die Rückgangs beweg ung leitend ist, ist naturgemäß der Widerstand gegen die neuen Zusammenhänge, die sich dennoch durchsetzen, besonders hartnäckig. Das Buch Ζ bleibt daher in der Spannung zwischen den neuen ontologischen Anforderungen und dem bisherigen Sinn des Seins, und so wird hier das ganze Problem als Problem greifbar. Die positive Bedeutung dieser schwebenden Haltung ist bisher verkannt worden, weil man an Aristoteles mit einer Auffassung von Philosophie als System herangetreten ist und infolgedessen die Unent-schiedenheit von Ζ entweder weginterpretiert hat (wie neuerdings wieder bei Owens) oder sie vorschnell in bloße Widersprüchlichkeiten auseinandergelegt und damit verhättet hat (wie in maßgebender Form bei Ed. Zeller). Das Buch Ζ ist nicht nach seiner Lehre zu befragen, sondern nach der Bewegungsrichtung seiner Problematik, die über es selbst hinausweist1.

1 Das entwicklungsgeschichtliche Problem bleibt in diesem Abschnitt ganz beiseite. Die Dinge liegen hier wesentlich komplizierter als bei den

§ 10, Die Einjührung der Frage nach einerSigent liehen οναία innerhalb

des Vorliegenden in Metaph. Z3-6

Die Frage nach dem Seienden (öv) ist in ZI auf die Frage nach dem schlechthin Seienden (απλώς Öv, ουσία, 1028a31) zurückgeführt worden. Diese selbst wird, nach einem kurzen geschichtlichen Überblick in Z2, in den folgenden Kapiteln sehr vorsichtig eingeführt. Da nicht von vornherein deutlich ist, welche ουσία die ursprünglichste ist, nennt Aristoteles in Z3 (1028b34f.) zunächst vier vetschiedene Bedeutungen von ουσία — �ποκείμενο ν, τίήν ε�ναι, κα&όλου und γένος—, ohne daß sogleich sichtbar wird, in was für einem Verhältnis diese zueinander stehen sollen. Da jedoch das καΰόλου noch eigens neben dem τι ήν ε�ναι genannt ist, wird schon antizipiert, daß das τί ήν εΐναι nicht notwendigerweise ein Allgemeines zu sein braucht, καθόλου und γένος bieten sich als mögliche Bedeutungen von ουσία nicht aus Aristoteles' eigener Position an, sondern aus der platonischen Ideenlehre; sie wer-den erst in den Kapiteln 12-14 im Zusammenhang mit einer Kritik an den Ideen erörtert und scheiden dann auf Grund der inzwischen gewonnenen Klärung über ύποκείμενον und τίήν ε�ναι aus.

ύποκείμενον und τί ήν εΐναι repräsentieren zunächst einfach die beiden Bedeutungen, für die der zweideutige Terminus ουσία bei Aristoteles gebraucht wird, nämlich das Selbständige (απλώς χωριστον) und die in der Definition verselbständigte einfache Präsenz (λόγω χωριστόν) (S. 30). Hier kann es sich jedoch nur um die eigentliche Bedeutung des Wortes im Sinn des Selbständigen handeln (vgl. ZI). Das τί ήν εΐναι steht nicht nur für einen anderen Sinn des Wortes ουσία, sondern ist als einfache Präsenz (εΐδος) zugleich das, als welches das Selbständige erst zu einem ursprünglich Selbständigen (πρώτη ουσία) werden kann (S. 32f.). Mit ύποκείμενον und τί ήν ε�ναι sind also die beiden Wesensseiten genannt, die zusammenkommen müssen, wenn ein schlechthin Anwesendes gedacht werden können soll. Sie bilden den Horizont der ganzen Untersuchung des Buches Z,

Gibt es eine ουσία nur dann, wenn das Selbständige und die Präsenz sich verbinden, dann müssen von vornherein alle Bedeutungen von ύποκείμενον und τίήν ε�ναι wegfallen, bei denen das eine nicht auf das andere bezogen ist. Aber noch mehr: indem Aristoteles in diesem und den folgenden beiden Kapiteln diese Reduktion durchführt, zeigt er, daß das ύποκείμενον nicht nur nicht eine eigentliche ουσία, sondern überhaupt kein Selbständiges ist, wenn es nicht präsent ist (Z3), und

Kategorien, und der Forschung ist es bisher, sosehr sie auch seit Jaegers epochemachendem Werk gerade um dieses Problem kreist, nicht gelungen, sich auf einen festen Rahmen zu einigen, auf den man zurückgreifen könnte. Der Verzicht auf chronologische Einordnung der verschiedenen Textstücke schließt natürlich nicht aus, daß sich in der inneren Bewegung der Problematik selbst eine bestimmte Reihenfolge erkennen lassen wird, die der entwicklungsgeschichtlichen Forschung evtl. neue Kriterien liefern könnte.

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daß das τί ήν ε�ναι nicht nur nicht eine ουσία, sondern überhaupt keine einfache Präsenz ist, wenn es nicht das τί ήν ε�ναι eines Selbständigen ist (Z4-5); Bei jedem erfüllt sich sein eigener Seinssinn nur im anderen: Das Selbständige wird in 23 nicht nur im strengen Sinn (S. 31) als μή κα&' υποκειμένου λϋγόμενον (1029a8f.) verstanden, sondern als ύποκείμενον und d. h. als das, „wovon das übrige gesagt wird, es selbst aber von keinem anderen" (1028b36f.), also als das Zugrunde-Vorliegende, weil es sich in Ζ nur um die vorliegende (wahrnehmbare) ουσία handelt. Zu gründe vorliegendes kann nun aber (1029a2ff.) sowohl das schlechthin Unbestimmte (ύλη) sein als auch das aus diesem und einer einfachen Präsenz Zusammengesetzte (σύνολον) als auch die einfache Präsens selbst (εΐδος). Die erstaunliche Behauptung, daß nicht nur die δλη und das σύνολον, sondern auch das ε�δος selbst ein ύποκείμενον ist, antizipiert bereits die Lösung des ganzen Problems der ουσία, wird aber hier nicht begründet. Aristoteles fügt nur noch hinzu: gesetzt, die Präsenz ist das ursprünglicher Seiende als die ύλη, dann muß sie auch ursprünglicher als das σύνολον sein (a5-7). Auch das aber nur, wenn sie sich zugleich als ύποκείμενον erweisen wird. — In einem erneuten Ansatz (a9 ff.) zeigt sich dann, daß, wenn der Sinn von ουσία sich im ύποκείμενον erschöpft, die υλη die eigentliche ουσία sein müßte, denn diese ist als das an sich schlechthin Unbestimmte (a20f.) das schlechthin und auch der ersten Kategorie noch Zugrundeliegende (a23f.). Dieses ύποκείμενον kann aber nicht ουσία sein, weil die ΰλη als solche nicht losgelöst von einer Präsenz vorliegt (χωριστόν) und folglich kein eigentlich Selbständiges (τόδετι) ist (a27£.). Daher ist das eigentlicher Selbständige jenes ύποκείμενον, das nicht nur ύποκείμενον, sondern auch präsent und somit τόδΈ τι ist, also die Präsenz und das σύνολον (a29f.J.So führt die Betrachtung des ύποκείμενον von sich aus zu der anderen Bedeutung von ουσία, zum τί ήν εΐναι, und nun wird ebenso in Z4-5 gezeigt, daß auch das τί ήν ε�ναι nur ein eigentliches τί ήν ε�ναι ist, wenn es sich mit dem ύποκείμενον trifft. Dabei wird zugleich das τί ήν ε�ναι neu verstanden. Ursprünglich bedeutet es die Definition einer aus dem Vorliegen; herausgehobenen einfachen Präsenz (§2). Weil sich aber nicht nur die einfache Präsenz, sondern auch das Vorhegende κα&' αυτό ansprechen läßt, da die übrigen Kategorien als seine συμβεβηκότα verstanden werden und es als solches lediglich in der ersten Kategorie vorliegt (S. 52), kann auch eine Definition vorn Vorliegenden (τόδετι) in den Blick gefaßt werden (1029M4,1030a5). Und indem jetzt Aristoteles von daher auch die übrigen zu definierenden Präsenzen in ihrem Vorliegen betrachtet, muß er ihnen (Z4) das eigentliche τίήνεΐναι absprechen, weil sie als vorliegende zwiefältig sind (άλλο κατ' άλλου, 1030a4, all; σύνθ-ετα, 1029b23) und es ein eigentliches τί ήν ε�ναι nur vom Einfachen gibt. Aber (Z5) sogar dann, wenn sie aus dem Vorliegen herausgehoben werden, enthalten die übrigen Kategorien als συμβεβηκότα καθ-' αύτα eine ουσία in ihreS: Definition und 1

sind folglieh nicht einfach (vglji'S, 63). Dagegen ist die 1. Kategorie von solcher j-

70 ί * ' ■ ' . . ■ ί i

Art, daß sie nicht nur, wenn sie in der Definition aus dem Vorliegen he bereits rausgehoben wird, einfach und kein άλλο κατ' άλλου ist, sondernals solches vorliegt. Eigentliches τί ήν ε�ναι ist daher nur, „was gerade das

περ τόδε τι 1030a4)J. τόδε τι ist" (6Damit ist die Frage nach der ουσία so weit vorbereitet, daß aus dem

mehrdeutigen ύποκείμενον die υλη und aus dem mehrdeutigen τί ήν ε�ναι die übrigen Kategorien ausgeschaltet sind und das eigentliche ύποκείμενον und das eigentliche τί ήν εΐναι sich im τόδε τι getroffen haben. Erst nachdem jetzt alle periphären Mehrdeutigkeiten der ουσία ausgeschaltet sind, steht die Untersuchung vor derjenigen Zweideutigkeit, die ihr eigentliches Thema sein soll: das τόδε τι kann als selbständig Präsentes entweder eine mit dem Unbestimmten vermischte Präsenz (σύνολον) oder eine einfache Präsenz als solche sein. Nur wenn auch das letztere möglich ist, ist ein schlechthin Anwesendes (πρώτη ουσία) gefunden. Nach Z4 gibt es ein τί ήν ε�ναι des τόδε τι, des Selbständigen: das ist nur möglich, weil dieses in einer Präsenz vorliegt; aber heißt das auch schon, daß es se lbs t die einfache Präsenz ist und die einfache Präsenz somit selbständig ist?

Den Übergang zu dieser Frage nach dem Zusammenhang zwischen einfacher Präsenz u d bständig Vorhegendem, die dann in den folgenden sel n Kapiteln Thema wird, bildet das Kapitel Z6, in dem zunächst ganz allgemein gefragt wird, ob das τί ήν εΐναι des jeweiligen (έκαστον), wovon es τί ήν ε�ναι ist, mit diesem identisch ist oder nicht (1031al5i.). Diese Frage wäre gegenstandslos auf dem Boden des ursprünglichen τι ήν εΐναι, das von einer einfachen Präsenz (εΐδος) gegeben wird. Denn dann ist das τί ήν ε�ναι selbstverständlich mit dem „Jeweiligen" identisch, da es nichts anderes als die ausdrückliche Entfaltung seiner Wesensseiten ist. Wenn es skhaber nach Z4 um Vorliegendes handelt, besteht diese Identität nicht mehr ohne weiteres. Bei den anderen Kategorien, also bei dem, was κατά συμβεβηκός gesagt wird, ist das 5v, das definiert wird (ζ. Β. λευκόν) zweideutig: es kann einerseits die bloße Präsenz bedeuten, und dann ist es mit seinem τί ήν ε�ναι identisch; seiend ist es aber erst in der Zwiefältigkeit mit einem ύποκείμενον, auf das seine paronyme Form von vornherein verweist, und dann ist es mit

■ Eine ausführliche Interpretation dieser schwierigen Kapitel kann hier nicht gegeben werden, obwohl sie heute ein dringendes Bedürfnis ist, nachdem che letzte gründliche Interpretation bei Arpe (S. 33-40) den Sinn von 24 ganz entstellt hat. Arpe hat die in ihren Grenzen richtige Erkenntnis von El Kapp, daß die ursprüngliche Bedeutung des τί ήν εΐναι in der Topik zu finden ist, so übersteigert, daß er auch Met. Ζ nur noch von daher erklärt und für die neue Problemstellung blind ist, aus der sich die Orientierung der Definition auf das Vorliegende ergibt. Auch seine Interpretation von Z6 (der unsere Untersuchung manches su verdanken hat) ist aus demselben Grund ζ. Τ. verfehlt. Arpes Mangel an Verständnis für die Problematik von Ζ gründet vor allem darin, daß er keinen Zusammenhang zwischen dem τί ίστι der Definition und dem τί έατι der ersten Kategorie sieht, und letzdichinder unkritischen Trennung von,.Logischem1'und „Ontoiogischem".

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se t inem τί ή ν ε�ναι, in dem es lediglich als Einlaches auseinandergelegwird, nicht identisch (1031b22-8)s. Dagegen* wird das Selbständige (τά καθ-1 ά ύτά, a28, bl3) nicht von einet anderen Präsenz gesagt* und da die übrigenPr hes äsenien von ihm κατά συμβεβηκός gesagt werden, liegt es als solclediglich in der e in en Präsenz vor und scheint daher zunächst mit seinem τί ήν ε�ναι identisch zu sein5.

Und doch geht die eigentliche Absicht von Z6, die erst in den folgenden K ändigen, apiteln sichtbar wird (vgl. 1037a33£f.), dahin, auch beim Selbstnachdem hier die grundsätzliche Einheit von τί ήν ε�ναι und εκαστον fe von ganz stgelegt ist, eine gewisse Nichtidentitat aufzuzeigen, die freilichänderet Art sein wird als bei den συμβεβηκότα. Erst bei jenem eigentlichen τί ήν ε�ναι, das ein τί ήν ε�ναι des τάδε τι ist, wird die Frage nach der Identität zwischen τί ή ν εΐναι und ε κ άστο ν wirklich relevant, denn hier wird sie zum Kriterium dafür, ob das in einer Präsenz selbständig Vorhegende auch selbst eine einfache Präsenz ist.

§ 11. Das selbständig Vorliegende ah Zmefältiges ; die Urspriinglichkett der einfachen Fräsen^ gegenüber dem Zusammengesetzten

Das Buch Ζ sucht innerhalb des Vorliegenden nach einem schlechthin Anwesenden, einer πρώτη ουσία, und d.: h. nach einem Selbständigen (ύποκείμενον, τόδε τι), das zugleich einfache Präsenz (ε�δος, τί ήν εϊναι) ist. Die Untersuchung des selbständig Vorliegenden in seinem Verhältnis zur e infachen Präsenz wird nach den Vorbereitungen der vorangegangenenKapitel in Z7-11 und 15 durchgeführt. Bis auf zwei Bemerkungen in Z3 war vom σύνολον vorher noch gar nicht die Rede, und sein

s Oder aber (1031al9ff.) man versteht das τί ήν ε�ναι der übrigen Kate gorien in der Weise, in der es in Z4 in den Blick gefaßt wurde, nämlich so daß die Kategorien mit ihrem ΰποκείμενον zusammen, also als vorliegende definiert werden, ζ. Β. „weißer Mensch". Auch dann ist das τί ήν ε�ναι des Jeweiligen mit diesem nicht identisch, denn sonst müßte ζ. Β. das τί ήν ε�ναι von „weißer Mensch" mit dem τί ήν ε�ναι von „Mensch" identisch sein, da der „weiße Mensch" ein „Mensch" und „Mensch" identisch mit dem τί ήν ε�ναι von „Mensch" ist. Zum genaueren Verständnis der schwierigen Steile vgl. man außer Bonirz und Ross ad loc. auch Preis werk, S. 89 f. Wenn Aristoteles den Beweis a24f, in gewisser Weise wieder zueücknimmt, so geschieht dies doch (wie von Preiswerk mit Recht hervorgehoben wird) auf Grund des gleichen Tatbestandes, der hier gerade bewiesen wird, und ändert daher letztlich an dem Beweis nichts.

4 Es wird hier πρώτον genannt (1031bl4, 1032a5) und πρώτον in diesem Sinn ist in Z4 als das erklärt worden, was als όπερ τά8ε τι nicht ein ίίλλο κατ' ίίλλου ist (1030alQ E./a4).

1 Auf die weiteren Aspekte des Kapitels und die Bedeutung der Bezugnahme auf die Ideen (103ta29-b icht m hr einl3, b15-18) kann hier n e gegangen werden.

Wesen ist noch ungeklärt. Jetzt erst wird gezeigt' daß jede Präsenz, die sich mit dem unbestimmt Vorliegenden (der ολη) zu einem Selbständigen (τόδε τί) zusammensetzt, als σύνολον ihr ursprüngliches Wesen verliert, indem die Einfachheit der Präsenz in der Mannigfaltigkeit des Unbestimmten (ZI 0-11), die allgemeine Wißbarkeit in seiner Einzeh heit (ZI 5) und die Unvergänglichkeitin seiner Umbestimmbarkeit (Z7-9) untergeht. Zugleich stellt sich nach jeder dieser Hinsichten die reine Präsenz als solche gegenüber dem σύνολον ais das Ursprüngliche (πρώτον) heraus, weil sie als das Einfache, Unvergängliche und Allgemein-Wißbare sowohl selbst das eigentlicher Anwesende als auch der Grund des Anwesens des σύνολον ist. Indem sich allerdings gleichzeitig mit dieser Urspriinglichkeit der einfachen Präsenz als solcher ihr Unterschiedensein vom selbständig Vorhegenden herausstellt, ist vorläufig nicht zu sehen, wie sie doch auch ihrerseits ein Selbständiges sein kann; erst wenn das erwiesen ist, wird die Frage nach der πρώτη ουσία in ihr Ziel gelangen.

Die Frage von Z6 wird in ZlO-tl aufgenommen, während die Kapitel Z7-9 das Verhältnis der vorliegenden ουσία zur einfachen Präsenz nach einer anderen Seite betrachten und einen Anhang bilden, der jedoch ebenso wesentlich und in diesem Zusammenhang unentbehrlich ist*.

In Z10 sagt Aristoteles am Anfang: „Da der ορισμός ein λόγος ist und jeder λύγος Teile hat, und da die Teile des λόγος sich so zu den Teilen der Sache verhalten wie der (gan2e) λόγος zur (ganzen) Sache, ergibt sich die Schwierigkeit, ob der λόγος der Teile im λύγος des Ganzen enthalten sein muß oder nicht" (1034b20ff.). Damit wird die Frage von Z6 nach der Identität zwischen dem Jeweiligen und seinem τί ήν ε�ναι in eine neue Richtung getrieben, indem jetzt beide nach ihren Te i l en untersucht werden. Wenn nämlich die ουσία keine weitere Präsenz in sich enthält wie die συμβεβηκότα, so könnte sie doch noch Teile in sich enthalten, die nicht zu der einfachen Präsenz selbst gehören. Wenn das Jeweilige Teile enthält, die in seinem τί ήν ε�ναι nicht enthalten sind, kann es mit diesem nicht identisch und somit keine einfache Präsenz sein.

Allgemein sind Teile einer ουσία {und nur um solche geht es hier, 1034b34) das, wohinein diese auseinandergelegt werden kann (vgl. Δ25), und sind insofern ihre πρότερα (1034b28ff.) und άρχαί (1035a24ff.). Nun besteht der ορισμός in nichts anderem als der expliziten Auseinanderlegung solcher άρχαί einer einfachen Präsenz (1035b4 ff., 1023b23f.). Da aber das, was im ορισμός auseinandergelegt wird, einfach ist, handelt es sich dabei um Teile, die nicht neben- und auseinander liegen können und nicht einmal gesondert in den Blick zu bringen sind, sondern lediglich die verschiedenen Seiten eines Unteilbaren dar-

• Man vgl. die 8. Aporic des Buches Β (unten S. 82), wo ebenfalls die gleichen bei

den Probleme gemeinsam erörtert werden.

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stellenΊ: die Präsenz, die im τί ήν ε�ναι auseinandergelegt wird und mit ihm identisch ist, ist ein Unteilbares (άμερές), und als solches kann sie weder entstehen noch vergehen (vgl. 258bl8).

Dagegdh gehört es zum Wesen des unmittelbar Vorliegenden (der ΰλη), daß es als Unbestimmtes ein schlechthin mannigfaltiges Auseinander istj ein dreidimensionales Kontinuum (συνεχές) (S. 26). Wenn dieses zunächst präsenzlos Vorliegende überhaupt anwesen können soll, muß sich das Mannigfaltige je und je in Eines zusammennehmen und d.h. in eine einfache Präsenzheraustreten. Die ούαία, als welche es dann vorliegt, ist aber nicht selbst diese einfache Präsenz, da sie als dreidimensional Kontinuierliches und d. h. als Körper (σώμα) schlechthin teilbar ist (vgl. 268a3-8), und zwar in Teile, die im Unterschied 2u den Teilen des τί ήν εΐναι auseinander liegen und solche άρχαί sind, aus dene'n die ουσία entsteht und in die sie vergeht (1035a24fF.). Zu unterscheiden ist also (1035alf.) 1. das als solches präsenzlos Vorliegende, die υλη, 2. die Präsenz dieses Vorliegenden, das ε�δος, das selbst einfach und unvergänglich ist, und 3. das in diese Präsenz herausgetretene Vorliegende, das zwtefältig Anwesende, das gewissermaßen ein aus dem Vorliegenden und der Präsenz Zusammengesetztes ist (T6 ix τούτων, 1035al): das σύνολον, das teilbar und vergänglich ist.

Das σύνολον unterscheidet sich also vom ε�δος, aber nicht hinsichtlich seines Präsenzcharakters, vielmehr geht dieser in der einen Präsenz, in die das Vorliegende heraust cht nur, daß die ritt, ganz auf. Zwar liegt in der Unbestimmtheit der υλη nivorliegende ουσία schlechthin teilbar ist, sondern ebenso wesensmäßig, daß sie mit unbestimmt vielen anderen Präsenzen, die sie dann auch irgendwie „ist", zusammenliegt. Aber diese gehören als συμβεβηκοτα nicht zu ihrem eigenen Anblick. Und wenn die Teile selbst bereits bestimmte Charaktere haben, die eidetisch faßbar sind, fallen diese Präsenzen (ζ. Β. das Goldene oder Erzene der Statue) auch unter die συμβεβηκότα". Das εΐδος wird also nicht gegenüber einem Partikulären zu einer Abstraktion und Gattung.

Daher ist die vorliegende ουσία ein t,Jeweiliges", dessen τί 5]ν ε�ναι im eigentlichen Sinn sein τί ήν εΐναι ist, da es seine Präsenz voll umgreift, und das doch nicht mit ihm identisch ist (1037a33ff.). Diese Nichtidentität ist also von ganz anderer Art als bei den συμβεβηκοτα (S. 71 f.) ι dort war das Definierte (όριζόμενον) ais solches identisch mit seinem τι ήν εΐναι, aber faktisch immer zugleich mit einer anderen Präsenz verbunden; hier ist es das όριζόμενον selbst, was von seinem τί ήν

* Die Frage, wieso das einfache ε�δος überhaupt Teile enthält und wie die Einheit dieser Teile zu verstehen ist, verschiebt Aristoteles hier ausdrücklich (1037al7ff.) auf später (Z12, H6), und wir können ihm darin folgen (§ 15) .

8 "Vgl. !92bl9 und unten S. 96 Anm. Doch wird diese Behauptung später noch wesentlich zu qualifizieren sein.

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εΐναι unterschieden ist (1037a23), und dies nicht (auf Grund einer weiteren Präsenz, sondern weil es teilbar und vergänglich ist8.

Das selbständig Vorliegende ist also als Ζwiefartiges (σύνολον) nicht selbst eine einfache Präsent und daher keine eigentliche ουσία, aber es ist, um anwesen zu können, auf eine Präsenz angewiesen; diese ist nicht das selbständig Vorliegende selbst, aber das ihm gegenüber Ursprünglichere, indem sie als Einfaches und Unvergängliches erstens das eigentlicher Anwesende und zweitens der Grund (das πρότερον, 1035M8L) des Anwesens des σύνολον ist.

Aber die schlechthin nige Teilbarkeit ist nicht das Einzige, wodurch sich die vorhegende ουσία auf Grund der Unbestimmtheit der ihr zugrundeliegenden υλη von der einfachen Präsenz als solcher unterscheidet. Auch die Allgemeinheit der Präsenz und die entsprechende Einzelheit des σύνολον gründen in der Unbestimmtheit der υλη. Die Allgemeinheit gehört keineswegs von vornherein zum Wesen der Präsenz als solcher, vielmehr ist jene Präsenz, die nicht eine Präsenz von Vorliegendem ist (die göttliche ουσία), von vornherein ein zahlenmäßig Eines (εν άριθ-μω, 1074a36f,, vgl. S, 31). Weil aber die υλη in unbestimmter Mannigfalt vorliegt, kann ein und dieselbe Präsenz unbestimmt oft in ihr erscheinen (vgl. 278al5ff.), und eine Präsenz des unbestimmt Vorliegenden ist daher, für sich genommen, ein Allgemeines (καθόλου), das erst durch die „Zusammensetzung" mit der υλη zu einem ev άριθμω (τόδε τι) wird (1037alf.). Dasjenige ev άριθμω, das spezifisch ein Einzelfall eines Allgemeinen ist, heißt καθ' εκαστον (Einzelnes) (S. 31), und daher wird in 210-11 das ούνολον vom εΐοος auch als καθ-' εκαστον vom χαθόλαυ unterschieden.

Von hier aus kann nun auch die Ursprünglichkdt der einfachen Präsenz gegenüber dem σύνολον hinsichtlich der Vernehmbarkeit verstanden werden, die neben der Ursprünglichkeit hinsichtlich des Anwesens bereits in ZI0-11 und dann besonders in ZI5 erörtert wird. Da das Wesen der Präsenz ursprünglich mit der schlechthinnigen Wiß-

* Die Weise, in der Aristoteles das ούνολον oft bezeichnet, könnte allerdings zu dem Mißverständnis führen, daß es sich dabei utn die Zusammensetzung zweier Präsenzen handelt. Er bezeichnet nämlich z.B. im Unterschied zum ε�δος „Kreis" das σύνολον als „erzenen Krets" (1035a26) usw. Dabei ist jedoch das „Erz" nicht als eine weitere Präsenz gemeint, sondern als Sammelbegriff für die Teile, aus denen die ουσία besteht und in die sie vergeht (vgl. 1035a31ff.). Weil man etwas immer nur nach einer Präsenz, in der es sich zeigt, benennen kann (1035a7f.) und das ει8ος die ganze Präsenz des Selbständigen als solchen umfaßt, gibt es für das σύνολον gerade keinen eigenen Namen (1035b2f., 1043a29rT.); deswegen muß es, wenn es doch, um es vura ε�δος zu unterscheiden, als solches bezeichnet werden soll, mit Hilfe der Präsenz genannt werden, die seinen Teilen eigentümlich, wenn auch ihm selbst äußerlich ist. Später wird sich allerdings zeigen, daß diese Präsenz der Teile doch auch ihm selbst und seiner eigentlichen Präsenz wesentlich werden kann, aber auch dann nicht als bloße weitere Präsenz, sondern ab eine bestimmte Beschaffenheit der Teile.

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barkeit (αλήθεια) zusammenfällt, bestünde keine Berechtigung, diese Ursprünglichkeit gesondert von det vorigen zu betrachten, wenn sich hier nicht, wie si nerweise eine Verschiebung im Wesen der Präsenz ch später zeigen wird, verborgevollzöge, mit der die schlechthinnige Wißbarkeit nicht mehr Schritt halten wird.

Das Virnehmen (Gegenwart ig haben) det Präsenz als des schlechthin Gegenwärtigen geschieht im νους, und wenn die Präsenz in einem ορισμός und d. h. in einem λόγος eigens auseinandergelegt wird, dann ist das ein Wissen (επιστήμη, 1039b32f., vgl. S. 58f.). Da die Präsenz von Vorliegendem als solche ein Allgemeines ist, bezieht sich der ορισμός wie jedes Wissen auf ein Allgemeines (103oa28f.). Dagegen ist das Gegenwärtighaben, das auf das unbestimmt Vorliegende (ολη) eingespielt und ein Vernehmen des Einzelnen (278alQf., 417b22ff.) und je und je Gegenwärtigen und wieder Verschwindenden (S. 58) ist, die Wahrnehmung (αΐσΟ-ησις). So wie das σύνολον ein aus Präsenz und Vorliegendem „Zusammengesetztes'1' ist, ist auch das Vernehmen des σύνολον gewissermaßen ein „Zusammengesetztes", indem es als Meinung (δόξα, 1039b33f.) auf das Gegenwärtighaben des Einzelnen in der Wahrnehmung angewiesen ist (1036a5ff., 1040a2ff.), anderseits dieses als etwas nur vernehmen kann im Hinblick auf eine all beim σύνολον nicht um etwas aus zwei gemeine Präsenz (1036a7L). Da es sich Präsenzen Zusammengesetztes handelt und eine Präsenz immer nur im ορισμός gewußt wird, reicht das Vernehmen des σύνολον gerade so weit, als es in einem ορισμός umgrenzt werden kann:

Bei der Priorität hinsichtlich des Seins hatte sich gezeigt, daß der ορισμός (das xl ήν ε�ναι) mit der vorliegenden ουσία zwar nicht eins ist, aber sie doch jeweils ganz umgreift (S.74). Versteht man aber den ορισμός Vom Vernehmen her als das Ausgrenzen, in dem das Wissen das jeweils Gewußte als Eindeutiges und Unverlierbares präsent hat, so zeigt sich, daß es von der vorliegenden ουσία als solcher gar keinen ορισμός gibt (1039b28). Das wird von Aristoteles in Z15 nach zwei Seiten erwiesen: 1. (1039b20-40a7) ist die vorliegende ουσία vergänglich: man hat da her, sobald sie nicht mehr in der Wahrnehmung unmittelbar gegenwärtig ist, keine Gewähr, daß sie noch in dieser Präsenz steht und hat sie daher mit dem ορισμός dieser Präsenz nicht ein für allemal eingefangen. 2, (1040a8-b4) ist die vorliegende ουσία ein Einzelfall eines Allge meinen: da es beliebig viele andere ούσίαι in der gleichen Präsenz gibt, läßt sich die jeweilige ουσία im ορισμός nicht als gerade diese einzelne gegen die anderen ausgrenzen10. Fügt man, um das Einzelne doch in

seiner Partikularität zu umgrenzen, noch weiterei Bestimmungen außer dem ε�δος hi daß ts auch noch ein anderes Seiendes mit nzu, so ist es erstens immer möglich, ebendiesen Bestimmungen gibt (1040a9-14, a33f.), und zweitens greift man damit nur auf συμβεβηκότα zurück, die gar nicht zur ουσία selbst gehören (a29ff.). Es gibt also für Aristoteles kein partikuläres τι ή ν ε�ναι. Es ist zur Vermeidung von Miß Verständnissen, die sich aus späteren Anschauungen nahelegen, wicht.g, zu beachten, daß für die Unmöglichkeit einer Definition des Einzelnen nicht etwa geltend gemacht w artikulären und als solcher ird, daß im Einzelnen das Allgeme ne in einer punbestimmten Abwandlung gegeben ist: das Allgemeine ist für Aristoteles kein Abstraktes, sondern liegt in seiner ursprünglichen Reinheit einzeln vor, und das Einzelne kann nur deswegen nicht definiert werden, weil es erstens vergängLich ist und weil es zweitens, gerade auf Grund seiner Reinheit, nicht einmalig ist

Wenn es aber auch keinen ορισμός von der vorliegenden ουσία als solcher gibt, wird sie doch, soweit sie überhaupt er : mittels eines ορισμός erkannt (1036a7f., 1037a26-28). somit auch hinsichtlich der Vernehmbarkeit das Urs dem sie erstens selbst das schlechthin Wißbare ist u|nd zweitens der Grund der Vernehmbarkeit des σύνολον.

Zum Wesen des Unbestimmten gehört neben der schlechthinnigen Mannigfaltigkeit gleichursprünglich die Umbestimmbarkeit (S. 20, 26), und daher hatte sich gleichzeitig mit der Teilbarkeit auch die Vetgänglichkeit der vorliegenden ουσία ergeben (S.74). Zur Vergänglichkeit gehört aber, daß das jeweilige, um a ZlO-tl nwesen zu können, immer erst entstehen muß (γίγνεσ&αι). So wie sich nun in und 15 gezeigt hat, daß die vorliegende ουσία kein ε�δος sein kann, weil sie teilbat und vergänglich ist, daß sie abe:: auf ein ε�δος als ihr πρότερον angewiesen ist, wenn sie überhaupt anwesend und-vernehmbar sein soll, und somit als aus ΰλη und ε�δος „Zusammengesetztes" (Zwiefältiges) zu denken ist, ebenso wirc. in den Kapiteln Z7-9 erwiesen, daß die vorliegende ουσία, weil sie ein Entstehen hat, nicht ein Ηδος sein kann, sondern als Zwiefältiges gedacht werden muß, daß sie aber, wenn sie überhaupt entstehen können soll, auf ein unvergängliches εΐδος als auf ihr Ursprünglicheres angewiesen ist.

Diese Ursprünglichkeit der Präsenz für das Entstehen wird nach zwei Hinsichten gezeigt. Die von der Sache her gesehen erste wird in Z8 durchgeführt11: Alles E

ntstehen setzt ein Zu gründe vor liegend es (ύπο-

10 D eses zweite Argument betrifft nicht nur beweglich-teilbares (hylei tisches) Einzelnes, sondern jedes Einzelne, dessen εΐδος mehrmals vorkommen kann, also auc t hier Aristoteles, kann es ebensowenig wie von h die Ideen. Von der Idee, so zeighytetisch Einzelnem einen όριαμός geben, weit sie μεθεκτή sein soll (1040a27), und ihr δος also immer auch von mehrerem anderen gesagr werden kann (a26): ε�gegenüber diesem ist sie dann durch die Definition gar nicht in ihrer Eigenen Einzelheit zu fixieren und kann daher, wie Aristo-

teles im folgenden Kapitel (1040b30ff.) sage, immer nur durch ein angehängtes „αυτή" ausgezeichnet werden (der Mensch selbst, das Pferd selbst). So versucht hier Aristoteles, Platon mit dessen eigenen Waffen zu schlagen. Eine ausführliche Interpretation dieses Stückes von Z1S findet sich bei Prets-werk, S. 118 f.

11 Sie steh

!tannt wird, ver- Die Präsenz ist

aDinglichere, in-

t auch in der kürzeren Parallelfassung in Λ3, wo die beiden Hinsichten deutlicher voneinander unterschieden sind, an erster Stelle, ;

77

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κείμενον) und sich im Entstehen Durchhaltendes (ΰπομένον) voraus und auclieine. Präsenz, in die dieses heraustritt, fernet die Pcivation (στέρησις) dieser Präsenz, aus der es dal>ei zurücktritt; das Entsprechende gilt für das Vergehen (Phys. A7, Met, 1069b3ff.). Das Zugtunde-liegende muß sich als solches durchhalten, aber hinsichtlich der entstehenden und vergehenden Präsenzen umbestimmbar sein: es ist ΰλη. Auch beim Entstehen und Vergehen der übrigen Kategorien wird das Zugrundeliegende, das dort eine ουσία ist, ΰλη genannt, weil die ουσία. dann primär hinsichtlich ihrer weiteren Bestimmbarkeit und nicht hinsichtlich ihrer eigenen Präsenz gemeint ist. Oberhaupt ist die Lehre von 28, wie Aristoteles ausdrücklich bemerkt, auch auf die übrigen Kategorien zu übertragen (Z9, 1034b7-19). Bei den übrigen Kategorien ist das ΰποκείμενον aber nur in bezug auf weitere Präsenzen ΰλη, wahrend es bei der γένεβις der ουσία noch als solches unbestimmt und ΰλη ist. Diese ausgezeichnete ΰλη ist immer zugleich ein Agglo-merat von Teilen. Wenn nun jede γένεσις wesensmäßig ein Heraus-treten eines Vorliegenden in eine Präsenz ist, dann muß die entstandene ούσί« ein Zwiefältiges sein (1033bl2f., 17f.), das auf das ΰποκείμενον und auf die Präsenz als auf die άρχαί seines Entstehens angewiesen ist, die als solche vor dem Entstehen gleichsam „bereitliegen" müssen (πραϋπάρχειν, 1034bl2f., vgl. auch 1033a31 f.). Dabei kann beim Entstehen des Zusammengesetzten weder das ΰποκείμενον selbst noch die Präsenz selbst entstehen (1033a28ff., 1069b35f.). Liegt das ΰποκείμενον bereits in einer bestimmten Präsenz vor, in der es sich durchhält, ist es also selbst bereits ein Zusammengesetztes, so kann es in einem früheren Entstehungsgeschehen dazu geworden sein. Die Präsenz hingegen kann prinzipiell nicht entstanden sein und kann daher auch nicht vergehen, da sie ja sonst, auf Grund dieses Wesens der γένεσις, selbst ein aus ΰλη und εΐδος Zusammengesetztes sein müßte (1033bllf.). So ist die Präsenz also das πρότερον, indem sie als das Unvergängliche erstens das ursprünglicher Anwesende und zweitens als solches der Grund des Entstehens der vorliegenden ουσία ist.

Die Präsenz ist aber noch nach einer anderen Hinsicht die αρχή des Entstehens der vorliegenden ουσία (Ζ7, 9). Da das Vorliegende sich nicht von sich aus in Bewegung setzen und in die Präsenz heraustreten kann (984al9ff., t014b28), ist alles, was entsteht, nicht nur auf ein Zu-grundeliegendes und auf eine Präsenz als auf die Gründe seines Entstehens angewiesen, sondern immer zugleich auch drittens auf etwas, wodurch das ΰποκείμενον in Bewegung gesetzt und in dieser gehalten wird (αρχή της .κιν σεως) (1032al3f., 984a26f.). Wenn nun aber die Bewegung nicht ήbeliebig verläuft, sondern regelmäßig in die bestimmte Präsenz als inj ihr Ziel (τέλος) trifft dann muß das ε�δος bereits von vornherein irgendwie vorhanden sein und das Entstehungsgeschehen dirigieren. Das ist nur möglich, indem es als τέλος das Worumwillen (οδ ένεκα) und damit die αρχή der bewegenden Ursache ist. Aristoteles nennt am Anfang von Z7 nur die ersten drei άρχαί (ε�δος, ίίλη, αρχή

κινήσεως), v/eil er diese vierte (τέλος, ουενεκα),^ίδ sich mitder ersten inhaltlich deckt, gerade erst aufzeigen will. Alle γένεσις, so sagt er, ist entweder natürlich (φύσει.) oder künstlich (τέχν/j) oder sie geschieht „von selbst" (άπο ταύτομάτου) (i032a12f,, 107Üa6f.). Sowohl beider natürlichen als auch bei der künstlichen γέν^σις erweist es sich, daß das ε�δος immer schon vor der γένεσις irgendwie da ist und die bewegende Ursache bestimmt: Bei der natürlichen γένεση steht das Erzeugende immer schon selbst in dem ε�δος, das es in dem Entstehenden hervorbringt, „denn Mensch zeugt Mensch" (1033b32, 1070a8); bei der künstlichen muß der herstellende Mensch das εΐδος „ohne die ίίλη" (1032Μ2) immer schon im Vorblick („in der Seele" 1032bl) haben und seine Überlegungen und jeden Handgriff von daher leiten lassen (bo-21). Die von selbst geschehende γένεσις hingegen zeichnet sich gerade dadurch aus, daß bei ihr das ΐΐδος nicht als Worumwillen leitend ist und sie trotzdem in das τέΐος trifft. Weil das aber nur ausnahmsweise geschieht und sie folglich nur ein defizienter Modus der eigentlichen Entstehungsweisen ist (1070a9), ergibt es sich, daß die Präsenz auch als τέλος „von allem" die αρχή (1034a31 f.) ist. Schließlich muß die Präsenz auch nach dieser Hinsicht von TJrsprüngHchkeit nicht nur Grund des Entstehens des σύνολον, sondern zugleich das eigentlicher Seiende sein, denn sie kann die Bewegung der ΰλη nur dirigieren, wenn sie selbst ,,ohne ΰλη" ist12.

