"Udhëtimi nëpër fushën e Drinit dhe Vardarit" Reise Durch Die Gebiete Des Drin Und Wardar Von...

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R Ε I S Ε DURCH DIE Ü JΈBIETE DES DRIN UND WAßDAR IM AUFTRAGE DER KAISERL. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN UNTERNOMMEN IN JAHRE 1863 VON J. G. v. HAHN Κ. K. CONSUL FÜR DAS ÖSTLICHE GRIECHENLAND. VORGELEGT IN DER SITZUNG DER PHILOSOPHISCH-HISTORISCHEN CLASSE A M 21. NOVEMBER 1865. EINLEITUNG. Obgleich der Drin kaum zehn Meilen von der Südspitze des Kaiserstaates in die Adria mündet, ·&> iet er doch noch von allen europäischen Flüssen der unbekannteste; denn von der Verbindung seiner beiden Hauptarme bis zum Eintritt des vereinten Flusses in die Ktistenebene tat ftöiäti jemand vor dem Verfasser dessen mehr als zwanzigstündigas Rinnsal verfolgt. Von den Neueren warf nur Grisebach von weitem einen Blick auf dasselbe und schilderte es als eines der sonderbarsten, die es geben kann. Von den Alten sagt S trab on. dass dieser Fluss bis nach Dardanien reiche, aber Niemand hat seit ihm diese Angabe bestätigt oder widerlegt. Der Verfasser lernte diese Sachlage schon bei der Bearbeitung seiner albanesischen Studien kennen, und versäumte seitdem keine Gelegenheit, auf die Notwendigkeit einer näheren Untersuchung des Drin aufmerksam zu machen. Nachdem er aber zehn Jahre vergeblich gewartet hatte, entschloss er sich endlich, diese Aufgabe selbst zu lösen. In demselben Dunkel wie der vereinte Drin lag aber auch das Thal des schwarzen Drin von der Stadt Dibra bis zur Verbindung der beiden Drinarme. Es ist als das grösste Räuber- nest verschrien und wird daher von seiner nächsten Nachbarschaft gemieden. Ebenso vergeblich wie bei den Drinthälern suchte der Verfasser nach Aufklärung über das untere Wardarthal. Es war ebenfalls von neueren Reisenden nur an einigen Stellen gekreuzt, aber noch nie durchzogen worden, — und dennoch wird künftig durch dieses Thal die Haupt- arterie des europäischen Weltverkehrs laufen, — wir meinen die Eisenbahn von Belgrad nach Salonik. Bereits in der Einleitung zu seiner Reise von Belgrad nach Saloniki hat der Vier- fasser seine Ansichten über die Bedeutung dieser Bahn für Europa und für den Kaiserstaat insbesondere entwickelt, und um sich nicht zu wiederholen, muss er hierauf verweisen, und sich nur auf die Bemerkung beschränken, dass, wenn er dort (S. 4, Note 1) von der fernen Zukunft sprach, in welcher einst die Eisenbahnen die Spitzen der griechischen und der italienischen Halbinsel erreichen werden, sich diese Aussicht für die letztere bereits verwirklicht hat, denn Universitätsbibliothek Regensburg urn:nbn:de:bvb:355-ubr05324-0001-7

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R Ε I S Ε DURCH DIE

ÜJΈBIETE DES DRIN UND WAßDAR IM A U F T R A G E D E R KAISERL. AKADEMIE D E R WISSENSCHAFTEN UNTERNOMMEN IN J A H R E 1863

VON

J. G. v. H A H N

Κ. K. CONSUL FÜR DAS ÖSTLICHE GRIECHENLAND.

V O R G E L E G T IN DER SITZUNG D E R PHILOSOPHISCH-HISTORISCHEN CLASSE AM 21. NOVEMBER 1865.

EINLEITUNG.

Obgleich der Drin kaum zehn Meilen von der Südspitze des Kaiserstaates in die Adria mündet, ·&> iet er doch noch von allen europäischen Flüssen der unbekannteste; denn von der Verbindung seiner beiden Hauptarme bis zum Eintritt des vereinten Flusses in die Ktistenebene tat ftöiäti jemand vor dem Verfasser dessen mehr als zwanzigstündigas Rinnsal verfolgt. Von den Neueren warf nur Gr isebach von weitem einen Blick auf dasselbe und schilderte es als eines der sonderbarsten, die es geben kann. Von den Alten sagt S trab on. dass dieser Fluss bis nach Dardanien reiche, aber Niemand hat seit ihm diese Angabe bestätigt oder widerlegt.

Der Verfasser lernte diese Sachlage schon bei der Bearbeitung seiner albanesischen Studien kennen, und versäumte seitdem keine Gelegenheit, auf die Notwendigkeit einer näheren Untersuchung des Drin aufmerksam zu machen. Nachdem er aber zehn Jahre vergeblich gewartet hatte, entschloss er sich endlich, diese Aufgabe selbst zu lösen.

In demselben Dunkel wie der vereinte Drin lag aber auch das Thal des schwarzen Drin von der Stadt Dibra bis zur Verbindung der beiden Drinarme. Es ist als das grösste Räuber­nest verschrien und wird daher von seiner nächsten Nachbarschaft gemieden.

Ebenso vergeblich wie bei den Drinthälern suchte der Verfasser nach Aufklärung über das untere Wardarthal. Es war ebenfalls von neueren Reisenden nur an einigen Stellen gekreuzt, aber noch nie durchzogen worden, — und dennoch wird künftig durch dieses Thal die Haupt­arterie des europäischen Weltverkehrs laufen, — wir meinen die Eisenbahn von Belgrad nach Salonik. Bereits in der Einleitung zu seiner „ Reise von Belgrad nach Saloniki hat der Vier-fasser seine Ansichten über die Bedeutung dieser Bahn für Europa und für den Kaiserstaat insbesondere entwickelt, und um sich nicht zu wiederholen, muss er hierauf verweisen, und sich nur auf die Bemerkung beschränken, dass, wenn er dort (S. 4, Note 1) von der fernen Zukunft sprach, in welcher einst die Eisenbahnen die Spitzen der griechischen und der italienischen Halbinsel erreichen werden, sich diese Aussicht für die letztere bereits verwirklicht hat, denn

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II J. G. ν. ffakη

die italienische Eisenbahn hat bereits Brindisi erreicht und ist somit vollendet. Möge auch die griechische Bahn in ebenso kurzer Zeit Piraeus, ihre Spitze, erreichen! Zwar ist dazu für jetzt noch wenig Aussicht vorhanden, aber im Jahre 1858 war sie für die italienische Bahn noch weit geringer.

Der Plan des Verfassers ging nun dahin, die beiden vorerwähnten Flussfahrten zu ver­binden ; er wollte in tragbaren Booten auf dem vereinten Drin so weit als möglich aufwärts fahren, das schwarze Drinthal durchziehen und auf einem in Welesa (Köprülü) gebauten Boote den Wardar bis zu seiner Mündung hinabfahren.

Zugleich erschien ihm diese Reise eine passende Gelegenheit, um durch astronomische Vermessungen der wichtigsten Punkte, welche sie berühren würde, sichere Basep für das noch gänzlich unbestimmte Innere der europäischen Türkei zu erreichen, und er gewann zu dem Ende die Begleitung eines der ausgezeichnetsten Officiere der k. k. Marine, des damaligen Schiffslieutenants, jetzigen Fregattencapitäns, Herrn Hermann v. Spaun.

Diesen Plan legte der Verfasser der philosophisch-historischen Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften vor und bat um die zu dessen Ausführung erforderliche Sub­vention. Mit derselben Bereitwilligkeit, welche sie bei der Reise des Verfassers von Belgrad nach Salonik bethätigt hatte, ging die Akademie auf die Gedanken des Verfassers ein, gewährte die geforderten Mittel und verpflichtete ihn dadurch zu neuer Dankbarkeit.

Schon früher hatten Seine Majestät der Kaiser von Mexiko, damals an der Spitze der k. k. Kriegsmarine, dem Verfasser für die Drinreise tragbare Boote und deren nöthige Bemannung zuzusagen geruht, und als er nun dieselbe Bitte gegen Seine E.xcellenz den damaligen Minister der Marine, Herrn Freiherrn v. Burger, wiederholte, wurden ihm nicht nur die zur Herstellung solcher Boote an Ort und Stelle erforderlichen Mittel, nebst der zu ihrer Führung nöthigen Mannschaft, sondern auch alle zu den Messungen erforderlichen Instrumente verwilligt, wofür er hier seinen tiefgefühlten Dank darzubringen für Pflicht hält.

Unmittelbar vor Antritt der Reise gewann die Akademie auf die Bitte des Verfassers den bekannten Wiener Photographen Herrn Dr. Chem. Joseph Szeke ly zur Anfertigung eines photographischen Albums über diese unbekannten Gegenden. Derselbe unterzog sich seiner Aufgabe mit vielem Eifer, und stellte eine Reihe von Ansichten her, welche dem Besten an die Seite gesetzt werden dürfen, was die Photographie in dieser Richtung bis jetzt geleistet hat. Leider zeigte sich die Herausgabe des Albums mit zu grossen Kosten verbunden, und wurde daher die Verbreitung der einzelnen Aufnahmen Herrn Szeke ly selbst überlassen.

Nachdem der Verfasser somit über Veranlassung und Zweck seiner Reise in möglichster Kürze Bericht erstattet, geht er zu der die erste Abtheilung dieses Werkes begreifenden Erzählung derjenigen Reisedaten über, welche ihm von allgemeinerem Interesse zu sein scheinen. Die zweite Abtheilung enthält die während der Reise und nach derselben erhobenen chirographischen Angaben, die dritte Abtheilung aber eine Reihe von Abhandlungen über die Geschichte und die kirchlichen, volkswirtschaftlichen und rechtlichen Zustände Albaniens, über welche die jeder einzelnen beigegebenen Einleitungen Rechenschaft geben. Den Schluss bilden die während der Reise gesammelten Inschriften und eine Kartenskizze.

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R E I S E

D U R C H DIE

G E B I E T E D E S D R I N U N D W A R D A R VON

J. G. v. HAHN Κ. K. CONSUL Ft'R DA.8 ÖSTLICHE GRIECHENLAND.

EKSTE ABTHEILUNG.

R E I S E S K I Z Z E N .

I. Durazzo.

Ich stieg in Durazzo am 12. August 1863 mit der Absicht ans Land, mich dort nur für die zu den Reisevorbereitungen unumgängliche Zeit aufzuhalten, weil ich mir dort, aller angewandten Vorsicht zum Trotze, bei meinem ersten Besuche im Sommer 1850 ein hartnäckiges Wechselfieber geholt hatte, an welchem ich zehn Monate siechte und das mehr­mals einen so bösartigen Charakter annahm, dass ich an meinem Aufkommen verzweifelte. Wirklich fand ich auch meinen Collegen Herrn Ba l l e r in 1 ) und mehrere seiner Diener am Fieber darniederliegend; als dieser aber von meinem Vorsatze hörte, widersetzte er sich dem­selben und verlangte wenigstens einen Tag Aufschub, um ihm zur Beilegung einer traurigen Angelegenheit zu verhelfen. Es wären nämlich bereits seit zwei Monaten acht Katholiken der Umgegend der Stadt, sämmtlich türkische Unterthanen, von dem Gouverneure (Mudir) als der Diebshehlerei verdächtig eingezogen worden, weil sie eine Räuberbande mit Brot versehen hatten; von diesen lägen bereits sechs in den ungesunden Gefängnissen der Stadt am Fieber darnieder, mad bei dessen diesjähriger Heftigkeit stehe zu erwarten, dass keiner derselben den Sommer darin überdauern werde; meine Durchreise gewähre mir aber die

*) Ich fühle mich Herrn Dr. B a l l e r i n und seiner Gemahlin für die gastliche Pflege während der zwei Monate, in denen ich an dem erwähnten Fieber in Skodra darniederlag, für immer verpflichtet. Er ist ohne Zweifel der gründlichste Kenner der albaneeiechen Zustände; denn in Skodra geboren, wo sein Vater früher venetianischer, dann österreichischer Vice-Consul war, wurde er nach Vollendung seiner juristischen Studien bei dem Tode seines Vaters dessen Amtsnachfolger. Sein Schwiegervater wai der- k. k. Vice-Consul in Durazzo, Herr Georg T e d e s c h i n i , welcher, gleichfalls aus den vene-tianiechen Diensten in kaiserlich-königliche Dienste übergehend, lange Jahre der Nestor unserer Branche war, bis er im Jahre 1851 unter Verleihung des k. k. Verdienstkreuzes in den wohlverdienten Ruhestand versetzt wurde.

Denkschriften der philoe.-histor. CI. X V . Bd. Abhandl. von Nichtmitgliedern.

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Gelegenheit, die Freilassung dieser Gefangenen von dem Mudir als Gastgeschenk zu erbitten, welcher, wie er vermuthe, die Veranlassung mit Vergnügen benutzen werde, um diesen verdriesslichen Handel, wegen dessen er sich mit dem Erzbischof von Durazzo überworfen habe, beizulegen; er selbst könne, da es sich um türkische Unterthanen handle, sich nicht in die Sache einmischen.

Unter solchen Verhältnissen musste ich also bleiben. Herr B a l l e r i n Hess den Mudir, einen jungen Bei aus dem benachbarten Kawaja, unter der Hand auf meinen Wunsch vor­bereiten, und als derselbe erschien um mich zu bewillkommen, rückte ich gleich mit meiner Bitte vor. Der Mudir verwies die Frage, wie vorauszusehen war, an den Bezirksrath (Medschlis), dessen Präsident er nur sei, versprach aber dieselbe in der morgigen Sitzung vorzutragen, und; lud mich für den folgenden Abend zum Essen ein, was ich unter der Voraussetzung, dass die Gefangenen bis dahin frei gelassen würden, auch annahm. Welche Zögerungen in der Sache eintraten, habe ich nicht erfahren, aber es währte bis zur Essens­stunde, bis dieselben frei kamen. Der Leser wird diesem Hergange entnehmen, dass die türkischen Beformen dem grossartigen Begriffe der Gastfreundschaft hier Landes noch keinen Abbruch gethan haben.

Durazzo fand ich genau in demselben Zustande wieder, wie ich es vor dreizehn Jahren verlassen hatte, sogar die Einwohnerzahl war unterdessen kaum um 50 Köpfe 1) gestiegen, daher ich der in den „albanesischen Studien44 2) gegebenen Beschreibung nichts zuzufügen vermag.

Am 14. Mittags ritt ich in Begleitung des ältesten Sohnes des Lloydagenten von Durazzo, Herrn Joseph Tedeschini , und desselben Dieners Gasparo, welcher mich auch auf der ersten Reise von Durazzo nach Skodra begleitet und, wenn ich fieberte, treulich gepflegt hatte, von Durazzo nach dem angeblich nur vier türkische Stunden entfernten Nderronje./ Durazzo liegt an der Südspitze einer von Norden nach Süden laufenden und gegen Westen steil ins Meer abfallenden Hügelkette 3), welche mit dem Festlande durch eine breite ebene Landzunge verbunden ist. Das Niveau derselben ist so niedrig, dass einelteihe von Lagunen und Sümpfen quer durch dieselbe läuft und an ihrem nördlichen Strande noch die Spuren des Canales sicht­bar sind, welcher, zur Zeit der Venetianer, von einem Meere zum anderen reichend, Durazzo zu einer Insel machte. Wir brauchten 3/ 4 Stunden, um, an dem Bogensaum der Südküste hin­reitend, die Nordwestspitze des Sasso bianco zu erreichen. Dieses, den adriatischen Schiffern allgemein bekannte, Merkzeichen besteht aus einer Art Felsmauer, welche sich steil, zum Theil senkrecht, in solcher Nähe von dem Meere erhebt, dass sie für den auf dem Küstensaume nach der Thalmulde von Kawaja hinlaufenden Weg einen förmlichen Pass bildet. Ob dieser Felsen mit dem von Cäsar in seinem Bürgerkriege erwähnten Petra zusammenfällt, müssen wir Herrn H e u z e y zu entscheiden überlassen. Am Nordwestende des Sasso bianco zieht sich ein Thälchen in das Hügelland, und an dessen Eingang ist eine Quelle, welche ihren stolzen Namen, Königsquelle (krui brettü), keineswegs verdient, denn sie hat nur weniges und fades Wasser.

*) Hatte jedoch, trotz dieses Zuwachses, die Zahl 1.100 noch nicht ganz erreicht. 2) I. S. 74. 3) Obwohl diese Kette, von ferne gesehen, nicht zwei, sondern drei Gipfel zeigt, so dürfte doch wohl der Name Dyrrhachion

(Zwei Rucken) ursprünglich ihr angehört haben, und von den Römern auf die Stadt bezogen worden sein, deren griechische Name Epidamnos in ihrer Sprache Schadenheim bedeutete und daher von übler Vorbedeutung war.

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Π. Nderrenje. 3 / 4 Stunden weiter kamen wir, auf wellenförmigem Boden vorrückend, zu dem Teko (Klo­

ster) Alexit, welches wegen seines Namens unsere Aufmerksamkeit erregte, denn wir waren hier ja wohl auf dem Wege, den Kaiser Alexios im Jahre 1081 bei seiner Flucht vor den Normannen einschlug, nachdem er von ihnen vor Durazzo geschlagen worden war; das Teko besteht jedoch nur aus vier leichten Lehmwänden mit einem noch leichteren Ziegeldache, es war verfallen, und die reichen Brüder Beschir von Tiranna, welche wir auch als die Erbauer der über den Ar^nfluss führenden Brücke kennen lernen werden, hatten erst vor einigen Jahren jenes Häuschen erbaut.

Der Sage nach soll vor Zeiten ein heiliger Derwisch diese Stelle sich zur Ruhestätte aus­ersehen haben und seinem Wunsche gemäss hier begraben worden sein. Wir sahen uns ver­gebens nach den Resten einer alten Kirche oder Kapelle um. Neben dem Gebäude stehen Krüge mit Wasser gefüllt zur Erquickung der Reisenden in dieser quellarmen Gegend '). Das Tek6 scheint von dem westlich daran gelegenen, aber von der Strasse aus nicht sichtbaren Dorfe Alexai seinen Namen zuJiaben, dessen Gentilendung anzeigt, dass es von den Nach­kommen eines Alexios bewohnt wird. Das Dorf ist übrigens jetzt ganz türkisch.

Von hier an wurde die Gegend immer kahler, öder und unwegsamer durch die tiefen Furchen, welche die Winterwasser in die grauen Mergelhügel reissen, an deren Stellungen zur Winterszeit auch die Kraft des stärksten Pferdes zu Schanden werden muss. Erst in der Nähe des Ar^nthales wird die Gegend wieder fruchtbarer, doch war der Anblick der unendlichen Maisfelder, an welchen wir etwa V/2 Stunden hinritten, kein erfreulicher, denn bei der ausser-gewöhnlichen Dürre dieses Sommers waren die meisten Pflanzen in ihrer Entwickelung sehr zurückgeblieben und zum Theil gänzlich missrathen.

Wir näherten uns mehr und mehr dem steilen, von der alten Festung gekrönten Felsberge, welchen wir seit unserem Eintritte in die Thalmulde vor uns hatten, und erreichten in der ersten Dämmerung kurz vor den ersten Häusern von Nderronje ein von hohen Bäumen umschattetes türkisches Grab, hart rechts am Wege, welches den poetischen Namen: „Grab des Liebhabers (worr i aschikut)" führt. Hier liegt nach der Sage ein junger Mann mit seinem Mädchen begraben, das er entführt hatte, weil es einem ihm feindlichen Geschlechte angehörte. Verfolgt und umzingelt, erschoss er, als er keinen Ausweg mehr sah, zuerst das Mädchen und dann sich. Er lebte noch, als die Verfolger nahten, und bat sie, ihn mit dem Mädchen in ein Grab zu legen; seine Bitte wurde erfüllt. Wir hätten gerne Näheres über die Zeit dieses Vor­falles, die Namen der Liebenden und die Geschlechter erfahren, denen sie angehörten. Das Alles war aber bereits verschollen, und wen ich auch darüber fragte, der erwiderte: mehr als das Angegebene hätten sie von ihren Vätern nicht erfahren und diese daher wohl au.ch nicht gewusst.

Nderrenje ist so weitschichtig gebaut, dass es völlig Nacht wurde, bevor wir das im Bazarviertel liegende Haus des Bevollmächtigten des Mudir erreichten, bei welchem uns dieser hatte ansagen lassen. Solche Bevollmächtigte (Wekil) werden von den Mudirs auf Widerruf ernannt. Ihr Hauptattribut besteht in der Handhabung der Polizei ihres Bezirks, und dem zu

i) Ein anderes Beispiel dieser Sitte s. Alhanes. Studien I. S. 85.

a*

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Folge beziehen sie zum Unterhalt der hiezu benöthigten Mannschaft eine Anzahl Löhnungen (Chardschia). Obwohl unser Wirth dem ältesten Geschlechte der Stadt angehörte, so schienen mir doch seine Vermögensverhältnisse zu erlauben, ihm eine Vergütung für unsere Aufnahme anzubieten, welche auch gern angenommen wurde.

Der Bezirk von Nderronje ist klein, denn er zählt in allem nur 350 zumeist muhameda-nische Häuser, von welchen 120 auf die Stadt kommen. Diese zerfällt in drei weitschichtige Viertel (neues Viertel, Bazar und Böse genannt), welche sich zwischen dem Flusse und dem Festungsberge hinziehen, und es wäre nicht unmöglich, dass der Stadtname dieser ihrer Lage entnommen sei, denn er bedeutet wörtlich: „an der Wurzel (nde rronje)", nämlich des Berges. Der Name lautet übrigens nach der hiesigen Aussprache etwa wie Ndroin französisch ausge­sprochen, und der des Albanesischen unkundige Reisende dürfte ihn daher, das anlautende Ν überhurend, Droin oder auch Dr&ije schreiben.

Wir hatten seit langem die Vermuthung, dass Nderrdnje das Gebiet sein dürfte, welches Kaiser Alexios seinen Wäringern als Belohnung für die ihm gegen die Normannen geleisteten Dienste in der Nachbarschaft von Durazzo schenkte1), weil es nicht blos sehr fruchtbar, sondern auch, als der Schlüssel zu dem in das Innere führenden Ar^onthale, der militärisch wichtigste Punct der ganzen Gegend ist. Aber alle Bemühungen um, nähere Bestätigung dieser Ver­muthung an Ort und Stelle waren erfolglos. Ebenso erfolglos waren meine Erkundigungen nach der Geschichte der Stadt und ihrer Festung. Man erinnert sich nur, gehört zu haben, dass vor Zeiten unabhängige Dynasten auf der Burg sassen und dass diese mit denen von Lalmi-, das stromaufwärts bei der Beschirbrücke über dem Ar9&i lag, in beständiger Fehde lebten. Der Bezirk von Nderronje zerfällt in zwei Distrikte: Gross- und Klein - Manskuria, doch wird dieser Name nur in officiellen Urkunden gebraucht, im gemeinen Leben spricht man von Gross- und Klein - Mäne9e 2). Barletius nennt die zwischen Durazzo und Tiranna gelegene Landschaft Scuria und berichtet, dass sie zu Skanderbegs Zeiten dem Geschlechte der Scuro gehört habe.

Bei Gelegenheit dieser Nachfragen erfuhr ich, dass in der am Schkumb gelegenen alten Stadt Pekin zwei sehr alte Familien noch gegenwärtig den Namen des alten Dynasten­geschlechtes der Topai führten.

Unsere Hauptaufmerksamkeit war in Nderr&ije jedoch dem Studium des noch unbe­kannten Ar90nlaufes zugewandt. Denn wenn es uns auch auf unserer ersten Reise durch diese Gegenden gelungen war, diesen Fluss von dem Strombette des Isqhm loszulösen, in welches ihn alle früheren Karten einbezogen, so waren wir damals nicht in der Lage Näheres über seinen weiteren Lauf zu erfahren. Die Untersuchung dös Ar9&i war einer der Hauptgründe, warum ich diese Reiselinie gewählt hatte. Hier in Nderronje ergab sich nun in dieser Hinsicht so viel, dass der Fluss bei der Stadt in die Küstenebene eintritt, indem er von hier aus nur noch eine kurze Strecke weit von niederen sich mehr und mehr verflachenden Höhenzügen begleitet wird. Ob die ziemlich geräumige Einsattlung des von Süd nach Nord laufenden Höhenzugs, in welcher er jetzt quer durch denselben fliesst, ein alter Durchbruch sei, müssen

*) Der englische Consul in Salonik, Herr W i l k i n s o n , welcher mehrere Jahre in Durazzo residirte, erzählte mir dort τοη einem etwa drei Stunden östlich gelegenen Dorfe Baringa gehört zu haben, und vermuthete, dass dasselbe von den im Text erwähnten Wäringern seinen Namen haben könnte. Wir konnten dieses Dorf nicht erfragen, empfehlen jedoch unsern Nachfolgern diese Frage zur näheren Untersuchung.

2) ce ist Diminutiv-Endung.

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wir den Sachverständigen zur Entscheidung anheimstellen. Bei der Stadt hat das Rinnsal die Richtung von Ost nach West, welche es bereits V 4 Stunden stromaufwärts angenommen hat, bei seinem Eintritt in die Ebene aber nimmt es nordwestliche Richtung an, und in der Nähe seiner Mündung in das Meer beugt es noch mehr gegen Norden ab *).

Bei der herrschenden ungewöhnlichen Sommerdürre zog sich freilich damals nur ein dünner Wasserfaden durch die breiten Sandflächen seines Bettes. Nach deren Ausdehnung und nach den uns bei der Stadt angegebenen höchsten Flussständen steigen die Hochwasser wenigstens 20 Fuss über den damaligen Stand, und der Fluss schwillt zu einem gewaltigen Strome an. Doch dauern solche Überschwemmungen selten über einen Tag. Am folgenden Morgen ritten wir in einer halben Spirale den steilen mit alten Ölbäumen bepflanzten Festungs­berg hinauf, wozu wir eine kleine halbe Stunde brauchten. Wir möchten seine Erhebung über den Flussspiegel nicht unter 700 Fuss schätzen. Gegen Westen wird er von dem nicht über eine Stunde langen Thale von Gjella flankirt. Die stufenartig übereinander gestapelten Fels­schichten der westlichen Thal wand haben eine so regelmässige Form, dass sie wie künstlich angelegte Terrassen aussehen. Das gleichnamige Dorf liegt auf einer dieser Terrassen im Südwesten der Festung.

Auf dem ebenen Kamme oberhalb dieses Dorfes öffnete man vor zehn Jahren mehrere Gräber, in denen sich Messer und andere Metallwerkzeuge fanden, ob von Eisen oder Bronze wusste man nicht anzugeben. Dort finden sich auch Fundamente aus Ziegelsteinen. Im Osten des Festungsberges streicht das weit breitere Thal von Pesa mit zum Theile ähnlich terrassirten Wänden von Süd nach Nord. Dieses ist über zwei Stunden lang. Das gleichnamige Dorf soll sich etwa zwei Stunden SOS von der Festung an der östlichen Thal wand hinziehen.

Die Festung selbst liegt auf dem höchsten Gipfel des zwischen jenen beiden Thälern von Süd nach Nord laufenden und durch das Ar^onthal von seiner nördlichen Fortsetzung getrennten Höhenzuges. Der zunächst an diesen Gipfel stossende Theil dieses Höhenzuges heisst Warosch, und hier soll vor Alters die Stadt gelegen haben. Als die Zeiten ruhiger wurden, dürften die Einwohner von dieser unbequemen Höhe ran die AVurzel^ des Berges hinabgezogen sein. Doch wohnen hier noch einige Familien in zerstreuten Häusern. Zu dem Festungsgipfel führt von hier (also von Süden) aus eine breite wohl unterhaltene Stiege zu dem überbauten Festungs-thore. Dieses ist so vollkommen in dem alten Festungsstyle gehalten, dass wir der Versicherung Anfangs keinen Glauben schenken wollten, dass es, so wie das daranstossende Bethaus, ein Werk Ali Paschas von Jannina sei. Dieser merkwürdige Mann hatte also hier seine Arme bereits weit über den Schkumb hinausgestreckt. Der über dem Thorwege angebrachte Kiosk ist noch vollkommen erhalten und sogar mit bunten Landschaften ausgemalt. Dies zeigt von der Wichtigkeit, welche Ali dieser Position beilegte, denn ähnliche uns bekannte Bauwerke desselben sind weit anspruchsloser.

Auf die Frage nach alten Inschriften hatte man uns schon in der unteren Stadt auf eine Treppenstufe des verfallenen Minarets der Festungsmoscho verwiesen; auch oben war diese

Ί) Diese Mündung ist sechs türkische Stunden von der Stadt entfernt und nur 3 / 4 Stunden nördlich vom Cap Pali. Diese letztere Angabe wurde uns von mehreren Seiten bestät igt , und ihr zur Folge wäre die Mündung auf der Kiepert'schen Karte viel zu weit nördlich angegeben, wir vermuthen durch unsere Schuld, weil man uns auf unserer ersten Reise einestheils die obige Entfernung in Durazzo auf i y 2 Stunden angegeben hatte und wir damals noch zu ängstlich waren, um die auf den alten Karten noch nördlicher angegebene Mündung abzuändern und uns daher darauf beschränkten, den Arcon von dem sogenannten Ischmo ab und in jene Mündung hinein zu leiten.

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bekannt. Sie erwies sieh aber als eine Reihe von Furchen, welche der Regen in den Stein gegraben, als er noch an seiner natürlichen Stelle lag. Wir durchsuchten die schlecht gewölbte noch erhaltene Cisterne, die Steine des türkischen Friedhofes, die Umfassungsmauern, das ganze unebene Festungsplateau, welchem ich, der Erinnerung nach, 2 — 300 Schritt nord­südlichen Durchmesser gebe, und hofften wenigstens Einen Zeugen vergangener Zeiten zu finden, aber vergebens; die Steine sind hier eben so stumm, wie die Menschen. Die Thaten und Leiden aller Geschlechter, welche hier gehaust, sind unwiderbringlich aus der örtlichen Erinnerung verwischt, und doch sind, um der Wäringer zu geschweigen, erst vier Jahrhun­derte seit Skanderbegs Tod (1466) verflossen!

Am Südhang des Festungsberges ist ein reich begütertes Derwischkloster, dessen alter Schech im ganzen Lande wie ein halber Heiliger verehrt wird. Er empfing uns sehr freund­lich und hätte es gern gesehen, wenn wir länger bei ihm geblieben wären, wo er .dann die Alten aus der Umgegend kommen lassen wollte, damit ich sie ausfragen könnte, was sie von den vergangenen Zeiten wüssten, denn er selbst habe sich darum niemals bekümmert. Er wisse nur von einer arabischen Inschrift seines Klosters, welche aussage, dass dasselbe im Jahre 888 der Hedschra erbaut worden sei. Seine Gründung fiele demnach bald nach der gänzlichen Unterwerfung Albaniens unter die türkische Herrschaft. Der gutherzige Alte rühmte die herrliche Luft, die weite Aussicht und das ruhige Leben in seinem Kloster und that sein Möglichstes, um uns zu längerem Verbleiben zu verlocken, aber wir waren zu eilig, um uns verführen zu lassen; nachdem wir also eine herrliche Wassermelone und mehrere Tassen Kaffe und Limonade verzehrt hatten, stiegen wir auf dem steilen Abhang des Festungsberges in das Thal von Pesa hinab, an dessen Mündung die Moscho Hadmit1) steht, bei welcher der Are^n einen stumpfen Winkel beschreibt, indem er die von der Beschir-brücke an eingeschlagene Richtung von Nordost nach Südwest mit der von Ost nach West vertauscht.

Diese starke Biegung des Ar^on gegen Norden, welche ich schon auf dem Festungsberge von Nderronje entdeckt hatte, war eine grosse Überraschung, denn als ich von Elbassan über den Gerabepase zum erstenmale an den A r ^ n kam, erfuhr ich zwar zu meinem Erstaunen, dass derselbe nicht Eins sei mit dem Flusse von Ischm, sondern, gegen Westen fliessend, nörd­lich vom Cap Pali in das Meer münde. Dass ich aber auf der zwei staike Stunden langen Strecke von dem Übergangspuncte über den Fluss bis nach Tiranna, welche ich dreimal zurücklegte, dessen Rinnsal fortwährend zur Seite hatte und nur durch eine Hügelkette von ihm getrennt war, das war mir vollkommen unbekannt geblieben.

A) Sie ist 3 / 4 Stunden von dem Hause Ibrahim Beis, unseres Wirthes, entfernt, das in dem Bazarviertel von Nderrenje liegt. Ich war so sehr mit Untersuchung des Flusslaufes beschäftigt , dass ich es gänzlich vergass, mich nach der gefährlichen Wegstelle zu erkundigen, an welcher der Kaiser Alexios, nachdem er von Robert Guiscard vor Durazzo geschlagen war, nur mit grosser Mühe seinen Verfolgern entkam (Anna Komnena lib. IV. cap. 7 ed. Bonn. p. 215), und bin daher nicht im Stande, der hierüber in den Alb. Stud. I. S. 91 enthaltenen Angabe irgend etwas Neues zuzufügen. Diese Stelle, welche Anna Κακή Πλευρά nennt und die heutzutage Karaboja (Schwarzfarbe) heisst, muss zwischen Ibrahim Beis Haus und der Moscho Hadmit gelegen sein. Es ist mir übrigens unmöglich, mir eine klare Vorstellung von Annas Schilderung zu machen. Der Kaiser befindet sich zwischen dem Flusse Charsan zur Linken und einem hohen Felsen zur Rechten, als ihn seine neun normannischen Verfolger erreichen und ihn zuerst von links her mit ihren Lanzen vom Pferde zu stossen suchen. Er stützt sich, um sich zu erhalten, mit dem Schwert, das er in der Rechten führt, gegen die Felswand, und nun wird er zu gleicher Zeit auch von rechts her von den verfolgenden Reitern mit Speeren angegriffen und durch die entgegen­gesetzten Lanzenstösse im Gleichgewicht gehalten, wobei sein Ross einen ungeheuren Satz auf den Felsen macht und ihn dadurch aus dem Bereiche seiner Verfolger bringt!

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Der Fluss behält die Richtung von Südost nach Nordwest bis zu der Breite von Tiranna, macht dann einen jähen Bogen und fliesst nun in umgekehrter Richtung etwa 17 4 Stunde lang bis zu der erwähnten Moscho von Nordost nach Südwest. Von dieser Moscho an fliesst er von Ost nach West der Stadt Nderronje zu.

Von der Brücke an, welche in der Spitze des Flussbogens steht, erreicht man rasch die Ebene von Tiranna. In ihr fliesst aber der Ljanebach hart am südwestlichen Ende der Stadt vorüber und setzt dann seinen Lauf in derselben Richtung fort, welche der Are^n vor seiner Bogenwendung verfolgt, nämlich von Südost nach Nordwest. Der vollkommen ebene Zwischen­raum zwischen den beiden Rinnsalen dürfte höchstens 3/* Stunden betragen, und so erklärt es sich, wie leicht es geschehen konnte, dass der Ljanebach als die nördliche Fortsetzung des Ar9&i betrachtet und beide zu einem Flusse verbunden werden konnten; denn der Αιο,όη stiehlt sich gleichsam an dem Rande der Tirannaebene hin und benutzt die erste Gelegenheit, die sich ihm bietet, um aus ihr zu entschlüpfen.

Die aus mehreren Steinbogen bestehende Brücke über den Ατςέη ist das Werk eines Privatmannes Chadschi A l i Beschiri von Tiranna. welcher durch glückliche Speculationen, namentlich in Schiffbauholz, grossen Reichthum erworben hat, und, der schönen Sitte der muhamedanischen Vorzeit eingedenk, einen Theil desselben zu guten Werken verwendet. Es ist dies jedoch die dritte Brücke, die er an derselben Stelle aufführen lässt; die beiden ersten waren zu schwach, um der Wucht der Hochwasser zu widerstehen. Nach dem Einsturz der zweiten Brücke verschrieb er einen Architekten von Triest, wo er eine Commandite besitzt, und Hess von diesem im Jahre 1859 die jetzige Brücke aufführen.

Auf dem der Brücke zunächst gelegenen Hügel des Westufers sind die Überbleibsel von Festungsmauern sichtbar. Sie gehören der mittelalterlichen Stadt Ljalmi1) an, von welcher wir jedoch nicht» weiter erfahren konnten, als dass dort früher ein unabhängiges Dynasten­geschlecht sass, welches die Küstenebene vonSchjak beherrschte, aber mit denen von Nderronje, seinen nächsten kaum 11/2 Stunde entfernten Nachbarn, in beständiger Fehde lebte. Auch in Pertreila sass ein mächtiges unabhängiges Geschlecht, dessen Gebiet nordwärts bis zum Dorfe Selite (eine Stunde südlich von Tiranna und V4 Stunde westlich von der Hauptstrasse) reichte und sich über das ganze obere Ar^onthal bis Gerabe i wogelje ausdehnte. In Brare aber, das zwei Stunden östlich von Tiranna auf dem Wege nach Matja liegt, wohnte gar ein Herzog, welcher bei Schin Inga (St. Andreas), 20 Minuten nördlich der Stadt Tiranna, ein prächtiges Landhaus besass, zu dem eine Wasserleitung auf Mamorsäulen führte. Jeder aber, der diesen Ort bebaut, hat Unglück2). In Brare steht vor der alten Stadt noch ein Thurm, und eine Kirche im dichten Walde und grosse Schätze sind dort verborgen.

Dies ist die einzige Ausbeute, welche unsere häufigen Fragen nach der Vergangenheit dieser Landschaft ergeben haben, und doch befand sich unter den Befragten die Gesammtheit der katholischen Gemeinde in Tiranna.

III. Tiranna.

Von der Beschirbrücke reitet man eine starke Stunde durch eine freundliche Ebene der Stadt Tiranna und der hinter ihr jäh aufsteigenden Bergreihe von Kroja zu, welche Β ο u 6 auf

1) Der Name ist mir aus Barletius nicht erinnerlich, derselbe gedenkt aber auch nicht einmal der Stadt Nderrenje. 2) Auch auf Euböa kennen wir ähnliche verwünschte Orte — meist Klostergut.

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2000 Fuss schätzt. Wir wussten nun, dass wir auf dieser Strecke die Wasserscheide zwischen dem Gebiete des Ischm und des A r ^ n kreuzen würden, und sahen daher fleissig nach ihr aus, aber vergebens, wir konnten über dieselbe nicht ins Klare kommen. Wir beschlossen daher, die Gegend von Tiranna aus nochmals zu besuchen, was aber leider unterblieb. Ich sehe mich daher auf die Vermuthung beschränkt, dass diese Scheide hier hart an dem Rinnsale des Ar9^n hinlaufen und die Ebene dem Gebiete der Ljane, des südlichsten Zweiges des Ischm, angehören dürfte.

Tiranna und seine Umgebung machte denselben freundlichen Eindruck auf mich, wie bei dem ersten Besuche im Jahre 1850 *). Doch fand ich dort insoferne einen grossen Fortschritt, als hier unterdessen eine katholische Kirche und ein Pfarrhaus entstanden waren. Sie sind mit milden Beiträgen aus Österreich gebaut worden, durch deren Aufbringung Consul Ba l l e r in , wie bei so vielen anderen Kirchenbauten, sich ein wahres Verdienst erworben hat.

Die Mission steht an dem Nordende der Stadt, wo die Häuser zwischen Gärten zerstreut liegen, und macht durch die Reinlichkeit, mit der sie unterhalten wird, den freundlichsten Ein­druck. Ich stieg dort ab und wohnte dem Hochamte und Tedeum bei, mit welchem dort alljährlich das Geburtsfest Seiner Majestät des Kaisers als Kirchenstifters gefeiert wird.

Es schwebt über diesen katholischen Gemeinden Albaniens ein Geist des primitiven Christenthums, den ich nicht als das Erzeugniss meiner Einbildungskraft betrachten kann, dem ich wirkliche Realität zuerkennen muss. Er geht aus der Inbrunst hervor, welche die gedrückte Minorität an ihren Glauben fesselt. Doch auch in dieser Hinsicht ist ein grosser Fortschritt fühlbar, denn mit Selbstgefühl blickt nun der Katholik zu dem Thürmchen empor, von dem ihm zwei Kirchenglocken (freilich nur wenig grösser als Hausschellen) am Regie­rungssitze selbst zum Gottesdienste rufen, und ich gestehe, dass ich dieses Selbstgefühl theilte, weil ich mich der erschütternden Unterredung erinnerte, die ich vor 13 Jahren mit dem Pfarrer des benachbarten Dorfes Derweni über das Läuten seiner Glocken hatte2). Unter solchen Eindrücken war es doppelt erbaulich, als am Ende des Tedeum sich der Pfarrer zu einem Orgelclaviere setzte und nach einem kurzen recht tüchtigen Vorspiel einen Choral anstimmte, welchen die Gemeinde mit halber Stimme begleitete. Diese fand ich von sechs Familien während meiner ersten Anwesenheit bereits auf nahe an 30 angewachsen, und allem Anschein nach dürfte die neue Kirche und die grössere Sicherheit, welche die Stadt gewährt, auch weiteren Zuwachs vom Lande anziehen.

Meine erste Sorge in Tiranna war es, mich nach Leuten zu erkundigen, welche Auskunft über das Quellgebiet des Ar9&i geben könnten, und nach langem vergeblichen Suchen brachte man mir am zweiten Tage nach meiner Ankunft einen jungen Imam aus St. Georg, dem Hauptorte dieser Gegend, Namens Elmas Effendi. An diesem Effendi, einem lustigen Patron von etwa 22 Jahren mit einem schalkhaften Zuge um die Augen, blieb nur eine festere Vor­stellung von Stundenmass zu wünschen übrig. Nachdem wir etwa eine Stunde mit einander gearbeitet hatten, fing es ihm an warm zu werden, und er meinte, dass es nun genug sei und dass er am Abend wieder kommen wolle. Dem widersetzte ich mich natürlich auf das entschiedenste und erhandelte endlich von ihm noch eine halbe Stunde, wobei die Uhr auf den Tisch gelegt wurde. Der Effendi erwartete deren Ablauf mit der Ungeduld eines Schulknaben, und

!) Albanes. Studien I. S. 85. 2) Albanes. Studien I. S. 89.

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betheuerte unter steter Verneinung seiner schalkhaften Augen, dass er am Abend wieder­kommen werde. Ich musste aber selbst am andern Morgen lange auf ihn warten, bevor er von den zahlreichen Sendboten aufgetrieben wurde, die ich nach ihm ausschickte. Wenn der Leser die wenigen Namen und Zahlen vergleicht, welche die chorographische Abtheilung aus diesem Verhör enthält, so wird er es schwer begreiflich finden, dass dieselbe so viel Zeit und Anstrengung kostete. Ich will ihm aber ein Beispiel von den unerwarteten Schwierig­keiten geben, aufweiche er bei solchen Verhören stossen dürfte, wenn er sie selbst versuchen wollte. Elmas Effendi erklärte, der A r ^ n habe zwei Quellen, die südlichere entspringe bei dem Dorfe Schin Gjerkj, das etwa eine Stunde lang, und von Schin Njin, wo sich beide Quellen vereinigten, etwa 1V4 Stunde entfernt sei, die nördliche Quelle liege bei Sehe Merri, von Schin Njin nur eine Stunde ab. Nun hätte ich gern auch die Länge der dritten Seite des Dreiecks, d. h. die directe Entfernung zwischen den beiden Quellen erfahren. Das wollte Elmas Effendi nicht verstehen, er behauptete hartnäckig, dass es nur Einen Weg zwischen Schin Gjerkj und Sehe Merri gebe und dieser über Schin Njin führe. Ich liess also Erde kommen und formirte mit dieser die beiden Thäler. Nun begriff der Mann freilich, was ich wollte, fragte aber, warum ich nach Gegenden frage, die mir bereits bekannt seien. Als er darüber beruhigt war, fragte er weiter: warum ich nach Distanzen frage, wo doch kein Weg führe, was ich denn mit seiner Heimath vorhabe. Ich erklärte ihm das so gut es gehen wollte, und hielt mich von da an auf den geweisten Wegen. Die Bedeutung von Sehe Merri und Schin Gjerkj hat der Leser errathen; an dem Namen Schin Njin dürfte er aber wohl ver­gebens seinen Scharfsinn üben, denn er bedeutet St. Andreas. Diese Namen bezeugen, dass die Bevölkerung des Thals in vergleichsweise späten Zeiten zum Islam übergetreten ist*). Elmas Effendi wusste dies; er gab an, dass es in dem Quellgebiete des Ατςέη viele verfallene christliche Kirchen gäbe, aber wie viele Geschlechter seit dem Ubertritte vergangen seien, konnte oder wollte er nicht sagen.

Eine weitere Aufgabe, die ich in Tiranna auszuführen hatte, betraf die mir wegen Ver­steinerungen gewordenen Aufträge. Da ich mich wegen der ungesunden Jahreszeit so kurz als möglich in den Niederungen aufhalten wollte, so hatte auf meine briefliche Bitte Herr Consul B a l l e r i n bereits vor meiner Ankunft in Durazzo Ausgrabungen anstellen lassen, deren Ergebnisse ich dort vorfand. Von Versteinerungen in der Hügelkette von Preschia, westlich gegenüber von Kroja, welche Herr Dr. A m i Β ο χχέ als Fundgrube angegeben, wusste man in Durazzo nichts, ich schickte jedoch gleichwohl einen Kundschafter dorthin, welcher aber mit leeren Händen nach Tiranna zurück kam. Auch in Tiranna war diese Fundgrube unbekannt, dagegen wies mich S e i d B e i , — der jüngere Bruder des dortigen Mudir, in welchem ich einen sehr gebildeten jungen Mann kennen lernte, der nicht nur persischer und arabischer Sprachgelehrter war, sondern auch mehrere Jahre in Paris gelebt hatte und daher fliessend französisch sprach, — nach den zwei Stunden südöstlich von Tiranna gelegenen Dörfern Sorelli und Briska als reichen Fundgruben, indem er dort selbst in Gesellschaft eines naturkundigen Freundes aus Constantinopel eine etwa zwei Fuss lange Platte mit dem wohl­erhaltenen Skelett eines Aales gebrochen habe, welches sich nun in dem naturhistorischen Museum von Constantinopel befinde. Ich ritt also am folgenden Tage nach den bezeichneten Dörfern, wo wir leider nur die Frauen zu Hause trafen, denn die Männer waren auf dem Felde

J) In Albanien fanden noch im Anfang dieses Jahrhunderts solche landschaftsweise Übertritte Statt. S. Albanes. Studien I. S. 18.

Denkschriften der philos.-histor. Ol. XV. Bd. Abhandl. von Nichtmitgliedern.

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mit der Ernte beschäftigt. Es dauerte mehrere Stunden, in welchen ich die Garten- und Hausmauern des Dorfes vergebens nach Versteinerungen absuchte, bis der Ortsvorsteher aufgebracht werden konnte, und ebenso lange bis dieser Arbeiter fand. Endlich erschien er mit zwei Mann. Aber keiner wollte je von Versteinerungen gehört, keiner irgend eine Thier­gestalt auf einer Steinplatte bemerkt oder von einem Fisch gehört haben, den Seid Be i hier gefunden. Auch sei der nächste Plattenbruch nicht eine halbe Stunde, wie Seid Be i behaupte, sondern eine Stunde vom Dorfe. Dort wolle man mich hinführen und überall einschlagen, wo ich wünschte. Dazu war es aber für heute zu spät und für den nächsten Morgen waren bereits alle Anstalten zu unserer Weiterreise nach Matja getroffen. Ich verlangte also an einen näher gelegenen Ort geführt zu werden, wo nach der Aussage der Ortsleute Muscheln im Boden zu finden seien. Dort sammelte ich, was die beiden Arbeiter etwa in einer halben Stunde aushackten, und gab endlich dem Drängen meiner Begleiter zur Rückkehr nach der Stadt Gehör, wo wir gegen 9 Uhr Abends ankamen.

Während des Sammeins ermahnte ich die Arbeiter, künftig beim Plattenbrechen auf Thiergestalten Acht zu haben und was sie fänden, gegen gute Belohnung dem Pfarrer in Tiranna zu bringen, aber nach der Art und Weise zu schliessen, wie sie dies versprachen, dürften sie dergleichen Platten eher zerstören oder verstecken, aus Furcht, dass sie ein Anlass zu Behelligungen für sie werden könnten.

Am andern Morgen schickte mir Ibrahim Pascha, ein Onkel des Mudirs, eine Partie kleiner versteinerter Austern, jedoch ohne Angabe ihres Fundortes; es sind die schönst geformten der im Anhang beschriebenen Sammlung. Mit dieser war ich zwar Anfangs höchst unzufrieden, ihre nähere Prüfung ergab jedoch zwanzig Species, nach denen sich das Alter der Schichten um Tiranna beiläufig bestimmen Hess1).

Auf dem Wege von Nderrdnje nach Tiranna erfuhren wir, dass sich im oberen Pesathale ganze Bänke versteinerter Muscheln fänden, und in Delbinischt sagte man uns, dass auf dem Wege von Orosch nach Lurja im Miredittenlande versteinerte Fische von Missionären gesehen worden seien. Dies sind die einzigen Angaben über Versteinerungen, welche ich während der ganzen Beise erhielt, obwohl dieselben auf der Liste der Fragen standen, die ich an jedem Orte wiederholte. Die Frage erregte überall Befremden, weil man nie von dergleichen gehört hatte.

Bei dieser Gelegenheit möge bemerkt werden, dass die Nordalbanesen für Stein- und Braunkohlen die poetische Bezeichnung Drachenblut (gjak drangen) haben.

Auch in Tiranna hatten wir einen katholischen Greis loszubitten. Er war eingezogen worden, weil sein Sohn ein Pferd gestohlen hatte, und sass bereits mehrere Wochen, weil es dem Sohne gerathen erschien, dass der Alte statt seiner sitze.

Trotz des Fiasko in der Versteinerungsfrage verliess ich Tiranna am Morgen des 21. August nicht ohne Befriedigung, weil es mir gelungen war, den Lauf des A r ^ n , so weit es die Verhältnisse erlaubten, festzustellen und somit eine der Aufgaben zu lösen, wegen deren ich schon in Durazzo ans Land gestiegen war. Es blieb mir also nur noch der Besuch der noch unbekannten Landschaft Matja; da jedoch dieselbe bei ihrer ganzen Nachbarschaft sehr verrufen ist, so hatte ich hierüber bei dem Mudir angefragt. Dieser aber rieth mir, mich auf die Begleitung eines in den Gegenden, die ich zu durchschneiden hätte, einflussreichen

L) S. das Verzeichniss im Anhang Nr. 2.

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Matjaners zu beschränken, der in seinen Diensten stehe, und mit welchem ich sicherer reisen würde, als mit einer Escorte fremder Leute. Der Vorschlag erschien mir sachgemäss. Statt des erwarteten stattlichen Häuptlings erschien aber eine kleine Gestalt, in ungefärbtes Woll­zeug gekleidet, welche mehr einem Landmann als einem Reisigen glich. Ich wusste indessen, dass er der rechte Mann war, brach also unter seiner Führung gegen diese neue Welt auf, um von dort auf einem weiten Bogen die Strasse von Tiranna nach Skodra zu erreichen, indem ich den Fluss Mati abwärts reiten wollte, nach welchem die Landschaft und ihre Bewohner benannt werden. Die letzteren heissen Matjaner, und die Ubereinstimmung dieses Namens mit den Matianen des Herodot hatte mich veranlasst, die geographische Nomenclatur von Persien und Armenien mit der von Albanien und dessen Nachbarschaft zu vergleichen und deren Ergebnisse in den albanesischen Studien1) zusammen zu stellen. Ausser den gleichen Formen von Albanien fanden wir hier wie dort eine Landschaft Hotene und Elyma'is, ferner dort eine andere Landschaft Bolbene. hier den See Bolbe, dort einen Fluss Arsenia und 'ApC?jv = Het-Arzrum, hier den Fluss A r ^ n . Diese Ubereinstimmungen brachten uns zu der Ansicht, dass die dort gesammelten Angaben der Alten über Verwandtschaft der Armenier und der (pelas-gischen) Thessaler vielleicht nicht aller geschichtlicher Grundlage entbehren, um so mehr als diese Angaben mit den heutigen Sagen der Abchasen im Kaukasus übereinstimmen, „denn diese halten sich für ein und dasselbe Volk mit den in der Türkei lebenden Arnauten oder Albanesen. Die Sage geht unter ihnen, dass zwei Brüder mit ihren Familien aus dem Süden an den Euphrat kamen: dort trennten sie sich, der eine zog nach Nordwest, der andere nach Nordost" 2).

Freilich liegt die Vermuthung nahe, dass diese Sage in der Namensgleichheit des Alba­nien im Kaukasus und des an der Adria ihren Grund habe3), dann müsste sie jedoch gleich­wohl sehr alt sein, weil der Name Albanien am Kaukasus verschollen zu sein scheint.

Zu dieser von den Abchasen behaupteten, den Euphratstrom aufwärts gehenden Aus­wanderung der Albanesen könnte man aber die merkwürdige Thatsache stellen, dass die Juden der ganzen Levante die Albanesen nur Peleschtim, also Pelasger, zu deutsch Philister nennen4).

*) I. S. 304. Ebendaselbst S. 329. Nota 2C. „Jeder Albanese wird stutzen, wenn er liest, dass in Xerxes Herr Dotos Anführer der Matjaner war, denn auch Dote oder Dode (bestimmt: Doda) ist ein ihm geläufiger Taufname. So nennt sieh ζ. B. der heutige Miredittenchef Bib Doda, weil sein Vater Dode hiess.u

2) Lapineki (die Bergvölker des Kaukasus I. S. 68), der uns den Eindruck eines zuverlässigen Berichterstatters macht, fügt bei, dass die Abchasen auch von den Albanesen als Brüder betrachtet würden, leider ohne Erwähnung der Quelle, aus welcher er diese Angabe schöpfte. Mir ist keine solche albanesische Sage bekannt, ich habe jedoch auch nicht aus­drücklich nach ihrem Dasein geforscht.

3) Der Ansicht von der Abstammung der Albanesen aus dem Kaukasus begegnet man auch bei verschiedenen neueren Schrift­stellern ; sie dürfte bei ihnen wohl nur auf dem aus dieser Namensgleichheit gezogenen Wahrscheinlichkeitsschlusse beruhen. Ähnliche Ableitungen findet man übrigens auch heutzutage unter dem Volke. Kulura heisst im Neugriechischen Ringelbretzel, danach wurde das alte Salamis, wegen der Ringform seiner Hauptbucht, und ein Dorf auf Nord-Euboea wegen der Ringform des Gebirges, an dem es liegt, Küluro benannt. Aber in dem euboeischen Dorfe heisst es, dass die Einwohner von der Insel Küluro stammten, obwohl man dort albanesisch, in dem Dorfe aber, wie in ganz Nord-Euboea, griechisch spricht.

4 ) Auch im Kaukasus sind die Abchasen Nachbarn eines jüdischen Volksstammes. Lapinski, welchem die Angaben über einen jüdischen Staat in Kaukasien während des Mittelalters (die selbst Schlosser, Geschichte der Weltbegebenheiten II, 1. S. 521 Note χ nicht verwirft) nicht bekannt zu sein scheinen, sagt I. S. 7: die Lesgier scheinen von einer Judentribus abzustammen, die sich über die Tschetschna bis in die Kabarda erstreckt hat. Der christliche Glaube, mit jüdischen Gebräuchen vermischt, war lange Zeit in diesen Bergen bekannt. Erst durch den Andrang der Russen wurde der Muhamedaniemu8 zur herrschenden Religion. Xylander führt in seinem Wörterbuche das Wort kobarde „Barbar" an; ich

b #

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Von diesem Standpunkte aus wäre dann vielleicht auch die arabische Sage von der Abstammung der Arnauten nicht unbeachtet zu lassen, obwohl sie eine etymologische Grund­lage hat. Ihr zu Folge wohnten die Arnauten ursprünglich am rothen Meere. In dieser Zeit trat einst einer ihrer Häuptlinge mit dem Fusse auf den Kaftan eines sitzenden arabischen Scheichs und schlug ihm in dem daraus entstehenden Streite das eine Auge aus. Nun sollte er diesem das auf ein Auge festgesetzte Wergeid bezahlen, er aber weigerte sich und zog es vor mit seinem ganzen Stamme auszuwandern, der von nun an Arnauten, d. h. im Arabischen „die Verweigerndenu benannt wurde. Ist es nun nicht auffallend, dass sich nach Herodot auch die Phönikier von dem rothen Meere herleiten ? Wir haben in den albanesischen Studien den Beweis zu führen versucht, dass die Albanesen nicht nur die Nachkommen der alten Illyrier sind, sondern diese letzteren zu dem pelasgischen Volksstamme gehören, und dort mehrfach auf deren ebenso häufige als räthselhafte Berührungspunkte mit den Phönikiern aufmerksam gemacht; dieselben finden in den obigen Angaben neue Bestätigung, wir müssen jedoch noch weitere Aufklärungen abwarten, bevor wir uns über diese dunkle Frage eine haltbare Ver-muthung bilden können.

Ob der armenisch-albanesische Landschaftsname Matja sich im hellenischen Munde in Emathia veredelt habe, wollen wir der Entscheidung der Sprachforscher anheimstellen. Doch muss ich Verwahrung einlegen gegen die Verwechselung der altmakedonischen Landschaft dieses Namens mit der albanesischen Matja, wie sie Barletius und einigen Anderen begegnete und vermöge deren sie die Heimat Alexanders des Grossen an den albanesischen Mati ver­legten *).

Wenn ich aber auch alle oben beigebrachten Spuren über die voreuropäische Geschichte der Albanesen vorerst noch dem luftigen Reiche der Hypothese zuweisen muss, so freut es mich doch, dieses Volk jetzt weit zuversichtlicher unter die vollbürtigen Altbürger Europas einreihen zu können, als ich dies in den albanesischen Studien im Stande war2). Ich hatte dort nämlich den Namen Arberia zwar als acht albanesischen und heut zu Tage gebräuch­lichen Landschaftsnamen im Osten von Awlona (Valona) und denselben in Nord-Albanien neben dem Namen Schkjiperia als das ganze Land begreifend nachgewiesen, und ihm daher den von Ptolemäus im Süden des Landes erwähnten Landschaftsnamen Άλμήνη oder Άλμίνη zugesellt, ich hatte auch den Stamm dieses Namens in der altillyrischen Insel Arba und der das alte Liburnien von dem alten Pannonien trennenden Bergkette wieder gefunden, welcher bei Strabon το "Αλβιον, bei Ptolemäus aber τό Άλβανόν δρος lautet, aber es war mir nicht gelungen, für die von letzterem erwähnten Albani und deren Hauptstadt Albanopolis eine feste Stelle in dem heutigen Albanien zu gewinnen.

Einen sicheren Anhaltspunkt in dieser Hinsicht verdanken wir nun den Forschungen des Erzbischofs von Antivari Monsgr. Carl Pooten aus Köln. Dieser Kirchenfürst beschäftigt sich nämlich seit einer Reihe von Jahren mit Studien über die Geschichte der albanesischen Kirche, welche die Ergänzung und Fortsetzung des betreffenden Theiies von Farlatis Illyricum

habe das Wort nirgends erfragen können , jedenfalls stünde es vollkommen vereinzelt und möchte daher ein Lehnwort sein. So weit ich übrigens die albanesische und abchasische Sprache zu vergleichen vermochte, mutheten sie mich als grundverschieden an.

2) Consul B a l l e r i n besitzt eine grosse Karte dieser Gegend, auf welcher die Ruinen von „Pella als Geburtsort Alexanders des Grossen" mitten in Matja verzeichnet sind.

2) I. S. 230.

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sacrum bezwecken. Er bemühte sich daher auch nähere Aufschlüsse über die Lage des ein­gegangenen Episcopatus Arbanensis zu erhalten, über welches Farlati nur die Vermuthung äussern konnte, dass es an das Bisthum von Kroja gegrenzt habe, weil bei eintretender Sedis-vacanz dieses letzteren der Bischof von Arbano dessen Verwaltung zu übernehmen pflegte. Monsgr. Pooten wandte sich zu dem Ende mit der Frage an den Erzbischof von Durazzo, ob sich etwa dfcr Name Arbanum in seiner Erzdiöcese nachweisen liesse. Monsgr. d'Ambrosio antwortete hierauf, dass noch heut zu Tage die ganze Küstenebene zwischen den Mündungen des Mati und Ar9&i nebst der östlich an sie stossenden Mulde von Tiranna von den Einge-bornen Arben1) genannt werde, dass in diesem Bezirke nicht nur ein Ort desselben Namens, sondern auch die drei alten Städte Ischm, Preschia und Nderronje und die Stadt Tiranna liege, welche erst nach dem Tode Skanderbegs erbaut worden sei2) und als die gegenwärtige Hauptstadt von Arben angesehen werde. In dieser Ebene lägen ausserdem 22 Dörfer mit gemischter und etwa ebensoviel rein muhammedanischer Bevölkerung und man zähle zu ihr auch das Cap Eedoni nebst den Ruinen des Thurmes Skanderbegs.

Dass aber der Name Arben nicht nur bei den Bewohnern dieser Ebene, sondern auch bei deren Nachbarn gebräuchlich sei, bezeugte der Bischof des benachbarten Alessao Monsgr. Dodmasei mit folgenden Worten: Die ganze Ebene des Erzbisthums von Durazzo heisst Arbni 3), so dass die (dem Bisthum von Alessio unterstehenden) Hochländer, wenn sie in die­selbe herabsteigen, sagen: „wir gehen in die Arbni u .

Vergleichen wir nun mit diesen Berichten über die heutige Arbenia die Angaben des Ptolemäus4) über die Albani seiner Zeit und deren Hauptstadt Albanopolis, welche in einigen Handschriften auch Αλβανός πόλις oder einfach Αλβανός geschrieben wird, so versetzt der Geograph diese Stadt in den 41° 5' Breitegrad, d. h. zwischen Lissus und Dyrrhachium und nur um ein weniges nördlicher als die heutige am linken Ufer des Ατςόη gelegene Ortschaft Arbona5).

Der Breite nach fällt also das ptolemäische Albanos jedenfalls in den Bereich der heu­tigen Arbenia, wenn auch seine abweichende Betonung Bedenken gegen dessen Identität mit dem heutigen Arbona erregt.

Die Längen beider Orte weichen freilich nicht unbedeutend von einander ab, denn Ptolemäos verlegt sein Albanos in den 46. Grad, also etwa 3/ 4 ptolemäische Grade östlich von dem heutigen Arbona. Wer aber die höchst unklare Vorstellung berücksichtigt, welche Ptolemäos von dem innern Albanien und Makedonien hat6), der dürfte auf diese Abweichung

*) Ich vermuthe, dass der Landschaftsname weiblich und daher nach meiner Schreibweise Ärbene (das erste e gedeckt, das zweite verschluckt) und mit angehängtem Artikel Arbenia zu schreiben sei.

2) Die liebliche Gründungssage dieser Stadt findet sich Albanes. Studien I. S. 86. Der Name der Örtlichkeit ist aber weit älter, denn B a r l e t i u s (ed. Argent, pag. 347 u. f.) nennt ein Tiranna minor, in welchem der Fluss Artschilata fliesst. In einem seiner Winkel liegt das Dorf Cassar, dort erlegt Skanderbeg mit eigener Hand den feindlichen Heerführer Jakub Arnaut; der Beisatz minor setzt natürlich ein Tiranna major voraus.

Nach der Aufhebung der vorletzten Belagerung von Kroja ziehen sich die Türken nach dem 8000 Schritt (1 6 / 1 0

geographische Meilen) von der Festung entfernten Orte zurück, welcher Tiranna heisst, und unterhandeln von dort aus um freien Abzug mit Skanderbeg (pag. 359).

3) Hier wird das erste e vollkommen elidirt und das zweite in i verwandelt. 4) S. die Ausgabe von Wilberg und Grashof pag. 222. b) So hörte der Verfasser sowohl auf seiner ersten Reise (Albanes. Studien I. S. 91) als auf der vorliegenden aussprechen

und betonen; s. den Abschnitt: Orte am Arcon in der chorographischen Abtheilung. 6) S. Reise von Belgrad nach Salonik S. 229 in fine und folgende. Man vergleiche ζ. B. die ptolemäischen Ansätze der Quellen

des-Erigon (Tscherna) und der Städte Skampa (Elbassan) und Lychnidos (Ochrida) auf Tafel IV der angeführten Reise.

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kein besonderes Gewicht legen und mit dem Verfasser wohl unbedenklich das Land der ptolemäischen Albaner in die Ebene der heutigen Arbenia verlegen. Was aber deren Haupt­stadt Albanon betrifft, so muss ich ihre Identität mit dem heutigen Orte Arboria dahingestellt sein lassen, indem ich von dem letzteren nur soviel erfahren konnte, dass es eine sehr alte Stadt sei, in welcher mehrere alte herabgekommene Familien leben *). Von alten Bauresten in ihrem Bereiche oder ihrer Nachbarschaft wollte Niemand etwas wissen. Doch möchte ich meinen Nachfolgern, welche sich mit der Bestimmung der ptolemäischen Albanopolis befassen wollen, zu dem Ende auch eine nähere Untersuchung der in den albanesischen Studien2) beschriebenen antiken Stadtreste von Skurtosche empfehlen, welche 172 Stunde südwestlich von Kroja bei dem Dorfe Funt Gra9e liegen und deren rechtwinklich behauene Quaderlagen zum Theil vortrefflich gefügt sind. Sie dürften etwa drei Stunden nördlicher und vielleicht 1V2 Stunden östlicher liegen als Arbona, und stehen daher der ptolemäischen Angabe über Albanopolis weit näher als Arbona.

Ich bemerke schliesslich, dass ich zweimal in Tiranna war und mir trotz sorgfältiger Erkundigungen über dessen Umgebung der einheimische Name der Landschaft dennoch ent­gangen ist% Von dieser Erfahrung ausgehend, kann ich daher Mannert3) unmöglich beistim­men, wenn er die Ächtheit der ptolemäischen Stelle über Albani und Albanopolis nur aus dem Grunde anzweifelt, weil beider Namen von keinem andern Schriftsteller des Alterthums gedacht wird.

Sollte nun auch der Leser, welcher meiner Untersuchung gefolgt ist, nicht als unbedingt ausgemacht zugeben wollen, dass die Albani des Ptolemäos in derselben Landschaft sassen, welche heut zu Tage Arbenia heisst, weil dessen Längenangabe nicht haarscharf mit dieser Landschaft zusammentrifft, so muss er doch diese Albani in die östliche Nachbarschaft der heutigen Arbenia, also etwa in die heutige Matja versetzen, und dies reicht für unseren Nach­weis vollkommen hin, für welchen wir sonach folgende Factoren erhielten:

1. Zwischen Dyrrhachion (Durrazo) und Lissos (Alessio), gegen Osten die heutige Arbenia und in dieser, oder östlich angrenzend, die Albani des Ptolemäos.

2. Ostlich von Awlona (Valona) die heutige Landschaft Arberia, welche im weiteren Sinne die ganze Chimara (die Akrokeraunien der Alten) begreift und daher wohl bis zu dem Ausflusse des Kalamas (Thyamis) reicht.

3. Die ptolemäische Landschaft Άλμήνη, welche von der Mündung des Thyamis bis zu der des ambrakischen Meerbusens reichte, indem ich von der Sprachforschung kein unbe­dingtes Veto befürchte, wenn ich diese Namensform nur als eine Variante von Albania betrachte.

4. Monsgr. Pooten setzt uns in den Stand, den Namen Albania in nördlicher Richtung bis zur slavischen Sprachgrenze vorzurücken, denn nach seiner Angabe nennen sowohl die albanesischen als die slavischen Grenz wohner das von Albanesen bewohnte Land Arbni, und betrachten wenigstens die Slaven die zwischen Antiwari und Skodra laufende Sprachgrenze auch als die Grenzlinie zwischen ihrem Lande und der Arbni, daher sagt der slavische Antiwariner, welcher nach Skodra reist: idem u Arbaniu, ich gehe nach Albanien.

!) Albanes. Studien I. S. 91. 2) I. S. 120. Nr. 18. 3) Geogr. der Griechen und Römer VII. S. 409.

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Ich sage daher: Albanien ist ein heimischer Landesname, er war es bereits zu Strabons Ze i ten , und die Albanesen sind e u r o p ä i s c h e A l tbü rge r 1 ) .

IV. Bena.

Wir zogen den bequemsten der von Tiranna in östlicher Richtung nach Matja führenden Hauptwege. Er geht durch die südlichste der fünf Grundspalten der Krojaberge und wird nach dem an ihrem Westeingange drei Stunden östlich von Tiranna gelegenen Dorfe die Skala von Dunja genannt. Der zum Theil gepflasterte, hie und da auf künstlicher Unterlage ruhende Weg läuft auf dem meist sehr steil geböschten Südrande der Spalte und erhebt sich mitunter wohl an 200 Fuss über den Bach, welcher trotz des herrschenden Wassermangels, wenn er über die die enge Spaltsohle füllenden Felswände stürzt, die Schlucht mit donnerähnlichem Brausen erfüllt. Trotz ihrer steilen Böschung sind beide Wände bis hoch hinauf mit Laubholz bestanden. Dies entwickelt sich hie und da zu hohen Bäumen, deren Anblick aber in dem nordischen Beobachter stets den Gedanken an die Verkümmerung wach erhält, welche sie durch das Weidevieh und deren Hirten erfahren. In der Jugend wird ihnen die Krone meist von den Ziegen ausgefressen, und wenn sie von diesen nicht mehr erreicht werden können, ersteigen sie die Hirten und hacken mit ihren breiten Handscharen die Aeste ab, um sie ent­weder dem unten weidenden Vieh vorzuwerfen oder zum Winterfutter in hohe runde Haufen zu schichten. Höher oben im Gebirge sahen wir ausgedehnte Eichen und Buchenbestände, welche von dieser Behandlung das Aussehen unserer Bacherlen hatten. Die Länge der Skala wird auf eine türkische Stunde geschätzt, und es heisst, dass der von einem Streifzuge in die Ebenen von Tiranna oder Durazzo zurückkehrende Matjaner seine Beute erst dann für gesichert hält, wenn er die Skala von Dunja im Rücken hat.

Ich hatte bereits auf meiner ersten Reise erfahren, dass die Wasser der Ebene von Tiranna weit hinter deren Ostrand entspringen, und dass sie in die Ebene durch Querrisse eintreten, welche die von Süd nach Nord laufende Gebirgskette bis zur Wurzel durchschneiden. In der Ebene angekommen, nehmen sie sämmtlich eine mehr nördliche Richtung an als bisher und verbinden sich unweit ihrer Mündung zu einem nach dem an ihm gelegenen Städtchen Ischm benannten Flusse. Die Vermuthung lag also nahe, dass diese schönen Bergkolosse die Aus­läufer von kurzen gegen Westen streichenden Zweigen einer von Süd nach Nord ziehenden Kette sein dürften2).

Diese Vermuthung hat sich jedoch nicht bestätigt, denn als ich den östlichen Eingang der Skale erreicht hatte, erblickte ich von einem an denselben stossenden Erdrücken zu meinem Erstaunen eine etwa sieben Stunden lange und (von Kamm zu Kamm) 2 — 3 Stunden breite Mulde vor mir, welche gegen Osten von einem undurchbrochenen, aber meist lehngeböschten Bergzuge abgegrenzt wird, der nur an den beiden Enden der Mulde mit der Krojakette ver­bunden ist.

Ähnliche Erdrücken lagern an den beiden andern Spalten der Krojakette, so dass die Mulde keine Ebene bildet, sondern mit lehngeböschten Erdrücken besetzt ist, welche die Bäche zwingen, die Mulde in ostwestlicher Richtung zu durchschneiden. Die Mulde bildet

S. weiter. Albanes. Studien I. S. 211: Sind die Albanesen Autochthonen ? 2) Albanes. Studien I. S. 24. Nota 12.

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einen eigenen Bezirk, welcher im albanesischen Bena, im türkischen Wenda heisst und in administrativer Hinsicht Kroja untersteht, mithin zu dem Mudirlik von Tiranna gehört.

Auf dem Kamme des vor dem Eingange der Skala von Dunja streichenden Erdrückens liegt das Dorf Wendscha. Dasselbe soll nach der Behauptung der Eingeborenen ehemals eine Stadt und der Sitz eines Bischofs gewesen sein, und wirklich führt Farlatti unter den einge­gangenen Bisthümern von Albanien das von Bena auf, kann jedoch dessen Lage nicht näher bestimmen.

Jetzt ist die ganze Landschaft nur von Muhammedanern bewohnt. Sie zählt im Ganzen 400 Häuser, welche nach albanesischer Siedlungsweise theils in einzelne Gehöfte, theils in weitschichtige Weiler verzettelt sind, die unter einem Gesammtnamen wiederum grössere Ganze bilden. So wird ζ. B. der der Wendscha gegenüberliegende südlichste Theil der Ost­wand Bastari genannt und auf 200 Häuser geschätzt, welche, wenn sie mein Berichterstatter richtig zusammengezählt hat, in 13 verschiedene Viertel zerfallen.

Der erste Anblick dieser Mulde änderte meinen Reiseplan; ich beschloss in Wendscha zu übernachten, um die nöthigen Erkundigungen über die entdeckte Landschaft einzuziehen. Mit diesem Entschlüsse zeigten sich aber die Wendschaner nicht einverstanden, denn Niemand wollte uns aufnehmen: man habe weder Gerste noch Stallungen für die Pferde, und diese könnten der Wölfe wegen nicht im Freien bleiben. Unser Matjaner rief den Propheten an über diese Ungastlichkeit, und gebrauchte dabei so verletzende Worte, dass auch den sonst schläfrigen Dörflern der Kamm zu schwellen begann und ich mich ins Mittel legen musste, um Händel zu verhüten. Endlich entschloss sich der Vorsteher des Dorfes, ein junger blatternarbiger Mann in goldgestickter Kleidung, den ich hatte rufen lassen, uns sein Haus zu öffnen, nachdem er die Frauen entfernt hatte. Es war dies auf allen meinen Reisen das erstemal, dass ich wegen der Aufnahme auf Schwierigkeiten stiess. Aber auch nachdem diese erreicht war, sänftigte sich die Stimmung der Wendschaner keineswegs, und ich glaube, dass sie mich gern an der Betrachtung ihres Thaies gehindert haben würden, wenn sie nur den Muth gehabt hätten, denn die Glossen, welche die mich Umstehenden über mein Gebahren laut werden Hessen, klangen durchaus nicht wie Segenswünsche; gleichwohl wagte es keiner, die Fragen unbeantwortet zu lassen, die ich an ihn richtete. Natürlich suchte ich zu dem Ende die Malcontentesten aus, und je länger das Verhör dauerte, desto manierlicher wurden die Leute; als die Dämmerung einbrach, gingen wir im besten Einvernehmen auseinander.

V. Matja.

Am andern Tage verliess unser Führer die Hauptstrasse, welche über den Pass von Murise (Tschjaffe Murise) nach Weissenfeis (Gur i Barth) führt, ohne dass es jemand von uns merkte, weil auch meine Begleiter zum erstenmale den Weg machten. Er führte uns auf einem nördlicheren Passe über das Gebirge zu seinem, an dessen östlichen Fusse gelegenen Hause. Erst beim Frühstücke erklärte er uns dies und bemerkte, er wolle sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, uns bei sich zu bewirthen, auch hätten wir von seinem Hause nur noch 3% Stunde bis zum Sitze des Mudirs, und dasselbe sei kaum weiter von Wendscha entfernt. Ich hatte dagegen nichts einzuwenden und hätte unserem künftigen Wirthe nur etwas mehr Fähigkeit gewünscht, die chorographischen Fragen zu beantworten, denn an gutem Willen dazu fehlte es nicht. Leider war er aber von der Natur nicht zum Chorographen bestimmt

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worden und hatte von dem Stundenmasse keine rechte Vorstellung. So oft ich daher mit ihm anfing, so wurde ich es bald müde, ihn mit fruchtlosen Fragen zu quälen. Je höher wir kamen, desto tiefer sanken die Krojaberge und desto breiter wurde der Seestreif, der über ihre Gipfel weg zum Vorschein kam. Ich vermuthe daher, dass Bout's beiläufige Schätzung der Matja-kette wohl eher zu hoch, aber schwerlich zu tief gegriffen sei. Als wir endlich deren Kamm erreicht hatten, blickten wir gegen Osten in eine weite Thalmulde, deren grösste Breite von Kamm zu Kamm wohl 7 Stunden betragen mag, und deren Länge ich auf 8 — 9 Stunden schätze. Die Axe dieser Mulde, welche so ziemlich mit dem Rinnsale des Mat zusammenfällt, läuft, so weit wir sehen konnten, von Südost nach Nordwest parallel mit der Westkette, welche wir überstiegen. Die Ostkette bildet keine so zusammenhängende Mauer und war uns um so weniger übersichtlich, als regendrohende Wolkenmassen auf ihr lagerten. Wir unterschieden jedoch die Einschnitte von zwei Querthälern, welche Bäche in den Mat schicken. Die Rich­tung ihres Hauptkammes geht, wie wir später auf der Ostseite der Kette bemerkten, von Süd nach Nord; es zweigen sich aber auf dieser Seite kurze in die Mulde abfallende Nebenäste ab, deren einer, wenig niedriger als die Hauptkette, das Matbecken gegen Norden von dem Gebiete des kleinen Fandi abgrenzt.

Dieser Gebirgszug erscheint von dem Becken aus gesehen als dessen nördlicher Abschluss und veranlasst die Abbeugung des Mat von Ost nach West in seinem unteren Laufe.

Zu unserer nicht geringen Überraschung erfuhren wir, dass die Hauptquelle des Mat noch unbekannt ist. Dieser Fluss entspringt nämlich bei Martanesch, einer 7 — 8 Stunden nördlich von Elbassan gelegenen, eine Stunde lang im Thale sich hinziehenden Gebirgsdorfschaft. Die Länge des Flusses von der Quelle bis zur Mündung wird auf 20 Stunden angegeben. Um Raum für erstere zu gewinnen, mussten wir das Quellgebiet des A r ^ n in Ubereinstimmung mit den über dasselbe eingezogenen Erkundigungen auf der Kiepert'schen Karte um fast vier Stunden westlicher rücken.

Ein Eingeborener von Martanesch erzählte, dass der Ort vor Zeiten der Sitz der mäch­tigen Familie Bogadan gewesen sei, welche von dort aus die ganze Matja beherrscht hätte; die Bewohner trieben mehr Viehzucht als Ackerbau und seien der Mehrzahl nach sehr arm.

Die Kammhöhe der beiden das Becken begrenzenden Ketten scheint gegen Norden zuzunehmen. Zur Vergleichung der beiden Höhen fehlte uns der richtige Standpunkt und die nöthige Klarheit des Himmels. Doch konnten wir von dem Becken aus mehrmals gegen Süden weit in das Mat-Thal hineinsehen und eine an seinem Ende von Ost nach West laufende Kette unterscheiden, welche dasselbe für das Auge abschliesst; man nannte sie uns nach dem Dorfe Sinua, das auf deren Nordhang zehn Stunden von dem Sitze des Mudir liegt.

Hiernach zu schliessen, dürften die das Südthal des Mat begrenzenden Hauptketten beträchtlich auseinander liegen, woraus jedoch nicht folgt, dass dasselbe nicht von niederen Vorbergen eingeengt sein könne.

A l s das Südende der Mulde möchte ich den sechs Stunden von dem Mudirsitze entfernten Bazar von Mat (Bejan) betrachten, von wo an die Matjakette von Südost nach Nordwest abbiegt, etwa zwischen Darda und Tola'i aber wieder eine mehr rein nördliche Richtung annimmt.

Der Osthang des Gebirges war meist sehr steil und in seinen oberen Hälften mit dichten Buchen und Eichenbeständen besetzt Am Ende der Waldregion hielt unser Führer an und zeigte auf einen kleinen Felsen mit den Worten: Hier lauerte ich vor zwei Jahren auf den

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Chef eines Nachbargeschlechtes, das uns Blut schuldete; ich Hess ihn auf sechs Schritte heran­kommen, dann biff! und dabei machte er mit beiden Händen die Bewegung des Umlegens. Sechs Wochen später ging es seinem Vetter an derselben Stelle nicht besser — biff! und — der Satz wurde durch Wiederholung der Pantomime abgerundet. Dabei nahmen die Züge des kleinen Mannes einen Ausdruck an, welcher zeigte, dass er keineswegs so unbedeutend sei, als es den Anschein habe. Daher wunderten wir uns auch nicht über die Achtung, mit welcher er von seinen Landsleuten bewillkommt wurde. Auch war sein Haus viel behäbiger, als wir erwartet hatten, und er that sein Möglichstes, um uns zu bewirthen.

Er hatte Kaffe von Tiranna mitgebracht, und einen seiner Verwandten zum Schenkwirth bestellt. Dieser postirte sich hart neben das grosse Feuer und braute nun ohne Unterlass, um den zahlreichen Besuchern zu schenken, welche sich im Laufe des Abends einstellten. Unter ihnen befand sich der junge Imam des Dorfes, ein bildschöner Mann, welcher uns erzählte, dass er erst vor einigen Wochen von Constantinopel zurückgekehrt sei, wo er fünf Jahre als Unterofficier bei der Artillerie gedient und nicht nur Lesen und Schreiben, sondern auch die Anfangsgründe der Mathematik gelernt habe. Wir meinten, es sei schade, dass er nicht beim Militär geblieben, weil er gewiss seine Carriere gemacht haben würde, und er erwiederte, dass er grosse Mühe gehabt habe, seinen Abschied zu erhalten. Man habe ihn nicht los lassen wollen und ihm sogar das Avancement zum Officier versprochen, wenn er bleiben würde. Er habe aber den Drang nach der Heimath nicht überwinden können. Dieses Beispiel bestä­tigte von neuem die Erfahrung, welch' wichtige Bildungsschule dem muhammedanischen Elemente aus der so verhassten Conscription in den Ausgedienten erwächst. Dieselben bilden auch das einzige Organ, durch welches die Reform Eingang in die untern Volkskreise erhalten kann. Besonders erfreulich ist, dass sich alle Ausgedienten, mit welchen ich verkehrt, sehr stolz auf ihre Dienstzeit zeigten.

In der Nacht trat der seit langem gefürchtete Augenblick ein, grosse Regentropfen fielen auf die Ziegeln des Daches, welches sich jedoch seiner Bestimmung vollkommen entsprechend zeigte und uns, was hierlandes zu den Ausnahmen gehört, vollen Schutz gewährte. Am fol­genden Morgen fand sich der Himmel gänzlich überzogen. Der Regen fing noch vor unserem Aufbruche an und begleitete uns den grössten Theil des Weges zu dem Sitze des Mudirs. Man hatte uns denselben Tags zuvor im Lichte der untergehenden Sonne als einen kleinen weissen Punkt, 31/2 türkische Stunden nordöstlich von Tolai, gezeigt, welcher sich im Fernrohre zu einem Conglomerate von Gebäuden entwickelte.

Dieser Sitz, der, obgleich keine Spur eines Thurmes oder anderer Befestigungen vorhan­den ist, doch gemeinhin der Thurm von Matja (Kula Matese) genannt wird, ist auf dem jäh abfallenden Westende eines schmalen kahlen Höhenrückens erbaut, welcher von der Ostkette weit in das Becken vorspringt, l1/2 Stunde östlich von dem Mat-Fluss, und seine freie und hohe Lage verstattet den Überblick über das ganze Becken.

Hier residirt Seid Bei aus dem Hause der Sokolj. Dieses Geschlecht steht seit unvor­denklichen Zeiten an der Spitze des ersten der vier Hauptstämme von Matja und hiemit der ganzen Landschaft, welche in jenem Hause zwar nicht ihren Herrn, wohl aber ihren Chef erblickt.

Unser Führer hatte zwar sein Möglichstes gethan, uns in seinem Hause festzuhalten, aber die Zeit drängte und wir wollten dem Anschwellen des Mat zuvorkommen. Als wir zu Pferde stiegen, erschien ein Geleite von zwölf Bewaffneten aus der Familie des Führers.

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Ich wollte zwar dagegen Einsprache thun, allein man bedeutete mir, dass sie uns nicht blos zu unserer Ehre, sondern auch zur Sicherheit unseres Führers das Geleite gäben, weil der gerade Weg zum Mudir an dem Weiler derjenigen Familie vorbei führe, welcher er die zwei Männer schulde, die er vor zwei Jahren erschossen; und wirklich beurlaubte sich die Escorte bald, nachdem wir an dem gefährlichen Punkte vorüber waren, der höchstens eine halbe Stunde von unserer Herberge entfernt war. Von diesem Wege müssen wir leider nur aus der Erinnerung berichten, denn der Regen hat alle unsere während des Reitens gemachten Notate bis zur vollkommenen Unleserlichkeit verwischt.

Wir folgten dem Laufe des Ljusabaches bis kurz vor seiner Mündung in den Mat, und kreuzten hierauf den Fluss, welcher im raschen Steigen war und unserem Führer fast bis an den Gürtel ging. Es war ihm jedoch ein Vollbad beschieden, denn mitten in dem Strome glitt er aus und verschwand auf einen Augenblick unter dem Wasser, doch raffte er sich schnell wieder auf und brachte nicht nur seine Flinte, sondern auch die im Ledergürtel steckenden Pistolen sammt Handschar, Feuerzange und Pfeifenstiel glücklich ans Land. Nur der Pfeifenkopf war im Wasser geblieben, und nachdem wir ihn für diesen Verlust mit einem der unsrigen entschädigt hatten, lachte er über seinen Unfall.

Hier begegneten wir dem Obristen, welcher von Sokolj zurückkehrte, wo er der Ziehung der von der Landschaft in diesem Jahre zu stellenden Recruten präsidirt hatte. Dieser Act, an dessen Vornahme man vor 13 Jahren in Matja noch nicht denken konnte, war sowohl hier als in Diwra in vollkommenster Ruhe und Ordnung vor sich gegangen1).

Seid Bei empfing uns sehr zuvorkommend und wies mir sein Selamlik zur Herberge an, da der Sitzungssaal noch von den Chefs besetzt war, welche der Regen an der Heimkehr ver­hindert hatte. Doch liess sich von diesen keiner bei uns sehen.

Am folgenden Morgen brachte mir Herr Tedeschini einen hochaufgeschossenen jungen Mann, Arslan Bei, welcher ein Enkel Skanderbegs sein und in der Nähe seines Wohnsitzes einen alten Mann kennen wollte, der die alten Lieder von diesen Helden singen könne. Auch seien in der Nähe seiner Heimath die Uberreste einer alten Festung, von der es hiesse, dass sie Skanderbeg erbaut habe. Mehr bedurfte es nicht, um mich zu bestimmen, ihn trotz des Regens nach seiner Heimath zu begleiten; denn diese Lieder hatten mich vorzugsweise nach Matja gelockt, und hier eröffnete sich die erste Hoffnung sie noch lebend zu finden, während alle mir bis dahin gewordenen Auskünfte darauf hinwiesen, dass sie bereits seit geraumer Zeit verschollen seien. Zudem führte der siebenstündige Weg bis an das Südende der Matja-mulde, ich wäre aber allein diesen Liedern viel weiter nachgeritten. Eine halbe Stunde später sass ich mit Arslan Bey und Herrn Tedeschini zu Pferde. Der Weg kreuzte die Ausläufer, welche die Ostkette in die Mulde herabschickt, und war nur bei den steilen Rinnen schlecht, welche die Bäche in diese Rücken einschneiden. Auch erlaubte uns der Regen hie und da unsere Kapuzen zurückzuwerfen, doch blieb die Fernsicht fortwährend verschlossen. Der Ritt war also nicht so schlimm, als wir erwartet hatten, aber auf halbem Weg überkam Arslan Bey ein heftiger Fieberanfall, er stöhnte und ächzte wie ein Sterbender und erklärte, sich höchstens bis Bejan schleppen zu können. Wir kehrten also in diesem Dorfe bei einem uralten Greise ein, welcher die Polizei des Bezirkes handhabte. Jacheja Hodscha, ein Greis

l) Dass aber in jenen Gegenden der Kampf der Reform gegen den althergebrachten Zustand der Dinge noch immer nicht zu Ende ist, zeigt der in diesem Augenblick dort ausgebrochene Aufstand.

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mit edlem Gesichtssclmitte und silberweissem Barte, empfing uns väterlich. Er steht wegen seiner grossen Tapferkeit und seiner weiten Kriegszüge, auf denen er ein Auge eingebüsst, im ganzen Lande in hohem Ansehen. Das Alter hatte aber seine Geisteskräfte bereits so weit geschwächt, dass wir wenig Nutzen von ihm ziehen konnten. Doch erklärte er, dass er sich erinnere, in seiner frühen Jugend ein oder zwei Lieder von Skanderbeg gehört zu haben, seit­dem aber nicht mehr; er glaube auch nicht, dass in seinem Bezirke noch Einer lebe, der diese Lieder singen könne. Der von Arslan Bey bezeichnete Alte sei schon seit zwei Jahren todt. Auch zweifle er, dass dieser die Lieder gewusst habe. Dann rief er dem in der Fieberhitze Stöhnenden zu: He! Arslan Bei, hast du den Alten die Lieder von Skanderbeg singen hören? Nein. Warum hast du nun den Fremden mit hierher geschleppt? Ich hatte es gehört, weiss aber nicht mehr von wem.

Bei dem Alten stellten sich zwei junge Wlachen ein, welche unter dessen Schutze hier Handel trieben und mir als Dolmetscher sehr nützlich waren. Denn die mir an sich schon schwer verständliche gegische Mundart wird in Matja und Diwra in einer Weise gesprochen, dass ich, wenn die Leute unter sich sprachen, kaum hie und da ein Wort erhaschen konnte. Besonders unangenehm klingt die Dehnung vieler Vocale in Diphthongen. Wie man im hessi­schen Vogelsberg: aich und daich statt ich und dich spricht, so sagt der Matjaner und Diwraner meikch für mik (Freund).

Leider gestattete die Gesprächigkeit des Alten nicht, dass ich den Abend so ausnutzen konnte, wie ich gewünscht, und die Wlachen sahen es nicht gern, dass ich vor dem Alten, der kein Griechisch verstand, ihre Angaben notirte.

Etwa eine Viertelstunde südlich von dem weit verzettelten Bejan liegt hart am rechten Ufer des Mat ein Platz, welcher der Bazar des Mat (Bazari Matit) heisst. Dort wird an jedem Sonntage der grösste Markt in ganz Matja gehalten, zu welchem die Bevölkerung sechs bis acht Stunden weit herbeiströmt, um ihre Erzeugnisse abzusetzen und ihre Bedürfnisse zu kaufen. Auf solchen Märkten bilden die Männer die überwiegende Mehrzahl, doch fehlt es auch nicht an älteren Frauen und kleinen Mädchen. Selbst junge Frauen aus der nächsten Nachbarschaft erscheinen auf dem Bazar, jedoch wird ein zu häufiger Marktbesuch nicht für schicklich gehalten. Von den Frauen, welchen wir unterwegs begegneten, sahen uns nur die ältesten an, und mehrere wandten sich nach türkischer Weise ab.

Die früher erwähnten Festungsreste heissen hier Kalja kjudatese *) und gelten allerdings als von Skanderbeg erbaut, sie haben aber nach der Versicherung der Wlachen weder eine Inschrift, noch sonst einen irgend behauenen Stein aufzuweisen; ihre Mauern bestehen nur aus mit Kalk verbundenen Feldsteinen. Dasselbe behauptete man auch in Qogolj von der Kjudat Skanderbegut, welche vier Stunden östlich davon mitten in der Kette der schwarzen Berge auf dem Wege von Qogolj nach Diwra liegt. Diese Stadt ist gegenwärtig ganz verlassen, und zwar angeblich wegen der grossen im Winter dort herrschenden Kälte. Dort sollen die Umfassungs­mauern der Festung sehr wohl erhalten sein, ebenso ein Thurm, von dessen grossem Fenster aus Skanderbeg, als er die Festung nicht mehr gegen die ihn belagernden übermächtigen

1) Die Stadt ist also hier weiblich mit vorgeschobenem Accent, wahrend sie sonst überall männlich kjudot-i ist. Ich möchte diese Formen nicht zu civitas (Stamm ki, G. Curtius, gr. Etymol. S. 115), sondern zu der Wurzel stellen, welcher claudo, angehört. Der Schlüssel heisst im Albanesischen wie im Altslavischen kjütsch oder kljusch-i; ein entsprechendes Zeitwort scheint nicht vorhanden.

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Feinde zu halten vermochte, mit seinem Hengste auf die tief unten liegende Felsplatte herunter­sprang und entfloh. Dass aber dieser Sprung kein Märchen sei, davon zeugen die vier Huf­spuren, welche der Hengst bei dem Sprunge in den Felsen eindrückte. Nach Anderen nahm er bei seiner Flucht vor dem übermächtigen Feinde zwölf oder auch dreizehn Pferdeladungen Geldes und anderer Kostbarkeiten aus seiner Burg mit und vergrub diese im Gebirge, um sie bei seiner Rückkehr wieder zu finden. Auffallend war mir die grosse Verbreitung dieser Sage, ich hörte sie von den Meisten, die ich nicht nur in Matja, sondern auch in Dukadschin und in Diwra nach Skanderbeg befragte. Es war dies das Einzige, was man noch von ihm wusste. Auch fragt man vergebens, wer die Feinde waren, vor denen Skanderbeg fliehen musste, wohin er geflohen, und ob er jemals wieder zurückgekehrt ist.

Ich will nicht bestreiten, dass es einer eifrigen Forschung gelingen könne, diese Sage um einige Züge zu vermehren; dazu reichen aber freilich drei auf der Landstrasse verbrachte Tage nicht hin. Ich nahm jedoch die Uberzeugung aus Matja mit, dass der geschichtliche Skanderbeg in der Erinnerung seines Volkes bereits eben so verschollen sei, als die Lieder, welche seine Thaten besangen, und dass vielleicht sogar sein Name vergessen wäre, wenn sich die Sage desselben nicht bemächtigt hätte, um ihren uralten Stoff auf ihn frisch abzulagern, wobei sie sich aber nach ihrer Art streng abweisend gegen jede geschichtliche Uberlieferung verhielt. Denn die Geschichte weiss nichts von einer Flucht Skanderbegs aus dem eigenen Lande vor einem übermächtigen Feinde, sie windet stets neue Lorbeerkränze um das Haupt des Siegers, der zwanzig Jahre lang der vollen Wucht des jugendlichen Halbmondes zu widerstehen und seine oft widerholten Anfälle blutig zurück zu schlagen die Kraft hatte. Aber die Sage hat keinen Sinn fur diese Siege, die jünger sind als die Zeit, in der sie selbst entstand, und in der sie die dem Zahn der Zeit unzugängliche Stählung erhielt, vermöge deren sie in treuem Erbgang zugleich mit der Sprache von Geschlecht auf Geschlecht übergeht. Ihr Held flieht, und darum wird auch der sieggewohnte Skanderbeg von ihr zur Flucht verurtheilt.

Skanderbeg erleidet dasselbe Schicksal wie der Gothenkönig Theoderich, den die Sage als Dietrich von Bern vor seinem übermächtigen Oheim, dem Kaiser Hermanrich, in die Fremde fliehen lässt, während die Geschichte weder von diesem Kaiser noch von einer Flucht Theoderich's die geringste Kunde hat.

Ich möchte den Kern dieser beiden Gestalten der Sage in einem alten nach der Sommer­wende gegen Süden zurückweichenden Sonnengott suchen, und zur Unterstützung dieser Ansicht namentlich auf das Gold hindeuten, welches Skanderbeg auf seiner Flucht mitnimmt, weil ich nachweisen zu können glaube, dass in der Sprache der indogermanischen Sage das Gold so viel als Licht bedeute1).

Hat die Sage ihrem Nationalhelden den Kranz des Siegers entzogen, so entschädigt sie ihn durch einen andern, der ihn gewiss höchlichst überrascht hätte, wenn er ihm bei seinen Lebzeiten dargeboten worden wäre, es ist der des Gesetzgebers. Ganz Matja und Diwra leben nämlich nach dem Rechte Skanderbegs (kanuni Skanderbegut), während bei den Malisor und den Stämmen der Landschaft Dukadschin das Recht des Dukadschin (kanuni Dukadschinit) gilt. Es bestehen also im nördlichen Albanien nicht blos ein, sondern zwei Volksrechte mit so

3) S. die nähern Nachweise hierüber in des Verfassers demnächst erscheinenden „Vergleichenden Blicken auf die hellenischen

und germanischen Götter-, Helden- und Weltsagen".

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wesentlichen Verschiedenheiten, dass sie unter besonderen Namen einander entgegengestellt werden.

Ich war bei meinem ersten Aufenthalt in Albanien so glücklich, zahlreiche Angaben über das Dukadschiner Recht und Rechtsverfahren1) sammeln zu können, und eine nähere Vergleichung derselben lieferte die überraschendsten Parallelen zu dem altgermanischen Recht.

Da man nun nach Bopps und Stiers Untersuchungen als festgestellt betrachten darf, dass die Albanesen einen selbstständigen Zweig des indogermanischen Stammes bilden, so wäre ein eingehendes Studium dieser allem Vermuthen nach von jeder fremden Einwirkung unberührten und seit Jahrtausenden versteinerten Volksrechte von der höchsten Bedeutung fur die Kennt-niss des indogermanischen Urrechtes. Welch' fruchtbare Aufgabe für einen Rechtsgelehrten, der die Mühen nicht scheute, welche die Erlernung der albanesischen Sprache und ein mehr­monatlicher Aufenthalt in diesen Ländern mit sich bringt. Bei der Wichtigkeit der Frage würden die Mittel zu diesem Unternehmen von einer unserer Akademien gewiss nicht schwer zu erreichen sein. Doch hat die Erfahrung meine Hoffnung auf rasche Nachfolge im Studium dieser jungfräulichen für Sprach- und Alterthumskunde so reichen Gebiete sehr geschmälert. Ich hatte erwartet, dass meine albanesischen Studien bei der durch die Dampfschifffahrt so sehr erleichterten Verbindung mit Albanien zahlreiche junge Gelehrte dorthin locken würden, es scheint aber, dass es unter unsern gebildeten Ständen der „Pfadfindernaturenu weit weni­gere giebt, als ich annahm2).

Oben wurde der geschichtliche Skanderbeg ein Matjaner genannt, denn er ist hier, und nicht in Kroja geboren. Diese Behauptung beruht jedoch nicht auf dem schwankenden Grund der Sage, denn wir werden im Fortgange der Reise sogar in Dukadschin zwei weiteren Orten begegnen, welche Anspruch darauf machen, der Familiensitz der Kastrioten gewesen zu sein, und dazu kommt noch ein dritter in der Hottenei; wir verdanken diese Kenntniss vielmehr der urkundlichen Geschichte.

Es gelang nämlich dem wahrhaft deutschen Forschungseifer des Herrn Professor Hopf, der ihm bei seiner mehrjährigen Reise durch Italien und Griechenland zur Sammlung von Materialien zu einer Geschichte Griechenlands im Mittelalter immer mit gleicher Frische treu blieb, auch eine Masse von urkundlichen Nachweisen über Albanien und über die Familie der Kastrioten zu sammeln, welche für die Geschichte Skanderbegs vollkommen neue Standpunkte eröffnen. Er theilte mir dieselben während seines Aufenthaltes in Syra mit der Ermächtigung mit, von ihnen beliebigen Gebrauch zu machen. Sie sind im Anhange zu dieser Arbeit zusam­mengestellt. Aus denselben ergiebt sich nun, dass die Kastrioten, was schon Fallmerayer3) vermuthete, serbischer Abkunft sind, und dass Skanderbegs Grossvater von Haus aus nur zwei Dörfer in der Matja besass, welche Sinja und Gardi i poschtere hiessen, dass er aber mit Maria, der Erbtochter der mächtigen Thopia, ausser anderen Besitzungen auch ganz Matja erheirathet hatte, so weit dies eben erheirathet werden konnte. Da auch Kroja den Thopia gehört hatte, so erhob Skanderbegs Grossvater Ansprüche auf dieses, welche ihm aber das

1) Albanes. Studien I. S. 173 ff. 2) Möchte Herr Dr. Conrad M a u r e r , der den Weg nach Island nicht scheute, auch diesem südlichen Zweige unseres

Urrechtes seine Aufmerksamkeit zuwenden, welcher weit rascher und bequemer zu erreichen ist, als jener nördliche. 3) Fallmerayer: Das albanesisehe Element in Griechenland.

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Leben kosteten. Denn die Venetianer lockten ihn nach Durazzo und Hessen ihn dort als Verräther enthaupten, zahlten aber der Wittwe und ihren beiden Söhnen eine Pension. So erklärt es sich wie Skanderbegs Vater als Herr von Matja und Sohn der Erbtochter der Thopia bei der ersten Eroberung Albaniens durch die Türken neben seinem südlichen Nachbarn Arianites Musaki als der angesehenste Häuptling des Landes erscheint. Nach der ausdrück­lichen Erklärung der von Hopf entdeckten Chronik der Musakis war Skanderbegs Vater nie­mals im Besitze von Kroja. Diese Sachlage berechtigt also zu der Annahme, dass der Schwer­punkt der Kastrioten in Matja und Diwra, und nicht in der Küstenebene lag, dass ihre Macht­basis weniger auf ihrer angestammten Hausmacht, als vielmehr auf der Heirath mit der Erb­tochter der Thopia beruhte, und dass endlich Skanderbeg Kroja als rechtliches Eigenthum seiner Grossmutter in Besitz nahm.

Wir fragten lange vergeblich nach den beiden eben erwähnten Stammorten der Kastrioten, und erhielten endlich in Diwra Auskunft über ein Dorf Sinja, welches aus zwei Hälften, Ober-und Unter-Sinja besteht, und daher auch eine Pluralform Sinjete hat. Es liegt in Unter-Diwra in dem Bezirke von Dschinda auf der Ostseite der „schwarzen Gebirge", 3 V2 Stunden westlich vom Drin, 3—4 Stunden von Kjudat Skanderbegut und 1— 1 % Stunde von der Grenze, d. h. der Wasserscheide zwischen Matja und Diwra 1), es muss also sehr hoch liegen. Daher haben sich auch die Einwohner mehr nach dem tiefer und ebener gelegenen Unter-Sinja gezogen; doch sind in Ober-Sinja noch zwei Viertel (Mahal) mit etwa 30 Häusern zurück­geblieben. Die Einwohner sind gleich allen ihrer Nachbarn Muhammedaner. Gardi i posch-tere, d. h. Unter-Gardi, war dagegen nicht zu erfragen: da aber Gardi und das oft wieder­kehrende Gardiki nur Versetzimg des slavischen „Grad" (Festung) zu sein scheint, so spricht wohl alle Wahrscheinlichkeit dafür, dass dies der damalige Name der benachbarten Kjudat Skanderbegut gewesen sei.

Noch wahrscheinlicher wird diese Annahme durch einen zweiten urkundlichen Ortsnamen. Professor Hopf fand nämlich eine venetianische Urkunde, in welcher Constantin Kastriota, Skanderbegs Grossvater, „dominus Serinae" genannt wird. Nun ritten wir auf unserem Aus­fluge nach Bejan zweimal an dem Dorfe Seruja (sprich Qeruja) vorüber, welches auf dem Westhang des schwarzen Gebirges nach meinen Ansätzen nur etwa drei Stunden südlich von Kjudat Skanderbegut liegt; ich erlaube mir daher die Frage, ob in jener Urkunde nicht etwa statt Serina — Seruja gelesen werden könnte.

Doch möchte es an der Zeit sein, von diesem Streifzug in das Gebiet der Sage und Geschichte nach Bejan zurückzukehren, das wir am Abend unserer Ankunft verlassen haben. Als ich inne wurde, dass wir dort in den April geschickt waren, stand auch der Entschluss fest, sogleich nach dem Mudirsitze zurückzukehren, ohne die noch anderthalb Stunden weiter abgelegenen Festungsreste zu besuchen, wo wir nach den erhaltenen Auskünften einen ähn­lichen Fiasko erwarten mussten. Denn ich bedachte, dass nicht die Matja, sondern der Drin meine eigentliche Aufgabe sei und ich bereits seit mehreren Tagen in Skodra von meinen Reisegefährten erwartet würde.

Am folgenden Morgen beschränkte ich mich daher darauf, das Geschlechtsregister des kranken Arslan Bei zu notiren. Es lautete: 1. Skanderbeg, 2. Tahir Bei, 3. Sali Bei, 4. Awdi

J) Etwa acht Stunden von Burgajet, sechs von Lurja, sieben von Radomir und neun von der Stadt Diwra. Diese Angaben lassen sich nur beiläufig auf den Punkt vereinigen, an welchem wir Sinja auf der Karte ansetzen.

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Bei, 5. Seinell Bei, 6. Sali Bei, 7. Arslan Bei und seine beiden jüngeren Brüder Hasan Bei und Alaman Bei. Es begreift also, mit Ausschluss von Skanderbeg, sechs Geschlechtsfolgen oder höchstens 180 Jahre. Nun starb aber Skanderbeg im Jahre 1466, also vor fast 400 Jah­ren ; da mithin in dem vorliegenden Stammbaum wenigstens vier Glieder fehlen, so dürfte der Ahnherr dieses Geschlechtes ein nach dem Helden von Kroja benannter Häuptling gewesen sein, da er in Zeiten lebte, wo jener Held noch in frischerem Andenken gestanden haben mag. Da nun Atslan Bei nichts Näheres über die Lebensumstände seiner Vorfahren zu geben wusste, als dass sie die Herren ihrer Landschaft gewesen seien, brachen wir auf und ritten zum Mudir-sitze zurück. Dieses Haus ist aber nicht der Familiensitz der Qogolj, als solcher wird das etwa zwanzig Minuten südöstlich davon gelegene Burgajet angesehen. Es wurde erst von Seid Bei, also von demjenigen Mitgliede dieser Familie erbaut, welches gegenwärtig als Mudir der erste grossherrliche Administrativbeamte in Matja ist, und zugleich auch von der Land­schaft als ihr Erbchef betrachtet wird. Der Bezirk aber, in dem der Mudirsitz liegt, heisst Lisa oder mit präfigirter Präposition Mlisa, d. h. eigentlich „in Lisa". Nun ist aber Lisa zugleich auch das Matjaner Gemeinwort für Bach überhaupt, und werden sämmtliche Bäche nur nach den nächstgelegenen Hauptorten genannt, welche wie bei dem Bergnamen (malj) dem lisa im Genitiv nachfolgen, so dass derselbe Bach drei und vier verschiedene Namen erhält. Der Leser wird es daher begreiflich finden, dass uns von all diesen Lisa der Kopf schwindelte, und dass wir grosse Schwierigkeiten hatten, in dies Wirrsal einige Ordnung zu bringen.

Als wir nun an dem Orte vorüberkamen, von welchem der Bezirk den Namen herleitet und unter dem man sich kein Dorf in unserem Sinne, sondern einen von einzelnen Häusern weitläufig umstandenen freien Platz zu denken hat, auf welchem an jedem Sonntag der zweit-grösste Markt in Matja gehalten wird, fanden wir hier etwa 4 — 500 Menschen versammelt und das Marktgetriebe in voller Blüthe. Von hier hatten wir eine volle Stunde noch auf dem schmalen, meist sehr steil geböschten Rücken eines Ausläufers zu reiten, welcher von dem schwarzen Gebirge in mehr westlicher als nördlicher Richtung in die Mulde vorspringt und dann jäh in dieselbe abfällt. Das Haus Seid Beis krönt diesen Abfall. Wenn ich richtig sah, so is dies der zweitnördliche von mehreren ähnlichen Ausläufern, und ich muss es der Ent­scheidung der Geologen überlassen, ob das, was ich für Ausläufer ansah, nicht etwa besser als Bildungen bezeichnet wird, welche die den Westhang des schwarzen Gebirgs durchfur­chenden Wasserabflüsse ausgewaschen haben.

Auf diesem Kamme hinreitend, erblickten wir unter uns dicht an seinem nördli­chen Fusse das Viertel Droganci und an dem südlichen Burgajet mit vielen zweistöcki­gen Häusern von behäbigem Aussehen. Gegen Nordosten zurückblickend, sahen wir aus dem hochgelegenen Dorfe Matzukli eine dicke Rauchsäule aufsteigen; sie kam von dem Hause eines Mörders, das der Mudir hatte in Brand stecken lassen, obwohl der Missethäter selbst bereits eingefangen war, denn wie in den Bergbezirken von Skodra, so verlangt es auch in Matja das Herkommen, dass das Haus des Mörders verbrannt werde. Es ist dies die Genugthuung, welche sich die durch die That beleidigte Gesellschaft nimmt. Sie wird jetzt von der Staatsgewalt vollzogen, daher kommt es vor, dass auch wohl der Mörder vor der That das Haus selbst ansteckt, nachdem er sein bewegliches Eigenthum in Sicherheit gebracht hat. Die weitere Rache gegen den flüchtigen Mörder steht dann der Familie des Ermordeten zu. Wie im alten Griechenland verlangt die Sitte, dass der

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Mörder selbst dann wenigstens eine Zeit lang flüchtig werde, wenn er gar keine Rache zu besorgen hat.

Die Beleidigten haben die Wahl, ob sie Blutrache oder nach Verlauf von einigen Jahren Wergeid nehmen wollen, worüber stets lange Verhandlungen gepflogen werden. Kann aber die Staatsgewalt des Mörders habhaft werden, so setzt sie ihn fest, wodurch die Unterhand­lungen über das Wergeid erleichtert werden. Von der Vollstreckung der Todesstrafe an einem Mörder ist hier Landes kein Beispiel bekannt, denn diese findet nach türkischem Rechte nur dann Statt, wenn sie die nächsten männlichen oder weiblichen Verwandten des Gemordeten verlangen, was aber in Albanien für unehrenhaft gilt. Während meines Aufenthaltes in Jan­nina fand eine einzige solche Hinrichtung in Folge des hartnäckigen Drängens einer alten Frau Statt, deren Mann ermordet worden war.

Bei der Ankunft in Qogolj erkundigte ich mich noch einmal genau nach dem Zustande der Reste von Kjudat Skanderbegut1). Die Antwort war aber eben so trostlos, wie in Bejan: keine Inschrift, kein Wappen, nicht einmal die Thore und Fenster haben behauene Einfas­sungen. Das Wetter hatte sich zwar gebessert, aber noch keineswegs geklärt; der Besuch hätte wenigstens einen Tag gekostet, während ich erwarten konnte, von dem nächsten katho­lischen Pfarrorte Bischkasi, der nur drei Stunden von dem Mudirsitze entfernt sein sollte, Skodra in zwei Tagen zu erreichen. Der Leser dürfte es daher nicht auffallend finden, wenn ich unter diesen Verhältnissen auch den Besuch von Skanderbegs Geburtsort meinen Nach­folgern überliess. Ich widerstand daher allem Drängen Seid Beis zu weiterem Aufenthalte und machte mich nach dem Frühstück nach Bischkasi auf den Weg. Doch notirte ich vorher den Stammbaum der Familie Qogolj noch nach Seid Beis Angabe. Der Name ist ein slavi-sches Gemeinwort, welches Geier bedeutet, in Matja wird er aber von dem albanesischen Gemeinwort gog (bestimmt: gogu) Vogel abgeleitet und dem Stammherrn des Geschlechtes als Beiname zugeschrieben2). Dieser Qog stammte aus der bekannten Familie der Buschatti, welche Skodra eine Reihe von erblichen Paschas gegeben hat. Er musste aus unbekannter Ursache aus seinem Heimathsorte fliehen und siedelte sich in Lissa (oder Mlissa) eine Stunde östlich von Burgajet an. Später liess ihn der Sultan verfolgen, und der Überfall kam so plötzlich, dass er kaum Zeit hatte, von einem hohen Fenster auf seinen unter demselben stehenden Hengst zu springen und davonzujagen. Da schrieb der nach ihm Ausgesandte nach Stambul, dass er keine Vögel zu fangen verstehe, und der Verfolgte sei ein so kühner Mann, dass es gerathener wäre, ihm zu verzeihen und ihn der Matja vorzusetzen, was auch geschah. Aber ein anderes Mal war Qog weniger glücklich, der Sultan liess ihn packen und ihm den Kopf abschlagen. Seine Frau floh mit ihrem kleinen Söhnchen Achmet zu den Mireditten, wo sie denselben in tiefer Verborgenheit auferzog. Als nun Achmet Bei zwölf Jahre alt geworden, schickten die Häuptlinge der Mireditten eine Botschaft zu den Matjanern und Hessen ihnen sagen, dass ihr junger Bei in ihrem Lande lebe, was sie nun thun wollten. Da schickten die Matjaner hin, Hessen ihn holen und setzten ihn in seine Würde ein.

*) Die Trümmer liegen auf dem Wege von Burgajet nach d ?r Stadt Diwra in einer kleinen Mulde, die jetzt ganz mit Gestrüpp bewachsen ist, dahinter (östlich) erhebt sich eine hohe Kette (des schwarzen Gebirges), das nächste Dorf ist Mure iy2 Stunden südwestlich davon und weit niedriger gelegen und 3y 2 Stunden von Qogolj.

2) Eine Derivativ-Endung auf -ol ist mir jedoch gänzlich unbekannt, dagegen möchte ich in dem Namen Burgajet (wie in Singete und anderen) eine Plural-Endung erkennen und daher regelrecht Burgajete schreiben. Der Stamm könnte Burgia sein, wovon die Gentilform Burgai wäre.

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Α ahmet Beis Sohn war: 3. A l i Bei und auf diesen folgten als Söhne ihrer Väter: 4. Imer Bei, 5. Abdulah Bei, 6. Machmud Pascha. Dieser war 17 Monate lang mit A l i Pascha von Tepelon gegen

den Sultan verbündet, aber nach dessen Fall wurde ihm nicht nur verziehen, sondern sogar der Oberbefehl über Elbassan, Kawaja, Pekin und Tiranna übertragen. Er hatte vier Söhne: Chadschi Pascha, Seid Bei, Tschelal Pascha und Karaman Bei.

Chadschi Pascha fiel der Blutrache zum Opfer. Zwei kühne junge Männer eines edlen Geschlechtes der Landschaft Maztikli im Nordosten von Qogolj gingen einst bei hellem Tage in das Serail des Pascha zu einer Zeit, wo sie wussten, dass er allein war, und erschossen ihn während er auf seinem Di van sass, dann stürzten sie mit dem Rufe aus dem Hause, dass es im Selamlik (dem Empfangsaale) brenne und entkamen so glücklich.

Sein Nachfolger war Seid Bei. Dieser erhob sich vor sechs oder sieben Jahren gegen den Sultan und vertheidigte sich mehrere Monate sehr wacker gegen die wider ihn aus­gesandten Paschas der Umgegend, unter welchen auch Bib Doda, der gegenwärtige Chef der Mireditten, war. Endlich musste sich Seid ergeben und wurde nach Tunis verbannt, von wo er vor drei Jahren zurückberufen und in seine erbliche Würde wieder eingesetzt wurde. Wir haben die beiden letzten Hergänge nicht aus Seid Beis Munde, er gedachte gegen* uns nur der Freundlichkeiten, welche ihm der k. k. Generalconsul M e r l at ο während seiner Verbannung nach Tunis erwiesen habe. Die Beweggründe zu dieser Erhebung zu erfragen hatten wir keine Gelegenheit. Übrigens sind ja solche Eevolten in Albanien keine Seltenheit. Ihren letzten Grund haben sie in der Eegel in dem Parteitreiben der Häuptlinge, indem die Oppo­sition irgend eine Beschwerde des Volkes benutzt und dasselbe zur Erhebung reizt, um dadurch die herrschende Partei vom Ruder zu verdrängen, doch werden gewöhnlich unbedeutende Persönlichkeiten an die Spitze des Aufstandes geschoben, und insofern bildet der, an dessen Spitze Seid Bei persönlich stand, eine Ausnahme. Daher spricht die Vermuthung dafür, dass er sich zu diesem Schritte gezwungen sah, um nicht von seinen Gegnern überflügelt zu werden.

Denn der örtliche Einfluss bildet auf der ganzen Halbinsel die Grundbasis für die Denk-und Handlungsweise aller Parteihäupter, und dass in der Matja das Parteiwesen sehr ausge­bildet sein müsse, dafür spricht schon die Thatsache, dass sie von vier verschiedenen Haupt­stämmen bewohnt wird, an deren Spitzen eine oder mehrere Häuptlingsfamilien stehen, welche natürlich in dem Chef der ganzen Landschaft nur einen primus inter pares erkennen.

Die Boschikj wohnen nämlich in dem oberen Thale des Mat, dann folgen die Tschela'i, welche in dem Südtheile der Mulde vorherrschen, hierauf folgen die Olomani oder Alamani, und im Norden der Mulde sitzt der Kern der Qogolj. Dies gilt jedoch nur im grossen Ganzen, denn im Einzelnen sind diese Geschlechter in der Art vermischt, dass in manchen Dörfern alle vier Stämme vertreten sind. Ausserdem zerfallen die Stämme in mehr oder weniger Haupt­geschlechter und weitere Unterabtheilungen, deren Darstellung ein besonderes Studium erfor­dern würde.

Seid Beis Erhebung gegen den Sultan haben die nördlichen Gebirgslandschaften der Matja, von denen die eine Bischkasi, die zweite aber von dem Leser nach Belieben Skela, Schnela, Kschella oder Kthüella genannt werden kann, benutzt, um sich von der Matja zu trennen und sich dem Chef der angrenzenden Mireditten anzuschliessen. Dessen hierüber

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ausgestellte Urkunde wurde jedoch bis jetzt noch nicht von der Pforte bestätigt. Die Frage ist mithin noch in der Schwebe, doch wurde bis jetzt von Matja aus kein gewaltsamer Versuch gemacht, den Statu quo zu ändern.