Hat sich somit nach beiden Wesensseiten des Hyletischen (der Mannig-faltigkeit und der Beweglichkeit) ergeben, daß die vorliegende ουσία keine einfache Präsenz sein kann, aber als Zwiefältiges auf eine einfache Präsenz als ihr πρότερον angewiesen ist, so muß noch beachtet werden, daß nach Z10 das gleiche Verhältnis zwischen σύνολον und ε�δος auch dort besteht, wo die eine Ursprünglichkeit wegfällt, weil die ΰλη nur hinsichtlich der einen Seite ihres Wesens betrachtet wird, nämlich bei den Gegenständen der Geometrie. Die Geometrie nimmt das Vorliegende lediglich als Kontinuierliches (συνεχές, 1061a32f., 429bl9) und abstrahiert von seiner Beweglichkeit (1077b27f.) und seinen wahrnehmbaten beweglichen Eigenschaften und K räften (1061a29ff.). Diese ΰλη τών μαθηματικών (1059bl5f.) nenntAristoteles, da sie nicht als faktisch Vorliegendes wahrnehmbar ist, im Gegensatz zur sonstigen ΰλη als der ΰλη κινητή und αισθητή in Z10 ΰλη νοητή (1036al0f., 1037a4f,). Auch das, was sich innerhalb dieser ΰλη präsentiert (Linien 1035al7f,, Kreise 1035a9f., al2, a33f. usw.), ist immer ein Zwiefältiges (σύνολον, 1036a2): indem das Mannigfaltige sich jeweils in eine Präsenz zusammennimmt, unterscheidet es sich doch von dieser, weil es >: unbegrenzt teilbar (1035a33f.) und eine beliebig wiederholbare Ver-' einzelung des allgemeinen εΐδος ist (1036a2f.). Auch hier ist daher das

1! Inwiefern die Präsenz auch bei der natürlichen γένεσι,ς bereits „ohne ολη" vorhanden ist, wird sich noch zeigen (vgl, S. 102 Anm. 28).

78 79

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τί ή ν ε�ναι, mit dem έκαστον nicht identisch, aber der Grund seines Anwesens (103$al7ff., Iü36aiff.)13.

Alles also, was hyletisch ist, hat ein τί ήν ε�ναι, mit dem es nicht identisch ik, und immer ist dabei das τί ήν ε�ναι, das Ursprünglichere. Weil nun auf Grund der

Zweideutigkeit des Terminus „ουσία" nicht nur das Selbständige, sondern auch das τί �ν ε�ναι ουσία genannt wird, und zwar als das τί ήν ε�ναι έκαστοι die ουσία έκαστου (143al8f., 1031al8), die ουσία des jeweiligen, wovon es τί ήν ε�ναι ist,

deshalb wird in unseren Kapiteln das τί ήν ε�ναι auch die ο υ σ ί α des σύνολον genannt (I032b2, 1035bl5f.). Das, wovon das τί �ν ε�ναι ουσία ist, war gemäß dein

ursprünglichen Sinn des τί ήν ε�ναι das einfache ε�δος (ζ. Β. 143alöf.), und der Bezug, der in dem Genitiv (έκαστου) zum Ausdruck kommt, bestand lediglich darin, daß

das eine die explizite definitorische Entfaltung des anderen war. Weil aber jetzt das τί �ν ε�ναι nicht nur ουσία des ε�δος, sondern auch ουσία des σύνολον ist, liegt in dem

Genitiv und ebenso in dem Dativ des τί ήν ε�ναι über das bloße Verhältnis von Definition zu Definiertem hinaus der Bezug der Präsenz zum Vorliegenden {vgl.

1035bl5f.)u. Dadurch tritt der Unterschied zwischen τί ήν εΐναι (λόγος) und ε�δος, der ja ein Unterschied zwischen Identischem ist, in den Hintergrund, und zwischen diesen Begriffen wird nicht mehr unterschieden (1032blL, 1035bt6, b32). Daraus ergibt

sich aber, daß auch das ε ΐ δ ο ς als ο υ σ ί α des σύνολον verstanden wird (1035bi5it. usw.). Doch auch das σύνολον wird ουσία genannt, und zwar in dem s t r e n g e n Sinn

dieses zweideutigen Wortes, in dem es das Selbständige bedeutet. Das ε�δος ist also die ουσία einet ουσία, wobei das Wort ουσία einmal für das τί ήν ε�ναι und einmal für

das Selbständige steht. Weil sich nun aber das ε�δος nach allen Hinsichten in dem doppelten Sinn als das Ursprünglichere gegenüber der ΰλη und dem σύνολον erwiesen

hat, daß es erstens das eigentlicher Anwesende und zweitens der Grund des la Es heißt sogar von den Segmenten des Kreises, daß sie (im Unterschied zu den

Teilen des λήγος) diejenigen Teile sind, in die dieser vergehe (1035a34, auch al7f.), so wie der Mensch in Knochen und Fleisch (a33), obwohl man doch meinen würde, der Kreis sei unvergänglich. Aber die Unvcrgängüchkeit hat das einzelne geometrische Gebilde nur von Gnaden des Vorstellens; es-kann zwar nicht von sich aus vergehen, aber ebenso wie als bleibend kann es auch als In seine Teile aufgelöst gedacht werden. — Wenn Aristoteles auch vom einzelnen geometrischen Kreis sagt, man könne nicht wissen, ob er sei oder nicht sei, sobald er nicht mehr in der taktischen Anschauung steht (1036a2if.), so kann das nicht heißen, daß er inzwischen zugrunde gegangen sein könnte, sondern nur, daß das Sein seiner Einzelheit ebensowenig durch den ίφισμός festgelegt sei wie beim beweglichen ούνολαν; zwei gleiche Kreise, aber auch zwei ungleiche Kreise lassen sich nur durch die Anschauung (die hier im Gegensatz zur Wahrnehmung νόηαις heißt, a6) und nicht durch den ορισμός unterscheiden.

11 Beim τί ήν ε�ναι kann aber neben dem σύνολον auch noch weiterhin das Ε�δος im Dativ genannt werden, woraus sich dann eine Konstrukrion mit doppeltem Dativ ergibt, ζ. Β. 64%22 τί ήν αύτω τδ αϊματι tlvat.

80

Anwesens der ίίλη und des σύνολον ist, wird eS die ursprünglichste ουσία, die πρώτη ουσία genannt (1032blf., 1037a5, a28, b3). Wenn jedoch die Ursprünglichkeit der beiden οΰσίαι nicht nur überhaupt, sondern hinsichtlich ihres ούσία-Charakters aneinander gemessen wird, dann muß das Wort ουσία in beiden Fällen denselben Sinn haben, d. h. es muß gemeint sein, daß die Präsenz nicht nur als τί ήν εΐναι die ουσία des Selbständigen ist, sondern als s o l c h e selbst ουσία (Selbständiges) ist. Daher wird sie auch in unseren Kapiteln meist einfach-hin ουσία genannt, ja sogar dem σύνολον schlechthin als „die ουσία" gegenübergestellt (1035b22, 1037a24, a29). Wenn das ε�δος nicht Selbständiges wäre, könnte es nicht nur nicht πρώτη ουσία genannt werden, es wäre überhaupt nicht das eigentlicher Anwesende (πρώτον) gegenüber dem σύνολον. Denn wenn auch die Einfachheit der Präsenz zum schlechthinnigen Anwesen wesentlich gehört, so gehört doch die Selbständigkeit noch ursprünglicher dazu (S. 32), und daher wurde auch in der Kategorienschrift πρώτη ουσία vielmehr das selbständig Einzelne und nicht das allgemeine ε�δος genannt (S. 39). Soll jetzt das εΐδος als πρώτη ουσία verstanden werden, dann muß es vor seiner besonderen Auszeichnung als Präsenz zunächst einmal Selbständiges sein. Da es schließlich im Buch 2 einzig um den Rückgang zur ur-sprünglichsten ουσία im eigentlichen Sinn dieses Wortes geht, wäre die langwierige Darlegung der Ursprünglichkeit des εΐδος zwecklos gewesen, wenn es damit nicht als das ursprünglichste Selbständige erwiesen wäre. Wenn es aber, wie sich jetzt gezeigt hat, nicht das selbständig Vorliegende, sondern nur dessen Präsenz und als solche von ihm unterschieden und ein Allgerneines ist, dann müßte es, wenn es als das Eine Allgemeine ein Selbständiges wäre, eine „Idee" sein.

§ 12, Die einfache Präsen^als πρώτη ουσία; Erweis ihrer Selbständigkeit Der im Buch Ζ durchgeführte Auf weis einer einfachen Präsenz, die vom

selbständig Vorliegenden unterschieden ist, aber von diesem, wenn es in einem Anwesen stehen und in ein Anwesen heraustreten können soll, gefordert ist, wird in seiner eigentümlichen Bedeutung erst erkannt, wenn er gegen den Hintergrund der Auseinandersetzung mit Platon gesehen wird, die in Ζ überall auch ausdrücklich hervortritt, Aristoteles hat die Grundprobleme, die er in der Metaphysik behandelt, zum Teil im Buch Β in der Form von Aporien eingeleitet, wobei er jeweils die spätere Lösung dadurch vorbereitet, daß er das Problem in Anlehnung an bisherige, vor allem platonische, Anschauungsweisen erst nur von der einen und dann nur von der anderen Seite darstellt. Diese Apotien bilden daher, wie immer es um ihr chronologisches Ver-hältnis zu den anderen Büchern stehen mag1*, eine Folie, gegen die die

" Die chronologische Frage ist offenbar gerade bei dem Aporienbuch besonders schwierig, da Aristoteles sich hier gewollt und manchmal fast 6 Tugcodhat, ΤΙ καΐά τινός

/ 81

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nachfolgenden Erörterungen -fibgehoberj werderl wollent um in ihren Intentionen::

verstanden zu werden1·. In der 8. Aporie (999a24-b24) wird in Anlehnung an Platon gefordert, daß es außerhalb des Einzelnen (παρά τί κ*θ-' έκαστα, a26), das ein unbestimmtes (άπειρον, a27), wahrnehmbares (b2), bewegliches und vergängliches (b5) σύνολον (a33) sei, ein „Eiries und Selbiges" (a28) geben müsse, ein allgemeines (a28), unbewegliches und unvergängliches (b4) ε�δος (Mo), und zwar weil es erstens (a26-b5) sonst keine Präsenz (Wißbarkeit) geben würde und weil zweitens (b5-16) das Vorliegende sonst nicht entstehen könnte. Hier wird also genauso wie in Ζ und nach den gleichen Grund hin sichten ein vom "Vorliegenden unterschiedenes ε�δος erwiesen, aber platonisch als „außerhalb" des Vorliegenden und d. h. als eine eigene ουσία („Idee") gedacht, wogegen dann die andere Seite der Aporie geltend macht, daß die allgemeine Präsenz vielmehr kein Selbständiges und keine ουσία sein könne (999a29~32, vgl. auch 1003a5 ff.). Eine positive Alternative wird nicht angeboten.

Wenn nun Aristoteles auch im Buch Ζ die einfache Präsenz οΰσίά und πρώτη οΰοί« nennt, dann könnte das bedeuten, daß er zu der platonischen Auffassung, daß das allgemeine ε�δος bereits in sich ein schlechthin Eines und Anwesendes sei, zurückgedrängt wird. Daß damit aber vielmehr das Entgegengesetzte gemeint ist, läßt sich zunächst aus ZI3 und Zt6 ersehen, wo Aristoteles das Allgemeine (καθόλου) als eine mögliche Bedeutung von ουσία erörtert.

In 213 wird gesondert für das allgemeine ε�δος (τί ήν εΐναι) (1038b9-i5) und für das γένος (bluff.) und in Z16 für die allgemeinsten Wesenheiten εν und ov (1040bl6ff.) erwiesen, daß kein Allgemeines eine ουσία sein könne. Das Hauptargument, das für alle gilt, ist, daß ,,das Allgemeine immer καί)-' υποκειμένου von etwas anderem gesagt wird" und somit nicht selbständig ist (1038bl5f.). Der scheinbare Widerspruch zu den übrigen Kapiteln, in denen gerade das ε�δος (τί ήν εΐναι) ουσία genannt wird, klärt sich auf, wenn man den Beweis dafür, daß das allgemeine εΐδος nicht ουσία sein könne, näher betrachtet.

Hier sagt Aristoteles nämlich, daß „die ουσία des jeweiligen"

krampfhaft von eigenen Gesichtspunkten zurückhält (das ist bisher und vor allem von Xaeger nicht genügend berücksichtigt worden; man vgl. ζ. B., wie Aristoteles 1002b32ff. vermeidet, die ενέργεια zu erwähnen und sie viermal als das „andere" gegenüber der δύναμις bezeichnet). Det entstehungsge-schichtliehe Zusammenhang von Β mit Ζ ist auch deswegen problematisch, weil die Aporien in Ζ nicht erwähnt werden. Doch folgen wir den Intentionen von Atistoteies, wenn wir dort, wo Ζ gerade die Lücke ausfüllt, die. in Β ab Frage offenbleibt, auf die Aporien als auf ein nicht not Buch zurückgreifen.wendig zeitlich früheres, aber sachlich vorbereitendes

11 erwähnt (1003a 5 ff.), in I wurde bereits die 14. Aporie n der Einleitung (S. 33)der verl , daß die angt wird ουσία sowohl einfache Präsenz (ein schlechthin Wißbares 1003al4) als auch selbständig {τήδε■-ri, _a9) sein müsse, diese Verbindung sich aber ab unmöglich erweist, weil das Einfache allgemein und das selbständige Einzelne unbestimmt ist. v'

(1038bl0) —■ sein τί ήν ε�ναι (bl4) —, die „dem jeweiligen eigentümliche ist, die keinem anderen zukommt, während das Allgemeine gemeinsam ist ... und mehreren zukommt" (blOff.). Die ουσία von dem, was έν άριθμφ ist, muß selbst μία αριθμώ sein (1040M7), und „keinem anderen kommt die ουσία zu als sich selbst und dem, welches sie hat und wovon sie die ουσία ist" (b23f.).

Indem also dem aligemeinen τί ήν ε�ναι die ουσία abgesprochen wird, witd sie an dessen Stelle nicht etwa dem jeweiligen σύνολον zugesprochen, sondern einer einzelnen ουσία des jeweiligen, einem einzelnen τί �ν ε�ναι. Nun gibt es aber, wie sich in den übrigen Kapiteln gezeigt hat, kein partikuläres τί ijv ε�ναι (S. 77). Und auch aus den Ausführungen in ZI 3 selbst ist 2u ersehen, daß mit dem jeweiligen einzelnen τί ήν ε�ναι eines Einzelnen (ζ. Β. von Sok.rat.es, 1038b29) nur das gemeint ist, was jeweils ein allgemeiner ορισμός umgrenzt (ζ. Β. „Mensch", vgl. 1038bl7f., b30L). Dieses einzelne τί ή ν ε�ναι unterscheidet sich somit in seinem Gehalt gar nicht von dem allgemeinen τί ήν ε�ναι.

Wenn also in den übrigen Kapiteln das εΖδος die πρώτη ουσία genannt wird, kann offenbar nur dieses zwar allgemeine, aber jeweils einzelne τι ήν ε�ναι gemeint sein. Und tatsächlich nennt Aristoteles in ZU die πρώτη ουσία das εΐδος ενόν (1037a29), das in der ΰλη darinnen-seiende ε�δος. So muß es auch gemeint gewesen sein, wenn bereits in Z3 nicht nur das σύνολον, sondern auch das ε�δος ein ΰποκείμενον ge-nannt wurde (S. 70), Damit wäre die Frage nach der πρώτο ουσία im Buch Ζ und zugleich die 8. Aporie des Buches Β gelöst, da nicht nur eine vom σύνολον unterschiedene einfache Präsenz, sondern diese zugleich als Selbständiges und ουσία erwiesen wird, die jedoch trotzdem nicht vom σύνολον getrennt ist. Aber dieses allgemeine und doch einzelne ε�δος ist zunächst eine Behauptung und nicht ohne w gesetzten eiteres verständlich. Warum muß außer dem aus εΐδος und ύλη Zusammenn όλη och eigens ein von diesem unterschiedenes reines ε�δος, das doch auch in der ist, gedacht werden? Wie kann es ferner, wenn es die Präsenz des Selbständigen ist, selbst ein Selbständiges sein? Und wenn schließlich auch verständlich ist, daß es im Einzelnen sein allgemeines Wesen bewahren könnte, weil der Präsenzcharakter des σύνολον ganz in dem einen εΐδος aufgeht (S. 74), so bleibt doch zunächst unklar, wie es sich im Teilbaren seine Einfachheit, im Vergänglichen seine Unvergänglich keit erhalten kann.

Über die mögliche UnVergänglichkeit des einzelnen ε�δος findet sich in Z10 nur eine Andeutung: im Unterschied zum σύνολον „vergehen" die Präsenzen „nicht, entweder überhaupt nicht oder jedenfalls nicht auf diese Weise" (1035a29f.). Etwas aufschlußreicher ist die entsprechende Aussage in ZI5 (1039b23ff.): „, . . von diesem (d hingegen em σύνολον) gibt es Vergehen, nämlich auch Entstehen, von der Präsenznicht so, daß sie vergeht ..., sondern ohne Entstehen und Vergehen ist sie und ist sie nicht." Eine genauere Erklärung wird dann

*· Ü 83 t

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in H3 gegeben (I043bl4ff.): ,,Es ist notwendig, daß diese (die Präsenz) entweder uhvergänglich ist (im Fall der göttlichen ουσία) oder vergänglich ohne zu vergehen und entstanden ohne ZU entstehen." Die einfache ^Präsenz kann also als jeweils vorliegende zwar nicht schlechthin unvergänglich sein, aber sie ist es noch, insofern sie auf Grund ihrer Einfachheit (vgl. 258bl8f.) keinen Entstehungs- und Vergehungs-prozeß durchlaufen kann, sondern als das, worauf der Entstehungs-prozeli des σύνολον als auf sein τέλος zuläuft, sprungartig ins Sein tritt, um dann auch sprungattig zu verschwinden. Diese Erklärung in Z10 und Z1S ist zugleich eine weitere Bestätigimg dafür, daß Aristoteles dort die allgemeine Präsenz als je einzelne meint, denn vom Einen Allgemeinen wäre die Aussage, daß es „ist und nicht ist", natürlich gegenstandslos.

Die bestimmte Unvergängiichkek der einzelnen Präsenz gründet in ihrer Einfachheit, Wie kann nun aber die Präsenz als einzelne Präsenz eines mannigfaltig Teilbaren ihre Einfachheit bewahren? Diese Frage zwingt dazu; das bestimmte Wesen des σύνολον genauer zu fassen; ihre Klärung bildet den entscheidenden Schritt zum Verständnis der aristotelischen Auffassung von der ουσία, bei dem nicht nur die Möglichkeit, sondern zugleich die Notwendigkeit einer einzelnen einfachen Präsenz deutlich wird. Das Wesen der ύλη besteht in der Mannigfaltigkeit eines Kontinuum, und ihr Heraustreten in ein ε�δος ist daher immer ein Zusammentreten in Eines (S. 74). Ein Kontinuierliches, das in eine Präsenz zusammengenommen ist, jedes σύνολον also, ist ein Ganzes (Ολον, 1016bl2f.j 1052a22f.); das bedeutet, daß seine Teile nicht nur faktisch zusammenhängen, sondern von der Einheit einer Präsenz durchherrscht sind: ihre Anordnung ist dann nicht beliebig, und jeder hat seine bestimmte, von der Präsenz vorgezeichnete Stelle (1 Ol ob 13 f., 1024al-3). Die Teile, die zusammen das teübare Ganze bilden, sind also in ein as εΐδος e Einheit versammelt, die selbst nicht teilbar ist. Somit kann dnicht nur, sondern muß als Einfaches einzeln sein, wenn das σύνολον nicht auseinanderfalten soll (vgl. 1045ä8f., lÜ77a21 ff.). Es muß als Einzelnes von der ΰλη (den Teilen) unterschieden bleiben, weil es nur als solches die Teile zusammenhalten kann. Unterscheidet sich nach Z10 das εΐδος vorn-σύνολον dadurch, daß die hyletischen Teile nicht seine άρχαί sind, so doch nicht deswegen, weil es von diesen Teilen unabhängig wäre, sondern weil es vielmehr umgekehrt die αρχή dieser Teile als Teile eines Ganzen ist (1035b3-25). Weil also der Einfachheits-charakter der Präsenz als Einfaches eines Ganzen von vornherein auf das Mannigfaltige als dessen αρχή eingespielt ist, kann dieses sie nicht aus-einanderteißen.daes vielmehr umgekehrt von ihr zusammengerissen wird. Wenn die einfache Präsenz aber wesensmäßig versammelndes Prinzip (σύνθεσις, αρχή, i041b3l, 1043b6) von Mannigfaltigem ist, denn kann sie nicht nur auch als einzeln vorliegende gedacht werden, sondern ihr eigenes Wesen erfüllt sich überhaupt erst, wenn sie jeweils

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äur Präsenz von einem Vorliegenden wird. Ebenso wie dieyUbqgcrtj|; ~f~ Kategorien ist sie nicht schon in sich ein geschlossenes Eines'ijn.4l^^ '"' wesendes, sondern von vornherein nur die eine Seite einer ZwlefäU" keit (Präsenz von—). . ■ ίΐ|$||

Weil sich aber das �ποκείμενο ν det ersten Kategorie wesensrriäßif von dem der übrigen Kategorien unterscheidet, ist auch die νΡίΑβ^Β^^-ίΒη^· und entsprechend auch die Zwiefältigkeit hier von ganz anderet'iPÄtti^;Kl· Aus der Abhebung der besonderen Zwiefältigkeit der ουσία gegen'die,1 §1 der übrigen Kategorien muß nun auch ersichtlich werden, inwiefern· ''' die Präsenz nach ZI3 nicht nur als einfache e i n z e l n vorliegt, sondern ; als solche auch Selbständiges und d. h. Einzelnes ist. .:;,

Auch für die anderen Kategorien (ebenso für die Gattungen und die allgemeinsten Wesenheiten εν und 6V) gilt der Satz, daß „kein All-gemeines außerhalb des Einzelnen getrennt besteht" (1040b26f|), weil es nämlich immer nur ist, wenn es „καθ-1 υποκειμένου von etwasf gesagt wird" (1038bl6); s e iend sind also auch die übrigen Kategorien immer erst in ihrem jeweiligen e i n z e l n e n Vorliegen; weil aber ihr ύποκείμενον als τόδε τι bereits selbst ein Eines ist, ist dabei immer nur das ύποκείμενον bzw. das in die Präsenz herausgetretene (mit ihm zusammengesetzte) ύποκείμενον ein E inze lnes : die Präsenz ist, weil das, wovon sie gesagt wird, Einzelnes ist, selbst nur Allgemeines, und es kann nicht neben dem in die Präsenz herausgetretenen ύποκείμενον auch noch eine von diesem Zusammengesetzten unterschiedene einzelne Präsenz gedacht werden (außer in der Kategorienschrift).

Dagegen wird die Präsenz der ersten Kategorie nicht von Einem gesagt, sondern macht ihr ύποκείμενον erst zu Einem. Die Präsenz ist daher nicht nur ein einfaches Eines, das zum Vorliegenden hinzukommt, eine geschlossene Bestimmung, die von ihm gesagt wird, sondern das Wesen ihrer Einfachheit liegt darin, Vereinheitlichendes zu seih. Entsprechend ist die Zwiefältigkeit hier nicht eine Zusammensetzung des Vorliegenden mit der Präsenz, sondern die Zusammensetzung (σύνθεσις) des Vorliegenden d u r c h die Präsenz, und der Ausdruck „σύνολον" (το εκ τούτων) ist somit irreführend (vgl. 1041bllff., 1043b4fT.): Währ er Zwiefältigkeit der end bei dübrigen Kategorien das ύποκείμενον, da es als τόδε τι selbst bereits ein ev ist, unmittelbar und gewissermaßen ohne Zwischenraum in die Präsenz heraustritt und sie in dieser Zusammensetzung mit umgreift, ist bei der ουσία das ύποκείμενον, weil es Mannigfaltiges ist, in solchet Weise mit der Präsenz „zusammengesetzt", daß es auf sie z u g e s p a n n t ist. Als die versammelnde Mitte dieser Spannung, nicht dinglich als ein eigenes Seiendes, bleibt die Präsenz von dem in sie versammelten ύποκείμενον, und d. h. vom σύνολον, unterschieden. In dieser Versammlung erst s — alσύνολον also — wird das ύποκείμενον zu einem τάδε Tt, zu einem Etwas, einem εν, einer ουσία. Indem nun aber die Piäscnz das ist, wodurc s zu h eeinem τόδε τι wird, ist sie als das Vereinigende des Einen gleichsam der Zentralpunkt des τόδε τι. Sie ist selbst τόδε τι und ουσία, aber nicht als

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eine zweite ουσία ir* σύνολον, sondern nur als das Versammelnde, das in das Versammelte Yerschtänkt ist *. Beide bilden in dem einigen Gefüge ihres Unterschtedenseins ein τόο*ε Tt. So ist die ausgezeichnete Präsenz des Vorliegenden die ουσία der ουσία, indem sie es nicht nur als τί vjv εΐναι in eine Präsenz (§ 11), sondern damit auch erst in die Selbständigkeit hebt. Sie ist als das Einfache des selbständig Vorliegenden zugleich das Selbständige des selbständig Vorliegenden und damit πρώτη ουσία im vollen Sinn.

Weil somit die Präsenz das �ποκειμένων erst zu einem Einzelnen macht, ist ihr Verhältnis zu ihm ursprünglich nicht von solcher Art, daß sie als Aligemeines καθ'

�ποκειμένου von ihm gesagt wird. Weder ist die einzelne einfache Präsenz als V e r e i n h e i t l i c h e n d e s nur eine einfache Bestimmung, die von etwas gesagt werden

kann, noch ist das ύποκείμενον als ίϊλη überhaupt schon ein Etwas und Eines, wovon etwas gesagt werden könnte. Daher erklärt Aristoteles in Ζ und auch sonst das ίΐδος,

sofern es spezifisch als Einzelnes gemeint ist, als ε�δος έναν (1037a29), als das, was nicht καθ-1 υποκειμένου gesagt wird, sondern εν ύποκειμένω ist (1037b3f., 1036b23,

194bl3, 414a21f.),. und, insofern es als solches selbst τόδε τι und �ποκείμενοι ist, als ύποκείμενον έν ύποκειμένω (Phys. 192b34)n, Vom ύποκείμενον seinerseits wird gesagt, es ,,habe" (έχει) seine ουσία (1040b24( 192b33); diese ist ihr „Gehabe", ihre

Verfassung (έξις, t070al2). So kehrt hier also in einem ganz anderen Zusammenhang, aber als Ausdruck für eine entsprechende ontologische Beziehung, die Terminologie der

Kategorienschrift wieder: liier wie dort geht es darum, das Verhältnis von etwas zu seinem ύποκείμενον zu bezeichnen, was selbst Einzelnes und Selbständiges ist. Ist nun

aber auch das εΐδος jeweils in ein bestimmtes ύποκείμενον verschränkt und einzeln, so ist es doch hinsichtlich seines Was-Gehaltes, wie dieser in der Definition umgrenzt wird,

vom jeweiligen ύποκείμενον unabhängig (λόγω χωριστόν) und als solches allgemein (καθ-όλου). Daher kann es auch spezifisch als das Eine Allgemeine vorgestellt und dann καθ' υποκειμένου von dem �ποκείμενοι* gesagt werden (ζ. Β, 1029a23f.), das dann

aber seinerseits bereits als Eines und Etwas im Blick stehen muß. " Die Physikstelle lautet im ganzen: . . . φύσις μέν ouv εστί το ρη&έν* φύσιν 8έ

έχει ο σα τοιαύτη ν £χει αρχή«, και έστιν πάντα ταΟτα ουσία' ύποκείμενον γάρ τι καΐ έν ύποκειμένω εστίν ή φύσις άεί.

Ich folge hier der in einem Freiburger Seminar mitgeteilten Auffassung von Heidegger, dcrgemäli das von Laas und Roas im letzten Satz hinter τι eingesetzte Komma zu streichen

und ziim- bisherigen Text zurückzukehren ist. Dem Argument von Ross (Phys. S. 501), daß die φύσις (also das ε�δος des φύσει öv) kein �ποκείμενον sei, wird durch unsere

Erklärung des εΐδος der Boden entzogen. Da der Satt als Begründung angeführt wird für die vorhergehende Behauptung, daß „alles dies", nämlich das, was eine φύσις „hat" (also

das σύνολον) und die φύσις (das ε�δος), ουσία sei im Unterschied zu den im folgenden erwähnten συμβεβηκότα, wird sowohl vorn einen als auch vom anderen gesagt, daß es υποκείμενων sei. Sonst wurde der Satz auch eine sinnlose Wiederholung enthalten.

Dieser Doppelcharakter der Präsenz kommt in aem das Buch Ζ zusammenfassenden Abschnitt in 111 zum Ausdruck, wo Aristoteles sagt (10421126 ff.): ,,Die ουσία ist das ύποκείμενον, auf eine Weise die υλη . . ., auf eine andere der λόγος und die Präsenz, welche, als τάδε τι seiend, λόγω νωριστόν ist, drittens das Zusammengesetzte . . . "1S Daher kann Aristoteles einerseits das reine ε�δος als solches und nicht nur das σύνολον τόδε τι nennen (vgl. 1017b25, 1037b25-7, 1042a29, 1049a35, Ί070Λ'Π)" und ihm anderseits, sofern es spezifisch als das Eine v\llge-meine im Blick steht, den ,,τόδε τι''-Charakter absprechen (i037alf., 1033b22), und daher kann er in Z13 das τί ήν ε�ναι, sofern es vielem gemeinsam ist, aus der ουσία ausschließen und dieses gleiche τί ήν ε�ναι, sofern es dem jeweiligen eigentümlich ist, als die ουσία erklären20. Wenn nun aber das gleiche ε�δος, das als Einzelnes ουσία und d. h, schlechthin Anwesendes ist, als Allgemeines nicht ουσία sein kann, ergibt sich die Frage, was für ein Anwesenheits- und Einheitscharakter diesem Einen Allgemeinen dann noch zukommt.

Somit enthält die Auffassung der einfachen Präsenz als πρώτη ουσία zwei Probleme von E i n h e i t und Mannigfaltigkeit: Wie ist e r s t e n s der Einheits- und Anwesenheitscharakter der einzelnen einfachen Präsenz zu denken, wenn sie als Präsenz des Vorliegenden das Vereinheitlichende des Mannigfaltigen ist? Oder positiv gewendet: Wie gelingt es, das in schlechthinnigerund unbestimmter Mannigfaltigkeit Vorliegende in eine Einheit und Präsenz aufzubeben und somit als Anwesendes zu begreifen? (§ 13), Und welches ist zweitens das Verhältnis der Einen Allgemeinen Präsenz zum Vorliegenden, d. h. (a) von was für einer Art ist die Einheit des Allgemeinen, daß es sich mannigfaltig vereinzeln kann, und von was für einer Art sein Sein, wenn sich die Präsenz, da sie Vereinheitlichendes ist, erst als Einzelnes erfüllen können soll? und (b): wenn die Zwiefältigkeit mit dem Vorliegenden zum Wesen der Präsenz gehört, in was für einem Verhältnis muß dann auch die Definition des Allgemeinen zum hyletisch Mannigfaltigen stehen, d. h. wieweit ist die Präsenz überhaupt noch ein λόγψ χωρίστόν? (§ 14).

18 Ausgeschlossen ist die Interpretation dieser Stelle bei Owenä (S. 241), wonach das ε�δος gerade als τόδε τι 'λόγω χωριατών sein soll — vielmehr: es liegt als τήΒε τι vor, aber läßt sich auch losgelöst und als Allgemeines betrachten. — Vgl. auch 194bl2: die Präsenzen sind χωριστά μέν εϊδει, έν ΰλη 8έ.

18 .Entsprechend nennt er es auch έν άριΰμω (1040bl7), während det Begriff des κα&' ίχαστον auf das σύνολον als das Unbestimmte-Teilbare beschränkt bleibt, das im Unterschied zum einzelnen εϊδος ein Einzelnes ist, das dein Allgemeinen gegenübersteht.

10 Eigentümlich ist es dem Jeweiligen nicht hinsichtlich seines V/asgehakes, sondern weil es als Vereinheitlichendes in das Jeweilige verschränkt und mit ihm zusammen ein τό8ε τι ist. — Als ein weiteres Argument dafür, daß das Allgemeine nicht ουσία sein könne, wird in Z13 angeführr, daß sonst in der einzelnen ουσία eine zweite ουσία enthalten wäre (1039a3ff.); hingegen Ist das einzelne ε�δος „Mensch" die ουσία von „Sokrates", ohne dadurch eine zweite ουσία in der ουσία „Sokrates" zu sein.

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§ 13, Die Zwiejältigkeit der ovaia als evtqyHiiH (ίντελέγ/Μΐ) eines δυνάμει öi; die Einheit und Amvesenhüt dn mannigfaltig Vorliegenden

Das Problem der Einheit und Präsenz des mannigfaltig hyietisch Vorliegenden Wird von Aristoteles dadurch bewältigt, daß er εΐδος und ύλη in einer Zwiefältigkeh denkt. Diese Zwiefältigkeie bedeutet nicht, daß das ε�δος als ein geschlossenes Eines sich der ύλη als einem Medium aufprägt, denn dann wäre die ϋλη an dieser Einheit unbeteiligt. Es wäre nicht das Vorliegende selbst, -was als Eines und Anwesendes gedacht würde. Die Zwiefältigkeit bedeutet, daß die Präsenz das Vorliegende selbst zu einem Einen versammelt, daß also die Präsenz nicht nur Eines, sondern Vereinheitlichendes ist. Für dieses Wesen der Präsenz reicht nun aber der Terminus ε�δος {„Anblick"), der auf gar keine Zwiefältigkeit angelegt ist, nicht mehr aus, ja er verdeckt es. Die Einfachheit des ε�δος ist ursprünglich in sich geschlossen, so daß es ebensogut allgemein wie einzeln vorgestellt werden kann; und sofern in seinem Atiwesenheitscharakter der Bezug auf ein anderes liegt, ist dies nur das vernehmende Blicken. Schließlich verleitet das Wort ε�δος dazu, sich die einfache Präsenz als „Bild" und „Gestalt" (μορφή) vorzustellen, während sie doch nut das vereinheitlichende Prinzip eines Gebildes sein soll. Der Rückbezug auf ein noch nicht präsentes Anwesendes, welches es ineine Präsenz herausreißt und in eine Einheit zusammenieißt, liegt im Anwesenheitscharakter des είδοξ ursprünglich nicht. Ebenso liegt im Begriff der ολη noch kein positiver Bezug zur Präsenz.

Eigens in ihrer Zwiefältigkeit werden ϋλη und εϊδος erst als δύναμις und ενέργεια (εντελέχεια) gedacht. Im Buch Ζ hält Aristoteles mit diesen Begriffen noch weitgehend zurück und läßt sie erst in den Nachträgen, die das Buch Η bringt, die Untersuchung führen. Unausdrücklich sind sie aber bereits in Ζ gegenwärtig (vgl. S. 107 Anm. 31), und die Lehre vom einzelnen εΐδος kann ohne sie gar nicht verstanden werden, δύναμις und ενέργεια sind zunächst im Bereich von Bewegung und Tätigkeit beheimatet. Dabei bedeutet δύναμις — ein vor philosophisches Wort — soviel wie „Vermögen": ein Mensch oder ein anderes Seiendes vermag das und das zu tun, in Bewegung zu setzen, zu bewerkstelligen, ist dazu imstande, hat Kraft und Macht. So wird auch bei Pkton δύναμις verstanden als δύναμις άπεργάζεσθαί τι (Staat 477dl) und δύναμις τοΰ ποιειν και πάσχειν (Soph. 248c8). Daher die aristotelische Erklärung von „Vermögen" als αρχή μεταβολής εν άλλοι (1046all), als Ursprung eines Wechsels in einem anderen, wozu korrelativ in dem, was wechselt, eine αρχή μεταβολής παθητικής ύπ1 άλλου (a!2f.) gehört, ein Imstandesein zum Verändertwerden. Dabei steht die δύναμις in einem ganzen Gefüge von notwendig zusammengehörigen Bezügen; sowohl das aktive als auch das passive Vermögen ist jeweils auf ein anderes bezogen, wodurch es erst in die Tätigkeit, die in ihm angelegt ist (κινεΐν oder κινεΐσ&αι), kommen kann, ujnd diese Tätigkeit hat dann ihrerseits ihr

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τέλος in ihr.} Werk (έργον), das sie hervorbringt (202a23F.) und das jeweils eine Präsenz ist, in die das Bewegte gebracht wird.

Daß etwas ein Vermögen hat, bedeutet, daß, wenn sich die nötige Konstellation zu einer solchen Tätigkeit einstellt (d. h. vor allem: wenn zu dem Erwirkenden das Erleidende hinzukommt und umgekehrt), das Vermögen h e r a u s t r i t t und seine Tätigkeit tatsächlich geschieht (1048a5fl., 324b8f.). Das heißt aber: es handelt sich hier um ein Phänomen, zu dem es wesensmäßig gehört, daß es bereits vorhanden sein kann, ohne schon als das, was es ist, in Erscheinung zu treten; ja es muß sogar schon, bevor es in Tätigkeit kommt, gewissermaßen auf dem Sprung sein, da es sonst von der Gelegenheit dazu gar keinen Gebrauch machen könnte. In der Tätigkeit kommt nichts Neues über das Seiende, vielmehr tritt nur das hervor, womit es an sich gehalten hatte. Der Untätigkeit (αργία, 416b3, 1219a25) wird nun von Aristoteles der „Gebrauch" des Vermögens (die χρήσις, 1219a24) als seine Betätigung (ενέργεια, 416b3) entgegengesetzt. Das spezifisch herausgetretene Vermögenwird jetzt als ενέργεια der δύναμις von der δύναμις als solcher eigens unterschieden. Durch diese Gegenüberstellung zur ενέργεια wird ein bestimmter Zug, der im Wesen des Vermögens schon von vornherein liegt, eigens herausgehoben: daß es als Vermögen zu . . . wesensmäßig Möglichkeit ist, nämlich Möglichkeit, in die Tätigkeit zu kommen oder auch nicht.

Dieser Charakter der δύναμις ermöglicht es nun, das δυνατόν zum universalen ontologischen Tetminus zu erheben, indem damit jetzt nicht bloß das gedacht wird, was zu bewegen vermag oder auch nicht, oder bewegt zu werden oder auch nicht, sondern allgemein das, was als etwas (und d. h. als eine Präsenz) zu sein vermag oder auch nicht (vgl. 1047a2Qf./a28f.). Dieses δυνατόν, das ein δυνάμει ο ν ist, ist die ύλη (Ζ7, 1032a20-2). Als das Unbestimmte-Bestimmbare ist die ϋλη von vornherein wesensmäßig das, was in eine Präsenz heraustreten kann oder auch nicht, und was immer auch dann, wenn es in der Präsenz steht, aus ihr zurücktreten kann. Diesen Möglichkeitscharakter der υλη bezeichnet Aristoteles mit ένδεχόμενον εΐναι και μη ε�ναι (1050Μ1): die υλη ist das, was sowohl das Sein als auch das Nichtsein als etwas zuläßt. Indem dieses ένδεχόμενον nun aber als δυνατόν gedacht wird (1047a26f., lCl50bllfT.), wird von der ursprünglichen δύναμις im Sinn des BewegungsVermögens, das jetzt eigens als δύναμις κατά κίνησιν von der neuen δύναμις qua ϋλη unterschieden wird (1048a25/b8f.), nicht nur das oment der MM öglichkeit, sondern auch das des Vermögens übernommen. Im „Können" (δύνασθαι) der υλη liegt dann nicht nur: eine Präsenz sein zu können und auch n i c h t , sondern zugleich: die Präsenz sein zu können, d. h,: das Votliegende läßt es nicht nur zu, daß die Präsenz als etwas ihr Äußerliches „über" sie kommt (έπιγίγνεσΰαι, 1035al2), sondern es selbst ist zu der Präsenz imstande, birgt sie bereits als noch ungehobene Möglichkeit in sich und entfaltet sich in sie als ihr e i g e n e s Anwesen.

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Daß Aristoteles das δυνατόν auch bei der ύλη in diesem vollen Sinn verstanden wiss ögen en will, ist schon daraus zu ersehen, daß er das, wozu die δύναμις ein Vermi ργεί« st, auch jetzt, da dies nicht mehr eine Tätigkeit, sondern eine Präsenz ist, ενεnennt. Daß das Korrelat zur δύναμις weiterhin die ενέργεια bleibt, ist keineswegs selbstverständlich, sondern der entscheidende Schritt. Denn darin liegt, daß die Prä-senz sich nicht nur faktisch am ύποκείμενον befindetiJ, sondern das Herausgetretensein dessen ist, was schon von vornherein im ΰποκείμενον angelegt war. In Met. Θ6, wo Aristoteles die ενέργεια bestimmen will, aber dann nur Beispiele aufzählt, weil man „nicht von allem eine Definition verlangen darf, sondern das Analoge zusammenschauen muß" (1048a36f.), wird die Erklärung vorausgeschickt: „Die ενέργεια ist also das Vorliegen (ύ7ϊάρχειν} der Sache, nicht so wie wir sagen (daß sie) δυνάμει (vorliegt)" (1048a3lf\): Als ενέργεια wird also die Präsenz nicht nur als vorliegende gedacht, sondern als ein Modus des Vorliegens des ΰποκείμενον selbst. Und indem nun die Begriffe ε�δος und τι �ν ε�ναι mit dem Terminus ενέργεια gleichgesetzt (1043bl) und schließlich völlig synonym mit ihm gebraucht werden (so ζ. Β. durchgehend im Buch H), wird das Wesen der Präsenz als Heraus-getretensein verstanden: d. h. die Präsenz wird nur noch aus der Zwiefältigkeit mit dem Vorliegenden und nur noch als einzelne (selbständige); gedacht: „ενέργεια ist nämlich das ε�δος, wenn es selbständigist" (1071a8f.). Mit der ενέργεια erst findet also die Lehre von der πρώτη ουσία ihre eigentliche Erklärung. Denn als ενέργεια erfüllt sich das ε�δος nicht nur in seiner Vereinzelung, sondern kann überhaupt nicht Allgemeines sein. Was es dann als Aligemeines ist, wird noch zu zeigen sein (§ 14).

Das, wohinein die ϋλη sich als δυνάμει ov entfaltet, ist die ενέργεια, doch sie geht in dieser nicht auf, sondern steht gleichsam in ihr: sie ist als σύνολον ενεργείς 6v. Als solches bleibt sie in ihrem Herausgetreten-sein ein δυνατόν ε�ναι και μή ε�ναι (vgl. i05öb8ff.): das ενεργεία δν schwebt, solange es in der Präsenz steht, in der Möglichkeit, sie zu verlieren. Darin Hegt aber zugleich, daß das Verhältnis zwischen der ύλη und dem ε�δος auch dann, wenn es bereits hergestellt ist, ein lebendiges bleibt. Die ΰλη ist δύναμις zum ε�δος nicht nur bevor sie in dieses kommt; auch gerade wenn sie in der Präsenz steht, ist sie das wesende Vermögen zu dieser Präsenz, und das, als was sie sich in dieser gleichsam im Schwingen bleibenden Bindung an das ε�δος zeigt, ist das „σύνο~Λον"η.

31 Das faktische Vorliegen der Präsenz könnte auch einfach £ιϊϊάρ/ίι.ν genannt werden, wie auch in der Syllogistik dem Problematischen, bei dem charakteristischerweise das ίνδεχύμενον maßgebend bleibt, das Assertorische als ύπάρχειν (25alt, usw.), in anderen Zusammenhängen auch als άλΓ,Αές (22al3, 1019t>23fT.t Met. Θ4) entgegengestellt wird. In ύπάρχειν und αληθές kommt nur die Tatsächlichkeit des Zusammen Vorliegens zum Ausdruck, der Charakter des Bezuges zwischen beiden wird offengelassen.

" Mit dem Begriff ενεργείαιβν ist auch die unangemessene Vorstellung

Aber nicht nur die Zwiefältigkeit zwischen der Präsenz der 1. Kategorie und ihrem ύπ δύναμις und οκείμενον, sondern auch die der übrigen Kategorien wird jetzt als ενέ igen ργεια gedacht (1047a22, 1017a35ff.). Denn das ΰποκείμενον der übrKategorien hat ein zwiefaches Wesen: einerseits ist es selbst bereits bestimmt und präsent, anderseits ist es, sofern es von weiteren Präsenzen bestimmt wird, un bestimmt-bestimmbar und ΰλη (S.78). Weil es präsent ist, ist die Zwiefältigkeit derKategorien mit ihm ein συμβεβηκέναι, d, h. ein Zusammengekommensein von zwei Präsenzen (S, 52); weil es aber zugleich ϋλη ist, ist die Kategorie nicht nur mit der ου die σία zusammen, sondern die Präsenz der ουσία, und d. h. jetzt: das, wohineinουσία selbst heraustritt und wozu sie schon von vornherein das Vermögen haben muß. So kommt also mit δύναμις und ενέργεια doch auch jene Seite det Zwiefältigkeit der Kategonen zu ihrem Recht, die vom συμβεβηκός verdrängt zu w erden drohte (S. 52). Die ενέργεια ist gegenüber dem συμβεβηκος, aber auchgegenüber der κατηγορία, die ontologisch höhere und überhaupt die höchste Be-stimmung des zwiefältigen Wesens der Präsenz, weil einzig in ihr das Vorliegende und die Präsenz so zusammen gedacht werden, daß sich im Herausgetretensein ein ne ien das uer Sinn von Anwesenheit ergibt. Aber gerade weil bei den übrigen Kategorύποκείμενον bereits in einer Präsenz steht, sind δύναμις und ενέργεια für ihre Zwiefältigkeit nicht entscheidend geworden: das ΰποκείμενον ist hier zwar jeweils ein δυ ist, νάμει Öv, aber das ov, wozu es veimögend ist und als welches es dann ενεργείαist n t; das ur eine weitere Präsenz, die das ύποκείμενον als solches unberührt läßύποκείμενον der ουσία hingegen ist selbst δυνάμει δν, nicht zu dem oder jenem, sondern zu seinein eigenen Anwesen, es ist δυνάμει τόδε τι (1042a28) und d. h. δυνάμει εν. Und die ενέργεια ist hier nicht bloß das Herausgetretensein von etwas, wozu das ΰποκείμενον vermögend ist, sondern das Herausgetretensein des ΰποκείμενον selbst.

Weil nun zur Anwesenheit wesensmäßig Präsenz und Einheit gehört, vollendet sich das Anwesen des Vorliegenden in seinem Heraus- und Zusammengetretensein. Dah ε�δος er wird das Herausgetretene als τέλειον und τέλος έχον (1023a34) und das als sein τέλος (1023a34) gedacht, nicht bloß als das, woraufzu seine γένεσις geht, sondern als die vollständige Entfaltung seines Seins. Für diesen Charakter des ε�δος als das, worin die ϋλη ihr τέλος hat, hat Aristoteles den Terminus εντελέχεια. geprägt. Die ενέργεια ist εντελέχεια, das ενεργεία ov εντελέχεια Öv. Ebenso wie in der ενέργεια liegt in der εντελέχεια im Unterschied zum ε�δος von vornherein der Rückbezug auf etwas, wovon sie das ist, was sie ist21.

einet 7-usammensctzung überwunden, die in den Begriffen σύνολοι, αύνθετον (1043*30), συνειλ^μμένον (1035a23), μεμιγμένον (278al4), το ix τυύτων (1035ul) liegt; diese werden aber trotzdem neben ihm beibehalten, ebenso wie εΐοος (und μορφή 1043a3üf.) neben ενέργεια.

ia Hingegen hat auch das τί ήν ε�ναι als τί �ν dvai έκάστφ von vorn-

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Obwohl ενέργεια und εντελέχεια ursprünglich keineswegs dasselbe bedeuten,; werden sie schließlich bis zur Auswechselbarkeit synonym gebraucht. Dann kann aber diejenige ενεργεί«, bei der dieser Begriff seinen Ursprung hat, nämlich die Tätigkeit, gar nicht mehr ohne weiteres als ενέργεια gedacht werden :

Mit der Übertragung der δύναμης von der δύναμις κατά κίνησιν auf die δύναμις zur Präsenz ist der Bereich der Bewegung nicht verlassen: es handelt sich jetzt zwar nicht mehr um eine δύναμίς zu einer Bewegung, aber das δυνάμει, 6v kann die Präsenz immer nur auf dem Wege übet eine Bewegung, und d. h. vermittels δυνάμεις κατά χίνηαιν, erreichen. Daher spielte auch umgekehrt die Präsenz bereits bei der δύναμις κατά κίνησιν eine wesentliche Rolle, als das Werk, welches die Tätigkeit dieser δύναμις hervorbringt (S. 88f.). Die ενέργεια qua Präsenz ist also nicht nur εντελέχεια einer υλη, sondern zugleich auch immer τέλος (έργον) einer ενέργεια qua κίνησις, Nun sind κινεί ν und κινεΐσ&αι zwar hinsichtlich ihrer δύναμις jeweils ein Herausgetretenes, aber was da herausgetreten ist, ist selbst noch unterwegs, an sich oder einem anderen eine Präsenz heraustreten zu lassen und hat erst in dieser als seinem έργον sein τέλος. Dieses τέλος ist der Bewegung nicht äußerlich: κινεΐσθαι und κινεΐν sind vielmehr nichts als das allmähliche Heraustreten bzw. Heraustretenlassen der Präsenz. Solange das £ργον nicht fertig ist, ist auch die Bewegung in sich nicht fertig; ist aber das έργον vollständig herausgetreten, dann ist die Bewegung überhaupt nicht mehr. Sie ist daher wesensmäßig ατελής (1048b29) und, wenn die ενέργεια εντελέχεια sein soll, keine ενέργεια (1048b 18 ff,). Diese Wendung der Dinge kommt nicht von außen über die ενέργεια κατά κίνησιν, sondern ist, wenn ihr Wesen im Herausgetretensein gesehen wird, von vornherein in ihr vorgezeichnet.

Gleichzeitig führt (1048bl8ff.) diese Einschränkung der ενέργεια auf die εντελέχεια zur ausdrücklichen Abhebung einer eigentümlichen Tätigkeit, deren έργον die Tätigkeit selbst ist, die also nur sich

herein einen Rückbezug auf etwas, wovon es \L ήν ε�ναι ist. Das war zunächst nur das εΐδος selbst, doch wurde bereits gezeigt (S. 80), daß die Bezogenheit auf ein anderes, die sprachlich sowohl in diesem Terminus als auch in der ihm entsprechenden ουσία (έκάατου) votgebildet ist, jetzt den Bezug der Präsenz zum Vorliegenden in sich aufnimmt. Wird jetzt von einem τΐ ήν ε�ναι τφ τοΐ("ι8ε σώματι gesprochen (Z1Q, 1035bl6), so legt dieses τΐ ήν ε�ναι nicht bloß die Präsenz selbst im ορισμός auseinander, sondern hebt ein zunächst überhaupt nicht Präsentes in eine Präsenz. Erst in den Begriffen ένέργεκχ und £6ναμις tritt diese positive Seite der Differenz zwischen τι ήν ε�ναι und Εκιχατον eigentlich hervor. ~ Mit dieser Verschiebung im τί ήν ε�ναι ergibt sich auch ein neuer Sinn des ήν in diesem Terminus: es bedeutet nicht mehr bloß die Vorgüngigkcit dessen, was die einfache Präsenz vor allem συμβεβη-κέναι immer schon'war (S, 18 Anm. 18), sondern positiv die Vorgängigkeit des ε�δος gegenüber dem σύνολον ais dessen πρώτερον und αρχή (vgl. ζ. Β, 640a33). Hier erst ergibt sich also die Bedeutung des ήν, die T^endelenburg als einzige gekannt hat (oben S. 18 Anm. 18 und S. 19 Anm. 20).i

selbst heraustreten läßt und bei der daher Heraustreten und Heraus-gettetensein zusammenfallen: das ist die lediglich in sich selbst schwin-gende, sich zu nichts unterwegs befindende Tätigkeit des Lebendigseins. Auch von dieser Tätigkeit sagt Aristoteles allerdings, daß sie, weil sie nicht bloß vorhanden sei wie ein Ding (οϋχ υπάρχει ώσπερ κτημά τι, 1169b30), ein Werden sei (γίγνεα&α'., 1169b30), und wenn er sie (1048bl8ff.) der „bloßen" κίνησις (und dem γίγνεσθαι, 1153alOff.) entgegenstellt, so laßt er das ontologische Wesen ihres Bewegungs Charakters offen; wie immer es damit stehen mag, es handelt sich Inier um etwas, bei dem ενέργεια qua Tätigkeit und ενέργεια qua Präsenz und εντελέχεια zusammenfallen21.

11 Doch wird auch für die bloße Bewegung der Terminus ενέργεια nicht fallengelassen. Das wird damit begründet, daß „auch die Bewegung eine ενέργεια ist, allerdings eine unvollkommene (ατελής)" (De Anima 417al6). Man könnte meinen, hier werde einfach wieder auf die ursprüngliche ενέργεια zurückgegriffen, da sonst eine ενέργεια ατελής eine contradictio in adjeeto wate. Das ist aber nicht der Fall: An anderer Stelle heißt es im gleichen Zusammenhang: „Die Bewegung ist die ενέργεια des Unvollkommenen" (De Anima 431a6). Beide Stellen berufen sich dabei auf etwas schon anderswo über dit Bewegung Gesagtes. Das sind die Kapitel IT-3 der Physik, wo die Bewegung definiert wird als ή του δυνάμει αντος εντελέχεια ή τοιούτον (201 all); die Bewegung ist das vollständige Herausgetretensem des δυνάμει Öv als solchen. Darin liegt nicht die Trivialität, die einige der Beispiele nahelegen können, daß die faktische Bewegung eben das Herausgetretensein der ίύναμις zu dieser Bewegung ist (die Definition von X wäre dann: ,Χ. ist die ενέργεια der δύναμις zu X'). Vielmehr wird das δυνάμει öv hier nicht als das Vermögende zu einem Bewegtwerden, sondern als Vermögendes zu einer Präsenz gedacht. Wie kann dann aber statt der Präsenz die Bewegung als Heraus-getretenscin dieses Vermögens verstanden werden? Darin liegt gerade die Schwierigkeit, und Aristoteles sagt daher am Ende (202alf.), nachdem er alle anderen Möglichkeiten, die κίνησις zu erklären, zurückgewiesen hat; ,,Es bleibt die angegebene Möglichkeit, daß die Bewegung nämlich ενέργεια sei, aber eine solche, wie wir sie erklärt haben und wie sie schwer zu sehen, aber doch möglich ist," Einige Sätze vorher wird gesagt, was für eine ενέργεια gemeint sei, und hier sind wir zugleich an der Stelle, auf die sich die Sätze aus De Anima beziehen: „Die Bewegung scheint eine ενέργεια zu sein, aber eine unvollkommene; der Grund davon ist, daß das δυνατόν, wovon sie ενέργεια ist, unvollkommen ist. Und deswegen also ist es schwer zu fassen, was sie isi" (20tb31f.). Muli dann aber nicht, wenn sich aus der UnVollkommenheit des δυνάμει öv eine Unvollkommenheit der ενέργεια ergibt, jede ενέργεια unvollkommen sein? Doch die ενέργεια überwindet gerade als ενέργεια des δυνάμει öv dessen bloßen Möglichkeitscharakter. Jetzt erst wird verständlich, was die Definition der Bewegung besagt und warum sie so schwer zu fassen sein soll: das Hcrausgetrctenscin dessen, wozu das δυνάμει öv vermögend ist, ist die jeweilige Präsenz; das Herausgetretensein dieses gleichen δυνάμει ΐ>ν als solchen ist die Bewegung. In dieser präsentiert sich die δύναμις selbst als solche. So kann die ενέργεια der Bewegung jetzt als εντελέχεια gedacht werden, nämlich als vollkommenes Herausgetretensein des Unvoll-kommenen. Das ist der höchste Punkt der aristotelischen Lehre von δύναμις und ενέργεια: die ενέργεια «ατά κίνησιν, die zuerst bloß ein Moment hergegeben hatte, auf Grund dessen dieser Begriff auf die Präsenz „übertragen" werden konnte, witd jet logisch: zt ruckläufig aus dieser als έντελέχει.α neu gedacht, und das bedeutet ontodas Wesen der Bewegung, also desjenigen

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Aber nicht nur eine ausgezeichnete Tätigkeit wird durch die εντελέχεια herausgehoben; auch innerhalb der Präsenzen ergibt sich jetzt auf Grund der εντελέχεια eine ganz bestimmte Stufenordoung, und es wird sich zeigen, daß diejenige Präsenz, die am eigentlichsten εντελέχεια ist, zugleich jene durch die εντελέχεια ausgezeichnete Tätigkeit sein muß (S. 101).

Die ί,ντελέχεια bedeutet das vollständige Herausgetretensein der ΰλη und d. h., da die Präsenz das Einfache undEine: ist und als ενέργεια das Eine des Mannigfaltigen, das vollständige Auf gehobensein und Gebundensein der Teile und ihrer Bewegungsvermögen in einer Ganzheit. Steht das Vorliegende tatsächlich in εντελέχεια, dann darf nichts mehr als noch ungehobene Möglichkeit und d. h. noch ungebundene Mannigfaltigkeit in ihm zurückgehalten sein. Faktisch gibt es jedoch Seiendes, das bereits in einer Präsenz steht, aber in seiner Mannigfaltigkeit noch ungebunden ist und einen bloßen „Haufen" (σωρός, Ζ1ό} 1040b9) bildet (z. B. ein Klumpen Erde, ein Ziegelstein), Solchem Seienden wird, weil es selbst noch δύναμις und also ολη zu einem eigentlichen εν ist (1040b6, b9f.), der eigentliche ουσία-Charakter (b5) und das τόδε τι (1070alO) abgesprochen. Es „scheint" bloß, weil es irgendwie zusammenhängt, ein εν und -toSe τι zu sein (107Üal0) und ist eigentlich nochυλη (1040b8). Dataus ergibt sich auf Grund der ενέργεια und εντελέχεια ein Wesenszug des τόδε τι, der im Begriff des ε�δος noch gar nicht enthalten ist: das τόδε τι ist nicht nur das Eine Selbständige, das alle weiteren unselbständigen Präsenzen zu tragen vermag, sondern als solches zugleich die Eine Präsenz, worin die mannigfaltigen Teile (im Hegeischen Sinn des Wortes) „aufgehoben" werden. Für die Einheit dieser Präsenz genügt jetzt nicht die schlechthin η ige Einfachheit des ε�δος: weil es als ενέργεια das Eine von Mannigfaltigem sein soll, muß dieses Einfache zugleich einen Umfang haben, in den als Ganzheit das Mannigfaltige eingehen kann; und weil es als εντελέχεια die vollständige ενέργεια des Mannigfaltigen sein soll, ist keine Präsenz eigentliche ουσία zu nennen, die ihr Mannigfaltiges nicht vollkommen aufheben kann, mag sie in sich noch so einfach sein. Das Wesen des ev bestimmt sich nicht mehr primär aus seinem Bezug zum Wissen, dem es als eitel Präsenz leuchtet (άληΟ-ές), sondern aus seinem Verhältnis zu einem Mannigfaltigen, das überhaupt erst ins Anwesen herausgerissen werden muß.

Gibt es verschiedene Stufen von Präsenz und werden die jeweils tieferen noch als δύναμις und ολη bezeichnet, so liegt datin, daß es auch

Phänomens, das in gewisser Weise dem Sein als Anwesenheit gerade entgegengesetzt ist, wird selbst in den höchsten Begriff von Anwesenheit angefangen. — Diese Interpretation geht im wesentlichen auf einen Hinweis von Heidegger in einem Freiburger Seminar zurück. — M. Wundt verkennt die sachlichen Zusammenhänge, wenn er in einem Versuch zu einet entwicklungsgeschichtlichen Konstruktion (S. 86ff.) diese Erklärung der Bewegung als ein e r s t e s Stadium der Übertragung <jkr ενέργεια von der κίνηαις auf das ε�δος interpretiert.

mehrere Stufen von ύλη gibt. Das gleiche ergibt sich, wenn man umgekehrt vom neu bestimmten Wesen der υλη ausgeht. Weil die Präsenz die ενέργεια der ΰλη selbst ist, muß diese sich selbst (wenn auch nicht durch sich selbst) in sie entfalten können und folglich das bestimmte Vermögen zu dieser Präsenz und d. h. zugleich zur Entfaltung in diese Präsenz haben. Aus einer beliebigen υλη kann nicht eine beliebige Präsenz hervorgehen (1069b28f., 1043a 12£., 194b9), sondern jedes δυνάμει Öv ist vermögend zu einem ganz bestimmten Umkreis von Präsenzen, die als ungehobene Mannigfalt von Möglichkeiten in ihm angelegt sind, Dabei liegt es im Wesen der δύναμις, daß man von einem Vorliegenden nur dann sagen kann, daß es δυνάμει eine bestimmte Präsenz ist, wenn es gleichsam unmittelbar auf dem Sprung zu dieser Präsenz ist, d. h. wenn alles in ihm bereit liegt und nur darauf wartet, in die nötige Bewegung, Zusammensetzung usw. gebracht zu werden (Met. 07). Aus der „ersten" (schlechthin unbestimmten) ΰλη können aber die komplizierteren Gebilde nur durch wiederholte und verschiedenartige Veränderungen hervorgehen (1049a 17f.). Weil also die υλη als δυνάμει öv jetzt positiv als Vermögendes gedacht wird, Vermögen aber immer nur unmittelbares Imstandesein zu etwas ist, können sich alle außer den elementarsten Präsenzen gar nicht in der ersten υλη verwirklichen, sondern benötigen jeweils eine ganz bestimmte, d. h. selbst schon in einer Präsenz stehende ΰλη. Ein solches bereits in ein ε�δος Herausgetretenes ist ί'ιλη nicht nur in dem weiten Sinn des Wortes, in dem auch die ουσία als δυνάμει öv der übrigen Kategorien ύλη genannt werden kann, weil sie noch zu weiteren Präsenzen vermögend ist, sondern in dem strengen Sinn, in dem υλη das noch überhaupt nicht in eine Präsenz Entfaltete, das δυνάμει τόδε τι (1042a28) ist; denn es ist, obwohl es bereits in einer Präsenz steht, gerade hinsichtlich seines eigenen Präsenzcharakters noch δυνάμει öv; das „Noch-Nicht" (die στέρησις) der εντελέχεια, in die es sich entfalten wird, ist nicht, wie bei den übrigen Kategorien, ein Zweites neben ihm, sondern der Charakter seines eigenen Herausgetretenseinsas, und daher geht seine bisherige Präsenz, wenn es in die εντελέχεια kommt, auf die eine oder andere Weise in die höhere Präsenz ein20.

>s Dennoch muß, wie Aristoteles häufig betont, auch hier zwischen dem sich durchhaltenden ύποκείμενον und der στέρησις, die es verläßt, unterschieden werden, wenn überhaupt mit Sinn von einer γένεσις gesprochen werden soll (192a3f.), Aber diese στέρησις ist von ausgezeichneter Art, insofern sie nicht eine andere Präsenz darstellt, die durch die neue Präsenz verdrängt wird, sondern lediglich die Einheitslosigkeit (den „Haufen"-Charakter) des ύίτοκείμενον selbst. — Gohlkes Behauptung, daß die Unterscheidung zwischen ΰποκεΐμενον und στέρησις durch die Lehte von der δύναμις überflüssig geworden sei (S. 66), ist irrig und wird schon durch die Tatsache widerlegt, daß in Λ und in H5 beide Aspekte gemeinsam vorgetragen werden. Gohl-ke bemerkt dazu: Aristoteles behalte auch in Α die ατέρησις bei, weil „seine Schüler" sie „nun einmal ... im Kopfe hatten" (S, 66).

ie Weil nun auf der anderen Seite die übrigen Kategorien nicht nur συμβεβη-

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Durch diese Stufenfolge eines immer Vollständigeren Heran sgetreten-seins, einet immer durchgehenderen Vereinheitlichung, gelingt es, das zunächst itt schlechthiriniger Mannigfaltigkeit und Unbestimmtheit Vorliegende als solches in einer Einheit und Präsenz und d, h. als Anwesenden zu denken:

Die „er&e" ϋλϊ) ist δύναμις einzig zu den Präsenzen, in denen sie sich als die einfachen Elemente Erde, 'Wasser, Luft und Feuer konstituiert, die sich nicht durch bestimmte Gestalten (307bl8f.), sondern durch je verschiedene Verbindungen der elementaren Taettmalitätcn Warm, Kalt, Feucht, Trocken unterscheiden (De Gen. et Corr. 132-3); diese Qualitäten (πάθη) werden rein „dynamisch" verstanden: sie sind jeweils nichts anderes als bestimmte δυνάμεις ποιητικού und Λαθηπκού (329b24ff.) und haben als solche ihre bestimmten ε'ργα (307b20£.), wie auch die einfachen Elemente als ganze ihre eigentümlichen δυνάμεις (άρχαί κινήσεως) in ihrer Schwere bzw. Leichtigkeit haben und ihr jeweiliges ε�δος gerade in dieser δΰναμις besteht (De Caelo Δ1 und 3). In den einfachen Elementen konstituiert sich das Vorliegende als Bewegliches.

Aristoteles faßt die γένεσις. jeder Stufe von ουσία als σύν&εσις (O46al2), aber es handelt sich jedesmal um eine σύνοεσις anderer Art. Auf der ersten Stufe wird das Mannigfaltige noch nicht in eine bestimmte Gestalt zusammengefaßt, sondern bildet sich überhaupt erst einmal in bestimmte Qualitäten und d. h. Bewegungsvermögen aus, die sich dann gleichmäßig durch das ganze Kontinuum, so weit die jeweilige

κότα, sondern auch Herausgetretenes sind und ihr ύποκείμενον nicht nur Präsenz, sondern auch ΰλη (S. 91), und weil daher auch ihr Heraustteten (Entstehen) „analog" zu dum der ουσία (1070a32, 1071a33) durch die vier Gründe ΰλη, εΐ8ας., αρχή κινήσεως und τέλος bestimmt ist (S. 78), kann ihre Zwiefältigkeit auch spezifisch nach dieser Seite, und d. h. dann „analog" (1043a5) zur Zwiefältigkeit der ούαΐα, betrachtet werden, so ζ. B, in A4-5, H2. Kommt somit jede der beiden Zwiefäitigkeiten in ihrer Struktur der anderen entgegen, indem das ύττοκείμευον bei beiden hyletisch und hei beiden auch schon präsent ist, so bleiben sie dennoch wesensmäßig unterschieden. Aber es gibt Grenzfälle: auch innerhalb der 2. Kategorie (ποιόν) gibt es Präsenzen, die ein Vereinheitlichendes des Mannigfaltigen sind (ζ. Β. „Stumpfnasigkeit", „Gesundheit"). Daher kommt es, daß Aristoteles die Stumpf-naslgkeit (σιμόνΓ,ς) als Beispiel sowohl für dab αυμβεβηκας καθ' αυτό verwendet (186b22f., .1030bl7ff., 28ff-, vgl. oben S. 60) als auch für die σύνολος ούαί* (194al3, ■ 1025b32, 1035a4f.( 1037a30rl, unten S. HO ff.), wobei im ersten FalLdie Nase Cl030blv), im zweilcndas Fleisch (1035a5) als ύποκείμενον gedacht ist (aber auch im zweiten Fall wird manchmal die Nase als das ύποκείμενον genannt, z. B. 1025b32). Das entscheidende und schließlich eindeutige Kriterium für die l. Kategorie ist aber, daß die Präsenz selbständig vorliegen, d.h. synonym ansprechbar sein muß (245h6if., t049a27ff.; vgl, auch 1033al3rT.): Handelt es sich um eine οόαία, dann wird die Präsenz (ζ. Β. „Statue", 1033al7) zwar vom ύποκείμενον, aber nicht von der Präsenz des ύποκείμενον (ζ, Β. „Holz") gesagt, sondern diese selbst wird, wenn sie überhaupt noch als solche faßbar ist und nicht in die neue Präsenz aufgegangen ist, paronym modifiziert (245blH.) und als συμβεβηκύς von der neuen Präsenz gesagt („die Statue ist hölzern" 1033al7 f.).

Präsenz reicht, hindurchziehen. Die Elemente * entstehen aber auch nitht einmal in dem Sinn durch σύνί}εσις, daß das, woraus sie sich zusammensetzen, zunächst unverbunden vorläge, da die erste ύλη nicht als solche vorliegen kann (332a35h), sondern immer schon in einem der Elemente erscheint, die vielmehr so entstehen, daß sie sich gegenseitig zerstören und abwechseln (De Gen. et Corr. B4--S). Von σύνθ-εαις kann daher hier nur insofern gesprochen werden als jedes Entstehen eines Elementes die Verbindung von zwei ursprünglichen dynamischen Qualitäten bedeutet (646al6), die jedoch nie einzeln für sich vorkommen können.

Insofern in dieser ersten ουσία das Mannigfaltige noch nicht zu einer Einheit gebracht ist, bildet sie noch einen „Haufen" und ist keine eigentliche εντελέχεια, sondern selbst noch ίίλη (1040b8, I070a19)!j. Dasselbe gilt auch noch von der nächsten σύνθ-εσις, in der nun aus den Elementen die sogenannten gleichteiligen Substanzen (όμοιομερή) gebildet werden. Das Wesen dieser σύνθ-εσις ist μΐξις. Mit μΐξις ist nicht eine Mischung, sondern eine „chemische" Verbindung gemeint, in der 2wei oder mehr Substanzen sich so verbinden, daß sie nicht einfach in ihren kleinsten Teilen zusammengefügt werden, die sich als solche noch erhielten, sondern gemeinsam sich verwandelnd und aufhebend eine Substanz bilden, die ein neues εΐδος und d. h. neue dynamische Qualitäten hat und in der auch der kleinste Teil homogen ist und das Ganze daher ein „Gleichteiliges" (De Gen. et Corr. A10), Wenn sich in dieser Weise die Elemente nach verschiedenen Proportionen (λόγοι, 334b 15) verbinden, entstehen solche gleichteiligen Substanzen wie ζ. Β. Gold, Erz, aber auch Fleisch, Knochenmaterial, BluJ., Galle usw. (De Gen, et Corr. B7; Part. Anim. 647bl3f., 17f.); cüe letzteren lassen sich aber schon nur als enthalten in einer höheren εντελέχεια denken und weisen also von sich aus über sich hinaus: werden sie aus dem Lebewesen, dessen Gewebe und Stoffe sie darstellen, gelöst, so verlieren sie ihre eigentümliche δύναμις und d. h. ihr ε�δος (Blut 2, B. stockt und erkaltet) (649b30(f.).

Auch die gleichteiligen Substanzen sind, da sie per definitionem homogen sind, von der Art eines „Haufens" (i070al9, Z16) und teilen hoch mit der ersten Stufe den Charakter des undifferenzierten Kon-tinuum. Auf diesen beiden ersten Stufen kann daher auch nicht eigentlich von einem „Einzelnen" gesprochen werden, da zu diesem als τόδε τι die Zusammenfassung zu einem aus seiner Umgebung eindeutig Ausgegrenzten und dadurch zählbar Einen (£v άριθ-μω) gehört. Zwar ist jeder Klumpen Erde oder gar ein Stein etwas aus seiner Umgebung Ausgegrenztes und also Einzelnes und Zählbares; die Einheit dieses Einzelnen bestimmt sich aber bloß aus seinem kontinuierlichen Charakter selbst (1015b3ofL, 10l6bllf.), dessen Wesen es ist, be-

,! 1070al9f. (οίον . . . τελευταία) ist mit Alexander und Ross hinter ύτκικεΐμενον 1070all zu lesen.

96 7 Tugendhit. ΤΙ καΐά V/JÄt; 97

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liebig oft auseinandergenommen werden zu können (268a6f.), wobei fcich jedesmal wieder eine neue Mehrheit von „Einem und τ6δε rt" ergibt (1020a7 f.). Daß etwas sich aus seiner Umgebung abhebt, gründet #anti also nur auf der Diskontinuität des Kontinuierlichen und ist dem £ΐδος äußerlich. Hier kann folglich auch nicht mit Sinn ein einzelnes Vom allgemeinen εΐδος unterschieden werden. Diese Substanzen fallen daher nicht unter die Lehre von der ουσία im Buch Z, außer in ihrer Eigenschaft als ΰλη höherer Präsenzen, als welche sie auch ausdrücklich gegen die eigentliche ουσία abgehoben werden (ZI 6), was aber nur verständlich ist, wenn das ε�δος als εντελέχεια begriffen ist.

Von einer σύνθ-εσις im eigentlichen Sinn spricht Aristoteles erst dort, wo Verschiedenes so zusammengesetzt wird, daß das Ganze nicht mehr homogen ist; dieses ist dann ein „Ungleichteiliges" (ανόμοιο με ρές) und wird als eigentliches σύν&ετον dem ομοι,ομερές als einem άτΐλοον gegenübergestellt (647a2h). Die Ungleichheit der Teile bedeutet hier nicht notwendigerweise (wenn auch meistens), daß die Teile von verschiedener (qualitativer und d.h. dynamischer) Beschaffenheit sind: von einem Ungleichteiligen wird auch dann gesprochen, wenn sich ein Homogenes in einer bestimmten Gestalt präsentiert, deren Teile dann insofern verschieden sind als jeder an einer unauswechselbaren Stelle liegt (646b31ff.). Nur wenn in dem Ungleichteiligen nicht bloß verschiedene Stücke beliebig aneinandergeseizt werden, in welchem Fall die Einheit wieder nur in der Kontinuität besteht und von der Art eines Haufenä ist, nur wenn die Teile vielmehr in eine bestimmte Einheit und d.h., Ganzheit gebracht werden, konstituiert sich in dieser Zusammensetzung eine neue ουσία, in der die Teile und deren Vermögen ihre Eigenständigkeit verlieren und sich in eine einheitliche Präsenz zusammennehmen, die jetzt zum erstenmal den Kontinuitätscharakter der ΰλη überwindet, indem sie ihn in sich aufhebt,

Erst hier stehen wir also bei der ουσία im eigentlichen Sinn, so wie sie im Buch Ζ gemeint ist. Aber die Kenntnis ihrer Vorstadien ist für das Verständnis ihres eigenen Wesens nicht zu entbehren, wenn sie ενέργεια einer δΰναμις sein soll:

Weil die δλη erstens ein dreidimensionales Kontinuum ist, muß das ε�δος, in dem sie sich in eine Einheit präsentieren kann, eine Figur und Gestalt sein (σχήμα und μορφή 640b33fT.); das gilt auch von der geo-metrischen ΰλη. Weil die wahrnehmbare ΰλη aber zugleich und ebenso wesensmäßig Bewegbares ist, muß jedes ε�δος, das innerhalb des un-mittelbar Vorliegenden erscheinen kann, wenn es die ε ν έ ρ γ ε ι α der ΰλη sein soll,'gerade die Beweglichkeit der ΰλη in eine Einheit ver-sammeln^ Daher konnte erstens die ΰλη in den ersten Stufen ihres Heraustretens sich nicht schon als Gestalt präsentieren, sondern mußte sich zunächst überhaupt als bestimmtes Bewegliches und d. h. in bestimmte Bewegungs vermögen (δυνάμεις κατά κίνησιν) konstituieren, deren Tätigkeit noch, auf Grund der unbestimmt kontinuierlichen Beschaffenheit ihres Trägers, einen Hiffusen und in keine einheitliche

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Handlung zusammengefaßten Charakter hat. Und $aher kann jetzt auch zweitens die Zusammenfassung der Teile in ein Ganzes nicht wie beim geometrischen ε�δος in einer bloßen Zusammensetzung zu einer Figur, einer Gestalt, einem Bild bestehen, sondern muß in erster Linie die Be-wegungsvermögen des Mannigfaltigen zu einer Einheit bringen und d. h. in Ein einheitliches Vermögen mit Einem einheitlichen έργον aufheben. Der bestimmte Ort jedes Teiles ergibt sich nicht aus der Einheit einer Figur und eines Bildes, sondern aus seiner bestimmten Funktion innerhalb des Ganzen; dieses ist kein bloßes Gebilde {σχήμα und μορφή), sondern ein Funktionsgefüge, d.h. eine einheitliche δύναμις, ein bestimmtes Werk zu vollbringen (vgl. 640b30ff.). Dieses einheitliche Vermögen, in das das Ganze sich zusammenfaßt, ist das ε�δος. Demnach ist der Zusammenhang des ε�δος als ενέργεια mit so etwas wie δόναμις ein mehrfacher. Nicht nut ist das ε�δος die εντελέχεια des δυνάμει Öv qua υλη (S. 90f.), und nicht nur ist das Herausgetretensein der ύλη auf ein Heraustreten und d. h. eine Bewegung und d. h. eine Betätigung von δυνάμεις κατά κίνησιν angewiesen (S. 92), sondern das Wesen des ε�δος selbst besteht in einer δύναμις κατά κίνησιν. Die εντελέχεια eines Beweglichen ist nichts anderes als ein einheitliches Ver-mögen zu einer Tätigkeit.

Ist das εΐδος jeweils eine δύναμις, dann wird deutlicher als bisher, in-wiefern es nur als ενέργεια einer ύλη und also nur als Einzelnes sein kann und als Allgemeines gar nicht vorgestellt werden kann. Auch vom geometrischen εΐδος gilt schon, daß man es sich nicht als Bild und Gestalt denken darf, denn diese enthält das Mannigfaltige ab seine Teile; die einfache Präsenz ist als ενέργεια der Teile nur das einheitliche Prinzip, das das Mannigfaltige zu einem Bild und einer Gestalt versammelt und ist daher ohne die ΰλη überhaupt nicht denkbar. In solcher Weise, daß der Blick darin ruhen bleibt, kann ein Allgemeines nur vorgestellt werden, wenn es ein Anblick ist, d. h. wenn es das, als was es ist, bereits in sich ist und die Vereinzelung seinem Was-Charakter äußerlich bleibt: so bei etwas, was schlechthin einfach ist und auch in seiner Vereinzelung in keinen positiven Bezug zu Mannigfaltigem kommt; so auch bei dem, worin bereits als Allgemeinem das Mannigfaltige enthalten ist, also bei einem Bild. Handelt es sich hingegen um das Prinzip der Einheit eines Mannigfaltigen, um die Einheit eines Ganzen und nicht ein Ganzes, dann kann es wohl allgemein, aber nicht als ein all-gemeines Was (τι) vorgestellt werden, da es nicht nur hinsichtlich der Faktizität seines Vorliegens, sondern auch hinsichtlich seines Was-Charakters selbst darauf angewiesen ist, Einzelnes zu sein. Ist die Präsenz nun sogar die Einheit eines BewegungsVermögens, dann kann nicht nur nicht die Präsenz selbst, sondern nicht einmal das σύνολον primär büd- und gestalthaft gedacht werden (640b30ff.). So wird das ursprünglich in den Worten ε�δος und μορφή Liegende von der ενέργεια immer weiter zurückgedrängt.

Weil nun die Präsenz ein Vermögen ist und das σύνολον ein Ver-

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mögendes (jetzt nicht nur zu der Präsenz, sondern zu einer Tätigkeit), jedes Vermögen aber sein τέλος in seiner Betätigung und diese wiederum ihr .τέλος in ihrem έργον (Werk) hat, ist die Präsenz auch jetzt noch nifcht ohne weiteres eine endgültige εντελέχεια, und es ergeben sich weitere Stufen von ούαία, je nach dem Verhältnis zwischen dem Vermögjbn, der Tätigkeit und dem Werk. Eine ουσία, deren Wesen in dem Vermögen zu einer Tätigkeit besteht, ist nicht schon ein schlechthin E ines , wenn dieses Vermögen in sich einheitlich ist, sondern nur dann, wenn die Tätigkeit sich nicht erst in einem außer ihr liegenden τέλος vollendet, sondern mit ihrem τέλος zusammenfällt, und letztlich erst dann, wenn auch zwischen der Tätigkeit und dem Vermögen keine Differenz mehr besteht:

Zunächst hat, wie gezeigt wurde (S, 92), jede Tätigkeit des Bewegt-werdens oder Bewegens ihr Werk und also ihr τέλος außer sich, weil sie dazu immer nur unterwegs ist. Nun geschieht aber jede Bewegung, die nicht bloß in einem τέλος faktisch zu Ende geht, sondern auf dieses als ihr Ziel zuläuft, um willen des τέλος (S. 78 h). Etwas kann aber nur um willen eines Werkes tätig sein, wenn dieses entwedet sein eigenes Worumwillen ist oder das Worumwillen eines anderen, in dessen Diehst dann das Tätige steht. Das eigene Worumwillen eines Tätigen kann jedoch ein Werk nur sein, wenn das τέλος des Werkes seinerseits in das Tätige zurückfällt, so daß dieses Letztlich um seiner selbst willen handelt (vgl. 194a34f., 415bl5-21). Ein solches Handeln ist nur möglich, wenn nicht nur das τέλος, sondern auch die αρχή der Bewegung in ihm selbst liegt, und d. h., wenn es sich selbst in Bewegung zu setzen vermag. Das Vermögen, sich selbst in Bewegung zu setzen, nennt Aristoteles im Unterschied zu der Suva μις, die bloß von anderem bewegt zu werden oder anderes zu bewegen vermag, φύσις (1049b8f., 192b21f.). So wie bei jedem Seienden überhaupt die einheitliche δύναμις zu seinem έργον gerade sein ε�δος ist, ist auch diese ausgezeichnete αρχή κινήσεως nichts anderes als das εΐδος des φύσει iiv (1015al3-19); ist dieses spezifisch ein Lebewesen, so heißt die φύσις ψυχή (412a27f.). Dasjenige hingegen, was im Dienste des Worumwillens eines anderen steht, hat weder τέλος noch αρχή der Bewegung in sich. Ein solches Seiende, dessen Wirken im Dienste eines anderen steht, ist ein Werkzeug (όργανον).