VI. Bischkasi.

Wir brachen um zwei Uhr vom Mudir auf und glaubten Bischkasi bequem vor Sonnen­untergang zu erreichen, weil es nur drei Stunden von Qogolj entfernt sein sollte. Diese Stunden hatte aber der Fuchs mit dem Schwanz gemessen, denn die Nacht überfiel uns auf dem Wege, und da wir diesen zwischen Maisfeldern verloren hatten, so liess ich einige Schüsse thun, um Leute aus dem Pfarrorte anzulocken, wo man uns schon seit einigen Tagen erwarten musste. Wirklich ertönten auch alsbald die Glocken einer nahe gelegenen Kirche und mehrere Schüsse, die aus immer zunehmender Entfernung beantwortet wurden. Obwohl wir nun aus Erfahrung wussten, dass in griechischen Klöstern ausgezeichnete Gäste mit Glockengeläute empfangen werden, so fühlten wir uns doch über die stürmische Demonstration in einer katho­lischen Gemeinde sehr unangenehm berührt, bis wir belehrt wurden, dass wir sehr Unrecht hatten, dieselbe für Zeichen freundlicher Bewillkommnung auszulegen, denn es war das gerade GegentheiL Wir hatten nämlich die ganze Landschaft in Schrecken gesetzt, welche seit ihrer Trennung stets ein wachsames Auge auf Alles hat, was aus Matja kommt. Schon der Zug Bewaffneter, der in der Dämmerung von Qogolj heranrückte, hatte Misstrauen erweckt, als derselbe nun gar bei sinkender Nacht zu feuern begann, da zweifelte man nicht länger, dass die Matjaner einen feindlichen Einfall beabsichtigten und sofort ertönten die Sturmsignale.

Ein zweites quid pro quo war jedoch weit gefährlicher. Die Umwohner der Pfarrkirche hatten die Bedeutung unserer Schüsse besser begriffen, und kamen mit Kienbränden von ihrem Berge. Trotzdem hatte der Übergang über das dicht überwachsene steile Bachbett grosse Schwierigkeiten, und wir mussten uns stets tief vorwärts beugen, um von den überhängenden Zweigen nicht abgestreift zu werden. Ich kam glücklich hinüber, sah aber rückwärts blickend den Herrn Tedeschini auf der rechten Seite seines unruhigen Pferdes hängen, weil sein Sattel gewichen war. Ich näherte mich ihm von seiner Linken und packte ihn am Arme. Darüber wurde aber auch mein Pferd unruhig, und ich musste ihn fahren lassen, so dass er vollends auf der rechten Seite zu Boden rutschte. In demselben Augenblick wurde ich von zwei Schüssen geblendet, die dicht vor meinen Augen vorüber fuhren, mein Pferd machte einen Seitensprung und warf mich ab. Zürnend über diese unvorsichtige Willkommensalve erhob ich mich vom Boden, scheltend reckte ich die Glieder, um zu sehen, ob sie noch ganz wären; das war wohl der Fall , aber ich fühlte einen heftigen Schmerz im Auge, und wie ich mit der Hand danach fuhr, bemerkte ich, dass mein rechter Oberärmel glimme, und als ich mit der linken Hand das Feuer ausdrückte, fühlte ich, dass der Arm nass war, da er aber keine Bewe­gung versagte, so theilten sich meine Gedanken nur zwischen dem Auge, das heftig thränte, und der unvorsichtigen Begrüssung, und ich fuhr fort zu donnern, bis man mir sagte, dass die Schüsse von Tedeschini's Gewehr gekommen wären, dessen Läufe sich gleichzeitig entladen hätten. Glücklicherweise war das Pfarrhaus in der Nähe, und dort überzeugte ich mich nun, dass keine Pulverkörner im Auge steckten. Da ich bei dem Falle nicht wohl irgend anstreifen konnte, so vermuthe ich also, dass blos der Luftdruck das Auge geprellt hatte. Ich machte sogleich Kaltwasserumschläge, und nach einigen Stunden hatten die Schmerzen soweit nach­gelassen, dass ich fühlte, dass ich hungrig sei. Eine leichte Bläue um die Augendeckel, welche

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rasch verschwand, war die einzige Spur von diesem Vorfalle, und ich bin also buch­stäblich mit einem blauen Auge, aus Matja losgekommen. Am Arm war ich nur leicht gestreift, obwohl die Kugel zwei Löcher in den Hemdärmel gerissen hatte. Die Wunde war rund, wie die Kugel, auffallenderweise aber merklich grösser. Da sie nur wenig blutete, zog ich vor, sie nicht zu verbinden. Es bildete sich ein dicker Schorf, der nach drei Wochen abfiel.

Der Pfarrer ist ein junger, sehr intelligenter Franziskaner aus Neapel, der sich bei den wilden Eingeborenen in grosses Ansehen zu setzen wusste. Das Pfarrhaus, ein einstöckiges Gebäude, besteht aus drei Zimmern und einer Küche, und bot gleich der neuen Kirche ein Bild musterhafter Reinlichkeit. Um dem Leser eine neue Probe der geographischen Nomen­klatur der Matja zu geben, möge er erfahren, dass der Pfarrort Brinje, nicht Bischkasi heisst, und dass es überhaupt kein Dorf Bischkasi oder Biscasio giebt, sondern dass dies der Gesammt-name der vier Dorfgebiete ist, welche die Pfarrei bilden, aber nur in der Nachbarschaft, denn die Eingeborenen sagen dafür Scheh&r, welches bekanntlich im Türkischen das Gemeinwort für Stadt ist; und die Uberreste einer solchen finden sich wirklich 1 % Stunden nördlich von Brinje, am rechten Ufer des Mat, wo namentlich noch die Grundmauern einer grossen St. Peter geweihten Kirche sichtbar sein sollen.

Der Missionär vermuthet daher, dass jene Stadt wohl vor Alters den Namen Bisch­kasi geführt habe. Er behauptete übrigens, dass er öfter die Alten der Gegend nach dieser Stadt gefragt habe, aber Niemand den kleinsten Aufschluss über dieselbe zu geben im Stande gewesen sei. Von seinen Pfarrkindern sagte er, dass ein Theil derselben vom Raube lebe und der andere in diesem Handwerke dilettire. Christen und Muhammedaner verbinden sich zu den Streifzügen, welche sie von Zeit zu Zeit 10 — 40 Köpfe stark in die Küstenebene bis in die Umgegend von Durazzo unternehmen. Ihr Hauptaugenmerk ist dabei auf Weidevieh gerichtet, doch nehmen auch sie mit, was sie sonst finden. Bekenner der beiden Religionen, von welchen die Muhammedaner in beträchtlicher Minderheit sind, leben hier in voller Gleich­berechtigung und ziemlicher Verträglichkeit neben einander. Dass jetzt noch Wechselheirathen zwischen beiden stattfinden, wurde zwar von dem Missionär in Abrede gestellt, wird sich aber im Verlaufe meines Berichtes dennoch herausstellen. Von dem benachbarten katholischen Pfarrorte Pedana erzählt man, dass es früher in solchen Mischehen wohl vorgekommen, dass man Schweine- und Schaffleisch in demselben Topfe gekocht und dann der christliche Ehe­gatte das eine und der muhammedanische das andere verzehrt habe.

Auch in diesen Gegenden herrscht die Sitte der Blutrache noch viel zu unbedingt, als dass die Missionäre gegen dieselbe anzukämpfen im Siande wären, und von der Matja meinte der Pfarrer, dass dort die Wochen des Jahres, in welchen dieser Sitte mehr als Ein Opfer falle, häufiger wären, als die blutreinen. Er erklärte auch, dass er mich zum Erzbischofe begleiten werde, weil ich ohne ihn schwerlich unbehelligt durchkäme. Man rechne von Brinje bis nach Kurbino, dem früheren Erzbischofsitze fünf und von da bis nach Delbinischt, der heutigen Residenz, drei Stunden. Dieser selbst für Fussgänger beschwerliche Pfad sei jedoch für Pferde nicht gangbar und der nächste Reitweg beschreibe einen so weiten Bogen gegen Norden, dass wir trotz der langen Tage früh aufbrechen und uns unterwegs nicht aufhalten dürften, wenn wir Delbinischt mit sinkender Nacht erreichen wollten. Ich erlaubte mir daher am andern Morgen nur einen flüchtigen Rundblick auf Kirche, Dorf und Umgegend, der noch um so unfruchtbarer ausfiel, als die mich begleitenden Dorfältesten keine Vorstellung von dem

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Stundenmasse hatten, und stieg um sieben Uhr zu Pferde. Wir ruhten unterwegs zweimal je eine halbe Stunde und kamen um halb neun Uhr Abends in Delbinischt an.

Wir durchzogen zuerst die ebenso fruchtbare als ungesunde Ebene von Schto'ite (Holun­der), welche durchweg mit sehr fleissig gepflegtem Mais bestellt war, denn hier wird fast alles Brot für die Umgegend gezogen.

Doch aus den Hütten des Dorfes blickten uns nur bleiche Fiebergestalten an. Die Fieber­miasmen dürften hier aus den Sümpfen Ljeketi entstehen, welche etwa eine Stunde südlich von Schto'ite zwischen Brinje und der Mündung der Uraka in den Mat liegen. Man behauptet, dass dieser etwa eine halbe Stunde lange und ebenso breite See in seiner Mitte einen uner­gründlichen Strudel habe, der Alles, was in sein Bereich kömmt, hinabziehe.

Eine halbe Stunde nördlich von Schto'ite kreuzten wir den Mat, der sich hier tief in die fette Erde eingegraben hatte. Die Ebene setzt sich auch jenseits fort, doch ist dieser Theil nicht bewässerbar und wird daher auch nicht bebaut; dann folgt bewaldetes Hügelland und in i y 2 Stunde, nachdem wir den Mat überschritten, kamen wir am Fusse der gleichfalls mit Laubholz bestandenen hohen Kette an, welche man uns den Berg Smenja nannte, die aber oberhalb und unterhalb nach anderen Dörfern benannt sein mag. Die Namenlosigkeit der Gebirge ist die grösste geographische Schwierigkeit, welche diese Länder darbieten.

Die vorliegende Kette bildet die Südwand des vereinigten Fandi und die unwegsame Nord wand des Matirinnsales. Sie reicht, von Ost nach West streichend, bis in die Spitze der Mündung des Fandi in den Mat. Der letztere fliesst etwa eine Stunde vor dieser Mündung durch einen hohen, schmalen, senkrechten Felsenriss, welcher theilweise vom Wege aus sicht­bar ist. Dieser Riss trennt hier den „weissen Berg" von der Smenjakette, und die Unweg­samkeit seiner Enge ist zugleich die Ursache, warum der Reitweg nicht nur den Mat, sondern auch den Kamm der Smenjakette zweimal kreuzen und ein gutes Stück am Südhange des Fandithales hinlaufen muss. Zwischen dem Felsthore und der Mündung des Fandi kreuzten wir den Mat zum zweiten Male und ritten dann meist auf dem trockenen Rinnsale des Flusses, an der Mündung des Fandi und an Pedana vorüber, der Küstenebene zu, weil der „weisse Berg" hier so steil in den Fluss abfällt, dass der an seinem Nordhang hinlaufende Pfad zur Winterzeit gefährlich oder auch ganz unpassirbar wird. Dieser „weisse Berg" bildet die Süd­wand des Matthales bis zu dem Eintritte des Flusses in die Küstenebene und sein höchster Gipfel findet sich unmittelbar südlich von der Mündung des Fandi in den Mat. Der Name dieses Berges, welcher im Albanesischen Mal i barth lautet, gab viel zu denken, doch finden diese Gedanken in einem besondern Abschnitte des Anhangs wohl einen geeigneteren Platz. Mit sinkender Sonne erreichten wir den katholischen Pfarrort Miloti, wo uns der fiebernde Pfarrer mitKaffe und Wassermelonen erquickte, und ritten nach halbstündiger Rast im unsichern Scheine der Mondsichel den beschwerlichen anderthalbstündigen Weg nach Delbinischt, wel­ches ziemlich hoch auf dem Westhange der Krojakette liegt.

Von Schto'ite bis Miloti ritten wir in einer wahren Einöde. An Wohnungen sahen wir nur einige Gehöfte des zerstreuten Dorfes von Bulkjeri, jenseits des Fandi, und an Menschen einige Jungen, die Schafe hüteten. Um so mehr überraschte es uns mitten in der Wildniss zwischen Fand und Mat zwei Mädchen von zwölf bis vierzehn Jahren bei einer Heerde kleinen struppigen Rindviehs anzutreffen, die uns freundlich anlachten, unseren Leuten Auskunft über den Weg gaben und deren Scherze erwiderten; dies zeigte, dass sie Christinnen waren. Die den Frauen überhaupt und den Mädchen insbesondere gewährte Sicherheit in einem Lande, wo sonst

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30 J. G. υ. Ha h η

die grösste Unsicherheit des Lebens und Eigenthums herrscht, war mir zwar nicht unbekannt, überraschte mich aber dennoch, als ich sie in einem so schlagenden Beispiel kennen lernte. Diese Sicherheit scheint aber so unbedingt zu sein, dass keinem unserer höheren oder niederen Geistlichen, die ich danach befragte, ein einziger Fall bekannt war, dass solche einsame Schä­ferinnen von Christ oder Türk jemals behelligt worden wären.

VII. Delbinischt.

Monsignor Rafaele d'Ambrosio, Erzbischof von Durazzo, bin ich nicht nur für die erwiesene zuvorkommende Gastfreundschaft, sondern auch für die reichhaltigsten Auskünfte über sein Erzbisthum und dessen geographische und, ethnographische Verhältnisse, die er später in einem besonderen Memoire für mich zusammenstellte und mit einer sehr nützlichen Karte begleitete, zu besonderer Dankbarkeit verpflichtet. Ich entnehme demselben folgende Angaben über das Erzbisthum Durazzo. Dasselbe begreift ausser Matja, welches in der kirch­lichen Sprache noch immer Macedonia *) heisst, und dem Küstenstriche, welcher auf der Karte des Erzbischofs „Bassa Albania" genannt wird und sich von der Mündung des Mat bis nach Durazzo erstreckt, auch ganz Epirus bis zu dem Busen von Arta. Seine Suffraganbisthümer gingen in Folge der türkischen Eroberung ein, und wenn ich mich aus Farlati richtig erinnere, so trat selbst für den Sitz des Erzbisthums eine längere Vacanz ein. Die späteren Erzbischöfe, welchen Durazzo verschlossen blieb, wo nicht einmal eine katholische Kirche geduldet wurde, verlegten ihren Sitz in das enge von hohen Bergen eingeschlossene und schwer zugängliche Felsthal von Kurbino, der nördlichen Fortsetzung der obenbeschriebenen Mulde von Bena; dort residirten sie Jahrhunderte lang unter dem Schutze der Mireditten und deren katholischen Nachbarstämmen, bis der regierende Erzbischof, — dessen energischer Charakter ihm ein an Furcht grenzendes Ansehen bei den muhammedanischen Albanesen verschafft hat — vor mehreren Jahren seinen Sitz von diesem rauhen, unzugänglichen Schlupfwinkel nach Delbi­nischt verlegte, wo der Blick einen grossen Theil der Küstenebene und das sie bespülende Meer beherrscht und die ungesunden Ausdünstungen ihrer Maremmen nicht hinaufreichen. Monsignor Rafaele baute hier an einer sehr glücklich gewählten, einige Minuten vom Dorfe abstehenden, mit gutem Quellwasser gesegneten Stelle eine einfache aber anständige Residenz, welche auch die für das Seminar erforderlichen Räumlichkeiten begreift, und eine mit einem Thurme und anständigem Geläute versehene Kirche. Die Uberzeugung, dass sich nun auch hier Landes die Zeiten so weit gebessert, dass ihr Oberhirt sich aus seinem Schlupfwinkel in die Ebene hervorwagen und das laute Geläute seiner Kirchenglocke über diese hin ertönen durfte, hat wesentlich dazu beigetragen, die sehr gedrückte Stimmung der Katholiken dieser Land­striche zu heben. In der Erzdiözese bestehen gegenwärtig achtzehn katholische Pfarreien, deren nordöstlichste, Lurja, 20 Stunden von Delbinischt entfernt ist und dem Gebiete des schwarzen Drin angehört. Die südwestlichste ist Durazzo. Zu dieser kommt noch eine vor einigen Jahren in Prowesa errichtete Mission, welche die Seelsorge der in den übrigen Theilen von Epirus befindlichen fremden Katholiken über sich hat.

x) Bekanntlich reichte das makedonische Königreich bis zur Küste der Adria, und unter den Römern gehörte .der Küstenstrich zwischen den Mündungen des Drin und des Schkumb nebst dessen Hinterlanden ständig zur Provinz Macedonia, so wie er auch jetzt einen Theil des dem Rumeli Walessi von Monastir unterstehenden Gebietes bildet, s. Albane*. Studien I. S. 11. S. 27. Note 26.

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Die Zahl der in der Erzdiözese lebenden katholischen Familien giebt das Memoire auf 786 an, welche, nach dem gewöhnlichen Durchschnitte zu fünf Köpfen auf das Haus, beiläufig 4000 Seelen ergeben. Allerdings wird behauptet, dass in den Gebirgsstrichen oft 20, 30 und mehr Köpfe unter einem Dache leben; dagegen möchten wir aber auch zweifeln, ob die Dörfer in der so ungesunden Ebene auch nur die Durchschnittszahl erreichen. Dass aber die katholische Kirche in diesen Gegenden keineswegs im Rückgange sei, das zeigt die Angabe des Memoires, dass in den letzten 15 Jahren 54 Muhammedaner und 10 griechisch-katholische Individuen zu derselben bekehrt worden sind. Bei den ersteren liegt der Verdacht freilich nahe, dass zum Theil äussere Gründe, nämlich die Furcht vor der Conscription, mitgewirkt haben könnten, bei den griechisch Gläubigen jedoch fällt dieser Verdacht weg. Auch gedenkt das Memoire einer sehr merkwürdigen Bekehrung des neunzehnjährigen Muhammedaners Seinell Bairam aus Kurbino. Am 24. März 1853 erschien dieser unerschrockene junge Mann, alles Widerstandes der Seinigen ungeachtet, in der Kirche während des Hochamtes, warf sich vor dem Throne des Erzbischofs nieder und verlangte in Gegenwart der versammelten Gemeinde die heilige Taufe, welche ihm auch der Erzbischof zusagte. Sie fand an dem darauffolgenden Pfingstfeste statt, nachdem er in der christlichen Lehre unterrichtet worden war und er sowohl auf seine väterliche Erbschaft als auf seine ihm in der Kindheit anver-lobte Braut feierlich verzichtet hatte. Er erhielt den Namen Pasquali und zeigte auch später so vielen Wissensdrang und Fleiss, dass ihn der Erzbischof im Jahre 1855 nach Rom schickte, wo er seitdem in der Propaganda den geistlichen Studien mit glänzendem Erfolge obliegt.

Am meisten dürfte sich jedoch der Leser gleich dem Verfasser von einem dem Erzbisthum eigentümlichen echt albanesischen Institute überrascht finden. In Albanien giebt es keine katholischen Frauenklöster. Gleichwohl aber zeigte sich unter den albanesischen Jungfrauen der Drang zum jungfräulichen Leben. Um nun diesem unter einem kriegerischen Volke ent­sprechen zu können, vertauschen sie ihr Geschlecht mit dem männlichen, indem sie männliche Kleider anlegen, sich die Haarflechten abschneiden, einen männlichen Namen annehmen und die landesüblichen Waffen führen, bestehend in Flinte, Pistolen und Jatagan. Dieser Wechsel findet aber unter dem Schutze der Kirche statt, und es wird in allen Pfarreien nach dem Gottesdienste der versammelten Gemeinde feierlich bekannt gemacht, dass die betreffende Jungfrau sich zu einem jungfräulichen Leben entschlossen, einen männlichen Namen ange­nommen habe und dem zu Folge in Zukunft als Mann zu betrachten sei. Ein besonderes Gelübde ist mit diesem Wechsel nicht verbunden.

Ein solcher Geschlechtswechsel ist auch das einzige Mittel für ein Mädchen, um sich von einem Verlöbniss loszusagen und ihre Angehörigen vor der Blutrache der Familie des ver­schmähten Bräutigams zu bewahren.

Es leben gegenwärtig vier solcher männlicher Jungfrauen. Die berühmteste ist Mara von Perlata'i, also eine Landsmännin ^on Skanderbegs treuem Feldhauptmann, Peter von Perlati. Sie gehört der Familie der Presa Doj an, und hatte ihre Eltern früli verloren. Ihr Oheim verlobte sie als Kind an einen Türken aus Lurja. Als sie nun 17 Jahre alt geworden und der Türke sie holen wollte, da trat sie vor den Altenrath ihres Ortes und erklärte, dass der Türke sie zwingen würde, seinen Glauben anzunehmen, und dass sie daher, um ihre Seele zu retten, Mann werden wolle. Sie verlangte also von ihrem Oheim die Waffen ihres Vaters und führt sie bis auf den heutigen Tag als Peter von Perlatai.

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32 G. ν. Salin

Dilla von Delbinischt und Britza von Bischkasi waren noch nicht verlobt, als sie ihr Geschlecht vertauschten, die erste heisst nun Petro, die zweite Jon.

Martschella aus Tena im Bezirke von Skella hatte eine Liebschaft mit einem jungen Mann, der in seiner Kindheit mit einer Andern verlobt worden war. Als dieser nun genöthigt wurde, dem Drange der Seinen zu weichen und die ihm Anverlobte zu heirathen, um mit deren Verwandten nicht in Blutfeindschaft zu gerathen, da wechselte Martschella ihr Geschlecht und heisst von da an Dschin.

Ich möchte bezweifeln, ob in dem Bereiche der katholischen Kirche sich irgend sonst wo ein ähnlicher Brauch finde oder jemals gefunden habe. Leider habe ich unterlassen, mich nach dessen Alter zu erkundigen; doch muthet es uns an, als ob er nicht von heute sei.

Übrigens ist es fast zu verwundern, dass dieser Brauch keine grössere Nachahmung findet, denn auch hier kann das "Weib ausrufen „der Frauen Schicksal ist beklagenswert". Wie das alte Ur-Hellas, so geht die heutige Matja „bewaffnet und kauft ihre Frauen". Der durchschnittliche Preis für eine Jungfrau ist hier Landes 3000 Piaster, und eine junge Wittwe kostet die Hälfte. Doch ist es dem gegenwärtigpn Erzbischof nach langen Kämpfen gelungen, diesen barbarischen Brauch bei den Katholiken abzustellen. Der katholische Bräutigam hat nur den Brautanzug zu zahlen, dessen Kosten ein für allemal auf 850 Piaster festgestellt sind.

Auch gelang es ihm, nicht nur die kostbaren Todtenmahle, sondern auch das Todten-geheul und Zerkratzen von Gesicht und Brust bei Todesfällen abzuschaffen.

Die Braut reitet unter beständigen Gewehrsalven, gänzlich in einem bei den Muham-medanern rothen, bei den Christen violetten Mantel gehüllt, nach dem Hause ihres künftigen Mannes, wo sie ein wahres Sklavenleben führt. Von besondern Hochzeitsbräuchen erfuhr ich nur, dass in Bischkasi nach dem Einzüge der Braut zwei Männer mit einem Bretzelbrot auf das Dach des Hochzeitshauses steigen, dort unter Segenssprüchen für die neue Ehe einen Theil des Brotes verzehren und den Rest vom Dache auf die Erde werfen.

Die Frauentracht besteht in weiten dunklen Beinkleidern und Franzenschürzen, welche bei den verheiratheten roth, bei den Mädchen schwarz sind.

Das Memoire lobt die Frömmigkeit der hiesigen Katholiken, ihre Ehrfurcht vor der Geistlichkeit und ihre Gastfreundschaft, vermöge deren die Verletzung des Gastes Blutfeind­schaft zwischen dessen Wirth und dem Verletzer erzeugt. Es rügt aber an Christ und Türke den Hang zur Faulheit, zu Raub, Diebstahl und Unmässigkeit und fügt noch für die Türken den Hang zum Wucher an, welcher den Zins für Darlehen bis auf 50 und 60 Procent im Jahre steigert.

Für die Unverdorbenheit des Geschlechtsverhältnisses spricht ausser dem erwähnten That-bestande, dass sowohl die christlichen als muhammedanischen Mädchen bis zu ihrer Verhei­ratung in unbedingter Sicherheit bei den Schafen bleiben. Auf dem Ehebruch steht zwar nach übereinstimmender Aussage die Todesstrafe und soll diese in der Regel von den Ver­wandten der Schuldigen verhängt werden; allein trotz vieler Nachfragen an den verschie­densten Orten gelang es mir nicht, einen bestimmten Fall einer solchen Bestrafung zu erfahren.

Hauptausführartikel des Landes sind: Mais, Ol , Tabak, Wolle, Käse und Häute 1). Früher brachte die Ausfuhr von Schiffbau- und Werkholz (meist Eichen) grosse Summen ins

*) S. hierüber Näheres Alban. Studien I. S. 7 7.

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Land. Da aber im Jahre 1856 ein strenges Ausfuhrverbot dieses Artikels für das gesammte türkische Reich erfolgte, so fault nun wegen mangelnder Nachfrage im Innern das Holz wiederum wie früher unbenutzt auf dem Stamme und findet sich somit das Land einer reichen Erwerbsquelle beraubt.

Der Weinbau leidet hier seit 11 Jahren an der Traubenkrankheit, welche noch kein Zeichen der Abnahme gegeben hat.

In dem Empfangszimmer des Erzbischofs bemerkten wir ein altes Oelgemälde, es stellte das scharf geschnittene Profil eines alten Mannes von sehr energischem Ausdruck und mit einem faltigen rothen Barett auf dem Scheitel dar. Als ich hörte, dass es für das Portrait Skander­begs gelte, so bat ich den Erzbischof, mir dasselbe nach Skodra mitzugeben, um es dort zur Vergleichung mit den in Italien vorhandenen Bildern Skanderbegs photographiren zu lassen. Das Bild war aber so rissig, dass die Photographie nur sehr unvollständig ausfiel. Herr Dr. Szekely zeichnete daher noch eine genaue Kopie des Kopfes, um nach dieser die Photo­graphie zu retouchiren.

Obgleich ich mich von den beiden vorhergehenden Tagmärschen weniger angegriffen fühlte, als ich erwartete, so glaubte ich doch, es dem Erzbischof schuldig zu sein, einen Tag bei ihm zu verweilen, und wie reichlich diese Rücksicht belohnt wurde, zeigen die obigen Schilderungen.

V m . Losch.

Ich verabschiedete mich von dem Erzbischof am Morgen des 26. August, kreuzte nach anderthalb Stunden den Mat, etwa zwei Stunden östlich von seiner Mündung, und ritt nun durch die ebenso fetten als ungesunden Marschgründe von Italien der Stadt Lesch zu, welche die Hellenen Lissos, die Römer Lissus nannten und die Italiener Alessio nennen. Was den Landschaftsnamen betrifft, so braucht der Leser keinen Schreib- oder Druckfehler zu ver-muthen, denn die Küstenebene zwischen dem Mat und Drin heisst bei den Eingeborenen Italia1), und wenn ich der zahlreichen geographischen Parallelen an den beiden sich gegen­überliegenden Ufern des Adria gedenke, von welchen ein Theil in den albanesischen Studien zusammengestellt ist 2), so halte ich es für wahrscheinlicher, dass dieser Name der Urzeit angehöre, als dass er in späterer Zeit von Italien entlehnt worden sei. Die ungemeine Frucht­barkeit dieses jetzt mehr als Viehweide denn als Ackerfeld benutzten Grenzstrichs der römischen Provinz Dalmatia mag die Veranlassung gewesen sein, dass man sich im alten Rom Wunderdinge von der Fruchtbarkeit Illyriens erzählte, wo sogar die Hühner täglich 2 — 3 Eier legten und die Kühe ebenso vielmal im Jahre und zwar meistens Zwillinge kalbten.

Diese offene Küste gehörte damals zu dem Lande, welches im engsten Sinne Illyria hiess und von der Mündung des Drin bis zu den Akrokeraunien reichte. Nördlich und südlich von diesen Punkten ist die Ostküste des Adria im grossen Ganzen eine geschlossene3). Die illy­rische Küste verdankt den fortdauernden Anschwemmungen der Flüsse, welche hier münden, ihr Dasein, und ist daher nach der Art solcher Küsten in fortwährendem Form Wechsel begriffen. Die Schiffer behaupten, dass sie seit ihrer letzten Vermessung wesentliche Ver-

2) Häufiger hört man freilich die Küstenebenen zwischen Mat und Drin: Bregu Mati nennen; das Verhältnise dieser beiden

Landschaftsnamen ist mir nicht klar. 2) I. S. 330. Note 33. 3) Näheres s. Albanes. Studien I. S. 8.

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änderungen erlitten habe, und gewarnt durch das Schicksal des Lloyddampfers Asia, welcher an der Mündung der Woiussa zu Grunde ging, halten sie sich vom Lande weit ferner, als vielleicht nöthig wäre. Es erscheint daher, wie ich bereits früher bemerkt habe1), die Revision, wenigstens dieser offenen Küstenstrecke, an welcher unsere Hauptschifffahrtslinie vorüber­fährt, als ein dringendes Bedürfniss unserer Marine.

Seitdem ich das albanesische Italien zum erstenmale besuchte, hat dort ein Besitzwechsel begonnen, welcher möglicher Weise von den wohlthätigsten Folgen für diesen Landstrich sein kann. Der grösste Theil desselben diente früher nur zur Winterweide und zwar namentlich für die Klementer, die nördlichsten und bekanntesten Bewohner des albanesischen Alpen­knotens, von welchen eine Colonie zwei Dörfer der Militärgrenze bewohnt2). Seit 10 Jahren ungefähr begannen diese den Boden, welchen sie seit Jahrhunderten nur weidend und dadurch dessen Bearbeitung hindernd durchzogen hatten, käuflich an sich zu bringen und in Ackerland zu verwandeln, und die überraschenden Ergebnisse dieses Beginnens dürften wohl zur raschen Nachfolge reizen. Man giebt die durchschnittliche Ernte des reichsten Klementer auf 300 Pferdelasten Getreide zu 80 Okka an.

Als ich mich während meines Frühstückes in Lesch (Alessio) nach den geeignetsten Fahrzeugen erkundigte, mit welchen ich die Drinfahrt vornehmen könnte, erfuhr ich zu meiner grössten Überraschung, dass ich diese Flussfahrt von Skodra selbst aus antreten könne und zu dem Ende unter den zahlreichen Fahrzeugen seines Sees die Auswahl habe, denn im Winter von 1858 auf 1859 sei endlich der seit langem gefürchtete Einbruch des Drin gegen Nord­westen in die Ebene von Skodra erfolgt, an deren Südrand der Strom bis dahin floss, indem das Hochwasser die schwachen Schutzbauten zerstörte, mit welchen man den Strom bisher von der Ebene abgehalten hatte. Zwei Winter lang stürmte er wild in derselben hin und her und richtete dadurch grosse Verheerungen an, im dritten Winter grub er das Bett, in welchem nun Jahr aus Jahr ein der grössere Theil3) seiner AVasser durch die 21/i Stunden lange Ebene fliesst und sich etwas oberhalb der Kjiribrücke in dem Bereiche von Tambaki, dem südlichsten Stadtviertel von Skodra, mit dem Kjiri verbindet.

Im Übrigen muss ich den Leser über Alessio auf meine albanesischen Studien4) verwei­sen, denn ich verweilte diesmal dort nur, um zu frühstücken und frische Bedeckung zu ver­langen. Wir wollten nämlich noch an demselben Tage Skodra erreichen und wussten aus Erfahrung, was es mit den angeblichen sechs Stunden zwischen Lesch und Skodra für eine Bewandtniss habe. Wir verliessen Lesch um 2 Uhr, ritten so rasch, dass wir alle vom Besuche des dortigen Wochenbazars Heimkehrenden5) überholten, ruhten unterwegs kaum eine halbe Stunde um Kaffe zu trinken und klopften erst um halb elf Uhr an dem Thore des Consulate von Skodra6), in dessen gastlichem Salon meine künftigen Reisegefährten, Herr Linienschiffs-

i) S. Albanes. Studien I. S. 9. *) S. Albanes. Studien I. S. 12. 3) Die Anwohner des Drin behaupten, dass jetzt kaum 7 3 des g^eammten Wasserstandes in dem alten Bette dem Moore

zufliesse, und betrachten den Durchbruch als eine grosse Wohlthat für sie, weil sie nun von den grossen Überschwem­mungen befreit sind, von welchen sie früher viel zu leiden hatten.

4) I. S. 91 und folg. 5) Die Frauen trugen meistens kurze bis zur halben Wa«ie reichende sehr faltige Röcke von dunkelgrünem Baumwollzeuge,

die denen der Albanesinnen auf Hydra und Spezzia sehr ähnlich waren. 6) Ich glaube daher nicht zu irren, wenn ich von Lesch bis zur Kjiribrücke bei Skodra wenigstens sieben türkische Stunden

rechne.

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lieutenant v. Spaun und Herr Doctor Szekely und mein alter Freund, Herr Dr. Auerbach, Quarantainearzt von Awlona, beim Whist versammelt waren, und wo ich von Seiten meines Oollegen Herrn Dubravciö und dessen Gemahlin die liebenswürdigste und gastlichste Auf­nahme fand.

IX. Skodra.

Meine Reisegefährten waren mit den drei zu unserer Begleitung bestimmten Matrosen am 19. August in Antiwari gelandet und ein günstiger Zufall hatte sie daselbst mit Dr. Auer­bach zusammengeführt, welchen ich bei meinem kurzen Aufenthalte in Awlona eingeladen hatte, mich in Skodra zu besuchen, und mit dem sie Tags darauf dorthin ritten.

Der SchifFslieutenant hatte in Skodra sogleich seine Beobachtungen und der Doctor die Aufnahme der Rundsicht von der Citadelle von Skodra begonnen; sie waren aber über mein langes Ausbleiben sehr beunruhigt, denn meine Reise von Durazzo nach Skodra überstieg den briefliehen Voranschlag um nicht weniger als vier Tage, — und nun freuten sie sich um so mehr über meine endliche Ankunft.

Am folgenden Morgen begannen die Vorbereitungen für unsere Flussfahrt, welche dadurch ungemein erleichtert wurden, dass sich alle mir über den neuen Flussarm des Drin m Alessio gewordenen Angaben in vollem Masse bestätigten.

Der Schiffslieutenant hatte bereits unter den Fahrzeugen des Sees Umschau gehalten und eine Art leichter Fischerbarken mit flachem Boden von etwa 12 Fuss Länge und so breit, dass zwei Personen bequem neben einander sitzen konnten, für unseren Zweck als die tauglichsten erklärt, weil sie leer nur einige Zoll Tiefgang hatten und so leicht waren, dass sie, wenn nöthig, von 4 — 6 Mann getragen werden konnten. Freilich aber war eine solche Barke allein zum Transporte unserer Gesellschaft und des Gepäckes nicht geräumig genug. Ich ersuchte daher den Pascha, zwei Barken mit drei tüchtigen Schiffern für jede zu miethen und den Preis für dieselben nach dem Urtheil von Sachverständigen festzustellen.

Die Unterhandlungen wurden mit dem Vorsteher der Schiffergilde der jenseits der Bojanna gelegenen Vorstadt Schiroka geführt, und der Preis zu 20 Frank per Tag für jede Barke festgestellt. Unsere Skodraner Freunde fanden denselben, im Hinblick auf die gänz­liche Unbekanntschaft der Schiffer mit dem Flusslaufe und der allgemeinen Furcht vor den Hochländern, durch deren Gebiet unser Weg führte, durchaus nicht übertrieben.

Der Postoffiziant des Consulates, Herr Kathere iner , welcher uns bis Prisrend begleiten wollte, übernahm die Besorgung des Proviantes, der Pascha wies uns zwei Kawassen für die Reise zu, und es handelte sich daher nur noch um die Frage, ob wir bei dem herr­schenden aussergewohnlichen Wassermangel in dem neuen Flussarme hinreichendes Fahr­wasser finden.würden, um denselben mit voller Ladung hinaufzufahren, weil wir dann mit grosser Wahrscheinlichkeit darauf rechnen konnten, dass wir auch im Berggebiete des Flusses, wo dessen Wassermasse ungetheilt war, daran keinen Mangel haben dürften. Der Schiffslieutenant unternahm daher am 30. August eine Recognoscirung des neuen Armes bis zu seiner Abzweigung, und als diese befriedigend ausfiel, schifften wir uns am folgenden Morgen, 15 Köpfe stark, auf den beiden Barken ein, und fuhren Wohlgemuth auf die Bergfeste von Dä'ino los.

Wie in den übrigen vorher berührten Städten, so fand ich auch in Skodra Alles auf dem­selben Flecke, wie ich es vor 13 Jahren verlassen hatte, und begnüge mich daher, um Wieder-

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holungen zu vermeiden, den Leser auf die in den albanesischen Studien1) enthaltenen Schil­derungen zu verweisen. Doch freut es mich, inmitten dieses Stillstandes wenigstens die grossen Fortschritte verzeichnen zu können, welche die kirchliche Entwickelung in diesem Zeiträume gemacht hat. Denn ich fand nicht nur das stattliche Gebäude des Jesuitencollegiums voll­endet, dessen Errichtung so langjährige Kämpfe gekostet und dessen Grundmauern sogar einmal gewaltsam zerstört worden waren, sondern auch dessen Schule und Seminarium bereits in voller Thätigkeit. Auch die Grundmauern der geräumigen Stadtkirche ragten bereits ein gutes Stück über dem Boden hervor, so dass nun begründete Aussicht vorhanden ist, dass die zahlreiche katholische Gemeinde der Hauptstadt ihren Gottesdienst nicht länger auf dem beschneiten und gefrorenen Boden ihres Kirchhofes knieend abzuhalten braucht.

Ich habe hier noch zweier Begegnungen zu gedenken, welche ein günstiger Zufall ver­mittelte, weil sie für die Reise und deren Beschreibung von so grosser Bedeutung sind. Ich hatte nämlich die Freude, in Skodra den Erzbischof von Antiwari Monsgr. C a r l Po ο ten aus Coin wieder zu begegnen, dessen Bekanntschaft ich bereits vor 13 Jahren dort gemacht hatte, und von dessen Einwirkungen auf diese Arbeit die so häufige Erwähnung seines Namens zeugt. Nicht minder wichtig war für mich die Bekanntschaft von Monsgr. Seve r in i , Bischof von Qadrima, welcher mir, als er von meinem Vorhaben hörte, sogleich erklärte, dass ich zu dessen Durchführung eines geistlichen Begleiters bedürfe und zu dem Ende unter seinen Pfarrern die glücklichste Wahl in Don Angelo B a r d i (ital. Bianchi) traf, denn dieser letztere hat mich durch die Art und Weise, wie er seine Aufgabe durchführte, für immer zu Dank verpflichtet.

X. Wau Deise.

In dem neuen Arme hatte sich die Strömung bereits so tief in die weiche Erde einge­graben, dass wir fast nirgends über die senkrechten Ränder des Flussbettes hinwegsehen konnten, die aber hie und da auch wohl an acht und mehr Fuss hoch sein mochten. Ihr Abstand dürfte auch an den engsten Stellen nicht unter 100 Fuss betragen. Was uns aber besonders interessirte, waren die an den Ufersteilen sichtbaren, oft mehrere Fuss dicken Schichten von Kieselsteinen und Grus, welche in grösseren und kleineren Zwischenräumen die Lehmmassen unterbrachen und deutlich zeigten, dass der Fluss jetzt keineswegs zum ersten-male diese Ebene in nordwestlicher Richtung durchschneidet, sondern dies nur die Wieder­holung eines Hergangs ist, welcher im Laufe der Zeiten mehr als einmal statthatte. Die nähere Untersuchung dieser Stromwechsel und ihrer Ursachen wäre eine interessante Aufgabe für sachverständige Forscher 2).

Zwei und eine halbe Stunde von Skodra liegt hart am linken Ufer des noch vereinten Drin die aus der Geschichte Skanderbegs bekannte, aber nun zerstörte Bergfeste von Dämo. Der Felshügel, auf dem sie liegt, ist von der Natur zur Beherrschung der Umgegend geschaffen. Obwohl er schwerlich 500 Fuss erreichen dürfte, so überragt er doch seine Umge­bung bedeutend, und löst sich, vermöge seiner vereinzelten Lage, scharf von den höheren

!) I. S. 94 und folg. 2) Auf der Karte von Albanien, welche der berühmte Chartograph Peter Coronelli im Jahre 1688 herausgab, ist die Richtung

eines Altbettes des Drin angegeben, welche jedoch nicht genau mit der des heutigen Armes übereinstimmt. Nach den zahlreichen Seen und Tümpeln der Mündungsgegend der Bojanna zu schliessen, dürfte eine nähere Untersuchung derselben eine beträchtliche Anzahl von Altbetten des Drin ergeben.

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Gebirgen ab, welche den Gesichtskreis gegen Süden begrenzen. Von den kleinen Windungen abgesehen, in welchen sich der neue Flussarm durch die Ebene schlängelt, fuhren wir in einer nur leicht gegen Südwesten gekrümmten Bogenlinie auf diesen Punkt als unser erstes Reise­ziel zu. Wir hatten dasselbe so nahe gesteckt, um den Rest des Tages der Besteigung und Untersuchung von Dä'ino zu widmen, aber wir sollten es nicht einmal erreichen. Der Anfang der Reise war nämlich wenig ermunternd; wir hatten uns freilich von der Schnelligkeit unserer Bewegung keine grossen Erwartungen gemacht, aber auf einen solchen Schnecken­gang waren wir nicht vorbereitet, denn obwohl die zwei Schiffer zogen, einer mit dem Haken stiess und unsere Matrosen aushalfen, so brachten wir es doch nicht über den feierlichsten Leichenschritt. Dabei musste grosse Sorgfalt auf die Auffindung des Fahrwassers verwandt werden, denn wenn auch die beiden Barken, trotz ihrer starken Ladung, kaum einen Fuss Tiefgang hatten, so glitten sie doch an vielen Stellen nur knapp über die weiche Sohle hin. Das waren üble Vorzeichen für unser Fortkommen im Berggebiete des Stromes, wo es an Stromschnellen nicht fehlen konnte. Noch unangenehmer aber berührte mich die Beobachtung, dass die Schiffer ihre ausdrücklich eingegangene Verpflichtung, neue vollkommen wasserdichte Barken zu liefern, nicht erfüllt hatten, und beide Fahrzeuge Wasser zogen. Ich bemerkte dies sogleich, aber die Schiffer verschworen sich hoch und theuer, dass diesem Ubelstande in kurzer Zeit abgeholfen sein würde, sobald die Planken der seit mehreren Wochen auf dem Trockenen gelegenen Barken nur wieder etwas angezogen hätten. Bei der einen trat diese Vorhersagung auch wirklich ein, die andere aber zeigte sich unverbesserlich und war überdem so morsch und gebrechlich, dass sie schwerlich einem massigen Anprall widerstanden haben würde. Diese Gründe, verbunden mit dem Bedenken, dass der Austausch in dem Grade schwieriger werden könnte, als wir vorrückten, bestimmten mich endlich am Nachmittage, die schadhafte Barke ausladen zu lassen und mit einem der Kawassen zurückzuschicken, um dem Pascha den Hergang berichten und ihn ersuchen zu lassen, die Leute sofort zur Erfüllung ihrer eingegangenen Verpflichtungen anzuhalten.

Wir streiften unterdessen in der Umgegend und fassten dabei besonders die flachgebösehte Hügelkette ins Auge, welche sich eine Viertelstunde östlich von dem Flussarme gegen den Dämohügel hinzieht und den östlichen Abschluss der Skodraebene bildet; denn zu unserem nicht geringen Erstaunen erfuhren wir, dass wir dieselbe auch von ihrer Ostseite kennen lernen würden, indem der Drin einen mächtigen gegen Südost gerichteten Bogen um dieselbe beschreibe. Dieser Höhenzug hat seine lehne Böschung auf der Westseite, über welche die Häuser der drei Dörfer Ganjole, Juban und Gawotz und deren reiche Felder und Baumpflan­zungen recht malerisch ausgebreitet sind.

Wir schickten den andern Kawassen nach dem letzteren uns zunächst gelegenen Dorfe, um dort eine Nachtherberge zu finden, oder um die auf der ganzen Halbinsel übliche Formel zu gebrauchen, um Konak zu machen, und den Dorfvorsteher zu holen, und schlenderten ihm nach, so dass wir selbst bis zum Dorfe kamen, bevor er dessen ziemlich altersmorsche „ Säule u *) aufgefunden hatte. Wir verlangten von ihm einen Boten nach Qa Dein, um Nachrichten über Don Angelo B i a n c h i einzuziehen, der dort unser harren sollte. Der Alte aber meinte, dass es viel einfacher wäre, ihn selbst zu rufen, denn Qa Dein liege nur zwei Büchsenschüsse von Gawotz, und unsere Uferseite sei bis in die Nähe des Dorfes gangbar. Dem zu Folge schickte

1) Poetische Benennung der Vorstände dtr Familiu und der Gemcindo, besonders in den Todtmklagen.

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er einen seiner Söhne, der sich zu uns gesellt hatte, nebst dem Kawassen an jene Stelle, und wir lagerten uns auf den Felsen, durch welche die Strasse zur Furt des Drin durch Menschen­hand gebrochen zu sein schien. Unterdessen war es nicht blos dämmerig, sondern volle Nacht geworden. Der Sternenschimmer zeigte die senkrecht abstürzenden Feispartien, durch welche der Fluss den Eintritt in die Küstenebene erzwingen muss, in nur unsicheren Umrissen. Wir standen also endlich vor dem Eingangsthor zu jener geheimnissvollen Welt, von der wir so oft und so lange geträumt hatten, in Erwartung, die Wunder mit eigenen Augen zu sehen, welche andere Reisende demjenigen in Aussicht stellten, welcher kühn genug sei, durch dieses Thor vorzudringen.

Wir hatten jedoch keine Zeit uns diesen Eindrücken hinzugeben, denn wir waren vor Allem begierig, über diese so interessante Örtliehkeit und deren verschiedene Namen einiges Licht zu erhalten, über welche wir es bis dahin noch zu keiner klaren Vorstellung gebracht hatten. Dämo (nach italienischer Orthographie Dagno) ist im Albanesischen weiblich Daina und sollte daher im Genitiv regelrecht Däi'n-ese heissen, statt dessen hört man jedoch Wau Dense und noch häufiger und noch unrichtiger Wau De'ise, die Furt von Daina. Ebenso bedeutet der Name des Pfarrdorfes Qaden*) wörtlich: jenseits von Dä'ina. Denn £a ist im Slavischen genau unser Jenseits. Qa Dein liegt aber im Bezirke Qa Drim (jenseits des Drim), denn der Slave verwandelt dessen η in m 2). Der Name Daina ist übrigens auf die zerstörte und verödete Stadt auf dem Gipfel des Hügels beschränkt, und es gibt heut zu Tage kein Dorf dieses Namens mehr. Doch wird an der Stätte, wo früher die dem Schutzheiligen der Stadt St. Alexander (albanes. Lesch) geweihte Hauptkirche stand, noch heute ein von der Umgegend stark besuchtes Hochamt gehalten. Bis hierher mochte unsere Unterhaltung bei der Furt gediehen sein, als aus der Flussenge ein Paar Schüsse und laute Rufe tönten, welche bald darauf von jenseits erwiedert wurden, und nach kurzer Conversation kamen unsere Sendboten mit der Nachricht zurück, dass Don Angel ο in QaDein sei und alsbald zu uns herüber kommen würde. Es dauerte auch gar nicht lange, so kam er mit dem Pfarrer von Qa Dein auf einem ausgehöhlten Baumstämme 3) zu uns herab geschwommen. Nach kurzer Bewillkommnung trennten wir uns wieder von ihm und gingen zu unserer Barke zurück, um zu schlafen, weil es nun schon zu spät war, um das Gepäck ins Dorf schleppen zu lassen. Als wir dort ankamen, wurde abgestimmt, ob wir warm oder kalt soupiren sollten, und da sich die Mehrzahl für warm entschied, so baute der Doctor in wenigen Augenblicken einen Herd aus den umliegenden Kieseln, und sofort loderte auch ein wackeres Feuer aus dürrem Treibholz darunter, der eiserne Kochkessel wurde mit Flusswasser gefüllt und übergesetzt. Nun aber hies es: was kochen? und wer soll kochen? Denn aus der Stadt hatten wir kein Fleisch mitgebracht, in der Erwar­tung überall Hühner zu finden, und diese aus dem Dorfe zu bestellen, war vergessen worden. Also Reis — einen Pilaf, sagte ich, der ist am schnellsten fertig. Wer kann Pilaf kochen? Tiefes Schweigen unter römischen und griechischen Katholiken, Protestanten und Muham-medanern, unter Türken, Albanesen, Illyriern, Dalmatiern, Ungarn und Deutschen. Die Matrosen behaupteten sogar, das Gericht nicht einmal dem Namen nach zu kennen, und keiner

J) η ebenso nasal wie in pfälzer Mundart: ken Mensch. 2) Sollte die altgrit-ch. Form Α(οίλο>ν kein Schreibfehler sein, so ergäbe sich noch ein dritter Wechsel der liquida in dem­

selben Namen. 3) Die Griechen nennen ein solches Fahrzeug μονόξυλο, der albanes. Name ist mir leider entfallen.

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unserer Matrosen oder Schiffer wollte irgend etwas vom Kochen verstehen und überhaupt nie­mals dem Schiffskoch an die Hand gegangen sein. Ich würde gern mein Glück selber versucht haben, wenn ich nicht hätte fürchten müssen mich bloss zu stellen, da meine Kochkunst nicht über die Eierspeise hinausgeht. Ieh beschränkte mich also darauf, anzugeben, wie ich mir ungefähr dachte, dass der Pilaf gekocht würde. Der Doctor übernahm die Oberleitung, die Matrosen handelten nach seinen Weisungen, und das Ergebniss zeigte, dass ihre Proteste gegen das Amt des Küchenmeisters sehr aufrichtig waren, denn der dicke Brei, welchen sie zu Stande brachten, war versalzen und zu wenig geschmelzt, und der Beis selbst hatte einen so eigen-thümlichen Beigeschmack, dass der Witzling unter den Matrosen behauptete, es sei nicht zu bezweifeln, dass er einstens auf dem Meeresgrund gelegen habe. Diese Bemerkung versetzte mich in die heiterste Stimmung, denn sie erinnerte mich an die Scenen einer mehrtägigen Epidemie, welche ich einst auf der Insel Mykonos erlebt und die ihren Grund in havarirtem Kaffe hatte, welcher etwa 12 Tage im Meere lag. Gross und klein, jung und alt benutzte damals die wohlfeile Gelegenheit, sich von einem dort gestrandeten Wrack mit Mokkakaffe zu versehen und an dieser edlen Gabe sich gütlich zu thun, aber welche Folgen! und welches Schauspiel! da gewisse Räumlichkeiten auf der ganzen Insel nur in 2 bis 3 Archontenhäusern zu finden sind. Der Mangel hieran ist überhaupt eine Eigenthümlichkeit, welche die griechi­schen Insulaner von ihren klassischen Altvordern überkommen haben. Der Auftritt, mit welchem Aristophanes den zweiten Act seiner Ekklesiazusae einleitet, wird dort in jeder Früh­dämmerung wiederholt, und die zahlreich auf jenen Inseln gezogenen Schweine versehen dann die Dienste der Gassenkehrer. Die ganze Bevölkerung ist von Kind auf an diese Ordnung gewöhnt. Nun aber wurde dieselbe auf das allergewaltsamste und allgemeinste zerstört! —

Diese Epidemie bildet jedoch nur die Episode eines Herganges, welcher wohl einzig in der Geschichte der Schifffahrt dasteht und daher hier ein Plätzchen finden mag, um der gänz­lichen Vergessenheit entrissen zu werden.

Vor etwa 10 Jahren brachte ein österreichischer Kauffahrer die Mannschaft eines Nor­wegers nach Syra, mit welchem er bei Schneesturm auf der Höhe der Insel Chios in der Art zusammengestossen war, dass er mit seinem Vordertheile dem Norweger in die Seite stiess. Hierbei hakte sich nun der Anker des Österreichers in den Schiffsbord des Norwegers ein, und der erstere musste seine Ankerkette spielen lassen, um sich von dem Norweger los zu machen, denn an das Aushängen der Kette war in solcher Lage nicht zu denken. Auf dieser Kette reitend rettete sich die Mannschaft des Norwegers auf den Österreicher, und diesem blieb, um sieh von dem Norweger los zu machen, der jeden Augenblick sinken konnte, kein anderes Mittel, als seine Ankerkette auszuhängen. Als dies geschehen war, trennten sich beide Schiffe, indem der Anker, s / 4 der Ankerkette und das Schiffsbild (bolena) des Österreichers am Bord des Norwegers bleiben mussten. Die beiden Schiffe kamen rasch auseinander, und beide Capitaine waren in der Annahme einverstanden, dass das beschädigte Schiff bald nachher gesunken sein dürfte. Zwölf Tage später kam von Mykonos die Anzeige, dass man unweit des Hafens einen verlassenen Norweger, dessen Deck nur einen Fuss über Wasser war, in der Art geankert gefunden habe, dass seine Ankerkette sich um eine Klippe in der Nähe des Hafens geschlungen habe, während deren Anker in sein Deck eingehakt gewesen sei, und an dieser Kette habe man das Wrak in den Hafen bugsirt. Es scheint, dass das Wrak, wenn es überhaupt gesunken war, von der quellenden Kaffeladung wieder gehoben und flott erhalten wurde. Natürlich zog ich Anker und Kette des Österreichers, welche diesmal mit umgekehrten Enden ihre

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Bestimmung erfüllt hatten, gegen Erlegung des gesetzlichen Bergelohnes von einem Drittel ihres Werthes, an mich und schickte sie dem Schiffe nach. Doch noch mehr, ein Paar Wochen später hörte ich, dass ein Mykoniate das Schiffsbild (bolena) unseres Kauffahrers am Hafen von Syra zum Verkaufe herumtrage und liess es ihm gegen ein Trinkgeld abnehmen, so dass unser Schiff vollkommen in integrum restituirt aus der Katastrophe hervorging. Wie lange mag es dauern, bis sich wieder einmal eine ähnliche Kette von Ausserordentlichkeiten an ein­ander reiht?

Die ganze Ladung des Norwegers war auf Befehl der Behörden in die See geworfen worden und bildete Monate lang einen grüngrauen Band um den Hafen von Mykonos, da selbst die Schweine sie verschmähten. Ich sah nun schon im Geiste die Ufer des Drin mit einem ähnlichen weissen Rande geschmückt, und das war mir durchaus nicht unbedenklich, weil der Reis bestimmt war, die Stelle des Brodes zu ersetzen, wenn wir kein solches in den Wildnissen, durch die der Weg führte, auftreiben könnten. Das hinderte uns aber nicht, ebenso heiter einzuschlafen, als die Sterne von dem klaren Himmelsgewölbe auf uns herabblickten, auch erwies sich die Besorgniss als unbegründet. Als wir am andern Morgen erwachten, fanden wir die zurückgesendeten Schiffer mit einer neuen Barke neben uns gelagert. Wir gingen zu Fuss nach der Furt und Hessen die Barken durch die verschiedenen Flusswindungen nachschleppen. Wir kamen zu den Uberresten einer Wasserleitung, welche sich längs der grossen nach Skodra führenden Strasse hinzog. Es scheint dies eine recht tüchtige und mit Verständniss angelegte Arbeit gewesen zu sein. Der gemauerte Kanal zog sich längs des Fusses der früher erwähnten Hügelkette oft fünf und mehr Fuss unter der gewellten Erd­oberfläche hin und war an vielen Stellen überwölbt. Seine Bestimmung war, die heute verfallenen „Mühlen des Pascha" in der Nähe von Skodra mit dem Wasser des Drin zu speisen.

Dann betrachteten wir die schwachen Wasserwerke, mit welchen man den seit langem befürchteten Durchbruch des Drin hatte verhindern wollen: drei Zoll dicke mit Reisig durch-flochtene Holzstäbe, kaum 2 bis 3 Fuss eingerammt! wir staunten nur, wie es möglich war, den Strom so lange im Zaume zu halten. Man denke sich die Wucht der Winterströmung eines so bedeutenden Flusses, der hier plötzlich aus der Klemme des letzten Felsenthores in die Ebene einbricht. Uns schwebte das Bild eines lebenskräftigen Jünglings vor, der von Kindheit an in strenger Zucht gehalten, plötzlich frei von dieser wird, und, unbekannt mit seiner Kraft, noch eine Zeit lang schwachen Schranken gehorcht, die sich seiner Willkür ent­gegenstellen. Grosse Züge von Lastthieren zogen unterdessen an uns vorüber, von denen jedes zwei ungeheure mit Trauben beladene Körbe zur Stadt trug. Diese gehörten durchweg zu der Sorte, welche man am Rhein Burgunder nennt. So weit ich die Halbinsel kenne, ist diese Sorte mit seltenen Ausnahmen die einzige Keltertraube.

Ich betrachtete unterdessen den Felsberg von Dä'ino. Von hier aus gesehen steigt er glockenförmig aus der Ebene auf und erinnert an den Festungsberg von Nderronje oder den von Akrokorinth, doch möchte ich ihm nicht über 500 Fuss Höhe geben. Ich suchte vergeb­lich mit dem Fernrohre nach irgend erheblichen Mauerresten auf seinem Gipfel, und Don Ange lo , der sich unterdessen zu uns gesellt hatte, bestätigte, dass nur wenig davon übrig wäre und dass dies Wenige nur aus kleinen und unbehauenen durch Kalk verbundenen Steinen bestehe. Auch sei dort weder eine Inschrift, noch ein Wappen, noch überhaupt ein behauener Stein zu finden. Ich folgte daher meinem Drange nach vorwärts und verzichtete

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auf den Besuch dieser Feste, was ich später oft bereute, weil sie ohne Zweifel den günstigsten Orientirungspunkt dieser ganzen Gegend abgiebt.

Als die Barken uns erreicht hatten, setzten wir auf das andere Ufer über, um die einzige alte Kirche der ganzen Landschaft zu sehen, welche der Sturm der Zeit verschont hat Wir hatten Öfter gehört, dass diese Kk-che im gothischen Style erbaut sei. In wie weit dies richtig, zeigten deren, von dem Doctor aufgenommene Ansichten. Wir fanden uns durch ihre Dimen­sionen enttäuscht, die wir uns weit grösser vorgestellt.

Die sehr verwischten Fresken, mit denen das Innere geschmückt war, kamen mir nicht wie byzantinisch vor. Das Bild des heiligen Georg trug noch die deutlich lesbare Inschrift GEOB. Sonst bietet das Innere nichts Bemerkenswerthes. Das Dasein einer Apsis berechtigt bekanntlich durchaus nicht zu dem Schlüsse, dass die Kirche ursprünglich eine griechische gewesen sein müsse. Die Skulpturen sind sauber gearbeitet, aber die Fügung der Quader­steine, aus denen die Kirche besteht, ist sehr mittelmässig. Auf dem Rückwege zu dem etwa fünf Minuten entfernten Flusse kamen wir an mehreren für die Land es Verhältnisse recht statt­lichen Han's (Wirthshäuser) vorüber, welche von der Frequenz der Strasse nach Prisrend zeugen, deren erste Station sie bilden (2% Stunden von Skodra). Man liebt es auf der ganzen Halbinsel, aus grösseren Städten am Nachmittage auszureiten und in einem nahe gelegenen Han zu übernachten; hieraus erklären sich die zahlreichen Han's, von welchen solche Städte umgrenzt sind.

Die Drinenge dürfte von den Han's kaum einige hundert Schritt östlich liegen, und wir kamen daher rasch zu dem etwa 80 Fuss engen Felsenthore, welches den Eingang zu der unbekannten Welt bilden sollte.