Die Werkzeuge unterscheiden sich je nachdem, in was für einem Verhältnis sie zu dem Lebendigen stehen, dem sie dienen. Das Werkzeug ist entweder ein Teil des Lebendigen selbst („Organ"), oder es wird von ihm (was nur dem Menschen möglich ist) als selbständige ουσία hervorgebracht (τέχνη 6ν).

Das Werkzeug, das Teil des Lebendigen ist, ist dasjenige, worauf Aristoteles* eigentlich den Begriff des Ungleichteiligen (άνομοιομερές) anwendet (Part. Anim. Bl). So wie dieses die εντελέχεια der gleich-teiligen Substanzen ist und seinerseits für seine Handlungen und Werke (πράξεις και 4ργα, 646bi3f.) auf deren bestimmte Vermögen angewiesen

ist, so hebt anderseits die Präsenz des ganzen Lebewesens (die Seele) als εντελέχεια σώματος c^avmou(412b5f.) die Οργανα in eine einheitliche δύναμις auf, die αρχή und τέλος nicht mehr außer sich hat. Ebenso wie die „organischen" ομοιομερή (S. 97), verlieren auch die άνομοιομερή ihre spezifische δύναμις und d. h. ihr ε�δος, obzwar gerade nicht ihre Gestalt, sobald sie aus dem Ganzen gelöst werden (1036b31f., 1040bof., 640b36ff.), und sind also nur als υλη von diesem und keine eigene ουσία (1040b6, 1070al9f.).

Die τέχνη Οντά hingegen sind selbständige ούσ'ιαι (τόδε τι) und stehen daher in Ζ ebenso thematisch im Blick wie die Lebewesen. Weil ihnen aber die eigentliche εντελέχεια abgeht, da sie weder αρχή noch τέλος ihrer Tätigkeit in sich enthalten und daher auch den Grund ihres Entstehens außer sich haben (während das Lebendige diesen zwar nicht in sich, aber doch in seinesgleichen hat und ihm daher in gewisser Weise {415a28 f.] die Beständigkeit der Anwesenheit eignet, die zu deren εντελέχεια wesentlich gehört), deswegen wird ihnen in Met. Z-H der eigentliche ούσία-Charakter abgesprochen und der φύσις vorbehalten (1041b28ff., 1043b21ff., 1034a4).

Beim Lebendigen nun muß, wenn das τέλος seiner Tätigkeit schließlich in ihm selbst liegen soll, seine eigene Präsenz und, da diese nichts ist als ein Vermögen, dieses sich aber in der Tätigkeit erfüllt, die Tätigkeit selbst das τέλος der Tätigkeit sein. Diese Tätigkeit des Lebendigen, die ihr eigenes τέλος ist (das Leben, ζωή), ist jene höchste und vollkommene Tätigkeit, die keine κίνησις, sondern εντελέχεια ist (S.93L). Die höchste ενέργεια einer υλη (Präsenz) ist also Suva μις zur höchsten ενέργεια qua Tätigkeit. Eine solche Tätigkeit, deren έργον in ihr selbst liegt, kann allerdings die Seele als εντελέχεια einer ύλη nur haben, indem sie ihren Körper in bestimmten Bewegungen hält, und d. h.'. sie kann sich in ihrer vollkommenen Tätigkeit nur erhalten, indem diese zugleich unvollkommen ist und d. h. έργα vollbringt, zu denen sie jeweils nur unterwegs ist und die außerhalb ihrer liegen, deren τέλος aber schließlich doch wieder sie selbst ist. Nur der göttlichen ουσία und in gewisser Weise dem Menschen, so weit er am Göttlichen teilhat und d. h. von ύλη frei ist, ist ein Leben möglich, das schlechthin vollkommene Tätigkeit ist (νοεϊν).

Die göttliche Tätigkeit unterscheidet sich aber von jeder anderen und auch dem νους des Menschen (1072bl5f.) vor allem dadurch, daß hier zwischen der „ersten" εντελέχεια (412a27), nämlich der Präsenz, die δύναμις ist, und der „zweiten", nämlich deren Betätigung, nicht mehr geschieden werden kann (1071bl7ft.). Hier fallen also nicht nur ενέργεια und έργον, sondern auch diese beiden mit der δύναμις zusammen. Weil die Präsenz hier nicht die εντελέχεια einer υλη ist, ist sie nicht, wie bei der endlichen ουσία, die Suva μις zu einer Tätigkeit, sondern ist die Tätigkeit.

Mit dem Ausblick auf die göttliche ουσία, die allein schiechthinnige Einheit und Anwesenheit ist, haben wir den Bereich des Vorliegenden

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und der Zwiefaltigkeit überschritten. Wie sich mit der ενεργεία auch bei der göttlichen ουσία, obwohl sie hier nicht mehr die ενέργεια eines δυνάμει o>, eine „Präsenz von —" ist, das frühere Wesen der Präsenz als άλη&ές verwandelt, ist hier nicht mehr zu zeigen. Beim Vorliegenden aber ist sichtbar geworden, wie es sukzessive immer vollständiger laus der Ungebundenheit seiner Mannigfaltigkeit und Beweglichkeit herausgetrieben wird und schließlich in eine vollkommene Einheit und Anwesenheit heraustritt, in der gerade die Mannigfaltigkeit und Beweglichkeit ganz erhalten und ganz aufgehoben ist. Die Präsenz ist als die „εντελέχεια der Teile selbst" (413a6) in unlösbarer Einheit mit dem Vorliegenden: „Deshalb darf man nicht fragen, ob Seele und Körper eins sind ■ . ., und überhaupt nicht nach der Einheit der ϋλη von jeglichem'und dem, wovon sie ΰλη ist; denn das Eine (εν) und das Anwesen (ε�ναι) werden zwar in verschiedenen Weisen gesagt, die eigentlichste aber ist die εντελέχεια " (412b6ff.). Weil also die εντελέχεια vom δυνάμδΐ äv nicht zu trennen ist, weil sie nur die eine Seite der Zwie-fältigkiit ist, ist sie die eigentlichste Weise des έν. Denn als solche ist sie dasjenige Eine, das a 1 s Einfaches das Eine von Mannigfaltigem sein kann.

§ 14. Die Wesensbestimmung des Allgemeinen und die Einbeziehung der νλη in die Definition

Das Einfache ε�δος mußte im Buch Ζ als vom σύνολον Unterschiedenes gedacht werden, nicht weil es in einen gegenüber dem Vorliegenden anderen Bereich gehört, sondern weil das Vorliegende selbst, um entstehen und um anwesen zu können, auf ein solches εΐδος angewiesen ist. Das Wesen der Präsenz bestimmt sich.nur noch aus ihrem Verhältnis zum Vorliegenden. Aber gerade das eigentümliche Wesen sowohl des Entstehens als auch der unbestimmten Mannigfaitigkeit des Vorliegenden verlangt nicht nur ein jeweils als ενέργεια einzeln in der δλη vorliegendes ε�δος, sondern auch ein solches, das überhaupt nicht in der ΰλη ist:

Denn das Entstehen eines Vorliegenden ist darauf angewiesen, daß das τέλος, auf das es zusteuert, seinen Gang selbst reguliert und folglich bereits irgendwie vorhanden ist, bevor es in dieser ΰλη in Erscheinung tritt (S. 78f.), bei der natürlichen γένεσις in einer anderen ΟληΜ,

" Nachdem inzwischen erwiesen ist, daß die Präsenz auch in der ΰλη ein-fach .bleibt, ist jetzt verständlich, wieso auch bei der natürlichen γένεσις das Bewegende die reine Präsenz sein kann (vgl. S. 79 Anm. 12). So sagt Ari-stoteles 1071a23, daß „dieses Β von diesem BA" die αρχή des (natürlichen) Entstehens sei, wobei Α für die ΰλη und Β für das ε�δος steht (vgl. auch 1032a24f.). Auch hier ist also eindeutig von einem einzeln (in der Ολη) vorliegenden ε�δος die Rede, das ohne υλη (,,Β") und d. h. mit dem σύνολον nic^B1identisch ist.

bei der künstlichen γένεσις aber in gar keiner *όλη, sondern „in der Seele" des Herstellenden (1032b 1).

Und indem zweitens das εΐδος eine Präsenz von unbestimmt Man-nigfaltigem ist, liegt darin nicht nur, daß es jeweils als ενέργεια eine Mannigfalt in eine Ganzheit versammelt, sondern zugleich, daß es un-bestimmt oft im Vorliegenden erscheinen kann (S. 75). Gegenüber seinen mannigfachen Vereinzelungen ist es daher zugleich auch das Eine Allgemeine, und dieses ist als solches nicht in einer υλη.

Was für einen Seins- und Einheitscharakter hat nun diese Präsenz, die nicht in ΰλη ist? Wenn sie das τέλος des Entstehens und das Eine der mannigfachen Vereinzelungen sein soll, darf sie nicht ein schon in sich geschlossenes Anwesendes (ουσία) sein. Offenbat steht das εΐδος auch als Allgemeines, ebenso wie als τέλος des Herstellenden, in einem besonderen Verhältnis zum νους (vgl. 430a3ff., 432a2), aber mit der Auskunft, das Allgemeine sei jetzt bloß ,,hn:* νους oder das von diesem Vorgestellte oder sein „Begriff", wird nicht geklärt, inwiefern dieses Eine keine ουσία zu sein braucht, geschweige denn wie sein Seins- und EinheitsCharakter positiv zu denken ist. Denn daß die einfache Präsenz wesensmäßig auf den νους bezogen ist, liegt in ihr von vornherein; aber gerade als solche war sie für Platon selbständige ουσία und d. h. hi άριθμ,ω, ein in sich erfülltes und geschlossenes Eines. Wird das Eine Allgemeine als εν άριθ-μω gedacht, so ist es ουσία (τόδε τι), ganz gleich ob es nur „im" νοϋς^ oder nicht. Es geht um den onto-logischen Charakter von Sein und Einheit des Allgemeinen, nicht um seine äußerliche Verschiebung vom Transzendenten ins Immanente und vom Objektiven ins Subjektive. Wenn das Allgemeine aber nicht εν άρι&μφ sein soll, wie kann dann sein Einheitscharakter gedacht werden? Etwa als εΐδει εν? Aber εΐδει εν ist das viele Einzelne, das unter das Allgemeine fällt, nicht dieses selbst. Alle Pferde ζ. Β, sind εΐδει εν, d.h. sie kommen in dem Einen ε�δος überein; von welcher Art ist die Einheit dieses Einen selbst, das der Mensch als Selbiges im Blick behalten kann, indem er von einem zum anderen fortgeht?

Das Problem wird im Buch Β ap ο retisch erörtert. In der 9. Apo-rie (999b24-1000a4) (und in einem entsprechenden Stück in MIO, 1086bi4fF.) fragt Aristoteles, ob die eidetischen άρχαί (εΐδος und γένος) εΐδε ι £ν oder άριθ-μω εν sind. Sind εΐδος und γένος άριθμω £v und d. h. τ6δε τι (108όb26), sind sie also (wie in der Ideenlehre) schon in sich jeweils eine vollständige ουσίας dann ist ihr ε v-Cha takter gleichsam in sich geschlossen und kann nicht ein Mannigfaltiges aus sich entspringen lassen und umgreifen. Es wird dann außer den allgemeinen άρχαί nichts anderes geben (999b32f.), und das Seiende wird nicht vielfältiger sein als sie (1086b21f.). Ist das γένος in sich έν άριθμφ, dann kann es nicht mehrere et δη dieses γένος geben (1086b28f.), und ist das ε�δος in sich εν άριθ-μω, dann kann es nicht „als das Selbe immer wieder ein anderes" sein (b30).

Sind die eidetischen άρχαί hingegen εΐδει εν, so sind sie als ä-pyjzi des

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ständige und als je Eines Zählbare (εν άρι^μφ) das Einzelne des noch die Möglichkeit der mannigfaltigen Vereinzelung in sich tragenden Allgerrieinen. Gegenüber diesem eigentlichen Sv sind allgemeines ε�δος und ΰλη auf je verschiedene Weise δυνάμει Iv. Aber die zwei Seiten der Zwiefältigkeit werden dadurch, daß sie beide als solche δυνάμει sind, nicht nivelliert. Denn die ΰλη ist wesensmäßig δυνάμει 6Μ und ev und bleibt dies auch gerade in der Zwiefältigkeit; als ενεργεία ßv bewahrt sie ihre Mannigfaltigkeit und ist die wesende δύναμις zur Präsenz als dem schlechthin Einen. Vor der Zwiefältigkeit ist sie noch überhaupt kein έν und wird auch zu einem άριθ-μφ εν erst durch das ε�δος. Dieses hingegen ist bereits als δυνάμει ev ein gewisses εν, nämlich Einfaches, und ist dann als einfaches Selbständiges nicht nur selbst schlechthin Eines, sondern die Einigung des Mannigfaltigen, ev als εντελέχεια. Das einheitliche Getüge dieser zwei Seiten des Iv zeigt sich in der Erklärung des εν der ουσία, die Aristoteles in Met. II (t052a30ff.) gibt, wo der Begriff des £v thematisch behandelt wird. Das £v, so heißt es dort, ist das, dessen νόηβις eine und d. h. eine unteilbare ist, „unteilbar aber ist sie von dem, was selbst unteilbar ist, sei es hinsichtlich des ε�δος oder der Zahl (άριθμφ). Der Zahl nach unteilbar ist das Einzelne (το καθ' ίκαστον), dem εΐδος nach das, was hinsichtlich seiner Wißbarkeit und Erkennbarkeit (unteilbar ist), so daß das eigentlichste E cht ine das ist, was dfir Grund der Einheit der ουσία ist." Es v/erden also ninur zwei Weisen des Iv unterschieden, sondern das Wesen des einen — des Einfachen — besteht Einheit" des anderen — des darin, „Grund der E e inzelnen und Selbständigen — zu sein, und indem es in solcher Weisgründend ist, ist es selbst Einzelnes und Selbständiges.

Diese Erklärung in Met. 11 ist Aristoteles' höchste Bestimmung des ev auch deswegen, weil liier der ursprüngliche Zusammenhang von Einheit und Anwesenheit ausdrücklich ausgesprochen wird. Die Einheit sowohl der Präsenz als auch des Selbständigen läßt sich nur aus der Einheitlichkeit der Begegnung für eine νόησις erklären. Nur weil das δν in der griechischen Ontologte von vornherein als das einem Vernehmen Begegnende verstanden wurde, konnte und mußte es als £v gedacht werden; deswegen gelingt aber auch die Bewältigung des Problems des Iv letztlich nur in dem Maße, als das Wesen der Begegnung und des Vernehmens weit genug gedacht ist. Daher wird in der Erklärung von Met, II zugleich auch die Grenze deutlich, die dem aristotelischen Problem der ουσία gesetzt ist:

Auch Aristoteles hält, trotz der neuen Radikalität der Problemstellung, in der sich das Wesen von 6v und έν verwandelt hat, am grundsätzlichen Charakter der Begegnung als Anwesenheit (Gegenwart) selbstverständlich fest, und das Vernehmen bleibt daher in zwei Weisen des Gegen-wärtighabens — Wissen und Wahrnehmung — auseinandergerissen. Daher ist auch in Met. II nicht eine einheitliche νόησις gemeint, sondern erstens eine νόησις, der das Eine „hinsichtlich Wißbarkeit" anwesend ist — also νοδς und επιστήμη —, und zweitens eine νόησις des Ein-

zelnen, die α'ίσθησις, die ebenfalls νους genannt werden kann (1143b5), weil auch sie ein schlichtes Gegenwärtighaben ist. Bestimmt sich nun aber das je es ist, aus seinem Verhältnis zum weilige Eine, da es Anwesendentsprechenden Vernehmen, dann ist das Eine im Sinn der einfachen Präsenz daran gebunden, das Wißbare (έπιστητόν) und d. h. das dem Vernehmen in schlechthinniger Selbigkeit unverlierbar Gegenwärtige zu sein (αληθές). Das ist nichts anderes als jene Ursprünglichkeit hinsichtlich der Vernehmbarkeit, die in Ζ neben den anderen Wesens-auszeichnungen der einfachen Präsenz zu deren U hat sich ergeben, nterscheidung vom σύνολον führte (S. 75 ff.). Inzwischendaß diese vom σύνολον unterschiedene Präsenz dennoch jeweils einzeln in ihm vorliegen muß, und das auch kann, weil sie als solche ihren allgemeinen Wasgehalt, ihre Einfachheit und eine gewisse UnVergänglichkeit behält (§ 12). Die Wißbarkeit ließen wir dabei zunächst unberücksichtigt, doch zeigte sich bereits, daß mit dem einzelnen ε�δος als ενέργεια Wesenszüge in die Präsenz aufgenommen werden, die nicht mehr zu ihrem ursprünglichen Wesen als αληθές gehören (§ 13, S. 94, 99). jetzt aber wird deutlich, daß die ενέργεια dieses Wesen sogar durchbricht: denn schlechthin wißbar in dem in Z15 geforderten Sinn ist nicht schon das Einfache und doch Einzelne, nicht schon das Nicht-vergehen-Könnende und doch Vergängliche, sondern nur das, was" für das Wissen unverlierbar und eindeutig von allem anderen unterschieden ist (S. 76 f.), und das ist allein das Eine Allgemeine als solches. Das einzelne εϊδος fällt zwat in seinem Wasgehalt mit dem Allgemeinen zusammen, aber daß es jeweils ist, ist nur durch Wahrnehmung vernehmbar.

Daß die Grenze, die somit auch dem Problem der Einheit der ουσία ebenso wie dem Problem der Einheit der mannigfaltigen Präsenzen (S. 56, 63) gerade durch den Begriff der αλήθεια gesetzt ist, nicht nur anderswo, sondern im Buch Ζ selbst überschritten wird, kann nicht bezweifelt werden; wenn anderseits in 2.10-11 das ε�δος immer wieder das Allgemeine genannt wird, ist damit nicht bloß das jeweils einzelne und nur in seinem Wasgehalt allgemeine ε�δος, sondern das Eine Allgemeine selbst gemeint31. Weil das schlechthin Anwesende (πρώτη ουσία)

31 DaiS in Ζ das ε�δος auch als einzelnes gedacht wird, ist durch das, was in §12 angeführt wurde, eindeutig gesichert. An einer Steile in ZU wird sogar ausdrücklich von „dieser einzelnen Seele" (ή ψυχή ήδε, 1037a9) gesprochen, aus welcher (und nicht einem Allgemeinen) mit der ΰλη das einzelne αύνολον „zusammengesetzt" wird (ebenso Λ 5, 1071a28). Daß dieses einzelne εϊδος auch in Ζ als ενέργεια gedacht ist, obwohl es nicht so genannt wird, zeigt sich gerade in dieser häufigen, scheinbar harmlosen Wahl von „Seele" als Beispiel für das ε�δος, dem dann „Mensch" oder „Tier" als das σύνολον gegenübergestellt wird. Wäre das ε�δος im ursprünglichen Sinn gemeint, dann müßte vielmehr gerade „Mensch" als Beispiel für das ε�δος fungieren. Bei „Seele" kann gar nicht mehr an das gedacht weiden, was als Allgemeines καθ' υποκειμένου gesagt wird (wir können nicht sagen: Sokrates ist eine Seele), s

ondern einzig an das ε�δος ενόν (S. 86). Vor allern aber

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nicht ohne die schlechthin η ige Wifäbarkeit denkbar ist, mußte das Problem der πρώτη ουσία letztlich doch ungelöst und die Position des liucheB Ζ unentschieden bleiben. Die αλήθεια wird also zwar überschritten, aber behauptet sich dennoch, indem sie das Denken in ihren Machtkreis zurückzwingt.

Weil das ursprüngliche Wesen der Präsenz als άλή&εια der Auflassung des ε�δος als ενέργεια entgegensteht, widersetzt es sich auch den •weiteren Konsequenzen, die sich aus ihr dem ungeachtet ergeben haben oder sich hätten ergeben können. Daher hat sich auch die Lehre vom allgemeinen ε�δος als δύναμις in Ζ nicht durchgesetzt und steht auch sonst vereinzelt <5a. Daß die ενέργεια des Wissens im Wissen des Einzelnen besteht, wie in MIO gesagt wird (S. 104), würde bedeuten, daß sein eigenes Wesen sich in der αΐσ^σις erfüllt. Aristoteles lehrt aber sonst, daß die ενέργεια der αΐσ&ησις allerdings das Vernehmen des Einzelnen ist, die ενέργεια der επιστήμη aber das Vernehmen des Allgemeinen (417b22f.). Und wo Aristoteles eigens das Wesen des νους erörtert (De Anima Γ4—8), -wird dieser zwar (sofern er νους παθητικός ist) als δύναμις verstanden (430aB), mit dieser δύναμις ist aber das Vermögen zum νοεΐν der allgemeinen Präsenzen selbst gemeint: wenn das νοεΐν ein ε�δος vernimmt, ist es in seiner εντελέχεια (429a28f., b30f.). U nd sogar vom ε�δος selbst wird gesagt es sei, sofern es in der υλη ist, noch δυνάμει; erst im νους komme es in seine εντελέχεια (430auf.). Was es hier einmal δυνάμει und dann εντελέχεια ist, ist nicht sein Wesen als ενέργεια des Vorliegenden, Sondern als άληΰ-ες. Wenn also am άλη9 ές-Charaktet der Präsenz festgehalten wird, dann werden δύναμίς und εντελέχεια der Allgemeinheit und Einzelheit des ε�δος gerade umgekehrt zugeordnet, als wenn es als ενέργεια der υλη verstanden wird.

Wird jedoch das καθόλου nicht als δυνάμει 6ν und έν gedacht, dann bleibt nieht nur sein Seins- und Einheitscharakter offen, und dann bleibt nicht nur die Berechtigung fragwürdig, mit der gesagt werden kann, es sei keine ουσία52. Die Behauptung, das εΐδος sei bereits und gerade als

tritt damit der ursprüngliche Sinn des τί ήν ε�ναι (der όριαμός) überhaupt in den Hintergrund, denn „Seele" ist nicht das spezifische εΐδος von,,Mensch", sondern die ενεργεία von jedem Lebewesen. Das Einfache, worum es Atistoteies hier geht, ist also nicht meht primär das, wodurch das Jeweilige für das Wissen von anderem unterschieden wird, sondern das Vereinheitlichende des hyletisch Mannigfaltigen, Damit fällt die entwtcklungs geschieht liehe Konstruktion von Gohlke, dergernäß die Hauptteilc von 2 noch vor der Auffassung des ε�δος als ενέργεια liegen, in sich zusammen. Zwar ist es wahrscheinlich richtig, daß das Buch H, in dem sich die ενέργεια auf einmal terminologisch ganz durchgesetzt hat, später ist, doch der entscheidende Grund, warum die ενέργεια in 2 fehlt, liegt im Wesen der Frage nach dem schlechthin Einen und Anwesenden, die auf die αλήθεια nicht verzichten kann.

s! Allerdings bleibt auch der ontologiache Sinn der δύναμις als Wesen des Allgemeinen innerhalb des aristotelischen Denkens dunkel und die Rechtmäßigkeit der ,,Übertragung^ dieses Begriffs aus dem Bereich der ÜXvj αίσΰητή ungeklärt, zamal auch in diesem Bereich selbst der Spielraumcharak-

aligemein Vorgestelltes in seiner εντελέχεια, schrießt auch in sich, daß die ΰλη dem Wasgehalt des ε�δος, wie dieser im ορισμός umgrenzt wird, äußerlich bleibt. Liegt hingegen das ε�δος nicht nur jeweils faktisch in einer ΰλη vor, ist es vielmehr als ενέργεια wesensmäßig Präsenz des Vorliegenden, dann muß sich daraus ebenso wie bei den übrigen Kategorien ergeben, daß es den Bezug zu seinem ύποκείμενον bereits als Allgemeines in seiner Definition enthält, daß es also kein schlecht-hinniges λόγω χωριστόν ist.

Mit dem Problem des λόγω χωριστόν stehen wir bei der zweiten Seite, nach der das Verhältnis des Allgemeinen zum Vorhegenden betrachtet werden sollte (S. 87), So wie bei den übrigen Kategorien (S; 47 f.) bedeutet die Erschütterung des λόγω χωριστόν auch hier die weiteste Einbeziehung der Präsenz in den Beteich des Vorliegenden, und ebenso wie dort ergibt sie sich mit Notwendigkeit aus dem Verlust des απλώς χωριστών, sobald dieser radikal genug gefaßt wird. Weil damit aber bei der 1. Kategorie das innere Wesen des εΐδος in das αόριστον

ter, der zum Möglichen gehört, auf dem Boden der griechischen Idee des Seins („anwesendes Seiendes") nur negativ gedacht werden konnte. Auch die δύναμις wird als eine Weise von Gegenwart (ύϊτάρχειν, 1048a3l) begriffen und als S e i e n d e s (δυνάμει Βν, Βυνάμ« ουσία): das δυνάμει Sv ist das Seiende, insofern in ihm bereits und noch die entgegengesetzten Möglichkeiten, die nicht zusammen in die ενέργεια treten können, in irgendeiner Weise anwesend sind, in einer Weise, die nicht weiter erklärt werden kann, sondern — eben nicht ενεργεία ist.

Wenn nun gar das Allgemeine als Βύναμις verstanden werden soll, dann fragt es sich, als was für ein δυνάμει αν und „wo" das Allgemeine zu denken ist. Man kann hier wieder auf die Vernunft und das Subjekt rekurrieren. Doch damit wird ontologisch gar nichts erklärt. Ist denn das Allgemeine ein Seiendes „im" Subjekt? Oder müßte dann nicht das Wesen des Subjekts selbst aus seinem Bezug zu diesem Möglichen und also selbst als Möglichkeit verstanden werden?

Aus dem Wesen der endlichen Subjektivität ist der Begriff als Möglichkeit gedacht worden bei Kant (vgl. Kr. d. Urteilskraft § 76). Und hier wird denn auch das Wesen des Begriffs eigens als Spielraum verstanden, wenn er als „Schema" erklärt wird. Das Schema ist die bestimmte „Regel der Synthe-sis" eines Mannigfaltigen zu einem „Bild", „ohne auf irgendeine einzige besondere Gestalt . . . eingeschränkt zu sein" (Kr. d. r. V. Β 180). (Kant erklärt fcwar nicht den Begriff selbst als Schema, sondern versteht das Schema als das „allgemeine Verfahren der Einbildungskraft, einem Begriff sein Bild zu verschaffen" [B179f.]; faktisch ist damit aber ein vom Schema noch unterscheidbarer Begriff als solcher hinfällig geworden.) Wenn man bedenkt, daß auch bei Aristoteles das Wesen des ε�δος nicht darin besteht, ein allgemeines Was zu sein, sondern Prinzip (Regel) der Einheit von Mannigfaltigem, dann wird deutlich, wie entschieden bereits in diese Richtung gewiesen wird. Durch das „Schema" aber wird erreicht, daß jede Partikulan tat des Einzelnen nicht mehr als „συμβεβηκός" außer den Begriff fällt (vgl. S. 63 f.), sondern eine Möglichkeit seiner selbst ist. Nur in dem Maße, in dem das ursprünglich Einfache als S p i e l r a u m gedacht wird, kann es Mannigfaltigkeit in sich umgreifen. Einem solchen Spielraum entspricht aber eine Weise von „Begegnung", die kein bloßes Gegenwärtighaben ist (vgl, Heidegger, Sein und 2eit).

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der üXVj hineingezogen wird und dadurch auch nach dieser Seite seinen ursprunglichen Sinn zu verlieren droht, liegt auch hier keine einheitliche Lehre vor. In Ζ wird das Problem wieder nach Möglichkeit unterdrückt und bricht trotzdem durch:

In ZIO vollzieht Aristoteles (S, 73f.) die Unterscheidung zwischen ε�δος und σύνολον an Hand der Unterscheidung ihrer Teile: Das ε�δος besteht nur aus den Teilen des ορισμός (Gattung und Differenzen), das σύνολον aus εΐδος und ΰλη, und ά. h. 2ugleich: aus den mannigfaltigen Teilen, als welche die ΰλη vorliegt und die dasjenige darstellen, woraus das σύνολον entsteht und wohinein es vergeht. Da aber die υλη, wie sich inzwischen aus ihrem Wesen als δώναμις gezeigt hat, auch schon immer in einer bestimmten Präsenz vorliegt, ergibt es sich in ZIO ganz natürlich, daß auch von ihr im allgemeinen gesprochen werden kann und auch von einem allgemeinen σύνολον als dem aus einem allgemeinen ε�δος und einer allgemein gedachten ύλη Zusammengesetzten (1035 b27ff.). Obwohl daher mit solchen Bezeichnungen wie „erzener Kreis", „hölzernes Standbild" usw. zunächst das jeweils einzelne σύνολον gemeint ist (vgl. 1035a31f., oben S. 75 Anm. 9), stehen sie doch zugleich für ein Allgemeines, für einen erzenen Kreis im allgemeinen, usw. Ein solches allgemein mit einer bestimmten ύλη zusammen gedachtes ε�δος wird Schließlich in manchen Fällen sogar mit einem eigenen Namen bezeichnet, z. B. „Hohlheit" in „Nase" (bzw. in „Fleisch") mit „Stumpf-nasigkeit" (σιμότης)ss. Entsprechend gibt es auch einen λόγος des σύνολον, der gerade nicht nur der λόγος im Sinn des τί ήν ε�ναι ist, sondern das ε�δος mit der υλη nennt: τόδε εν τωδε (1035a22f., 1036b23). Auf die Frage τι εστί, die an das τόδε τι gestellt wird, kann an Stelle des τι ήν ε�ναι auch mit einem solchen λόγος des σύνολον geantwortet werden (1025b30f.), ja selbst mit der bloßen Nennung der ΰλη (1033a2f.). Dieser λόγος des σύνολον, der sogar als ορισμός bezeichnet werden kann (1025 b30f,)} ist zwar allgemein, aber er meint allgemein das Einzelne gerade in seiner hyletischen Beschaffenheit und d. h. in seiner Teilbarkeit und Unbestimmtheit (vgl. 1035a22f./1037a27): denn der Name der ΰλη steht dabei nicht primär für eine weitere Präsenz (συμβεβηκός), sondern für das der Präsenz Zugrundeliegende.

Wenn jetzt also auch das Hyletische ei de tisch und in einem λόγος faßbar ist, dann ist die Unterscheidung zwischen den Teilen des ε�δος, und d. h. des eigentlichen ορισμός (τί ήν ε�ναι), und denjenigen des σύνολον nicht mehr so einfach (1036a26f.). Im folgenden Kapitel (ZU), das Aristoteles zum großen Teil dieser Schwierigkeit widmet, lassen sich zunächst leicht diejenigen Fälle erledigen, bei denen dasselbe ε�δος in eidetisch verschiedener ΰλη erscheinen kann, „wie ζ. Β. der Kreis in Erz und Stein und Holz" (103ua31ff.). Aber auch dann, wenn der Kreis

" i035a4f.; vgl. zuc Stumpfnasigkeit oben S. 95 f., Anm. 26. Es ist hier 2u beachten, daß das griechische σιμότης im Unterschied zur deutschen Über-setzung kein zusammengesetztes Wort ist.

immer nur in Erz erscheinen würde, würde dies ei nicht zum ε�δος selbst gehören (a34rT.). Die bloße tatsächliche Beständigkeit des Zusammengehens bedeutet keinen Wesenszusammenhang. Und so werden auch (b3ff.) Knochen und Fleisch nicht zum ε�δος Mensch gehören, obwohl es faktisch immer nur in dieser δλη erscheint. Doch schließlich wird zugegeben, daß es (b23fT.) „vielleicht" „manches" gibt, was ein „dieses in diesem" (τόδε εν τφδε) ist, da ζ. Β. „der Mensch nicht ohne Teile zu sein vermag so wie der Kreis wohl ohne Erz. Das ist nämlich nicht dasselbe. Denn das Tier ist ein Wahrnehmbares: Man kann es ohne Bewegung nicht definieren und also nicht ohne die Teile und deren bestimmte Verfassung." Diese Möglichkeit, daß die hyletischen Teile selbst zuc Definition gehören, wird hier wie ein Ausnahmefall eingeführt („manches" b23) und auch nicht weiter erklärt. Zunächst scheint es so, als ob damit gerade das Kriterium, wodurch das τί ήν ε�ναι in ZIO vom σύνολον unterschieden wurde (S. 73f.), in sich zusammenfällt.

Das Problem ist am Eingehendsten in den Kapiteln Met. El und Phys. B2 behandelt, wo die Gegenstände der Naturwissenschaft („Physik") von denjenigen der Mathematik unterschieden werden. In Met. El heißt es u. a. (1025b30fT.): „Von dem, was definiert wird und ein τί έστι darstellt, ist manches so wie das Stumpfnasige' (σιμάν), anderes wie das ,Hohle' (κοΐλον). Diese unterscheiden sich dadurch, daß das Stumpfnasige das mit der υλη Zusammengenommene ist — denn das Stumpfnasige ist ,hohle Nase' —, die Hohlheit aber ohne wahrnehmbare ΰλη ist. Wenn nun alle φυσικά so wie das Stumpfnasige definiert werden, ζ. Β. Nase, Auge, Gesicht, Fleisch, Knochen, überhaupt Tier, Blatt, Wurzel, Rinde, überhaupt Pflanze — denn von keinem von diesen ist der λόγος ohne Bewegung, sondern enthält immer δλη —, dann ist klar, wie man bei den φυσικά das τί έστι zu suchen und zu definieren hat und weswegen der Naturforscher auch eine gewisse Seele, nämlich die, die nicht ohne ΰλη ist, betrachten muß." (Vgl. auch Phys. B2,194al-7.)

Daraus erhellt erstens, daß es sich nicht um einen Ausnahmefall handelt, sondern um „alle φυσικά" (1025b34). Das einzige, was nicht betroffen ist, ist das Mathematische. Wenn man genauer zusieht, ist auch in ZU nichts anderes gemeint gewesen: „Mensch", so hieß es dort, kann nicht ohne ΰλη definiert werden, weil er ein „Wahrnehmbares" ist (lG36b28). Es handelt sich also um jede wahrnehmbare οόσία, auch um die τέχνη δντα (vgl. Phys. B2).

Zweitens geht aber aus dem Vergleich mit der „Stumpfnasigkeit" hervor, daß das, wovon hier und in ZU gesagt wird, daß es nicht ohne die beweglichen Teile definiert werden könne („Mensch" usw.), jeweils nur ein allgemeines σύνολον ist. So scheint der ορισμός des ε�δος selbst doch unabhängig von den hyletischen Teilen zu sein, ebenso wie derjenige der Hohlheit bei der Stumpfnasigkeit.

Doch was ist bei der wahrnehmbaren ουσία das ε�δος, das der Hohlheit entspricht? Für die Lebewesen wird es am Ende der zitierten Stelle genannt: die „Seele". „Seele" ist aber nicht das spezifische ε�δος der

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jeweiligen ουσία so wie die Hohlheit das ε�δος der Stumpfnasigkeit, sondern eine allgemeine Bezeichnung für das εΐδος eines Lebewesens überhaupt. Will man das bestimmte ε�δος und d. h, also die bestimmte Seele von einem bestimmten Lebewesen, z. B. von. „Mensch'*, bezeichnen! dann kann man auch das ε�δος nur „Mensch" nennen (vgl. 1043b3L und däjju a29fT.). Wenn hier also ebenso wie bei der Stumpfnasigkeit das σύνολον im Gegensatz zu so etwas wie „erzener Kreis" mit einem Namen bezeichnet wird, so unterscheidet sich doch die wahrnehmbare ούοία auch noch von der Stumpfnasigkeit dadurch, daß hier der Name des σύνολον mit dem Namen des εΐδος zusammenfallt. Daß der Name des σύνολον mit dem des ε�δος identisch ist, zeigte sich bereits am Anfang der Untersuchung der vorliegenden ουσία (vgl. S. 75 Ann. 9). Doch hatte das dort nur die Bedeutung, daß der Präsenz Charakter des σύνολον ganz im ε�δος aufgeht, der Name bezog sich lediglich auf das εΐδος als solches. Jetzt hingegen bezeichnet der gleiche Name, der das εΐδος nennt, das σύνολον als σύνολον, bezeichnet die ουσία gerade in ihrer Beweglichkeit und Teilbarkeit.

Zu was für Konsequenzen diese Identität des Namens schließlich führt, wird erst im letzten Abschnitt sichtbar werden (S. 146f,). Sie bedeutet nicht, daß das εΐδος selbst mit dem σύνολον zusammenfällt, sondern gründet darin, daß es sich hier um ein σύνολον handelt, dessen Seiten wesensmäßig zusammengehören, so daß das ε�δος ebenso notwendig wie das σύνολον, obwohl auf andere Weise, auf diese bestimmten beweglichen Teile angewiesen ist: das σύνολον, weil es aus den Teilen; besteht; das ε�δος, weil es die „εντελέχεια der Teile" ist (413aüf.)". In ZU war also nur der λόγος des σύνολον gemeint, aber es ist ein σύνολον, dessen λύγος für die Definition des ε�δος selbst wesentlich wird. Der Vergleich mit der Stumpfnasigkeit verdeckt gerade das Entscheidende: während bei ihr das εΐδος (die Hohlheit), weil es ein mathematisches ε�δος ist, „ohne wahrnehmbare υλη" ist (El, 1025b33f.), wird beider wahrnehmbaren ουσία nicht nur vom σύνολον, sondetn auch von der Seele gesagt, daß sie „nicht ohne υλη" sei (El, 1026a6) « "■ »·.

11 Vgl. H3, 1043a2y~3fj: Hier weist Aristoteles ausdrücklich darauf hin, daß mit demseiben Namen sowohl das ούνολον als auch das εΐδος genannt wird, diese aber unterschieden werden müssen. Als Beispiel gibt er (»34f.) „Tier", womit entweder „Seele im Körper" (σύνολον) gemeint sein könne oder „Seele" (ε�δος), diese aber sei die „ενέργεια eines Körpers". Sowohl beim ε�δοςσύνολον als auch beim müssen also beide Seiten genannt werden, aber beim ούνολον die ίίλη als die eine Seite seines eigenen "Wesens, beim εΐβος als das, worauf es als ενεργεί* wesensmäßig bezogen ist (vgl. auch 414al9rf.).

JS Das wird zwar aui eine „gewisse" Seele eingeschränkt; ausgenommen ist aber, wie aus anderen Stellen zu ersehen ist, einzig der νους, weil er keine εντελέχεια eines φύσει 5v ist (641a33ff.,' 413a6f.). Dagegen ist jede Seele, die das ε�δος eiries Lebewesens ist, „nicht ohne ύλη" (vgl. 414al9f.).