Wie wesentlich doch der Eindruck, welchen irgend eine Örtlichkeit in dem Beschauer hervorruft, von den Vorstellungen abhängt, welche er zu derselben mitbringt! Für den Europäer, welcher zum erstenmale nach Constantinopel kommt, bildet der schmale Bospor eine mächtige Scheidewand zweier Welttheile, und wenn er zum erstenmale den Boden Asiens betritt, so ist das für ihn ein wichtiges, mehr oder weniger erregendes Ereigniss, während der Eingeborne, gänzlich unbekannt mit diesen Gefühlen, in Skutari etwa in der Stimmung des Mainzers landet, der über die Rheinbrücke nach Kastel hinüber geht. Von uns war Don Angelo offenbar der Mainzer, der sich im Stillen über die gehobene Stimmung zu verwun­dern schien, die ich verrathen mochte; aber er hatte auch nicht Grisebach gesehen, der seine ergreifende Schilderung von den Naturwundern, welche diese unbekannte Drinwelt bieten möchte, mit den Worten schliesst: „Wie wichtig, aber auch wie kühn wäre die Fahrt eines Gebirgsforschers durch diese Tiefen am südlichen Saume der Alpen!" Und dies ist nicht etwa ein Felsenthor, das der Strom leicht überwindet, sondern der Kanal hat vielleicht eine Länge, die 20 Stunden beträgt, denn wo der Drin bei der Fähre von Wau Dense das Gebirge beruhigt verläset, sagte man mir, dass auch hier kein Weg in das Thal führe, weil die Felsen überall bis an den Fluss reichten. Auch war der Strom den Befragten nur eine halbe Stunde weit bekannt. Wo ich mich auch über das innere Flussthal erkundigen liess, immer war die Ant­wort, das sei Alles unbewohnt, Fels, kein Weg.

Auch der Doctor schien bewegter als sonst, denn als wir in den Felsriss einfuhren, kniff er das eine Auge zu und sagte, indem er mich nur mit dem andern ansah: nun gehts los; nur aus den unbewegten Zügen des Schifflieutenants war dessen Stimmung nicht zu entnehmen, und ich hatte keine Zeit mich nach ihr zu erkundigen.

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Wirklich war auch der Eingang viel versprechend. Zwei nackte steil aufsteigende Fels­wände von jener hellgelblichen Färbung, welcher die Besucher von Athen sich so gerne erinnern, der Zwischenraum vollkommen durch den Fluss ausgefüllt, kein Weg, kein Steg, der neben ihm hinführte. Im Hintergrunde der spitze Gipfel des fernen Zukali, über andere Felsenreihen in das Thor hineinblickend — sonst nichts. Aber kaum waren wir ein Paar Minuten in dieser einförmigen, jedoch grossartigen Umgebung gefahren, so eröffnete sich uns zur rechten ein wahres Idyll auf einem schmalen bis etwa 20 Fuss ansteigenden Uferstreifen, der sich sichelförmig neben dem Strome hinzog und sonst überall von fast senkrechten Felsen umsteilt war. Er war mit dichten Baumgruppen bestanden, zwischen welchen die Häuser und das Kirchlein von Qa Dein versteckt lagen. Wir frühstückten in diesem versteckten Weltwinkel, welcher seitdem die Residenz unseres Reisegefährten Don Angelo geworden ist. Wenn wir auch so manches stille Plätzchen unseres Sternes kennen, so hat uns doch keines in solchem Grade überrascht und steht keines in so schneidendem Gegensatze zu seiner Umgebung. Möchten wir auch dort nicht wohnen, so denken wir doch mit Vergnügen an dasselbe zurück.

XL Wjerda.

Unweit von unserem lieblichen Frühstücksplätzchen machten wir bei der Mündung des Gamsitschja1)-Baches eine ziemlich jähe Wendung gegen Norden und fuhren nun wiederum gegen Skodra zu. So sehr wir durch das Drinthor und dessen nächste Nachbarschaft ange­sprochen worden, so wenig erfüllten sich unsere Erwartungen, dass dasselbe der unmittelbare Eingang zu grossartigen Gebirgswildnissen bilden würde. Denn die schon früher erwähnte Hügelkette, welche das Rinnsal des Flusses von der Skodraebene trennt, wendet uns hier ihre steinige Steilseite zu; sie war spärlich mit Krüppeleichen bestanden und fiel unmittelbar in den Fluss, und die ebenso unmittelbar vom andern Ufer aufsteigende Thalwand glich ihrem Widerparte vollkommen.

Dabei erschwerten zahlreiche Stromschnellen unsere Fortbewegung, so dass es Abend wurde, als wir das erste Viertel der Dorfschaft Wjerda erreichten, das auf einer etwa 15 Fuss über dem Fluss aufsteigenden Erdterrasse lag. Ein Theil der meist muselmännischen Bevöl­kerung war an das Ufer herabgekommen, um uns stumm und theilnahmslos anzustarren: ihre gute, meist städtische Bekleidung zeigte von Wohlstand.

Dieser ungastliche Empfang bewog uns, trotz der einbrechenden Dämmerung, noch bis zur Flussbiegung zu fahren und dort zu übernachten, wohin uns einige Christen Feigen, Melonen, Trauben und Eier brachten; sie wollten auch den Pfarrer holen, der eine halbe Stunde von dort wohnte, wir verbaten es uns jedoch. Zu unserem nicht geringen Erstaunen erfuhren wir, dass wir in der Luftlinie unserer Reise den ganzen Tag über um nichts vorgerückt seien, indem man von Wjerda bis Skodra, ebenso wie von Wau Dense, 2% Stunden rechne. Wir hatten also zwei volle Tage gebraucht, um 21/2 Wegstunden zu machen! Wann werden wir nach Prisrend kommen? fragte ich, und Don Angelo erwiederte lächelnd: „Wann Gott will" (Masch Allah).

Am folgenden Morgen (2. September) fuhren wir durch eine recht liebliche Ebene, welche der Fluss durchschneidet, und die nun, von ihm aus betrachtet, ringsum mit zum Thal bewal-

) S. Näheres über diesen Bach in der chirographischen Abtheilung.

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deten Hügeln eingefasst zu sein schien. Sowohl die südliche als die nördliche Hälfte war je mit einem freistehenden Erdhügel geschmückt, an dem südlichen lag das Pfarrviertel von Wjerda, etwa eine halbe Stunde vom Flusse. Dieser Hügel bildete einen so regelmässigen Kegel, als ob er das Werk menschlicher Hände sei, indessen schien er uns für einen Tumulus doch zu hoch.

Der nördliche nach St. Georg benannte Hügel trug früher eine Festung, von der aus man in Kriegsnoth Signale mit Wau Dense und Wraka wechselte, welch letzterer Punkt sie nach Driwasto übertrug. Diese Telegraphenlinie war wohl eine Einrichtung der Venetianer, als sie Skodra, Driwasto und Dä'ino besassen, denn sie hatte ja bekanntlich die ganze Insel Negro-ponte mit einer ähnlichen Reihe von Wachthürmen, namentlich zum Schutze gegen die Landung von Corsaren, umgeben.

'Von St. Georgio erzählte Don Angelo weiter, dass auch unter türkischer Herrschaft die zum Islam übergetretenen Einwohner des Dorfes fortfahren, den Zehnten an dessen Kirche zu zahlen. Als sie dies aber unterliessen, da sei eines Nachts eine so grosse Überschwemmung entstanden, dass das Wasser bis zu den Häusern gestiegen sei und das ganze Dorf ertrunken wäre, wenn nicht ein alter Mann, der nicht schlafen konnte, Lärm geschlagen, so dass sich die Bewohner zu der auf dem Hügel gelegenen Kirche zu retten Zeit hatten, worauf denn auch die Muhammedaner wieder den Zehnten entrichtet hätten.

Am Ende der Ebene fuhren wir in eine neue Enge ein, in dieser macht der Fluss etwa 174 Stunde von Wjerda einen an 10 Minuten langen, sehr steilen Bogen gegen Norden, indem er einen in gleicher Richtung laufenden Felsgrat umkreist, der etwa 300 Fuss hoch sein mag. Die Westseite dieses Grates ist mit den Ruinen einer seit geraumer Zeit gänzlich verödeten Stadt bedeckt. Der am Nordende befindliche höchste Punkt des Grates bildete die Citadelle und war durch eine besondere Mauer von der Stadt geschieden, deren Thor noch erhalten ist. In der Stadt standen verschiedene grosse Gebäude, von deren Mauern gleichfalls noch ansehn­liche Stücke aufrecht stehen, doch ist die Arbeit sehr roh und styllos. Uber der Thüre des an der Stelle der zerstörten Schlosskirche erbauten Kirchleins ist eine Platte mit einer gänzlich unleserlichen Inschrift und das Fragment eines rohen Gesimses eingemauert, man fand also offenbar nicht mehr alte Überreste bei dem Baue der neuen Kirche, und ich glaube daher, dass die Architektur in diesem Orte niemals geblüht hat. Er heisst jetzt Schurda, und ich finde die Ansicht von Monsgr. Carlo Pooten mehr als wahrscheinlich, dass diese Überreste von dem Sitze des eingegangenen Bisthums von Sardes herstammen dürften.

Wir fuhren an diesem Tage in uninteressanten, mehr oder minder schwach geböschten Flussengen, in welchen schmale Uferstreifen seltene Ausnahmen bildeten, bis zur Dorfschaft Maltsch. Ein Haus derselben lag in der Nähe unserer Lagerstätte und der Hausherr lud uns zu sich ein. Um meinen Gefährten das Innere eines albanesischen Hauses zu zeigen, entschloss ich mich zu einem Besuche, zu dem man uns mit brennenden Kienscheiten leuchtete, um den schwierigen Weg durch Weingärten und Melonenpflanzungen zu finden. Die Schilderung dieses Besuches muss ich den Gefährten überlassen. Denn wenn Jemand lange in einem Lande gelebt hat, so verliert er insofern die Fähigkeit zu solchen Schilderungen, als sein Gefühl für dessen Haupteigenthümlichkeiten sich abstumpft, und daher sein Interesse nur den Nuancen derselben zugewendet ist. Setzen wir den Fall , dass ein solcher zugleich mit dem Neuange­kommenen einen Mann erblickt, dem ein langer Haarschopf vom Scheitel herabhängt, während der untere Theil des Haupthaares rings um den Schädel glatt rasirt ist, so ruft der Neuling:

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„Sehen Sie doch den Mann mit der eigentümlichen Haartracht, wie der wunderlich aussieht", der Eingebürgerte aber fragt: „Wo mag der Mensch her sein? er trägt ja seinen Schopf weit tiefer gegen den Nacken zugerückt, als man es hier zu Lande gewohnt ist". Der Leser aber befindet sich mit dem Neuangekommenen in gleicher Lage und hat daher nur Sinn für dessen Anschauungsweise. Dagegen ist der Neuangekommene wiederum unfähig zur Auffassung der Nuancen. Auch der schärfste Beobachter, welcher von Belgrad bis Cap Matapan reist, ohne einige der durchzogenen Länder näher zu kennen, ist unfähig anzugeben, inwiefern sich der Serbe, Bulgare, Albanese, Bumeliote, Peloponnesier und Mainote in Umgangsformen, Kleidern und Haartracht, Baustyl und dem Betriebe des Ackerbaues und der Viehzucht von einander unterscheiden, und er dürfte, wenn er mit deren Sprachen unbekannt ist, alle diese Völker unbedenklich für Glieder eines und desselben Volkes halten. Als der Verfasser von Oster­reich aus nach Serbien kam, glaubte er bereits in Griechenland zu sein. Er möchte diese grosse Ubereinstimmung nicht bloss dem Umstände zuschreiben, dass diese Völker unter dem­selben Himmelsstriche leben und auf derselben Culturstufe stehen, er möchte in derselben auch eine gewisse Familienähnlichkeit erblicken und sie auf die gemeinsame Abstammung dieser Völker von einem gemeinsamen Urstamme zurückleiten, welche die Sprach- und Sagenver gleichung bereits erwiesen hat. Denn wenn diese Gleichartigkeit nur das Ergebniss äusserer Einflüsse wäre, wie erklärt es sich dann, dass der seit Jahrhunderten eingewanderte Osmanli sich noch immer so scharf von den genannten alten Bewohnern der Halbinsel abhebt.

Wir betrachten diese grosse Übereinstimmung der Letzteren zugleich als einen Beleg dafür, dass sie sich abweisend gegen die Einflüsse des erobernden Elementes verhielten. Ein Theil von ihnen nahm zwar dessen Glauben an, aber von dessen Sitten und Lebensart nur soviel, als dieser Glaubenswechsel unbedingt erheischte. Andererseits habe ich bereits die Ansicht ausgesprochen1), dass viele türkische Lebensformen, welche wir für asiatisch halten, nur stehen gebliebene Formen des abendländischen Mittelalters sind, welche die Eroberer bei ihrer Übersiedlung nach Europa annahmen und die uns fremd anmuthen, weil sie bei uns bereits seit langem abgestorben sind.

Ich glaube mithin, dass das erobernde Element ungleich mehr von den Unterworfenen angenommen als an diese abgegeben hat. Dasselbe Verhältniss findet sich in China, und ich erblicke in ihm ein Naturgesetz, das überall zur Erscheinung kommt, wo junge Naturvölker alte Culturetaaten erobern.

XII. Karma.

Von Maltsch aufwärts wurde unsere Fahrt in dem Grade schwieriger, als wir uns dem Gebirge näherten. Wenn nämlich die Vorstellung richtig ist, welche wir uns von der Boden­bildung dieses Landestheiles gebildet haben, so durchbricht hier der Drin in einer von Ost nach West laufenden langen Enge den westlichsten Gebirgszweig des von uns sogenannten Alpenvorlandes2), welches Grisebach's „Grünsteinland" ist. Diese Kette dürfte im Ganzen betrachtet von Süd nach Nord laufen, sich irgendwo von dem hohen Pukagebirge abzweigen und als das Verbindungsglied zwischen diesem und der Zukalikette anzusehen sein, welche das Drinthal von dem des K i r i scheidet Vermuthlich erhebt sich diese Verbindungskette

*) Reise von Belgrad nach Salonik. S. 15 ff. 2) S. Albanes. Studien I. S. 10.

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nirgends zu bedeutender Höhe. Ich fing hier an, meinen gänzlichen Mangel an geologischen Kenntnissen besonders schmerzlich zu bedauern, und kann daher nur soviel sagen, dass das Gestein der ganzen Enge durchweg von ein- und derselben Gattung und zwar von hellgrauer Farbe ist, dessen Schichtung das Auge des Nichtkenners nur selten klar zu unterscheiden vermag. An verschiedenen Stellen zeigt es Neigung zur Höhlenbildung, besonders in seinen Östlichen Theilen, welche zu dem Hauptkamme zu gehören scheinen. Ich spreche daher schüchtern den Namen Höhlenkalk aus. Mit grösserer Zuversicht kann ich sagen, dass diese ganze Strecke frei von jeder vulkanischen Spur war. Auf Don Angelo's Antrag nahmen wir bei unserer Abfahrt von Maltsch vier Mann zur Unterstützung der Schiffe an. Er sprach zu ihnen: „Kommt mit und helft, es soll nicht umsonst geschehen" ; und sofort huschten die Leute in die Barken, keiner bat um Aufschub, um einen Mantel zu holen oder sonst etwas zu besor­gen, keiner gab einem Bückbleibenden den Auftrag, dies oder jenes seiner Frau zu sagen, aber auch keiner der Rückbleibenden bat mitgenommen zu werden. Diese Leichtigkeit des Ent­schlusses ist eine Eigentümlichkeit des Albanesen; er ist ein Mann der That, aber auch nichts mehr, woraus sich auch ein rascher Ubergang von einem Affecte zum andern folgern lässt. Ich befrug darüber Don Angelo , welcher diese Wahrnehmung im vollsten Umfang bestätigte und sich namentlich über die fabelhafte Reizbarkeit des Albanesen und dessen Neigung zum Jähzorne verbreitete. Er erzählte mir mehrere Beispiele von jungen Leuten, welche als gute Freunde zusammen verkehrteny lachten und scherzten, und wie im nächsten Augenblick der eine seine Pistole zog und den anderen niederschoss. Man begegnet diesem raschen Affects­wechsel auch bei den Raubthieren, und wir möchten in den besprochenen Zügen durchaus keine Vorzüge des Albanesen, sondern Belege zu seiner tiefen Culturstufe erblicken und hierin den Schlüssel zum Vorwurf des Wankelmuthes finden, welcher dem Volke so häufig gemacht wird.

Ein schöner Zug in dem albanesischen Charakter, die ungemeine Gastlichkeit, trat tm& hier lebhaft entgegen. Von Maltsch an verging nicht leicht eine Stunde, ohne dass wir vom Ufer angerufen wurden und anhalten mussten, um Geschenke in Empfang zu nehmen. Sie bestanden zumeist in Trauben, Feigen und Pfirsichen, letztere von vorzüglichster Gattung und unbestreitbar das edelste Erzeugniss dieses Felsenlandes, aber auch Apfel und Birnen kamen vor, welche jedoch den Pfirsichen an Güte weit nachstanden, sogar Branntwein und eine Art Schmalzgebackenes (welches die Griechen Tiganites nennen) fehlte nicht. An manchen Orten wurden wir mit Früchten geradezu überschüttet Ich erinnere mich namentlich eines Tages, wo wir unser 21 waren (7 Reisende, 6 Barkenführer, 2 Kawassen und 6 Eingeborene), wir assen alle und konnten der Fruchtmassen nicht Herr werden, welche auf den Kisten der Barke aufgehäuft lagen. Kein Albanese griff jedoch von selber zu, jeder ass nur das, was ich ihm gab oder geben liess. Wenn sie sich auszogen um ins Wasser zu steigen, entschuldigten sie sich stets bei mir und meinten auch wohl, „es ginge ja nicht anders, denn dazu hätt' ich sie gedungen". Wenn sie nackt in unsere Barke kamen, deckten sie sich so gut sie kannten oder wandten uns den Rücken zu; keinerlei Gemeinheit, kein unanständiges Wort, keine unanstän­dige Anspielung. Ick versäumte diese seltene Gelegenheit nicht, um mir an so vielen nackten Gestalten ein Urtheil über den albanesischen Typus zu bilden und die gemachten Beobach­tungen stimmen zu meiner früheren Ansicht, dass die Albanesen ein Mischvolk seien, Athleten, sowohl hoher als gedrungener Gattung, fehlten gänzlich, ich bin auch auf der ganzen Reise keinem solchen begegnet. Der Anlauf zu derlei Gestalten findet sich mehr unter den griechi­schen Albanesen, aber er dürfte sich auch unter ihnen seltener in voller Entwickelung zeigen,

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als bei den nordischen Völkern. Hohe und kräftige Gestalten bilden die Minderzahl, der Mittelschlag herrscht vor, der Knochenbau eher schmächtiger als bei dem deutschen Mittel­schlag. Im Schädelbau herrscht grosse Verschiedenheit. Dr. Auerbach, mit dem ich die Charakteristik des albanesischen Typus besprach und den sein 18jähriger Aufenthalt in Albanien kaum zu positiveren Resultaten führte, erkennt jedoch dem albanesischen Typusschädel drei eigenthümliche Merkmale zu: schwacher zurücktretender Unterkiefer und daher kleines und mitunter so gut wie gar kein Kinn; mehr oder weniger grosse Ausbauchungen; unmittelbar über den Ohren Mangel alles Hinterkopfes. Er nennt daher den albanesischen Schädel zum Unterschied von den andern herkömmlichen Formen den dreieckigen. Ich kann diese Beob­achtung in soweit bestätigen, als ich unter den Albanesen diese Schädelbildung häufig, jedoch nirgends ausschliesslich oder auch nur massenhaft gefunden habe. Langschädel waren selten, und slavische Rundschädel waren bei weitem nicht so häufig, als ich erwartet hatte. Wenn daher die albanesischen Sagen dieser Bergländer1) Recht haben, welche die Slav en als Altwohner derselben und die Albanesen als junge Eindringlinge ansehen, so möchte ich annehmen, dass der ältere Typus sich dem jüngeren fast gänzlich assimilirt hat. Doch steht uns über diese Frage, welche ausschliesslich in das Bereich der Anatomie fällt, kein Urtheil zu.

Wie auf der ersten Reise, so war ich auch diesmal vergebens bemüht, ächte Albanesen-schädel aufzutreiben; musste aber auch diesmal das Land mit leeren Händen verlassen. Die Sache ist viel zu schwierig, um sich über das Knie brechen zu lassen. Die Haarfarbe zeigte vorherrschend Braun, aber seltener Urbraun, also den Ubergang aus jungem Blond, wie ich überhaupt mehr blonden als dunkelfarbigen Kindern begegnet zu sein glaube2). Schwarz ist in der Minderheit, kohlschwarz Ausnahme, ebenso hellblond. Brandrothen Haaren erinnere ich mich nicht begegnet zu sein. Längs des Drin herrscht auch bei den Christen die türkische Haartracht, nach welcher das ganze Haupthaar bis auf einen kleinen Kreis auf dem Hinter-scheitel glatt abgeschoren wird, aber auch dieser kleine Haarbüschel ist bis auf höchstens Handbreite abgeschnitten, doch wird derselbe nur ausnahmsweise sichtbar, in der Regel bleibt er unter dem Fes versteckt, das hier meist aus einem grauweisslichen Filz gemacht wird, doch kommt das rothe, in Europa verfertigte Fes wegen seiner grossen Wohlfeilheit auch in diesen Bergen mehr und mehr in Schwung.

Was die Hautfarbe betrifft, so zeigte der dem Einfluss der Sonne und der Luft am wenig­sten zugängliche Gürtelring nirgends die Milchweisse des Nordens, auch die hellsten Individuen spielten ins Gelbe und die dunkleren ins Braune. Nach jenem schönen rothen Anhauche des Gelben, der den Griechen so oft wie aus dem Felsen gehauen erscheinen lässt, auf dem er

1) S. ζ. B. Albanes. Studien I. S. 189. Nach unserer Ansicht von dem Wesen der Sage überhaupt, möchten wir freilich auch der albanesischen ein ungeheures

Alter zuschreiben und dies um so mehr, als wir dieselbe auf der äussersten Stufe aller Sagenentwickelung angekommen finden, denn alles Wunderbare ist in ihr bis auf die letzte Spur ausgemerzt, und der Sagenstoff hat seit langem die Form rein menschlicher Hergänge erhalten und ist so vollkommen der Gegenwart angepasst, dass er sich genau in der erzählten Form auch heute zutragen könnte. Auf der andern Seite bewegen sich diese Sagen trotz ihrer vorgerückten Form auf einer Culturstufe, zu welcher wir bei den europäischen Völkern vergebens nach einer Parallele suchen. Es ist dies die Entwickelung der Familie zum Stamm. Wir müssen bis zum alten Testamente vorgehen, um Anklänge an diese Cultur­stufe zu finden.

2) In Syra möchten sich nach langer Beobachtung in den Kinderschulen diese beiden Gruppen die Wage halten. Kohl­schwarz ist auch hier in der Minderheit.

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liegt1), sahen wir uns vergebens um. In den Gesichtszügen herrscht die grösste Verschiedenheit. Tiefeingebogene Nasen und Adlernasen, mitunter von sehr kühnem Schwünge, mischen sich mit geraden; der klassisch hellenische Gesichtsschnitt und Kopfansatz ist mir nicht vorgekommen2).

Trotz dieser grossen Verschiedenheit ist sowohl bei Männern als Frauen Hässlichkeit bei weitem vorherrschend. Der Ausdruck, der sie belebt, deutet auf Energie, Schwungkraft, Gewecktheit, mit einem fast allgemeinen Anflug von Verschlagenheit. Jede Bewegung ist bestimmt und federkräftig und der Tritt elastisch, wie bei allen Hochländern. Der starre alba-nesische Blick, der mir sonst so oft aufgefallen, wollte sich in diesen Bergen nicht als Begel zeigen; vielleicht erklärt sich dies daher, dass ich hier mit dem Volke in nähere Berührung trat und überall erwartet war. Wäre dies nicht der Fall gewesen, so hätte ich wohl auch hier den albanesischen Blick nicht vermisst. Denn die Blutrache verbietet dem Albanesen, es mit der Begegnung eines Unbekannten ebenso gleichgültig zu nehmen, wie unsereins. An einsamen Plätzen bleibt er stehen, legt die Hand auf die Pistole und ruft dem ihm entgegenkommenden Fremden die Frage zu: aus welchem Geschlechte stammst du? (nga tsche fis je?) und dann ist es nichts Unerhörtes, dass auf dessen Nennung3) zwei rasch aufeinander folgende Schüsse die Fortsetzung der Unterhaltung bilden.

Nun bedenke man, während der junge Abendländer im Vaterhause, in Schule und Kirche nur die Lehre vernimmt „liebe Gott über Alles und den Nächsten wie dich selbst", dass dem Albanesenknaben von klein auf eingeprägt wird, „dies und jenes Geschlecht sind die Tod­feinde des deinen, sie haben uns so und so viel Mann erschossen, oder wörtlich übersetzt: sie schulden uns so und so viel Blut, du hast keine heiligere Pflicht, als diese zu rächen, und wenn es dir gelingt, den Stamm deiner Feinde auszurotten, so wirst du der Held von Albanien Werden.u Der Albanese wird also nicht wie wir zur Liebe, sondern zum Hasse4) erzogen; von der Aussenwelt hat er nie Gutes, sondern nur Böses zu gewärtigen5), und um dieses abzuwehren,

!) Ich wohnte in Syra zwei Jahre lang hart über einem Badeplatze und hatte daher hinreichende Gelegenheit, diese griechische Eigenthümlichkeit zu betrachten. Sie ist der grossen Mehrzahl eigen und zeigt sich bei Jung und Alt. Diese Färbung ist aber bekanntlich dem Marmor und Halbmarmor nicht eigen, denn sein Bruch ist weiss, sondern gehört einer Patina an, die sich nur auf seiner der Luft ausgesetzten Oberfläche bildet.

2) S. Albanes. Studien I. S. 51. Vereinzelt findet er sich nach meinem Dafürhalten häufiger bei Deutschen und Russen, als auf der Halbinsel. Aber

auch hier erinnere ich mich nicht, ihn mit schwarzen Haaren gepaart gefunden zu haben. 3) In unserer deutschen Sage verweigern die Helden diese Angabe, wir erinnern beispielsweise an die herrliche Sage vom

alten Hiidebrand und seinem Sohne Hadubrand und möchten vermuthen, dass diese Angabe deshalb für nicht ehrenhaft galt, weil man ihr den Sinn unterlegte: Gieb Frieden, denn ich gehöre zu keinem Geschlechte, welches dir Blut schuldet. In der Frage lag eine Art Herausforderung, und die Verweigerung sagte soviel: Hast du Lust zu raufen, hier steht dein Mann. In Albanien gilt umgekehrt die Verweigerung der verlangten Auskunft für unehrenhaft.

4) Ein hochstehender im Auslande gebildeter Albanese fasste in einem Briefe an den Verfasser seine Schilderung der albanesi­schen Hochländer mit den Worten zusammen: l'odio e la vendetta sono le virtü principali di questi rozzi popoli.

5) Was die Charakterbildung betrifft, so ist der orientalische Städter in noch ungünstigerer Lage als der albanesische Hoch­länder; denn seine Stellung zur Mitwelt ist ohngefähr die gleiche und seine Reibung mit derselben bei weitem bedeutender. Wir sagen hierüber in den Albanes. Studien I. S. 65: „Dies führt uns auf den Gegensatz, der nicht nur zwischen alba-nesischem, sondern überhaupt zwischen morgenländischem und abendländischem Wesen nach unser Ansicht besteht, und der in dem Grade schärfer wird, als das Abendland in der Cultur vorschreitet und das Morgenland zurückbleibt."

Im Occident wächst und lebt jetzt der Mensch unter der Herrschaft des Gesetzes, welches ihn auf seinem Wege von der Wiege bis zum Grabe schützend und drohend begleitet und gleichsam im Gängeibande hält. Es befreit ihn von der Sorge für die Sicherheit seines Leibes und Gutes und zügelt seine verbotenen Gelüste. Gesetz, Sitte und Herkommen entziehen ihn in seinem Leben und Wirken der Wil lkür Anderer in weit höherem Masse als den Orientalen; der Abend­länder hat daher von seinen Mitmenschen weit weniger zu fürchten und zu hoffen. Gleich einer Gartenpflanze von den Institutionen gehegt und gepflegt, kann er ruhigen Sinnes geradeaus gehen und nur sich selbst und seinem Berufe leben. Dagegen läset sich der Morgenländer mit einer Waldpflanze vergleichen, deren Existenz von unzähligen Gefahren umlagert

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sieht er sich nur an seine eigenen Kräfte verwiesen. Er steht mithin der Aussenwelt als Feind gegenüber, sein geistiges Leben bewegt sich nur um die Fragen, wie er sich schützen und wie er sich rächen könne. Zu beiden bedarf er seine Waffen, und wenn nun schon Vater Homer sagt: „das Eisen zieht den Mann an", was Wunder, wenn sich der Albanese nur als Krieger fühlt und nur so viel arbeitet, als er muss, um nicht zu verhungern. Die Lebenskreise, in denen er sich bewegt, lassen den Gedanken an Erwerb durch Arbeit gar nicht aufkommen, da er aber als Mensch habgierig ist, so kennt er keinen anderen Weg, diesen Trieb zu befriedigen, als die Habe Anderer gewaltsam an sich zu bringen. Wir dachten oftmals über die Ursachen nach, welche den Albanesen an diejenige Culturstufe gefesselt hielten, die Hellas und Rom bereits zu der Zeit überschritten hatten, als sie in die Geschichte eintraten, wir meinen die des Natur­staates, der den Geschlechtsverband zur Grundlage hat, wo folglich Blutrache und Faustrecht herrschen, und indem wir diese Frage verallgemeinerten, glauben wir gefunden zu haben, dass überhaupt kein natürlicher Übergangsweg vom Naturstaate zum Kunststaate möglich sei, dass dieser letztere vielmehr zu seiner Entstehung eine gewaltsame Trennung der Naturbande voraussetzt, mithin eine Eroberung, durch welche verschiedene Völker übereinander geschichtet und der Mensch genöthigt wird, die vernichteten natürlichen Gesellschaftsbande durch künst­liche seiner eigenen Erfindung zu ersetzen1).

Als Ergebniss der obigen Schilderung möchten wir hier zur Erklärung der mumienhaften Stetigkeit der albanesischen Zustände nur den folgenden Kettensatz hinzufügen: ohne Arbeits-überschuss über den Leibesbedarf kein Wohlstand, ohne Wohlstand keine Bildung, ohne Bildung keine Entwickelung des Gemüthes und alles dessen, was mit dieser Seelenrichtung zusamm enh än gt.

Der Albanese, obwohl der Sprache nach unser Vetter, ist in seinem Denken, Handeln und Fühlen von den übrigen in Europa lebenden Ariern grundverschieden, weil er bis heute auf einer Culturstufe stehen geblieben, welche seine Vettern bereits zu der Zeit überschritten haben mochten, als sie in Europa einwanderten.

Doch möchte es Zeit sein, zum Drin zurückzukehren, von dem wir bei unserer Abfahrt von Maltsch abschweiften. Noch in der Nähe unseres Nachtlagers und bevor wir die erste Enge von Karma erreichten, stellte sich unserer Fahrt die erste Schwierigkeit entgegen. Eine beträchtliche Stromschnelle liess uns die Wahl zwischen mehreren Kanälen, wir stiegen also sämmtlich ans Land, um die Barken zu erleichtern und ziehen zu helfen. Wir versuchten es mit dem einen und dem andern Kanäle, aber es wollte nicht gehen, und Petro, welcher als der befähigteste unter den Schiffern die Barke steuerte, erklärte, dass wir ausladen müssten. Da setzte ich mich zu ihm und ermunterte zu einem neuen Versuche; er gelang. Doch kamen wir dabei in eine prekäre Lage, denn die rechte Ziehleine riss, und die Strömung warf die

ist; er muss stets rings um sich blicken, um nicht unvorbereitet überfallen zu werden, und da sein Fürchten und Hoffen weit mehr von der Willkür anderer Individuen abhängt, so ist er auch in der Regel dem Abendländer in Menschenkenntniss und Menschenbehandlung überlegen. Der Abendländer steht auf festem, der Morgenländer auf wankendem Boden; dem ersteren ist es verstattet, der Bebauung seines Feldes alle Kräfte ungetheilt zu widmen, er ist dafür mit den Kunstgriffen unbekannt, die dem zweiten geläufig sein müssen, um sich auf seinem Felde im Geichgewichte zu erhalten. Während es daher dem heutigen Abendländer vergönnt ist, alle Keime der Wahrheit und des Wohlwollens zu entwickein, welche die Natur in ihn gelegt bat, ist der Morgenländer durch die Verhältnisse, in denen er lebt, zu jeder Art Furcht, Misstrauen und Verstellung verurtheilt. Nehmen wir von der angebomen Verschiedenheit der geistigen Anlagen Umgang, so scheint uns der Genuss und der Mangel persönlicher Garantien den Hauptschlüssel zu den Gegensätzen abend- und morgenländi­schen Wesens und Charakters zu liefern.u

!) S. Albanes. Studien I. S. 331, Note 50.

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Barke so gewaltig auf die linke Seite, dass wir aus allen Kräften abstossen mussten, um nicht gequetscht zu werden; die Wellen brandeten an der Barke, und ich war auf keine volle Ladung gefasst, aber Petro feuerte, was er konnte, die Zieher an, und wir kamen durch. Das zweite Boot hatte keine Schwierigkeiten, denn wir verdoppelten die Leinen.

Als wir nach dem Dorfe Karma kamen, trafen wir bereits 6 Eingeborene am Ufer, welche Don Ange lo durch einen Boten dorthin bestellt hatte. Sie erklärten, dass die grosse Enge keine Schwierigkeiten darböte, dass aber an ihrem oberen Eingange eine sehr schwierige Stelle sei, welche keinen Uferrand darböte; wir sollten daher alle aussteigen und den Berg­weg einschlagen, der in l a / 2 Stunden zum obern Ende der Fiussenge führt, und dort warten, bis sie mit den Barken nachkämen. Da ich aber die Enge sehen und unsere Sachen nicht ohne Aufsicht lassen wollte, und die Schiffer überdies erklärten, dass auch sie ohne Einen von uns nicht fahren würden, so blieb ich in der Barke, und die Übrigen stiegen aus, um den erwähnten Fussweg einzuschlagen. Der längste unserer neuen Begleiter sagte zu mir, indem er auf meine hohen Wasserstiefel zeigte: „aber du wirst nass werden, trotz deiner Stiefel"; ich erwiederte: „nein, denn ich werde auf dir reiten". Die Anderen lachten, und ich freute mich, die Leute so rasch über ihre Stellung zu mir aufgeklärt zu haben, denn ich war der erste Franke, den diese Naturkinder zu Gesicht bekamen, und sie hatten daher keine Stelle für mich auf ihrer ohne­dem wohl sehr kleinen gesellschaftlichen Stufenleiter. Die Leute betrugen sich überdies recht anständig, sie antworteten prompt auf alle meine Fragen und thaten ohne Widerrede Alles, was ich wollte.

Bei der Abfahrt begleiteten uns einige Knaben ein Stück, indem sie sich mit ausgebrei­teten Armen an die senkrechten Felsen drückten und so vorwärts gingen oder auch sprangen und dabei oft nur mit einem Fusse angeklebt waren so dass mir bei ihrem Anblick fast schwindlig wurde, und ich sie zurückjagen liess. Nicht weit vom Dorfe sah ich in grosser Höhe eine an 20 Fuss lange Leiter an der platten, rechten Felswand aus einer Höhlung herabhängen. Sie gewährte Zugang zu zahlreichen wilden Bienenschwärmen, welche sich die Höhlung zur Wohnung ausgesucht hatten. Man zeigte mir die Stiege, die zu dieser Leiter führte, ich sah aber selbst durch das Fernrohr nur die glatte Felswand.

Nicht lange nachher kamen wir zu einer mitten aus dem Felsen gegen den Fluss ragenden Weinranke. Sie war so niedrig, dass ich sie erreichen konnte. Sie trug ein kleines Träubchen mit fünf weissen, vollkommen runden Beeren, welche sehr süss waren, obwohl die Rebe gegen Norden stand und ihr daher täglich nur ein Bischen Abendsonne zu Theil wurde; es war aber auch, obwohl wir zur Morgenzeit an der Schattenseite fuhren, so heiss in der Enge, dass wir alle nach Kräften schwitzten. Leider hatte Herr von Spaun den Thermometer mitgenommen, und ich konnte daher den Wärmegrad nicht bestimmen.

Die Felswände sind hier an vielen Stellen vom Eisgange vollkommen polirt. Die Kar-maner erklärten, dass der Drin alljährlich zufriere, dass sie sich aber nicht eher auf das Eis trauten, bis sie nicht Fussspuren gewahrten, die an das jenseitige Ufer führten. Wenn aber das Eis in der Enge aufginge, so glaube man, dass darin eine grosse Schlacht geschlagen würde. Ich versuchte den Wiederhall, er war wirklich prächtig; jeder Schuss erzeugte einen mitunter minutenlang hinhallenden Donner, ich zählte einmal 93 Secunden auf der Uhr, bis er verhallte, was mir viel zu denken gab; denn da ich nur etwa 6 bis 9000 Fuss vom Ende der Enge entfernt war, so wäre das Verhältniss der geraden Linie zur Winkellinie des Schalles nur wie 1 zu 6 oder 9 gewesen, was mir (obwohl mit diesen Verhältnissen unbekannt) nicht

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wohl begreiflich vorkam. Endlich bedachte ich, dass ich bei einer Flussbreite von etwa 80 Fuss wohl nirgends viel über 200 Fuss hoch aufwärts sehen könne und dort die Spitzen der Felswände zu liegen schienen. Aller Wahrscheinlichkeit nach böschten sich aber darüber weit höhere Berghänge nur weniger steil auf, so dass ich sie nicht sehen konnte. Die höheren Theile des Thaies mögen sich daher gleichfalls bei Fortpflanzung des Schalles betheiligt haben.

Bei einer in der Nachbarschaft des Ostendes der Enge gelegenen Stelle erzählten die Leute, dass es katzengrosse vierfüssige Thiere mit braunen Pelzen gebe, welche im Wasser schwimmen und Fische fangen, vermuthlich Fischottern.

Die Stromschnelle am oberen Ende machte keine Schwierigkeiten, wir rutschten knapp über sie weg ohne auszuladen. Wir kamen nun in eine etwa 3 / 4 Stunden lange Mulde, deren Südseite sich terrassenförmig erhebt. Auf einer derselben standen etwa 200 Fuss über dem Flusse die beiden zu Karma gehörenden Häuser, wo mich meine Reisegefährten seit einer halben Stunde erwarteten, diese wussten von ihrem Wege nur soviel zu erzählen, dass sie etwa lVa Stunden gegangen, einen kleineren und hierauf einen höheren Bergrücken gekreuzt hätten; beschwerlich sei der Weg nur an einigen Stellen gewesen, und sie hätten wohl viele hohe Berge um sich bemerkt, aber an einen erhabenen Punkt, der eine freie Rundsicht gewähre, seien sie erst hier gekommen. Dies war auch wirklich der Fall , wenigstens gegen Norden; aber wir wollten heute noch Komana erreichen, und dahin war noch eine gute Strecke, wir gönnten uns daher nur wenig Rast, und ich nahm mir nur so viel Zeit, um mich über den vorherrschenden Punkt der Aussicht, den Gipfel des Zukali und seinen Nachbarn, den Temali, zu orientiren, welche ihre Umgebung weit überragend, in einer Entfernung von etwa 3 — 4 Stunden uns fast rein nördlich gegenüberstanden. Dann ging es wieder bergab in Begleitung unseres freundlichen Wirthes, der es sich nicht nehmen liess, uns bis zu den Barken das Geleite zu geben. Diese waren unterdessen den Bogen hinaufgefahren, welchen der Fluss in dieser Thalmulde beschreibt, und erwarteten uns an deren Ostende. Unser Wirth hatte viel natürlichen Takt, und was er sprach, zeugte von klarem Verstände, er kam uns mit­unter wie ein Kastellan vor, der auf seiner Burg seinen Gästen die Honneurs macht. Doch mag vielleicht zu diesem Vergleiche die mittelalterliche Tracht das Ihrige beigetragen haben. Hosen und Kamaschen in Einem, letztere eng anschliessend und unter dem Knie gebunden, erstere sehr weit und so geschnitten, dass der Sitz ein Viereck bildete, so dass er von hinten betrachtet, wie der Schoos eines kurzen Uberrockes aussah; eine nicht über der Brust zusam­mengehende Jacke mit aufgeschlitzten Armein; der Stoff aus weissem ungefärbtem Wollenzeug und alle Nähte und Enden mit tief blauwollenen Bändern besetzt. Vermuthlich war der ganze Anzug aus den Händen seiner Frau hervorgegangen, welche auch das Zeug dazu gesponnen und gewebt und die Bänder selbst gefärbt hatte. Die Arbeit war plump, das ist wahr, aber man vergass das über ihrem scharf ausgeprägten Charakter; man sah es ihr an, dass sie weder für einen Bauern noch für einen Müssiggänger, sondern für einen Krieger gemacht sei. Der Mann gehörte offenbar zu den Reichen, denn er selbst trug nicht nur ein weitärmeliges Hemd unter seiner Kleidung, was jedoch auch bei allen übrigen Karmanern nicht fehlte, die wir zu Gesicht bekamen, sondern auch seine kleinsten Kinder waren bekleidet.

Während der Fahrt nach Karma kam die Rede auf Skanderbeg, und Don Angelo bestä­tigte, dass das Volk denselben bis auf den Namen und seinen Geburtsort vergessen habe, und dass keine Lieder mehr von ihm vorhanden seien, aber er kenne dessen Geschichte, obgleich er sie niemals gelesen habe, und sich auch nicht erinnere,'wem er diese Kenntniss verdanke.

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Ich bat ihn zu erzählen. Seinem Berichte lag offenbar Barletius als Quelle zu Grunde, doch kamen folgende Varianten von demselben zum Vorscheine. Er wisse nicht anders, als dass Skanderbeg in der grossen und zerstörten Stadt geboren sei, deren ausgedehnte Trümmer eine halbe Stunde westlich von seinem Pfarrorte Wigu liegen und von dem Volk noch heute Kastri genannt werden. Dort habe Skanderbegs Vater gewohnt und nach seiner Ergebung in den Sultan zu wohnen fortgefahren, bis er durch ein kostbares Dsaibe1), den ihm der Sultan zum Geschenk schickte, vergiftet wurde. Dort habe auch dessen Wittwe bis zur Rück­kehr Skanderbegs dem Regimente vorgestanden. Dieser aber sei, als er nach Constantinopel geschickt wurde, noch so jung gewesen, dass er sich seiner Eltern gar nicht erinnerte, sondern den Sultan Murad für seinen Vater gehalten habe. Seine wahre Herkunft habe er erst durch einen Brief erfahren, den ihm seine Mutter heimlich zuschickte, als er zu mannbaren Jahren gekommen, und worin sie ihn über das Nähere an zwei alte Diener seines Vaters verwies, welche in Constantinopel wohnten. Skanderbeg liess die beiden Alten zu sich kommen, machte sie zu seinen Vertrauten, und erfuhr durch sie seine Geschichte. Aber auf ihren Rath hielt er diese Kenntniss geheim und suchte nach einer Gelegenheit, in seine Heimath zu entfliehen. Als daher der Ungarn-König Hunyadi in die Türkei einfiel, verlangte er vom Sultan den Ober­befehl über das Heer, das gegen diesen abgesandt wurde. Der Sultan weigerte sich anfangs, weil er noch zu jung sei2), übergab ihm aber endlich dennoch den Oberbefehl, darauf verrieth Skanderbeg dies Heer an seinen ungarischen Glaubensbruder, indem er es, nach vorheriger Verabredung, ihm preis gab und nach Albanien floh.

Bei der Ubereinstimmung dieser Erzählung mit dem Geschichtswerke des Barletius glauben wir nicht zu irren, wenn wir dieses Werk als die Quelle betrachten, aus welcher die mündliche Uberlieferung entsprungen ist. Sie gehört mithin zu derjenigen Classe von Uber­lieferungen, welche Benfey in seinem Pantschatantra als die aus der Literatur in das Volk dringenden bezeichnet hat, und erscheint uns aus diesem Grunde von besonderem Interesse.

Alles, was Barletius giebt, wird im Ganzen ziemlich treu wieder gegeben, aber die Lücken, welche er lässt, erscheinen, mit Ausnahme des Wohnortes der Familie Skanderbegs, welcher der Ortssage entnommen ist, mit romantischem Stoffe ausgefüllt, denn Barletius weiss weder von dem Briefe der Mutter, noch den alten Dienern, noch von der Abschmeichlung des Oberbefehls, und der Zufüger vergisst, dass sich Skanderbeg nach den Lebensansichten, in denen er erzogen wurde, ohne ein Wunder, von welchem nichts erzählt wird, unmöglich von einer Entdeckung geschmeichelt finden konnte, welche ihn vom kaiserlichen Prinzen zu einem Giaurnsohne einer entfernten Provinz des Reiches herabsetzt.

Diese Variante verdient insofern nähere Beachtung, als sie den Weg anzeigt, auf welchem die von der mündlichen Uberlieferung aus der Literatur geschöpften und von ihr weiter getragenen Stoffe im Laufe der Zeit die wunderlichen Verzerrungen und Zusätze erhalten konnten, mit welchen verquickt sie dann später wieder von neuem in die Literatur übergingen. Auf diese Weise erklären wir uns die Entstehung der mittelalterlichen Alexanderromane, des Eingangs zur Edda, der von Leake übersetzten Chronik von Argyrokastron, nach welcher

!) Man hört auch oft Dschube*, ein langer bis auf die Füsse reichender Schlafrock, von seidenem oder anderem leichten Zeuge, der über der Brust zusammen geht und über den der Gürtel gebunden und ein vorn offener Überrock von Tuch oder der Pelz gezogen wird, — die Tracht aller älteren christlichen Archonten, welche die fränkische Kleidung noch nicht angenommen haben.

2) Der geschichtliche Skanderbeg war aber damals bereits 42 bis 43 Jahre alt

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Theseus und Solon, von Athen auswandernd, eine Colonie bei Argyrokastron gründen und vieles Ahnliche. Wir finden hier den umgekehrten Entwickelungsweg, welchen die wahre Volkssage nimmt; denn während die letztere stets danach strebt, den überkommenen Stoff immer mehr den menschlichen Verhältnissen anzupassen, ihn immer anthropomorphistischer zu gestalten, um ihn besser begreifen zu können, und sich daher negativ gegen alles Wunder­bare verhält, erblicken wir bei der Entwickelung des aus der Literatur geschöpften Stoffes das Bestreben waltend, denselben zur Erhöhung des Interesses immer wunderbarer zu gestalten.

Noch interessanter als diese Sagform war uns die Auffindung eines neuen Heimathortes Skanderbegs, von dem bereits Bou6 Kunde erhalten, nach welchem wir aber während unseres kurzen Aufenthaltes in Alessio vergebens geforscht hatten. Don Angelo beschreibt diese Ruinen als sehr ausgedehnt. Die Grundbauten der Umfassungsmauern lassen sich weithin längs der beiden Schenkel des Mündungswinkels des Womabaches in den Gjadri verfolgen. Sie bestehen aus unbehauenen mit Kalk verbundenen Bruchsteinen geringer Grösse „so wie man sie auch heute noch baut". Die tief in den weichen ebenen Boden eingerissenen Betten der beiden Bäche bilden die natürlichen Stadtgräben. Im Innern sind auch noch viele Grund­mauern vorhanden, doch keine von grossen Gebäuden oder Kirchen, an einer Mauerseite zählte er einst acht an dieselbe angemauerte kleine Stuben, ob dies Thürme oder Wachstuben waren, wollte uns nicht klar werden.

Diese Wohnstätte vergangener Geschlechter ist nun gänzlich verlassen, denn das Dörf­chen, welches ihren Namen Kastri 1) entlehnte, liegt fast eine halbe Stunde östlich davon.

Es ist bezeichnend für die Versunkenheit dieser Länder, dass ein solcher Punkt veröden konnte, denn er liegt in einer Ebene an dem Kreuzungspunkte der Strassen von Skodra nach Orosch und von Lesch nach Puka und Prisrend, — er beherrscht mithin alle von diesem Theile des Berglandes in die Ebene führenden Pässe. Diese Ebene ist der westlichste Grenz­strich des zu den Mireditten gehörenden Bairaks von Diwra, Dibri oder Diwri, welche mit den gleichlautenden Diwranern des schwarzen Drin nicht zu verwechseln sind.

Wir konnten uns dieser interessanten Unterhaltung mit Don Ange lo um so bequemer hingeben, als die Enge, durch die wir fuhren, zu den langweiligsten unserer Fahrt gehörte, denn sie bestand aus öden Grashügeln, doch ist uns über dem Gespräche die Möglichkeit abhanden gekommen, die Strecke zwischen jenem kleinen Viertel von Karma und Komaria näher als vermuthungsweise zu schätzen, auch haben wir es versäumt, uns die Grenzlinie des Dukadschin zeigen zu lassen, welche wir auf dieser Strecke überschritten.

XIII. Komana.

Hart vor Komana hatten wir die grösste Stromschnelle zu passiren, der wir bis dahin begegnet waren, denn nach Herrn v. Spa uns Schätzung betrug hier der Fall des Wassers

*) Diese Form entspricht genau der neugriechischen Καστρί (in den griechischen Zusammensetzungen rückt der Ton auf die drittletzte Silbe vor: Παλαιόκαστρον, Άργυρόκαστρον, Όβριοχαστ-ρον, Άγ/βλόκαστρον u. β. w. Aber die Heimathsendung ist im Neugriechischen — t'r>??, im Albanesischen at. Daher ist Kastrat, der Name eines der Skodraner Bergstämme, die um eine ähnliche alte Festung sitzen, welche dort gleichfalls für die Heimath Skanderbegs gilt. Wir wissen daher nicht, welcher Sprache die Endung in Kastriota angehört. Übrigens hörten wir in Albanien weder von einem Kastriota, noch von einem Georg, sondern nur von einem Skanderbeg-u bei den Gegen und Skanderbei (indeciinabel) bei den Tosken. Doch muss dies früher sein einheimischer Beiname gewesen sein, weil man sonst nicht seine Heimath an die Orte verlegt hätte, welche Kastri heiesen.

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wenigstens zwei Fuss auf etwa 100 Schritt. Die Ladung beider Barken musste von den Leuten auf dem Rücken bis zum Anfange der Stromschnelle geschleppt werden, und obgleich hier Raum für einen Fusssteig neben dem Flusse war und die uns entgegenkommenden Dörfler mit Hand anlegten, so zeigte sich diese Operation doch so schwierig und zeitraubend, dass es Thorheit gewesen wäre, mit einem solchen Train in das Hochgebirge vorzudringen, wo nach allen Angaben die Schwierigkeiten erst beginnen sollten. Es blieb also nichts übrig, als unsere Reisegesellschaft in der Art zu trennen, dass Dr. Szeke ly , Herr Kathereiner , ein Matrose und ein Kawass mit dem ganzen photographischen Apparate und grösserem Gepäck auf der einen Barke nach Skodra zurückkehrten, wo sie auch am Tage ihrer Abfahrt noch vor Sonnenuntergang ankamen, ich aber mit Herrn v. Spaun, Don Ange lo , zwei Matrosen und einem Kawassen die Reise stromaufwärts fortsetzte. Dr. Szekely ging von Skodra zu Lande nach Prisrend und erwartete uns dort.

Die Folge wird zeigen, dass ich alle Ursache hatte, mir zu dieser vielleicht nur zu spät getroffenen Anordnung Glück zu wünschen. Wir hatten schon früher bestimmt in Komana einen Ruhetag zu halten und uns über das Dukadschin möglichst zu orientiren, leider wurde aber die Zeit durch die Recognoszirung der im Norden von Komana gelegenen Enge, von deren Ergebniss wir die Ausführung der Trennung abhängig gemacht hatten, und die durch diese erforderten TJmpackungen und anderen Anordnungen ungemein verkürzt.

Komana ist das westlichste der 12 Bairaks, aus welchem das eigentliche Dukadschin besteht. Es erstreckt sich von dem Drin in südlicher Richtung etwa drei Stunden bis zu dem nordöstlichen Fusse des hohen Pukaberges; denn Ober-Tscherret, durch welches die Strasse von Skodra nach Prisrend führt, gehört noch zu seinem Bairak. Diese Strasse gilt hier im grossen Ganzen als die Grenzlinie zwischen Dukadschin und dem Miredittenlande; im Ein­zelnen weicht jedoch die Grenzlinie selbst vielfach von der Strasse ab. Das Drinbett bildet die Nordgrenze'von Dukadschin. Ich vermuthe, dass dieser Name nichts anderes als Duka, Sohn des Dschin, bedeute, so wie ich den öfter wiederkehrenden Ortsnamen Koladschin mit Nicolaos, Johanns Sohn, übersetzen möchte, in Ubereinstimmung mit den Eingeborenen, welche Dukadschin nicht blos als Landschafts-, sondern auch als Personennamen betrachten und ihn ihrem Nationalhelden zulegen. Wir werden weiter unten seiner Burg und einer Sage von ihm gedenken, und wenn die im Norden des Drin istzenden Malisor sagen „wir leben nach dem Kanuni Dukadschinit", so heisst dies nicht: wir leben nach dem in der Landschaft Dukadschin gültigen Rechte, sondern nach den Gesetzen und Regeln, welche Dukadschin gegeben hat. Ganz so wie die Matjaner und Diwraner sagen: „wir leben nach dem Rechte Skanderbegs" (kanuni Skanderbegut).

Dass es aber zur Zeit der türkischen Eroberung Sitte war, die Länder der Halbinsel nach den Namen ihrer Beherrscher zu benennen, ist eine allgemein bekannte Thatsache. In Ländern, welche in solche Zustände gerathen, dass die Namen für grössere Complexe ver­loren gehen, selbst wenn sie die festesten Naturgrenzen haben, wie ζ. B. dies auf der Halb­insel mit allen Provinzialnamen, selbst dem von Thessalien der Fall ist, scheint diese Bezeich­nungsweise sogar die natürlichste zu sein. Ohne uns daher auf ein geschichtliches Zeugniss stützen zu können, glauben wir dennoch annehmen zu dürfen, dass unsere Landschaft ihren Namen von einem Geschlechte entlehnt hat, welches einen Duka, Sohn des Dschin, entweder als Stammherrn oder hervorragendstes Glied erkannte und sich daher nach ihm benannte.

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Dieser Name war also nach unserer Auslegung ein sehr dehnbarer, so oft die Dukadschins ihre Herrschaft über die benachbarten Striche erstreckten, begriff er dieselben in sich, sobald sie diese Herrschaft wieder verloren, zog er sich von ihnen auf deren Stammlande zurück.

Dukadschins Verpflichtungen gegen die Regierung sollen bei der Unterwerfung der Landschaft geregelt worden sein und seitdem keine Veränderung erlitten haben. Jedes Haus zahlt drei Piaster im Jahre und stellt bei Aufgeboten einen halben Mann, demzufolge sich zwei Häuser über die Stellung eines Mannes zu verständigen haben. Dem allgemeinen Brauche nach stellt das eine Haus den Mann und das andere sorgt für dessen Ausrüstung, welche gleichfalls in den einzelnen Bairaks nach altem Herkommen geregelt ist. Die Aufgebotenen haben für Kleidung und Waffen selbst zu sorgen und erhalten von der Regierung keinen Sold, sondern nur eine einfache Brotration.

Für einen Mord wurde das Wergeid hier Landes von Regierungswegen auf 47 2 Beutel (etwa 250 Gulden) festgesetzt. In praxi aber stellt sich dasselbe etwa auf das Vierfache, denn um sich vertragsmässig von der Blutrache der Anverwandten loszukaufen und sich dauernd mit ihnen zu versöhnen, muss der Mörder in der Regel 8 bis 10.000 Piaster (etwa 800 bis 1000 Gulden Silber) zahlen. Das Wenige, was ich hier sonst über das Dukadschiner Recht erfahren konnte, stimmt vollkommen mit den in den albanesischen Studien enthaltenen Angaben überein. Eben so wenig konnte ich irgend eine eigenthümliche Skge über Komana erfragen, obwohl alle Wahrscheinlichkeit für deren Dasein spricht, da sich Komana für den Stammsitz aller Bewohner des M a l i 91 (schwarzen Berges1) hält, welche von hier dorthin ausgewandert sein sollen.

Das Pfarrdorf liegt auf der fast kreisförmigen Sohle eines kleinen Bergkessels, welche gegen Süden zu einer engen Thalfalte ansteigt und etwa eine Viertelstunde im Durchmesser haben mag. Gegen Osten erhebt sich unmittelbar ein beträchtlicher Felsberg.

An der Ostseite seines Gipfels sind die Reste der Umfassungsmauern einer Festung, welche die Eingeborenen Delmatia nennen; und man zeigt dort die Grundmauern einer dem St. Johannes geweihten Kirche. Die Einwohner erzählten, dass sie mit Blei gedeckt gewesen sei, welches die Türken nach der Eroberung zur Deckung der Bleimoschoe in Skodra ver­wandt hätten. Sie erzählen ferner, dass die christliche Besatzung eine dreijährige Belagerung ausgehalten habe. Etwas unterhalb der Festung liegen die Reste der Kirche des St. Michael mit den Eindrücken der Hand dieses Erzengels in den lebenden Felsen. Näheres über diese Legende wusste der Pfarrer selbst nicht anzugeben, welcher sich oftmals, aber immer verge­bens, bei den Greisen der Gegend danach erkundigt zu haben behauptete. Das Pfarrdorf hat 36 zerstreute Häuser, und die Pfarrei, deren Grenzen mit dem Bairak zusammentreffen, mit Einschluss des Pfarrdorfes an die 80 Häuser, wobei jedoch offenbar die muhammedanischen nicht mit eingerechnet sind. Die Einwohner sind sehr arm; dass sie jedoch nicht ausschliess­lich an die Viehzucht gewiesen sind, zeigt die Angabe, dass der Zehnt, den sie an die Kirche zahlen, im Durchschnitt 30 Rupi Mais, die Hauptfrucht, ja in vielen dieser Bergstriche die einzige Feldfrucht, beträgt. Das Rupi, ein Mass, welchem wir hier zum ersten Male als selbstständiges Getreidemass begegneten, enthält 100 Okka (ä 2 Pfund 9 Loth bayr.).

Wir erfuhren hier, dass das Drinbett zwar eine politische, aber keine kirchliche Grenze bilde, indem es zwar Dukadschin abgrenze, aber die sich am Nordufer des Drins, gegenüber

L) Diese Landschaft liegt südöstlich von Koniana und ist daher nicht mit dem gleichnamigen Monte negro zu verwechseln.

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von Wjerda, Karma und Komana hinziehende Landschaft Posripa noch zur Diözese von Qadrima gehöre. Vermuthlich reicht diese Landschaft bis zum Kamm der Bergkette, welche sich zwischen dem Drin und dem Kjiri seewärts zieht, und aus welcher die Gipfel des Zukali und Temali weit über ihre Umgebung hervorragen.