"Aristoteles hat das Problem gerade mit Hüte der „Stumpfnasigkeit" ent-

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Daher stellt Aristoteles in Met El und Phys, B2 der hyletischen wahrnehmbaren ουσία nicht etwa die Präsenz dieser ουσία als ein von der ύλη Trennbares (λόγω χωριστόν) entgegen, sondern nur das Mathematische. Dieses ist das einzige, was „in der Vorstellung (τη νοήσει) von der Bewegung trennbar (χωριστά)" ist (193b34). Sogar in der νόησις also und im λόγος läßt sich das ε�δος nicht mehr von der ίίλη trennen. Und weiter: „Diejenigen, die Ideen behaupten, merken nicht, daß sie gerade dies tun; denn sie trennen die φυσικά, obwohl sie weniger trennbar sind als das Mathematische" (b35ff,), Hier erreicht die aristotelischePlatonkrkik einen Höhepunkt: nicht nur das απλώς χωριστών, sondern auch das λόγω χωριστόν wird bestritten. Form und Inhalt lassen sich nicht mehr trennen: wenn das ε�δος als vorliegendes gedacht wird, wird nicht dasselbe ε�δος bloß in die ΰλη transportiert. Weil jetzt die Präsenz die εντελέχεια der beweglichen ΰλη ist und ihr „Inhalt" daher nicht mehr in einem Anblick besteht — diesem ist die jeweilige Beschaffenheit der ίίλη äußerlich —, sondern in einem einheitlichen Vermögen zu einem Werk (S. 99), wird jetzt auch „alles hinsichtlich seines Werkes und (d. h.) seines Vermögens d e f i n i e r t " (1253a23f„ vgl. auch 1035bl7, 416a5), und weil ein solches Vermögen notwendig auf eine bestimmte Beschaffenheit der Teile angewiesen ist, ist die Präsenz wesensmäßig an eine bestimmte bewegliche ΰλη gebunden, die bereits in ihrer Definition vorgezeichnet sein muß (vgl. 200b5rT.I 642al2ff.). Die einzigen Ausnahmen sind diejenigen vom Menschen erzeugten Dinge, die nicht zu einem Gebtauch bestimmt sind, sondern lediglich ein Aussehen darstellen sollen, sei es eine geometrische Figur oder ein Gebilde der schönen Künste. So weit ist also das Seiende davon entfernt, von sich aus ί-ein „ε�δος" in einem Anblick zu haben, daß dies nur dann der Fall ist, wenn es eigens dazu hergestellt wird, einen Anblick zu repräsentieren, d. h. etwas anderes abzubilden. Daß aber unter den Beispielen des Buches Ζ Statuen, Kugeln und Kreise einen so unverhältnismäßig breiten Raum einnehmen, zeigt, wie nahe selbst für Aristoteles — und dies besonders innerhalb der ausdrücklichen Frage nach dem schlechthin Anwesenden — die Versuchung liegen mußte, beim ε�δος an ein Bild zu denken.

Schließlich muß aber sogar das geometrische den Bezug zu einer ε�δοςbestimmten υλη bereits in seiner Definition enthalten: wenn ihm auch die Beweglichkeit und dynamische Beschaffenheit der Teile zufällig ist, so doch nicht die Teile als solche, denn es ist nichts anderes als das Einfache von Mannigfaltigem. Daher wird in El auch das mathematische εΐδος „Hohlheit" nicht als schlechthinniges λόγω χωριστόν betrachtet: es ist nur „ohne wahrnehmbare ύλη" (1025b34). Anderseits kann

wickelt, weil sie in einem ein Beispiel eines nur mit der ί>λη zu Definierenden an die Hand gibt und ein Beispiel eines ohne ΰλη Definierbaren, wogegen das erstere abgehoben werden kann. Ein zweifelhafter Vorteil, wenn man bedenkt, daß es gerade dieser Umstand ist, wodurch dieses Beispiel\ unangemessen und irreführend witd.

8 Tugend Int. Tl κα-ri mit, 113

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natürlidh auch der Präsenz einer wahrnehmbaren ουσία die bestimmte Beschaffenheit einet ΰλγ} mehr oder weniger zufällig sein. Eine Axt ζ. Β. ist auf Sin Material von bestimmtet Hätte usw. angewiesen, aber dazu eignen bich mehrere Substanzen (z. B. Erz öder Eisen) (vgl. 642al0f.), von welchen dann die eine tauglicher als die andere sein kann (640a38). Die uXv)-ist immer nur gerade so weit in der Definition der Präsenz enthalten, als sie spezifisch die δύναμις zu dieser ενέργεια ist. Je vollkommener die ϋλη in das jeweilige ε�δος ein- und aufgeht, je durchgängiger sie durch seine Definition bestimmt ist, desto eigentlicher ist das ε�δος εντελέχεια, am eigentlichsten beim Lebendigen. Weil aber die ολη in unbestimmter Mannigfaltigkeit vorliegt, bleibt das Verhältnis der Präsenz zum Vorliegenden in j edem Fall spielraumartig: gegenüber dem jeweils Einzelnen ist sie allgemein und λόγω χωριστόν, nicht weil sie an gar keine υλη, sondern weil sie an keine einzelne ίΐλή gebunden ist.

Indem die Mannigfaltigkeit der ϋλη in ά&η λόγος mitaufgenommen wird, wird dieser zu einem λόγος ένυλας (403a25), der mit dem λόγος des σύνολον keineswegs, wie gewöhnlich gemeint wird, zusammenfällt. Als λόγος ενυλος verliert das εΐδος seine Einfachheit ebensowenig wie als £Ϊδος ενόν, und das Kriterium, wonach in Z10 das ε�δος vom σύνολον unterschieden wurde, bleibt also bestehen. Weil das εΐδος nicht ein Eines aus Mannigfaltigem, sondern ein Eines von Mannigfaltigem ist, ist es „nicht ohne ΰλη, aber nicht durch die υλη bestimmt" {Phys. B2, 194al4f.)3i. Gerade die Anwesenheit des σύνολον selbst ist darauf angewiesen, daß das ε�δος, indem es als ενέργεια das Prinzip seines Zusammenstandes und als τέλος dh Direktive seines Entstehens ist, einfach und von ihm unterschieden bleibt, denn reguliert und dirigiert werden kann Mannigfaltiges nur durch Einfaches. Aber auch nur durch ein Einfaches, das auf das Mannigfaltige wesensmäßig bezogen ist. Daher ist im λόγος Ινυλος die ganze Mannigfaltigkeit des σύνολον bereits vorhanden, aber gleichsam unter umgekehrtem Vorzeichen. Der λόγος des σύνολον ist: ,die und die υλη in dem und dem εΐδος'; der λόγος cies εΐδος: ,das und das ε�δος von der und der ολη'. So bei der Definition der Seele in De Anima: Der λόγος des Lebewesens ist: ,ein natürlicher Körper, der das Vermögen zum Leben hat' (412al5f./20). Und das ε�δος dieses σύνολον wird definiert als ,erste εντελέχεια eines natürlichen Körpers, der das Vermögen zum Leben hat, also eines organischen Körpers' (412a27f,/b5f.). Dieser ορισμός, der das εΐδος einzig in seinem Bezug zur ύλη definiert und dennoch der λόγος nur des ε�δος selbst ist, nennt es als das, was es ist: als ένέργεια-είηεΓ-δύναμις.

Wenn das definierte ε�δος aber auch einfach bleibt, so wird doch frag-

lieh, ob ein Einfaches von Mannigfaltigem als solches überhaupt noch einer D e f i n i t i o n zugänglich ist oder ob das bisherige Wesen der Präsenz auch nach dieser Seite mit der Entwicklung der ontologischen Problematik nicht mehr Schritt halten kann. Diese Frage wird erst in Zusammenhang mit dem Problem des Grundes zu behandeln sein. Bevor auf sie eingegangen werden kann, muß betrachtet werden, auf welche Weise Aristoteles das Problem derjenigen Mannigfaltigkeit der einfachen Präsenz bewältigt, die zu dem von Platon übernommenen ορισμός von vornherein gehört.

§ 15. Das Problem der Mannigfaltigkeit der einfachen Präsert^ als solcher und die Wesensbestimmung der Gattung als δνναμις

Ist das Eine Allgemeine nur dann nicht eine eigene ουσία, wenn es δύναμις ist, dann muß auch das Sein der übrigen allgemeinen Wesenheiten, weil sie jeweils nur die eine Seite einer Zwiefältigkeit sind, in der bloiäen Möglichkeit 2u dieser Zwiefältigkeit bestehen. Daher waren auch bei der Erklärung des καθόλου als δύναμις in MIO (S. 104) die übrigen Kategorien mitgemeintaa. Und in 07, 104°bU., wird von ihnen gesagt, sie seien ebenso wie die ϋλη unbestimmt (αόριστα): zu einem Bestimmten werden sie erst durch ihre Zwiefältigkeit mit einem ΰποκείμενον ώρισμένον (ZI, 102Sa26f.).

Eine durchgebildete Lehre vom Allgemeinen als δυνάμει δν findet sich jedoch nur für die Gattung (γένος), und zwar deswegen, weil die angemessene Erklärung ihres Allgemeinheitscharakters und d. h. ihres Verhältnisses zum ε�δος zugleich die Lösung des Problems der mannig-faltigen Teile des εϊδος bringen mußte. Denn das εΐδος wird, obwohl es doch ein Einfaches sein soll, in seiner Explikation durch den ορισμός in Gattung und spezifische Differenzen auseinandergenommen (S. 16). Das, wohinein etwas auseinandergenommen werden kann, sind seine Teile (vgl. Δ25), und Gattung und Differenzen werden daher als die Teile des ορισμός bzw. des τι ήν ε�ναι verstanden {1023a35, 1034b20, 1037a20) und als solche auch den hyletischen Teilen des σύνολον gegenübergestellt (1035b31f., oben S. 73f.). Weil sie aber doch Teile sind, werden auch sie in einem übertragenen Sinn ΰλη genannt und als „ολη des ε�δος" von der ϋλη αισθητή und den Teilen des σύνολον unterschiedenas.

" druck „o " ist also bDer Aus hne 6λη ei Aristoteles zweideutig: das gleiche εΐΚος dem gesagt en kann,, von werd es sei „ohne ΰλη" (1032bl2, b!4), weil es keine όλη en thä l t , ist „nicht ohne υλη" (194al4, 414a20, 1026a6), weil es auf eine ΰλη wesensmäßig bezogen ist.

" Vgl. das Beispiel MIO, 1087al9£., ebenso in Θ8, 1050b36f. ** Diese ΰλη νοητή (1045a34) ist nicht mit der αλη νοητή des Geometrischen

zu verwechseln, da sie nicht nur nicht beweglich, sondern auch nicht konti-nui teile erlich istund υλϊΐ zunächst nur genannt wird, weil sie auch die Bestandvon etwas ■ ildet. (Anders Ross, Metaph. II, 199.)

114 β * 115

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Diese Teile der einfachen Präsenz seihst bilden ein Problem von Einheit tind Mannigfaltigkeit, das für Aristoteles schon von vornherein vorgegeben war und bereits vonPkton übernommen wurde (S. 12, 16), das hier aber erst jetzt behandelt werden kann, weil Aristoteles es mit Hilfe derjenigen ontolügischen Begrifflichkeit löst, die sich ihm bei der Klärung der Einheit des mannigfaltig Votliegenden ergeben hat. Die Frage, wie die Teile des ορισμός ein Eines und Einfaches bilden können, wird im Buch Ζ schon in ZU aufgeworfen (1037al8ft"., oben S.74 Anm. 7) und anschließend in Z12 vorläufig erörtert; in Z14 folgt die entsprechende Platonkridk, und erst in H3 und H6 kommt es zur eigentlichen Losung der Aporie.

212 geht von der Behauptung aas, daß „die Gattung schlechterdings nicht außerhalb (der Differenz und d. h.) des ε�δος sein kann" (1038a5f,)iO. Was damit gemeint ist, ist aus Met. 18 zu ersehen (1058a2fF.): „Das Gemeinsame muß nicht bloß (mit im εΐδος) vorliegen, wie Ϊ. Β. daß beides Tiere sind, sondern in jedem von beiden muß dieses s e l b s t — das Tier — verschieden sein; (es selbst ist) einmal Pferd und einmal Mensch; deshalb ist es das Gemeinsame (selbst), was in den beiden Fällen sich als ein dem εΐδος nach verschiedenes zeigt." Man darf sich die Verschiedenheit der είδη eines γένος also nicht so denken, als sei da ein Gleiches und auch noch eine Differenz, durch welche dann das ε�δος, das beide Teile enthält, sich von einem entgegengesetzten εΐδος unterscheidet, von der aber die Gattung selbst gar nicht affiziert würde. Vielmehr (a6-8) „ist es also notwendig, daß diese Differenz eine Verschiedenheit der Gattung ist. Denn mit der Differeni der Gattung meine ich jene Verschiedenheit, die diese s e l b s t verschieden macht." Die Differenz ist also nicht ein weiterer Bestandteil neben der Gattung, sondern nichts anderes als die Weise, wie sich jeweils die Gattung als dieses oder jenes εΐδος präsentiert. Da die Differenz eine Verschiedenheit der Gattung selbst ist, enthält sie selbst (und

10 Es iolgt die parenthetische Bemerkung: „oder wenn doch, dann ist es als ΰλϊ)'', und als Betspiel wird das γένος der Buchstaben gegeben, das zugleich ihre ολη ist (γένος κ α l, a6f.): die Stimme. Hier ist also mit ϋλη, nicht die dem ε�δος eigentümliche (Ιλη, sondern die ίίλη αία&ητή gemeinr, die in manchen Fällen mit der Gattung zusammenfällt (vgl. S. 119 Anm. 42). Arpe hat daraus (S. 46) geschlossen, daß Aristoteles die Gattung als solche überhaupt nie als αλη begriffen hat. Die ολη νοητή von H6 sei einfach (wie sich aus dem Beispiet 1045a35 nahelegt) die ΰλη des Mathematischen, Mit dieser Interpretation läßt sich aber der ganze Zusammenhang von H6 nicht vereinbaren und die Auffassung der Gattung überhaupt als βλη ist durch genügend andere Stellen der Metaph. gegen jeden Zweifel gesichert: vgl. 1023b2, 1024b9, l058a23f., auch 1016a27[. Aus t023b2 geht auch noch eindeutig hervor, daß es sich hier um eine andere δλτ, als die ύλη οίο&τ,ττ, handelt, um eipe 6>Λ), mit der die „Teile des elSos" .(vgL 1023a3ä) gemeinr sind. Als Bekpiel -wird hier 035 L) die Zweibeinig5ceii Üs Teil der Detirütioti des. Menschen angeführr, also ein Teil ekies νμσ^.^ (J2.n-eibeiai:gei Tier*!'), der gtü'iB nVrrnv um &χ, :χί&#τ;Η] urai zixh njchr-s nsii r^Λγ~^ΐτΛ^τ_^τ €λ», ΖΪΪ HUI hat..

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nicht erst das εΐδος) die Gattung irgendwie „in sicUf', so daß die Gattung gar nicht erst eigens neben der Differenz genannt zu werden braucht.

Daraus wird verständlich, inwiefern in Z12 aus dem zitierten Satz gefolgert werden kann, daß die Definition lediglich aus den Differenzen besteht (1038a8(.). Und wenn nun jede folgende Differenz wiederum die Differenz der vorhergehenden Differenz s e l b s t ist (a9ff.) und nicht κοιτά συμβεβηκός geschieht (a26f.), so reduziert sich schließlich die ganze Definition auf die letzte Differenz (al9E.), die dann nicht bloß ein Bestandteil, sondern das εΐδος und die ουσία selbst ist (a25f.).

Damit ist eine Klärung bereits erreicht, aber das bestimmte Verhältnis zwischen Gattung und Differenz und die Seinsweise der Gattung noch nicht ontologisch begriffen. Negativ steht fest, daß Gattung und Differenz keine für sich bestehenden Wesenheiten und Bestandteile sein können. Für die Ideenlehre hingegen, so heißt es in Z14, mußten die Teile des ορισμός ebenso ουσία und τόδε τι sein wie das allgemei ergibt sich aber ne ε�δος selbst (lü39a30-32, vgl. auch i040al8f.). Dannerstens sofort die gleiche Frage wie beim allgemeinen : wie kann die Gattung, ε�δοςwenn sie schon in sich τόδε τι (und d. h. £v άριθμω) ist, Allgemeines sein und mehrfach auftreten, nämlich in den verschiedenen εΐδη (1039a33-b2)? Diese Schwierigkeit, die ja schon Platon selbst klar erkannt hatte (vgl. Parm. 131aff., Phil. 15b, oben S, llf.), wird in Z14 ausführlich erörtert und in MIO, wie gezeigt wurde (S. 104), dadurch gelöst, daß das £v des κα&όλου (sowohl beim ε�δος als auch beim γένος) als ein εν begriffen wird, das nicht εντελέχεια, sondern δυνάμει ist. Die weitere Schwierigkeit, in die die Ideenlehre verwickelt wird, wenn sie die Teile des ε�δος als τόδε τι (und d. h. εντελέχεια) versteht, ist die, daß sie die Einheit dieser Teile nicht erklären kann (1039b2-6). Denn wenn etwas in sich εντελέχεια ουσία ist, kann es nicht Teil einer anderen ουσία sein (1039a3f,), es bietet gleichsam keine Berührungsfläche für weitere Teile und kann mit diesen daher nur einen „Haufen" (σωρός) ausmachen, bei dem unklar bleibt, wodurch er überhaupt Eines ist (1044a4f., 1045a8fF.). Man kann also nicht einfach eine Zusammengehörigkeit von Mehrerem in Einem behaupten, ohne gleichzeitig das Wesen des ev sowohl der Teile als auch des Ganzen ontologisch neu zu denken41. Soll ein Eines ein Mannigfaltiges nicht bloß äußerlich umgreifen, sondern das Eine des Mannigfaltigen sein, dann muß sein Ein-heitscharakter als εντελέχεια gedacht werden (1044a7-9); und wenn das Eine, das aus den Teilen besteht, έντελεχεία sein und εντελέχεια eines sein soll, müssen sie selbst δυνάμει sein und δυνάμει eines sein. Aisosowohl die Schwierigkeit des vielfachen Vorliegens der Einen Gat-

11 Das wiederum ist nicht möglich, solange das Allgemeine als ουσία verstanden wird. Min kann nicht einerseits von einer Vielfalt in Einem sprechen und anderieits an der Idcenkhrc festhalten (1039a24-6, 1087a5f.); aurr.rs *ird Pkuion, i»ic bereu in der Einleitung bemerkt wurde (S. 12), auf wäee rräuiere Periode feir-gcn^gclt.

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tung als auch die der Einheit mit der Differenz löst sich auf, sobald die Gattung als δυνάμει 5ν und d. h. δυνάμει εν verstanden wird.

Die erste dieser Schwierigkeiten hatte sich ebenso für das allgemeine ε�δος ergeben, die zweite ist der Gattung eigentümlich. Aristoteles löst sie nun In H3 und H6 nicht etwa so, daß sowohl Gattung als auch Differenz jödes ein δυνάμει ov wären (das verbietet sich aus dem bestimmten Charakter ihres Zusammenhanges, wie er sich in Z12 und 18 gezeigt hat), sondern die Gattung ist das δυνάμει ov und die Differenz ist ihre έ,νέργεια. Insofern \εψΐ überhaupt noch zwischen Differenz und ε�δος unterschieden werden kann, ist das ε�δος das ενεργεία ΐ!ν, also gewissermaßen das Analogon zum ούνολον. So wie dieses die in die ενέργεια des ε�δος herausgetretene δύναμις der ύλη αισθητή ist, ist das εΐδος die in die ενέργεια der spezifischen Differenz herausgetretene δΰ-ναμις der Gattung. Entsprechend wird jetzt auch vorn ε�δος selbst als von einer ουσία συν&ετή νοητή gesprochen (1043b29f.) und von der Gattung als einer υλη νοητή (1045a34, 36). Hier bedeutet jet2t aber ολη nicht mehr das gleiche wie dort, wo die Teile des ορισμός, also Gattung und Differenz, die ΰλη des εΐδος genannt wurden (1023b2, oben S. 115). Denn dort meinte ΰλη einfach soviel wie Bestandteil (στοιχεΐον). Jetzt hingegen handelt es sich gar nicht mehr um mehrere Teile, sondern um den einen „Teil", der nicht durch Hinzufügung eines anderen Teiles, sondern durch das Heraustreten seiner eigenen δύναμις zum Ganzen wird: ΰλη heißt die Gattung jetzt nicht, weil sie Bestandteil, sondern weil sie δυνάμει ουσία ist.

Der δΰναμι,ς-Charäkter der Gattung unterscheidet sich also we sentlich von dem des allgemeinen ε�δος. Dieses bleibt öder wird gerade es selbst, wenn es in seine ενέργεια kommt; es muß nur δύναμις sein, weil es eigentlich ενέργεια ist. Die Analogie zur ΰλη reicht da gegen beim γένος viel weiter, und daher hat sich seine Wesensbestim- rnung als δύναμις auch eindeutiger durchgesetzt als beim allgemeinen ε�δος: ebenso wie die Ολη αισθητή kann sich das γένος als solches überhaupt nicht präsentieren, sondern birgt noch eine Mannigfalt von imgehobenen Möglichkeiten in sich. Seine ενέργεια bedeutet, daß es überhaupt erst in eine Präsenz heraustritt; und in dieser bleibt es die wesende Möglichkeit zu einem anderen. κ-

Wird nun etwas (2.B. ein Pferd) im Hinblick auf seine Gattung genannt (ζ. Β, „Tier"), so wird es damit nicht als das τόδε τι, das es ist, getroffen; trotzdem wird gerade das ύτίοκείμενον t etwas von ihm gesagt, was es auch selbst gemeint und nichnoch ist ( κόςσυμβεβή ). Die Gattung „bedeutet" immer eine ουσία (ούσίαν σημαίνει, 83a24) und wird im Unterschied zu den übrigen Kategorien nicht κατ' άλλου υποκει-μένου gesagt (83a26): sie wird zwar κα&' υποκειμένου gesagt, aber dieses ύποκεΐμενον ist ihr gegenüber kein άλλο, da es nur eine „Verschiedenheit ihrer selbst" (18) und d. h. ihr eigenes Herausgetretensein ist, Deswegen kann sieh das Verhältnis auch umkehren und gerade die Gattung als ύτίοκείμενον gedacht werden („das Tier ist ein

118

Pferd"), während das bei den Kategorien zwar auch ein mögliches, aber ein uneigentliches κατηγορεΐσθαι ist (S. 53). Hier 2eigt sich die besondere Analogie zwischen der Gattung und der υλη αίσθητή: So wie die ΰλη das dem ε�δος Zugrundeliegende ist, ist die Gattung das Zug r u n d e l i e g e n d e der Differenz (1016a26, 1024b3, b9, blO). Die obersten Gattungen als die πρώτα υποκείμενα (1024bl0) werden sukzessive durch die Reihe der spezifischen Differenzen immer weiter aus ihrem Möglichkeitscharakter herausgetrieben so wie die πρώτη ΰλη durch die immer vollkommener werdenden ένέργεΐαι. Präsentieren kann sich das γένος erst, wenn keine weiteren Möglichkeiten in ihm zu unterscheiden sind und es als das einfache ε�δος vorliegt, als welches es άδιαίρετον (999a2), άδιάφορον (1038al6), ατομον (1058al9) ist".

Zum Schluß greifen wir noch einmal auf eine Aporie des Buches Β zurück. Am Anfang der „Metaphysik" ist die Aufgabe der Philosophie als die Betrachtung der ersten άρχαί und αϊτίαι fetsgelegt worden (982b9). In der 6. Aporie (998a20-bl4) werden nun zwei mögliche Wege für das Philosophieren als das Fragen nach den άρχαί in den Blick gefaßt, keine theoretischen Möglichkeiten, sondern gerade diejenigen, die im bisherigen Philosophieren, so wie Aristoteles es sieht, geschichtliche Wirklichkeit geworden waren: der eine (a22-b3) geht den einfachen und letzten Bestandteilen (στοιχεία) nach, aus welchen das Vorliegende zusammengesetzt ist, der andere (b4-10) den allgemeinsten Gattungen, aus denen die Präsenzen zusammengesetzt sind, auf die hin das Vorliegende jeweils angesprochen wird. Auch diese Gattungen sind Bestandteile (στοιχεία, a21 f.). Nun soll aber die αρχή, die gesucht wird, gerade die ο υσ ί α des Vorliegenden sein. In welcher Art von στοιχεΐον liegt die ουσία? Beides kann sie nicht sein, denn sie ist eine (bll f.). Und doch scheinen beide Wege richtig zu sein.

Aristoteles löst die Schwierigkeit, indem er dasjenige als ουσία begreift, von dem jene Wege in entgegengesetzter Richtung ausgehen, ohne es selbst zu denken, nämlich das vorliegende τόδε τι. Denn indem diese ουσία in doppelter Weise ενέργεια einer δύναμις ist, weil sie

11 Die Analogie zur ΰλη hat sich auch noch dadurch besonders nahegelegt, daß bei den. πάθη die Gattung und die ΰλη αισθητή tatsächlich zusammenfallen. Die dem Umschlag der πάθη (ζ. Β. dem Warmen und Kalten) zugrundeliegende υλη^ ist zugleich deren γένος (323b31f., 324b7); dieses ist dann nicht nur überhaupt, sondern als ein jeweils cinzeLn Vorliegendes die Βύναμις zu seinen verschiedenen εϊΒη, die ineinander übergehen. Diese Art des γένος (das also gar nicht γένος einer ούοία ist) hat in Met. I einen eigentümlichen und nicht expliziten Vorrang, vgl. z. B. 1054b28£.

Bemerkenswert ist auch, daß für Aristoteles (in Antizipation von Κ. Ε. v. Baer) die embryonale Umwicklung des Tieres eine fortschreitende Entfaltung von der höchsten Gattung (Lebewesen überhaupt) bis zu seinem eigentümlichen ΕΪΒος ist, so daß sich hier tatsächlich das Heraustreten der Präsenz aus der (5λη αισθητή als ein Heraustreten aus der ΰλη νοητή abspielt (De Gen. Anim. B3).

119

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als ε�δος einer ύλη und als spezifische Differenz eines γένος vorliegt, «öffnet jsie jetzt zugleich die Frage-Wege nach beiden Richtungen; weil das εν, das die ουσία ist, εντελέχεια ist, trifft sich in ihr zugleich das Mannigfaltige sowohl det ϋλη als auch der Gattungen, ohne daß ihre Einheit dadurch angetastet wird, Die neue Konzeption der ϋύαίιχ als τάδε τι Verneint weder das eine noch das andere, was bisher als ουσία gedacht wurde, sondern hebt beides auf. Beides ist nicht mehr bloßes στοίχε ΐον, aber es bleibt ουσία, nämlich als δυνάμει ουσία.

Das εΐδος als εντελέχεια aber ist jetzt nicht nur die πρώτη ουσία als das am eigentlichsten Anwesende, sondern zugleich — wenn auch nicht mehr qua στοίχείαν — als die eigentliche άρν_ή und αιτία des übrigen. Als solche wird die Präsenz schließlich ausdrücklich thematisch in Z17, dem letzten Kapitel dieses Buches.

IV *

Das Vermittelnde der Zmefältigkeit als Grund

Das Seiende ist ursprünglich in der griechischen Ontologie verstanden worden als schlechthin Einfaches und Anwesendes, in dem ein Vernehmenin schlechthinnigerBegegnung ruhen kann(S. 4). Solltedann dennoch, wie es für die Philosophie nach Partnenides notwendig wurde, ein Mannigfaltiges als Seiendes gedacht werden, ohne diesen Sinn des Seins aufzugeben, so mußte das Denken zu einem Einfachen zurückgehen, das dem Mannigfaltigen dann zugrundeliegt. Das Eine des Mannigfaltigen ist Grund (αιτία). Dieser Rückgang des Denkens kann zunächst so geschehen, daß das mannigfaltig Z m usammenliegende auseinandergenommen und schließlich bis zuschlechthin Einfachen vorgedrungen wird. Das Einfache ist dann Bestandteil des Mannigfattigen (στοιχεΐον, Met. Δ3), So ist es aber bloß das Eine inner-halb des Mannigfaltigen, nicht das Eine des Mannigfaltigen selbst. Dieses fällt als solches noch aus dem ursprünglich Einen heraus und wird als Anwesendes erst denkbar, wenn der Grund nicht nur 2ugtunde-liegt, sondern gründet, wenn er nicht nur selbst schlechthin seiend, sondern Grund des Seins ist (αιτία του ε�ναι, 1043a2, 90a9), nicht nur selbst einfach, sondern Grund des Einsseins des Mannigfaltigen (αίτια ταυ εν εΐναι, 1045all),

Hat sich bei Aristoteles das, was anwesend ist, nach zwei Seiten als Zwief ä l t i ges , Präsenz von Vorliegendem (τι χατά τινός) herausgestellt und ist dieses Anwesende beidemal ein Eines, das zugleich mannigfaltig ist, dann muß sich die Frage nach seiner Einheit und Anwesenheit in der Frage nach dem Grund erfüllen. Dabei ist der Grund der Einheit des Mannigfaltigen beidemal zugleich der Grund der Einheit zwischen dem Vorliegenden und der Präsenz und somit das Vermittelnde der Zwiefältigkeit (μέσον, 90a7). Denn das Problem der Einheit der mannigfaltig zusammenliegenden Präsenzen hatte sich auf die Frage nach der notwendigen Einheit der je eliegenden ουσία reduziert (S. 55ff.); und weiligen Präsenz mit der zugrundbei der Einheit der υλη hat sich zwar bereits die Präsenz selbst als der Grund der Einheit herausgestellt (S. 106), aber indem sie das mannigfaltig Vorliegende in eine Einheit und Präsenz versammelt, vermittelt sie es zugleich mit dieser1. Und so ist bei beiden Strukturen der Grund der Einheit

1 Das ist allerdings eine Vereinfachung, die nicht ganz zutrifft. Es wird sich (§ 18) aeigen, daß die Zwiefältigkeit (τ! κατά τινός), die hier vermittelt wird, strenggenommen gar nicht mehr die Zwiefältigkeit das Vorliegenden mit der Präsenz ist.

121

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des Mannigfaltigen zugleich auch, indem er als solcher das Vermittelnde der Anwesenheit des Zwiefältigen ist, der Grund des Vorliegens der Präsenz und des Herausgetretenseins des Vorliegenden.

Dann ist aber die αιτία nicht nur das Eine, injdem sich jeweils die beiden Seiten des Zwiefältigen zusammenschließen, sondern mit ihr treten zugleich die beiden Zw iefältigkeiten, die in den vorangegangenen zwei Abschnitten gesondert betrachtet wurden, in ihrer gemeinsamen Struktur vor den Blick. In Met. ZI7 geht Aristoteles in der Erörterung der αιτία bei der ουσία {§ 18) von der entsprechenden Struktur bei den συμβεβηκότα aus, und tatsächlich wird in den Kapiteln Β1-Ί0 der 2. Analytiken das Problem der Begründung und der Zwiefältigkett für die ουσία und die συμβεβηκότα gemeinsam behandelt, obzwar hier umgekehrt die συμβεβηκότα im Vordergrund stehen (§17)' Die beiden Stücke der Metaphysik und der Analytiken gehören zusammen, enthalten ζ, Τ. die gleichen Beispiele („Donner", „Eklipse"), entsprechen sich bis in einzelne Formulierungen (ζ. Β. 93a26f./1041al5, b3f.) und sind getrennt nicht zu verstehen. Bevor jedoch auf diese Zusammenhänge eingegangen werden kann, muß das Pirobtem des Grundes bei den συμβεβηκάτα zunächst ohne Rücksicht auf die andere Zwiefäldg-keit geklärt werden (§ 16).

§ 16. Die Lösung des Problems der notwendigen Einheit der vorliegenden Präsenzen durth den Entwurf einer begründenden Wissenschaft (Ιπισχ-ημη

αποδεικτική)

Bei den mannigfaltig zusammenvorliegenden Präsenzen ist bereits das ϋποκείμενον selbst in gewisser Weise Grund (αρχή, 189a31), aber doch nur als die einheitliche Stätte des Anwesens der übrigen Präsenzen, wodurch jeweils eine Zwiefähigkeit ermöglicht wird (S. 55). Diese ist dann zwar ein �ν-εν-άληθ-ές, aber das άλη&ές, und d. h. zugleich das Sv und εν, erfüllt sich als eigentlich Anwesendes und Eines erst, wenn es άναγκαΐον ist (S. 57 f.). Für diese Notwendigkeit des ε�ναι κατά συμβε-βηκός, auf Grund von welcher erst eine επιστήμη der συ μβ ε β ηκότα möglich wird (S. 59f.), hat sich sowohl die durch επαγωγή erreichbare env pirische Allgemeinheit (S. 61 f.) als auch (S. 62fF.) der in der Definition verankerte Wesensbezug (das συμβεβηκέναι καθ-' αυτό) als unzureichend erwiesen. Wie kann dennoch eine Notwendigkeit und eigentliche Allgemeinheit erkannt werden, und welche Struktur muß dann die entsprechende Wissenschaft haben?

Weil das αναγκαίων gegenüber dem �ν-εν-άληθές nicht etwas anderes, sondern sein eigenes Wesen ist, ist das Anwesende, das sich ohne Not-wendigkeit präsentiert, in sich gewissermaßen gebrochen: es ist irgendwie und ist doch nicht; die Notwendigkeit fehlt nicht einfach, sondern

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I

das Sein des Zwiefältigen v e r l a n g t nach ihr und fst selbst nichts anderes als dieses Fehlen. Ebenso erschütte bei einem so en Anwesenden das rt ist lchursprünglich im Notwendigen ruhe Vernehmen. 8v-έν-άληθες steht nde Das ihm nur eigentlich noch in der nackten und erst in dieser Befremdlichkeiterfahrenen tgegen. Die Faktizität seines „Daß es ist" (6τι εστίν, 89b37f.) enVerwunderung (θ-αυμάζειν), in die es dadurch gebracht wird, kommt aber, wenn es im Durchlaufen des Einzelnen eine empirische Allgemeinheit und Beständigkeit des Zwiefältigen feststellen kann, so wenig zu einem Ende, als sie vielmehr erst dann eigentlich erwacht: denn der Bruch innerhalb des £v wird erst in in seiner ganzen Schärfe erfahren, wenn es sich auf der anderen Seite durch seine empirische Beständigkeit bereits als eigentliches Ιν (άναγ-καΐον) ankündigt. Die Verwunderung vor dem „Daß es ist" ist daher kein Erstarren, sondern zugleich ein Suchen (ζητεΐν, 89b36) nach der fehlenden Notwendigkeit, ist Fragen, „Warum es ist" (δια τί tiouv, 90al). Erst wenn das Weswegen (διότι, 89b29) gefunden ist (εύρεΐν, 89b36), kommen wir zu einem Wissen (επίστασθ-aL, b23, 36) und damit zur Ruhe (πεπαύμεθα, b27f.). Wo immer ein 6ν-£ν-άληθές sich zunächst ohne άναγκαΐον, und d. h. als bloßes „Daß es ist", gibt, aber doch als άναγκαΐον erkannt werden kann, geschieht dieses Erkennen im Rückgang auf ein Drittes und Vermittelndes (μέσον, 90a7) als das Weswegen und d. h. als Grund (αίτιον, a7)s seines „Daß es ist". Die aWia ist, bevor sie jeweils Grund von dem oder jenem sein kann, ihrer ontologischen Natur nach in die vier das Wesen der schlechthin rügen Wißbarkeit (Anwesenheit) ausmachenden Bestimmungen �ν-έν-άληθ-ές-άναγκαΐον verklammert, und zwar so, daß sie überall dort auftreten muß, wo die vier Bestimmungen nicht mehr von vornherein eins sind, aber doch vereinigt werden können*. Weil aber die Notwendigkeit nur die Wesenserfüüung des �ν-έν-άλη^ές selbst ist, ist der Grund, indem er αΐτιον τοΰ άναγκαΐον εϊναι ist (1015bl0), zugleich auch erst das αΐτιον του αληθές ε�ναι (993b27), das αίτιον τοΰ έν ε�ναι und das αίτιον τοΰ* ε�ναι (90a9).

Eine επιστήμη der συμβεβηκότα (1059a32f.) ist also nur möglich als Wissen vom Grunde: „Schlechthin zu wissen meinen wir jegliches dann . . ., wenn wir den Grund zu kennen glauben, durch den die Sache ist, daß es der Grund davon ist und daß dies nicht anders sein kann" (71b9ff., vgl. auch 194bl8f.). Der Grund ist also nicht ein bloßes Mittel, wodurch sich der Mensch das notwendige Zusammen des Zwiefältigen verständlich machen kann, sondern es ist der Grund „durch den die Sache ist". Sie hat ihre eigene Notwendigkeit nur durch die Vermittlung des Grundes, und dieser steht nicht außer oder hinter ihr,

* Die beiden Formen ctWa und αίτιον werden von Aristoteles promiscue und gleichbedeutend gebraucht.

' Wo sich hingegen ein „Daß es ist" (ί\ι-ίίν-άλη-&ές) bereits von vorn-herein als άναγκαΐον und d. h. „zureichend" präsentiert, „bedarf es keines Weswegen" (1095buf.>.

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sondern wird als Grund nur erkannt, wenn erkannt wird, „daß es det Grund davon ist", Was daher „nicht anders sein kann" (notwendig ist), ist nicht bloß die begründete Sache selbst, sondern ihr Begründet sein, nifcht nur die Zwietältigkeit, sondern die sich jetzt ergebende Drei+ fältigkeit. ■. ; 'i

Von hier aus kann zunächst die formale Struktur eines solchen B$+ griindungsverhältnisses verstanden werden. Das Zwiefältige kann als τι κατά τινός durch ein weiteres -et als seine αίτια nur so vermittelt werden, daß die αίτια mit jeder der beiden Seiten des Zwiefältigeh ihrerseits ein η κατά τινός bildet. Daß Α (das συμβεβηκός) allgemein und notwendig dem C (dem ύποκείμενον) zukommt, wird dann durch Β (die αιτία) dadurch begründet, daß Α allgemein und notwendig dem Β und Β allgemein und notwendig dem C zukommt. Oder aber das Zusammen von αιτία und υποκείμενο ν ist in sich nicht allgemein und notwendig, sondern nur das zwischen αΐτία und συμβεβηκός: dann kann ebenfalls ein notwendiges, allgemeines und also wißbares Zusammen begründet werden, das allerdings nicht mehr die Form hat „C ist immer, weil es Β ist, A", sondern „C ist immer, wenn es Β ist, A" (Anal. Post. A8). Es besteht dann kein eigentliches Wissen von „C ist B", auch nicht von „C ist A", wohl aber von ,,C-B ist A". (Die meisten Beispiele von Begründungsverhältnissen, die Aristoteles in den 2. Analytiken gibt, sind von dieser letzteren Art.) Die Notwendigkeit der Dreifaltigkeit gliedert sich also in drei Zwiefältigkeiten, und dies so, daß die Notwendigkeit der ursprünglich in Frage stehenden Zwie-r fältigkeit (zwischen ΰποκείμενον und συμβεβηκός) in der Notwendigkeit der beiden anderen gründet *■.

Dieselbe iormale Struktur hat die entsprechende επιστήμη. Sie ist ein λόγος (24b 18), der im ganzen ein „Schluß" i , 24bl8f., 25b32fT,) und sich als st (συλλογισμόςsolcher aus drei λόγοι άποφαντικο ) zusammensetzt, von welchen der ί (τί κατά τινόςbegründete συμπέρασμα (,,Schlußsatz", 53a8) genannt wird und die beiden begründenden προτάσεις („Prämissen", 72a8}6. Sind die Prämissen wahr und notwendig

* Aristoteles nennt daher nicht nur die zwischen υποκείμενο ν und αυμβφηκός vermittelnde Wesenheit αιτία, sondern nennt (vor allem im 1. Buch der 2, Anal.) αίτίαι auch die Zwiefältigkeiten, in denen das Vermittelnde steht und in welchen allein es gründend ist (vgl. 71b2M.). Wir halten uns im folgenden weitet an die erste Terminologie, weil diese im 2. Buch der 2. Anal, die maßgebende ist.

* Die Bezeichnung πρύτασίς erstreckt, sich dann allerdings auch auf j e d e n λόγος (τί κατά τινός), 24al6f. — Die formale Bezeichnung für die beiden Glieder des λόγος, gleichgültig ob es sich um das Subjekt oder Prädikat handelt, ist ορός (terminus), 24bt6f. (Diese Bedeutung von &ρος hat nichts zu tun mit ίίρος im Sinn von ορισμός, S. 16; zum Näheren vgl. Ross, Anal. S. 290.) Entsprechend werden die beiden vermittelten und die vermittelnde Wesenheit gemäß ihrer Stellung im syi logistischen Gefüge formal πρώτος ίΐρος (terminus major), μέσος Ορός (terminus medius) und Ιαχατος δρος (terminus minor) genannt (vgl. 25b32ff.) und mit den Symbolen A( B, C bezeichnet, die auch hier verwendet werden mögen.

unti enthalten sie den in der Sache selbst liegendeA Grund des Schlußsatzes, dann ist der συλλογισμός ein συλλογισμός επιστημονικός und heißt als solcher ά π ό δ ε ι ξ ι ς (demonstratio)". Da der Grund nicht bloß ein Mittel zur Erkenntnis der Notwendigkeit des Zwiefältigen ist, kann die επιστήμη nicht durch die Prämissen nur hindurchgehen und sie dann hinter sich lassen, sondern das Wissen des „Schlußsatzes" ist nur im Vollzug des ganzen Schlusses selbst: „das Wissen ist das Haben der άπόδειξις" (71b28f„ 90b9f.). So muß sich also das Wissen von der Notwendigkeit und Allgemeinheit des ε�ναι κατά αυμβεβηκός als Wissen vom Grunde zu einer επιστήμη αποδεικτική entfalten (1059a32£., 71b20). Indem aber die Notwendigkeit und Allgemeinheit der Zwiefältigkeit jeweils in einer άποδειξις durch die αιτία begründet wird, gründet die άπόδειξις ihrerseits in der Notwendigkeit und Allgemeinheit der beiden Prämissen. Die Zwiefältigkeit der Prämisse bedarf also selbst wieder einer Begründung ihrer eigenen Notwendigkeit, doch geht das nach Aristoteles nicht ins Endlose so weiter, da auf solche Weise alles unbegründet bliebe (Anal, Post. A3). Der begründende Rückgang muß schließlich zu einer πρότασις gelangen, die nicht mehr vermittelt werden kann (πρότασις άμεσοζ) 72a7f., άναπόδεικτος, 84b28) und die daher, weil sie als solche ein Erstes ist (πρώτον, 72a6, 8), αρχή genannt wird (72a7). Soll also das άλη&ές eines ε�ναι κατά συμβεβηκός notwendig und d. h. begründbar sein können, dann muß es auch ausgezeichnete Zwiefältigkeiten geben, die den Grund ihrer Notwendigkeit in sich selbst haben (vgl. 99bl4). Das ist aber nur möglich, wenn die Notwendigkeit des Zusammenseins dieser ausgezeichneten Zwiefältigkeiten bereits durch ihre Definition festgelegt ist, also nur bei υπάρχοντα καθ-' αυτά (74b5fF.), und zwar können das zum Teil solche υπάρχοντα καθ-' αυτά sein, die selbst

* Vgl. 71bl6ff. Zur genaueren Unterscheidung zwischen συλλογισμός überhaupt und συλλογισμός αποδεικτικός, auf die hier nicht eingegangen weiden kann, vgl. außer dieser Stelle auch 24a22ff. und Topik AI. Die obige Datstellung des Syllogismus lediglich im Hinblick auf das hier interessierende Problem der Apodeiktik darf selbstverständlich nicht dahingehend mißverstanden 'werden, als solle damit die Syllogistik in der Apodeiktik fundiert werden. Trotzdem findet natürlich die Tatsache, daß die aristotelische Schluß-logik sich im Unterschied zur modernen, aber auch schon zur stoischen Logik auf die Syllogistik beschränkt, ihre einfache Erklärung in dem Umstand, daß für Aristoteles das Seiende selbst die Struktur des τί κατά τινός hat und daher nur die sich unmittelbar aus dieser Struktur ergebenden bzw. diese Struktur vermittelnden Begrimdungsverhättnissc interessieren. Wie ja auch sonst das enge Verhältnis zwischen Logik und Ontologie viele Eigene tümlichkeiten der aristotelischen Logik, an denen man herumgerätselt hat, erklärt, so ζ. Β. die Auffassung, daß,das Ptädizieren einer Substanz von einem Akzidens ein uneigenüiches sei (83alff., oben S. 53), was selbstverständlich ;von einem abgelösten formallogischen Gesichtspunkt aus sinnlos wäre. Merkwürdigerweise kann sich sogar ein so ausgezeichneter Kenner der aristotelischen Metaphysik wie Ross diese Lehre nur durch gewisse Irreführende Eigentümlichkeiten der griechischen Sprache erklären (

Anal. S. 577).

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in der Definition des Subjekts enthalten sind (also Gattung oder spezifische Differenz) (b7f.), zum Teil müssen es aber auch, da das Prädikat des Schlußsatzes und folglich zumindest auch das der 1. Prämisse immer ein συμβεβηκός ist, συμβεβηκότα καθ1 αυτά sein, also solche υπάρχοντα, die ihrerseits das Subjekt in ihrer Definition enthalten (b8f,). Μ ulke sich also die Wissenschaft der συμβεβηκότα, weil das συμβεβηκένοα καθ' αυτό in dem weiten Sinn des bloßen Definitionsbezuges (S. 63) noch keine Notwendigkeit bedeutet, zu einer begründenden Wissenschaft ausbilden, so muß doch diese Begründung ihrerseits letztlich in einem solchen συμβεβηκέναι καθ-' αυτό gründen, bei dem durch die Definition nicht nur ein offener Wesensbezug, sondern ein notwendiges Gebundensein an das Subjekt gegeben ist. Im καθ·' αυτό liegt dann nicht nur, daß das Zusammen im eigenen Wesen gründet, Sondern daß es in nichts anderem gründet: das κα-9·' αυτό ist μή κατ' άλλο (79a35f.). Die πρότασης άμεσος ist daher auch, obwohl sie ein τι κατά τινός ist (84b28f.), in gewisser Weise ein Einfaches, ein άδκχίρετον und άπλοϋν (84b35ff.), so daß Aristoteles das Vernehmen dieses ausgezeichneten τι κατά τινός schließlich nicht einmal mehr επιστήμη, sondern νους nennt (85al, lÜ0bl2, 114la7f.) und den Begriff der επιστήμη mitunter auf die επιστήμη αποδεικτική einschränkt und das επιστητό ν auf das άποδεικτόν (vgl. 1139b31 f., 1140b35, lÜOblOf., dagegen z. B. 71bl6f., 1039b31i.)V

Doch tritt das συμβεβηκός καθ-' αυτό in der επιστήμη αποδεικτική außer als unbegründbare αρχή auch noch in einer anderen Bedeutung auf, von der aus über die formale Struktur hinaus erst das eigentliche Wesen dieser Wissenschaft sichtbar werden wird. Aristoteles verlangt nämlich (Anal. Post. A4-5), daß bei der eigentlichen άπόδειξις nicht nur die Prämissen aus καθ' αυτό Verhältnissen bestehen müssen, sondern daß auch das Prädikat der begründeten Zwiefäldgkek seinem Subjekt καθ' αυτό zukommt: Wenn nur bewiesen wird, daß jedes beliebige C (το τυχόν, 73b33) Λ ist, so sei das noch keine eigentliche Begründung, sondern C muß auch das e r s t e sein (πρώτον, b/33), was Α ist, d. h. es darf kein Allgemeineres geben, was auch schon Α ist. C muß also das eigentümliche ϋποκείμενον von Α sein: das Α uß m dem C als solchem (fj αυτό, b29) zukommen, enthält es also in seiner Definition und

7 Zugleich gewinnt jetzt die επαγωγή, das Η ingeführt werden vorri^ Einzelnen zum Allgemeinen, eine neue Bedeutung: während bei dem Zwie-fäkjgen, das nicht den Grund der Notwendigkeit in sich selbst hat, durch επαγωγή i mmer nur eine relative Allgemeinheit und also gar keine Notwendigkeit erreicht werden konnte {S. 61 f.), springt, sobald wir uns bei^einem solchen ausgezeichneten Zwiefältigen vor das Einzelne bringen, seine Allgemeinheit und Notwendigkeit nach Aristoteles' Auffassung unmittelbar in die Augen. Da der νους nach Aristoteles die άρχαί nicht von vornherein im Blick hat und sie anderseits auch nicht abgeleitet werden können, kommt er zu ihnen nur vermittels (wenn auch nicht durch) επαγωγή (Anal. Post. B19). Zum Wesen dieser ausgezeichneten Are von επαγωγή und ihrem Verhältnis zum νους vgl. Rqss, Anal. S. 47-51,

wird somit als συμβεβηκος κα-ö·1 αυτό (b2öf.) von ihm gesagt, ist aber durch diesen Definitionsbezug allein noch nicht (wie bei der unbe-gründbaren αρχή) an das ϋποκείμενον gebunden, sondern ist dafür auf ein Drittes und Vermittelndes angewiesen". Für dieses Verhältnis einer koextensiven Allgemeinheit legt Aristoteles hier auch eine neue Bedeutung des καθόλου fest: dem καθόλου genügt nicht mehr das bloße κατά παντός (a28ff.; S. 58), sondern καθόλου soll nur noch das sein, was sowohl κατά παντός als auch καθ' αυτό ist (b2uf,). Das καθόλου wird jetzt also in einem strengen wörtlichen Sinn verstanden, demgemäß nicht nur das Prädikat den ganzen Bereich des Subjekts bestimmt, sondern auch das Subjekt den ganzen Beteich des möglichen Vorliegens des Prädikats umfaßt; dieses wird dann καθ-όλου von seinem ganzen eigenen Bereich gesagt, der nicht weiter (έπί πλέον, 74a3) reicht.

Genügt somit für die zu begründende Zwiefältigkeit nicht mehr die bloße Allgemeinheit" und Notwendigkeit, so scheint von der επιστήμη der συμβεβηκότα jetzt sogar mehr verlangt zu werden, als was sie ursprünglich leisten sollte. Aber diese Forderung sichert nur die ursprüngliche Aufgabe dieser Wissenschaft gegen unzureichende Möglichkeiten, die sich aus der formalen Struktur ergeben, an die sie jetzt als επιστήμη αποδεικτική gebunden ist. Formal syllogistisch ist es nämlich am naheliegendsten und einfachsten, die Notwendigkeit der Zwiefältigkeit eines συμβεβηκός mit einem ϋποκείμενον dadurch zu erweisen, daß das συμβεβηκος bereits dem allgemeineren Wesen des ϋποκείμενον mit Notwendigkeit zukommt. Das entspricht dann aber gar nicht mehr der ursprünglichen Aufgabe, die Notwendigkeit der Zwiefältigkeit der einen Präsenz (συμβεβηκός) mit der anderen Präsenz (ουσία) zu erkennen, vielmehr wird diese Notwendigkeit bei einer solchen Folgerung vorausgesetzt und lediglich auf einen speziellen Fall übertragen. Sie selbst kann nur auf derjenigen Ebene begründet werden, auf der das συμβεβηκός in einem Verhältnis zu seinem eigentümlichen ϋποκείμενον steht, dem es, wenn überhaupt allgemein, nur koextensiv allgemein zukommen kann.

Die επιστήμη der συμβεβηκότα muß also zwar als begründende Wissenschaft syllogistisch sein, aber in dieser formalen Struktur erschöpft sich nicht ihr Wesen. Wenn es somit nicht genügt, die αίτια nur formal als das vermittelnde τι eines Schlusses zu erklären, wie ist sie dann bestimmter zu verstehen? Durch was für eine Wesenheit kann ein συμβεβηκός mit Notwendigkeit an eine ουσία gebunden werden?"

* Diese zwei ganz verschiedenen Arten von συμβεβηκότα καθ' αυτά hat Aristoteles nie ausdrücklich unterschieden (vgl, S. 63),

* Diese Frage nach der konkreten Gestalt der Ιπιο-τήμη αποδεικτική ist dadurch erschwere, daß Aristoteles in den zweiten Analytiken nur ihre formale Struktur thematisch behandelt. Wir beschränken uns im folgenden durchgehend auf die Wissenschaft der Natur, obwohl im ersten Buch der Anal. Post, die mathematischen Wissenschaften eine exemplarische Rolle einnehmen. Doch ist die Konzeption des Aristoteles von der Geometrie und

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Gehen wir wieder vom Formalen aus, so muß die αιτία einerseits in der ersten: Prämisse das Subjekt des συμβεβηκός, anderseits in der zweiten Prämisse das Prädikat des ΰποκείμενον sein. Sieht man zunächst vor! der ersten Prämisse ab, so kann die αιτία als Prädikat eines ΰποκείμενον gemäß den verschiedenen Weisen des ΰπάρχειν καθ-' αυτό entweder eine Gattung oder die spezifische Differenz (bzw. ciie ganze Definitiorti vgl. § 15) oder ein weiteres συμβεβηκός καθ-' αυτό sein. Außerhalb dieser drei Möglichkeiten ist eine syllogis tische Begründung, ob eigentlich oder uneigentlich, nicht denkbar.

Eine άπόδειξις, bei der das Vermittelnde eine Gattung ist, ist ζ. Β. folgende: „Das Rind hat mehrere Mägen, weil es zur Gattung der Hörnertiere (Wiederkäuer) gehört", in expliziter syilogistischer Form: „Weil (a) alle Hörnertiere mehrere Mägen haben und (b) das Rind in die Gattung der Hörnertiere gehört, hat (c) das Rind mehrere Mägen."10 Eine solche Folgerung entspricht zwar vollkommen der formalen syllo-gistischen Struktur, ist aber keine eigentliche άπόοειξις, weil in ihr das „Vorhandensein mehrerer Mägen" lediglich vom Allgemeineren auf das Spezifische übertragen wird, von dem es zwar noch κατά παντός, aber nicht καθ·' αυτό gesagt werden kann. In dem Rückgang zur Gattung der Hörnertiere gelangt man noch nicht zu der αιτία, die das συμβεβηκός an das ΰποκείμενον bindet, sondern erreicht allererst innerhalb des ΰποκείμενον die Ebene, auf der ihm das συμβεβηκός als κα-ί)1 αυτό zukommt: das „Vorhandensein mehrerer Mägen" enthält nicht das „Rind", wohl aber das „Hörnertier" in seiner Definition, da dieses den ganzen Bereich seines Vorliegens umfaßt. Erst jetzt kann daher die Frage nach der αίτια dieses Vorliegens, nach der Bindung an das ΰποκείμενον, gestellt werden.

So läßt sich also weiterfragen; „Warum hat ein Hörnerner mehrere Mägen?" Aristoteles steigt jetzt zu keiner höheren Gattung auf, sondern antwortet: „Weil es kein vollständiges Gebiß hat" (und daher 2um Ersatz für die geringere Leistung des Mauis eine ausführlichere Verdauungstätigkeit im Magen benötigt) (98al7, 674b8ff.). Das Vermittelnde ist jetzt ein weiteres συμβεβηκός. Kommt das zu begründende συμβεβηκός der ουσία selbst und nicht erst ihrer Gattung καθ-* αυτό zu, dann fällt natürlich der vorgängige Rückgang auf ein Allgemeineres ganz weg, so bei den zwei häufigsten Beispielen in Anal. Post. B, „Donner" und „Eklipse". „Donner" bedeutet „Lärm in Wol-

Arithmetik als syllogistischen Wissenschaften heute noch ebenso ungeklärt wie seine Vorstellung von der Naturwissenschaft in syilogistischer Form. Eine kurze und nicht weitreichende, aber sehr klare Darstellung der naturwissenschaftlichen Methode, wie sie sich aus den Analytiken entnehmen läßt findet sich bei Joachim in der Einleitung zu seiner Ausgabe von De Gen. et Corc. ρ. ΧΧΠ-ΧΧΧ.

L° Für die άπόΒειξις vermittels der Gattung vgl. Anal. Post. B14, 98alff. Zum Beispiel und seinen weiteren Aspekten, von denen wir im folgenden Gebrauch machen, vgl. außer B14, 98alo-19 auch De Part. Anim. 663b32ff., 074b5fF.,675a5f.

ken" (94a7f.) und ist daher ein συμβεβηκός καθεαυτό von „Wolken", aber damit ist seine notwendige Bindung an dieses ΰποκείμενον noch nicht erkannt. Diese ist erst durch das weitere συμβεβηκός gegeben, daß in den Wolken Feuer auslöscht (94a4)u. Ebenso kann gefragt werden: Warum kommt dem Mond das συμβεβηκός Eklipse zu?,s Antwort: Weil es ihm zukommt, daß die Erde (indem sie sich zwischen ihm und der Sonne befindet, 1044bl4f.) das Licht absperrt (9üal7f.).

Das sind jetzt alles Beispiele einer eigentlichen άπόδειξις, weil hier das συμβεβηκός nicht nur auf einen speziellen Fall übertragen, sondern überhaupt erst in seinem Vorliegen begründet und mit seinem eigenen ΰποκείμενον vermittelt wird. Und die vermittelnde αιτία, die innerhalb des Schlusses formal als ein συμβεβηκός fungiert, als ein weiterer „Umstand", in dem sich das ΰποκείμενον befindet1-', enthüllt sich jetzt in ihrem bestimmteren Wesen (wie aus den Beispielen zu ersehen ist) als eine Ursache des Entstehens und Heraustretens, als αρχή κινήσεως oder τέλος. Weil nämlich das Zum-Vorliegen-Kommen der Präsenz ein Heraustreten des Vorliegenden ist, sind diese άρχαι der γένεσις'(5. 78f.) die einzigen αίτίαι, die die eigentliche Vermittlung zwischen συμβεβηκός-Präsenz und zugrundeliegender Präsenz zu leisten vermögen.

Zugleich zeigt sich, daß das Problem einer notwendigen Einheit zwischen den mannigfaltig zusammenvorliegenden Präsenzen, das sich zunächst auf die Frage nach der notwendigen Einheit zwischen dem jeweiligen συμβεβηκός und der zugrundeliegenden ουσία reduziert hatte, innerhalb der Beantwortung dieser Frage jetzt auch zu einem notwendigen Zusammenhang zwischen einem συμβεβηκός und einem anderen συμβεβηκός führt. Dieser Wesensbezug zwischen συμβεβηκός und συμβεβηκός, dem nun auch eine neue Bedeutung des καθ1 αυτό entspricht (73bl0ff.), hat aber gar keine Eigenständigkeit, sondern ist einzig auf die Zwiefältigkeit mit dem ΰποκείμενον orientiert; ein συμβεβηκός Β kann wesensmäßig (καθ' αυτό) zu einem συμβεβηκός Α nur so gehören, daß es der Grund ist (St* αυτό, 73bl0), weswegen das Α dem durch Β bestimmten ΰποκείμενον zukommt13.

11 Diese Erklärung des Donners wird nur als ein methodisches Beispiel gegeben und entspricht inhaltlich nicht Aristoteles' eigener Auffassung (vgl. Meteor. 369al0rT., Joachim p. XXVIII Anm.)

12 Aristoteles versteht dabei „Eklipse" spezifisch als Mondfinsternis und sieht von der Eklipse der Sonne (89b26) ab, so daß es sich also auch hier um ein καί)' αυτά handelt. Eklipse bedeutet „Ausbleiben des Lichtes beim Mond'1.

Iia Man darf sich nicht dadurch irritieren lassen, daß solche Vethältnisse wie das der Eide zum Mond, indem sie ihm das Licht absperrt, mit der übtichen Vorstellung von dem, was ein συμβεβηκός ist, wenig zusammenzustimmen scheinen. Indem sie jeweils als Umstände, Situationen, Verfassungen, in denen das ΰποκείμενον steht, verstanden werden können, lassen sie sich als αυμβεβηκότα begreifen, und als solche müssen sie begriffen werden, wenn alle Seins Verhältnisse als „τι κατά τινός"-Verhältnisse verstanden werden sollen.

ia Daß auch dieses ««&' αώτώ einen Definirionsbczug einschließt, wird sich noch zeigen (§ 17).

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Daß aber das Vermittelnde zwischen συμβεβηκάς und ουσία in einer eigentlichen άπόδειξις immer eine αιτία des Entstehens sein soll, könnte zunächst befremden, da es sich hier doch um die Begründung einer notwendigen und somit zeitlosen Zwiefaltigkeit handelt. Aber erstens wird (S. 124) in der άπόδειξις nicht immer das notwendige Zusammen Von C und Α erwiesen, sondern meist nur das notwendige Zusammen, wenn die αιτία gegeben ist (ζ. Β. der Mond ist immer in Eklipse, wenn die Erde dazwischensteht). Die zweite Prämisse (die Zwiefaltigkeit zwischen der αιτία und dem ύποκείμενον) ist dann ohne Notwendigkeit.

Zweitens ist aber das Vermittelnde auch dann eine άίτίά des Entstehens, wenn es sich nicht um eine bloß relative Notwendigkeit handelt, sondern auch die zweite Prämisse notwendig ist und die οϋαία gar nicht ohne das συμβεβηκός vorliegen kann. Auch dann e n t s t e h t nämlich das συμβεβηκός (ζ. Β. das Vorhandensein mehrerer Mägen) immer erst, aber es entsteht dann g l e i c h z e i t i g mit der ουσία selbst. Die Notwendigkeit dieser Zwiefaltigkeit muß dann durch eine solche αίτια des Entstehens vermittelt sein, die ihrerseits durch eine weitere αίτια des Entstehtns mit Notwendigkeit an die ουσία gebunden ist und letztlich mit dem in der Definition bzw. spezifischen Differenz festgelegten Wesen der ουσία selbst zusammenfallt. So gründet 2. B. (98al6f., 664al ff.) die ,,Unvollständigkeit des Gebisses", aus der sich bei Hörner-treren die Notwendigkeit mehrerer Mägen ergab, ihrerseits im Vorhandensein von Hörnern (denn „die Natur" muß das Übermaß an fester Materie, das sie bei den Hörnern „verbraucht", dadurch ausgleichen, daß sie es den Zähnen entzieht, o64aiff.); und das „Vorhandensein von Hörnern" selbst ist dann die spezifische Differenz dieser Tierart, bzw. es gründet seinerseits unmittelbar in dieser als seinem τέλος und έργον,

Damit ist aber zugleich sichtbar geworden, in welchem Zusammenhang nun auch jene dritte Art des Vermittelnden notwendig wird, die zusammen mit der Gattung und dem συμβεβηκός alle Möglichkeiten der syllogistischen Begründung umfassen mußte (S. 128): Die άπόδειξις vermittels der spezifischen Differenz bzw. Definition ist nicht nur wie diejenige vermittels des συμβεβηκός ' eine eigentliche άπόδειξις (da das Vermittelnde und folglich auch das Vermittehe mit dem ύποκείμενον koexfensiv ist), sondern j e d e άπόδειξις von συμβεβηκότα, die nicht nur in relativer Notwendigkeit an die ουσία gebunden sind und folglich letztlich im Wesen der ουσία selbst gründen, muß schließlich auf einen Schluß zurückgehen, in dessen zweiter Prämisse die spezifische Differenz bzw. Definition von der ουσία prädiziert wird. Diese Prämisse ist nicht nur eine πρότασις άμεσος, sondern eine αρχή in dem erfüllten Sinn, daß sich aus ihr übet ihre eigene Zwiefaltigkeit hinaus durch immer weitere Vermittlung eine ganze Mannigfalt von notwendigen συμβεβηκότα ergibt, weil das ε�δος einer wahrnehmbaren ουσία als ein eitliches Vermögen zu einem έργον nicht nur überhaupt auf eine h

Mannigfaft von Teilen, sondern auf deren ganz bestimmte Charaktere, Beschaffenheiten usw., also auf eine Mannigfalt von συμβεβηκότα angewiesen ist und daher in seiner Definition als das τέλος und d. h. die αρχή ihres Entstehens umgren2t ist (402b25ff., 1034a31f., 200a34f.). Diejenigen συμβεβηκότα, auf die das τί ήν ε�ναι in dieser Weise unmittelbar be20gen ist (z. B. das Hörnerhaben), ergeben sich daher aus der spezifischen Differenz bzw. der Definition der ουσία ebenso unmittelbar und notwendig wie sich dann wiederum aus diesen, da sie selbst wieder αρχή κινήσεως oder τέλος von anderem sind, Weitere συμβεβηκότα (wie ζ. Β, die Unvollständigkeit des Gebisses) ergeben. Indem sich somit die notwendigen συμβεβηκότα der ουσία als die bestimmten Charaktere der ϋλη herausstellen, ohne die das ε�δος nicht vorliegen könnte, fällt hier schließlich das Problem der Einheit der mannigfaltigen Präsenzen mit dem Problem der Einheit innerhalb der ουσία selbst zusammen. So werden also die συμβεβηκότα durch ihre Bindung an das ε�δος nicht der υλη — dem ursprünglichen Medium ihres Zusarrimengekommenseins — ent2ogen, sondern diese wird selbst im gleichen Maße wie sie und in eins mit ihnen dem Unbestimmten entrissen und in das ε�δος als dessen δύναμις aufgehoben.

Ist jetzt über die formale Struktur hinaus der konkrete Sinn der eigent-lichen άπόδειξις sichtbar geworden, so wird nun auf der anderen Seite fragwürdig; wieweit sich eine solche koextensiv-allgemeine Begründung überhaupt noch in der Form eines Syllogismus vollziehen kann. Denn zu diesem gehört es (S. 124), daß der Terminus medius nicht nur In der zweiten Prämisse als Prädikat, sondern auch in der ersten Prämisse als Subjekt fungiert. Von der Begründung vermittels der spezifischen Dif-feren2 bzw. Definition kann hier abgesehen werden11; wie kann aber das Vermittelnde, wenn es ein συμβεβηκός ist, in der ersten Prämisse ein Subjekt sein, d. h.: wie kann von einem συμβεβηκός etwas anderes gesagt werden? Selbstverständlich nur so, daß es mit seinem ύποκείμενον bereits zusammengedacht wird; anders kann ein συμβεβηκός überhaupt nicht in den Blick gefaßt werden, Das Subjekt von Α in der ersten Prämisse ist dann also nie ein bloßes B, sondern immer schon ein ,,B von C". Die Eklipse ζ. Β. kann gar nicht der „Absperrung durch die Erde" für sich zukommen, sondern nur dem durch diese bestimmten ύποκείμενον, also dem Mond. Dann enthält aber die erste Prämisse bereits den gan2en Schluß, und dieser wird somit hinfällig.

,In einem Schluß muß man in der ersten Prämisse Β mit Α zusammensehen können, ohne auch schon C mitzudenken. Wie kann das geschehen, wenn Β ein συμβεβηκός ist? Nur so, daß das ύποκείμενον von Β in der ersten Prämisse noch nicht das spezifische C ist, also 2. B,

11 Denn sie komm aktisch unter den Beispielen in den Analytiken nicht vor, t fund ihr eigentümlicher Charakter wird nicht thematisch; auch bei ihr würde sich aber, wenn auch nicht ganz so offens ich dich, die gleiche Situation wie bei der Begründung vermittels des συμβφηκός ergeben,

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„Planeten flimmern nicht, weil sie nah sind" (78a4GL), in expliziter syllogististher Form: „Leuchtende Gegenstände, die nah sind, flimmern nicht; Planeten sind ieuchtende Gegenstände, die nah sind; Planeten flirrirnern nicht." In einem solchen Schluß ist das Vermittelnde also, f orirtäl gesehen, gar kein συμβεβηκάς für sich., sondern das συμβε-βηκός des (gegenüber C) allgemeineren Ci, unter welches dann C in der zweiten Prämisse subsumiert wird. Eine andere Form kann eine syl-logistische Begründung vermittels eines (ϊυμβεβηκός nicht haben. Nun ist aber ein solcher Schluß offensichtlich gar keine eigentliche άπόδει* ξις in dem Sinn, wie sie in Anal. Post. A4 (oben S. 126f.) verlangt wird. Zwar nennt er nicht nur, wie der Schluß vermittels der Gattung, ein allgemeineres ύποκείμενον, sondern auch die αΕτία des Vorliegens der Präsenz (beim „Nicht-Flimmern" die „Nähe"), aber sowohl diese αιτία als auch die Präsenz sind allgemeiner als das ύποκείμενον (die Planeten), und der Schluß besteht lediglich in der Übertragung auf ein Spezifischeres,

Wenn aber auch mit der koextensiv- allgemeine η Begründung die Form des Syllogismus durchbrochen wird, so muß doch auch diese eigentliche Begründung auf ein Allgemeineres zurückgreifen und vollzieht sich dabei in einem Syllogismus. Das wird sofort deutlich, wenn man sich die Art und Weise, in der eine solche Begründung vor sich geht, konkret vergegenwärtigt:

Man steht ζ. Β. vor der zunächst unverständlichen Faktizität des wiederholt vorkommenden Zusamenenvorliegens von Mond und Eklipse und fragt nach dem Grund des Vorliegens von Eklipse, also nach dem Umstand, der diese Präsenz an dieses ύποκείμενον bindet. Sie ist dabei in der bestimmten Art, wie sie sich hier zeigt, ein spezifisches und also koextensiv allgemeines συμβεβηκός dieses ύποκείμενον, und daher muß ebenfalls eine spezifische und koextensiv aligemeine αΧτία. gefunden werden. Wie kann das aber geschehen? Es lassen sich unzählige ουμβε-βηκότα des Mondes auffinden; woher haben wir eine Richtlinie, wo wir suchen müssen und welches der vorgefundenen αΌμβεβηκότα wir als die αιτία erkennen können? Wir müssen offenbar schon im allgemeinen wissen, was Ursache von dem sein kann, was sich hier zunächst ganz allgemein als „Ausbleiben von Licht" (93a23) ansprechen läßt; ein sonst leuchtender Körper von der Art des Mondes kann sein Licht verlieren, etwa (93b5f.) weil er ausgelöscht ist oder weil er sich gedreht hat und sdne leuchtende Seite abkehrt oder, wenn er sein Licht von anderswo empfängt, weil ein anderer Gegenstand sich dazwischenstellt. Erst jetzt, da wir das Allgemeine der Präsenz und ihrer möglichen Ursachen im Blick haben, können wir unter den συμβεβηκότα des Mondes die Zwischenstellung der Erde als die spezifische Ursache der Präsenz in ihrem spezifischen Vorliegen beim Mond erkennen. Die Entdeckung des spezifischen und nicht ohne dieses bestimmte ύποκείμενον denkbaren Grundes ist also nur möglich in eins mit einem Rückgriff auf das Allgemeinere der Präsenz, das Allgemeinere der αιτία und das Allge-

mtinere des ύποκείμενον, und dies geschieht in einem Syllogismus von der Form, die bereits mit dem Planeteηberspiel vorgeführt wurde, also etwa: „Bei einem leuchtenden Körper, der von einem anderen sein Licht empfängt (verallgemeinertes ύποκείμενον) geht, wenn ein dritter Körper sich dazwischenstellt (verallgemeinerte αιτία), das Licht aus (verallgemeinertes ατυμβεβηκός); der Mond ist ein solcher Körper usw."

jede eigentliche Begründung vermittels einer EntstehungsUrsache muß also auf ein allgemeines Prinzip zurückgreifen, das formal die e r s t e Prämisse eines Schlusses ist15. Diese αρχή ist, wie sich jetzt zeigt, eigentlich nie eine bloße Zwiefältigkeit, sondern immer bereits „dreifältig", d, h. sie umfaßt immer schon selbst einen allgemeinen Begründungszusammenhang im Ganzen (x ist y, weil es ζ ist). Die koextensiv-allgemeine άπόίϊει,ξις ist also zwar erstens syllogistisch und begründet zweitens vermittels einer EntstehungsUrsache, aber die αιτία des Heraustretens als das Vermittelnde von Präsenz und Vorliegendem fällt strenggenommen nie mit dem Terminus medius des Syllogismus zusammen, doch wird diese Schwierigkeit bei Aristoteles nirgends explizit.

In der zweiten Prämisse der koextensiv aligemeinen άπάδειξις wird dann die αΙτία gleichzeitig auch schon als diese ganz spezifische vorgestellt; ihr Spezifisches ist dabei kein neues Element, das in den Syllogismus von außen hereingebracht wird, sondern besteht einfach darin, das συμβεβηκος d ieses ύποκείμενον (des Mondes) zu sein. Während im formalen Syllogismus diese Spezifikation dem Vermittelnden äußerlich bleibt, wird es hier eigens als dieses Spezifische vorgestellt und evtl. auch benannt („Erde"). Die formale Struktur des Syllogismus wird dabei durchbrochen, da ihr gemäß der Terminus medius in beiden Prämissen derselbe sein müßte.

Ebenso wird jetzt im Schlußsatz das begründete συμβεβηκός nicht mehr in seiner Allgemeinheit vorgestellt („Ausbleiben von Licht"), sondern zu dem zurückgekehrt, was es spezifisch ist („Eklipse"). Und auch hier wird das Spezifische nicht äußerlich in den Schluß hineingebracht oder nur das wieder herbeigeholt, was bei dem Rückgriff auf das Allgemeinere (und d. h. auf die erste Prämisse des Schlusses) zurückgelassen wurde, sondern das Spezifische der Eklipse ist nichts anderes als das, was sich im Schluß selbst entwickelt: die Eklipse ist spezifisch jenes Ausbleiben des Lichtes, das am Mond und auf Grund der Zwischenstellung der Erde vorkommt (90alo). Dann ist also das Spe-

i( So wurde ζ. Β. auch bei der Begründung des Vorhandenseins mehrerer Mägen (S. 128) auf die allgemeine Regel zurückgegriffen, daß bei einem Lebewesen die mangelhafte Leistung eines Organs durch eine erhöhte Lei-stung eines entsprechenden anderen Organs ausgeglichen werden muß; und bei der Begründung der Unvollständigkeit des Gebisses (S. 130) auf die all-gemeine Regel, daß bei einem Lebewesen ein Material, das an einer Stelle übermäßig verbraucht wird, an einer anderen eingespart wird (vgl. Rosa, Aiial. S. 664).

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zifische, 2u dem jetzt zurückgekehrt wird, gär nicht mehr dasselbe, von dem vor der Begründung und dem Schluß ausgegangen wurde, bzw. vor der Begründung ist jenes Spezifische nicht nur noch nicht in der Notwendigkeit seines Zusammenvorliegens^ mit seinem όποκείμενον, sondern nicht einmal in seinem eigenen spezifischen Wesen erkannt gewesen, Öieses wird gerade erst in der Begründung seines Vorliegens, und d. h. zugleich im Durchgang durch das Allgemeinere, erfaßt. Vor der Begründung hatten wir lediglich eine formale Anzeige, was mit dem Wort „Eklipse" gemeint ist, nämlich „Ausbleiben des Lichtes beim Mond"; damit war also schon das spezifische Phänomen am Mond intendiert, aber erst nachdem ganz vom Spezifischen abgesehen und auf die bloße allgemeine Bestimmung „Ausbleiben des Lichtes" zurückgegangen und dadurch die Entdeckung des spezifischen Vermittelnden ermöglicht worden ist, kann jetzt gesagt werden, was die vorliegende Präsenz selbst spezifisch ist.

Hierin bekundet sich aber nun zugleich und über das Problem der syllogistischen Form hinaus die eigentliche Auszeichnung der koexten-siv allgemeinen άπόδειξις: weil bei einer solchen άπάδειξις die Präsenz dem ύποχείμενον κα&* αδτό zukommt und weil sich in diesem Zusammen also ihr eigenes Wesen bestimmt, wird hier nicht nur die Notwendigkeit des; Zusammen begründet, sondern gleichzeitig auch allererst das Wesen der Präsenz seihst erkannt. Weil die Präsenz nur noch als Präsenz eines Vorliegenden, als συμβεβηκός eines ύποκείμενον gedacht wird, gehört 2u ihrem ορισμός nicht nur das ύποκείμενον, sondern zugleich dasjenige, was sie mit diesem zusammenschließt, und der eigentliche ορισμός kann erst in eins mit der άπόδειξις gegeben werden. Die Frage τί έστι kann man nicht mehr ohne die Frage Si* τί ίΰτ ι stellen,

§ 17. Du Einheit von Begründung und Definition (Anal. Post. Β1-10)

MitderHerausarbeitung einer begründenden Wissenschaft als επιστήμη αποδεικτική ist es gelungen, das zwiefältig Anwesende (Präsenz-des-Vorliegenden) jetzt auch als schlechthin Wahres (Notwendiges) und somit Wißbares zu denken. Das Verhältnis dieser επιστήμη des Ζ wie-fältigen zum ορισμός, der als das Wissen von der einfachen Präsenz bisher die einzige επιστήμη war1*, wird in den Zweiten Analytiken in den

" Bei Platon blieb alles Wissen (soweit es ontologisch fundiert war) auch noch dann, als bereif'ausdrücklich ein Mannigfaltiges mit aufgenommen wurde, und auch noch dann, als in diesem Wissen die Überbrückung des χωρισμός geleistet werden sollte, defini torisch. Dagegen ist die επιστήμη αποδεικτική als die Wissenschaft der συμβεβηκάτα einzig und allein auf dem Boden der aristotelischen Metaphysik denkbar. Das muß betont werden gegenüber Solmsen, der zum Beweis für seine Theorie, daß die Anal.

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Kapiteln Bl-10 thematisch. Weil nämlich das Wesen der Präsenz selbst von der Zwiefältigkeit mit dem Vorliegenden nicht unberührt bleibt, kann die begründende Wissenschaft, die nach dem διά τί Ιστι fragt, sich nicht nur neben die definitorische Wissenschaft stellen, die nach dem τί έστι fragt, sondern die άπόοειξις muß schließlich auch den ορισμός in sich hineinziehen, die αίτια wird nicht nur für ein bestimmtes Fragen und Wissen, sondern für alles Fragen und Wissen entscheidend. Bereits beim Problem des λόγω χωριστόν (S, Ali., 109fT.) hatte sich vorläufig gezeigt, wie die Präsenz, die ursprünglich das Anwesende schlechthin ist und dann nur noch die eine Seite des Anwesens ausmacht, schließlich auch die andere Seite in sich aufnehmen muß. Dieser Rückschlag des Zwiefältigen in das Wesen des Einfachen wird nun in Anal. Post. Bl-10 ausdrückliches Thema.

Damit wird aber zugleich eine Brücke geschlagen vom Problem der συμβεβηκοτα zum Problem der ουσία. Denn wenn auch die ουσία ebenso wie die συμβεβηκοτα zwiefältig vorliegt, so scheint sich doch wenigstens ihr Präsenzcharakter in, einem Einfachen zu erschöpfen. Als άπόδειξις und ορισμός stehen sich daher nicht nur das Wissen von der vorliegenden Präsenz und das Wissen von der einfachen Präsenz innerhalb der übrigen Kategorien gegenüber, sondern zugleich auch das Wissen von der vorliegenden Präsenz innerhalb der übrigen Kategorien und das Wissen von der vorliegenden Präsenz innerhalb der ersten Kategorie. Daher ergibt sich in Anal. Post. Bl-10 aus der Vereinigung der „SLa τί''-Frage mit der „τί έστι''-Frage zugleich auch, daß die συμβεβηκοτα und die ουσία jetzt in einer einheitlichen Struktur begriffen werden können, und so wie sich bei den συμβεβηκοτα das Wissen vom Zwiefältigen zugleich als das Wissen eines Einfachen herausstellt, enthüllt sich bei der ουσία das Wissen vom Einfachen zugleich als das Wissen eines Zwiefältigen,

Im ersten Kapitel von Anal. Post. Β wird zunächst alles mögliche Fragen und Wissen in vier Arten unterschieden. Wir fragen entweder erstens nach dem Daß (οτι), womit die Faktizität eines Zusammenvor-liegens gemeint ist, ζ. Β. von Mond und Eklipse, und können dann, wenn wir das „Daß" wissen, zweitens nach dem Warum fragen (διότι). Oder wir können drittens nach dem Ob (ει εστίν) fragen, nämlich ob es etwas überhaupt gibt, ζ. Β. „Kentaur", und können dann, wenn wir

Post, ein Frühwerk seien, die Behauptung aufstellt, die Apodeiklik gründe metaphysisch in der idecnlehre und passe nicht in Aristoteles' eigene Metaphysik, weil diese dem Allgemeinen das Sein abspreche {Log. u. Rhet. S. 91). Die übliche naive Gegenüberstellung von Platon und Aristoteles an Hand des Schemas „Allgemeines — Einzelnes" verdeckt das eigentliche ontologische Geschehen. Nicht nur daß das Allgemeine für Aristoteles nicht deswegen weniger wesentlich zu werden braucht, weil es nicht mehr ein Selbständiges ist; sondern Aristoteles kommt, indem er das Vorliegende als Vorliegendes in seinem Anwesen zu begreifen versucht, mit dem notwendigen αυμβεβηκός gerade zu einem Allgemeinen, das innerhalb der Ideenlehre noch gar5 nicht denkbar war.