Der Abstand dieser beiden Flüsse, welche sich im Stadtbereiche von Skodra verbinden, und dann kaum 10 Minuten westlicher die Bojanna, den Ausfluss des Sees von Skodra, auf­nehmen, ist an sich schon gering und scheint von jener Bergkette vollkommen ausgefüllt zu zu werden. Hieraus erklärt sich der gänzliche Mangel an perennen nördlichen Zuflüssen des Drin in diesen Gegenden.

Posripa gehört in administrativer Hinsicht zum Kassä von Skodra selbst und wird auch nach der Volksansicht weder zu dem „Berge von Skodra", d. h. zu dem Gebiete der Malisor (Hochländer), noch zu Dukadschin gerechnet.

Die Felsenge im Norden von Komana, durch welche am folgenden Morgen unser Weg führte, gehört zu den schönsten und reich gegliedertsten, welche wir kennen. Der Blick wird hier nicht durch das ewige Einerlei von grauen aus dem Wasser aufstarrenden nackten Fels­wänden ermüdet, wie bisher; die Ansicht ist so reich und so wunderschön gruppirt, dass das Auge nicht weis, wohin es sich wenden, was es zuerst bewundern soll, das Landschaftsbild oder dessen einzelne Theile, oder die bizarren Formen und bunten Schichtungen der Wände, aus deren Humusdecke reiche frische Baummassen in die Enge hineinragen und hie und da in den Rissen und Spaltungen fast bis zum Wasserspiegel herabsteigen.

Die unteren nicht sehr steilen Schichten bestehen aus übereinander lagernden in ihrer Färbung meist grell von einander abstechenden Steinbändern, von der Dicke von 2 bis 4 Zoll, in undulirenden Linien auf einander gesetzt und hie und da bei der Hebung in noch weichem Zustande in den bizarrsten Formen und Richtungen gebogen, verworfen, zerquetscht, so dass sie an manchen Punkten wie aufgerollt zu sein schienen, und wir an einem Punkte zu unter­scheiden glaubten, dass sie sich mehr als einmal um sich selbst gewunden. An einem andern Punkte des Ostufers, hart an dem damaligen Wasserspiegel (also in der Regel nur theilweise sichtbar) lagen die Schichten in schwach undulirenden Linien noch in horizontaler Richtung; hier notirten wir gelb, hellroth, dunkelroth (beides wie grelle Nuancen von rosso antico) und in der Mitte zwischen beiden letzteren einen grauen Streif, zusammen in der Dicke von etwa zwei Fuss. An andern Stellen erinnern wir uns aus dem Farbengemische auch einer braun­grünen Nuance. Weisse Schichten waren selten und dann mehr wie eingesprengt.

Auf diese dünneren Schichten waren andere oft mehrere Meter dicke gleichartigere Schichten gelagert, welche bei ihrer Hebung nicht aus ihrer wagrechten Lage gekommen sind, so dass ihre Conturen; da wo die Humusdecke in sanfterer Böschung auf ihnen auflagerte, gewaltige Festungsbauten zu bilden schienen. Etwa eine türkische Stunde von dem Dorfe wird dieser romantische Theil mit einer schwierigen Stromschnelle abgeschlossen. Hier ragen zwei Klippen aus dem Wasserspiegel hervor, die auf uns den Eindruck machten, als ob sie von der Höhe der vom Wasser unterhöhlten linken Thalwand herabgestürzt seien. Wir waren schon Tags vorher bis zu diesem Punkte vorgedrungen, welcher, wir konnten den Grund nicht erfahren, den auffallenden Namen „Salomos Felsenu führt, und hatten uns überzeugt, dass die Barke hier ausgeladen und die Ladung über Felsblöcke geschafft werden musste, die wir zu überklettern Mühe hatten. Wir waren daher auf einen längeren Aufenthalt gefasst, und nach­dem wir uns an dem Anblicke des wildromantischen Bildes nochmals erfreut und über die

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56 «7. Cr. υ. Sahn

furchtbaren Kräfte des Wasserelementes gegrübelt hatten, deren unausgesetztem Angriff auf denselben Punkt endlich der zäheste Widerstand des Erdelementes unterliegen muss, wandten wir unsere Aufmerksamkeit dem Strand-Grus zu, um aus ihm, Kindern gleich, die buntesten Steinchen und was uns sonst beachtenswerth schien, aufzulesen und somit unsere erste Stein­sammlung zu erneuern, die bei der grossen Stromschnelle vor Komana verloren gegangen war. Bei dieser hatte nämlich unser Boot einige Sturzwellen erhalten, und um das Wasser rasch zu entfernen, hatte man es umgestülpt, wobei alle gesammelten Steine herausfielen. Der zweiten Sammlung erging es ebenso am folgenden Tage, als unser Boot in einer andern Stromschnelle gänzlich unter Wasser kam. Von derselben kann ich nur sagen, dass sie sehr bunt war und neben den früher genannten Farben auch mehrere lebhafte Nuancen von Grün enthielt. Ich glaube jedoch mit Sicherheit nur weissgrauen Granit mit feinen schwarzen Punkten angeben zu können.

Nach Kohlentrümmern suchte ich vergebens, was mich wunderte, weil wir am Drinufer des Komanakessels schwache Spuren von Braunkohlenstaub zwischen Thonlagern eingesprengt gefunden hatten. In Komana und an den meisten Punkten kannte man jedoch nicht einmal den Begriff der Steinkohlen, nur in Karma, Merturi und in der Stadt Diwra fand ich Leute, welche wussten, dass man in der Erde Kohlen finde, welche unter starkem Gerüche ver­brennen. Auch Don Angelo wollte von starken Kohlenlagern weder etwas gesehen noch gehört haben. Dass sie aber nicht gänzlich fehlten, beweist, wie bereits oben bemerkt, deren eigenthümlicher Name Drachenblut (gjak drangoi), welcher jedoch mehr zu den von uns gesehenen Adern, als zu grossen Lagern stimmt.

Wir fuhren an diesem Tage durch uninteressante Engen zwischen niederen, flach geböschten Fels- oder Erdwänden, doch fanden wir hier eine bereits schon früher gemachte Beobachtung sehr auffallend bestätigt; es sind dies die häufigen Abweichungen in den Hebun­gen beider Drinufer. Wäre es erlaubt, diese einzelnen Beobachtungen eines Laien zu verall­gemeinern, so würden wir sagen, dass die Schichtenlage des Nordufers eine mehr wagrechte war, als die des Südufers, wo die Lager häufiger senkrecht standen und sie ihre scharfe Kante häufiger dem Fluss zuwandten. Punkte, an welchen die Schichtenlage beider Ufer in einander passte, so dass die Spaltung der Wirkung einer und derselben von unten nach oben hebenden Kraft zugeschrieben werden müsste, beobachteten wir nur sehr wenige, womit wir freilich nicht behaupten wollen, dass sie nicht häufiger vorkämen, als wir es bemerkten.

Ist dies richtig, so würde durch den Spalt, in dem der Drin fliesst, eine Hebungsgrenze bezeichnet, nicht aber zugleich eine mineralogische Grenzlinie verschiedener Gebirgsspecies gebildet. Denn er zieht, so weit wir ihn beobachteten, nur durch das Gebiet Einer geschich­teten Gebirgsart. So wenig Mineralog wir auch sind, so glauben wir, dass es uns doch nicht hätte entgehen können, wenn hierin ein für das Auge be werkbarer wesentlicher Wechsel ein­getreten wäre, wenn es uns daher auch sehr wahrscheinlich vorkommt, dass der Druck, welchen die Hebung der in der Sehnenrichtung des Drinbogens von Ost nach West laufen­den von Bon6 und Grisebach beschriebenen Grünsteinkette veranlasste, hier an der Süd­wurzel der Albaneseralpen auf unüberwindlichen Widerstand stiess, und dass dadurch der Riss entstand, welcher dem Drin zum Rinnsaal dient, so müssen wir doch läugnen, dass die Drinspalte die Grenze des Grünsteingebietes bezeichne. Mehr können wir hierüber nicht sagen, denn wir greifen schon mit dieser Bemerkung in ein Gebiet über, von dem wir nichts verstehen.

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Komana ist gleich Wjerda ein Haupt Wendepunkt in dem Laufe des Drin, denn von hier an läuft er von Ost nach West, während stromaufwärts die Richtung von Nord nach Süd vor­herrscht. Von allen uns bekannten Karten giebt die Kiepert'sche allein diesen Richtungswinkel an, wie sie auch zuerst den grossen Bogen angiebt, welchen der Drin gegen Norden beschreibt, und unsere Zeichnung weicht von derselben nur insofern ab, als sie diesen Bogen noch beträchtlich weiter gegen Norden rückt. Wenn daher deren Verfasser hier nicht nach uns unbekannten Hülfsmitteln arbeitete, was wir nicht für wahrscheinlich halten, so macht diese Auffassung seiner Divinationsgabe grosse Ehre.

Etwa V 2 Stunde stromaufwärts vom oberen Eingang der Komanaenge kamen wir endlich zur Mündung eines beträchtlichen Baches, des ersten, dem wir auf unserer Fahrt begegneten. Er heisst Gumina oder auch Luschatibach von seinem an dem Nordhange der Pukakette etwa 2V2. Stunden von der Bachmündung gelegenen Quelldorfe, und führt das Wasser mehrerer an jenem Gebirge entspringender Quellen in den Drin. Hier ist also dieser Fluss bereits drei Stunden von der Kette entfernt, welche den Südrand seines Gebietes bildet, und wir ver­muth en, dass Grisebach bei seinem glänzenden Rundblicke vom Kamm der Pukakette1) über einer der Quellen der Gumina stand und nach den Albaneser Alpen hinüberblickte.

XIV. Bukurischt.

Bei unserem Austritte aus der Flussenge eröffnete sich uns endlich eine etwas freiere Aussicht gegen Norden, indem die Thal wände auseinander traten und sich zu niederen Hügeln und Rücken verflachten. Hohe, schön geschnittene Gebirgsrücken, scheinbar von Ost nach West laufend, begrenzten den Gesichtskreis, und aus deren Mitte sprang der höchste Berg in grossartigem Umrisse südwärts vor. Dies war der Berg von Toplana, und an seiner Ostseite lag die Stromschnelle, welche uns, je weiter wir stromaufwärts vordrangen, um so bestimmter als die einzige ernste Schwierigkeit bezeichnet wurde, welche wir auf unserer Fahrt zu überwinden hätten. Dass es auf dem ganzen Drin keinen einzigen Wasserfall gebe, insofern man darunter einen sich mehr oder weniger dem rechten Winkel sich nähernden Fall des Wassers versteht, und dass mithin die Cascade von 60 Ellen, die der Drin bei Altschitsch machen solle, zu den geographischen Mythen gehöre, das hatten wir bereits bei unserer ersten Begegnung mit Don Ange lo von diesem erfahren. Aber je bestimmtere Umrisse die Beschrei­bung der bevorstehenden Hindernisse annahm, desto zweifelhafter wurde es uns auch, ob wir sie zu überwinden im Stande wären, und ob deren Umgehung den Zeit- und Geldaufwand lohnen würde, den sie kosten müsste. Denn da auch weit und breit neben dem Flusse kein Pfad lief, so hätten wir unsere Barte stundenweit auf Ziegenpfaden durch das Gebirge tragen und hie und da vielleicht erst Bahn für sie brechen müssen. Ein solches Kunststück konnte für einen reichen Touristen seine Reize haben, da wir aber ernstere Aufgaben verfolgten und mit Zeit und Geld haushalten mussten, so verbot uns die Vernunft, an dasselbe zu denken, um so mehr, als die eigentliche Aufgabe, die wir uns bei der Drinfahrt gesteilt hatten, bereits gelöst war; es hatte sich ja bereits zur Genüge herausgestellt, dass der Drin kein schiffbarer Fluss sei, wenn es auch unter günstigen Umständen einem kühnen Schiffer gelingen möchte, denselben auf einer leichten Barke stromabwärts zu fahren. Das Ergebniss dieser Betrach-

*) E r findet sich auszugsweise in dem Abschnitte der chorographisohen Abtheilung.

Denkschriften der philos.-histor. CI. XV. Bd. Abhandl. von Nichtmitgliedern.

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tungen war der Entschluss, mit der Barke bis zu jener schwierigen Stelle vorzudringen, und zu versuchen, ob wir sie überwinden könnten, wenn dies aber unmöglich sei, keinen Versuch zu machen, dieselbe zu umgehen, sondern die Flussfahrt aufzugeben und unsere Reise zu Lande fortzusetzen. Wir hatten hinreichende Zeit, diese Überlegungen unmittelbar am Ein­gange der Flussenge anzustellen, durch welche wir uns gewunden hatten, denn obgleich wir schon um 5 Uhr dort ankamen, so hiess es dennoch: Halt! Wir standen nämlich am Ende einer grossen Stromschnelle, um über diese wegzukommen, musste die Barke ausgeladen und ihre Ladung bis zu dem eine Viertelstunde entfernten Anfange der Schnelle zu Lande geschleppt werden. Nun meinte Don Ange lo , dass wir doch dem Gebirge zu nahe seien, um im Freien zu übernachten, weil in der Nachbarschaft kein hinreichend mächtiger Häuptling zu finden wäre, den wir einladen könnten, uns Gesellschaft zu leisten, und das nächste Dorf zu weit liege, um es noch bei guter Zeit zu erreichen. Es wäre daher gerathener, bei seinem hierwohnenden Freunde Pep Maxut einzukehren. Es wäre freilich etwas mühsam, unsere Sachen zu ihm hinaufzuschleppen, aber sie in der Barke zu lassen, sei nicht räthlich. Da unser Führer bis dahin sich nicht als furchtsam bewiesen, so fügten wir uns seinem Vorschlage um so mehr, als uns Peps Niederlassung sehr gemüthlich anmuthete. Denn sie lag auf einer der mittleren Terrassen der lehnansteigenden linken Uferwand, welche mit einem Walde von wilden und von Fruchtbäumen bedeckt war. Wir stiegen über eine Reihe stiller Plätze, reich an Baumschatten und Quellgemurmel, aufwärts, kamen sogar an einer kleinen in einem Erd-riss eingegrabenen tief beschatteten Mühle vorüber, und gelangten endlich durch sorgfältig unterhaltene Umfriedungen aus Eichenpfählen, an denen zur Abhaltung des Weideviehes Thüren angebracht waren, zum einstöckigen Wohngebäude. Dieses bestand aus Eichenbalken und dicken Eichenbohlen, und war reich versehen mit Geräthen und Werkzeugen; vor dem Hause ein grosses Traubendach. Der erste Blick zeigte, dass hier arbeitsame Leute hausten, und zum vollen Idyll fehlte nur Reinlichkeit und ein gesundes Aussehen der Insassen. Alt und Jung war fiebergelb, und man klagte darüber, dass das Fieber das Haus niemals verlassen wolle. Wie erklärt sich diese Erscheinung, in einer Landschaft voll frischer Bergluft und frei von allen Sümpfen, in einer Höhe von mehr als hundert Fuss über dem Flussspiegel? Sie war für uns ein neuer Beleg zu der schon lange gehegten Vermuthung, dass der von den bewässerten Feldern aufsteigende Wasserschwaden fiebererzeugend sei.

Hier trafen wir die ersten nackten Kinder, sie bleiben es auch im Winter, auch hatten nur die Männer Hemden an, die Frauen trugen ihre früher weissen jetzt gelbbraunen Woll­kleider unmittelbar auf dem Körper. Wenn also Grisebach im Style des Tacitus sagt: Kein Dukadschine hat ein Hemde, aber jeder eine Flinte, so müssen wir die Drinanwohner von dieser Regel ausnehmen, dieselbe dafür aber auf die Gesammtheit ihrer nördlichen Nachbarn, die Malisor, ausdehnen. Doch sollen auch dort in den neuesten Zeiten die Hemden zugleich mit dem rothen Fes einzudringen anfangen.

Wir schliefen in dem neuen noch ungedeckten, für den Jüngern Bruder des Hausherrn bestimmten Hause, dies war abweichend von dem alten ganz aus übereinandergeschich-teten und an den Ecken in einander gezapften, dünnen Eichbalken verfertigt, so dass es an die Bauart der russischen Bauernhäuser erinnerte. Sonst dürften einstöckige aus Stein erbaute Häuser in Dukadschin die Regel bilden. Die Bedachung besteht meistens aus Stein­platten, die hie und da noch mit grossen Steinen zum Schutze gegen den Wind beschwert werden.

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Am folgenden Morgen arbeiteten wir uns über die Stromschnelle weg und an der Mündung des Rewischtibaches vorüber, welcher von der von Süd nach Nord laufenden Krabi-kette herunter kommt. Da gingen drei Wildenten vor uns auf, die ersten und einzigen, die wir längs des Drin gefunden haben. Wir stiegen aus und verfolgten sie eine lange Strecke weit vergebens, bis uns ein von Osten her bis zum Fluss vorspringender niederer Erdrücken den Weg verlegte und den Fluss zu einem weiten Bogen gegen Westen nöthigte. Wir stiegen mit der unerquicklichen Vorahnung in die Barke, dass wir an seinem Anfang mit einer Strom­schnelle zu thun haben würden. Das bestätigte sich auch, indem wir dort abermals ausladen und die Ladung eine volle Viertelstunde bis zum Anfang der Stromschnelle schleppen mussten. Ich begleitete die Träger mit dem Kawassen, um die Bagage nicht ohne Aufsicht zu lassen; meine Gefährten blieben bei der Barke zurück. Am Anfang der Stromschnelle legte ich mich nieder und schlief ein, aber mein Schlaf dauerte nicht lange, denn ich wurde durch die Nach­richt geweckt, dass die Barke in der Enge Wasser geschöpft und die Schiffer sich mit der Erklärung neben sie zur Ruhe gelegt hätten, dass sie nicht mehr weiter fahren würden, und wirklich erblickte ich durch das Fernrohr allein Herrn von Spaun und seine Leute in der Toilette der albanesischen Jugend bei dem Schnabel der gesunkenen Barke beschäftigt. Dass die Schiffer Furcht vor dem Gebirge hatten, war mir nichts Neues; ich argwohnte daher, dass sie die Barke mit Absicht sinken Hessen, und ging in Eilschritt nach ihr zurück. Diese Eile brachte sie jedoch alsbald wieder auf die Beine, und da mein Zweck erreicht war, so kehrte ich auch wieder auf meinen Wachtposten zurück. Herr von Spaun hatte dies Manöver nicht bemerkt und begriff nicht, warum die Schiffer mit einem Male so wacker anzogen und die Barke so rasch flott und über die Schnelle wegbrachten.

Bevor sie jedoch an meinem Haltplatz ankamen, erhielt ich von zwei Seiten her Besuch. Es erschien nämlich der Pfarrer des kaum V 2 Stunde vom jenseitigen Ufer entfernten Dorfes Tuschmani und der ebensoweit stromaufwärts, hart am diesseitigen Ufer wohnende Chef des Berischjastammes. Der letztere lud mich zu sich ein, und ich nahm den Pfarrer dorthin mit. Die Wohnung bestand aus mehreren einstöckigen Steinhäusern, wir wurden jedoch in dem Thurme untergebracht, welcher nach der Landessitte aus mehr als zolldicken, eichenen Planken verfertigt war und aus zwei niedrigen Etagen bestand, so dass er von aussen das Ansehen eines kleinen Gartenhäuschens hatte. Im untern etwa 6 bis 7 Fuss hohen Räume stand der grosse Gährbottig, der obere war unser Schlafzimmer. Er mochte ohngefähr 12 Fuss im Gevierte haben, und seine Eingangsthüre war so niedrig, dass wir Fremden ohne Ausnahme mehrmals mit dem Kopfe anstiessen, bevor wir uns hinreichend bücken lernten. Eine Reihe viereckiger Löcher, eben gross genug um einen Flintenlauf durchzustecken, diente statt der Fenster des Gemaches. Der Hausherr und sein Sohn bedienten uns bei Tische, auch gingen drei Mädchen von 15 bis 17 Jahren ab und zu, die zwar auf unsere Fragen antworteten, im Ganzen aber sehr scheu waren.

Nachdem ich mit Don Angelo und dem Chef das Weitere berathen, wurde ausgemacht, wir sollten am folgenden Tag nach einem dem Chef von Merturi gehörenden Vorrathshause gehen, als dem einzigen unterhalb der Stromschnelle auf weit und breit vorhandenen Gebäude, und dort schlafen. Am folgenden Morgen würde Don Angelo auf den aus der Umgegend aufzutreibenden Saumthieren oder durch Menschen unser Gepäck auf Umwegen nach einem eine halbe Stunde oberhalb der Enge gelegenen Hause schaffen, um es dort wieder einzu­schiffen, wenn wir glücklich durchkämen. Er würde daher von jenem Hause nach dem

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60 J . G. ν. Hahn

1 V2 Stunden entfernten Merturi vorausgehen und uns von dort die tüchtigsten Leute zuschicken, die uns auf dem Wege durch die Enge begleiten sollten. Ich hatte dagegen zwar einzuwenden, dass diese Herberge kaum zwei Stunden von hier entfernt sei, musste mich aber endlich fügen, weil ich keinen besseren Rath wusste.

XV. Ende der Schifffahrt. Am andern Morgen kamen wir nach wenigen Minuten zum Ausgangsthore des Flusses aus

dem Hochgebirge. Es war die alte Leier: zwei Felswände, dazwischen ein Fluss ohne Ufer­rand, etwas Himmel darüber, nur grossartiger als das, was wir bisher in diesem Genre gesehen.

Kaum eine halbe Stunde von der Herberge kamen wir an der Mündung des St. Theodor­baches vorüber, der aus einer engen von West nach Ost laufenden Felsspalte hervorkam, ein Wildbach im reinsten Sinne des Wortes, und doch wurde er von den Hochländern gezwungen, ihr Getreide zu mahlen. Bis vor zwei Jahren musste er fünf Mühlen treiben, aber als ächter Albanese bäumte er sich endlich gegen sein Joch, und riss in einer Nacht vier Mühlen weg.

Kaum zehn Minuten weiter erblickten wir unmittelbar am Südfusse des steilaufsteigenden Toplanaberges die Mündung der Lesnitschia, des grössten Zuflusses des Drin, den wir bis dahin gefunden, auch er kam aus einer von West nach Ost laufenden Enge. Wir vermuthen jedoch, dass dies nur ein kurzer Mündungsbug sei, denn die Hauptrichtung des Baches geht von Nord nach Süd, und in dieser durchläuft er von seiner acht Stunden entfernten Quelle an den ganzen Südtheil des Hochgebirges, welcher zum grössten Theil dem Stamm der Schalj gehört, daher er auch oft nach ihnen benannt wird. Er gilt für das wildeste aller Gebirgs-wasser und soll sehr reich an Forellen sein. Wir bekamen aber keine davon zu sehen. Da nun hier der Drin von Nordostnord gegen Südwestsüd fliesst, so ist der Berg von Toplana von drei Seiten von Wasser umflossen und hängt nur im Norden mit dem Gebirge zusammen. Hier stossen die Grenzen von Toplana, Schoschi, Duschmani, Berisch und Merturi zusammen und wurden vor Zeiten endlose Grenzkriege geführt, bis es endlich zu festen Vergleichen kam. Jetzt herrschte die tiefste Ruhe in diesen Schluchten, die selbst ein Hochtyroler grossartig gefunden haben würde. Wir sahen keine Menschenseele, hoch auf den Felsengebirgen ver­einzelte Stücke Rindvieh, die wir anfangs für Ziegen hielten, und die wie diese zu klettern verstehen, mitunter aber auch sich zu Tode fallen. Im nördlichen Mündungswinkel zeigte man uns die Überbleibsel einer kleinen dem heiligen Alexander (Lesch) geweihten Kirche und nahe dabei mehrere tüchtig gearbeitete Reste der an die Felsen angebauten oder in sie ein­geschnittenen künstlichen Strasse. Ich fragte vergebens nach dem Erbauer der Kirche und des Weges und nach Näherem über jene Kriege. Alles, Alles war vergessen. Die Geschichte ist eine Tochter der Bildung, ohne Schrift keine Geschichte.

Wir hatten noch niemals so gutes Fahrwasser gehabt, als an diesem Morgen und wir erreichten an der Mündung des Merturibaches vorüberfahrend kurz nach Mittag die mitunter kaum ein Meter breite Felsenspalte, durch die wir zu unserem Nachtquartier aufstiegen, das auf einem kleinen mit Mais und Wein bestandenen Plateau lag. Es war ein geräumiges Vor­rathshaus, in welchem der Eigenthümer während der Bestellungs- und Erntezeit wohnte.

Don Angelo ging nach Merturi und schickte uns alsbald drei schmächtige Maulthiere, die er oben im Dorfe zu finden so glücklich war, weil er gerade zum Kirch weih tage dahin kam. Obgleich die ganze Umgegend zu demselben zusammenströmte, so waren dort doch nur diese drei Saumthiere zu finden, von denen das eine einem aus Ibala herübergekommenen

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mubammedanischen Kirchweihgaste, das andere dem Häuptling von Merturi und das dritte unserem Wirthe in Berischja gehörte. So ist es in Dukadschin mit Lastthieren bestellt, die Weiber verrichten deren Dienste. Freilich sind die meisten Wege für Saumthiere ungangbar, man hat aber auch kein Futter für sie und vor allem kein Geld, um sie zu kaufen.

Mit den Lastthieren kam auch der Bairakdar von Toplana, den Don Angelo herunter schickte, um uns Gesellschaft zu leisten. Dieser türkische Name für Fahnenträger hat im Gebirge die Bedeutung gewechselt, denn hier versteht man darunter den ersten erblichen Kriegsanführer einer ganzen Landschaft. Der von Toplana war ein schöner hoher Vierziger, von sehr anständigem klugem Äusseren, der früher so wohlhabend gewesen war, dass er sil­berne Waffen und rothe Tuchkleider trug, durch eine Reihe von Unglücksfällen aber in die grösste Armuth verfiel. Die Reste seiner rothen Kleider trug er noch, aber kein Hemd darunter, wie Hemden überhaupt in ganz Toplana noch keinen Eingang gefunden haben.

Wir hatten viel Besuch von Kirchweihgästen, die bei uns einsprachen, um sich die ersten Franken zu betrachten, die in diese Gegend gekommen waren.

Als es dämmerig wurde, zogen wir uns ins Haus zurück und unterhielten uns so gut es gehen wollte mit dem Toplaner. Er erzählte, dass es bei ihm viele Gemsen gäbe, auf die sie aber meist nur um die Zeit des St. Demetrius (November) Jagd machten, denn dann sei ihre Begattungszeit und dann allein Hessen sie sich beschleichen. Dies sei die einzige Zeit, wo die Böcke zu den Herden kämen, das übrige Jahr streiften sie einsam durch das Gebirge. Die Herden bestünden nur aus Weibehen, Jungen und Greisen, und seien, wenn allein, über­aus scheu und vorsichtig. Von der Ausstellung von Wachen beim Grasen wusste er nichts. Das Weibchen werfe im Mai stets nur ein Junges, das, wenn auch noch so klein, eingefangen, unzähmbar sei. Auch gäbe es viele Wölfe und braune Bären; als ich ihn nach weissen Bären fragte, meinte er lachend, dass ich wohl schon die Geschichte von den zwei Palikaren und der weissen Bärin gehört habe, er habe sein Leben lang Tag und Nacht im Gebirge ver­bracht, ohne einen weissen Bär gesehen zu haben, und er habe auch weder von seinem Vater noch Grossvater, noch sonst wem gehört, dass dies irgend Jemand geglückt wäre, er glaube daher auch nicht, dass es solche gebe. Ich hatte die Geschichte bereits von Don Angelo gehört, der weniger skeptisch als der Toplaner war und auf die Sage hin die weissen Bären unter die Fauna von Hochalbanien rechnete und sie zum Belege seiner Behauptung erzählt hatte. Sie lautete: Es waren einmal zwei junge Männer, welche die tapfersten in ganz Albanien zu sein behaupteten. Sie machten Blutsbrüderschaft mit einander, und gingen zu einer klugen Alten und fragten diese: Was müssen wir thun, um für die Tapfersten im ganzen Lande zu gelten? Die Alte antwortete: Ihr müsst die weisse Bärin aufsuchen und sie erlegen. Da machten sich die beiden auf und ruhten nicht eher, bis sie die weisse Bärin aufgefunden hatten. Das war ein gewaltiges Ungethüm mit einem schneeweissen Pelze und der war so dick, dass keine Kugel durch ihn drang. Sie schössen also vergebens ihre Flinten und Pistolen auf die Bärin ab, und diese stürzte mit solcher Schnelligkeit auf sie zu, dass sie dem Einen den Weg abschnitt. Dieser suchte sich dadurch zu retten, dass er einen dicken Baum hinaufkletterte, die Bärin aber begann sogleich ihm nachzusteigen; wie sie nun eben ihre Tatzen ausbreitet und den Baum umklammert hält, da fasst sich der junge Mann ein Herz, gleitet auf der andern Seite des Baumes herunter, packt die beiden Tatzen der Bärin und zieht sie so fest an den Baum, dass sie weder beissen noch sich sonst regen kann. Darauf rief er seinen Blutsbruder, dass er herbei kommen und die Bärin todtschlagen solle, aber der hörte und sah nicht, und es

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dauerte zwei Tage, ehe er sich wieder herbei traute, um zu sehen, was aus seinem Genossen geworden sei. Als dieser ihn erblickte, rief er: „Rasch Bruder! ich kann nicht mehr, komm und halte die Bärin bis ich sie todt geschlagen habe;" dieser packte nun statt seiner die Tatzen der Bärin, als er sie aber fest hatte, da sprach der andere: „So, nun halte sie so lang du kannst und denke dabei deines Brudereides, und darauf ging er seiner Wege."

Am folgenden Morgen (8. September) stellten sich ein Dutzend kräftiger Gehülfen ein, wir stiegen durch den Felsriss zur Barke herab, die Hochländer zogen, wo dies möglich war, die Schiffer stiessen, und so kamen wir der Schnelle rasch näher und näher und hörten ihr Rauschen immer deutlicher. Wir hatten jedoch bis zu ihr noch zwei kleinere Stromschnellen zu passiren. Durch die erste kamen wir gleich beim ersten Ansatz, wenn auch mit grosser Anstrengung, aber am oberen Theile der zweiten quälten wir uns vergebens. Nachdem wir uns überzeugt, dass sich die Barke weder von der einen noch von der andern Seite ziehen lasse und die Ziehenden nirgends einen festen Standpunkt fanden, sondern immer wieder von der Strömung fortgerissen wurden, versuchten wir alles mögliche, ein Seil an irgend einem Punkte zu befestigen, um uns daran von der Barke aus stromauf zu ziehen. Es wäre damit wenio- gewonnen gewesen, denn wie dann weiter gehen, wenn wir oben angekommen waren? Wir gelangten aber gar nicht in diese Verlegenheit, denn nirgends war ein solcher Punkt zu finden, überall glatte Flächen, überall pfeilschnelle Strömung, nirgends Grund und von der Landseite nirgends beizukommen. Während der Arbeit kam der Herr des Hauses, in welchem sich Don Angelo oberhalb der Enge befand, auf seinem Schlauche1) zu uns herabge­schwommen. Er berichtete, dass die Flussenge nicht länger als 30 Fuss und der senkrechte Felsenriss 8 Menschenlängen breit und viele (?) hundert Fuss hoch sei, beizukommen sei ihm zwar, sowohl ober- als unterhalb, aber durchkommen könne man nur abwärts schwimmend, das aber sei nicht gefährlich, wenn man sich nur in der Mitte hielte, denn der Wasserzug sei pfeilschnell.

Wir wussten nun sicher, dass wir mit unserem Boote nicht durchkommen würden, doch wollten wir uns dem Thore wenigstens so weit als möglich nähern, um es am unteren Ende so gut es ging zu untersuchen. Petro sollte also zu einem letzten Versuche in das Boot steigen. Wir sind ihm die Anerkennung schuldig, dass er Anfangs vielen Muth zeigte und sich von seinem Bruder nicht beirren liess, wenn dieser heulend und händeringend am Ufer hin und her lief, sobald er mit seiner Barke in der Stromschnelle auf und nieder wogte, aber nun weigerte er sich, indem er meinte, dass er Frau und Kind und nur ein Leben habe. Da begann Herr von Spaun sich auszukleiden, um die Leitung der Barke zu übernehmen, und als Petro dies sah, ging er abermals an seinen Posten. Als aber die Barke wieder in die Enge kam, brachte sie es keinen Zoll weiter als vorher, wurde der am meisten in die Strömung vor­geschobene Hochländer ebensogut wie früher von der Strömung fortgerissen, und wenn er sich mit seinem Nachbarn zusammenkoppelte, so schössen beide stromabwärts; das Boot erhielt eine starke Sturzwelle und musste zurück.

Nun gingen wir noch einmal bis an das äusserste Ende des Uferstreifens, auf dem wir wie auf einer Insel standen, und sahen uns nach einer andern Stelle um, von der wir versuch-

!) Diese Schläuche bestehen aus abgezogenen Ziegenfellen, welche an den vier Füssen und dem Halse fest zugeschnürt und nur zur Hälfte mit Luft aufgeblasen werden, um sich besser unter die Achseln des daraufliegenden Schwimmers zu schmiegen. Wir sahen solche Schläuche schon in Karma, doch waren bei weitem nicht alle unsere Gehülfen damit versehen und auch ohne dieselben schwammen alle Hochländer wie die Fische.

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ten, ob wir etwa das Thor der Enge erblicken könnten, aber es war vergebens. AVährend wir uns dort beriethen, kam Petro zu uns, ergriff meine Hände, küsste sie inbrünstigst und sagte: Herr, wenn wir hier noch länger bleiben, sind wir alle verloren. Ich erwiederte: Schäme dich doch, was wollen sie denn machen, sind sie nicht nackt und wir bewaffnet? — Sie wollen das Boot umstürzen. — Das war allerdings sehr leicht, dazu reichte der Buck eines Einzigen hin, der sich in den Wogen der Stromschnelle unter dem Vorwande, von der Strömung gepackt zu sein oder einsteigen zu wollen, an dasselbe anklammerte. Daran hatte ich nie gedacht. Nun fiel es mir wie Schuppen von den Augen, wie bequem wir es den Leuten gemacht, oder besser noch, in welche Versuchung wir sie gesetzt hatten, denn lagen wir erst einmal im Wasser und waren unsere Revolver nass, so hiess es eben: Das Boot schlug um, und sie sind dabei verunglückt.

Petro wurde zurückgeschickt, aber ich gestehe frei, dass mir die Zeit sehr lang wurde, die wir noch anstandshalber am Ufer verbringen mussten. Ich fragte den Einen und Andern, ob ihm nichts beigefallen sei, um vorwärts zu kommen, und als keiner etwas anzugeben wusste, sagte ich: Also zurück! Die Schiffer flogen nach dem Boote, die Andern suchten die während unserer Versuche überall zerstreuten Sachen zusammen, es fehlte nichts. Petro wies die Hochländer an, die Zugleinen der Barke festzuhalten und uns am Ufer zu folgen, bis wir durch die pfeilschnelle Stromschnelle durchgekommen sein würden, und uns dann nachzu­schwimmen. Wir stiegen ein und stiessen ab. Ich war eben daran, dem Schiffslieutenant meine Genugthuung zu erklären, dieser Mausfalle glücklich den Bücken gekehrt zu haben^ und bemerkte nicht einmal, dass wir in der Stromschnelle waren, als sich das Boot plötzlich quer drehte, aber auch fast eben so plötzlich seine alte Richtung wieder gewann, und als ich mich umwandte, bemerkte ich wie Petro das Boot von dem Felsen abstiess, an dem es ohne dessen Vorsicht angeprallt wäre, und die Hochländer längs des Ufers laufend und nach der Leine haschend, die sie losgelassen hatten.

In dem ersten Augenblicke sprach Niemand im Boote, als wir aber im breiten Wasser waren, da seufzte zuerst der Kawass: ah cani! cani! dass wir alle lachen mussten, und cani! cani! riefen unsere Matrosen, cani! cani! wiederholten die Schiffer. Mit diesem Stichworte verhielt es sich nämlich so: Unseren Matrosen, welche den Hochländern von vornherein den herzlichsten Widerwillen gewidmet hatten, diente dasselbe zu deren Bezeichnung, wenn sie unter sich sprachen. Der Kawass hatte es aufgeschnappt und, ich weiss nicht wie, den Sinn verstanden. Da nun beiden Theilen keine weitere Unterhaltungsform zu Gebote stand, so wurde diese bis zu dem Grade missbraucht, dass ich sie untersagen musste, doch in vorlie-gendem Falle hätte ich gern selbst mit eingestimmt.

Als die Hochländer herangeschwommen kamen, entschuldigten sie sich so treuherzig, dass ihnen das Seil ausgerutscht sei, dass ich ihnen ohne Petro's Wink wohl geglaubt haben würde, ich liess ihre Entschuldigungen gelten und begnügte mich damit, dass sie überhaupt es für nothwendig gehalten, sich zu entschuldigen.

Wie in der Komanienge war der Zug des Wassers so stark, dass wir zur Rückkehr nach dem Felsrisse schwerlich mehr als eine Viertelstunde brauchten. In unserem Nachtlager zahlte ich die Schiffer aus, und sie liefen mehr als sie gingen nach ihrem Boote und stiessen sofort ab. Don Angelo sah sie stromabwärts fliegen und gerieth darüber in so grosse Sorge um uns, dass er, weil er von unsern Sachen nicht weichen wollte, sofort mehrere Boten aussandte. Erst als er von diesen gute Nachricht bekommen, kehrte er mit den Saumthieren ins Dorf

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zurück und kam uns von dort ein gut Stück den Berg herab entgegen. Er fand mich nicht in der freundlichsten Stimmung, denn der Berg, welchen wir bei drückender Mittagsschwüle ersteigen mussten, war sehr steil, und ich stand unter dem frischen Drucke des bitteren Gefühles, ein Unternehmen aufgegeben zu haben, das ich so viele Jahre in mir gehegt und gepflegt hatte. Ich fühlte mich selten so unglücklich, als auf dem Gange nach Merturi, obgleich ich hinreichend Zeit gehabt hätte, mich an den Gedanken eines solchen Ausganges zu gewöhnen. Gegen solche Verletzungen der Empfindungen zeigen sich alle Vernunftgründe stumpf.

Der Ort liegt 1875 Fuss hoch auf der kahlen und felsigen Südhalde eines Gebirgsrückens hingestreut, dessen nördliche Hälfte sehr steil gegen den Drin abfällt, er zeichnet sich durch zwei mit Kalk gemauerte viereckige und drei Stockwerke zählende Thürme aus, die oben mit Zinnen versehen sind und den beiden Chefs gehören. Es sollte jedoch lange währen, bis wir den zu unserer Herberge bestimmten erreichten. Denn bei der Thüre des ersten Hauses kam uns der Hausherr entgegen und lud uns zu sich ein, und Don Angelo erklärte, dass wir die Einladung nicht ausschlagen könnten, ohne den Hausherrn vor den versammelten Kirchweih­gästen zu demüthigen. Wir traten also ein, doch nur in den Hof, weil es im Innern zu heiss war, und hier kann ich sagen, dass ich die erste Bekanntschaft mit dem albanesischen Brannt­wein machte. So oft ich früher gehört, dass die Albanesen den Branntwein massweise tränken, konnte ich nie begreifen, wie dies möglich wäre, als man mir aber hier ein halbgefülltes Wasserglas anbot und ich es austrank, weil ich einer Erquickung bedurfte, fand ich, dass wenigstens der Hochländerschnaps kaum die Stärke eines mittleren Cypers habe. — Bei zwei weiteren Besuchen in Häusern, welohe uns den Weg nach unserem Thurme verlegten, mussten wir dasselbe Quantum leeren, und wir fühlten uns davon so wenig beschwert, dass wir auch denselben Willkommen im Thurme nicht abzulehnen brauchten.

Wir kamen, wie gesagt, an dem Kirch weihtage des Dorfes an und hatten daher viel Fest­jubel, viele Salven, viel Tanz, Gesang und Saitenspiel erwartet, wir fanden aber, massige Salven abgerechnet, keine Spur von festlicher Aufregung, obwohl alle Gäste sich nach dieser Seite des Dorfes gezogen hatten, um sich die einziehenden Franken anzusehen. Um die Höfe, in die wir eintraten, bildete sich sofort ein dichter Menschenkranz, der uns, weil Alle sprachen, wie ein Bienenschwarm umsummte, aber Keiner stiess oder drängte den Andern, und nirgends verrieth sich eine besondere Aufregung, kein Jauchzen, kein Schreien, kein Lachen unterbrach diese mit halber Stimme geführten emsigen Mittheilungen. Alt und Jung, Männer und Frauen standen.

Welches Gewicht den Touristenbeobachtungen, namentlich in ethnographischer Hinsicht in der Begel zukommt, zeigt sich recht schlagend darin, dass ich, nur auf meine Betrachtung gestützt, das Dukadschin mit der Überzeugung verlassen haben würde, dass seine Bewohner weder Tanz noch Sang liebten, und daraus hätte sich denn ein gewichtiger Zweifelgrund ergeben, ob sie ächte Nachkommen der alten Dardanen seien, deren Musik und Tanzliebe Strabo ganz besonders betont. Dazu käme noch das weitere Bedenken, dass die Dukadschiner auch nicht in unterirdischen mit Mist bedeckten Wohnungen leben, wie zu den Zeiten dieses Geographen, dass aber der wlachische Bauer im Norden der Donau seine Wohnungen noch immer unter die Erde baue, deren Dächer der Reisende für Düngerhaufen hält, und daher mitten in einem wlachischen Dorfe stehen kann ohne es zu wissen.

Nun versicherten mich aber Don Ange lo und andere Eingeborene, dass es gar kein Volk gäbe, das mehr Gesang und Tanz lieben könne, dass sie Tage und Nächte versängen und

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vertanzten und darüber die Arbeit versäumten, die sie stets singend verrichteten, und es sei ein ganz besonderer Zufall, wenn ich dies noch nicht bemerkt hätte; was den Dukadschiner und Albanesen überhaupt vor allen Völkern der Halbinsel auszeichne, das sei ausser seiner Streitbarkeit und Gastfreundschaft, sein grosser Hang zu Gesang und Tanz und zu Gastereien, er wolle sich lieber vergnügen als arbeiten.

Die alten Dardaner begegnen sich also in diesem Zuge mit unseren Zeitgenossen in Dukadschin. Besonders anziehend aber war es, als Don Angelo fortfuhr: „Einen Fremden von seiner Thüre zurückzuweisen, welcher um Aufnahme bittet, hält der Albanese für eine schwere Sünde, er bewirthet ihn so gut er kann, und wenn er am folgenden Tage bis zur neuen Einkehr ermordet oder sonst misshandelt wird, so ist der Wirth verpflichtet an dem Mörder oder Misshandelnden Blutrache zu üben. Ein Handschi (Gastwirth), in dessen Haus ein Mord begangen wird, muss dasselbe schliessen, und darf sich nicht eher blicken lassen, bevor er nicht den Mörder erschossen hat. Es giebt Leute, welche das Herumziehen von einem Hofe zum andern gewerbmässig treiben und so lange bei einem Hauswirth bleiben, „bis seine Vorrathe aufgezehrt sind; dann nimmt der Wirth seine Flinte und begleitet seine Gäste zu einem Andern und wird mit ihnen dessen Gast". Wir wollen aus diesen Angaben keine beson­dere Verwandtschaft zwischen Germanen und Dukadschinern herleiten, obwohl die grosse Übereinstimmung ihrer Rechts brauche in dieser Hinsicht viel zu denken giebt1); was uns aber besonders ansprach, war, dass Don Angelo seinen Bericht in die Formen des Tacitus fasste, und dass dies auch Andere thaten. Wir zweifeln also nicht, dass auch Tacitus aus dem Volks­munde schöpfte, der, wie es scheint, dieses Verhältniss überall unter der pikanten Form „der Wirth wird Gast" auffasst2).

Was nun die obenerwähnte verschiedene Bauart, der Dardaner und Dukadschiner betrifft, so scheint uns dieses Bedenken bei der Abstammungsfrage nicht schwer ins Gewicht zu fallen, denn wir fragen einfach, warum denn gegenwärtig alle Wlachen im Süden der Donau, so weit wir sie kennen, überirdische Wohnungen bauen, und warum auch die Deutschen sich3) zum Winterschutze nicht mehr wie vor Alters in die Erde eingraben.

Vielleicht schreibt sich diese Bauart von den Zeiten her, wo diese Völker in den Steppen wohnten, durch welche sie sich allmälig aus Asien nach Europa herüberzogen, denn wir wüssten nicht, auf welch' andere Weise der Mensch sich dort gegen die Nordstürme des Winters zu schützen vermöchte, als indem er sich in die Erde eingräbt und die obere Öffnung mit dem Dünger seines Viehes zudeckt.

Selbst wenn er bei seinem ewigen Wanderleben daran denken könnte, ein anderes Haus zu bauen, so würde es ihm hierzu an allen Baumitteln fehlen. Wird er dann später in einem andern Lande sesshaft, welches diese Mittel gewährt und vielleicht auch einen etwas milderen Himmel hat, so wird er über kurz oder lang von dem Gruben- oder Höhlenbau zum Häuserbau über­gehen. Da aber, wo wir den ersteren noch finden, möchten wir ihn als eine, von dem früheren

!) S. Albanes. Studien I. S. 173 und folgende, und 213 und folgende. 2) S. Tae. Germ. 21. Convictibus et hospitiis non alia gens effusius indulget; quemeunque mortalium arcere tecto nefas habetur;

pro fortuna quisque apparatis epulis excipit; cum defecere, qui modo hospes fuerat, monstrator hospitii et comes; proximam domum non invitati adeunt: nec interest; pari humanitate accipiuntur, notum ignotumque, quantum ad jus hospitii, nemo discernit.

3) S. Tac. Germ. 16. Solent et subtTraneos specus operire eosque multo fumo onerant, suffugium hiemi et reeeptaculum

frugibue.

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Steppenleben zurückgebliebene Spur betrachten. Ein zweiter Berührungspunkt dieser Berg­völker mit den alten Dardanen ist ihr geringer Sinn für Reinlichkeit, in welcher sie gegen ihre südlichen Landsleute sehr zurückstehen, namentlich die Sehifffahrt treibenden; denn Hydra und seine Umgebung ist das Holland der Levante. Von den Dardanen hiess es bekanntlich, dass sie nur zweimal im Leben gewaschen würden, nämlich am Tage ihrer Geburt und ihres Todes. Für die Christen unter den Albanesen ist sogar der zweite Tag weggefallen, denn seit dem Eindringen des Islams, dessen Bekenner die Todtenwäsche als einen Hauptact ihrer Beerdigung ansehen, wurde dieselbe von den Christen beider Kirchen unterlassen, und gereicht bei dem Muhammedaner ihnen diese Unterlassung zum besonderen Vorwurf. Leider wissen wir nicht mehr von den Sitten der alten Dardanen und Autariaten, um weiter in der Absiam-mungsfrage der Dukadschiner vordringen zu können; dagegen erfuhren wir hier eine neue Ubereinstimmung des hiesigen .Rechtsbrauches mit dem altdeutschen, es ist dies der Gottes­frieden. Am Tage vor und am Tage nach dem Kirchweihfeste ist für die Kirchweihgäste die Übung der Blutrache aufgehoben, und muss einer selbst den Mörder seines Bruders1) in Frieden lassen, wenn er ihn auf dem Wege nach der Kirchweih oder auf dem Rückwege antrifft. Sie sprechen dann miteinander, reichen sich die Hand und thun, als ob nichts zwischen ihnen vorläge; ebenso wenn sie auf der Kirch weih zusammentreffen.

Ein solcher Blutschuldner von gutem Hause sprach in Merturi meine Vermittelung an, um die Aussöhnung mit dem gleichfalls anwesenden Gläubiger zu erwirken. Ich verwies ihn an Don Angelo, er aber schüttelte mit dem Kopfe und meinte, der Fall sei zu neu, erst Γ/2 Jahre, und die Verwandtschaft der Beireifenden zu nahe, als dass eine Versöhnung jetzt schon möglich wäre. Man würde mir nicht leicht etwas abschlagen, aber diese Zurnuthung sei zu stark, indessen wolle er es versuchen. Bald darauf erschien er mit dem Verletzten, der erschöpfte sich mit Entschuldigungen, blieb aber bei seiner Weigerung. Als er von seinem gefallenen Neffen sprach, der noch nicht kalt im Grabe geworden sei, wurden ihm die Augen feucht; ich hätte gern eine albanesische Thräne gesehen, aber sie fiel nicht. Nun verlangte Don Angelo wenigstens freies Geleite für Hin- und Rückweg bis Firza, wohin uns der Blut­schuldner begleiten solle, mit dem Zusatz, dass wir ohnedem den Weg längs des Drin gehen würden. Dieses Verlangen wurde sogleich mit Handschlag zugestanden. Es wäre möglich, dass der Bittsteller das Grössere nur in der Absicht verlangt habe, um das Kleinere zu errei­chen, denn er hatte dort Geschäfte.

Don Angelo's Weyangabe war mir aufgefallen, ich fragte ihn also, welche Bewandtniss es damit habe, und erfuhr zu meinem Erstaunen, dass unser Weg längs des Drin durch eine Freistatt führe, in welcher Jedermann gegen die Ausübung der Blutrache geschützt sei. Es liegt dort nämlich ein Felsen hart am Drin, an diesem stossen die Grenzen der Dörfer Apripa und Firza zusammen, und da der Ort eine so grosse Einöde ist, so setzten die beiden Dörfer durch ausdrückliches Ubereinkommen in alten Zeiten fest, dass, wer sich dort aufhalte, vor Blutrache sicher sein solle; so habe man es gefunden und so halte man es bis auf den heutigen Tag. Im Umkreise der Freistätte, der wenigstens eine Stunde im Gevierte begreife, sei weder eine Kirche noch ein sonstiges altes Gemäuer, noch knüpfe sich sonst eine Sage an die Steile,

) Dieselbe Gedankenform findet sich in der eddischen Beschreibung des Frodisfriedens : „Niemand schädigte da den Andern, wenn er auch seines Vaters oder Bruders Mörder getroffen hatte, los oder gebunden." iS. Jüngere Edda, Ubersetzung von Simrock S. 343.

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noch stehe der Brauch in irgend einer Beziehung zur Kirche. Ich bat ihn nähere Erkundi­gungen hierüber einzuziehen, aber Alle, welche er fragte, betrachteten die Freistätte als eine rein weltliche aus freiem Übereinkommen entstandene Einrichtung.

Was uns noch mehr auffiel, war die Thatsache, dass auch die hiesigen Kirchweihfeste ihren kirchlichen Charakter gänzlich eingebüsst hatten, und dass die Kirche sie sogar mit ungünstigen Augen, als nur zu Streit, Hader und Völlerei Anlass gebende Zusammenkünfte ansieht, daher sie auch mit keinerlei Gottesdienst eröffnet werden. Der Pfarrer, unter dem Merturi steht, war nicht einmal von seiner zwei Stunden entfernten Residenz Altschitsch zum Feste herüber gekommen.

XVII . Firza.

Mehr als die früher erwähnten drei Maulthiere wären zu unserer Weiterreise nicht ohne grossen Zeitverlust aufzutreiben gewesen, und es drängte mich fort von Merturi, um durch neue Eindrücke den Gedanken an das Scheitern der Drinfahrt zu verwischen, der schwer auf mir lastete. Wir beschlossen also unsere Reise zu Fuss längs des Drin bis zur grossen Strasse von Skodra nach Prisrend fortzusetzen, bis wohin man hier allgemein für den Weg längs des Drin vierzehn Stunden rechnet. Nämlich von Merturi sieben Stunden bis zu dem katholischen Pfarrort Firza oder Fjer^a und ebensoviel von dort bis zu dem Han von Spasch, wo jene Strasse das Drinufer erreicht.

Der junge Muhammedaner, dessen wir bereits oben gedachten, vermiethete uns sein Maulthier bis Spasch. Er war der Enkel der früher erblichen Derwen-Agas von Ibalja, welche zugleich den Oberbefehl über ganz Dukadschin hatten, und hiess Soliman Bei, er war eine wohlwollende gefällige Natur, trug seine Abstammung in keiner Weise zur Schau, erhob sich aber auch in Kleidern und Umgangsform durchaus nicht über die Andern, welche ihm gleich­wohl gewisse kleine Rücksichten -nicht versagten. Wie bei allen Kriegs Völkern, weht durch die albanesische Umgangsform und Denkungsweise ein, wenn auch nur schwacher, aristokra­tischer Zug, von dem beim Wlachen und Bulgaren keine Spur vorhanden, und der sich bei den Griechen auch nur auf die Kriegerstämme beschränkt.

Um die Ladung möglichst zu erleichtern, Hessen wir unsere grosse Proviantkiste der Hauswirthin in Merturi zum Andenken und packten deren sehr geschmolzenen Inhalt in Säcke.

Der Gipfel des Berges, an dessen Südhang Merturi liegt, ist so steil, dass wir, um in das Drinthal zu gelangen, über eine halbe Stunde westwärts zurückgehen mussten und dadurch von Neuem das Rauschen der Stromschnelle zu hören bekamen , welche unserer Schifffahrt das Ziel gesetzt hatte. Von dort hielten wir uns fortwährend auf einer Höhe von 1 0 0 0 bis 1 2 0 0 Fuss über dem Flussbette, indem wir einem am Nordhange des Merturirückens laufenden, mitunter sehr beschwerlichen Fusspfade folgten. Trotz der steilen Böschung konnten wir nirgends bis zum Flusse hinuntersehen; wir glaubten ein grosses Truckenthal zu durchziehen. Jenseits des Drin lag der hohe Toplanaberg in unserem Rücken, und zog sich die etwas niederere Kette von Salza in westöstlicher Richtung längs des Flusses hin. Auf deren oberste nackte Schneide folgt die breite schwarze Waldregion, die sich um die Dörfer von Brisa und Salza unmittelbar bis zum Flusse herabsenkt, weiter östlich aber bei den langgestreckten Vierteln von Paltschi durch eine Terrasse fruchtbaren Bodens unterbrochen wird, die nur lehngeböscht und wenigstens 74 Stunde breit ist. Wir konnten die behäbigen Häuser dieser Weiler mit blossem Auge recht deutlich erkennen, unsere Begleiter wechselten zweimal

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Salutschüsse mit Freunden, die sie jenseits erkannten, und unterhielten sich dann mit ihnen in der weithin hallenden Bergsprache, auf die sich alle Hochländer verstehen. Dieses gegen­seitige Anschiessen von entfernten Bekannten oder beim Abschiede ist ein allgemeiner Brauch, der fast eben so streng geregelt ist wie in der Kriegsmarine, und die Vorfrage, ob man Schuss um Schuss erwiedern werde, kommt häufig vor. Wegen dieses starken Pulververbrau­ches sind daher auch Patronen stets das willkommenste Geschenk, das man einem Hochländer machen kann. Den grössten Werth hat aber feines Pulver, das nur für die Zündpfanne ver­wandt wird.

Unser Weg lief so ziemlich auf gleicher Höhe mit jener Terrasse, und wir schätzten die Luftlinie des Zwischenraumes auf etwa eine halbe Stunde. Gleichwohl behauptete Don Angelo und seine Begleiter, dass wir, um dorthin zu gelangen, weit über zwei Stunden brauchen würden, denn von Paltschi aus müsse man eine Stunde lang abwärts steigen, um den oberen Band des senkrechten Drinkanals zu erreichen, und, um von diesem bis zum Wasser zu gelangen, brauche man abermals zehn Minuten. Wir haben keine hohe Meinung von der Schärfe albanesischer Zeitbestimmungen und dächten daher, dass man der \Vahrheit näher käme, wenn man den Flusskanal in die Spitze eines gleichseitigen Dreiecks verlegte, denn es ist ja eine bekannte Erfahrung, dass selbst das geübte Auge stets geneigt ist die Böschungen zu überschätzen und jedem Ungeübten ein über 45 Grad betragender Berghang als senkrecht erscheint.

Weiter hin kamen wir an dem von Nord nach Süd in das Drinthal mündenden Thale von Nika'i vorüber, in welchem der Bach dieser Landschaft dem Drin zuläuft; seine Bewohner gelten für die streitbarsten unter den Malisors. Wir setzen also diesen Bach ungefähr dahin, wohin auf der Kiepert'sehen Karte die Mündung der Lessnitschja fällt.

Wir machten in dem Thurm des Häuptlings von Apripa1) Mittag. Derselbe war erst sechs Jahre alt und sein Vater bereits seit zwei Jahren gestorben; dessen ältester Bruder verwaltete als Vormund die Stelle bis zur Mündigkeit des Knaben. Den letzteren bekamen wir jedoch nicht zu sehen, es hiess, er sei krank, vermuthlich entzog ihn die Furcht vor dem „bösen Auge" unserm Anblick. Am Nachmittag kamen wir durch die früher erwähnte Freistätte. Wir waren nur mit drei Mann Begleitung von Merturi herüber gekommen, von hier an gaben uns aber zehn Apripaner das Geleite. Unser Weg führte an mehreren hölzernen Kreuzen vorüber; wir hielten sie für Denkzeichen eines an der Stelle Getödteten, erfuhren aber, dass bei den Christen dieser Berge die Sitte herrscht, an den natürlichen Ruhepunkten längs der Wege solche Kreuze aufzustellen; sie gleichen jedoch in ihrer Grösse mehr unsern Grab- als unsern Wegkreuzen. Den muhammedanischen Trims2) sind natürlich diese Symbole des christlichen Glaubens ein Dorn im Auge, und sie brauchen sie daher gern als Zielscheibe oder zerstören sie, wenn sie es unbemerkt thun können. Die Christen aber versäumen es nicht an dem Thäter Rache zu nehmen, wenn sie ihn ausfindig machen können.

Der Freistätte g-egenüber zeigte uns Don Angelo eine aus kleinem grauen Steingerölle bestehende Halde, die sich steil in den Drin hinabstürzt, und auf welcher der jenseitige Ufer-

1) Weiter stromaufwärts findet sich dieser Dorfname zum zweiten Male. Der sich gegenüber von Wjerda, Karma und Komana längs des Nordufers hinziehenden Landschaft Posripa ist bereits oben gedacht worden. Diese Namen sind also Zusammen­setzungen, aber ihre Bedeutung war nicht zu erfragen.

2) Dieses Wort entspricht genau era griechischen Palikari und bezeichnet einen in seiner Blüthe stehenden tapfern Jüngl ing .

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weg- zwischen Ranja und Apripa hinzieht. Kein Wanderer kann hier vorüber, ohne von den Qana von oben herab mit Steinen beworfen zu werden, welche meist an ihm vorbei rollen, mitunter aber auch schon arge Verletzungen verursachten; daher denn auch kein Christ diesen Weg betritt, ohne vorher ein Kreuz geschlagen zu haben. Auch Don Angelo ist stets beworfen worden, so oft er dort vorüber kam, was, als er noch in Firza war, gar nicht selten vorfiel. Diese Qana sind Berggeister, welche nicht blos hier, sondern an vielen andern Orten wohnen, ihr Name bedeutet „Stimmen", weil sie sehr schön singen und dazu tanzen. Es sind mithin die albanesischen Elfen, welche jedoch hier nur unter diesem Namen bekannt sind. Wir bemühten uns sowohl hier als anderwärts vergebens, den in den albanesischen Studien *) über diese Wesen gesammelten Stoff zu vermehren. Was wir über sie hörten, waren nur Bruchstücke von bereits Bekanntem. Bei dieser Gelegenheit erfuhr ich von Geistern, die Djomen (Dämonen) heissen, welche die Gabe haben, sich dem Menschen unter jeder beliebigen Gestalt zu zeigen, selbst als Christus am Kreuze, doch können sie die kleinen Widderhörner nicht verbergen, die sie hinter den Ohren haben, und wer dies weiss, der erkennt sie gleich daran.