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wissen, ob es ist, viertens danach fragen, was es ist (τί έσην). Von den vier Fragen gehören also je zwei so zusammen^ daß jeweils die eine die Faktizität ;erfragt und damit der anderen den Weg bereitet. Wie die Frage nach dem Warum aus dem Vernehmen des Daß des Zusammen-seienden hervorgeht, ist bereits gezeigt worden (S. 123). Schwieriger ist es, 211 verstehen, inwiefern auch die Frage nach dem τί e<m und d. h. (93al9f.) nach dem τί ήν ε�ναι einer Präsenz erst auf Grund der Kenntnis ihrer Faktizität möglich sein soll. Diese Faktizität einer Präsenz selbst meint jenes £<m, das von der Präsenz aussagt, daß sie seiend ist, und d. h, bei jeder außer der göttlichen Präsenz: daß sie vorliegt (S. 44, 46)". Weil nun die „τί έστι''-Frage, die wesensmäßig anE ein Einfaches gerichtet ist, erst auf das ει ίοχι folgen soll, wird sie im ersten Kapitel auf dasjenige beschränkt, was auch als Vorliegendes einfach ist. Die übrigen Kategorien werden daher aus dieser Frage ausdrück-sich ausgeschlossen (89b33). Bei ihnen kann nur das Warum ihres Zu-samrnenvorliegens erfragt werden. A l l e s Fragen und Wissen bezieht sich somit auf die Präsenz als vorliegende.

Die Unterscheidung der vier Arten des Fragens im ersten Kapitel, von denfcn jedes Paar von dem anderen Paar getrennt zu sein scheint, hat nur den Zweck, ihre Vereinheitlichung vorzubereiten, die nun im zweiten Kapitel durchgeführt wird. Dieses ist mit seiner kühnen und einmaligen Zusammenfassung aller hier mitspielenden Bezüge das zentrale Kapitel der ganzen Reihe und bildet trotz seiner geradezu trocken wirkenden Schlichtheit einen Höhepunkt der aristotelischen Ontologie überhaupt18. Sein erster Teil mag daher hier im ganzen angeführt werden:

„Die Weisen des Suchens und, wenn wir gefunden haben, des Wissens sind also von solcher Art und Zahl (wie im 1. Kap. angegeben wurde). Wir suchen aber, wenn wir das Daß oder das schlechthinnige Ob suchen, ob es davon ein Vermittelndes (μέσον) gibt oder nicht; haben wir das Daß oder das Ob erkannt, sei es das teilweise (επί μέρους) oder das schlechthinnige (απλώς), und suchen wir nach dem Warum oder .Was es ist', dann fragen wir, was das Vermittelnde ist. Mit dem teilweisen und dem schlechthin igen Daß meine ich beim teilweisen z.B.,ob der Mond in Eklipse ist oder ob er zunimmt; dabei fragen wir nämlich, ob etwas nach einer bestimmten Hinsicht ist oder nicht ist; schlechthin aber ζ. Β., ob der Mond ist oder nicht ist, oder die Nacht. Es ergibt sich also, daß in allem Fragen entweder gefragt wird, ob es ein Vermittelndes gibt oder was das Vermittelnde ist. Denn das Vermittelnde

" Der spätere Begriff der existentia ist aus mehreren Gründen fernzu-halten, zunächst schon deswegen, weil es sich hier nicht um die Paktiüität eines Einzelnen handelt, sondern um die Faktizität des Vorliegens einer Frä-sern: im ^Allgemeinen, und weil der „essentia" die „existentia" äußerlich ist, während hier das Was im Daß erst gründen soll. Vgl. auch S. 137 Anm, 20.

11 Man wird ohne Übertreibung sagen können, daß das Kapitel bisher über-haupt nicht verstanden wurde. Vgl. unten S, 143 Anm. 24.

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ist der Grund (αίτιον), in allem Fragen aber wird dieser gesucht. %. B.,steht er in Eklipse?', (d. h.:) ,gibt es einen Grund oder nicht?' Daraufhin, wenn wir wissen, daß es einen (Grund) gibt, suchen wir, was er ist. Denn der Grund, nicht nach dieser oder jener Hinsicht zu sein, sondern schlechthin die ουσία, oder auch dessen, was nicht schlechthin ist, sondern ein καθ-' αυτό oder κατά συμβεβηκός, ist das Vermittelnde. Mit dem schlechthin Seienden meine ich das ΰποκείμενον, so wie Mond oder Erde oder Sonne oder Dreieck, mit dem ,nach einer bestimmten Hinsicht' ζ. Β. Eklipse, Gleichheit, Ungleichheit, ob (die Erde) dazwischen ist oder nicht. . ."

Nach verschiedenen Richtungen werden hier die im ersten Kapitel gezogenen Trennungslinien durchbrochen. Erstens wird die Unterscheidung der Faktizität der ersten und der übrigen Kategorien durch „Daß" und „Ob" aufgegeben und durch ,.teilweises" und „schlecht-hinniges" Daß bzw, Ob ersetzt10. Auch die Faktizität eines Zusammen-vorliegens (also das Daß) ist nämlich zugleich Faktizität der einfachen Präsenzen, nur daß das ύποκείμενον sich dabei nicht als solches und schlechthin, sondern nur nach einer bestimmten Hinsicht und „teilweise" präsentiert20. Und umgekehrt ist die Faktizität der einfachen Präsenz der ουσία ebenfalls Faktizität eines Zusammenvorliegens. Das wird nicht ausdrücklich gesagt, ist aber in der weiteren Behauptung enthalten, daß das Fragen in beiden Fällen auf ein Vermittelndes gerichtet sein soll.

Nach einer weiteren Hinsicht werden dann die" im ersten Kapitel unterschiedenen Fragen zusammengebracht, indem nicht erst die Frage nach dem Grund oder dem Was, sondern auch schon das vorbereitende Fragen nach der Faktizität ein Fragen nach dem Vermittelnden sein soll, nämlich nach seinem Daß. Damit wird zum Ausdruck gebracht, daß das Wissen von der Faktizität gar nicht in sich ruhen kann, sondern unmittelbar in die Frage nach dem Grund übergeht: von vornherein wird die Notwendigkeit eines solchen auch schon im Fragen nach der'Faktizität in den BÜck gefaßt. Alles Fragen sucht also entweder nach dem Daß oder nach dem Was eines Vermittelnden (90a5f.), und so kann Aristoteles an späterer Stelle des Kapitels alle vier Fragen in eins zusammenfassen, indem er sagt; „Das Fragen geht auf das Vermittelnde" (90a24).

So sind jetzt die Grenzen durchbrochen sowohl zwischen den beiden vorbereitenden Fragen unter sich als auch zwischen den vorbereitenden

" In den folgenden Kapiteln werden dann „Daß" und „Ob" durchweg auswechselbar gebraucht. !0 Hier zeigt sich ein weiterer Unterschied dieser Faktizität von der „exi-stentia". Von einer teilweisen Faktizität zu sprechen hätte keinen Sinn, wenn damit nur das Vorliegen der Präsenz gemeint wäre; denn diese ist davon ga z nbetroffen. Was hier nur teilweise „ist", ist vielmehr das Sich-Präsen-tier s en deΰποκείμενον; mit dem „existenzialen" Ist denkt Aristoteles nicht nur das „es liegt vor" einer Präsenz, sondern das „es präsentiert sich" des Vorliegenden (ausdrücklich in Met. H2, 1042b25-1043a4).

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und den folgenden Fragen. Wie steht es mit diesen selbst? In b e i d e n wird nach einem Vermittelnden und d. h. nach einem Grund gefragt. Für die οιίσία ist das zunächst eine Behauptung. Und nun behauptet Aristoteles in dem auf das oben wtedergegebene Stück unmittelbar folgenden Satz weiter, in beiden werde mit dem Grund des Zusammen-vorliegens zugleich das τί έστι der Präsenz genannt: „In allen diesen Fragen ist es klar, daß das τί έστι und das Sta τί έστι dasselbe sind" (90al4f.). Und noch einmal zusammenfassend am Ende des Kapitels: „Wie wir also sagen, das Wissen des τι έστιν und des δια τί έ'στιν ist dasselbe, und dies entweder schlechthin und nicht von einem υπάρχον (also von einer ουσία) oder von den υπάρχοντα*' (a31 f.).

Im Gegensatz zum ersten Kapitel soll jetzt also auch bei den υπάρχοντα, bei den übrigen Kategorien, ein τί έστι möglich sein, dieses aber gerade im Warum selbst gesucht werden. Und auf der anderen Seite soll auch die „τί έστι"-Frage bei der ουσία ein Zusammenliegendes vor sich haben und sich in einer αιτία erfüllen. Die Beispiele, die nun a 15-23 für den einen und für den anderen Fall gegeben werden und die Lösung des ganzen Problems vorwegnehmen, übergehen wir zunächst und halten uns auch im folgenden, dem eigentlichen Anliegen von Anal. Post, Β1-10 entsprechend, primär an die υπάρχοντα. Das Problem der ουσία soll erst im § 18 an Hand von Met. 217 erörtert werden, und dann wird auf B2 noch einmal zurückzukommen sein.

Die eigentliche Klärung des Zusammenhanges zwischen τί έστι und Sta τί έστι wird erst in B8-10 gegeben und in den dazwischenliegenden Kapiteln zunächst aporetisch vorbereitet. Das dritte Kapitel unterstreicht noch einmal das Ergebnis -des zweiten: „Daß alles Suchen ein Suchen nach dem Vermittelnden ist, ist also klar" (90a35f.), und geht dann zu der Aporie über, „ob es möglich ist, dasselbe nach derselben Hinsicht durch ορισμός und durch άπόδειξις zu wissen" (90b2f.), denn das ist es, was sich scheinbar ergeben müßte, wenn Grund .(δια τί έστιν) und Wesen- (τί έστιν) zusammenfallen. Das Kapitel kommt dann zu dem Ergebnis, daß es niemals vom Selben ορισμός und άπό-δειξις geben könne (91 a7 ff,). Die Argumente stehen teils auf dem Boden der bisherigen Trennung zwischen Einfachem und Ζ wie fähigem, deren Einseitigkeit gerade überwunden werden soll; teils sind sie aber auch für die neue Blickweise bindend und haben den Zweck, die entgegengesetzte Einseitigkeit zu verhüten: die unkritische Vermischung von Einfachem und Zwiefältigem.

άπόδειξις und ορισμός sind als Weisen des Wissens Weisen des Auf-zeigens und Kundtuns (δεικνύναι, 90b34, δηλοΰν 91 al), und ihre Zu-sammengehörigkeit oder Verschiedenheit bestimmt sich aus der Zu-sammengehörigkeit oder Verschiedenheit dessen, was sie aufzeigen (9 ) 1al0£.). Jede άπόδειξις zeigt aber immer etwas von etwas (τί κατά τινόςund begründet, daß es ist oder nicht ist (90b33f., 91alf.); der ορισμός hingegen sagt gar nicht etwas von einem anderen aus (90b34f.), et zeigt nicht auf, daß etwas ist, sondern was es ist (91al). Dies kann

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sowenig von der άπόδειξις selbst geleistet werden, als jeder Erweis, daß C Α ist, den ορισμός von C und von Α vielmehr schon voraussetzen muß (90b31f.).

Die folgenden Kapitel 4-6 erörtern und widerlegen verschiedene Scheinmöglichkeiten, das τί ήν ε�ναι vermittels eines Schlusses abzuleiten. Sie können hier übergangen werden. Erst in B7 wird die eigentliche Problematik weitergeführt, indem die Unzulänglichkeit des in B3 in den Blick gefaßten ορισμός gezeigt wird.

Das frühere Kapitel wird jetzt (92a34ff.) gleichsam beim Wort ge-nommen: der ορισμός, so hieß es in B3, soll etwas aufzeigen. Aufzeigen aber kann man nur ein Seiendes. Dasselbe liegt in der Frage τί έστιν (92b4 ff.). In ihr wird nach dem τί έστιν eines 6v gefragt; dieses Öv muß dabei irgendwie gegeben, also in seinem 8τι έστι bekannt sein. „Wie kann man das τί έστι aufzeigen? Nämlich der, der weiß, was Mensch oder irgend etwas anderes ist, muß auch wissen, daß es ist. Denn vom Nicht seienden weiß niemand, was es ist; sondern (man weiß) was die Rede oder das Wort bedeutet σημαίνει), wenn ich sage „Ziegenreh"21, was aber Ziegenreh ist, kann man (

nicht wissen" (92b4ff.). Dieser Zusammenhang zwischen ορισμός und 6v ist nichts Neues, neu ist

dabei nur der Sinn von Äv. Von vornherein war auch für Platon der ορισμός nicht etwa die semantische Festlegung einer Wortbedeutung, sondern das Wissen der in sich selbigen und somit umgrenzten faktisch anwesenden Sache selbst (6v). Für Aristoteles ist aber die Präsenz nicht mehr ohne weiteres ein faktisch Seiendes. Wenn daher in der Topik das jeweils Definierte ein Öv genannt wird (S. 17), so doch nur auf dem Boden einer Zweideutigkeit des Ov als Präsenz oder faktisch Seiendes. Jetzt hingegen soll der ορισμός sich wieder so wie ursprünglich bei Platon nur auf das beziehen, was im eigentlichen Sinn „ist". Wenn aber der ορισμός wieder ein Wissen des Seienden sein soll, so muß er die Präsenz als vorliegende umgrenzen. Erst jet2t wird der bisherige ορισμός, der vom Vorliegen absieht, zur bloßen semantischen Worterklärung: er „gibt eine Bedeutung an, aber zeigt nicht auf" (σημαίνει μέν, δείκνυσι δ' oö, 93b39f.).

Es genügt aber auch nicht (92bl9ff.), wenn gleichzeitig mit dem ορισμός auf Vorliegendes hingewiesen wird, das in dieser Präsenz steht. Sogar wenn im ορισμός das ΰποκείμενον der definierten Präsenz genannt wird, ist er noch semantisch. In einem solchen ορισμός ist zwar das βτι'ίστι gegeben (413al3), es wird aber nicht selbst aufgezeigt. Das Zusammen der Präsenz mit dem ΰποκείμενον ist in einem ορισμός wie „Eklipse ist das Ausbleiben des Lichtes beim Mond" zwar enthalten, aber dieses Zusammen ist nicht selbst definiert und umrissen. Diese „landläufigen Definitionen" (92bl9) „zeigen nicht, daß das in ihnen Gesagte möglich ist, und zeigen nicht, daß sie Definitionen von dem

" Ein Fabelwesen, vgl. Platon, Staat 488a.

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(Vorliegenden) sind, wovon sie dies behaupten; vielmehr laßt sich immer fragen: Warum?'' (b23f,). „Auch de* Grund muß (in der Definition) mitenthalten sein und aufgezeigt werden" (413al5f.).

Weil alsb der ορισμός das Wissen der einfachen Präsenz als eines L· sein soll und zum öv wesens mäßig das Vorliegen gehört, kann sich auch die Frage nach dem Was erst im Erkennen des Grundes erfüllen. So kann jetzt Aristoteles am Anfang des achten Kapitels zur These von B2 zurückkehren: „Dasselbe ist es, das-rl έστιζα wissen und den Grund des ει έστι" (93a4). Das begründende Aufzeigen der Faktizität vermitteis der αιτία geschieht jedoch in der άπόδειξις. Nun können aber nach B3 ορισμός und άπάδειξις nicht zusammenfallen. Diese Auffassung ist zwar insofern überholt, als sich der in B3 gemeinte ορισμός als eine bloß semantische Definition herausgestellt hat. Doch gilt es von jedem ορισμός überhaupt und wird auch in B7 mehrmals wiederholt, daß er niemals unmittelbar ein „Daß es ist" aussagen kann. Auch wenn im ορισμός der Präsenz die Notwendigkeit ihres Vorliegens mitum-grenzt wird, kann in ihm doch immer nur das ,,Was es ist" dieser Präsenz selbst aufgezeigt werden und nicht die Faktizität ihres Zusammen-vorliegens. Der ορισμός muß auch jetzt noch die Form haben: „A ist das und das", als Antwort auf die Frage: „Was ist A?", während jedes in einer άπόδειξις erreichte Wissen die Form hat: „Cist A, weil es Β ist", als Antwort auf die Frage: „Warum ist C A?" Wenn nun also der ορισμός die αιτία des Vorliegens mitenthalten soll und diese nur in der άπό<5ειξις erreicht werden kann, der ορισμός aber nicht mit der άπόδειξις zusammenfallen darf, dann scheint ein ορισμός überhaupt unmöglich zu sein und nur die bloße Worterklärung, der semantische ορισμός, übrigzubleiben. Ein Wissen vom τι έστιν wäre dann ausgeschlossen (92b37f.).

Dieses negative Ergebnis von B7 führt unmittelbar zu der Losung, die in B8 gegeben wird. Der ορισμός darf weder unabhängig von der άποδειξις noch mit dieser identisch sein: also muß er, wenn er dennoch möglich sein soll, mit der άπόδειξις zusammen ein einheitliches Wissensgefüge bilden können. Und indem jetzt auch dem semantischen ορισμός eine eigene und notwendige Funktion in diesem Ganzen zuerkannt wird, gelingt es, einen den Grund des Vorliegens mitumgreifenden ορισμός aufzustellen und dennoch allen in B3 erhobenen Bedenken Genüge zu tun. Atistoteies geht aus von den in B2 entwickelten Gedanken: „Dasselbe ist

es, das τί έστι zu wissen und den Grund des et lern" (93a4). ,,So wie wir das Warum suchen, wenn wir bereits das Daß haben, ' manchmal auch beides zugleich offenkundig wird, das Warum aber unmöglich vor dem Daß erkannt werden kann, ebenso kann offenbar auch das τί ήν ε�ναι nicht ohne das Daß sein" (aloff.). Das wird jetzt aber noch dahingehend ergänzt, daß auch das Daß nicht ohne das Was gewußt werderf kann. Schon in B2 ist deutlich geworden, daß es das Daß selbst ist,jwas sich im Warum und im Was erfüllt, und Aristoteles

1 ...* 40

zeigt jetzt, daß auch das vorläufige und unbegründete Daß nur so gegeben sein kann, daß wir schon „etwas von der Sache selbst" (a22), von ihrem τί έστι (a29), „haben". Denn als was wäre es sonst gegeben? So entspricht unsere Kenntnis des Was jeweils der Weise, wie wir das Daß wissen (a28f.). Jedes vorläufige Wissen vom Was, das nur „etwas vom τί έστι" hat, ist ein semantischer ορισμός, so daß sich der eigentliche ορισμός als Ergänzung und Vollendung des semantischen erweisen wird. Im semantischen ορισμός wird die Präsenz entweder überhaupt ohne das υποκείμενο ν erklärt (ζ. Β. „Eklipse ist ein Ausbleiben von Licht", 93a23) oder das ΰποκείμενον wird genannt, aber nicht die αιτία, ζ. Β, „Eklipse ist das Ausbleiben des Lichtes beim Mond", „Donner ist ein Lärm in den Wolken" (93a22L). Während der vollständige ορισμός am Ende des Fragens steht, ermöglicht der semantische ορισμός, der schon das ΰποκείμενον, aber noch nicht die αιτία enthält, den Anfang des Fragens.

Soll überhaupt ein Fragen irgendeiner Art möglich sein, so muß das wie immer Befragte schon auf ein anderes (auf ein ΰποκείμενον) hin gesehen werden. Gefragt werden kann immer nur nach einem Zusammen; ein Einfaches gibt einem Fragen überhaupt keinen Raum (1041a 10ff.). Fragen wir also erstens nach dem „Daß" bzw. „Ob", ζ. Β. ob es Eklipse gibt, so hat diese Frage einen Sinn erst dann, wenn wir sie auf ein τί «ατά τινός bringen, wenn wir fragen, ob der Mond in Eklipse ist. Einen Sinn hat diese Frage aber auch erst dann, wenn wir schon irgendein Wissen von dem haben, was Eklipse ist, also eine semantische Definition. Fragen wir, ob der Mond in Eklipse ist, so fragen wir, ob beim Mond das Licht ausbleibt. Dieses erste τί έστι kann auch als ein erstes V er mir te In des zwischen „Mond" und „Eklipse" angesehen werden, mit Hilfe dessen ihr Zusammen aber noch nicht begründet, sondern n|ir erst (vermittels der Wahrnehmung) in seiner Faktizität festgestellt wetden kann: der Mond ist in Eklipse, „weil" ihm das Licht fehlt (vgl. 93a31-b2). Aristoteles nennt dahet den semantischen ορισμός auch den ορισμός, der lediglich das Daß kundtut (413al3).

Haben wir das Daß festgestellt, so ist damit erst der Boden für das zweite und eigentliche Stadium des Ftagens erreicht. Mit dem bloßen Daß Ist nicht auch schon das Warum offenbar, mit der semantischen Definition nicht auch schon das Was (93b2f.). Wir fragen also weiter: Warum ist Eklipse?, und d. h. zugleich: Was ist Eklipse? Auch diese Fragen haben einen Sinn nur, wenn das Befragte sich in ein Zwiefältiges auseinanderlegen läßt und nach seinem Vermittelnden gefragt wird. Ohne weiteres ist das nur bei der Warum-Frage möglich, und die Frage nach dem Was kann also nur auf dem Wege über die Frage nach dem Warum zu einer Antwort kommen:

DiefFfage: „Warum ist Eklipse?", knüpft unmittelbar an die Antwort auf die Frage nach dem Daß an: „Der Mond ist in Eklipse." Warum ist der Mond in Eklipse? Die Antwort vollzieht sich in einer άπάδειξις, die ebenso wie die Frage nach dem Daß die semantische Definition voraus-

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setzt und damit der Forderung von B3 entspricht. Der Schlußsatz, der zu begründen ist L „Der Mond ist in Eklipse", bedeutet soviel wie; „Dem Mond fehlt Licht." In ihm befinden sich also in anderer Anordnung genau die Termini, die auch der semantische ορισμός enthält, und Aristoteles nennt daher den semantischen ορισμός mitunter geradezu den „Schlußsatz': der άπήδειξις (94a8f., 75b32, 413ato)ii!.

Und so ermöglicht die αΕτία, durch die der Schlußsatz (das Daß) in der άπόδειξις vermittelt -wird, zugleich die Vermittlung der Glieder des semantischen ορισμός und damit seine Vollendung zum eigentlichen ορισμός. Fragen wir: „Warum ist der Mond in Eklipse, bzw. warum fehlt ihm das Licht?", so ist die Antwort; „Weil die Erde das Licht absperrt," Fragen wir; „Was ist Eklipse, was heißt fehlendes Licht beim Mond?", so ist die Antwort: „Absperrung durch die Erde." Mitunter nennt Aristoteles dieses Vermittelnde geradezu den ορισμός (93b6L, 99a21 f.); „Die Eklipse ist Absperrung durch die Erde" (93b7). Genauer gesehen, ist es aber nur das vorher fehlende Moment des ganzen ορισμός, und der vollständige ορισμός ist der durch das Vermittelnde ergänzte semantische ορισμός. Die Antwort auf die Frage; „Was ist Eklipse?", ist jetzt: „Das Ausbleiben des Lichtes beim Mond auf Grund der Ab-sperrung durch die Erde" (90alü), oder auf die Frage: „Was ist Donner?" — ;,Der durch auslöschendes Feuer verursachte Lärm in den Wolken" (94a5).

Weil die Präsenz j etat von vornherein auf ihr Vorliegen hin gesehen wird und auch schon in der semantischen Definition ihr ΰποκείμενον genannt ist, erfüllt sich der ορισμός erst in der Umgrenzung ihres Vorliegens und d. h in der αιτία. Daher kann der ορισμός jetzt nur in eins mit der άπόδειξις erreicht werden, d. h. aber nicht, daß er mit dieser zusammenfällt. Weder die Frage nach dem Was noch auch ihre Beantwortung fallt mit der Frage nach dem Warum bzw. ihrer Beantwortung zusammen. Die άπάδειξις zeigt das διά τί des δτι ίστι des Zusammen-vorliegens von υπάρχον und ΰποκείμενον vermittels des μέσον; der ορισμός zeigt das τί έστι des υπάρχον vermittels des ΰποκείμενον und des μέσον (vgl. 90al5ff., 94a3ff.). Der ορισμός zeigt nicht die Faktizität und zeigt nicht das Zusammenvorliegen auf, sondern sagt nur, was die Präsenz selbst ist, enthält aber in anderer Anordnung (&έσει διαφέρων, 94a2) alle Termini der άπόδειξις. „So ist es der gleiche λόγος, der nur auf andere Weise gesagt wird" (94a6f.),

Damit äst die Aporie bez. des Verhältnisses zwischen ορισμός und άπόδειξις der συμβεβηκότα gelöst: „Einen συλλογισμός und eine άπόδειξις des τί έστιν gibt es nicht, doch wird es (das τί έστιν) offen-

,s Das: ist ebenso ungenau wie die Behauptung, der semantische 6ρισμάς zeige das Daß (S. 141), Das Daß wird vielmehr in dem Schlußsatz ausgesagt, der die gleichen Begriffe enthalt wie die semantische Definition, aber in anderer Anordnung, Di6 semantische Definition verhält sich zum Schlußsatz ebenso wie sich die eigentliche Definition zur ganzen άπόδειξις verhalten ■wird.

kundig im Durchgang durch συλλογισμός und άπόδειξις. Also kann man das τί έστιν, dessen Grund in etwas anderem liegt, einerseits nicht ohne άπόδειξις erkennen, anderseits ist das Wissen davon nicht die άπόδειξις" (93bl6ff.).

Was bedeutet hier aber die Einschränkung „das τί έστιν, dessen Grund in etwas anderem liegt"? Aristoteles gibt dazu folgende Erklärung (93b21 ff.): „Von manchem liegt der Grund in etwas anderem, von manchem aber nicht, so daß es klar ist, daß auch von den τί έστι manche unvermittelt und άρχαί sind, die sowohl hinsichtlich ihres Daß als auch ihres Was vorausgesetzt oder auf eine andere Weise offenkundig gemacht werden müssen. Was auch der Arithmetiker tut: er setzt voraus sowohl was die arithmetische Einheit ist, als auch daß sie ist." Auch hier ist das Was nicht vor dem Daß gegeben, aber beide sind gleichzeitig und mit einem Schlag erkannt; ein Fragen und Suchen gibt es nicht. Was für Wesenheiten sind hier gemeint? Das bleibt so dunkel, wie es letztlich die aristotelische Auffassung von den άρχαί überhaupt ist. Man könnte an die ουσία denken, die mit ihrer Definition die unvermittelte Prämisse eines Schlusses bilden kann (90b24f.; oben S. 130). Dann gäbe es die Möglichkeit einer Begründung und begründenden Definition nur bei den συμβεβηκόταia. Inzwischen ist jedoch in B2 behauptet worden, daß die „τί έστι''-Frage auch bei der ουσία auf ein Vermittelndes und einen Grund orientiert ist", und in B7 werden bei der Forderung nach einer den Grund des Vorliegens enthaltenden Definition gerade Beispiele von οΰσίαι gebraucht (92b5, 7, 10, 16, 22). Ferner ist das hier genannte Bei-spiel (arithmetische Einheit) nicht ein ε�δος, sondern das γένος der betreffenden Wissenschaft (vgl. Anal. Post. A10); ein solches γένος wird auch sonst von Aristoteles als αρχή erklärt, dessen Daß sowohl als Was von der Wissenschaft vorausgesetzt werden muß (vgl. 76a31 fF., bl2f.). Schließlich ist daran zu erinnern, daß für Aristoteles ein Fragen nur möglich wird, wo ein zu vermittelndes Zwiefaltiges gegeben ist (S. 141). Soll es also bei der ουσία ein Fragen nach dem τί ήν ε�ναι geben können (und τί ήν ε�ναι i s t eine Frageformel), dann muß auch hier eine entsprechende Struktur der Vermittlung erkennbar sein.

" So Ross, Anal. S. 633. ** Für Ross ergibt sich daraus keine Schwierigkeit, weil· er diese Erklärung von

B2 ohnehin nicht ernst nimmt, sondern für ein „over-statement" (Anai. S. 76) halt und gänzlich unbegreiflich findet (S. 76, 61 IL). „He does not seem to have thought out die irinplications of his view" (S. 612). Daß das nicht zutrifft, wird sich im folgenden Paragraphen zeigen. Die weitere Behauptung, Aristoteles habe in B2 gar kein Beispiel für eine begründende Definition bei der ούιίία gegeben (S. 612), ist falsch, denn das Beispiel „Akkord" (yOalSff, unten S. 149) ist ein Beispiel für eine ουσία und nicht für ein συμβεβηχΰς, wie auch schon Waitz ad loc. richtig gesehen hat.

142 143

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§ 18. Begründung und Definition bei der ουσία; Grek^e

der aristotelischen Fragestellung und letzte Vorstöße

Die Erörterung der αιτία der ουσία wird im Buch Ζ im siebzehnten und letzten Kapitel durchgeführt und dann in den anschließenden Nachträgen des'Buches Η nach mehreren Seiten ergänzt. ZI 7 zerfällt in zwei Teile: 104U1O-M1 und bl 1-33.

Im ersten Teil wird das Problem zunächst in enger Anlehnung an die Struktur der Begründung bei den συμβεβηκοΐα entwickelt, wie sie aus den Analytiken bekannt ist. Grund (αιτία) ist das, wonach mit einem „Warum?" (δια τί) gefragt wird (1041 alO). Diese Frage kann aber immer nur fragen, warum etwas etwas ist (τι κατά τινός), sie kann nur an ein Zwiefältiges gestellt werden, und dieses muß in seinem „Daß es ist" bereits offenbar sein (alOf., al5f., a23f.). Die Frage, warum etwas es selbst ist, ist daher ohne Sinn (al4f„ al6ff., a21 f.). Die jeweilige Präsenz ermöglicht also eine Warumfrage erst, wenn sie in der Zwiefältig-keit mit einem anderen als ihrem υποκείμενο ν gesehen wird (alOf., a25f.). Auch die Frage: „Warum donnert es?", meint eigentlich: „Warum entsteht ein Lärm in den Wolken?" (a24f.)

Wie ist es dann aber bei der ουσία ? Wenn sie angesprochen wird, wird nicht, wie bei den paronymen Kategorien, zugleich ein anderes mitgenannt, sie liegt bloß als Eines vor (bl), und so scheint es, daß hier die Warumfräge gar keinen Raum hat; daher ist der ουσία auch in Anal. Post. Bl zunächst nur die „τί έό-u"-Frage zugeordnet worden. Und doch wird auch diese ausgezeichnete Präsenz von einem υποκείμενων gesagt (nur daß dieses nicht eine weitere Präsenz, sondern ΰλη ist, b5) und enthält daher, wenn auch verborgenerweise (λανθάνει, a32), eine Zwiefältigkeit, die immer erst eigens auseinandergelegt werden muß (διορίζεις διαρθ-ρώσαι), bevor ein Fragen überhaupt ansetzen kann (a32-b4). Und dann kann gefragt werden, „warum die ΰλη etwas ist" (b5), also z. B.: „Warum ist das, etwa Ziegel und Steine, ein Haus?" 026 f.)

Gibt es somit auch bei der oitfia eine Warumfrage, und entspricht sie in ihrer formalen Struktur der Warumfrage bei den συμβεβηκότα, indem auch sie nach dem Vermittelnden eines zwiefältig Anwesenden sucht, so hat sie doch — wie nun im zweiten Teil von ZI7 (1041bllff,) sichtbar wird — einen ganz anderen Sinn, und zwar aus demselben Grund, weswegen die Zwiefältigkeit hier nicht so offensichtlich ist. Denn da das Zugrundeliegende υλή ist, ist es noch gar nicht ein Etwas und Eines, das mit einem anderen vermittelt werden könnte. Vielmehr ist es gerade sein eigenes Sei η und Einssein, womit es vermittelt werden soll. Hier wird flicht nach dem Grundgefragt, warum etwas das oder jenes ist und mit ihm eins ist, sondern nach dem Grund, warum es überhaupt ist und eines ist (1.041 b28, Anal. Post. 90a9f.). Was hier vereinigt werden muß, ist die Mannigfaltigkeit des Vorliegenden selbst. „Von allem

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nämlich, was mehrere Teile hat, deren Summe nicht wie ein Haufen ist, bei dem vielmehr außer den Teilen ein Ganzes ist, gibt es einen Grund,,.. den Grund des Einsseins" (H6, 1045a8ff.)2ä.

Und dieser vereinigende Grund des aus mannigfaltigen Bestandteilen (στοιχεία, 1041b 13) Zusammengesetzten (σύνθ-εταν, bll), der selbst kein weiterer Bestandteil (b25f.), sondern nur das Prinzip (αρχή, b31) der Zusammensetzung (σύνθεσις, 1043b6) ist, ist die Präsenz selbst (1041 b27 f.; vgl. oben S. 84,106). So ist hier im Unterschied zur Begründung der συμβεβηκότα die Präsenz gerade das Vermittelnde. Und daher wird im ersten Teil von Z17 auf die Frage; „Warum ist das ein Haus?", die Antwort gegeben: „Weil das τί ή ν εΐναι von Haus vorliegt" (b6). „So daß also der Grund der ίίλη gesucht wird, wodurch sie etwas ist. Das aber ist die ουσία. "(b7f.). Indem damit die einfache Präsenz als das, als was sie bereits in den vorhergehenden Betrachtungen von Ζ erkannt wurde, als αρχή und αίτια, jetzt auch ausdrücklich vor den Blick tritt, gelangt die Leitfrage nach der πρώτη ουσία in ihr Ziel.

Wenn nun aber die Präsenz selbst das Vermittelnde ist, was ist es dann, womit das Vorliegende vermittelt wird? Sollte es hier etwa, wie die bisherigen Ausleger meinen, mit dem Vermittelnden identisch sein, so daß „A ist C" damit begründet würde, daß es eben C ist? Eine solche Begründung würde jedoch nicht das Herausgetretensein des Vorliegenden vermitteln, sondern nur platonisch an der Selbigkeit der einen Seite der Zwiefältigkeit festhalten und sich also letztlich mit jener Begründung von etwas als es selbst durch sich selbst decken, die am Anfang des Kapitels für sinnlos erklärt wurde (104tal6ff.).

Nur weil das ύποκείμενον noch gar nicht Eines ist, ist hier die Präsenz selbst das Vermittelnde; und eben deswegen ist nun auch das, womit das Vorliegende vermittelt wird, nicht die Präsenz, sondern ist das Vorliegende selbst als Seiendes und Eines. Weil das Heraustreten, das hier begründet wird, nicht wie bei den συμβεβηκότα ein bloßes Hinübertreten in eine weitere Bestimmung ist, bei dem das Vorüegende sich selbst gerade zurückhält, sondern die auf die Präsenz zugespannte Versammlung des ganzen mannigfaltig Vorhegenden selbst (vgl. S. 85 f.), deshalb ist das, womit das Vorliegende hier vermittelt wird, nicht das ε�δος (ενέργεια), sondern sein eigenes Gefügtsein in das ε�δος, das σύνολον (ενεργεία ov). In H6 sagt es Aristoteles ausdrücklich: „Denn nichts anderes ist der Grund, daß das, was δυνάμει Kugel ist, ενεργεία Kugel ist, als das τί ήν εΐναι" (1045a31 ff.)21. Das τί ήν

" Im Sinn dieses Satzes ist zweifellos auch das Anakoluth Z17, 1041bllf. zu ergänzen.

" Das überlieferte ΐχατέρω arn Ende dieses Satzes nimmt ihm jeden Sinn und ist zu streichen. Es ist aus allen Parallfclsteilen in Z17 und Η zu ersehen, daß der Gtund des Heraustreten« des δυνάμει ίν in das ενεργείς δν die ενέργεια, das τί ήν ε�ναι ist; von einem eigenen und unterschiedenen τί Jjv ε�ναι des δυνάμει ov und des ένκργεία 8ν ist nirgends die Rede und wate auch ein Widersinn; in dieser Verdopplung könnte es gerade kein Vermittelndes sein.

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elytti ist also ε�ναι t dieses mir Grund von dem, dessen eigenes τί ήν es ist, abäreicht über das Z10-11 -r£ ήν eTWt selbst hinaus. Das ist der posttiVe Sinn der inherausg 3 ff.). Sie ist die estellten Differenz zwischen τί ήν etvtji und Jeweiligem (S. 7Spannung zwischen Grund urid Begründetem. Nur weil das.; ti ήν ε: �ναι des τάδε τι mit diesem nicht identisch und doch eins ist, kann es αίτια und αρχή sein, ,.!..:. Daß in Ζ17 bei der/;f&age, warum etwas ein Haus, ein Mensch usw. ist, mit diesen Namen jeweils das σύνολον und nicht das ε�δος gemeint ist, ist nur deswegen'nicht sogleich zu erkennen, weil der Name des allgemeinen σύνολον rhu dem Namen des ε�δος zusammenfällt (S. 112). Wo sich die Präsenz hingegen mit einem eigenen unterscheidenden Namen bezeichnen läßt, wird die eigentliche Bedeutung der Warumfrage auch äußerlich sichtbar: „der Körper ist ein Tier, weil in ihm Seele ist". So meint also der :Name, mit dem jeweils das Vorliegende angesprochen wird („das ist ein Haus, ein Tier usw."), gar nicht mehr das εΐδος. Wfeil die Präsenz jetzt nur noch als akla und ενέργεια gedacht wird, kann sie überhaupt nicht mehr als das verstanden werden, was καθ' υποκειμένου gesagt wird. Daß das ε�δος als Vereinheitlichendes in seiner .Ζwiefältigke|t nur noch als έν ϋποκειμένω begriffen werden kann, ist bereits früher gezeigt worden (S. 86), doch mußte es dort z u g l e i c h auch nochmals καθ·' υποκειμένου erklärt werden, weil der jeweilige Name καθ-1 »ποκειμένου gesagt wird (S. 86). Erst jetzt, da sich inzwischen gezeigt hat, daß der allgemeine Name auch das σύνολον als σύνολον bezeichnet (f. 112), kann erkannt werden, daß das καθ-' υπο-κειμένου Gesagte ütprhaupt nicht das ε�δος, sondern das σύνολον (ενεργείς Gv) meint, i'daß also das Ή κατά τινός gar nicht für die Zwiefältigkeit des δυνάμει �ν mit der ενέργεια steht, sondern für die durch diese begründete Zwiefältigkeit mit dem ενεργείς �ν. Dann kann aber der Name hicht nur auch das σύνολον bezeichnen (S. 112), sondern es ist geradefdas σύνολον, worauf sich der Name einer ουσία eigentlich bezieht: man kann auch die ενέργεια (die Seele) „Tier" nennen (1043a34f.,i;4O3oal6f.), aber das ist nicht die eigentliche Bedeutungsintentiori des Wortes (vgl. 1036al6f./a24), das vielmehr das Ganze seihst und nicht das vereinheitlichende Prinzip des Gan-. zen meint. So wird also das ε�δος durch die ενέργεια von seinem anfänglichen Welen, das einzig auf das schlechthinnige Vernehmen orientiert waf, so weit abgedrängt, daß es schließlich sogar seine ursprüngliche Bedeutung (S. 10, 15) verliert, das von einem Wort unmittelbar Gemeinte zu sein. Indem diese Bedeutung jetzt auf das σύνολον übergeht, zeigt sich, daß das, was bei dem Namen einer ουσία jeweils als Eines unmittelbar und einfach vorgestellt wird, gar nicht eigentlich einfach ist, sondern als Ganzes eine unbestimmte Mannigfaltigkeit unausd rück lieh in sich trägt.

: Diese Verschiebung im Wesen der Präsenz vollzieht sich bei Aristoteles nicht mehr ganz ausdrücklich und hat sich natürlich auch nicht

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einheitlich durchgesetztΐ;. Daß sie aber in Z17 und auch sonst faktisch vorliegt, kann nicht bezweifelt werden: Wenn in Z17 gesagt wird, das zunächst einfach Vorgestellte (etwa „Mensch", 1041 bl) muß erst in sich gegliedert werden, um befragt werden zu können (S. 144), so ist dieses einfach Benannte und einfach Vorgestellte, aber nicht e infach Seiende, das σύνολον. Und deswegen müßte auch in ZU, El usw. (S. Ulf.) dasjeweils Vorgegebene und mit Einem Namen Benannte als τόδε έν τφδε definiert werden (1036b23): der Name meint immer zunächst das σύνολον, und von diesem muß die unexplizit mitgemeinte ΰλη ausdrücklich gelöst werden, damit dann erst als Drittes und beide Vermittelndes das ε�δος erkannt werden kann.

Und so wird jetzt nach einer ersten Hinsicht verständlich, was in AnaL Post. B2 gemeint war, wenn behauptet wurde, daß auch bei der ουσία die,, τι έστι''-Frage erst auf dem Boden der Faktizi tat gestellt werden kann und mit einer ,,διά τί''-Frage zusammenfällt (S. 138). Auch in ZI7 heißt es nicht nur, es sei, wenn man das zunächst einfach Gegebene nicht gliedert, kein Fragen nach dem Grund möglich, sondern überhaupt kein Fragen (1041 b2-4). Auch nach dem τί έστι kann man nur auf dem Boden dieser Gliederung fragen (bl). Ebenso wie bei den συμβεβηκότα enthält auch beim σύνολον die Definition die αιτία des Vorliegens des Definierten bzw. des Heraustretens des Vorliegenden, und ebenso wie dort umfaßt sie auch hier in anderer Anordnung die gleichen Termini wie die Begründung: Warum ist ein (organischer) Körper ein Tier? Weil in ihm Seele ist. Was ist ein Tier? Seele in einem (organischen) Körper28. Was das zunächst einfach angesetzte σύνολον ist, springt gerade dann heraus, wenn gefragt wird, warum es faktisch vorliegt und d. h. warum sich eine ολη als dieses ενεργεία 6ν präsentiert. Als was dabei die ΰλη genannt werden muß (ζ. Β. organischer und so und so organischer Körper) wird dann erst durch das τί ήν εΐναί bestimmt. Und indem dieses als τέλος das ganze Heraustreten des Vor-

" Daher besteht auch unsere Erklärung (S. 8öf.), das ε�δος sei einerseits έν ύποκειμένω, anderseits καθ-' υποκειμένου, trotzdem zu Recht. Aristoteles hat dem ε�δος das καθ' υποκειμένου nie ausdrücklich abgesprochen und nennt sogar die ενέργεια mitunter ein κατηγοραύμενον (vgl. 1043a6).

sä Von einer άπαδειξις kann hier nicht gesprochen werden, weil nur eine solche Begründung syllogistisch ist, in der das Vermittelnde auch mit jeder Seite des Zwiefältigen ohne die andere aus am mengesehen werden kann (S. 131), während hier, sobald die ενέργεια im Blick steht, gleichzeitig und mit einem Schlag die beiden anderen Termini mitgegeben sind. Wie weit aber die Analogie für Aristoteles reichen mußte, wird deutlich, wenn man bedenkt, daß auch die eigentliche Begründung bei den συμβεβηκύτα aus demselben Grund der Form des Syllogismus nicht ganz entspricht (S. 131 ff,) und von Aristoteles in den Beispielen immer mit denjenigen Tetmini erläutert wird, die sich gerade nicht syllogisüsch anordnen lassen (so etwa, wenn bei der Eklipse als Terminus medius die „Absperrung durch die Erde" genannt wird, Anal, Post. B8). άπάδειζις wäre dann schließlich der allgemeine Name für alles vermittelnd-begründende Wissen eines Zwiefältigen, auch wenn sich dieses nicht mehr in der Satz-Reihenfolge eines Schlusses niederschlagen kann.

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liegenden dirigiert (S. 78f., 130f.), umgrenzt das Vermittelnde hier ebenso wie bei den συμβεβηκάτα das Vorliegen des Definierten.

Dazu gehügt freilich nicht, daß das ε�δος bloß mit einem Namen genannt wird (der ja gewöhnlich nur der des σύνολον ist), sondern es muß -weittirgefragt werden, was nun auch das εΐδος ist. Erst das im αριθμοί auseinandergelegte und explizierte εΐδος ist das τί ήν ε�ναι. In dieser Definition der Präsenz selbst scheint nun aber doch eine „τί ecm"-Frage beantwortet zu werden ohne Zusammenhang mit einem δια τί. Dann wäre die Behauptung von Anal. Post. B2, auch im τί έστι der ουσία werde nach einem δια τί gefragt, nur für die Definition des σύνολον gültig, und es gäbe dann entgegen der dortigen und auch in Z17 anklingenden These ein Fragen, das nicht nach einem Vermittelnden eines Zwiefältigen sucht.

Und doch nimmt jetzt Aristoteles auch die Definition des εΐδος selbst, in der es in Gattung und spezifisch« Differenz(en) auseinandergelegt wird, in den Bereich der αίτια hinein. Am Anfang der endgültigen Behandlung des Problems der Mannigfaltigkeit innerhalb der Präsenz selbst (Hu) sagt Aristoteles: bei allem, was mehrere Teile hat und dennoch ein Ganzes ausmacht, muß nach dem Grund seines Einsseins gefragt werden, also auch beim ορισμός (1045a7ff.). Es ist schon bemerkt worden (S. 116), daß Aristoteles das Problem der Mehrfältigkeit der einfachen Präsenz selbst mit d d en Begriffen löst, die ihm aus der Zwiefältig-keit von Präsenz unVorliegendem erwachsen sind, und es wurde gezeigt (§ 15), wie die Gattung als δύναμις und die Differenz als ενέργεια verstanden werden können. Es ist diese Analogie zwischen γένος-διαφορά-εΐδος und&Xr)^i8o;-iriw^ov,aus der sich nun auch das Auftreten der αιτία wie von selbst ergibt. Aristoteles erklärt in H6, daß überall, Wo ein δυνάμει ov in ein ενεργεία 8ν heraustritt, also sowohl bei der Αλη. αίαθητή als auch bei der Gattung als det ίίλη νοητή, die ενέργεια die αιτία sei (I045al4ff., insbes. a30-35).

Wenn demnach auch die Frage nach dem τί έστι des ε�δος als Frage nach der αιτία einer Zwiefältigkeit zu denken ist, so muß sie die Form annehmen: „Warum ist das und das γένος das und das ε�δος?", z.B. „Warum ist das Tier ein Mensch?" (vgl. S. 118f.), und die Antwort ist ' die spezifische Differenz. Die Frage muß diese Form annehmen, weil das jeweilige ε�δος einem Fragen erst dann einen Angriffspunkt bietet, wenn bereits etwas davon verstanden wird. So sagt Aristoteles in Anal. PostsiBS, die Frage: „Was ist der Mensch?", g eht davon aus, daß er „irgendein Tier" ist (93a24, vgl. auch Z17, 1041a20f.).Die spezifische Differenz als das Vermittelnde gibt dann an, was für ein Tier.

Ebenso werden nun auch die übergeordneten Gattungen definiert, mit Aus tungen und und also nahme det obersten, die, da sie keine weiteren Gatkei ΰλη" enthalten, nicht mehr zwiefältig sind und folglich für ihre ne „Ei keine αίτια benötigen. Die obersten Gattungen der Kategorien nheitkönnen daher hinsichtlich ihres τί εστί nicht befragt werden und haben keinen ορισμός (Η3, !Ü43b30f.). Von ihnen sagt Ari-

stoteles in Ho: „Was aber weder ύλη νοητή ηοΰηνίσ-Οητή hat, ist jedes sogleich ein όπερ εν τι, so wie auch ein δπερ �ν τι: das τάδε, das ποιόν, das ποσόν — daher wird auch weder das ov noch das ev in den Definitionen genannt"0 ■—, und das τί ήν ε�ναι (von ihnen) ist sogleich ein εν und ein ßv; deshalb gibt es bei keinem von diesen noch ein anderes, das der Grund ihres Einsseins und ihres Seins wäre; von vornherein ist nämlich jedes ein &v und ein έν" (1045a36ff.). Nur das schlechthin Einfache und Ungegliederte steht also außerhalb des Bereiches der αίτια.

Vollzieht sich somit auch die Definition des εΐδος selbst als Begründung, so ist doch die Zwiefältigkeit, die dabei vermittelt wird, nicht die Zwiefältigkeit von Präsenz und Vorliegendem, sondern befindet sich innerhalb der Präsenz selbst. In Ana). Post. Β wurde jedoch ein begründender ορισμός gefordert, um die Präsenz als vorliegende zu umgrenzen (S. 139 f.). Wie das auch für die Definition des ε�δος selbst und nicht nur für die des σύνολον zu verstehen ist, läßt sich aus dem Beispiel ersehen, das Aristoteles für die begründende Definition der ούσίαίη Anal. Post. B2 gibt und das wir bisher übergangen haben (S. 138). Es bilder den eigentlichen Höhepunkt des Kapitels B2 und muß hier im Ganzen angeführt werden (90al8ff.)30: „(A) Was ist ein Akkord (συμφωνία) ? Ein Zahlenverhältnis (λόγος αριθμών) in Hohem und Tiefem. (B) Warum steht das Hohe und Tiefe in einem Akkord? Weil das Hohe und Tiefe ein Zahlen Verhältnis hat. - (C) Ist das Hohe und Tiefe in einem Akkord?: (D) Ist das Hohe und Tiefe in einem Zahlenverhältnis? (E) Haben wir erfaßt, daß es ist, (dann fragen wir:) was für ein Zahle η Verhältnis ist es?"

Hier wird in größter Konzentration der ganze Zusammenhang entfaltet. Der Akkord ist das σύνολον, das Zahlenverhältnis das ε�δος als vereinheitlichendes Prinzip, „Hohes und Tiefes" die ίίλη. Der Anfang des Beispiels entspricht genau der Auffassung, die sich bereits :aus Met. Z17 entnehmen ließ: Das σύνολον, zunächst als Einfaches angesetzt, wird in der Warumfrage in Zusammenhang zu seiner ίίλη gebracht, so daß als vermittelnde αίτια das ε�δος herausspringen kann (B). Und dieses zusammen mit der ίίλη bildet die Antwort auf die Frage, was das σύνολον ist (A). Die Frage, ob es ist, kann, wie auch bei den συμβεβηκότα (S. 141), ebenfalls nur im Zusammenhang mit dem ϋτΕοκειμενον gestellt werden (C). Diese Frage nach der Faktizität ließ

** Diese Bemerkung bezieht sich nicht, wie Ross ad loc. meint, auf die Definitionen der obersten Gattungen, denn von diesen gibt es gar keine Definitionen, sondern auf die Definitionen der εΕ8η: in der vollständigen Definition des εΐΒος werden die spezifischen Differenzen bis hinauf zur obersten Gattung genannt; da diese selbst schon nichts anderes ais ein 6v und iv ist, brauchen öv und Iv im ύριαμός, obwohl sie* zu ihm gehören (da jede Präsenz ein so und so bestimmtes £v-iiv ist), nicht genannt werden.

Μ Zur Erleichterung der Interpretation sind die einzelnen Sätze mit Buchstaben bezeichnet.

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sich bei d^n ατυμβεβηκότα nur mit Hilfe des semantischen ορισμός be- antworten^ der „etwas vom τί έατι" ist: er ist dabei ein erstes Ver mittelndes^ und die Frage kann auf ihn reduziert werden („ist Eklipse?" undd, h.: „Ist der Mond in Eklipse?", auf: „Bleibt beim Mond das Licht aus?") (S: 141). Etwas Analoges vollzieht sich nun auch hier: Die Frage: „Ist ein Akkord?" und d. h.: „Ist ein Akkord im Hohen und Tiefen?" (C), reduziert sich auf die Frage: „ist ein Zahlenverhültnis im Hohen und Tiefen?" (D), und dann erst wird gefragt, was für ein Zahlenverhältnis es ist (E). Mit „Zahlenverhältnis" war also das εΐδος noch gar nicht erkannt, sondern nur ganz unbestimmt genannt: „Zah- lenverhäknis in Hohem und Tiefem" ist bloß „etwas vom τί έστι" von Akkord, ein semantischer ορισμός. Weil dieser aber das ΰποκείμενον be reits mitnennt, kann mit ihm die Faktizität erkannt werden, und zwar nicht nur die des σύνολον, sondern in eins damit auch die des ε�δος (D). Und nach der eigentlichen Definition des εΐδος wird erst jetzt, auf dem Boden dieser Faktizität seines zwiefältigen Vorliegens, gefragt (E), weil nur im Zusammenhang mit der ΰλη das ganz bestimmte Zahlen Verhält nis und d. h, die ganz bestimmte Regei der σύνθ-εσις des Mannigfaltigen erkannt werden kann. Ebenso ist die Erklärung der Seele als εντελέχεια eines natürlichen Körpers mit dem Vermögen zum Leben (De Anirna 412a27f.) nur eine vorläufige Definition, da auch hier das εΐδος zwar bereits in seiner Zwiefältigkeit mit der ΰλη im Blick steht, aber noch nicht in der ganz bestimmten Struktur seines Vereinheitlichens erkannt ist. Daher erinnert Aristoteles in „De Anima" gerade nach dieser De finition (413al3ff.) an den Unterschied zwischen semantischem und begründendem ορισμός und leitet damit die konkrete Untersuchung der Seele; ein. Auch hier läßt sich die Frage: „Ist ein Tier?" und d. h.: „Ist ein Körper ein Tier?", auf die Frage reduzieren: „Ist im Körper eine Seele und d. h, ein Vermögen zum Leben?", und erst auf dem Boden dieser Faktizität und d. h. auf dem Boden der im semantischen ορισμός ausgespannten Zwiefältigkeit kann dann nach dem näheren Wesen des ε�δος gefragt werden, aus dem dann auch erst das nähere Wesen d«s σύνολον erkannt wird. l

Die Beantwortung der Frage: „Warum ist diese ύλη das und das?", kann also nicht auf das vermittelnde ε�δος als auf eine bereits feststehende . Wesenheit einfach zurückgreifen. Wenn das ε�δος nicht nur nebenbei* sondern in seinem Wesen Grund des Heraustretens von Vorliegendem ist, kann es auch selbst nur als Vorliegendes und d. h. in der Zwiefältigkeit mit einer ΰλη definiert werden. Vollzieht sich somit auch die Definition des ε�δος ebenso wie die der αυμβεβηκότα und des σύνολον in der Vermittlung seiner Zwiefältigkeit mit dem Vorliegenden, so ist doch das Vermittelnde jetzt nicht ein weiterer Grund, sondern lediglich die vollständige Entfaltung seines eigenen gründenden Wesens. Die in Anal. Post. B2 und B7 geforderte begründende Definitidn des Vorliegens bedeutet also beim ε�δος nicht, daß es vermi t t e i s eines Grundes, sondern daß es nur noch als Grund definiert

wird. Damit stellt sich die Definition des εΐδος selbst (seine Gliederung in Gattung und spezifische Differenz) in den Dienst der Frage nach der Definition des σύνολον und nach dem Heraustreten der ΰλη. Alles Fragen, das sich auf die ουσία bezieht, geht aus von der Frage: „Warum ist diese ΰλη das und das?" Alles Fragen und Wissen überhaupt bewegt sich nur noch innerhalb der Zwiefältigkeit des Anwesens.

Die Definition kann jetzt also nicht mehr das jeweils mit Einem Namen Benannte und einfach Vorgestellte ohne weiteres und sogleich von anderem unterscheiden. Was bisher als Einfaches und Präsenz von aller ΰλη frei zu sein schien (ζ. Β. „Akkord"), wird als σύνολον verstanden, und von diesem muß zuerst die unexplizit mitgemeinte ΰλη eigens ausgegliedert werden, bis man zum eigentlich Einfachen gelangt, das jetzt ein Einfaches der ΰλη ist. Als was dieses Einfache in der Definition erklärt wird, bestimmt sich nicht mehr primär aus seinem negativen Verhältnis zu dem Mannigfaltigen, wovon es unterschieden wird, sondern aus dem positiven Verhältnis 2u dem Mannigfaltigen, das es in sich versammelt. Genauso wie beim „Akkord" verhält es sich auch bei den gleichteiligen Substanzen (S. 97). Fragt man ζ. Β. nach dem τί ijv ε�ναι von „Erz" oder „Fleisch", dann kann nicht mehr sogleich das bei diesen Namen Vorgestellte von anderem Vorgestellten nach irgendwelchen Hinsichten unterschieden werden, sondern zuerst müssen die hyletischen Bestandteile eigens herausgehoben sein, und die Definition besteht dann in der Erkenntnis der bestimmten Regel ihrer σύνθ-εσις. Bei einem όργανον hingegen (S. 100 f.), sei es ein Teil eines Lebewesens oder ein Gebrauchsding des Menschen, geht die Definition ebenso wie dann auch beim ganzen Lebewesen von seinem έργον aus (S. 113), so z. B. beim Haus: „Obdach für Menschen und Dinge gegen Zerstörung durch Wind, Regen und Hitze" (403b4f., 1043al6f.). Für sich allein wäre das aber noch ein semantischer ορισμός, der sich zum vollständigen ορισμός erst durch die sich daraus ergebende bestimmte Anordnung der hyletischen Bestandteile entfaltet, ihr ώδι κεΐσθ-αι (1043a8, a32), das der bestimmten Proportion bei den gleichteiligen Substanzen entspricht.

Die weiteren bestimmten Eigenschaften und Charaktere der ΰλη, ohne die sie nicht in das einheitliche Vermögen zu diesem έργον heraustreten kann, werden dann zwar nicht in der Definition selbst genannt, aber müssen als αυμβεβηκότα κα&' αυτά aus ihr gefolgert werden können (S. 130 f.). So muß also das ε�δος, indem es als das Eine und die αρχή des hyletisch Mannigfaltigen definiert wird, zugleich als das Eine und die αρχή (402b25) seiner mannigfaltigen notwendigen. Präsenzen umgrenzt sein, und jede Definition, aus der sich nicht auch die συμβεβηκότα erkennen lassen, ist „leer" und „dialektisch" (402b25ff.). So wie man vor der eigentlichen Definition erst die ΰλη eigens herauslösen muß, muß man auch die συμβεβηκάτα zuvor empirisch (κατά φαντασίαν) kennengelernt haben (402b21 ff.), ja dieser Rückgang zu den συμβεβηκότ« und jener Rückgang zur ΰλη ist ein und derselbe (vgl. S. 131). Nicht nu c be-

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sich bei d£n αυμβεβηκότα nur mit Hilfe des semantischen ορισμός be-antworten! der „etwas vom τι έστι" ist: er ist dabei ein erstes Vermitteln deSi und die Frage kann auf ihn reduziert werden („Ist Eklipse?" und d. h.: „Ist der Mond in Eklipse?", auf; „Bleibt beim Mond das Licht aus?") (£u 141). Etwas Analoges vollzieht sich nun auch hier: Die Frage: ,,lst ein Akkord?" und d. h.: „Ist ein Akkord im Hohen und Tiefen?" (C), reduziert sich auf die Frage: „Ist ein Zahlenverhältnis im Hohen und Tiefen?" (D), und dann erst wird gefragt, was für ein Zahlenverhältnis es ist (E). Mit „ZahlenVerhältnis" war also das εΐδος noch gar nicht erkannt, sondern nur ganz unbestimmt genannt: „Zah-lenverhältnis in Hohem und Tiefem" ist bloß „etwas vom τι έστι" von Akkord, ein semantischer ορισμός. Weil dieser aber das ΰποκείμενον bereits mitnennt, kann mit ihm die Faktizität erkannt werden, und zwar nicht nur die des σύνολον, sondern in eins damit auch die des ε�δος (D). Und nach der eigentlichen Definition des ε�δος wird erst jetzt, auf dem Boden ditser Faktizität seines zwiefäftigen Vorliegens, gefragt (E), weil nur im Zusammenhang mit der 6ληdas ganz bestimmte Zahlen Verhältnis und d. h. die ganz bestimmte Regel der αύνθεσι,ς des Mannigfaltigen erkannt werden kann. Ebenso ist die Erklärung der Seele als εντελέχεια eines natürlichen Körpers mit dem Vermögen zum Leben (De Anima 412a27f.) nur eine vorläufige Definition, da auch hier das ε�δος zwar bereits in seiner Zwiefältigkeit mit der υλη im Blick steht, aber noch nicht in der ganz bestimmten Sttuktur seines Vereinheitlichens erkannt ist. Daher erinnert Atistoteies in „De Anima" gerade nach dieser Definition (413al3fF.) an den Unterschied zwischen semantischem und begründendem ορισμός und leitet damit die konkrete Untersuchung der Seele ein. Auch hier läßt sich die Frage: „Ist ein Tier?" und d. h.: „Ist ein Körper ein Tier?", auf die Frage reduzieren: „Ist im Körper eine Seele und d. h. ein Vermögen zum Leben?", und erst auf dem Boden dieser Faktizität und d. h. auf dem Boden der im semantischen ορισμός ausgespannten Zwiefältigkeit kann dann nach dem näheren Wesen des εΐδος gefragt werden, aus dem dann auch erst das nähere Wesen d«s σύνολον erkannt wird.

Die Beantwortung der Frage: „Warum ist diese ΰλη das und das?", kann also nicht auf das vermittelnde ε�δος als auf eine bereits feststehende Wesenheit einfach zurückgreifen. Wenn das εϊδος nicht nur nebenbei, sondern in seinem Wesen Grund des Heraustretens von Vorliegendem ist, kann es auch selbst nur als Vorliegendes und d. h. in der Zwiefältigkeit mit einer ΰλη definiert werden. Vollzieht sich somit auch die Definition des ε�δος ebenso wie die der συμβεβηκότα und des σύνολον in der Vermittlung setner Zwiefältigkeit mit dem Vorliegenden, so ist doch das Vermittelnde jetzt nicht ein weiterer Grund, sondern lediglich die vollständige Entfaltung seines eigenen gründenden Wesens. Die in Anal. Post. B2 und B7 geforderte begründende Definition des Vorliegens bedeutet also beim ε�δος nicht, daß es verm i t t e l s eines Grundes, sondern daß es nur noch als Grund definiert

wird. Damit stellt sich die Definition des εΐδος selbst (seine Gliederung in Gattung und spezifische Differenz) in den Dienst der Frage nach der Definition des σύνολον und nach dem Heraustreten der ΰλη. Alles Fragen, das sich auf die οΰαία bezieht, geht aus von der Frage: „Warum ist diese ΰλη das und das?" Alles Fragen und Wissen überhaupt bewegt sich nur noch innerhalb der Zwiefältigkeit des Anwesens.

Die Definition kann jetzt also nicht mehr das jeweils mit Einem Namen Benannte und einfach Vorgestellte ohne weiteres und sogleich von anderem unterscheiden. Was bisher als Einfaches und Präsenz von aller ΰλη frei zu sein schien (ζ. Β. „Akkord"), wird als σύνολον verstanden, und von diesem muß zuerst die unexplizit mitgemeinte υλη eigens ausgegliedert werden, bis man zum eigentlich Einfachen gelangt, das jetzt ein Einfaches der ΰλη ist. Als was dieses Einfache in der Definition erklärt wird, bestimmt sich nicht mehr primär aus seinem negativen Verhältnis zu dem Mannigfaltigen, wovon es unterschieden wird, sondern aus dem positiven Verhältnis zu dem Mannigfaltigen, das es in sich versammelt. Genauso wie beim „Akkord" verhält es sich auch bei den gleichteiligen Substanzen (S. 97). Fragt man ζ. Β. nach dem τι ήν ει VOLL von „Erz" oder „Fleisch", dann kann nicht mehr sogleich das bei diesen Namen Vorgestellte von anderem Vorgestellten nach irgendwelchen Hinsichten unterschieden werden, sondern zuerst müssen die hyletischen Bestandteile eigens herausgehoben sein, und die Definition besteht dann in der Erkenntnis der bestimmten Regel ihrer σύνθεσις. Bei einem όργανον hingegen (S. 100f.), sei es ein Teil eines Lebewesens oder ein Gebrauchsding des Menschen, geht die Definition ebenso wie dann auch beim ganzen Lebewesen von seinem έργον aus (S. 113), so ■z, B. beim Haus: „Obdach für Menschen und Dinge gegen Zerstörung durch Wind, Regen und Hitze" (403b4f., 1043alü£.). Für sich allein wäre das aber noch ein semantischer ορισμός, der sich zum vollständigen ορισμός erst durch die sich daraus ergebende bestimmte Anordnung der hyletischen Bestandteile entfaltet, ihr ώδϊ κεΐσ&αι (1043a8, a32), das der bestimmten Proportion bei den gleichteiligen Substanzen entspricht.

Die weiteren bestimmten Eigenschaften und Charaktere der ΰλη, ohne die sie nicht in das einheitliche Vermögen zu diesem έργον heraustreten kann, werden dann zwar nicht in der Definition selbst genannt, aber müssen als συμβεβηκάτα κα&' αυτά aus ihr gefolgert werden können (S. 130 f.). So muß also das ε�δος, indem es als das Eine und die αρχή des hyletisch Mannigfaltigen definiert wird, zugleich als das Eine und die αρχή (4Ö2b25) seiner mannigfaltigen notwendigen. Präsenzen umgrenzt sein, und jede Definition, aus der sich nicht auch die συμβεβηκότα erkennen lassen, ist „leer" und „dialektisch" (402b25ff.). So wie man vor der eigentlichen Definition erst die υλη eigens herauslösen muß, muß man auch die συμβεβηκότα zuvor empirisch (κατά φαντασίαν) kennengelernt haben (402b21 ff.), ja dieser Rückgang zu den συμβεβηκότα und jener Rückgang zur υλη ist ein und derselbe (vgl. S. 131). Nicht nur be-

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wegt sich alles Fragen und Wissen nur noch innerhalb einer Zwiefältigkeit (S. 151), sbndern die beiden Seiten des zwiefaltig Anwesenden, die Zwte-fältigkeit innerhalb der ουσία und die Zwiefältigkeit zwischen οΰαία und Kategorien, deren Struktur sich bereits als analog erwiesen hat, bilden nun darübier hinaus ein einheitliches-in sich verschränktes Gefüge. Dabei ist die Definition der ουσία in der Spannung zwischen semantischem und vollständigem ορισμός Ausgangs- und Endpunkt der ganzen Durchforschung des rnannigfaltigen Vorliegens des zweiseitig zwie- fäitigen τάδε τι.

Diese Einordnung in die Verhältnisse des Vorliegens ist dem von Platon übernommenen ορισμός ursprünglich fremd und auch bei Aristoteles nur ein letzter Ausblick; wäre sie im einzelnen vollständig durchgeführt worden, dann hätte sie den Rahmen der Definition über* haupt sprengen müssen. Denn wenn Aristoteles in der Metaphysik und den Analytiken auch weiterhin und ganz selbstverständlich daran' festhält, daß das ε�δος wesensmäßig definierbar ist, so. läßt sich doch bezweifeln, Öaß der δρισμός, dessen Gliederung in Gattung und Differenzen einzig in seiner ursprünglichen Aufgabe gründet, der Selbigkeit (αλήθεια) eines einfach Wißbaren durch Unterscheidung ansichtig und gewiß zu werden*1, auch den neuen Ansprüchen gewachsen ist.

Und so hat Aristoteles schließlich auch im zweiten und dritten Kapitel der wahrscheinlich sehr späten Abhandlung, die als erstes Buch von „De Partibus Animalium" überliefert ist, eine Destruktion der Definition wenigstens für die Arten der Lebewesen tatsächlich durchgeführt. Die Lebewesen nehmen bei der Definition insofern eine Sonderstellung ein, als sie sich nicht durch verschiedene Werke, sondern durch die Verschiedene Gestaltung und Durchführung ein und desselben, in sich vielfältig strukturierten „Werkes'' (des Lebens) unterscheiden. Eine Definition vermhteis einer obersten Gattung und einer eingliedrigen absteigenden Reihe von Differenzen kann aber nur einen einzelnen Aspekt aus dem Gesamtgefüge des Tieres herausgreifen (ζ. Β. die Beschaffenheit der Füße, 644a5ff.), während sich das Lebendige faktisch immer in. der ganzen Vielfältigkeit seiner Struktur modifiziert. Und so fordert Aristoteles jetzt, daß jede Art durch eine Mannigfalt von gleichgeordneten (nicht untergeordneten) Differenzen bestimmt werde (vgl. besonders 643M3, b24,644a5ff,).

Ausdrücklich wird hier nur die Unzulänglichkeit des bisherigen ορισμός erwiesen. Doch stellt ihm Aristoteles auch keine neue Definition gegenüber. Es bleibt offen, ob diese Mannigfalt von BestimmungenM überhaupt noch eindeutig begrenzt ist und sich zu einem endgültig geschlossenen ορισμός zusammenfassen läßt. Und da es hier

11 Für den Ursprung von δριαμός und ätaipeatq aus der Sicherung gegen das |eöM vgl. Phaidr. 262a/b, Soph. 253dl f.

" Diese befinden sich noch diesseits der αυμβεβηκίτα καθ* αυτά, die weiterhin von dem, was die oüatatselbst ausmacht, unterschieden werden (643a27 f.).

152

nicht um das ontoiogische Problem, sondern um\iie konkreten Bedürfnisse und Möglichkeiten der Naturkunde geht, wird auch die Frage nicht mehr aufgenommen, die in der „Metaphysik" als die eigentliche απορία des ορισμός herausgestellt worden war, aber nur für die bisherige Definition gelöst wurde (§15): wie das Mannigfaltige innerhalb der Präsenz zusammen ein Einfaches bilden kann.

Die Vielfalt von Bestimmungen innerhalb des εΐδος selbst bedeutet nicht, daß es nicht mehr einfach ist, sondern daß seine Einfachheit sich verwandelt hat, indem es selbst nicht mehr als Bestimmung, als mit einem Wort eindeutig greifbares und umgrenztes „so und nicht anders" (αληθές) verstanden werden kann, und daher, wenn es noch auf eine Bestimmung gebracht werden soll, nur noch mit mehreren Bestimmungen (seinen verschiedenen „Aspekten") zu fassen ist.

Entsprechend kann auch in den Definitionsbeispielen in der „Metaphysik", sofern sie überhaupt den neuen Anforderungen gerecht zu werden versuchen, die σύνθεσις der δλΐ) immer nur als „so und so" (ώδί) gekennzeichnet werden, z. B. „ein Haus so und so zusammengesetzte Ziegel und Hölzer" (1043a8f.), „ein Akkord so und so gemischtes Hohes und Tiefes" (alOf.) usw. Wie sich die konkrete Entfaltung dieser Abbreviatur noch im Rahmen einer Definition halten kann, ist zu' verstehen, wo nur ein einfaches mathematisches Verhältnis anzugeben ist wie beim „Akkord"; bei einem „Ungleichteiligen", z.B. einem Haus, läßt sich das „so und so" offenbar gar nicht mehr mit bloßen Worten erklären.

Das einfache Wesen des εϊδος als ενέργεια und αίτια der υλη erschöpft sich dann nicht nur nicht in seinem Umgrenztsein (S. 151), sondern ist schließlich überhaupt nicht mehr ein schlechthin Wißbares, nicht nur weil es in seinem einzelnen Vorliegen nicht unverlierbar gegenwärtig bleibt (S. 107), sondern weil es bereits in seinem einfachen (allgemeinen) Gehalt kein schlechthin Bestimmtes und Selbiges ist. Das konnte nicht ausdrücklich werden, und Aristoteles mußte an der Definition festhalten, weil es keine Möglichkeit gab, das Wesen eines Einfachen, das nicht άλη&ές-έπιστητόν ist, positiv zu denken. Wiederum erweist sich die άλήθ-εια, die ja als Selbigkeit nichts anderes als die „schlechthinnige Anwesenheit" (Präsenz) ist (S, 57), als die Grenze, über die Aristoteles nicht endgültig hinausgehen konnte. In seiner Unbekümmertheit um Systematik und Konsequenz hat er das Problem der Einheit des Mannigfaltigen sich so weit entfalten lassen, bis er ihm selbst nicht mehr folgen kann. Indem das mannigfaltig Vorliegende als Anwesendes gedacht und d. h. in eine einfache Präsenz aufgehoben wird, muß das Einfache seinerseits so tief in das Unbestimmte hineingezogen werden, daß es sich nicht mehr als Präsenz erhalten kann. Das Sein als Anwesenheit, aus dem ursprünglich alle Mannigfaltigkeit ausgeschlossen war, wird in seinen Möglichkeiten bis zum Äußersten erweitert und schließlich überspannt.

An dieser Grenze konnte daher auf der ganzen Linie der Problematik

153

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das bei Aristoteles selbst immer noch übet sie hinwegoszillierende Fragen einfrieren dnd zum mdierbaren Lehrbestand werden. Wie darum die äußersten Vorstöße, die Aristoteles unter dem Zwang der Sachen selbst (άνΑγκαζομεγος άκολου&εΐν τοις φαιναμένοις, 986b31) über diese Grenfce hinaus unternommen hat, nicht mehr bemerkt wurden, so blieb nun auch der lebendige Zusammenhang der Begriffe und Probleme innerhalb dieser Grenze weitgehend verdeckt. Denn das eine wie das andere wird nur sichtbar» wunu es der Auslegung gelingt, nicht bei den festen Resultaten st hat, e n die sich das Denken mannigfaltig auskristallisietthenzubleiben, isondern die Grundfrage 2u erkennen, die es im ganzen und einheitlich in Atem hielt.

So hat sich der Begriff der Anwesenheit, sofern er nur exakt gefaßt, angemessen gegliedert und nicht isoliert von anderen ontologischen Crundproblemen (insbesondere dem des Sv) behandelt wird, nicht nur in allen Modifikationen immer wieder als Grundbestimmung des Seins bestätigt, sondern für ein einheitliches Verständnis der inneren Bewegung des aristotelischen Philosophierens als schlechthin unentbehrlich etwiesen, da er diesem Denken nicht bloß zugrunde liegt, sondern iri seiner Spannung zwischen „Präsenz" und „Vorliegen" diejenige einheitliche und umfassende απορία bildet, die Aristoteles der Reihe nach zu allen seinen Begriffen und Problemen fortgetrieben und die ganze Ausbreitung dieses Denkens aus ihrem eigenen Wesen heraus hervorgebracht hat. Und so läßt sich mit Hilfe dieses Begriffs und dem des ϊν die gesamte ontologische Problematik des Aristoteles in einer einzigen Konsequenz bruchlos verstehen und in der Interpretation das Prinzip durchhalten, keinen neuen Schritt und keinen neuen Begriff als verstanden gelten zu lassen, solange er nicht auf seine ontologische Bedeutung und Struktur hin durchsichtig geworden ist, also sowohl alle sachfremden äußerlichen Vorstellungen, wie z. B. ,)Transzendenz" und „Immanenz", auszuschalten, als auch keinen einzigen der sich erst in der aristotelischen Problematik selbst ergebenden Grundbegriffe als gegeben und an sich selbst verständlich vorauszusetzen. Wie einheitlich und erschöpfend aber die griechische Ontologte von dem Verständnis des Seins als Anwesenheit bestimmt ist, zeigt sich endlich daran, daß die Anwesenheit nicht nur den Ausgangspunkt bildet und nicht nur selbst auch das über diesen Ausgangspunkt hinaustreibende Moment ist, sondern schließlich auch selbst die Grenze markiert, die dieses Denken nicht endgülüg überschreiten kann, ohne sich aufzugeben. Was es über sich hinaustreibt und was es zurückhält, ist ein und dasselbe: die Frage nach der Präsenz des Vorliegenden.

S T E L L E N R E G I S T E R ?

Stellen, die nur als Delege für Wo «erklär Lirigen und zur Erläuterung des Sprachgebrauchs angeführt wurden, ohne damit etwas zu ihrem eigenen Ver-stä s Register nicht mit aufgenommen. ndnis beizutragen, sind in da

AnalyticaPosteriora Seite

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154 155

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Page 83: Tugendhat Ti Kata Tinos

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Physich

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De Generatione et Corruptione

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De Generatione De Partibitset Corruptione Seite Animalium Seite

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De Generatione Animalium B3

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100 101 114 150101 114

Metaphysica

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413a6f. 112A. A6,987b9ff. 12B2, 413al3£f. 140 ff. 150 A9, 990bl 13

414al9ff. 112 112A. 990b6 13414a21f. 86 99la21f. 12

B4, 415a28f. 101 992a25 13415a29ff. 35 B2, 996bt4-18 22 44A. 4741Sbl5ff. 100 996bl8ff. 47A.

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Γ6, 430a26 15 Γ1, 1003a21 33

430b28 16 1003a31f. 34Γ7, 431a6f. 93A. Γ2, 1003a33 27Γ8, 432a2 103 1003b6ff. 28 44A.

1003b23f. 27De Partibus Anima ium 1004a2ff. Γ3,

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AI, 640a38 114 Γ4, 1006a28-bl3 15; 640b30ff. 98f. 101 1007a33ff. 54A. 55

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156 157

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1. Theunissen

126 1457a29£. 57A

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41. Weisshaupt, K it der urt: Die ZeitlichkeWahrheit 42. Scheier, Clau Selbstentfal-s-Artur: Dietung der methodisc n als Prinzip hen Reflexioder Neueren Philos e ophi

43. Hamann, Karl: Jacobis Philosophie F. H. der Freiheit 44. Schachten, Wi lntelleaus Verbi. Die nfried:Erkenntnis im Mit ug des Wortes nach vollzBonaventura 45. Ganter, Martin ittel und Ziel in der : Mpraktischen Philoso istoteles phie des Ar46. Hager, Achim; Subjektivität und Sein 47. GeÜimann-Sief emark: Das Ver-ert, Annhältnis von Philo d Theologie im sophie unDenken Martin He ideggers48: Maraldo, John C: Der hermeneutische Zirkel 49. Schmidt-Biggem ilhelm: Maschine ann, Wund Teufel 50. Verweyen, Hansjürgen: Recht und Sitt-lichkeil in J. G. Fichtes Gesellschaftslehre 51. Jergius, Holger ilosophische Sprache ; Phund analytische Sp rachkritik

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59. Wenzler, Ludwig: Die Freiheit und das Böse nach Vladimir Solov 'ev 60. . Ebelinp Hans: Selbsterbaltung und Selbstbewußtsein. Zur Analytik von Freiheil und Tod 6 Li Fromm, Susanne: Wittgensteins Er kenntniispiele contra Kants Erkenntnislehre 62. Ulke, Karl-Dieter: Agnostiscbes Denken im Vtkiorianiscbeh England 63. Wilson, Thomas f: San alt Text. Vom Tlrtffiödeli als Martin1 Heideggers Denkmö-tiell. fiirte funktionilistische Interpretation t4. Magin, Michael N.: Ethos und Logos in Uer Medizin

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der Hegelschen Logik, Z r Idee einer Phä-unomenologie des Ortes 73. Becker, Wolfgang bstbewußtsein und : SelErfahrung. Zu Kants transzendentaler De-duktion und ihrer entativen Rekon-argumstruktion 74. Schmidinger, Hei h M.r Nacbidealisti nricsehe Philosophie und christliches Denken. Zur Frage nach der Denkbarkeit des Un-vordenklichen 75. Liske, Michael- Aristoteles und Thomas:der aristotelische Essentialismus. Individuum, Art, Gattung 76. Nenont Thomas: Objektivität und endliche Erkenntnis. anszendental-Kants trphilosophische Korrespondenwheorie der Wahrheit

77. Heinrieb, Richard: Kants Erfahrungs-raum. Metaphysischer Ursprung und kritische Entwicklung 78. Tiedemann-Bartels, Hella: Verwaltete Tradition. Die Kritik Charles Peguys 79. Ruiz-Pesce, Ramon Eduardo; Metaphysik als Metahistorik oder Hermeneutik des unreinen Denkens. Die Philosophie Ma* Müllers 80. Kummer, Christian: Evolution als HO-hetentimcklung des Bewußtseins. Über die interttionalen Voraussetzungen der materiellen Selbstorganisation 81. Nagasawa, Kunihiko: Das Ich im deut-schen Idealismus und das Selbst im Zen-Buddhismus. Fichte und Dogen 82. Zehnpfennig, Barbara: Reflexion und Metarqßifxion bei Platan und Fichte. Ein Strukturvergleich des Platonischen „Char-mides" und Fichres „Bestimmung des Men-schen" 83. Kaniata, Yasuo: Der junge Schopenhauer. Genese des Grundgedankens der Welt als Wille und Vorstellung 84. Tettwsen, Rudolf; Familienähnlichkeit und Analogie. Zur Semantik genereller Termini bei Wittgenstein und Thomas von Aquin

85. Bathen, Norbert: Tbomistische Ontotogie und Sprachanatyse 86. Gander, Hans-Helmuth: Positivismus als Metaphysik. Voraussetzungen und Grund-struktureri von Diltheys Grundlegung der Geisteswissenschaften