Auch erzählte uns hier Don Angelo folgende interessante slavische Sage, der wir bis jetzt noch nirgends begegnet sind: Marko Kral und sein Bruder Bidar gingen einst zu den ^ana, weil sie gehört hatten, dass dieselben jedem die Gabe verliehen, um welche er sie bitte. Von diesen erhielt nun Bidar auf seinen Wunsch die höchste Schönheit, Marko Kral aber die grösste Stärke. Darauf gingen sie zusammen zu einer Hochzeit, und dort erhielt natürlich Bidar vermöge seiner grossen Schönheit nicht nur den Ehrenplatz, sondern auch das erste Glas Branntwein; darüber wurde Marko so zornig, dass er drei Gläser mit den Zähnen zer-biss, seinen Bruder wegjagte und dann die Wirthe sammt den Hochzeitsgästen todtschlug. Bidar überlebte sie aber nicht, denn er starb aus Schreck über den Zorn seines Bruders. Als die Flinte erfunden wurde, verlangte Marko Kral eine solche zu sehen und schoss sich damit durch die Hand, darauf sprach er: ich bin nicht mehr für diese Welt, und verschwand.

In Firza hielten wir im Hause des dortigen katholischen Pfarrers einen Rasttag, den ersten seit Komana, und bedauern nur, dass wir hier nicht länger geblieben sind, um uns noch besser in diese unbekannte Welt einzuleben. Die Kirche steht nebst dem Pfarrhause etwa zehn Minuten vom linken Drinufer auf einem kleinen Plateau, das an 100 Fuss über dem Flussspiegel liegen mag. Ihm östlich gegenüber mündet der Walbonabach, und der Leser kann mit uns weit in sein von Flachhügeln eingefasstes Thal bis dahin blicken, wo er die von Südosten herkommende Buschteritza aufnimmt. Der vereinte Bach macht hierauf zwei grosse Windungen nach Süd und Nord und verschwindet gleichsam zu unseren Füssen in den Drin, von dem wir nichts sehen können, wreil er hier den Höhenzug der rechten Thalwand durch­bricht, der ihm in der Urzeit vielleicht den Weg versperrte. Etwa mit uns auf gleicher Höhe liegt im nördlichen Mündungswinkel der äusserste katholische Pfarrort in östlicher Richtung, welcher mit seinem geistlichen Namen St. Veneranda, mit seinem weltlichen aber Ränja (spr. das η französisch) heisst.

Weiter hin mehr nach Süden dehnt sich ähnliches Flachhügelland bis zum Fusse des schöngeschnittenen Bastrik, der die Aussicht gegen Osten abschneidet. Wir möchten den Abstand des einzigen spitzen Gipfels, zu dem seine schönen Umrisslinien allmälig aufsteigen, von Firza auf sechs Stunden schätzen.

i) S. Albanes. Studien I. S. 161.

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Im grellen Gegensatze zu diesem ragen uns zur Linken, also gegen Nordost und Nord, die riesigen Sehneehäupter der Grasnitschberge mit ihren barock geschnittenen weissen Häuptern über niedrige Vorberge hervor. Uns etwas näher laufen die ebenso seltsam geform­ten, aber weit weniger gepuderten Gipfel der Nder Mainakette1) von Ost nach West; noch näher, und uns gerade gegen Norden stellt sich vor diese der mauerartige Rücken des Salza­zuges, welchen wir bereits als Nordwand des Drin kennen gelernt haben.

Wir sind während dieser Beobachtungen von einem Kreise ehrsamer Firzaner umgeben, und beginnen, nachdem wir uns zurecht gefunden, unser Verhör. Wie weit ist der Zusammen-fluss der beiden Bäche von hier? Antwort: Drei Stunden. — Das ist ja aber nicht möglich, ich meine diesen Punkt da gerade vor uns. Antwort: Den meinen wir auch, aber das zieht sich gar sehr; in dem Mündungswinkel zwischen beiden Bächen liegen die Reste einer alten grossen Stadt, die wir Kjutet nennen, von da bis Firza heisst's seien drei Stunden, gemessen hat es keiner von uns, denn in Firza existirt so wenig eine Uhr, wie auf sechs Stunden im Umkreis. AVenn es keine drei Stunden sind, so sind es vielleicht zwei, meinte ein Anderer, indem er mich fragend ansah. Der Leser mag aus dieser Probe die Lage des Geographen zwischen diesen uhrlosen Leuten beurtheilen , und hiernach abnehmen, welches Gewicht die weitere Angabe verdiene, dass dieWalbona 16 und die Buschtritza 12 Stunden weit von ihrer Mündung entspringt, denn um dieselbe geographisch darzustellen, mussten wir den Bach in der Spirale laufen lassen; eine andere Angabe verkürzt auch wirklich die erstere von 16 auf 10 Stunden. — Damals sprangen wir auf einen andern Gegenstand über, und bevor wir wieder den Faden aufgreifen konnten, erscholl der Ruf zum Essen, das Walbonaverhör wurde vertagt und ist es leider geblieben.

Bei Tische neckte ich Don Angelo, dass er uns immer nur in Gräben herumführe und auf den Anblick der beiden Grabenseiten beschränke, uns aber nie die Herrlichkeit seines Landes von einem hohen Punkte herab zeige. Da meinte er, wenn wir die beabsichtigte Reiselinie längs des Drin beibehielten, so würde ich auch nur den Graben des Drin und oft nicht einmal diesen zu sehen bekommen, denn derselbe sei stellenweise so unwegsam, dass der Weg sich eine halbe Stunde und mehr von ihm fern halte. Ferner würden wir auf der Strasse nur sehr langsam fortkommen, weil sich hier von nun an Dorf an Dorf reihe, wo wir überall auf­gehalten würden, überall Branntwein trinken und Trinkgelder hinterlassen mussten. Seiner Ansicht nach wäre es daher in jeder Hinsicht vorzuziehen, von hier ab den Bergweg einzu­schlagen, wo wir überall der herrlichsten Aussicht genössen, den Branntwein, die Trinkgelder und Aufenthalte sparten und dadurch sogar die Paar Stunden Umweg wieder einbrächten, die wir zu machen hätten. Der Weg sei der bequemste von der Welt; wenn wir'einmal oben wären, so ginge es ohne Unterbrechung auf den sanft gewellten Bergrücken zwischen Urwäl­dern bis zum höchsten Punkte der Umgegend, woselbst wir, wie auch schon vorher von vielen freien Stellen, ganz Dukadschin, Grasnitsch und Hassi zu unseren Füssen hätten.

Wir haben mit diesen Worten den Weg beschrieben, welchen wir am folgenden Morgen einschlugen; mühsam war er wirklich nur, bis wir auf den Kamm des Rückens kamen, den wir in zwei Stunden erreichten, da uns aber der Pfarrer und der Chef des Ortes ihre Maul-thiere gegeben hatten, so dass wir abwechselnd reiten konnten, so kostete selbst diese Strecke keine besondere Anstrengung. Auf den Piawra, der ersten Flachkuppe, welche wir erstiegen,

l) Streng genommen nder Maina: in der Maina.

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erhielten wir die erste Ahnung von dem Bau des Dukadschin. So schwer es auch war, sich in diesem endlosen Gewirr von wenig unter einander abweichenden Höhenzügen zurecht zu finden, so begriffen wir doch, dass ein etwa von Südost nach Nordwest ohne Unterbrechung streichender Höhenzug für die gleiche Richtung des Drin bestimmend war, bis er, wie Grise-bach richtig bemerkte, bei der grossen Stromschnelle wider das Hochgebirge anprallend, und sich nach Südwesten wendend, den Hebungsriss jenes ununterbrochenen Rückens, da wo sich derselbe zwischen Brisa und Toplana an das Hochgebirge lehnt, auswusch und zum Strom­bette zurecht machte. Dieser Rücken hat je nach den Gliedern, in die er zerfällt, nicht weniger als fünf verschiedene Namen: Gurri i Merturit oder der Stein von Merturi, dann das Gebirge von Strami, der Piawra, der Kuin i si (d. h. der schwarze Keil) und Kunore Därese (die Krone von Därda), der höchste Punkt ist ein breiter Plattgipfel, mit dem der Zug gegen Süden abschliesst; sein Südhang stürzt nämlich jäh in das Goskathal, in welchem die Strasse von Skodra nach Prisrend läuft, und giebt mithin die Nordwand dieses Thaies ab.

Welch' herrliche, unermessliche Urwälder von Eichen und Buchen, und wie schön ver­steht die Natur sie zu ziehen! Wir kamen namentlich durch Buchenbestände, welche der beste Forstmann nicht besser hätte anlegen können. Die Eiche reicht bis zum Flusse herab, aber schon bei 1000 Fuss Meereshöhe stellt sich die Buche ein und nimmt in dem Grade zu, als die Eiche abnimmt; wir kamen an Buchenbeständen vorbei, die näher an 3000 als an 2000 Fuss hoch lagen; doch sah man es hier den Bäumen, namentlich an ausgesetzten Plätzen, an, dass sie nicht mehr an der rechten Stelle standen. Fichten und Tannen begegneten wir mehr ein­zeln oder kleine Gruppen bildend, als in grossen Beständen, doch kann dies Zufall sein, jedenfalls waren wir hoch genug dazu. Man hat uns viel von den ungeheuren Tannenwäldern erzählt, welche die Thäler und Hänge des albanesischen Alpenstockes überzögen, und wir zweifeln nun nicht mehr an deren Dasein. Denn der Augenschein lehrte uns hier an die Urwälder des Dukadschin und der Fandi und Matjaländer glauben, deren Schilderung wir früher, durch unsere Kenntniss so vieler Waldgegenden der Halbinsel scheu gemacht, mit innerlichen Fragezeichen begleitet halten. Ja hier kann man noch ohne Übertreibung von tagereisegrossen von der Axt unberührten Wäldern reden. Wir vermeiden das Wort Urwald, wegen seiner grossen Unbestimmtheit, und weil es hier, im strengen Sinne genommen, falsch angewandt sein würde; denn wenn auch der Mensch hier den Wald nicht bekriegt, so hat er doch zwei andere mächtige Feinde, das AVeidevieh, welches so manche Baumpflanzen in ihrer Jugend verkrüppelt, und das Feuer, welches in längeren und kürzeren Zeiträumen für einen gründlichen Abtrieb sorgt. Uberhaupt aber ist das Klima zu trocken, um die Baument­wickelung in dem Grade zu begünstigen, wie bei uns. Wir sahen sehr schöne Eichen und Buchen, aber es fand sich kein Stamm darunter, welcher sich mit unsern Mustereichen oder Musterbuchen sowohl im Alter als Entwickelung vergleichen Hesse. Welche Holzmassen! welche Werthe verfaulen hier jährlich ungenutzt auf dem Stamme! dass dies noch heute in unserem holzarmen und gewerbreichen Europa möglich sei, ist eine fast unglaubliche That-sache. Aber, erwidert man vielleicht, diese Schätze mögen allerdings vorhanden sein, doch wie sollen sie aus der Wildniss ohne Weg und Steg, wie du sie selbst schilderst, zur Verwer-thung gebracht werden? Statt der Antwort weisen wir einfach auf Gewässer des Landes, denn so fest es auch steht, dass der Drin kein schiffbarer Fluss ist, eben so fest sind wir über­zeugt, dass er von der Verbindung der beiden Drins zu einem Strome bis zum Meere für die grössten Eichenblöcke den grössten Theil des Jahres durchflössbar sei, ohne dass es irgend

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einer besonderen Vorbereitung hierzu bedürfte, und vielleicht reicht eine geringe Anzahl Sprengschüsse hin, um ihn auch für kleinere Flösse wegsam zu machen.

Der Fluss durchläuft aber diese Strecke nicht in einer geraden Linie, sondern beschreibt einen grossen Bogen gegen Norden. Die Länge dieser Bogenlinie von dem Zusammenflusse der beiden Drins bis nach Komana beträgt nach unserer Schätzung etwa 14 türkische Stunden und die Bogenhöhe über 5 türkische Stunden. Noch mehr — der Drin umfliesst in diesem Bogen das Quellgebiet des grossen Fandi, welches tief in denselben hineinreicht. Sobald daher einmal die Forstnutzung in diesen Gegenden zur Entwickelung kommt, wird es hier gar manchen Bücken geben, von dessen Südseite das Holz den Fandi und von dessen Nordseite es den Drin abwärts schwimmt. Wir betrachten daher die Feststellung dieser Quellen auch für die nützlichste Frucht dieser Beise. Es sind freilich keine Nilquellen, sie sprechen nicht zur Einbildungskraft; sie liegen uns dafür um so viel näher und werden daher für unsere Nach­kommen von praktischer Bedeutung sein.

Als wir an diesen Quellen vorübergingen, hatten wir leider keine Ahnung von ihrem Dasein, denn wer konnte sich träumen lassen, dass hier der grosse Fandi entspringe, dessen Quelle unsere Karten 12 Stunden tiefer nach Süden und kaum 3 Stunden von dem Rinnsal dos schwarzen Drin verlegen. Wir entdeckten dieselben erst allmälig von Syra aus. Den ersten Anlass gab der apostolische Präfect von Lurja, welcher mich mit meinen nach unseren Karten eingerichteten Fragen nach der Quelle des grossen Fandi sogar 16 Stunden weit nach Norden verwies. In dieser Gegend fand ich auch wirklich eine Lücke in dem Wassersysteme meiner Karte, ich schickte daher eine Reihe von Fragen an Don Angelo, deren Ergebniss wirklich die Quellen des grossen Fandi 2 bis 3 Stunden nördlich von der Strasse in diese Lücke eingliederte. Dieser Umstand nöthigte mich die genannte Strasse in meine Arbeit ein-zubegreifen, und es ist ihr daher im geographischen Theile ein besonderer Abschnitt gewidmet worden. Die Pforte hat seit dem Jahre 1856 ein unbedingtes Verbot gegen die Ausfuhr von Werk- und Schiffsbauholz aus ihren Staaten erlassen und dasselbe seitdem mehrmals wieder­holt. Diesem Verbote dürfte der Zweck zu Grunde liegen, die Küstenwälder der östlichen Levante vor gänzlicher Ausrottung zu schützen, und wirklich bleibt dort nur die Wahl zwischen dieser oder einer wissenschaftlicheren Beforstung. Doch gilt ja keine Regel ohne Ausnahme. Jener Zweck könnte sehr wohl erreicht werden, ohne dass darum in einem andern Theile des Reiches Millionen von Werthen im wahren Sinne des Wortes zu verfaulen brauchten. Wir wüssten nicht, welche vernünftigen Bedenken der ausnahmsweisen Freigebung der Holzaus­fuhr von der albanesischen Küste, gegen einen entsprechenden Ausfuhrzoll, geltend gemacht werden könnten. Wenn dieses Gefälle ausnahmsweise von der Regierung besonders verpachtet würde, so dürfte sich dadurch dem Staatsschatze eine neue directe Einnahmsquelle eröffnen, und noch weit grösser würde der Vortheil für jene armen Provinzen sein, in welchen die Menschen müssig neben dem einzigen Schatze zu stehen verurtheilt sind, welchen ihnen die Natur gewährt hat.

Die Pforte bezieht aus allen jenen Gegenden so gut wie gar kein Einkommen, denn des Ackerbodens ist dort nur wenig und der Wald kommt nicht zur Verwerthung, daher sind die Einwohner arm wie die Kirchenmäuse und für den türkischen Staatsschatz vollkommen unpro-ductiv. Erlaubt man ihnen aber diejenigen Werthe flüssig zu machen, mit welchen die Natur sie beschenkt hat, so wird ein erklecklicher Theil der Summen, welche sie dadurch vom Auslande in das Reich bringen, auf indirectem Wege der Staatskasse zufliessen, und wäre dies zunächst

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nur der Zoll für ihren Mehrverbrauch an eingeführten Waaren. In den albanesischen und bosnischen Wäldern steckt Holz genug, um für Jahrhunderte den Bedarf sämmtlicher Flotten der Welt zu liefern. Einstiger Holzmangel stände also aus der Eröffnung der Holzausfuhr aus Albanien nicht zu befürchten, und die Pforte könnte durch dieselbe ohne irgend einen erkleck­lichen Schaden in jeder Hinsieht nur gewinnen.

Auf dem Piawragipfel erlabten wir uns an Heidelbeeren, welche auf albanesisch boronitza heissen, — ein langentbehrter Genuss, doch war ihre Erntezeit bereits vorüber, und für uns waren nur die letzten Nachgeborenen übrig. Hier genossen wir auch zum ersten Male des freien Uberblickes über die Südansicht des albanesischen Alpenknotens, von welchem zu reden hier noch zu frühe wäre. Wir zogen bald in südlicher, bald in südwestlicher Richtung auf dem meist flachen Kamme des Rückens, mehr durch Wälder als durch Blossen weiter, bis uns auf einer dieser letzteren Soliman Bei seine Heimath Ibalja zeigte. Wir waren kaum % Stunden von dessen Hauptviertel entfernt und hatten die kleine ebene Mulde, in der es liegt, tief zu unseren Füssen; diese mag etwa 3/ 4 Stunden westöstliche Breite haben, und eine etwas längere nordsüdliche Länge. Sie gilt für den weitaus fruchtbarsten Strich des Dukadschin. Fast in ihrer Mitte erhebt sich ein kleiner Hügel, der uns, von hier aus gesehen, wie ein Maulwurfs­haufen erschien, und darauf steht der stattliche Thurm Soliman Bei's, der aber leider, weil er frisch umgebaut ist, ein sehr modernes Aussehen hat, dabei die Moschee mit einem kleinen Minaret, unweit davon die Kirche und rings umher einzelne Häuser und Gehöfte. Von unserem Standpunkte gruppirte sich das Ganze nicht unmalerisch.

Das Dorfgebiet von Ibalja zählt im Ganzen 65 katholische und 20 muhammedanische Häuser und gehört zur Pfarrei Firza. Die Ibaliner und ihre nächsten Nachbarn nennen das geschilderte Hauptviertel Kjudat, d. h. Stadt, und nach Don Angelo's und Soliman Bei's übereinstimmender Aussage sind dort noch bedeutende Beste von Grundmauern vorhanden, die jedoch aus Kalk- und Bruchsteinen bestehen.

Wir hätten auch ohne diese Reste nicht gezweifelt, dass, so lange in diesen Bergen Men­schen wohnen, diese kleine Mulde ein Hauptcentrum für ihr Gesammtieben gebildet habe; doch was dieses auch an Leiden und Freuden geboren haben mag, es liegt Alles verdeckt unter dem Schleier unbedingter Vergessenheit. Soliman Bei wusste nichts davon zu erzählen und meinte, dass er, wenn man üserhaupt noch etwas wüsste, davon sicher gehört haben müsste; doch nein, er wüsste doch etwas von der Vergangenheit des Ortes. Ihm zu Folge war nämlich Skanderbeg hier geboren, von diesem aber weiss man nur, dass er ein grosser Kriegsheld war und eines Tags seine sämmtlichen Nachbarn zu einem grossen Gastmahle zusammen lud, und dass er sie, als Keiner mehr fehlte, binden und tödten liess und hierauf das ganze Land als alleiniger Herr beherrschte.

Da wir bereits so viel von der Flucht Skanderbegs vor übermächtigen Feinden gehört haben, so wäre es nicht undenkbar, dass sich hier in Ibalja die sonst vergessene Fortsetzung der Dietrichs-Odysseus-Sage von der endlichen siegreichen Rückkehr des Flüchtigen erhalten hätte. Um jedoch hierüber etwas Sicheres sagen zu können, bedürfte es noch grösserer Ein­zelnheiten über jenes Gastmahl und dessen Motive. Möge der Reisende, welcher Ibalja besucht, nicht unterlassen, nach diesen Umfrage zu halten.

Wir übernachteten an der Kroni Schkjaut, d. h. der Quelle des Slaven. Auch nach dem Anlass zu dieser Benennung erkundigten wir uns vergeblich, die Albanesen sind einmal schwache Historiker. Es war dies trotz des grossen Feuers, das wir unterhielten, ein sehr

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irisches Nachtlager: wir erhoben uns daher bei dem ersten Dämmerlicht und brauchten geraume Zeit und grosse Quantitäten Kaifeh, um uns wieder zu erwärmen. Bei gewohnter Stallfütterung hätte eine solche Erkältung gewiss die ernstesten Folgen gehabt, hier hinterliess sie nicht einmal ein Unbehagen. Wir zogen rasch durch die Waldesfrische dahin und kamen schon gegen acht Uhr auf dem Hügel der Krone von Darda an, welcher richtiger ein gewelltes Plateau genannt werden durfte. Hier hatten wir wirklich nach allen Seiten freie Umschau, im Osten der S'-har und der Baschtrik, im Norden die Albaneser Alpen, im Westen derKrrabi und im Süden Mireditia und Matja bis zu der Skanderbegkette. Wir orientirten uns nach allen Seiten, so weit die Ortskenntniss unserer Begleitung ausreichte, nicht ohne öfteren Anlass über deren Unbestimmiheit und geringen Umfang verdriesslich zu werden. Um den Leser nicht durch allzugrosse Details und Wiederholungen zu ermüden, wollen wir jedoch die Lust­tragenden über die Ergebnisse dieser Rundschau einfach an die entsprechende chorographische Abtheilung verweisen und uns hier mit der Bemerkung begnügen, dass, so weit auch der Blick nach Norden reicht, er nur auf Bergreihen stösst, welche westöstlichc Richtung haben. Der Beobachter kann von hier aus durchaus nicht errathen, in welcher Weise dieser Süd-theil der Albaneser Alpen mit deren Mittelpunkt, dem von Ami Bou6 entdeckten Knoten, zusammenhänge. Grisebach, welcher deren Anblick von einem etwa sechs Stunden westlicher gelegenen Standpunkt beschreibt, war in dieser Hinsicht mit uns in gleicher Lage. Doch war die unsere insofern günstiger, als sich von hier aus gesehen, das, was Grisebach nur als Eine Kette erschien, sich in drei hintereinander q-ele ene auflöste.

7 Ο Ο

So grell auch der Gegensatz war, indem die wunderlichen Glockengipfel der Ndermaina-kette dicht nebeneinander über den fast liniengeraden Kamm der Salzakette hervorsahen, so schweifte der Blick doch stets wieder zu jenen Gletscherreihen hinüber, weil uns das, Avas

wir von ihnen hörten, noch viel merkwürdiger vorkam, als was wir sahen. Der Leser denke sich diese drei Riesengipfel, von denen wir hier so gut, wie wir es eben verstehen, die Umrisse vorlegen, mit einer dichten Schneedecke überzogen; Alles ist weiss an ihnen, und das Fern­rohr zeigt kaum hie und da dunkle Punkte in denselben. Als ich Don Angelo über diese Erscheinung befragte, behauptete er, dass weder Eis noch Schnee dort zu finden sei, dass diese Berge Jahr aus Jahr ein genau dieselbe Färbung zeigten, und dass er nichts anderes wisse, als dass sie eben ganz aus weissen Felsen bestehen, etwa von der Art, wie der von Brisa, die ich ja selbst gesehen; dieser aber sei durchaus nicht erdig, sondern gehöre zu den härtesten Steinarten, die er kenne. Ich erinnere mich, namentlich solche schneeweisse mächtige Fels­bänke, zwischen anderen eingelagert, an den südlichen Vorbergen des ungeheueren Nidge (Kaimak Zolan) bemerkt zu haben, welcher den ganzen Zwischenraum zwischen dem See von Ostrowo und der Tscheriia (Kaimak Dere) ausfüllt. Aber was bedeuten diese wenigen Schichten gegen solche Riesenmassen! Darum wollte mir auch Don Angelo's Auskunft nicht zureichen, ich trug ihm deshalb auf, dass er die erste Gelegenheit nicht versäumen solle, sich über diese Fragen von einem Einheimischen Aufschluss zu verschaffen, und dem zu Folge schrieb er mir, dass diese Berge nicht nur ganz aus schneeweissem Steine bestehen, sondern auch grosse Strecken in ihren Thälern mit ewigem Eis und Schnee Jahr aus Jahr ein bedeckt seien. Ist dem nun wirklich so, so wären die Gletscher von Grasnitsch die südlichsten in Europa.

Hier mögen einige Notizen über mehrere längs des Drin wohnende Stämme folgen, welche ich in Firza niedergeschrieben. Zu einer erschöpfenden Schilderung des gesammten Stamruwesens des Dukadschin konnte ich es leider nicht bringen, die zwischen den hierüber

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bei einzelnen Gelegenheiten eingestreuten Bemerkungen noch vorhandenen Lücken dürften jedoch nicht bedeutend sein.

Firza wird von dem Stamme der Tatschi bewohnt, sie zählen zusammen 400 Häuser und zerfallen in vier Hauptgeschlechter, welche nach den Namen ihrer vier Hauptfamilien benannt werden, sie heissen Butscha'i, GegaW Bobi (Popen) und Brengatschi, bilden zusammen ein Bairak und erstrecken sich längs des Südufers des Drin. Die Merturi sind weit zahlreicher, sie wohnen an beiden Ufern des Drin. Ihre Hauptdörfer sind St. Sebastiana, Salza, Paltschi, Kotezi, der Pfarrort Ranja (St. Veneranda). Sie liegen am Nordufer, also ausserhalb des Dukadschin im engeren Sinne, und unterstehen dem Administrativbezirke von Djakowa. Am Siidufer gehört zu ihnen alles, was zwischen Merturi, Gurrit und Apripa wohnt, diese Dörfer mitgerechnet. Die Grasnitsch und die Gasch theilen sich in das Gebiet der Walbona. Sie sind durchwegs Muhammedaner und betrachten sich als Blutsverwandte; denn beide leiten sich von dem westlicher von ihnen sitzenden christlichen Stamme der Nika'i ab, indem sie erzählen, dass Nik zwei Söhne gehabt habe, den Gras und den Was; weiteres fiber ihre Stammsage konnte ich in Firza nicht erfahren. Die Grasnitsch haben 400 Häuser, welche in 4 Viertel zerfallen und ein Bairak bilden. Sie reichen bis zum Nordufer des Drin. Die Gasch zählen 500 Häuser und zerfallen in 2 Bairak, die Schipscha'i und die Barda'i. Zu den letzteren gehört unser Reisegefährte Don Angelo Bardi. Er weiss jedoch nichts Näheres über die Genealogie seines Stammes und erinnert sich überhaupt nur folgender Familiensage: Sie ist so bekannt, dass man sogar ihre Jahreszahl anzugeben weiss. Es sind nämlich 306 Jahre her, 1557, dass ein Bardai Häuptling von ganz Gasch war. Dieser hatte ein junges Weib, welches so schön war, dass der Pascha von Ipek ihrer begehrte und dem Manne kein Hehl daraus machte. Der Häuptling bat ihn, dass er wenigstens die Ehre4seines Hauses schonen solle, und wenn er das thue, wolle er ihm sein Weib selbst zuführen; der Pascha möge in einer bestimmten Nacht sein Gefolge entfernen und er werde ihm selbst die Thür öffnen, wenn er anklopfe. Der Pascha ging in die Falle und erhielt statt der Schönen eine Kugel durchs Herz. Der Häuptling aber flüchtete unter den Schutz des Paschas von Skodra, welcher herkömmlicher Weise schlecht mit Ipek stand, und seit dieser Zeit wohnt sein Geschlecht in Skodra.

XVIII. Spasch.

Wir stiegen von der Kunore durch herrliche Waldhänge in das Thal der Goska hernie­der, in welchem die Strasse von Skodra nach Prisrend läuft, und erreichten kurz vor Mittag deren nächsten Han, welcher seit unvordenklichen Zeiten den Namen der Han des Lahmen — Han i Sakatit — heisst. Hier hörten wir, dass Dr. Szekely bereits vor drei Tagen glück­lich durchgekommen sei, und hatten nun eine Sorge weniger. Auch fanden sich alsbald frische Pferde, auf denen war unmittelbar nach dem Frühstück gegen Prisrend zu weiter ritten. Zwei Stunden ging es noch das Waldthal der Goska abwärts bis zu deren Mündung in den Drin.

W i r haben bereits anderwärts 1) nachgewiesen, dass hier die Distanzenangaben der Peutinger'schen Tafel von Nissa an gerechnet die römische Station von Creveni genau an die Mündung der Goska verlegen, und wir können die dort angedeutete militärische Bedeutung

*) Reise von Belgrad nach Salonik. S. 232.

k*

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dieses Punktes noch durch die Bemerkung unterstützen, dass bei dieser Mündung noch heut zu Tage die Strasse von Skodra nach Diakowa und Ipek den Drin kreuzt. Gegenüber von der Goska mündet nämlich die Gruma in den Drin, in dessen Thal die erwähnte Strasse läuft, der Furtpunkt ist mithin von der Natur selbst vorgeschrieben.

Die einzige Zwischenstation der Peutinger sehen Tafel von Creveni bis Lissus ist ad Picaria, welche 30 Meilen von beiden Punkten abliegt. Das heutige Puka, welches auf einem centralen Plateau der Tribuniberge liegt, fällt nun wirklich genau 10 türkische Stunden oder 30 römische Meilen von der Mündung der Goska; doch rechnet man von Puka bis Lesch 12 Stunden, wenn dies richtig, so wäre freilich die heutige Entfernung um 6 römische Meilen grösser, als die der Peutinger'schen Tafel. Gleichwohl scheint uns für die Identität von Puka und ad Picaria nicht nur die Namenähnlichkeit zu sprechen, sondern auch der Umstand, dass Puka auch heut zu Tage der Sitz des Regierungschefs von Dukadschin ist, bei dessen Wahl wohl nur die militärische Zweckmässigkeit massgebend gewesen sein dürfte. Unsere Fragen nach alten Bauresten in der Umgegend von Puka oder Spasch-Han waren erfolglos. Doch erblickten wir dem Han gegenüber auf einem hart am nördlichen Ufer fast senkrecht aufstei­genden Felsriif aus Serpentin1) die rohen Trümmer einer Burg. Wir gingen dieselbe, wir möchten sagen Stein für Stein mit dem Fernrohre durch, konnten jedoch nirgends einen alten behauenen Stein daran entdecken, und damit stimmten auch die Versicherungen der Einge­borenen , dass dort überhaupt kein einziger behauener Stein zu finden sei und die Mauern nur aus Bruchsteinen bestünden.

Diese Burg wird als eine Gründung von Lesch Dukadschin angesehen und nach ihm benannt. Wer war aber dieser Dukadschin? Er war der Herr dieses Landes und zugleich dessen Gesetzgeber, denn er hat den Kanuni Dukadschinit verfasst, d. h. die Satzungen, nach denen sowohl wir Dukatschiner, als die nördlich vom Drin wohnenden Malisor (Hochländer) bis auf den heutigen Tag leben. Das ist aber schon so lange her, dass wir nicht einmal die Geschlechterzahl angeben können, auch wissen wir nicht mehr, ob dieser Lesch der erste seines Stammes oder der Sohn eines Fürsten war. Wer kann aus so alten Zeiten noch etwas wissen? Da sagte Don Angelo: „Ich weiss doch noch eine Geschichte von ihm, sie sagt zwar nicht, wer sein Vater war, sie nennt aber dessen Brüder Palil oder Pal und Koka. Lesch fürchtete sich vor deren Nachstellungen, und liess daher beide greifen, blenden und ins Gefängniss werfen. Lange Jahre nachher brachen die Türken ins Land ein und kamen auch vor die Festung, da sahen sie, dass ihr durch Gewalt nichts anzuhaben sei, sie umstellten sie also und bemühten sich fort und fort, sie immer enger einzuschliessen. Als sich nun Lesch in grosser Noth befand, liess er seine beiden Brüder aus dem Gefängniss vor sich bringen und befragte den Palil, der im Rufe grosser Weisheit stand, wie er es anfangen müsse, um sich aus den Händen der Türken zu retten, der Blinde verweigerte ihm aber jeden Rath.. Da liess Lesch die beiden wieder ins Gefängniss zurück führen, stellte aber einen Lauscher neben dasselbe, und nach einer Weile fragte Koka dgn Palil: Weisst du wirklich keinen Rath, oder wolltest du ihn nur nicht sagen, um dich an Lesch zu rächen? Darauf erwiderte Pal: er braucht nur sein Pferd verkehrt beschlagen zu lassen, so kömmt er durch, aber er soll hier mit uns zu Grunde gehen. Als Lesch den Rath erfuhr, befolgte er ihn, und entkam durch diese List.

J) Grisebach II. S. 344.

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Wir sind bei den Matjanern der Formel von der glücklichen Flucht eines Reiters vor seinen Feinden zweimal begegnet, das eine Mal war sie auf Skanderbeg, das andere Mal auf Qog, den Stammvater der Qogolj, frisch abgelagert; hier finden wir sie nun mit dem Stamm­helden der Dukadschin in Verbindung gebracht und mit einem Zuge von List verbunden, den wir bereits in den Homerischen Hymnen mit Hermes und in den Veden mit Saramejas ver­flochten finden. Wir können diesen letzteren Zug noch einmal auf der Halbinsel nachweisen. Man erzählte uns nämlich vor vielen Jahren von der alten Burg von Sellasia in Lakonien, dass dort vor Zeiten Menschenfresser gehaust hätten, die so reich waren, dass sie ihre Pferde mit goldenen Hufeisen beschlugen. Ihrer Frevel müde, that sich einst das ganze Land zusammen und belagerte sie in ihrer Burg. Als die Menschenfresser sahen, dass sie diese nicht länger halten konnten, schlugen sie ihren Rossen und Mäulern die Hufeisen verkehrt an und entkamen so glücklich mit allen ihren Schätzen aus dem Lande. Ihr Goldreichthum erinnert an die eddischen Riesen. Aber so weit wir die Sage bis jetzt auf der Halbinsel nachzuweisen ver­mögen, beschränkt sie sich auf den Zug der Flucht, und von glücklicher Rückkehr ist nirgends die Rede. Übrigens behaupten die Einen, dass Lesch Dukadschin in dem Schlosse am Drin, Andere aber, dass er in Ibalja seinen Sitz gehabt habe.

Das Drinthal von Spasch-Han aufwärts bis zur We^r-Brücke bietet keinerlei Merkwür­digkeiten dar, doch soll es offener und freundlicher sein, als von Spasch-Han bis Firza; denn auf der letztgenannten Strecke erweitert sich der steile, oft unzulängliche Graben des Drin nur einmal zu einer nach ihrem Hauptdorf Darda genannten kleinen Ebene von etwa V/2 Stunden westöstlicher Breite zu beiden Seiten des Flusses, etwa eine Stunde stromabwärts von Spasch. Sonst aber ist das Flussthal trotz der vielen von dem Westrücken, den wir begangen haben, in dasselbe mündenden Seitenthäler so eng und steil, dass die Dörfer keinen Platz darin finden, sondern meist eine halbe Stunde und mehr vom Fluss zurück liegen.

Wir kamen nicht bis zur We^r-Brücke, wie wir gewünscht hatten, sondern mussten eine Stunde früher einkehren, und als wir am andern Morgen dort ankamen, fanden wir ein kleines Dotachement Husaren und Gensdarmen unter dem Polizeicommissäre von Prisrend vor, welches schon seit mehreren Tagen auf uns wartete und uns den Drin hinab Ordon­nanzen entgegen geschickt hatte, die uns aber natürlich verfehlten. Hier sahen wir die ersten Proben der neuen grossherrlichen Gensdarmerie, welche ganz auf europäischem Fusse eingerichtet ist, und wünschen dem Lande Glück zu diesem Fortschritt, für dessen Tragweite man in Europa kein Urtheil haben kann, weil dort jede Vorstellung von dem Geiste fehlt, welcher in den alten Polizeicorps herrschte. Wie kann man verlangen, dass unter einem solchen Drucke von Corruption und Brutalität volksfreundliche Gefühle für die Regierung entstehen sollen? Darum begrüssen wir diesen Anfang einer neuen Aera in den Beziehungen der Regierung zu dem Volke mit wahrer Freude. Man erwidere nicht, dass der Unterschied nur darin bestehe, dass die alten Menschen in neue Kleider und neue Cadres gesteckt worden seien, denn wir haben unser Leben durch die Wunder zu beobachten Gelegenheit gehabt, welche die allmälige Umkleidung in den Einzelnen und Körper­schaften hervorrief, denen sie angehören. Jeder Grieche, welcher zum ersten Male in fränkische Hosen schlüpft, zieht damit auch einen neuen Menschen an. Die Uniform der neuen türkischen Gensdarmen ist recht kleidsam, ein dunkelblauer, faltiger Waffenrock mit Silberknöpfen und weite Hosen derselben Farbe ohne jeden bunten Besatz. Diese grosse Einfachheit macht sich selbst beim gemeinen Mann sehr elegant und hebt die Gestalten,

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indem sie, nirgends von bunten Linien durchschnitten, vom Auge stets als Ganzes aufgefasst werden muss.

Beim We^r-Han führt eine mächtige Brücke 1) von 18 Bogen, verschiedener Grösse, bergauf bergab über den Fluss, deren Fundamente uns sehr alt zu sein schienen. Sie steht auf einer quer durch den Fluss laufenden Felsbank, welche wahrscheinlich erst vom "Wasser bis zu ihrem heutigen Niveau ausgespült worden ist, so dass in der Urzeit die beiden Drin viel­leicht in einem See zusammenflössen.

Die Brücke steht am untern Ende einer halbstündigen Enge, in welcher der Weg auf dem rechten Flussufer läuft. Er liegt am oberen Ende hoch genug, um von ihm aus das kleine, ebene, gleichseitige Dreieck zu übersehen, in welchem der schwarze und weisse Drin zusam-menfliessen. „Hier erblickt man aus der Enge hervortretend Wiesen und Maisfelder. Ostlich erhebt sich der hoehmächtige Kamm der felsigen Jalitzakette; westwärts liegen die wald­bedeckten Ausläufer des Bastrik, der mit diesen sein Ende erreicht; nach Westen und Süden steigt die Landschaft zu 000 bis 1000 Fuss hohen Hügeln an. Zwischen diesen und der Jalitza sieht man in das Thal des schwarzen Drin und erkennt in ihm eine deutliche Fortsetzung des weissen Drinthales. So gehen die drei Spitzen der dreiseitigen Fläche in drei enge Gebirgs-thäler über 2 )."

• Dies Dreieck wird nach dem an seinem Nordrand gelegenen Dorfe die Brut-Ebene (Fuscha Brutit) genannt. Die Strasse läuft an seiner nördlichen Seite bis zur Nordostspitze, d. h. bis zu dem Felsthore, aus dem der weisse Drin in die Ebene eintritt. Einige Minuten später kreuzt sie hart vor dem von Osten hermündenden Lumabache den Fluss auf einer alten Stein­brücke und gelangt sofort zu dem Thurm von Luma (Kula Lumese), welcher an dem linken Mündungswinkel der Luma in den weissen Drin steht und von einer ständigen Gensdarmerie-Abtheilung besetzt ist. Hart dabei schwebt die Lumabrücke, in einem einzigen Bogen, über dem schäumenden Bache. Dieser Thurm ist trotz der grossen Beschränktheit seiner Aussicht einer der reichsten Landschaftspunkte, denen wir begegneten; denn beide Engthäler sind mit Felsen und Wald verbrämt, und die von ihren vielen Stürzen schäumenden Wasser der Luma stehen zu dem ruhigen Spiegel des Flusses in schönem Gegensatze.

Der Lumabach ist schon von Anderen erwähnt, aber nicht nach Gebühr gewürdigt worden, denn er entspringt auf der Nordseite des Korab und hat daher eine Länge von wenigstens sechs Stunden. Soweit ich dies festzustellen im Stande war, fliesst er von Südost nach Nordwest durchweg in einem Längsthaie des Schar, wenigstens steht so viel sieher, dass er durchaus Östlich von der Kette der Jalitza und deren südlichen Fortsetzungen bis zum Korab fliesst. Denn er durchbricht die erstere erst eine Stunde vor seiner Mündung. Vor diesem Durchbruch soll das Thal breit und fruchtbar und der Weg durch dasselbe bequem sein. Dass aber dieses Bachthal sogar den Haupttheil des ganzen Landstriches bilde, möchten wir dem Umstände entnehmen, dass der gesammte Bezirk seinen Namen von demselben ent­lehnt, obwohl er westlich bis zur We^r-ßrücke reicht, folglich die beiden Ufer des unteren schwarzen Drin begreift. Hier grenzt er mit dem Bezirke von Mal i 91 zusammen, welcher das Südufer des vereinten Drin und das Thal der Goska begreift und in administrativer Hinsicht (nicht aber nach der Volksansicht) zu Dukadschin gerechnet wird. Wenn wir das

') S. die nähere Beschreibung dieser und der folgenden Brücke bei A. Boue, Turquie d'Europe, Theil II, S. 385. 2 ) Worte Grisobachs Tl. 3:35.

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sogenannte Montenegro als das erste albanesische „Sehwarzen Berg" annehmen, so wäre dies das zweite, und weiter südlich von demselben, der Stadt Diwra gegenüber, werden wir noch eine dritte Landschaft dieses Namens kennen lernen !). Als wir bei dem Thurme von Luma diese merkwürdigen Aufschlüsse erhielten, fragten wir: „aber wo fängt denn Diwra an?" „Acht Stunden südlich von hier, bei der Südgrenze von Luma." Diwra begreift nur die Süd­hälfte des schwarzen Drinthales, die Nordhälfte gehört zu Luma. Mit diesen Neuigkeiten stieg ich zu Pferde, und es dauerte einige Zeit, bevor ich denselben meine Landkarte anbe­quemt hatte.

XIX. Prisrend.

Wir Hessen durch das enge Flussthal des weissen Drin wacker auftreten, denn wir hatten noch sechs türkische Stunden bis Prisrend, und erfreuten uns dabei der dichten Laubschatten, die uns meist vollkommen vor der Sonne schützten. Grisebach hat dasselbe in jeder Hinsicht meisterhaft beschrieben, und wir können den Liebhaber um so mehr an ihn verweisen, als es keinerlei besondere Merkwürdigkeiten darbietet. Etwa 1V2 Stunden von Prisrend bogen wir östlich vom Flusse ab, kamen an zwei stattlichen Flecken mit städtischen Häusern, weiter hin an einer stark besetzten Gensdarmerie-Kaserne vorüber, überschritten den letzten von mehreren Hübeln einer unfruchtbaren Kiesebene, und befanden uns im Angesichte der grossen Stadt Prisrend, welche am Südende der sechs Stunden grossen Ebene liegt, deren nördlichen Berg­kamm wir durch die etwas dicke Abendluft nur schwer erkennen konnten. Dafür prangte die Stadt und die über ihr liegende Festung im Purpur und Gold der untergehenden Sonne. \Vir konnten uns aber dieses herrlichen Anblickes nicht mit der nöthigen Buhe erfreuen, weil eine mächtige Reiterschaar mit den Behörden und der gesammten Blüthe der Stadt jedes Glaubens und jeder Zunge auf uns zusprengte, um uns einzuholen.

An der Spitze war unser würdiger Consular-Agent Dr. v. Petelenz, ein geborener Ungar, welcher schon seit einer Beihe von Jahren in Prisrend residirt, und die Grösse seiner Begleitung legte das beredteste Zeugniss für die Art uud Weise ab, mit der er hier die Interessen des Kaiserstaates vertritt. Es waren über 150 Beiter, und unter diesen hatten wir auch das Vergnügen Herrn Dr. Szekely in bestem Wohlsein zu begrüssen.

Wir haben jedoch auch Herrn v. Petelenz für die liebenswürdigste Gastfreundschaft zu danken, welche wir unter seinem Dache genossen, und für die vortrefflichen Nachweise, welche er uns über Prisrend gab, und welche wir hier der Reihe nach folgen lassen. Wenn der Leser auch etwa den Namen der Stadt auf der Karte gelesen hat, so dürfte er wohl eben so wenig wie der Verfasser vermuth en, dass sie die grösste Stadt in Albanien ist und zu den Städten ersten Ranges der Halbinsel gehört. Denn von Larissa und Janrtina zu geschweigen, übertrifft ihre Volksmenge sogar die von Skodra und sehr wahrscheinlich auch die von Monastir.

Prisrend zählt nämlich nach der offiziellen Zählungsliste 11.540 Häuser, von denen 8400 Muhammedanern, 3000 griechischen, 150 katholischen Christen gehören. Dieselben werden im Ganzen von 46.000 Seelen bewohnt, unter diesen sind 36.000 Muhammedaner, 8000 grie­chische (Bulgaren und Wlachen) und 2000 katholische Christen. Die Bevölkerung soll in raschem Steigen begriffen sein, wozu ihre Erhebung zur Hauptstadt wesentlich beiträgt.

*) Ob der zwischen Prischtina und Kumanowa gelegene und nur von Albanesen bewohnte Bergstrich Karadagh von diesen nicht etwa auch Mal i ci genannt wird, konnten wir nicht erfahren.

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Bei der 1843 erfolgten Organisation des Ejalets wurde nämlich der Sitz des Gouverneurs von Skopia oder Skjüp, der alten Hauptstadt des Landes, nach Prisrend verlegt, sein alter Titel Ejalet von Üskjüp jedoch beibehalten. Dasselbe begreift die Bezirke von Kalkandele, Gostiwar, Skjüp, Komanowa, Palanka, Kratowa, Istip, Badowitj, Gilan, Pristina, Ipek und Jakowa. Prisrend ist die Residenz des Muschir; in Skjüp und Ipek residiren Kaimakane (Untergouverneure).

Die Stadt ist in 24 Viertel eingetheilt; sie hat 26 Moscheen, doch befindet sich darunter keine einzige in architektonischer Hinsicht bemerkenswerte; zwei griechische Kirchen und ein zu einer katholischen Kirche eingerichtetes Privathaus. An Schulen bestehen: 17 moham­medanische für Knaben und 9 für Mädchen und eine Eleinentar-Militär-Schule (Mekteb Rustio), eine von Legaten unterhaltene bulgarische und eine von Seiner Majestät dem Kaiser unter­stützte katholische: die letztere zählt gegenwärtig 26 Schüler.

Der hiesige Bazar zählt 1200 Buden. Man spricht hier türkisch, bulgarisch, albanesisch und wlachisch durcheinander, und die Mehrzahl der Einwohner ist dieser sämmtlichen Sprachen mächtig, da die einzelnen Nationalitäten nicht in getrennten Vierteln, sondern in buntem Gemisch durcheinander wohnen. Prisrend ist die Hauptwaffenschmiede der ganzen Halbinsel, seine Erzeugnisse gehen nach allen Theilen der Levante, doch vorzugsweise nach Serbien und Ägypten.

Das Klima der Stadt ist sehr veränderlich und im Ganzen streng, daher sich nicht blos der Fremde, sondern auch der Eingeborene vor plötzlichem Temperaturwechsel hüten muss. Wechsel- und gastrische Fieber, Nervenfieber, Rheumatismen, Schnupfen und Ruhr sind die vorherrschenden acuten Krankheiten, unter den chronischen überwiegen Skropheln und Wassersucht; auch venerische Krankheiten sind nicht selten. Die Knabenliebe herrscht hier namentlich unter der mohammedanischen Bevölkerung mehr als irgend sonst wo in Albanien, und bildet eine unversiegende Quelle von Eifersucht, Feindschaft, Händeln und Todtschlägen. Prisrend ist die Residenz eines katholischen Erzbischofs, welcher sich ebenso, wie das Ejalet nach Skopia, der früheren Hauptstadt des Landes, nennt. Ebenso residirt hier ein griechischer Erzbischof.

Das katholische Erzbisthum begreift aber nur 7 Pfarreien: 1. Prisrend, 2. Djakowa, 3. Ipek, 4. Qumbi, 5. Marturi, 6. Jannjewo, 7. Zera Gora1).

Das Strafgericht besteht aus einem Präsidenten und zwei Richtern, dasselbe entscheidet bis zu drei Jahren schwerem Gefängniss; in schwereren Fällen findet Appell nach Constan­tinopel statt, bei der Todesstrafe jederzeit2). Die Gefängnisse befinden sich im traurigsten Zustande und sind stets überfüllt, daher ereignet es sich nicht selten, dass die Untersuchungs­gefangenen gänzlich vergessen werden. Der Gefangene erhält täglich 3003) Dramm Brot.

Das Handelsgericht besteht aus fünf Mitgliedern. Grosse einflussreiche Familien giebt es nur wenige, und unter diesen sind wiederum nur

sehr wenige, welche sich ernstlich mit den öffentlichen Angelegenheiten der Provinz beschäf­tigen. Doch verdient in dieser Hinsicht Fetta Bei als rühmliche Ausnahme erwähnt zu werden.

*) Über diese beiden äussersten Vorposten der katholischen Kirche gegen Osten s. Reise vor Belgrad nach Salonik. S. 80 ff. -) Bekanntlich wird auch nach türkischem Rechte die Todesstrafe an dem Mörder nur auf Verlangen der nächsten Verwandten

des Gemordeten vollstreckt. 3) 400 Dramm machen eine Okka, und diese ist gleich 2 Pfund 9 Loth bairisch.

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Die Umgegend von Prisrend ist äusserst fruchtbar, sie erzeugt nicht nur alle Sorten von Getreide, sondern auch sehr vielen und guten Wein und eine grosse Menge von Vieh. Man rechnet, dass die 200 Dörfer der Ebene 5200 Ochsen und 100.000 Stück Ziegen und Schafe besitzen.

Der Bezirk von Prisrend zahlt als Steuern: 600.000 Piaster Getreidezehnt, 400.000 „ Viehsteuer,

1,200.000 „ Vergi, 50.000 „ Stempel.

Der Handel befindet sich ganz in den Händen der Christen. Der schlechte Zustand der ^trassenverbindung mit Skodra bewirkt, dass Prisrend grosse Quantitäten englischer Manu-facturen von Salonik bezieht.

Unter den Handwerkern nehmen die Gerber, Büchsen- und Waffenschmiede und Schneider die erste Stelle ein. Der meiste hier erzeugte Saffian wird nach Ungarn ausgeführt.

X X . Radomir.

Wie dünn in Prisrend die Leute gesäet sind, welche das schwarze Drinthal kennen, zeigte sich, als wir nach solchen suchten; denn es dauerte lange, bis wir zwei wlachische Töpfer auftreiben konnten, welche dort wenigstens bis zur Grenze von Diwra Bescheid wussten, indem sie das Thal öfter mit ihren Waaren durchzogen hatten. Von diesem Brüderpaare erfragte ich die Dörferreihe längs des schwarzen Drin, erhielt aber bei Zusammenrechnung der einzelnen Abstände ein alle übrigen Angaben weit übersteigendes Facit. Darauf nahm ich die Kiepert-sehe Karte zur Hand und fragte nach den dort enthaltenen Dorfnamen, die Leute wollten jedoch von keinem einzigen gehört haben, ich griff also zu einer türkischen Karte, deren Nomenklatur von der der Kiepert'schen Karte durchweg abwich, und hier wiederholte sieh die Erscheinung. Sie zeigte keinen einzigen der von den Töpfern genannten Namen, und die Namen der türkischen Karte waren wiederum den Töpfern vollkommen unbekannt. Wer hatte nun Recht? Noch unliebsamer aber war uns die Angabe, dass Radomir und das Schloss des Doda (Chalia Dodese) vier Stunden östlich vom Drin lägen. Von diesem Schlosse hatte man mir nämlich schon auf meiner ersten Reise erzählt, dass es auf einem unzugänglichen Felsen am Fuss des hohen Korab hinge und der Sitz des Derwen Agas sei, welcher zugleich für den tapfersten und gewaltigsten Mann der ganzen Landschaft gelte; und in der Umgegend seien viele Trümmer alter Kirchen und grosser Bauten. Ich hatte daher Hass Begu seit langem einen Besuch auf seiner Burg zugedacht. Als ich nun die Töpfer nach dem Felsen, den Zinnen und Zugbrücken von Chalia Dodese befragte, da schüttelten sie die Köpfe und meinten, dass sie zwar niemals dort gewesen seien, aber auch niemals von einer solchen alten Festung gehört hätten, ich liess mich aber durch diese Zweifel von dem gefassten Reiseplane nicht abwendig machen, um so mehr, als es von der Drinstrasse hiess, dass sie häufig von dem Flusse abspringe, um dessen Windungen abzuschneiden oder dessen allzugrosse Stellungen zu vermeiden, und ich erwarten durfte, dass uns der Weg nach Radomir in das Hochgebirge führen werde.

Wir verliessen am Nachmittag des 17. September Prisrend mit 12 Pferden und 2 berit­tenen Gensdarmen, welche von den Wachtposten längs des Weges nach Bedarf noch weitere

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Verstärkung mitnehmen sollten. Es wurde Nacht, ehe wir den zum Nachtquartier bestimmten Han erreichten. Wir kamen vom Wege ab, und hatten längere Zeit zu thun, ehe wir uns aus den, im sumpfigen Terrain stehenden Maisstoppeln und obligaten Wassergraben herauswinden konnten, in die wir gerathen waren. Ein solches Maisstoppelfeld ist eine wahre Spiessungs-anstalt für stürzende Pferde und Reiter.

Am folgenden Morgen (18. September) erreichten wir die Luma bei Zeiten, und ritten von da längs der Ostseite des Dreiecks der kleinen Brutebene auf einer wohl an 300 Fuss hohen Erdterrasse entlang; sie war aber so dicht bewaldet, das wir die Ebene nur hie und da zu sehen bekamen. Darauf traten wir in das Thal des schwarzen Drin ein. Der Fluss fliesst hier in einem tiefen Felsgraben, dessen Westmauer von einer von den Westbergen gegen die Jalitza zu springenden, senkrechten Felswand gebildet wird, welche die Teufelsbrücke (ure dialit) heisst. Wir hofften stets vergebens, dass sich der Weg zum Fluss senken werde, und erfuhren endlich, zu unserem nicht geringen Verdruss, dass derselbe das Flussthal gar nicht berühre, sondern auf einer der linken Uferwand ähnlichen Felsterrasse, welche den Fuss der Jalitza bildet, in nicht unbeträchtlicher Höhe über dem Fluss hinlaufe, und mehr und mehr von demselben ostwärts abweiche. Unsere erste Bewegung war umzukehren, dem widersetzten sich aber die Gensdarmen, indem sie meinten, dass wir das Gepäck nicht in die Enge mit­nehmen könnten, und zu wenig Bedeckung hätten, um dieses bis zum nächsten Dorfe sicher voraus zu schicken. Auch sei keiner von ihnen jemals in der Enge gewesen; wenn ich also auf meinem Vorsatze bestünde, so mussten wir erst in das nächste Dorf reiten und von dort Führer und Bedeckung requiriren, dann mussten wir uns aber auch entschliessen in dem elenden Dorfe zu übernachten, während sich zwei Stunden weiter eine recht gute Herberge finden würde. Als wir zu jenem Dorfe kamen, sah sich dasselbe so wenig einladend an, und brannte die Sonne so heiss, dass ich sehwach genug war, die Untersuchung der Teufelsbrücke meinen Nachfolgern zu überlassen, und zur grossen Genugthuung der Begleitung: „vorwärts u

sagte. Wir ritten noch zwei Stunden bis zu dem fast fleckenartigen Hauptviertel von Biza'i, wo man uns ein leerstehendes, zweistöckiges Haus als Herberge anwies. Das Benehmen der Dörfler war anständig, aber sehr zurückhaltend, besonders in Bezug auf Angaben über die Umgegend. Ich war in dieser Beziehung viel schlechter daran als bisher; Alles sprach nur diwranisch-albanesisch, und das ist kein leichtes, ich aber war, ohne Dolmetscher, nur auf meine eigenen Kräfte angewiesen. Ich befand mich den Leuten gegenüber etwa in der Lage eines Deutschen, der vor langer Zeit einmal theoretischen Unterricht im Französischen genossen hat, und nun mit französischen Bauern conversiren soll, die nur Patois sprechen. AVenn sie unter sich redeten, war es mir selten möglich, dem Faden der Conversation zu folgen. Wir hatten in Prisrend Zucker mitzunehmen vergessen, und machten uns darauf gefasst, denselben erst in Diwra wieder zu finden, aber siehe da, der Krämer von Bizai' führte den Artikel und nicht einmal zu übertriebenen Preisen; da verstanden sich die Dörfler besser auf das Schneiden, und Hessen sich für alle ihre Lieferungen doppelte Preise zahlen.

Überhaupt aber standen in diesen Gegenden alle Preise weit höher als wir sie bei ihrer Entfernung von dem Weltverkehre vermuthet hatten, und in Ochrida und Monastir lebt man billiger als am Drin.

Überraschend war uns schon in Biza'i die Fustanelle als Männertracht vorherrschend zu finden. Wir waren ihr zwar schon auf der Kirch weihe in Merturi und längs des Drin bis Prisrend begegnet, hier aber trat sie bereits als eigentliche Landestracht auf.

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Am folgenden Tage ritten wir in südlicher Richtung durch Hügelbildungen von dem Biza'ithale nach dem Puschteritzathale und erhielten bei dem oberen Viertel des weitschich­tigen Dorfbezirks von Umischte die erste Aussicht auf das breite, ebene Drin thai und dessen Westwand, d. h. den steilen Osthang der Matjaberge, welche uns von hier aus streng von Nord nach Süd zu laufen schienen. Sie verdienen den Namen Mal i 91, schwarzen Berg, den man ihnen weiter südlich giebt, schon hier im Norden, insofern man mit diesem Namen die Bedeutung der gänzlichen Unfruchtbarkeit verbindet, denn hier, wie dort, bilden sie eine steile Felsmauer, deren grossartig geschnittene Umrisse keine Spur von Vegetation zeigen. Nur an der untern Hälfte ihrer Böschung deuteten einzelne schwarze Streifen und Flecken auf das Dasein von Wäldern. In diesen Mauern zeigten sich nur zwei Grundlücken, durch die uns gegenüber liegende tritt der Baeh von Lurja aus dem Gebirge in die Drinebene. Der Ausgang des Lurjathales bietet ein seltenes Bild wilder grossartiger Zerrissenheit, wir konnten zwischen den coulissenartig vortretenden Felsenvorsprüngen in dasselbe hineinsehen. Es kam uns ziem­lich weit vor, und dürfte wohl seine Formen durch die Ausspülung seiner wagerechten Kalk­schichtungen erhalten haben. Vielleicht sahen wir bis zu der Wendung, welche der Bach vor seinem Eintritt in die Ebene gegen Osten beschreibt, denn vor dieser Wendung soll er von Süd nach Nord fliessen. Ein in gleicher Richtung laufender Nebenzweig der Hauptkette trennt sein enges schluchtenartiges Thal von dem des Drin; über dessen Rücken führt der Weg von dem Pfarrviertel von Lurja nach Radomir. Hier wurde uns die Entfernung dieses Viertels von der Bachmündung auf fünf Stunden angegeben; zugleich aber stimmten meine Begleiter darin überein, dass es von Lurja nur drei Stunden nach Orosch, dem Sitze des Miredittenchefs Bib Doda Pascha, sei, während es nach der genauen Wegbeschreibung des dortigen apostolischen Präfecten genau sechs Stunden davon liegt. *)

Lurja ist die östlichste Pfarrei des Erzbisthums von Durazzo und steht in administrativer Hinsicht unter dem Mudir von Matja.

Etwa drei Stunden südlich von dem Lurjathale zeigt sich die zweite Lücke in dem schwarzen Gebirge, durch welche der Bach von Qetta dem Drin zufliesst.

Wir überliefen diese Umrisse mehrmals mit dem Fernrohre, um nach Anzeichen von Doppelketten zu suchen, konnten aber nichts dergleichen finden. Unsere Begleiter hierüber zu fragen, konnte uns nicht beikommen, da wir nicht einmal im Stande waren durch deren Hülfe über die Namen der Hauptgipfel der ganzen Kette klar zu werden.

Wir hatten kaum in hellem Unmuthe über deren Unfähigkeit Umischte den Rücken gekehrt, um den das Thal der Puschteritza aufwärts führenden Weg nach dem Schlosse des Doda einzuschlagen, als sich uns ein Mann als Bairaktar des Bezirkes vorstellte und uns drin­gend in sein Haus einlud, das gar nicht weit von der Strasse liege, um wenigstens dort zu frühstücken. Er habe zwar erst vor wenig Augenblicken von unserer bevorstehenden Ankunft erfahren, und sei daher nicht auf einen solchen Besuch vorbereitet, aber er könne uns nicht unbewirthet an seinem Hause vorüberziehen lassen. Die Uneigennützigkeit solch gastfreund­lichen Gebahrens in Diwra vorauszusetzen, konnte uns nicht beikommen; der Mann musste also etwas von uns wollen, und dieser Verdacht hätte allein schon hingereicht, um sein Ansinnen auf das Bündigste abzulehnen, weil unser heutiges Reiseziel Radomir keinen

Doch wäre es denkbar, dass die Lumaner unter meiner Frage nach Orosch die Grenze des Beiraks und nicht jene Residenz verstanden, welche hierlandes öfter Warosch als Orosch genannt wird.

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längeren Aufenthalt erlaubte. Als der Mann sah, dass er nachgeben musste, sagte er, du gehst also nicht nach Lurja, um den Pfarrer zu besuchen. Das ist schade, denn ich würde dich dahin begleitet haben.

Bist du ein Freund von ihm? Das nicht, aber eines seiner Pfarrkinder hat mir vor vier Monaten meine drei mit Salz

beladenen Pferde von der Strasse weggefangen. Den Knecht liess er nach einer Woche wieder laufen, da er sah, dass für den kein Lösegeld zu erreichen war, aber das Salz hat er behalten und die Pferde dazu, und alle Fürsprache meiner Freunde war bis jetzt vergebens; das Salz wollte ich verschmerzen, wenn ich aber meine Pferde nicht wieder kriege, bin ich ein geschlagener Mann.

Hast du dich also vergebens an Seid Bei (den Mudir von Matja) und an Bib Doda Pascha gewandt?

Ach! die Lurjaner kümmern sich nicht um den Mudir, und wenn du an Bib Doda denkst, so zeigt das, dass du fremd im Lande bist, denn die Lurjaner liegen sich ja seit langen Jahren mit den Mireditten in den Haaren. Die hören nur auf ihren Pfarrer, und wenn der heute zu dem Räuber sagt, mache, dass der Türke von Umischt wieder zu seinen Pferden kommt, so habe ich sie morgen. Wenn du also nicht selbst nach Lurja gehst, so schreibe mir wenigstens einen Zettel (teskerd) an den Pfarrer, dass er dir zu Liebe dem Lateiner meine Pferde abnöthigen solle. Mit diesem Zettel kann ich dann selbst nach Lurja gehen.

Ich erwiderte zwar, dass ich den Pfarrer von Lurja gar nicht kenne, nicht einmal seinen Namen wisse, und dass ich hier auf der Landstrasse mein Schreibzeug nicht auspacken und den Brief schreiben könne. Doch der Bairaktar meinte, der Name des Priesters sei bei der Sache vollkommen gleichgültig, und damit ich den Brief in aller Bequemlichkeit schreiben könne, werde er uns nach Radomir folgen. Auch stellte er sich wirklich dort bald nach unserer Ankunft ein, und machte sich am folgenden Morgen mit dem Briefe nach Lurja auf. Wer das Faustrecht und sein Wesen in praxi studiren wiU der gehe nach Diwra.

Für uns war der Hergang besonders deswegen interessant, weil wir uns die Lurjaner als die einzigen in das schwarze Drinthal vorgeschobenen'Katholiken stets als eine Art von Vasallen des nur sechs Stunden von ihnen residirenden Miredittenchefs gedacht hatten. Denn rings von Türken umgeben, lehnen sie sich ja nur gegen Westen an das Gebiet des katholi­schen Bezirks von Orosch, und so schien es bei ihrer Schwäche eine politische Notwendigkeit für sie an diesem mächtigen Grenznachbar eine Stütze gegen die gemeinsamen Gegner zu suchen. Dem war also nicht so; in der Gegend selbst konnte ich darüber nur erfahren, dass die Lurjaner und Oroschaner um ihre Grenzen zankten, wir wandten uns daher auch über diese Frage an den Pfarrer und erhielten von ihm die folgenden Nachweise: die Grenzen von Lurja reichten vor Alters bis zu einem Sanct Johann (Schin Gjin) geweihten Camaldulenser Kloster, dessen Trümmer l1/2 türkische Stunden östlich von Warosch liegen, und dieses Kloster besass zur Zeit seiner Blüthe nicht nur das grosse südliche, sondern auch das kleinere östliche Zugangsthor zu dem Engihale von Orosch. Durch das letztere führt der Weg nach Lurja.

Vor diesem Kloster stand und steht noch heut zu Tage ein mächtiger Baum, welcher das Grenzzeichen der Gebiete von Orosch und Lurja abgab, und zu Urkund dessen wurde dieser Baum an dem St. Johannisfeste alljährlich mit dem Banner von Lurja gescmückt, und kam der Pfarrer von Orosch herüber, um an demselben das Hochamt zu halten1). Zu diesem Feste

) »Sollte hier der Rest eines alten Baumkultes vorliegen ?

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strömte stets viel Volk aus der Nachbarschaft, sowohl Christen als Türken. herbei, und es fand ein Jahrmarkt satt, der nicht unbedeutend war, und so wurde es bis zu dem Jahre 1830 gehalten. Von da an sprachen die Oroschaner den ganzen Westhang des Gebirges Buss Malit als ihr ausschliessliches Eigenthum an, und wollten die Lurjaner nur bis zu dem Bergkamme weiden lassen. Darüber entstand Krieg und grosses Blutvergiessen und noch grösserer Schaden an Vieh für beide Theile, da jede Partei, sobald sie sich als die stärkere auf dem Platze glaubte, alles Vieh der Gegner, das auf dem streitigen Grunde weidete, als gute Beute wegtrieb.

Endlich aber mussten die Lurjaner als die schwächeren nachgeben, und so wurde denn vertragsmässig ihre Grenze nach dem Willen der Oroschaner bis zum Kamme von Buss Malit zurückgeschoben.

Wenn jetzt auch Friede zwischen beiden Nachbarn herrscht, so ist der durch den langen Hader erzeugte Groll noch nicht erloschen, und darum sind Wechselheirathen zwischen beiden Stämmen eben so selten, als zwischen Christen und Türken, obwohl bei beiden der Brauch herrscht nur Frauen von auswärts zu nehmen.

Übrigens geht das christliche Element in Lurja nach dem Zeugniss des Präfecten eher zurück als vorwärts. Er spricht sich hierüber folgendermassen aus: Ehemals war ganz Lurja katholisch und es findet sich noch ein Pfarrregister aus dem Jahre 1757, in welchem 124 Häuser mit 1001 Seelen namentlich verzeichnet sind. Von da an aber beginnen die Abfälle

,zum Islam; und über die Vorgänge, welche den Anstoss hierzu gaben, erzählt man sich Folgendes: Die Türken des benachbarten Ortes Tschidin1) hätten einstmals den Lurjanern ihren Pfarrer ermordet, welcher Pater Gervasius hiess und bereits die Stelle eines apostolischen Präfecten bekleidete. Um nun den Tod ihres Seelsorgers zu rächen, hätten die Lurjaner 14 Türken ersehlagen, und als Osman, der damalige Pascha von Prisrend, hiervon Kunde erhalten, da habe er den Lurjanern den Besuch des Marktes von Prisrend und aller benach­barten Märkte bei Todesstrafe verboten. Hierzu kam aber noch, dass die Pfarrstelle von Lurja nach dem Tode des Pater Gervasius 15 Jahre lang verwaist blieb, weil sich kein Nachfolger für dieselbe finden liess2). Von da an begann der Abfall einzureissen, so dass Lurja jetzt nur 23 katholische, dagegen an 90 muhammedanische Häuser zählt, selbst heutzutage noch gelingt es den Missionären nicht immer, den einen oder andern Abfall und die Wechselheirathen zwischen Muhammedanern und Katholiken zu verhindern, bei welchen jedoch kaum jemals der Fall eintritt, dass ein Katholik eine Muhammedanerin heirathet3), sondern der entgegen­gesetzte Fall die stehende Begel bildet, ohne dass darum die Frau zum Glauben ihres Mannes überzutreten genöthigt wäre 4 ) .

Der Präfect nennt Lurja den Kaukasus von Matja und leitet seinen Namen nach der Orts­sage von dem albanesischen Wort uri, Maulwurf, her, weil die kleine Thalebene, auf der der

J) Wir hörten im Divvrathale dasselbe stets Kjidin aussprechen. 2) Diese Wirkung dürfte sich vorzugsweise aus den Bedrängnissen erklären, in welche die albanesische Kirche durch die

französische Revolution und deren Folgen für Italien und Rom gebracht wurde. Auch anderwärts , namentlich in der Umgegend von Elbassan, gingen damals grosse Territorien, wegen Mangels an Personal zur Besetzung der vacanten Stellen für Pfarreien, verloren, s. Albanes. Studien I. S. 81 und 82.

3) Nur in dem regierenden Geschlechte der Mireditten ist es Familienbrauch, sich eine schöne und vornehme Muhammedanerin zur Ehefrau zu rauben.

4) Durch ganz Albanien ist die Sage verbreitet, dass die christlichen Lurjanerinen Schaf- und Schweinefleisch in demselben Kessel kochten, und dann beim Essen das Schweinefleisch nach ihrer Seite, das Schaffleisch aber ihren Männern zu drehten.

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Hauptort liegt, gegen Süden und Osten von so hohen und steilen Bergen eingefasst sei, dass man dort, namentlich zur Winterszeit, die Sonne nur auf wenige Stunden zu sehen bekäme*).

Nachdem wir uns von dem Bairaktar von Umischte getrennt, ritten wir, am nördlichen Ufer des Puschteritzabaches entlang, in südöstlicher Bichtung weiter. Der Bach scheint seinen slavischen Namen „Ode" der unfruchtbaren und kahlen Landschaft entlehnt zu haben, durch welche er fliesst. Wir kamen nur an einem mächtigen romantischen Felsenrisse vorüber und machten mit dessen Aufnahme die erste Probe unterwegs zu photographiren. Dieselbe kostete mit Einsehluss des kurzen Frühstückes von dem Augenblicke des Haltens bis zu dem des Wiederaufbruches 2V2 Stunde. Dieses Ergebniss zeigte, dass man die Photographien noch nicht neben dem Wege pflücken, sondern dass man nur entwrender reisen oder photographiren kann. Am Nachmittage stiegen wir sehr allmälig auf leidlichem, aber auch sehr langweiligem Wege zu der Burg des Doda auf. Sie war ein einstöckiges Gebäude der allerprosaischesten Gattung, denn dasselbe war erst vor wenig Wochen frisch ausgebessert und mit einem neuen Anbau versehen worden. Die Wohnung des Commandanten bestand in einem kleinen mit Kieseln gepflasterten Zimmer, dessen Fenster keine Scheiben hatten und dessen Wände mit Lehm beworfen waren. Dieses Gemach war zugleich das Sitzungslocal des Bezirksrathes (Mitschelis), der kurz vor unserer Ankunft seine Sitzung geschlossen hatte.

Hass Begu, ein Greis von athletischem Körperbau, empfing mich inmitten seiner Palikaren mit grossem Wohlwollen, und fragte mich, warum ich denn gar so lange auf mich habe warten lassen, die Herren des Mitschelis hätten mich gern alle begrüssen wollen, aber als es spät, geworden, hätten sie die Geduld verloren und seien heim geritten; doch den Präsidenten habe er zurückbehalten, um mich nach Badomir zu begleiten, wo er Konak (Herberge) für mich bestellt habe, und wo ich besser schlafen würde, als in diesem kalten Vogelneste, wo er mir nichts bieten könne. Die folgende Nacht solle ich aber in seinem Hause bei seinen Söhnen zubringen, das am Drin in einer lieblichen Gegend liege.

Der Präsident des Bezirksrathes, Sebuli Aga Badomirli, war ein fein geschnittener Kopf mit schönem Silberbarte, dem man sogleich ansah, dass er sein Leben nicht in diesen Thälern verbracht, sondern in der Welt herumgekommen war, er hatte Al i Pascha von Tepelon und die übrigen letzten Dynasten von Albanien gekannt, war mehrmals in Morea gegen die Griechen zu Felde gelegen, und sprach sogar einige Worte griechisch. Er trieb zur Eile, damit wir noch vor Nacht nach Badomir kämen, weil der Weg dahin sehr steil sei.

Unser Besuch bei Hass Begu dauerte kaum zehn Minuten. Ich war zwar mit der Zweck­mässigkeit der getroffenen Massregeln vollkommen einverstanden, denn was wäre auf der öden Berghalde, bei dem guten Alten in so ungemüthlichen Bäumlichkeiten für mich zu finden gewesen? aber als ich wieder zu Pferde sass, musste ich lachen, so rasch von einem meiner Hauptreiseziele abgefertigt worden zu sein. Die Burg Dodas gehört zu den vollständigsten Illusionen, die mir im Leben vorgekommen sind. Denn wie oft hatte ich nicht in Gedanken zu ihren Zinnen hinaufgeblickt und die richtigen Standpunkte zum Aufstellen der photogra­phischen Maschine aufgesucht und mich gefragt, ob wohl mehr als zwei Aufnahmen erforderlich sein würden, oder auch in den benachbarten Kirchenruinen Inschriften abgeschrieben. Doch

) S. die nähere Beschreibung in der chorographischen Abtheilung. Soweit jedoch meine Kenntniss des Albanesischen reicht, weiss ich den Vorschlag eines L . mit keinem andern Beispiele zu belegen. Dagegen scheint die in der benachbarten Matja so beliebte Form Lisia, Lysia, Lusia das Gemeinwort für Bach zu sein, und ist der Ubergang von β in r auch im Albanesischen nachweisbar. Indessen führt heutzutage der Bach von Lurja den Namen Molla.

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kann der Leser den chirographischen Noten entnehmen, dass die mir früher gewordenen Angaben nicht gänzlich erdichtet waren, und man in der Umgegend noch mehrere Stellen kennt, wo christliche Kirchen gestanden haben, und an Spuren städtischer Niederlassungen waren wir ja selbst vorübergekommen.

Radomir ist in fünf Vierteln über den hohlspiegelartigen Südhang des mächtigen Kückens verzettelt, auf dessen Kamm das sogenannte Schloss des Doda liegt. Die Gehöfte, in denen wir vorüber kamen, zeugten fast durchweg von grösserer Behäbigkeit ihrer Bewohner, als deren Ackermark vermuthen liesse, doch konnten wir über die Natur ihrer anderweitigen Erwerbsquellen von Sebuli Aga nichts Näheres erfahren. Das unterste Viertel von Badomir, welches kaum 20 Minuten von dem in einer engen Thalschlucht eingeklemmten Binnsale der Weloschesa liegt, ist das bedeutendste und dort war Herberge für uns gemacht. Wenn man angiebt, dass das Doda-Schloss zwei Stunden von Badomir liege, so scheint man dieses Viertel im Auge zu haben. Doch unterhielt uns Hadschi Sebuli Aga so angenehm, dass wir erstaunt waren, es so rasch erreicht zu haben. Trotzdem war die Topographie sein Steckenpferd keineswegs, und ich erfuhr in dieser Hinsicht von ihm kaum mehr, als dass die Welöschesa drei Stunden von dem untern Badomirviertel am Ostfusse des Korab entspringe und ihr Rinnsal die Grenze zwischen den Bezirken von Luma und Diwra bilde. Und wo ist der Korab? fragte ich. Sebuli Aga wandte sich etwas rückwärts nach links und zeigte auf einen unge­heuren Spitzberg von heller gelbgrauer Farbe, welcher sich jedoch bei näherer Betrachtung in drei Spitzen auflöste, von denen die mittlere und niederste genau in unserer Augenlinie standen. So wie wir ihn zum ersten Male sahen, erblickten wir nur einen einzigen Spitzberg mit concaven Conturen, eine Nadel, so spitz und so hoch ihre Umgebung überragend, wie wir noch keine sahen. Von andern Seiten mag diese Schilderung sehr wenig zutreffend erscheinen, von hier aus gesehen machte der Berg einen wahrhaft ergreifenden Eindruck. Schon mit freien Augen glaubten wir zu erkennen, dass Urgletscher den Koloss spitz geschliffen haben mussten, und eine nähere Betrachtung durch das Fernrohr machte uns dies noch wahrschein­licher. Sebuli Aga erklärte, dass man von Radomir bis zu seinem höchsten Gipfel vier Stunden rechne, die drei Spitzen seien zu ersteigen und die drei ersten Stunden seien gar nicht unbequem, um so schwieriger sei aber die letzte Stunde, wo man nicht gehen könnte, sondern fortwährend klettern müsse, daher seien auch nur wenige der Umwohner auf der höchsten Spitze gewesen und er selbst gehöre nicht zu den letztern. Die Falten des Berges seien mit Urwäldern bedeckt. Wenn wir nicht unmittelbar aus Hochalbanien gekommen wären, wo wir uns von solchen Thatbeständen durch den Augenschein überzeugt hatten, so würden wir solcher Versicherung jeden Glauben versagt haben, denn wir erblickten auch durch das Fern­rohr nur nackte Steinmassen. Sebuli erzählte ferner, dass das Gebirge ungemein reich an Gemsen sei, weil sie dort oben vor Menschen, Wölfen und Bären sicher wären, denn auch der Bär sei kein Freund von Felsensteilen, wenn er sie auch nicht in dem Grade scheue, wie der Wolf. Von letzteren war uns diese Scheu bereits bekannt; es giebt nämlich auf der Insel Euboea eine von dem Meere begrenzte Steilseite des Kandiliberges, auf der das Vieh vor Wölfen vollkommen sicher weidet, während das übrige Gebirge von Wölfen wimmelt, und dennoch sind die Steilen fast nirgends so stark, dass sie nicht von Menschen ohne Anstrengung erstiegen werden könnten.

Sebuli ermuthigte uns keineswegs zur Ersteigung des Berges, er meinte, dass sie uns wenigstens drei Tage kosten würde, weil der morgige Tag mit der Aufsuchung von Führern

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und der Beschaffung der hinreichenden Bedeckung in diesem stets unsichern Gebirge vergehen würde, auch seien wir ja bereits für morgen Abend in Hass Begus Hause angesagt, und um seinen Wink noch verständlicher zu machen, erzählte er bald darauf eine Geschichte, mit welcher er in gerader Rede ungefähr Folgendes ausdrückte. Du bist der erste Franke, der Diwra durchreist, alle Augen sind misstrauisch auf dich und dein Treiben gerichtet, kehre wieder, und wenn du zum dritten Male kommst, mache, was du willst, kein Mensch wird darauf achten. Der Alte mochte seine Gründe zu diesen Winken haben, denn es roch brandig in Diwra, eine gewisse Aufregung der Gemüther war unverkennbar, es konnte uns nicht bei­kommen dieselbe auf uns zu beziehen, aber sie machte Vorsieht in unserem chorographischen Gebahren räthlich, über welches wenigstens unsere öfters wechselnde Bedeckung hinter unserem Rücken sich nichts weniger als anerkennend zu äussern pflegte. Wir erfuhren später, dass wir uns nicht getäuscht hatten. Die Diwraner sind noch nicht in dem Grade an die Conscription gewöhnt, dass nicht deren Vornahme, wenn sie auch keinem gewaltsamen Widerstand mehr begegnet und mit ungestörter äusserer Ordnung vor sich geht, viel böses Blut erzeugte. Unmittelbar auf die Bekrutenaushebung war aber die Bekanntmachung einer nicht unerheb­lichen Steuererhöhung erfolgt, und diese hatte die bereits erregten Gemüther in förmliche Gährung versetzt. Während unserer Durchreise blieb dieselbe zwar noch versteckt, aber 14 Tage später sehlug sie zu lichten Flammen auf, indem sich an verschiedenen Orten das Volk bewaffnet zusammenrottete, den Obrigkeiten den Gehorsam versagte und seine Beschwerde schriftlich formulirte; dies sind die herkömmlichen Anfänge jeder Revolte auf der Halbinsel. Doch gelang es Dschelal Pascha durch umsichtige Massregeln die Gährung zu beschwichtigen, bevor sie sich consolidirt hatte. Dergleichen Vorgänge sind übrigens in Diwra nicht von dem Belange, wie anderwärts, weil sie in früheren Zeiten so zu sagen den normalen Zustand des Landes bildeten1), welches sich unter allen am längsten gegen die Reform und namentlich gegen die Conscription gesträubt hat.

Ich habe mich bereits mehrfach über die Krisis ausgesprochen, welche das muhamme-danische Element des türkischen Reiches durch die Einführung der Reform zu bestehen hat2), und beschränke mich daher hier nur auf die Bemerkung, dass diese Krisis besonders lebhaft in Diwra empfunden wird, denn die Diwraner haben eine hohe Meinung von ihrem Werth für die Pforte, sie betrachten sich als den Eckstein des Reiches. Soweit ich mit der gemeinen Ansicht bekanntgeworden, lässt sie sich etwa in folgende Sätze zusammenfassen: Wir sind unserer 60.000 auserlesene Flinten, die stets jedes Winkes der Pforte gewärtig sind, denn trotz unseres widerharigen und unruhigen Wesens haben wir stets fester als irgend ein anderer Volkstheil zum Sultan gehalten und ihm niemals die Heeresfolge verweigert; wenn wir aber freiwillig alle Schlachtfelder mit unserem Blute tränkten, ist es dann gerecht, dass man uns noch obendrein unsere Söhne abfordert, um sie in die Linie zu stecken, deren Dienst uns widerstrebt? dass wir dieselben Steuern zahlen sollen, wie die Rajah und diese von Jahr zu Jahr vermehrt werden? dass man uns den Rajah in Allem und Jedem gleich stellt? Ist dieser nicht viel besser daran als wir? und können wir uns zufrieden stellen, wenn man uns wild­fremde Leute zuschickt, um uns zu regieren, mit denen wir nicht reden können, weil sie nur türkisch sprechen und mit denen wir auch, abgesehen von der Sprache, über unsere Angelegen-

J) S. Albanes. Studien T. S. 04 und iWJ. 2 J S. Albanes. Studien I. a. a. O.

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heiten unmöglich verhandeln könnten, weil sie von unseren Sitten und Gebräuchen und Ein­richtungen und unserer üenkungsweise keine Ahnung haben? So weit die Diwraner, doch möchte es in der Zeit sein zum Korab zurückzukehren.

Die Mühe, welche sich Sebuli Aga gab, uns von dem Korab fern zu halten, war sehr überflüssig, der Wunsch, denselben zu besteigen, war in uns nur im ersten Augenblicke seiner unerwarteten Erscheinung entstanden, in dem zweiten aber sofort wieder aufgegeben worden, denn so sehr wir auch durch unsere Abschweifung von dem Drinthale und der ungeahnten Richtung der Parallelthäler desorientirt waren, von denen wir das eine stromauf, und das unmittelbar darauf folgende stromab durchzogen, so war uns doch so viel klar, dass die ganze Hauptkette des Schar nicht, wie man bisher geglaubt, die östliche Wand des schwarzen Drin-thales bilde, sondern dass sich dasselbe mit jener Kette unmöglich irgendwo unmittelbar berühren könne, weil Radomir bereits vier Stunden vom Rinnsale des Drin entfernt ist und der Abstand des Korabgipfels von dort noch ebensoviel Stunden beträgt. Durch die Ersteigung dieses Berges wären wir also in ein unserer Aufgabe gänzlich fremdes Gebiet übergeschweift. Uns graute aber vor allem Neuen, so lang wir nicht mit dem Nächstgelegenen im Reinen waren. Soll in Untersuchungen, wie die vorliegende, nur irgend Genügendes geleistet werden, so kann nur strengstes Masshalten vor Verirrungen bewahren, und hiernach mussten wir, statt weiter ostwärts vorzudringen, in das Drinthal zurückkehren, und von hier aus, so gut es gehen wollte, dessen Yerhältniss zur Centraikette des Schar bestimmen.

Wir haben keine Ursache dieses Vorgehen zu bedauern, weil hierdurch die Herstellung des bis jetzt unbekannten Thatbestandes vermittelt wurde, dass die Centraikette des Schar nirgends unmittelbar bestimmend für das Rinnsal des schwarzen Drin ist, da vom Korab südlich die Ostwand des Drin von einer Vorkette des Schar gebildet wird und in dem zwischen dieser und der Hauptkette laufenden Thale der Radikabach von Norden nach Süden fliesst, während auf der Westseite der Vorkette der schwarze Drin die entgegengesetzte Richtung von Süden nach Norden einhält.

Im Norden des Korab aber wird das Drinthal von der Centraikette des Schar durch das dazwischen liegende Thal der Luma und einer Parallelkette des Schar getrennt, welche zwischen der Luma und dem schwarzen Drin streicht, und auf welche ich, nach dem Beispiele meiner Vorgänger, den beschränkten örtlichen Namen der Jalitza ausdehnen will. Da wo die nördliche Fortsetzung der Jalitza in die Metojaebene abfällt, liegt Prisrend, aber schon sechs Stunden südlich von dieser Stadt durchbricht die Luma diese Kette in nordwestlicher Richtung und mündet in den schwarzen Drin. Von der Westseite des Korab fliessen mehrere kleinere Bäche in Thälern zum schwarzen Drin, welche 5—7 Stunden lang sind und von Südost nach Nordwest streichen.

Ich vermuthe hiernach, dass die Luftlinie zwischen dem Kamme des schwarzen Gebirges und dem der Centraikette des Schar nirgends unter neun Stunden betragen dürfte, wovon ich aber nirgends viel über zwei Stunden auf die den beiden Drin ufern anlagernde Ebene rechnen möchte, obwohl es gemeinhin heisst, dass die Thalebene des schwarzen Drin 3—4 Stunden breit sei.

In unserer Herberge erschien der Bairaktar von Umischte und verlangte seinen Brief an den Pfarrer von Lurja; dann kam ein abgesetzter Polizeicommissär und bat unter Ausein­andersetzung seiner Verdienste und des ihm widerfahrenen Unrechtes, dass ich beim Pascha seine Wiederanstellung verlangen solle; endlich jammerte eine Wittwe, dass man ihr den

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einzigen Sohn entrissen und zum Soldaten gemacht, und wollte, dass ich ihn vom Pascha frei bitten solle. Dies Treiben erinnerte mich an meine Reisen in Epirus, wo ich keinen Schritt vor die Stadt thun konnte, ohne mit Anliegen aller Art bestürmt zu werden. Einst lag ich in Niwitza, dem Hauptorte der wilden Berglandsehaft Kurwelesch, an heftigem Kopfweh leidend auf dem Bette, da schlug sich eine Wittwe, aus einem Nachbardorfe, bis zu mir durch, und trug mir in markerschütterndem Zeter dieselbe Bitte vor. Ich wendete mich ab, da rief sie: Wofür hat denn dich dein Kral ins Land geschickt, wenn du kein Ohr für die Klagen der Armen haben willst? Die Ansicht, welche das Volk von dem Berufe eines Consuls hat, lässt sich nicht schärfer zeichnen, als durch diese Frage, und jeder Versuch einer Belehrung wird sehr übel aufgenommen, weil man sich nicht täuschen lassen will. Auch Sebuli Aga fand dieses Treiben ganz natürlich, und gewährte jedem Bittsteller seine persönliche Fürsprache.

X X I . Diwra.

Am folgenden Tage ritten wir das Thal des Weleschesabaches abwärts, welcher die Grenzlinie zwischen Luma und Diwra bildet, und erreichten das auf dem Ausläufer der Ost­wand des grossen Diwrathales gelegene erste Diwraner Dorf Slatina, von dem wir, nur von etwas südlicherem Standpunkte, dieselbe Aussicht wie bei Umischte genossen. Von dort stiegen wir in die Ebene herab, welche hier von dem linken Flussufer auf das rechte übertritt. Wenn wir nämlich richtig beobachtet haben, so verfolgt der schwarze Drin in seinem untern Laufe im grossen Ganzen die Richtung von Süd nach Nord und longirt gegen Osten den Fuss der zwischen der Puschteritza und Weleschesa streichenden Höhenzüge, während sich an seinem linken Ufer eine zwei Stunden lange Ebene bis zu der Kette von Lurja ausdehnt. Südlich \ron Slatina aber springt die Mal i 91 Kette bis zum linken Drinufer ostwärts vor, und dehnt sich eine nur hie und da durch niedere Ausläufer der östlichen Thalwand unterbrochene Ebene bis zur Stadt Diwra, welche an deren südlichem Ende liegt. Unsere Reiselinie war zur näheren Beobachtung dieses Wechsels so ungünstig, dass uns derselbe erst in Diwra klar wurde.

Je weiter wir in dieser Ebene vorrückten, um so fruchtbarer und bebauter wurde die Gegend, und um so freundlicher und behäbiger wurden die Landschaftsbilder. Wir kamen an die fast aneinander stossenden Orte Suhodol und Borowiani, deren Centren vollkommen städtisches Aussehen hatten; hohe zweistöckige Häuser, dicht nebeneinander gereiht und mit Kalkmauern eingefasst, gepflasterte Strassen mit breiter Rinngosse für die Lastthiere in der Mitte, Kramläden, sogar eine kleine Schlachtbank, an welcher abgezogene Ziegen hingen, das Ganze von einem mächtigen Gürtel von Weinbergen umschlossen, die sich bis hoch an der sanftgeböschten Ostwand hinaufzogen, über diesen Felder, die bis zum Kamme des Bergzuges reichten, — ein sehr seltener Anblick in Albanien. Hie und da noch Winzergruppen, doch war die Hauptlese bereits vorüber. Von zweien derselben wurden uns Trauben zugeschickt, und beide Male verweigerten die Überbringer das Geldstück, welches wir ihnen boten. Das letzte Stück unseres Wegs zu Hass Begus Wohnsitz führte längs eines mit Bäumen und Sträuchern besetzten Mühlbaches an drei Mühlen vorüber und war reich an hübschen Blicken. Brischdan, der Herrnsitz des Hass Begu, liegt in der Nähe des Drin; er ist von hohen Mauern umgeben und ein stattliches Gebäude seiner Gattung. Das türkische Herrnhaus besteht in der Regel aus einer einzigen dreistöckigen Fronte, deren beide Enden pavillonartig vorspringen. Der dem Hofe zugekehrte Raum zwischen diesen Pavillons ist von breiten gegen den Hof

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geöffneten Gallerien eingenommen, nach welchen sich alle Zimmerthüren öffnen. Sie bilden die Hauptarterien des häuslichen Verkehrs und dienen nicht nur dem Gesinde, sondern bei warmem Wetter häufig auch der Herrschaft zum Aufenthalte. Zu diesen Gallerien führt eine breite an die Fronte angebaute und durch einen Dachvorsprung gedeckte Holztreppe. Die Räume des untersten Stocks dienen zu Stallungen, Holz- und Kohlenvorrathskammern, die des zweiten meist sehr niederen Stockes zu Küche, Vorrathskammern und Schlafzimmern der Dienerschaft, so dass die Wohnstätte des Herrn sich auf den dritten und höchsten Stock beschränkt. Hier aber besteht der Hauptgegensatz des morgenländischen und abendländischen Hauses darin, dass die Gemächer des ersteren durchaus keine abgeschlossenen Welten bilden, und auch nicht als solche betrachtet werden. Der Begriff des eigenen, einem Famliengliede angehörigen Zimmers fehlt eben so gut wie die Unterscheidung in Wohn-, Speise-, Arbeits­und Schlafzimmer, und das Bedürfniss der zeitweisen Absonderung des Einzelnen von dem allgemeinen Hausleben ist vollkommen unbekannt. Der Morgenländer lebt in seinem Hause in ebenso unablässiger Gemeinschaft mit Anderen, wie in seinem Zelte, und darum bleiben auch alle Thüren stets offen. Man verhängt sie zum Schutze gegen die Kälte mit dicken Teppichen, die der aus- und eingehende wie einen Vorhang aufhebt und hinter sich fallen lässt, und wenn es einem Fremden beikommt, seine Zimmerthür zu schliessen, so fragt man sich im Hause erstaunt, was ihn wohl zu einer so ungewohnten Handlung bewogen haben könne. Der Harem ist genau nach demselben Plane gebaut, wie das Herrnhaus (Selamlik, Begrüssungs- oder Besuchshaus). AVenn daher auch, im Falle dort mehrere gleichberechtigte Frauen zusammenhausen, jede ihr eigenes Schlafgemach hat, so findet doch im Ganzen das­selbe Gesammtieben statt. Ereignet es sich nun, dass Hader unter ihnen ausbricht, so ist kaum an einen Waffenstillstand zu denken, weil sich die Streitenden nicht von einander abscheiden können, doch gehört, wie wir bereits öfters erwähnten, die Vielweiberei, wenig­stens in der europäischen Türkei, zu den seltensten Ausnahmen. Hoch und Nieder begnügt sich hier, eben so gut wie im Abendlande, mit Einer gesetzlichen Ehefrau, wenn auch das sittliche Verhältniss des Herrn zu der weiblichen Dienerschaft des Harems, gleichviel ob Sklavin oder Frau, durchaus nicht so rein gedacht werden darf, als dies bei uns in der Regel der Fall ist.

Wie sich bei einem solchen Heerdenieben im Morgenlande der Hang zur Beschaulichkeit entwickeln kann, war mir stets ein unerklärbares Räthsel. AVie lernt der Orientale es, sich innerlich von der Aussenwelt abzuschliessen, da ihm ein äusserlicher Abschluss von derselben in der Regel unmöglich ist?

Wir wurden von dem sechzehnjährigen Erstgeborenen Hass Begus empfangen mit dem Anstände der höheren türkischen Classe, welchen wir bei der Diwraner Jugend nicht zu finden erwarteten; dagegen war es uns nicht möglich die Scheu seines zwölfjährigen Bruders, eines lebensfrischen Wildfanges zu zähmen, er war nicht zu bewegen die Thüre des Selamliks zu überschreiten, und verschwand anfangs aus derselben, so oft wir ihn ansprachen.

Wir unterhielten uns so gut es ging mit dem jungen Bei, er erzählte, dass er die Jagd über Alles liebe und ihr alle Zeit widme, welche ihm seine Studien übrig Hessen, er zeigte uns seine Gewehre, seine Hunde und einen kleinen Stossfalken, der kaum spannenhoch war, und der nicht nur Wachteln, sondern auch Steinhühner stossen sollte. Darauf citirte er seinen Falkonier, welcher griechisch verstünde. Es erschien ein eisgraues Männchen mit hochrothen Wangen, der aber bereits halb kindisch und dem Waidwerke in dem Grade ergeben war, dass

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er dasselbe sogar an seinem Körper fortsetzte, während er mit uns auf dem Sopha sass, ohne sieh durch die wiederholten Abmahnungen seines jungen Herrn darin beirren zu lassen.

Am Abend kam der Hodscha oder Hofmeister aus der Stadt zurück, eine fast eben so alte und verwitterte Figur als der Falkonier; er schien in Abwesenheit Hass ßegus das Haus­regiment zu führen. Seine Zöglinge gingen ihm bis in djn Hof entgegen und behandelten ihn überhaupt mit grosser Rücksicht.

Am folgenden Morgen (21. September) ritten wir einen guten Theil desselben Weges zurück, den wir am Vorabend gemacht hatten, um den Mudir zu sehen — einen schmächtigen, alten Mann aus Schumla, welcher es nach anderthalbjährigem Aufenthalte in Diwra noch nicht dahin gebracht hatte, ein Wort albanesisch zu lernen, was ihn aber nicht hinderte, eine junge Diwranerin zu heirathen, die kein Wort türkisch sprach. Auch schien er von seinen Admini-straten nicht sehr gefürchtet zu werden, denn als wir seine Wohnung verliessen, um unsere Pferde zu besteigen, liessen sich die Eigenthümer beigehen, den Pferdelolm voraus zu verlangen, und wenn wir uns dem Verlangen nicht fügen wollten, mit Abladen zu drohen. Diese Zumuthung war uns noch auf keiner unserer Reisen gemacht werden, hier galt es also stramm zu sein, um das Oberwasser zu behalten. Dass wir von dem Mudir nichts erwarten konnten, war klar, wir fochten also unsern Handel allein aus, und der Kachdruck, mit dem dies geschah, war glück­licherweise hinreichend, um nach wenig Minuten unsern Zug in Bewegung zu setzen. Auch die Bedeckung, welche uns der Mudir mitgab, zeigte sich Anfangs nichts weniger als zuvorkommend^ obwohl sie von dem Polizeichef selbst befehligt war; doch auch diese Bären bewiesen sich keineswegs als unbezähmbar; ich forderte nämlich so laut, als es der Anstand erlaubte, den Polizeichef auf, seinen Leuten zu erklären, dass ich das Trinkgeld (bachschisch) nicht in runder Summe, sondern jedem einzeln geben und nach dem Grade einrichten würde, als ich mit ihm zufrieden wäre. Dieser Kunstgriff verschaffte mir die aufmerksamsten Begleiter, die ich auf der ganzen Reise hatte, und ich erwähne ihn zum Frommen meiner Nachfolger bei ähnlichen Vor­kommnissen. Wenn mich aber ein friedsamer Tourist, der nur zu seinem Vergnügen reist, über sein Reiseziel um Rath früge, so würde ich ihm freilich nicht Diwra hierzu in erster Linie empfehlen.

Eine Stadt Unter-Diwra, wie sie unsere Karten verzeichnen, giebt es nicht, doch hat der Name eine weitere und eine engere Bedeutung, in ersterer bezeichnet er die ganze Landschaft, welche zwischen Ober-Diwra und Luma liegt, im beschränkteren Sinne aber versteht man darunter eine Gesammtheit von sechs Dörfern, welche am nördlichen Ufer des Pischkopeja-baches liegt, gegen 300 Häuser zählt und sich etwa über eine Quadratstunde ausdehnt. Hierzu gehören Pilaf, Tumini, Teke und Brischdan.

Eine Stunde südlich von dem Ubergangspunkte des genannten Baches kreuzten wir die Grenzlinie zwischen Ober- und Unter-Diwra: sie läuft auf einem niederen gegen die Drin-ebene abfallenden Höhenrücken von Ost nach West bis zu diesem Flusse, denn die beiden Diwren reichen westwärts nur bis zum Drin, welcher sie von der an seinem Westufer begin­nenden Landschaft Mal i ci oder Schwarzenberg trennt. Diese Landschaft begreift den ganzen Osthang des gleichnamigen Gebirgszuges und grenzt auf dessen Kamme mit der Landschaft Matja, welche nirgends mit den Diwren zusammenstösst.

Der schwarze Drin folgt der allgemeinen Regel, er begleitet die links liegende Steilseite seines Thaies und hat daher dessen ebene Sohle zu seiner Rechten. Dass der Name der zer­rissenen Gebirgshalden ihrer unwirksamen Beschaffenheit entnommen sei, ist bereits oben

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bemerkt worden. Der Name Diwra bildet keinen Gegensatz hierzu, sondern soll nach der Behauptung des Bischofs von Kritsehowo, den wir in der Stadt Diwra trafen, im Bulgarischen Enge (φάραγξ) bedeuten, und dass diese Erklärung des Namens die richtige sei, dünkt mich um so wahrscheinlicher, als der Drin bei der Stadt Diwra in zwei Felsengen fliesst, von welchen die obere südliche „die grosse" und die untere „die kleine Grüka" heisst und den an sie stossenden Bezirken der Landschaft Mal i ei den Namen gegeben haben. Grüka ist nämlich das albanesische Wort für Schlund, Enge, und sowohl für Berg- als Meerenge, und daher heissen die Bocche di Cattaro bei den Albanesen Grüka schlechthin.

Bevor ich mich jedoch weiter auf diese beiden Flussengen einlasse, müssen einige Worte über die durch Diwra ziehenden Sprach- und Glaubensgrenzen eingeschaltet werden. Diese fallen nämlich für Ober- und Unter-Diwra fast gänzlich mit den Landschaftsgrenzen zusammen1). Unter-Diwra und ganz Mal i ci werden nur von albanesisch redenden Muham-medanern bewohnt. Dagegen theilen sich diese mit bulgarisch redenden griechischen Christen in den Besitz von Ober-Diwra, und es giebt hier nach der ausdrücklichen Angabe eines zuver­lässigen Mannes auch Muhammedaner, welche bulgarisch reden. Diese letzteren siud aller Wahrscheinlichkeit nach erst in verhältnissmässig neueren Zeiten zum Islam übergetreten. Seit Skanderbeg scheint hier in der Sprachgrenze keine wesentliche Veränderung eingetreten zu sein, denn Barletius2) beschreibt nur den heutigen Zustand, wenn er sagt, dass jene Land­schaft zwei Diwras habe; die untere ganz eben und von fruchtbaren Feldern umgeben3) sei und aller Art Früchte erzeuge. Diese Gegenden seien von Albanesen und Epiroten4) bewohnt, welche den Kern von Skanderbegs Streitmacht und Herrschaft bildeten. Die obere Diwra dagegen sei gebirgig und rauh, von griechisch-gläubigen Bulgaren bewohnt, welche sich nicht nur durch ihren Muth im Kriege, sondern auch durch ihre Anhänglichkeit an Skanderbeg auszeichneten.

Eine starke Stunde südlich von der Grenze führte uns der Weg über die Stelle, auf der einst die bedeutende Stadt Gräschtani gestanden hat. Nur einige Überbleibsel der Fundamente ihrer aus Kalk- und Bruchsteinen roh gebauten Umfassungsmauern, deren Spuren sieh bis zu dem eine halbe Stunde westlich vom Wege fliessenden Drin verfolgen lassen, sind nebst vielen dem Boden gleichgemachten Grundmauern von Gebäuden die einzigen Zeugen ihres früheren Daseins. Alle meine Fragen nach Quadern, Inschriften, Säulen oder sonstigen Architektur­stücken wurden von meiner Begleitung und allen später befragten Diwranern einstimmig ver­neint. Ebenso wenig wusste irgend Jemand Bescheid darüber, ob und warum diese Stelle mit der zwei starke Stunden südlicher gelegenen, heutigen Stadt freiwillig vertauscht, oder warum die Stadt, wenn sie gewaltsam zerstört worden, nicht an derselben Stelle wieder aufgebaut wurde. Ich war jedoch viel zu kurz in Diwra, um behaupten zu können, dass die Kunde hiervon dort unbedingt ausgestorben sei, und dies um so weniger, als ich auf mein Drängen nach Aufschlüssen über jene alte Stadt erfuhr, dass sie der Sage nach 300 Gerber gezählt

1) S. Näheres hierüber in dorn betreifenden chorographischen Abschnitte. 2) De vita etc. Georgii Castriotae. Argentorati 1537. lib. V. S. 133. 3) Diesem nach scheint Barletius Unter-Diwra als eine Stadt zu betrachten. ·*) Was Barletius mit dieser Unterscheidung sagen will, ist uns dunkel; sonst braucht er epirotisch gleichbedeutend mit

albanesisch, so unmittelbar vorher von der Besatzung von Sfetigrad : praesidium omne e Dibrensi milite constabat, subacta ea gens Skanderl>ego, sed non usque quaquam Epirotici nominis et linguae erat. Ich werde auf Skanderbegs Verhäitniss zu den Diwranern in dem ihm gewidmeten Anhange näher eingehen.

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habe. Etwas südlich von diesen Ruinen tritt der Drin aus der kleinen Flussenge (Grük e wogolj), von der bereits oben gesprochen wurde. Von dort bis zur heutigen Stadt mögen etwa zwei Stunden sein, und von dieser bis zu dem Punkte, wo sich der Fluss bei der Einmündung der Radika oder Rjeka in demselben in einem fast senkrechten Winkel nach Westen wendet, dürfte nach dem Mittel der verschiedensten Angaben der Abstand etwa 3 / 4 Stunden betragen, so dass die Sehne des Flussbogens etwas unter drei Stunden messen dürfte, während seine grösste Höhe, die bei der Stadt liegt, eine Stunde beträgt. Auf dieser Strecke bleibt der Fluss dem auf der Strasse ziehenden Reisenden unsichtbar; doch erhebt sich der seine östliche Ufer­wand bildende Wulst nur am untern Ende der Enge zu einem Felsrücken, dessen höchster Spitze wir nach der Erinnerung kaum 300 Fuss geben möchten; die Stadt liegt an und auf dem Fusse eines von Nord nach Süd laufenden Höhenrückens, und der Kreisabschnitt zwischen diesem und dem Flusse ist eine leicht gewellte, Scheher (Stadtgebiet) genannte, Ebene. Der Anblick der sich aus der Ebene bergan ziehenden Stadt und der sich vor derselben an dem Fusse des Höhenrückens mit Landsitzen und Moscheen geschmückten Dörferreihe bietet viele schöne Blicke. Doch wurden wir in unseren Beobachtungen durch die Nachricht gestört, dass Dschelal Pascha uns an der Spitze der Garnison vor der Stadt erwarte. Derselbe ging in seiner Artigkeit so weit, dass er uns selbst in das zu unserer Aufnahme bestimmte Haus ein­führte und dort den ersten Kaifee mit uns trank. Der Leser wird sich seiner aus der Schilderung unseres Besuches bei seinem jüngeren Bruder Seid Bei, dem Mudir von Matja, erinnern; er verpflichtete uns durch die Freundlichkeit, mit welcher er unseren Wünschen entsprach, zu lebhaftem Danke.

Iljäs *) Aga, unser Hausherr, ein Mann von fast kolossalen Körperformen, hat sich durch seine persönliche Tapferkeit zu einer sehr einflussreichen Stellung in Diwra aufgeschwungen, und namentlich in den Feldzügen gegen die griechischen Chefs, welche im Jahre 1855 in Thessalien und Epirus eingedrungen waren, und gegen Montenegro in dem Grade hervor-gethän, dass sein Name durch ganz Albanien genannt wird. Auch zählt er zu den reichsten Leuten der Stadt, indem er bei den Pachtungen von Staatsgefällen (Iltisam), welche unseres Wissens die einzigen Waggeschäfte des Morgenlandes abgeben, stets vom Glücke begünstigt war. Iljäs Aga ist der dickste Albanese, welchen wir bis jetzt gesehen haben, ohne dass er­sieh darum in Europa durch seinen Leibesumfang besonders bemerklich machen würde, und aus seinem hochgefärbten Gesichte blickt Zufriedenheit, Offenheit, selbst eine gewisse Jovialität, lauter Züge, die bei seinen Landsleuten nur als seltene Ausnahmen zu finden sind. Wir freuten uns daher unsere Bekanntschaft mit ihm in Ochrida fortsetzen zu können, wohin er uns, nebst seinem Leibpalikaren Bairam, nach wenig Tagen nachfolgte. Dieser letztere gehörte zu den schönsten Männern seines Volkes, und fiel uns besonders durch den wunder­baren Wechsel im Ausdrucke seiner Gesichtszüge auf, in denen sich stets der Gegenstand, von dem er sprach, wiederspiegelte. Er war viele Jahre lang Wildfang gewesen (ich ziehe die Bezeichnung- dem Worte Bäuber vor, weil es für diese Lebensart der jungen Albanesen zutref­fender zu sein scheint), und war daher in den Ortsangelegenheiten seiner Heimath vortefflich bewandert, und seine Antworten folgten stets mit Blitzesschnelle unseren Fragen, doch erklärte er selbst, dass er für die Richtigkeit seines Stundenmasses nicht unbedingt stehen könne, und zwar besonders dann, wenn er dasselbe nicht von Andern wisse, sondern selbst abschätzen

[) Die türkische Form für Elias.

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müsse. Ich verdanke ihm den grössten Theil meiner Angaben über Diwra und dessen Umgegend. Doch verwies er über einige Partien an seinen Herrn, der dort noch besser als er zu Hause sei. Dies war namentlich bei dem 15—16 Stunden langen, reich mit Dörfern besetzten Thale des Radikabaches der Fall, welcher sich eine starke halbe Stunde südlich von Diwra in den Drin ergiesst, von dem ich ganz zufälligerweise durch Bairam die erste Kunde erhielt. Als ich dann Iljäs Aga in mehreren Sitzungen dieses Bachgebiet abfragte, erfuhr ich. dass Kritschowo nicht sechs Stunden, wie es die Kiepert'sehe Karte nach Bou6 ansetzt, sondern zwölf Stunden von Diwra sei, der Abstand Diwra's von Ochrida eben so viel betrage, während Kiepert nach Dr. Mül l e r denselben nur zu acht Stunden annimmt. Dazu kam noch, dass ich auch in der Landschaft Mal i 91. welche von Diwra durch den Drin getrennt wird, keinen einzigen der auf der Kiepert'schen und auf der reich mit Namen ausgestatteten türki­schen Karte auffinden konnte, sondern statt ihrer lauter neue Namen nennen hörte, und dass ich daher, um sicher zu gehen, mich nicht mit den Aussagen eines Einzelnen über diese Gegenden begnügen durfte; natürlich kamen hierdurch in den Stundenmassen gar manche Widersprüche zu Tage, welche wo möglich durch Confrontationen gelöst werden mussten.

Ich hatte daher, während unseres zweitägigen Aufenthaltes in Diwra, alle Hände voll zu thun, um mich in dieser völlig neuen Welt zurecht zu finden, und bekam von der Stadt nur wenig zu sehen. Doch machte ich unter der Führung des Bischofs von Kritschowo einen langen Spazierritt durch den Bazar und die Hauptquartiere, wobei mir aber nichts Bemerkens-werthes aufstiess. Die türkischen Städte haben sowohl von Aussen, als im Innern eine weit grössere Familienähnlichkeit, als die abendländischen. Den Vordergrund der meist sehr malerischen Aussenansicht bilden die sich vor fast allen Thoren weit hinziehenden Leichen­äcker, mit unzähligen, aufrecht stehenden, meist unbehauenen Grabsteinen; dann folgt die grünumbuschte, je nach dem Standpunkte breitere oder schmalere Häuserlinie, nur von Minarets, Moscheenkuppeln und Cypressen überragt. In der Begel lehnt sich die Stadt an den Fuss einer Anhöhe, die mit einer Festung gekrönt ist, zu welcher die Häusermasse pyramidalisch aufsteigt. In schreiendem Gegensatze zu diesem reizenden Bilde stehen in der Regel die Stadteingänge, denn sie sind fast immer die am meisten verwahrlosten Theile. Die Bazarstrasse durchschneidet meist die Mitte der Stadt, und ist also zugleich auch die Haupt­strasse. Sie wird von einstöckigen Bretterbuden gebildet, in welcher Kaufleute und Hand­werker Tags über ihre Geschäfte treiben, und die sie bei Sonnenuntergang verschliessen, um in ihre stets vom Bazar abliegenden Wohnungen zurückzukehren. Bei dieser scharfen Trennung des Berufes und Famlienlebens kann natürlich der Geschäftsmann niemals in dem Grade mit seinem Berufe verwachsen, wie bei uns, wo schon das Kind die aus dem Berufe des Vaters erwachsenden Eindrücke zugleich mit der Muttermilch einsaugt. Die Strassen, in denen die Wohnhäuser liegen, sind, namentlich in den inneren Vierteln, sehr eng und winkelig. An den beiden Häuserwänden laufen Trottoirs für die Fussgänger in der Mitte der Strasse, und etwa einen halben oder ganzen Fuss tiefer der ohngefähr einen Meter breite Weg für die Saum-thiere. Der untere Stock derjenigen Häuser, welche nicht im Hofraume, sondern hart an der Strasse liegen, ist fensterlos, so dass die unbeworfenen Hausmauern nur durch die Hausthore unterbrochen werden. Der obere Stock springt über den untern mehr oder weniger in die Strasse vor. Erst seine Mauern sind mit einem Kalkbewurf versehen, seine Fenster aber sind in der Regel durch ein Holzgitter verschlossen. Die freien Plätze bei den Moscheen dienen zu Begräbnissstätten.

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Die Stadt Diwra hat nichts aufzuweisen, was von dieser allgemeinen Stadtform irgend wie abwiche. In dem ausgedehnten Bazar bemerkten wir eine lange Beihe von Waffen­schmieden und der Bischof behauptete, dass ihre Arbeiten denen von Prisrend gleich geachtet würden. In einer Seitenstrasse begegneten wir einem kleinen mit Brennholz beladenen Maul­thier, dessen Kopf eine entfernte Ähnlichkeit mit einem Ochsenschädel hatte, und der Bischof sagte uns, dass dies ein Bastard von einer Kuh und einem Esel sei. Ich bemerkte ihm dagegen, dass ich zwar auch anderwärts von solchen Kreuzungen gehört hätte, aber dennoch deren Möglichkeit bestreiten müsste, und fragte ihn, ob er jemals ein solches Fohlen an einer Kuh habe saugen sehen. Er verneinte zwar diese Frage, meinte aber, dass er desswegen dennoch von der Richtigkeit der Thatsache überzeugt wäre, indem solche Maulthiere namentlich in Kritschowo und Diwra gar nicht selten und wegen ihrer grossen Dauerhaftigkeit sehr geschätzt seien, und daher theurer als gewöhnliche Mäuler bezahlt würden. Die populäre Naturlehre wimmelt von dergleichen abenteuerlichen Vorstellungen, und es möchte sich der Mühe lohnen eine Sammlung derselben zu machen und sie mit den im Abendlande herrschenden ähnlichen Volksansichten zu vergleichen. So weit ich dieses Feld überblicke, dürften sich viele Uber­einstimmungen finden und diese auf eine alte gemeinsame Quelle derselben hinweisen.

Der Bischof und Iljäs Aga geben übereinstimmend die Häuserzahl der Stadt auf 2000 an, von welchen jedoch nur 170 christlich-bulgarisch, die übrigen muhammedanisch-albanesisch sind. Meine Fragen nach der Geschichte von Diwra blieben, wie vorauszusehen, ohne Ergebniss. Alles, was Iljäs Aga darüber wusste, beschränkte sich auf den Namen des Erbauers der Stadt­festung Hoschdol Hassan Pascha, welcher vor 400 Jahren lebte, auf einem Feldzuge gegen Ungarn blieb und in Warasdin begraben wurde. Er gilt für einen Heiligen, und es wird noch immer zu seinem wunderthätigen Grabe gepilgert. Dieses Grab ist noch wohl erhalten, während die von ihm erbaute Festung seit 50 Jahren in Trümmern liegt. Von ihm an soll das Paschalik in ununterbrochener Reihenfolge in seiner Familie erblich gewesen sein. Der letzte dieses Stammes war Isak Pascha. Er regierte bis vor 30 Jahren, betheiligte sich aber an den Auf­ständen gegen die Reform, wurde zur Strafe verbannt und starb in der Fremde. Er unterhielt eine Leibwache von 400 Reitern und zahlte 100 Beutel jährlichen Tribut an die Pforte, während sie jetzt an 3000 Beutel von Diwra zieht.

Am Nachmittage des folgenden Tages besuchten wir die warmen Schwefelquellen von Diwra, welche 1% Stunden von der Stadt entfernt bei dem Dörfchen Bajntscho an der Mün­dung eines öden Seitenthaies in das Hauptthal liegen. Ich ritt mit dem Schiffslieutenant auf Iljäs Agas Pferden dahin, während der Doctor die Gesammtansicht von Diwra aufnahm, damit aber ebenso wenig glücklich war, als mit den am folgenden Tage aufgenommenen Porträten des Paschas, seines zwölfjährigen Sohnes und unseres Hausherrn. Vermuthlich lag die Schuld an dem Diwraner Wasser, denn da ihm das destillirte Wasser seit langem ausgegangen, so war er an dasjenige verwiesen, welches die Ortliohkeit hergab.

Nach einem angenehmen Ritt längs der reich mit Dörfern besetzten, rechten Thal wand gelangten wir zu einer Mühle, welche von dem Wasser dieser Quellen getrieben wird, doch hatten sie uns lange vorher ihre Nachbarschaft durch leichten Schwefelduft angezeigt, welchen sie uns entgegen schickten. Die Badehäuser lagen etwas höher thalaufwärts, doch sahen wir nur noch eine Kuppel, die andere war eingestürzt, indessen wird auch ihre Quelle bei starkem Zuspruch noch benutzt. Das erhaltene Bad war von badenden Weibern besetzt; wir besuchten daher erst das verfallene, dessen siebeneckiges Bassin einen Durchmesser von 41/* Meter hat

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und V/s Meter tief ist; in der Mitte ist eine steinerne Sitzbank angebracht. Das Wasser zeigte am Sprudel 32 Grad Bdaumur. Das erhaltene Bad steht von dem alten 40 Schritte ab, sein Bassin ist viereckig und hat zwischen 7 und 8 Meter im Gevierte, ein Kühlzimmer führt zu demselben; das Wasser zeigt hier 39 Grad. Es war in beiden Quellen vollkommen klar und schmeckte wie leichte Fleischbrühe.

Die Frauen räumten den Platz auf die erste Aufforderung. Es waren ihrer etwa 20, und sie gingen sämmtlich zu Fuss. Wir ritten an ihnen vorüber, sie sahen uns offen ins Gesicht und lachten hinter uns her, gaben aber über die erlittene Störung keinerlei Zeichen von Unwillen kund.

XXII . Struga.

Am folgenden Morgen (23. September) setzten wir unsere Beise nach Ochrida fort. Als wir nach einem halbstündigen Bitt durch das Südende der Diwraebene zur Mündung der neu entdeckten Bädika in den schwarzen Drin herabstiegen, waren wir über die eigenthümliche Bodengestaltung ihrer Umgebung verwundert, denn die Wendung, welche hier der Drin gegen Westen macht, ist so plötzlich und scharf, dass sie, wenn man den Wasserlauf nicht beachtet, weit mehr das Bädikathal, als die Fortsetzung des Drinthals, und den Drin als einen hier ein­mündenden Nebenfluss erscheinen lässt. Die Kiepert'sche Karte hat diese Wendung des Drin sehr richtig angegeben, nur erscheint die Bädika auf ihr als ein unbedeutendes Bächlein. Von ihrer Mündung erblickt man in einer Entfernung von kaum 15 Minuten den kühnen Brücken­bogen, über welchen die Strasse von Diwra nach Elbassan führt, sie heisst die Höhlenbrücke (ure spilese), doch wollte niemand aus unserer zahlreichen Bedeckung diesen Weg kennen.

Fünf Stunden lang führt unser Weg auf der sanfteren Böschung der östlichen Thalwand durch die Flussenge, welche nirgends einen Uferstreif neben dem Bette des Drin übrig lässt. Bei dem Dorfe Seize fallen aber die beiden Felswände so steil in den Fluss ab, dass der Weg vom Ost- auf das Westufer übergehen und hier einen weiten Bogen machen muss, bis er den Fluss wieder erreicht.

Die Brücke, welche hier über den Fluss führt, besteht aus einer von gemauerten Pfeilern getragenen dünnen Balkenlage und dürfte der Wucht der eingezwängten Hochwasser auf die Dauer wohl ebenso wenig widerstehen, als ihre viel besser gearbeitete Vorgängerin, an deren Trümmern wir kurz vorher vorüber gezogen waren. Nicht weit von dieser hatten wir das Seitenthal von Kotschatschik gekreuzt. Dieses Dorf liegt anderthalb Stunden östlich vom Drin, um eine auf einem hohen und steilen Felsen gelegene stattliehe Festungsruine, an deren Fuss der Weg von Ochrida nach Kritschowo vorüberzieht. Sie besitzt eine grosse vortrefflich gebaute Cisterne und von dieser erzählt man dieselhe Geschichte, welche uns Barletius in seinem Leben Skanderbegs von der Übergabe Sfetigrads berichtet; es heisst nämlich, dass die Türken diese Festung lange vergeblich belagert hätten, und sie endlich nur dadurch in ihre Gewalt bringen konnten, dass sie einen Verräther erkauften, welcher einen todten Hund in diese Cisterne warf, worauf die Besatzung lieber die Festung übergeben, als aus der Cisterne getrunken habe. Die Zeit, wann sich dies ereignete, wird von der Sage, ihrer Art nach, nicht angegeben, doch spricht noch der weitere Umstand für die Verlegung von Sfetigrad nach Kotschatschik, dass seine Bewohner sich durch die Beinheit, mit welcher sie das Türkische sprechen, vor allen ihren Nachbarn auszeichnen, und sie behaupten, dass ihre Voreltern von den Sultanen aus Klein-Asien hierher verpflanzt worden seien, um diese wichtige Festung zu

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bewachen. Denn wir wissen aus Barletius, dass die Bürger von Sfetigrad nach dem Über-gabsvertrage die Festung verlassen und in die Vorstädte ziehen mussten, und anderweitige Beispiele machen es nicht unwahrscheinlich, dass sie im Laufe der "Zeit durch die Zuwanderer auch aus diesen verdrängt worden seien.

Dagegen weiss Niemand mehr anzugeben, wie die Festung früher geheissen, und behauptete Iljäs Aga und der Bischof von Kritschowo, man wisse hier Landes nicht anders, als dass Kraschtani, deren ausgedehnter Uberreste wir oben gedachten, in früheren Zeiten Sfetigrad geheissen. Indessen beschreibt Barletius Sfetigrad als eine kleine, auf unersteiglichem Felsen gelegene Bergstadt, während jene umfangreichen Stadtreste am Rande der Drinebene liegen und durchaus nicht brunnenarm sind.

Die Entfernung Sfetigrads von Kroja, welche Barletius auf 70.000 Schritt oder 23 türkische Stunden *) angiebt, dürfte zu dem Orte führen, wo der Weg von Diwra nach Ochrida vom West­auf das Ostufer des schwarzen Drin überführt. Dieser Punkt dürfte wohl zu allen Zeiten als der natürliche Schlüssel des Flusspasses und der grossen Strugaebene betrachtet worden sein, und darum finden sich in dieser Gegend nicht nur mehrfache Reste alter Befestigungen, sondern wird auch heutzutage diese Brücke, von zwei an ihren beiden Enden gelegenen viereckigen Pisd-Thürmen vertheidigt, und ist in ihrer Mitte ein grosses Gatterthor angebracht, durch welches der Ubergang abgesperrt werden kann. Diese Befestigungen sind zwar höchst primi­tiver Art, und scheinen nicht sowohl auf den Schutz von Diwra, als vielmehr zu Abhaltung der Diwraner von der Ebene berechnet zu sein, da es bei diesen hergebracht ist, in aufgeregten Zeiten die Ebene mit Baubeinfällen zu behelligen. Doch müssen sie gegen diese alles Geschützes entbehrenden Hochländer für hinreichend erkannt worden sein, weil man sie, wenn anders, nicht wohl angelegt hätte.

Hier aber findet sich keine der Beschreibung des Barletius entsprechende Ortlichkeit, und von allen Eingeborenen und in der Umgegend beschäftigten Fremden, welche ich in Ochrida an Bazartagen zu mir holen liess, wollte kein einziger jemals die Geschichte von dem todten Hunde oder dem Namen Sfetigrad gehört haben. Die armen Leute waren freilich durch ihre plötzliche Vorforderung vom Bazarwege sehr befangen, und beantworteten daher alle meine Fragen mit stereotypem nesnam (ich weiss es nicht). Doch lieferten auch anderweitige Erkun­digungen bei gebildeten Einwohnern von Struga und Ochrida über diese Frage keine befrie­digenden Ergebnisse, so dass ich die Auffindung des alten Sfetigrad meinen Nachfolgern überlassen muss. Das Dorf Dopowjani gehört Hass Begu, welcher dort einen stattlichen Thurm erbaut hat; wir mussten jedoch in dem auf dem östlichen Drinufer und unweit der Brücke gelegenen Haue übernachten, weil der Verwalter des Bei's nach Ochrida gegangen war und den Thurmschlüssel mit sich genommen hatte. Das eine Gemach des oberen Stockes des bau­fälligen Hauses diente als Heumagazin, wir schlugen darin unsere Herberge auf, indem wir die Einwände des Handschi (Wirthes) überhörten. Der lange unter häufigen Regenschauern zurückgelegte Ritt hatte uns durstig gemacht, das erste Verlangen, welches wir an den Handschi richteten, war nach Wein; er erwiederte, dass er keinen alten mehr habe, dass aber sein Most in der ersten Gährung und bereits sehr trinkbar sei, wir sollten ihn nur einmal ver­suchen und würden davon gewiss mehr als von dem alten trinken. Der Mann hatte in jeder

S. III schätzt er dieselbe Entfernung auf 480 Stadien, was nach unserer Annahme, von 20 Stadien per Stunde, 24 geogra­phische Stunden oder 20 türkische Stunden ergeben würde.

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Beziehung Recht, und die Herberge von Dopowjani war die heiterste der ganzen Reise und gehört sicher zu unseren angenehmsten Reiseerinnerungen. Ich gedenke dieses Herganges nur, weil es Beachtung verdient, dass wir in dieser Breite auf einer Meereshöhe von wenigstens 2250 Fuss am 23. September vortrefflichen „Federweiss" antrafen.

Am folgenden Morgen ritten wir bei dem schönsten Wetter gemächlich dem Städtchen Struga zu, das zwei Stunden südlich von Dopowjani an der Stelle liegt, wo der schwarze Drin aus dem See von Ochrida fliesst. Wir durchschnitten dabei die herrliche Ebene von Struga, welche eine völlige steinlose und meist vollkommen wagrechte Fläche von 3 — 4 Stunden westöstlicher Breite bildet. Sie machte uns den Eindruck alten Seebodens, mag sie nun allmählig aus diesem aufgestiegen oder der See langsam von ihr gewichen sein. Obwohl reich mit Dörfern besetzt, dient sie, so weit wir vom Wege absehen konnten, doch grössten­tei ls als Viehweide.

Nicht wenig erstaunte ich auf den Ackerflächen unsern schweren deutschen Räderpflug mit Messer und Pflugschar, Streichbret und Doppelsterzen in Arbeit zu finden. Denn auf allen meinen Reisen durch die Halbinsel begegnete ich ihm hier zum ersten Male; nach allen ein­gezogenen Erkundigungen beschränkt sich sein Gebrauch auf die Ebene von Struga, und sind bis jetzt alle Bemühungen, ihn auch anderwärts einzuführen, missglückt. Er wurde wenigstens von zwei, hie und da auch von drei hinter einander gespannten Ochsenpaaren gezogen. Diese Erscheinung, verbunden mit der meist schwärzlichen Bodenfarbe, brachte mich auf die Vermuthung, dass die Strugaebene zu dem fruchtbarsten Marschboden gehöre, ich war daher sehr überrascht, als man mir sagte, dass er in der Regel nur das fünfte Korn ergebe, und dass das sechste zu den Seltenheiten gehöre. Diese geringe Tragbarkeit der Ebene wurde auch anderweit bestätigt, und hierin mag vielleicht der Grund ihres geringen Anbaues liegen. Die starken Bestellungskosten stehen jedenfalls ausser Verhältniss zu dem Ertrage und machen daher die Weide rentabler als den Feldbau. Um die meisten Pflüge waren ausser den Ochsen­führern und Pflügern auch noch andere Arbeiter beschäftigt, welche die Schollen zerschlugen, und auch wohl die grösseren Graswurzeln beseitigten. Von künstlicher Düngwirthschaft war keine Spur zu finden.

Struga liegt zu beiden Seiten des Ausflusses des Drin aus dem See und wird von dem Flusse in eine mohammedanische und eine christliche Hälfte getheilt. Die christlich-bulgarische Hälfte liegt mit 361 Häusern auf der Westseite, die Osthälfte zählt 220 muhammedanische und 30 christliche Häuser.

Der Bazar hat 180 Buden, welche eine weit reichere Auswahl von Artikeln zeigten, als die albanesischen Märkte von gleicher Ausdehnung; und den stattlichen dreistöckigen, meist neugebauten Häusern im Christenviertel nach zu schliessen muss hier eine ziemliche Anzahl reicher Leute wohnen. Die hiesige Architektur ist leider so gut wie styllos. Die Fronten sind vollkommen glatt und schmucklos und nur durch die grosse Anzahl ihrer dicht aneinander gereihten Fenster auffallend, deren Flächenräume die der Wände weit übertrifft. Nur die hölzernen Gesimse zeigen hie und da leichte Anflüge des Zopfstyles. Auf der ganzen Halb­insel muss dem Beobachter derselbe schreiende Gegensatz der öden Charakterlosigkeit der meist christlichen Neubauten zu den scharfgeprägten und bis zu seinen feinsten Spitzen durch gebildeten Charakter des mehr und mehr verschwindenden türkischen Baustyles auffallen.

Der Abfluss aus dem See hat fast immer die gleiche Höhe, denn der Wechsel von seinem niedersten Stande bis zu dem stärksten Hochwasser beträgt kaum 4 Fuss. Zwei Brücken von

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90 Fuss Läno-e führen über ihn, und in der Stadt treibt er mehrere Mühlen, Gleich dem nörd-liehen Seeufer sind auch seine Ufer sumpfig, und die Stadt hat daher, namentlich in der Regenzeit des Frühjahres und Herbstes, viel vom Wechselfieber zu leiden1).

Eine Haupterwerbsquelle der Struganer bildet der Fang und die Trocknung der Aale und anderer Fische, an welchen der See ungemein reich ist2). Besonders bei Südwind, welcher das sonst krystallreine Seewasser trübt, drängen sie sich gegen das Nordufer und namentlich in den Abfluss, und die dort angebrachten aus Rohr verfertigten immer enger werdenden Gänge und fangen sich in den an ihren Enden angebrachten Gruben von selbst. Dieser Fisch­fang gehört der Regierung, und sie verpachtet ihn nebst einigen anderen kleineren Gerecht­samen, wie z.B. den Brückenzoll von Struga, jährlich an den Meistbietenden. Dies war damals Iljäs Aga, der dafür, wie es hiess, 230.000 Piaster gegeben und mit nicht geringem Gewinne an die Unterpächter der einzelnen Seedistricte abgegeben hatte. Sein Aufseher brachte uns zwei herrliche Aale von Klafterlänge, welche unser erstes Abendessen in Ochrida bildeten.

XXIH. Der See von Ochrida.

Man wies uns eines der bestenund grössten Häuser der Stadt zur Wohnung an. Es stand vollkommen zu unserer Verfügung, denn der Eigenthümer war vor einigen Jahren mit seiner ganzen Familie nach Constantinopel übersiedelt. An Meubeln war gerade kein Uberfluss; doch war der an den drei Seiten des mit Ölfarbe ausgemalten Salons laufende Divan mit Polstern und Kissen versehen und der Boden mit einem fast neuen weissen Binsenteppich bedeckt. Für die nöthigen Tische und Stühle sorgte ein Verwandter des Hauseigentümers, Herr Adronikos, welcher dessen Stelle vertrat, und welchem wir für die Art und Weise, wie er dies that, zu aufrichtigem Dank verpflichtet sind. Wir müssen diese Anerkennung auch auf

*) Bout, Itineraires I. S. 263. 2) Unser Hausherr in Ochrida dictirte uns das folgende Verzeichniss der in dem See von Ochrida vorkommenden essbaren

Fische in die Feder, welches nicht weniger als 13 verschiedene Arten aufweist. Von demselben weichen die an Ort und Stelle nach der Natur gezeichneten 12 F i scharten dieses Sees, welche ich der Güte des Herrn Edmund C a l v e r t , Bruders des englischen Consuls in Monastir, verdanke, nur unbedeutend ab.

I. Sommerfische, d. h. solche, welche vorzugsweise im Sommer gefangen werden: 1. Sardellen, auf bulgarisch: „Plaschitza" genannt, welche gesalzen und in der Sonne getrocknet werden; sie kosten

20 Para die Okka, auf welche 50 — 100 Stück gehen. 2. Grunzäs, von denen 20—30 Stück auf die Okka gehen, die im Durchschnitt 1 Piaster, mitunter aber auch nur

10 Para kostet. 3. Skopalia, 8—10 Stück per Okka, Preis 1 Piaster im Durchschnitt. 4. Pissäs, 4 Stück = 1 Okka = 60 Para. δ . Taklenia, 1—3 Stück == 1 Okka = 60 Para. 6. Grapia (Karpfen), 10—15 Stück == 1 Okka = 60 Para. 7. Belwitzäe (Forelle), 4—6 Stück = 1 Okka = 3y 2 Piaster, sie sind von vorzüglicher Güte , und gelten hier für eine

so leichte Speise, dass sie, in Wasser gekocht, von den Ärzten den Kranken verordnet werden. 8. Letnitzäs (Lachsforellen?), 2—3 Stück =» 1 Okka = Piaster. Unter allen See- und Flussfischen, die wir gegessen

haben, halten wir die Ochridaner Lachsforelle für die beste. Sie wird auch gesalzen und getrocknet. II. Winterfische:

9. Kresnitzäs, 1 Stück = 2 Okka ä 4 Piaster per Okka. 10. Korania, 1 Stück == 1—4 Okka a 3V 2 Piaster per Okka. 11. Weibliche Korania kosten nur 100 Para per Okka. 12. Mrenäs, 8 - 9 Stück =s 1 Okka = 60 Para, sie sind bunt und grütenreich. Ihr Kopf ist unessbar. Zigeunerspeise. 13. Aale, welche Winters und Sommers bei hohem Wellenschlag gefangen werden, und bis 3 Okka wiegen; die Okka

kostet 372—4 Piaster, frisch. Was nicht frisch abgeht, wird gesalzen und an der Sonne getrocknet und nach allen Theilen Rumeliens verschickt.

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Frau Zographinu, seine Gemahlin, ausdehnen, welche die Sorge für unseren Tisch übernahm und derselben während unseres langen Aufenthaltes in einer Weise oblag, dass die Erinnerung daran zu den angenehmsten der ganzen Reise gehört.

Unser Haus lag etwa 80 Fuss über dem Seespiegel, und seine zahlreichen hohen Glas­fenster gewährten den vollsten Uberblick über denselben und die schön geschnittenen Berg-und Hügelketten, welche ihn einfassen. Der tiefer liegende Theil der Stadt, den die alte, jetzt als Moschee dienende Sophienkirche beherrscht, bildet einen entsprechenden Vordergrund zu diesem Adel und Ruhe athmenden Bilde, dessen Anblick uns stets von neuem die Erinnerung an den Lago Maggiore erweckte, so wenig wir auch einen greifbaren Grund dafür anzugeben wüssten. Wir können nur so viel sagen, dass, so oft wir zum Fenster hinausblickten, uns italienischer Seehauch anwehte. Doch sind solche Eindrücke natürlich sehr subjectiv, und Andere, die in einer andern Jahreszeit und nicht vom Drin und Diwra herkommen, mögen denselben nicht empfinden

Der Mudir Kjasim Bei erschien kurz nach unserer Ankunft, ein junger, blühender Mann, von kaum 30 Jahren und gewinnendem Ausseren. Er stammt aus einem angesehenen albane­sischen Geschlechte in Konitza, das Griechische ist daher so zu sagen seine Muttersprache, denn Konitza ist bekanntlich die nördlichste Spitze des rein griechischen Sprachgebietes von Epirus, welches ein sich an die Pinduskette anschliessendes Dreieck bildet, dessen Basis der Golf von Arta ist2).

Er ist ein Zögling der Schule für Administrativbeamte in Constantinopel. Wir begegneten in Resnja einem Schulkameraden desselben und können, wenn alle Zöglinge der Anstalt diesen beiden entsprechen, der Pforte zu derselben nur Glück wünschen, denn wenn es mit den gewollten Reformen Ernst werden sollte, so musste auch an die nöthigen Organe zu deren Durchführung gedacht werden, und dergleichen waren einmal in den Kreisen, aus welchen früher die Administrativbeamten genommen wurden, nicht vorhanden. An diesem schreienden Widerspruche laborirte die ganze türkische Administrativbranche, und wenn es jene Schule dahin bringt, diesen Widerspruch allmälig auszugleichen, so wird sie sich unberechenbare Verdienste um das Reich erworben haben. Da diese Branche bisher einer Maschine glich, die von ungeschulten Händen geleitet wurde, so musste sich jeder wundern, dass sie überhaupt nur ging. Will man nun die Maschine nicht in der Art vereinfachen, dass sie auch ungeschulten Händen gehorcht, so muss man dieselben schulen. Wir wünschen daher jener Anstalt von ganzem Herzen das beste Gedeihen und die sorgsamste Pflege.

Ich hatte seit langem beschlossen unser kostspieliges Gefolge zu verringern, welches selbst auf den Drin nur von geringem Nutzen gewesen, von nun aber nur lästiger Ballast war. Von den drei Matrosen sollten zwei über Durazzo nach Triest gehen und nur einer zu unserer persönlichen Bedienung bei uns bleiben. Ich wandte mich zu dem Ende an den Mudir, welcher sogleich deren Instradirung übernahm und für Pferde, Reisepass (Bujurdi) und einen Mann zur Escorte zu sorgen versprach. Am folgenden Abend gingen die Matrosen noch bis

*) Doch auch Ami Bouo (Itineraires II. S. 98) schreibt von Sweti Naum aus : Ochri l'ancien Ochrida avec sa butte et son chateau font au bout du lac un effet analogue ä Geneve sur celui du L£man. Cette association de localitos vient d'autant plus vite a l'esprit de Tobservateur que la meme couleur bleue et la mäme transparence des eaux distinguent ^minemment les deux lacs. Si Tun d'eux devait avoir plus de transparence que l'autre, ce serait celui dOchrida, car comme dans le Rhone ä Geneve on pouvait distinguer les poissons au fond de l'eau depuis les fenetres du couvent

2) S. Albanes. Studien I. S. 14. Dies Dreieck fehlt auf Lejeans Sprachenkarte der europäischen Türkei.

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nach Struga, um den von Durazzo abgehenden Dampfer mit grösserer Bequemlichkeit erreichen zu können, und Herr v. Spaun gab ihnen zwei seiner Gewehre mit, um auch in dieser Hinsicht unseren Ballast zu verringern.

Wir beschlossen unsererseits, auf Herrn Andron ikos Bath, das schöne Wetter sofort zu einer Umfahrt auf dem See zu benutzen und die Untersuchung der Stadt und ihrer Umge-gend auf unsere Bückkehr zu verschieben. Herr Andron ikos erborgte zu dem Ende die Barke des Mudir, welcher uns Anfangs begleiten wollte, dann aber wegen unvorhergesehener Geschäfte zurückbleiben musste, miethete eine zweite dazu, traf alle nöthigen Proviantirungs-anstalten, und am Morgen des 26. September schiffte er sich mit uns und seinem jüngsten Sohne ein.

Eine solche Seebarke ist von so eigenthümlicher Gestaltung, dass wir deren Erfindung etwa in das Steinzeitalter verlegen möchten. Sie hat nämlich, trotz ihrer ganz ansehnlichen Verhältnisse, einen vollkommen glatten Boden, um auch an seichten Uferstellen landen zu können, da aber der See bei starkem Winde hohe Wogen wirft, so suchte man ihr Schwanken dadurch zu massigen, dass man an den beiden Aussenseiten schuhdicke und breite Balken in der Art befestigte, dass deren untere Seite mit dem Boden der Barke eine Fläche bildet; diese Seitenbalken kosten mehr als die Hälfte des ganzen Fahrzeuges, denn ihr Preis beträgt C—700 Piaster, während ein Boot erster Grösse im Ganzen auf 1200 Piaster kommt. Sie sind von Tannenholz, an welchem der Galitschitza Berg, der sich zwei Stunden südöstlich vom Kloster Sweti Naum erhebt, sehr reich sein soll. Von dort kommen auch Mastbäume, welche bis zum Dorfe Trapesitza mit Ochsen geschleift werden. Die Galitschitza ist der höchste Gipfel des zwischen den Seen von Ochrida und Presba von Nord nach Süd streichenden ansehnlichen Gebirgsrückens, während die zwischen dem Westufer des Ochrida-Sees und dem Thale des Schkumbflusses jenem Bücken parallel laufenden Hügelketten in ihren vom See aus sichtbaren Spitzen schwerlich 400 Fuss erreichen dürften. Gleichwohl grenzt ihre sanft geschwungene und nirgends durchbrochene Umrisslinie nicht nur vom See, sondern auch vom Festungshügel der Stadt aus gesehen, die Landschaft gegen den Horizont ab. Die dahinter liegenden Höhen können daher nicht bedeutend höher sein, weil sie sonst über dieselben hervorragen mussten.

Anders in südwestlicher Bichtung, wo ein bedeutender, wie es scheint, von Süd nach Nord laufender Gebirgsrücken den Seegürtel weit überragt. Er steigt jäh zu seinem höchsten Gipfel auf, der, von hier aus gesehen, einem Würfel gleicht und Kameni (slaw. Stein) heisst. Derselbe ist drei Stunden vom See und sechs Stunden von der Stadt Goritza entfernt. Die Schiffer erzählten, dass einstmals Einer auf diesem Gipfel einen Thurm gebaut, vorher aber, um dahin zu gelangen, Stufen in den senkrechten Felsen habe hauen lassen, auf denen man, wenn auch mit Schwierigkeit, noch jetzt zu den Überresten des Thurmes gelangen könne. Näheres über diesen Einen wussten sie aber nicht anzugeben. Wir möchten es bezweifeln, ob jemals Einer auf den Gedanken gekommen sei, auf so unbequemer Höhe ein Schloss zu bauen. Der Punkt scheint vielmehr zu einem alten Opferplatze geeignet gewesen zu sein, und im Mittelalter könnten ihn dann Einsiedler, deren Spur wir in diesen Ländern so häufig begegnen, etwa zur Wohnung benutzt haben. Ich empfehle diesen Gipfel meinen Nachfolgern auch als einen vortrefflichen Orientirungspunkt, uns lag er zu weit seitab, wir hatten zu diesem Zwecke den Galitschitzagipfel ausersehen welcher den Uberblick über die beiden Seen, zwischen denen er liegt, und die Ebene von Goritza mit dem Dewolflusse und dem Maliksee

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gewährt, und ich muss es lebhaft bedauern, dass uns die Umstände an dessen Besteigung ver­hindert haben.

Von diesem Gipfel sagen die Seeleute, dass er ebenso hoch, als der See tief sei, und dass die grösste Tiefe des letzteren, unmittelbar an dessen Ostfuss bei Trapesitza falle, und 360 Klafter (Orjäs) betrage. Wer aber beide gemessen habe, wissen sie nicht anzugeben. Die Bergwurzel müsste hienach gerade bis zum Meeresspiegel reichen, dagegen möchte die relative Höhe des Berges mit 2100 Fuss vielleicht nicht übertrieben sein, und zeigt die Angabe wenig­stens von der Kenntniss, dass sich in dieser Hinsicht die Gegensätze, auch in der Natur, gewöhnlich berühren. Die Schiffer behaupten auch, dass das Seewasser leichter sei, als das aller in dasselbe mündenden Quellen der Umgegend, und dass das letztere daher zu Boden sinke, ohne sich mit dem Seewasser zu mischen. Vermuthlich erklärt sich diese Beobachtung aus der verschiedenen Temperatur bei dem Wasser, indem die in der Nähe des Sees aus dem Felsen hervorbrechenden oder im Schatten der Bäume fliessenden Zuflüsse meist kälter als der Seespiegel sein dürften. Übrigens wissen die Ochridaner, dass das Wasser des Sees je tiefer, um so kälter, und lassen bei ihren Fahrten nach dem Kloster leicht verstopfte Krüge an Bindfaden in die Tiefe hinab und füllen sie dort, indem sie den an einen zweiten Faden gebundenen Kork heraufziehen.

An Wasserpflanzen bemerkt man nur spärliches und schmächtiges Bohr an den nördlichen und südlichen Flachufern und zwischen denselben hie und da die Blätter der kleinen weiss-blühenden Seerose. Nach weiteren Wasserblumen erkundigten wir uns vergebens, namentlich wollte man nichts von einer rothblühenden wissen. Für die Ableitung des alten Namens des Sees von der Blume Λυχνίς fehlt es daher an der Voraussetzung, ganz abgesehen davon, dass ich keine Stelle anzuführen wüsste, welche die Λυχνίς ausdrücklich als Wasserpflanze bezeichnete. Dagegen fanden wir das Wasser allerdings sehr klar und durchsichtig, und die Schiffer behaupten, dass der See diese Eigenschaft Jahr aus Jahr ein beibehalte und durch heftige Südwinde nur momentan getrübt werde1). Die Länge des Sees wird hier auf 7—73/2

Stunden und seine grösste Breite zwischen Trapesitza und Pischkopu auf drei Stunden ange­geben, und diese Maasse stimmen mit unsern eigenen Beobachtungen so ziemlich überein. Auch heisst es, dass tüchtige Buderer von Struga nach Bogradetz in sechs Zeitstunden fahren können.

Wir fuhren am westlichen Ende der Stadt hin, dessen letzte zwischen dem See und dem senkrechten Felsabsturz des Festungsgipfels eingekeilten Häuser dem Doctor so sehr gefielen, dass er davon später eine sehr gelungene photographische Aufnahme machte, und hielten dann quer über den Nordbusen des Sees, von dessen Ende der schwarze Drin bei dem uns schon bekannten Struga ausströmt, auf das Kloster Kalitschja zu. Herr Andronikos hatte dessen schöne Lage in den Himmel erhoben und durch seine Erzählung von mächtigen Felsen, in die das Kloster hineingebaut sei, unsere Erwartung auf einen recht romantischen Anblick erregt. Je näher wir kamen, desto mehr stieg unsere Enttäuschung, denn die Felsengruppen reducirten sich auf den senkrechten, höchstens 40 Fuss hohen Absturz der gehobenen oder

l) Der See von Jannina dagegen e r k r a n k t , nach dem Ausdrucke der Eingeborenen, alljährlich von Ende Juni an, und erholt sich erst im October wieder. Der ganze See füllt sich dann mit Meerlinsen, sein Wasser wird trübe und fade, und seine Fische und Krebse übelschmeckend, derselbe ist übrigens bedeutend kleiner als der See von Ochrida, und selbst an seinem Ostufer, von welchem der Mitschkoli steil aufsteigt, mit sumpfigem Rohrdickicht eingesäumt, auch liegt er um 1000 Fuss niedriger und entbehrt jedes oberirdischen Abflusses.

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von der Fluth ausgewaschenen Uferbank und einer Masse auf einer schmalen Sohle bunt durcheinander gewürfelten, gedeckten Schuppen und Gallerien. Die Baulichkeiten sind zur Aufnahme der Gäste bestimmt, welche hier nicht nur am Klosterfeste, sondern auch an anderen Festtagen aus Struga und Ochrida zusammenströmen, und entziehen die geringen Steinbauten des alten Klosters gänzlich den Blick. Nachdem wir uns in das Unvermeidliche gefunden, konnten wir nicht umhin, das Bildchen allerliebst zu finden.

Obgleich wir uns nicht hatten ansagen lassen, so wurden wir doch erwartet, utid wie dies allen angesehenen Gästen widerfährt, mit Glockengeläute bewillkommnet. Der Abt empfing uns an der Spitze seines ganzen Hausstandes am Ufer, ein wohlbeleibter, kräftiger Dreissiger, mit üppigem blonden Haar- und Bartwuchs, den man es ansah, dass er mit sieh und der Welt zufrieden war. Er erklärte, dass er mir begegnet sei, als ich von Struga nach Ochrida ritt, und ich hätte ihn damals gegrüsst, ohne ihn zu kennen; er habe gute Augen und mich daher schon von weiter Ferne erkannt. Auf jenen Gruss kam er häufig zurück, um mir zu zeigen, dass er ihn anzuerkennen wisse. Die Christen scheinen hierlandes überhaupt noch streng gewöhnt zu sein, und man sagte mir auch in der Stadt, wie hoch man mir es anrechne, dass ich die Christen eben so freundlich empfinge, wie die Türken, und ihnen sogar ihre Besuche erwiedere. Herr Andron ikos wollte sich Anfangs gar nicht zu Tische setzen, sondern uns bedienen, und als mein Diwraner Gastfreund Ljasko1) bei mir speiste, erschien er erst nach dem Essen, obwohl er sonst gut mit ihm stand.

Wir hatten Mühe den Abt daran zu hindern, Schafe und Kälber schlachten zu lassen, weil wir noch weiter wollten und zu hungrig waren, um seine Vorbereitungen abzuwarten. Herr A n d r o n i k o s hatte in weiser Voraussicht das Frühstück von Ochrida fertig mitgenom­men, dessen Perle eine mit Beis und Bosinen gefüllte Gans bildete, an welche wir alle drei, als an Frau Zographinus Meisterstück, mit vielem Vergnügen noch oft zurück dachten. Die guten Dispositionen, in welchen wir uns auf dem luftigsten Kiosk des Klosters zum Mahl setzten, die herrliche Aussicht über den im schönsten Sonnenschein prangenden See, die Freundlichkeit der Klosterbewohner machten dieses Frühstück zu einer der angenehmsten Erinnerung der ganzen Eeise.

Gegen das Ende desselben landeten zwei Kähne mit wlachischen Familien aus Struga bei dem Kloster. Wir beschlossen sie sogleich zur Staffage unserer Photographie zu benutzen und als Alles dazu vorbereitet war, baten wir Frauen und Männer wieder in ihre Boote zu steigen und sich so ruhig zu verhalten, als ob sie aus Stein gehauen wären. Alles, was sonst im Kloster an lebenden Wesen vorhanden war, wurde auf die verschiedenen Schuppen ver­theilt und sogar der kranke Bischof von Elbassan, der in dem Kloster Beconvalescenz machte, wurde von seinem Lager aufgestört und an ein sonniges Plätzchen gesetzt; da es aber galt das Kloster als ein Ganzes aufzufassen, so wurde ihm leider nur die Dimension eines Beis-kornes zu Theil; er ist daher ebenso, wie alle auf den Kiosken stehenden Figuren, nur durch die Lupe zu erkennen. Im Übrigen fiel das Bild ganz vortrefflich aus, und der gute Wille aller Figuranten giebt sich daran zu erkennen, dass unter ihnen keine einzige Gestalt ver­wischt ist. Dieser gute Wille fehlte überhaupt niemals; Mann, Frau und Kind, Alt und Jung, Geistlich oder Weltlich, gleichviel, welcher Sprache und welchen Glaubens, verweigerte

[) Dies ist die Deminutivform von Elias, "welche gebräuchlicher ist.

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niemals die Bitte uns zu sitzen und that sein Möglichstes die angegebene Stellung einzuhalten, um sein liebes Ich in vortheilhaftester Weise zu verewigen.

Man hatte uns schon in Ochrida von einer Inschrift gesprochen, welche den Sockel eines im Freien stehenden Altars bildet, an dem an grossen Festtagen der Gottesdienst abgehalten wird, weil dann die Klosterkirche, eine Art von niederer Höhlung in der Felsbank, durch Mauerwerk nur wenig erweitert, die Menge nicht zu fassen vermag. Die Gelehrten der Stadt behaupteten, dass die Inschrift von Philipp, des Amyntas Sohn, herrühre, dessen Name darauf zu lesen sei. Wir fanden jedoch, wie auch nicht anders zu erwarten war, eine einfache Grab­schrift aus späterer Zeit vor, in welcher allerdings ein Philippos, jedoch als Sohn des Mun-tanus, verzeichnet war.

Die Ortssage führt das Kloster ebenso, wie das von Sweti Naum, auf Einsiedler zurück, welche dasselbe gegründet hätten, doch ist sogar der Name des Stifters vergessen, und ich habe über dessen Geschichte nicht das Geringste erfahren können. Es ist der Grablegung der Mutter Gottes (κοίμησις της Παναγίας) geweiht. Das Kloster ist reich an Kastanienwaldungen. Die Kastanie zieht sich längs des ganzen Ostfusses des den See beglei­tenden Höhenrückens von Weleschja bis Starowa hin. Die Frucht gehört zur kleinsten Gattung, und die Okka wird in Ochrida im Durchschnitt mit 12 Para (etwa 4V2 Neukreuzer) bezahlt.

Wir fuhren noch an demselben Tage bis zu dem zwei Stunden entfernten bulgarischen Dorfe L in , wo wir bei der Dämmerung ankamen. Das Westufer, dem wir fortwährend nahe blieben, zeigte weithin dieselbe niedere, senkrecht gegen den See abstürzende Felsbank, mit einem schmalen Uferstreifen, in welcher ähnliche Nischen oder Höhlungen sichtbar sind, wie die, welche dem Kloster als Kirche dient. Die Form dieser Felsbank scheint darauf hinzu­deuten, dass der Seespiegel früher beträchtlich höher war, als jetzt. Der See hat jedoch, nach der Versicherung der Anwohner, seit 50 Jahren zugenommen, denn wenn er auch dieses Jahr, wegen der herrschenden Trockenheit, wenigstens um eine Elle niedriger sein soll, als andere Jahre, so bedeckt er doch noch verschiedene Stellen, von denen man sich erinnert, dass sie trocken lagen. Man weiss dafür viele Belege anzuführen, so steht ζ. B. das Kloster Sweti Naum auf einem Felsen, der jetzt unmittelbar in den See abfällt, aber es leben noch mehrere alte Leute, welche sich erinnern, dass früher zwischen diesen Felsen und dem See ein ebener Weg hinlief. Bei dem kleinern Kloster Sweti Saum, das eine Stunde nördlich von Sweti Naum liegt, ist ferner bei ruhigem Wetter eine gepflasterte Tenne und ein Pflasterweg eine Klafter tief unter dem Wasser sichtbar. Endlich wird im Südostwinkel des Sees der sogenannte Acker des Pami jetzt von dem See bedeckt, auf dem der Vater Hussein Bei's von Starowa, wie mir der letztere erzählte, in seiner Jugend oft auf Füchse gelauert habe.

Das Dorf Lin steht auf dem Nordrande einer vom Westufer weit in den See einsprin­genden Landzunge, deren fast ebene Oberfläche 40—50 Fuss höher, als der Wasserspiegel liegt; jedoch krönt es nicht diese Höhe, sondern zieht sich auf einem zwischen dem See und ein Plat3au eingeschobenen, niederen Uferstreifen hin. Auf dem Bande des Plateaus fanden wir Spuren von schmalen Kalksubstructionen; aber alle Erkundigungen nach deren einstigen Bestimmung, nach Inschriften, alten Quadern und Münzen waren erfolglos, und die Leute fühlten sich durch unsere Fragen darnach wie beängstigt, als ob ihnen das vorher nie Gehörte Schaden bringen könnte. Wir begegneten auch anderwärts derselben Ängstlichkeit bei den Bulgaren, wenn wir sie nach Alterthümern fragten.

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Das Dorf hat einen grossen Viehstand, von den Häusern sind viele zweistöckig und reichlich mit Hausrath versehen, in den Höfen standen Wagen und Ackergeräthe aller Art, an dem Ufer lag eine ganze Reihe von Kähnen, die Bevölkerung war gut gekleidet, kurz Alles zeugte von einer gewissen Behäbigkeit.

Am folgenden Morgen setzten wir unsere Fahrt längs des Westufers fort, und ich über­zeugte mich nun durch den Augenschein, dass der Ort Bogradetz wirklich nicht in der Mitte des Westendes, wohin es Viquesnel's und Kieperts Karte versetzt, sondern im äussersten Süd­westwinkel des Sees liege, wie mir bereits in Ochrida versichert worden war. Während die Orte der Ostseite des Sees von Sweti Naum auf dieser Karte ganz richtig angegeben sind, stehen Bogradetz, Lin, Badohodscha in umgekehrter Ordnung mit ihrer wirklichen Lage, und das zwischen ihnen verzeichnete Alt-Struga gehört zwischen Neu-Struga und Ochrida, das an der Südspitze verzeichnete Dorf Pandavinia aber an den See von Swirina. Auch ist die Erinnerung an ein von der Karte dort verzeichnetes Mulischta ausgestorben, wenn überhaupt ein solches jemals dort gestanden hat, was der Name bezweifeln lässt, denn er bedeutet: „Mühlheim", und ich wüsste nicht, mit welchem Wasser seine Mühlen hätten mahlen sollen, da das ganze Ufer geschlossen ist.

Die niedrigste Einsattlung des den See begleitenden Höhenzuges ist hart südlich der Landzunge von Lin. Sie wurde mir nur auf 150 Fuss über dem Seespiegel angegeben, doch wusste man nicht, ob und von wein sie wirklich vermessen worden sei. Der westliche Abhang dieser Einsattlung soll sehr lehn sein und von da ein breites Thal zu der zwei Stunden vom See entfernten Ebene von Domusowo führen, welche vom Flusse Schkumb durchflössen wird. Diese Beobachtung gab zu dem sonderbaren Project Anlass, durch den Sattel einen Canal nach dem Schkumb zu graben, diesen Fluss gleichfalls zu eanalisiren und auf die Weise den See mit dem Meere zu verbinden. Ich fand in Ochrida alle Köpfe von diesem Plane so voll, dass man die Untersuchung dieser Frage als den eigentlichen Zweck meiner Beise vermuthete, und, trotz meiner wiederholten Versicherung des Gegentheiles, Herr Andron ikos nicht begreifen wollte, warum ich den fraglichen Punkt, bei dem wir doch so nahe seien, nicht wenigstens ansehen wollte. Gleichwohl hatte ich ihm bereits schon früher begreiflich zu machen gesucht, dass der Seespiegel nach früheren Messungen auf 2120 Fuss angegeben werde, und wenn auch, wie ich nach dem südlichen Aussehen der Gegend vermuthe, diese Angabe zu hoch sei, und ich sie sogar auf die Hälfte herabsetzen wollte1), so wäre auch unter der Voraussetzung, dass keine Höhe von 150 Fuss zu durchstechen sei, und der Schkumb Jahr aus Jahr ein das nöthige Fahrwasser liefere, das Project wegen der Masse von Schleussen unausführbar, deren Erbauung und fortwährende Unterhaltung die Hebung der Schiffe auf eine solche Höhe erforderte. Die Theorie der Schleussen hatte er gleich bei der ersten Auseinandersetzung recht wohl begriffen. Diesmal versuchte ich es, ihn selbst einen ohngefähren Kostenanschlag machen und die jährlichen Zinsen desselben berechnen zu lassen, dann bat ich ihn mir anzu­geben, wie viel er an Getreide, Wein, Holz und andern Producten aus dem Seebecken und dessen Nachbarschaft nach der See verschiffen und wie viel Waaren er von dort beziehen wolle, und rieth ihm, den Mund dabei recht voll zu nehmen. Wir kamen auf etwa 1400 Tonnen, also die Ladung eines einzigen Indienfahrers. Diesem Facit gegenüber erklärte er nun freilich

r) Die alten Messungen wurden jedoch durch die unsrigen bestät igt , welche für den Seespiegel 2131 Pariser Fuss Meeres­höhe ergeben.

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die Unmöglichkeit des Projectes einzusehen, doch schon Tags darauf hörte ich, wie er mit dem Vorsteher von Sweti Naum über das Glück phantasirte, welches der Canal über die Stadt und Umgegend bringen werde.

Die Südseite des Sees ist die wenigst malerische, — eine von Dörfern besetzte Ebene, von der Tiefe einer halben Wegstunde und von einem schwerlich über 300 Fuss hohen nackten Höhenrücken eingefasst, schliesst den See halbmondförmig ein. Am Westrande dieser fruchtbaren Fläche liegt Bogradetz hart am Seeufer und 20 Minuten südöstlich davon und ebensoviel vom Ufer entfernt Starowa, beide mit je hundert Häusern. Der Mudir des Bezirks residirt in ßogradetz. Er empfing uns mit den Mitschelis (Bezirksrath), welches zufällig zu einer Sitzung versammelt war, am Ufer, und führte uns in seine Wohnung, wo wir Kaffee nahmen, während Herr Andron ikos in einem am Strande gelegenen Hause die Bereitung des Frühstücks dirigirte. Die Einwendungen, welche der Mudir gegen diese Anordnungen erhob, wurden dadurch beseitigt, dass wir ihn und den Präsidenten des Mitschelis zu unserem Frühstücke einluden. Der letztere, Hussein Bei von Starowa, war schon von Andronikos nicht nur als der angesehenste, sondern auch als der klügste Mann der Landschaft bezeichnet worden. Sein Äusseres bestätigte dies, und ich nahm daher keinen Anstand seine Local kennt-nisse auszubeuten, sobald dies nur die Schicklichkeit erlaubte. Meine ersten Fragen galten natürlich den Alterthümern. Hussein Bei wusste, dass sich in Ochrida mehrere alte Inschriften fänden, er hatte sogar Kenntniss von der im Kloster Kalitschja, aber er erklärte, dass ihm ausser diesen, weder im Umkreise des Sees, noch in der ganzen Ebene bis nach Goritza hin, keine weiteren bekannt seien, und fügte bei, dass er nicht glaube, dass ihm das Dasein einer Inschrift oder alter Quaderbauten hätte verborgen bleiben können, weil er in Starowa geboren und erzogen worden sei, und jeden Fleck des Bezirkes aus eigener Anschauung kenne und die Eingeborenen, wie er aus anderen Gegenden wisse, dergleichen alte Beste durchaus nicht unbeachtet Hessen, weil sie hinter denselben Schätze zu vermuthen gewohnt seien.

Ich erwiederte, dass ich mich durch seine Antwort sehr enttäuscht fühle, da die Namen Gottesburg (Bogrodetz) *) und die Altstadt (Starowra) zu grossen Erwartungen in dieser Bich-tung berechtigten. Er meinte lächelnd, dass die Namen freilich darauf hinwiesen, dass sich aber nicht einmal im Volksmunde die Sage von einer alten Stadt und Festung, die hier gestanden, erhalten habe; wenn ich also Auskunft von ihm zu erhalten wünsche, so müsse ich mich auf die Gegenwart beschränken. Ich fragte ihm demnach probeweise den Weg von Starowa nach Goritza ab, das die Albanesen Gordscha, die Bulgaren aber Dschordscha aus­sprechen, und die Schnelligkeit, mit der er begriff, was ich wolle, und die Schärfe seiner Ant­worten erregten in mir den Wunsch eines längeren Verkehrs mit ihm. Ich machte daher während des Frühstücks den beiden Herren den Vorschlag, mich nach dem Kloster zu begleiten, was sie ohne Umstände annahmen. Sie bestellten ihre Pferde für den folgenden Tag dorthin, und nachdem wir abgegessen hatten, stiegen sie mit uns in das Boot. Diese Leichtigkeit des Entschlusses ist albanesische Weise, und sie gefiel mir besonders an Hussein Bei, der im Übrigen ein sehr ruhiger und umsichtiger Charakter war.

!) Indess bemerkt Dr. Müller in seinem Albanien S. 69 : „Südlich von Kalischte (unser Kalitschja) die zerfallene Capelle Majka Bogorodica (Mutter Gottes), deren gleichnamiges Dorf von osmanischen Puristen in Bogradessi metamorphosirt wurde." Diese Form ist zugleich die einzige Spur, welche ich bis jetzt von dem Bagoragebirge in Erfahrung gebracht, wie die Byzantiner die Candavia der Alten nannten, durch welche die Via Egnatia lief, denn in Ochrida erkundigte ich mich vergebens nach diesen Namen.

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Das Kloster Sweti Naum liegt an dem Fusse der felsigen Vorberge der Galitschitza auf einem vom See gebadeten Felsplateau von etwa 40 Fuss Höhe. Es bildet ein grosses massives Mauerviereck, welches im Erdgeschoss nur einige Luken, im ersten Stock nur einige kleine Gitterfenster und erst im zweiten Stocke offene Gallerien oder grosse Fensterreihen zeigt. Der Eingang ist durch ein hohes gewölbtes, mit Eisen beschlagenes Thor verwahrt, durch das man von dem grossen, vom Wirtschaftsgebäude fast ganz umzäunten, mächtigen Hofe ein­tritt. Dem fast allen grösseren Klöstern gemeinsamen Plane nach wird auch hier die Kirche von dem Vierek der Klosterbauten eingeschlossen. Hier wird sie jedoch von demselben bei weitem überragt. Ihr Inneres ist vollkommen mit Malereien verschiedenen Alters bedeckt, die jedoch sämmtlich keinen Anspruch auf Kunstwerth machen. In einem Seitenbau, der mit der Legende des Heiligen ausgemalt ist, befindet sich dessen Grab, — eine oblonge Platte aus weissem Marmor von sehr modernem Ansehen und ohne die geringste Verzierung bedeckt ein etwa IV2 Fuss hohes mit Kalkfarbe angestrichenes Mauerviereck, welches in einem der Ecken der Capelle steht. Die gegenüber stehende Wand ist in ihrem untern Theile in den gewachsenen Fels eingehauen. In derselben erblickt man eine kleine Nische, aus deren Innerem Ol sickert, jedoch nur so wenig, dass es mit einer Baumwollflocke aufgetrocket und dem Besucher auf die Stirne gedrückt wird, ohne dass dieser die Empfindung hätte, welche die Berührung eines nassen Körpers erzeugt. Dies ist die in ganz Bumelien berühmte Ölquelle des heiligen Naum, der hier seine Klause hatte. Neben dem Grabe lag ein türkischer Bet-Teppich, und als ich nach dessen Bestimmung fragte, hiess es, dass er für die Türken bestimmt wäre, bei welchen der Heilige in eben so grosser Verehrung stände, als bei den Christen, und die daher häufig hieher kämen und auf dessen Grab beteten. Auch türkische Frauen pflegen das Kloster zu besuchen, um ihre kranken Kinder salben zu lassen oder dem Heiligen ein Gelübde zu thun.

Der Abt Seraphim empfing uns mit den gewohnten Ehren und stellte mir in Hussein Bei/ seinen Klostervogt dar, indem das Kloster seit langer Zeit unter der Obhut von dessen Familie stehe und zwei seiner Leute beständig im Kloster als Wächter seien. Abt Seraphim ist ein freundlicher Sechziger, dem aber leider von der Natur das Hauptrequisit seiner Würde, ein stattlicher Bart verweigert worden ist, und dessen Mangel durch einzelne vom Kinn herab­hängende Haare nur noch auffallender wird. Die Bartlosigkeit scheint in den südlichen Ländern häufiger vorzukommen als im Norden, und nach der Volksmeinung wirft sie einen grossen Makel auf den Behafteten (Spanos). Er gilt vorzugsweise als ein Gezeichneter, und daher für verschmitzt, falsch, ja sogar bösartig. In dieser Form erscheint er namentlich in den Mährchen, welche von dem Verbote eines Vaters an seine Söhne mit einem Spanos zu verkehren oder mit ihm zu reisen, und von dem Unglücke zu erzählen wissen, welches die Ungehorsamen betroffen hat. Der erste Blick in das zufriedene wohlwollende Antlitz des Abtes zeigt jedoch, dass er eine Ausnahme bilde, und es gereicht ihm zum wahren Verdienste, dass er sich durch die beständigen Witzeleien und Anspielungen auf seinen Naturfehler das Herz nicht ver­bittern lässt.

Meine ersten Nachforschungen galten den zwei grossen, in Juchtenleder gebundenen, alten Handschriften, in deren Besitz das Kloster nach mehrseitigen Angaben sein solle. Der Abt antwortete mit Verwunderung, dass ich müsste falsch berichtet worden sein, indem er keine solchen Handschriften besitze. Nach längerem Hin- und Herreden rief er plötzlich, ja Herr, ich besitze die Codices, von denen man dir gesprochen, und alsbald erschien ein

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Diener mit zwei grossen in rothes Juchten eingebundenen Büchern, — sie enthielten die Aus­gaben und Einnahmen des Klosters! Nach dieser Entdeckung hätte ich sie gerne wieder zurück geschickt, doch dies ging nicht an, denn diese Bücher waren die Paradepferde des Abtes, nicht nur weil er auf sie die Hand legen konnte, wenn er von der Art und Weise sprach, wie er seinem Amte vorstehe, und von der Anerkennung, welche vermöge dieser Stütze seine Amtsführung bei der heiligen Synode in Constantinopel gefunden, als er auf Betrieb seiner Gegner vor dieselbe geladen wurde, sondern auch, weil sie zugleich als Fremdenbuch dienten, und die Namen aller ausgezeichneten Gäste des Klosters darin eigen­händig verzeichnet waren. Besonderes Gewicht legt der Abt hierbei auf die Inscriptionen europäischer Beisenden, von welchen uns keine vorenthalten wurde, und die wir natürlich vor der Abreise durch die unsrigen vermehren mussten. Übrigens verdiente nicht nur die Gast­freundschaft, sondern auch die Verwaltung des Abtes die vollste Anerkennung. Das Kloster hat einen sehr ausgedehnten Grundbesitz, war aber in gänzlichen Verfall gerathen, aus dem es sich erst wieder allmälig zu seiner gegenwärtigen Blüthe hervorarbeitete. Der Abt selbst meinte, dass der Ruf und das Ansehen des Klosters noch jung seien, dass er aber mit Gottes Hülfe dasselbe noch immer mehr zu heben hoffe. Die Verbuchung aller Ausgaben und Ein­nahmen habe er erst eingeführt, als er etwa vor vier Jahren an die Spitze des Klosters getreten sei. Seine Bücher wiesen nach, dass innerhalb dreier Jahre 3000 Fussgänger und 2000 Beiter unentgeltlich hier übernachtet hätten und die Zahl der untertags Einkehrenden sich vielleicht ebenso hoch belaufe. Man schlachte im Jahr durchschnittlich 400 Ziegen und Schafe, und verbrauche ausserdem an 800 Okka Salzfleisch, der jährliche Gesindelohn für Schäfer, Acker­knechte und andere Arbeiter betrüge 25.000 Piaster. Man behauptet, dass an dem Festtage des Klosters 10.000 und mehr Menschen aus allen Theilen von Bumelien hier zusammenströmten.

Das Kloster treibt eine ansehnliche Ackerwirthschaft und besitzt ausserdem das s / 4 Stunden nördlich gelegene Dorf Ljubanit^cha, in welchem 25 Pächterfamilien wohnen, und sehr aus­gedehnte Weinberge. Der Wein wird in einem grossen Kelter- und Kellerhause gekeltert und aufbewahrt, welches ausserhalb des Klosters liegt, und uns nicht blos sein ältester, sondern auch sein bester Bau zu sein schien. Wir freuten uns nicht nur über die stattliche Beihe grosser Fässer, sondern auch über die Beinlichkeit, mit der sie und der aus grossen Steinplatten bestehende Fussboden gehalten war, welche jedoch in aUen übrigen Theilen des Klosters im gleichen Grade herrschte. Am meisten interessirten uns jedoch die beiden Mühlen des Klosters, von denen die eine drei, die andere zwei Gänge hat, weil sie von den Hauptadern der hier am Fusse der Felsenhalde hervorbrechenden Quellen getrieben werden. Das Kloster liegt nämlich, nach der allgemeinen Meinung, an dem grössten der unterirdischen Abflüsse des Sees von Presba, dessen zahlreiche hier zu Tage tretenden Adern, ein wahres Quellennest, ein anderes Bunarbaschi bilden, und sich ebenso, wie bei Troja, rasch zu einem ansehnlichen Bache verbinden, der am Nordfusse des Klosterfelsens in den See mündet und gleich dem Simo'is von AVeiden, Erlen und Ulmen umbuscht und von warmgrünen Wiesen begleitet wird. Doch fehlen dem letzteren die reichen Pappelgruppen und der prächtige Bahmen seines albanesischen Bruders.

Der Leser denke sich diesen reizenden Tiefgrund von dem stattlichen Klosterbau über­ragt und von dem mächtigen Scespiegel bespült, und er wird Dr. Szekely nicht Unrecht geben, wenn er bei diesem Anblicke ausrief: „Hier lasst uns Hütten bauen, hier ist gut wohnen", und gewiss wären wir hier länger geblieben, wenn es die Umstände erlaubt hätten.

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Wir benutzten den Rest des Tages, um in leichten Kähnen die Tümpel und windungs­reichen stillen Plätze des Baches zu befahren, welcher bei höherem Wasserstande wohl eher den Namen eines Teiches verdienen möchte, und lugten nach Wasservögeln aus, die zwischen den Gänsen und Enten des Klosters umherschwammen, doch schössen wir nur ein Paar kleine Tauchenten. Als es dämmerig wurde, stellten wir uns nach Enten auf den Anstand, von denen grosse Schaaren als kleine schwarze Punkte auf dem See schwammen, weil sie in der Regel in der Nacht hier einfielen; aber es kam auch keine einzige, denn die Nacht war zu warm und ruhig, und die Vögel schlafen dann lieber auf dem offenen See. Als wir heimkehrten, that Hussein Bei einen schrillen Pfiff, zum Zeichen für die Leute, von denen wir auf der anderen Seite des Baches ohne es zu wissen umstellt waren. Doch behauptete der Abt, es sei noch niemals vorgekommen, dass man sich an den Gästen des Klosters vergriffen, obgleich es, wie er sich ausdrückte, mitten in der Türkei liege. Auch gäbe es jetzt keine Räuber von Hand­werk in der Umgegend, und selbst diese hätten eine heilige Scheu vor dem Klostergute gehabt und sich aus Furcht vor dem Heiligen niemals in's Kloster gewagt, sondern wären, wenn der Hunger sie getrieben, an den Thoren stehen geblieben und hätten von dort aus Brot verlangt. Indessen dürfte sich unter seinen Nachbarn so mancher finden, der für zwei Patronen einen Menschen todt schösse.

Man erzählt uns auch in Ochrida viel von der Wildheit der dortigen Muhammedaner; und dass in dem Mudirlik durchschnittlich im Jahre 120 bis 160 Mordthaten vorfallen, zum bei weitem grössten Theile von Muhammedanern an Christen, wurde uns auch muhammedanischer Seits bestätigt, dennoch aber erschien uns alles, was wir von diesem Schlage zu Gesicht bekommen, weit zahmer als die Diwraner oder gar die Malisor. Dieser Unterschied mag weniger in der Gemüthsart, als in der Federkraft liegen, welche jene Stämme auszeichnet und sich in jeder Beziehung verräth.

Am andern Morgen führte mich der Abt in kleine gewölkte Bäume, welche in dem Mittel­stock des Klosters lagen, und welche einer seiner Vorfahren mit eigener Hand ausgemalt hatte, und zeigte mir hier die Bücherschätze des Klosters, welche in einer mächtigen Truhe verwahrt lagen. Leider waren es nur gedruckte Bücher aus dem vorigen Jahrhundert und dem Schlüsse des 17., und ich konnte darunter, bei freilich nur flüchtiger Durchsicht, keines finden, welches aus den Pressen des benachbarten Moschopolis hervorgegangen wäre. Aus Bücksicht für meine türkischen Gäste wünschte der Abt nicht, dass ich in diesen Räumen allzulange verweilen möchte. Das mag der Grund sein, warum ich mich durchaus nicht mehr auf die Form einer mächtigen Hiebwaffe erinnere, welche ein wegen seiner Stärke und Kraft im ganzen Lande bekannter Abt des Klosters stets mit sich zu führen pflegte. Er soll sie selbst geschmiedet haben, ebenso wie einige hier aufbewahrte Gegenstände. Bullen oder andere alte Urkunden behauptete der Abt keine einzige zu besitzen.

Hierauf ging es zu den Mühlen und in den ungeheuren Garten, in welchem der Abt alle Sorten von Fruchtbäumen, Gemüsen und Blumen vereinigt hatte, die er bis dahin auftreiben konnte, und dessen Pflege seine Hauptbeschäftigung bildet. Diese Pflanzenliebe des Mannes stellte ihn in meiner Meinung so hoch, dass ich ihn nun für einen der glücklichsten Sterblichen erklärte, welcher mir während meines Lebens vorgekommen sei, denn er habe ja, was er sich nur wünschen könnte, er lebe in einer herrlichen Gegend an einem See, der die besten Fische der Welt erzeuge, alle Arten von Wild könne er aus seinen Forsten schiessen, seine Heerden und Hühnerhöfe versorgten ihn mit aller Art von zahmen Fleisch, alle nur möglichen Arten

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Gemüse und Früchte zöge er mit eigener Hand, und dazu fehlte es ihm niemals an Gästen, mit denen er schmausen, von denen er erfahren könne, was es in der Welt Neues gebe. Diese Erklärung gefiel dem Abte so sehr, dass er nicht ermangelte sie unseren türkischen Freunden mitzutheilen, von denen Hussein Bei zufügte, dass er ein. solches Leben auch verdiene, weil er so gut und wohlthätig sei.

Der Best des Vormittags verstrich mit der photographischen Aufnahme des Klosters und unserer türkischen Freunde, welche bestens gelang. Als wir aber in aller Gemüthlichkeit bei Tische sassen und bei dem Nachtisch angelangt waren, erschien ein Fussbote von Ochrida, mit einem Brief des ältesten Sohnes des Herrn Andronikos, und darin stand, dass unsere beiden Matrosen nur bis in die Nähe von Brinjatz, nur sechs Stunden weit von Ochrida, gekommen, dort aber von Bäubern überfallen und ausgeraubt worden und demzufolge wieder nach Ochrida zurückgekehrt seien. Diese Nachricht machte einen Strich durch unsere weiteren Pläne. AVir wollten nämlich am folgenden Tage Galitschitza besteigen, um von deren Gipfel namentlich einen Überblick über die Seen von Besnja und Malik und ihr Verhältniss zu dem von Ochrida zu erhalten, am heutigen Nachmittage aber mit Hussein Bei versuchen mit Bohnen, Kreide und einem kleinen Massstäbchen eine Zeichnung des Malik-Sees auf dem Fussboden der Esshalle zu entwerfen. Ich begriff jedoch sogleich, dass dieser unangenehme Vorfall meine volle Thätigkeit in Anspruch nehme, wenn ich Genugtuung für die erlittene Unbill erhalten wolle, deren ich, abgesehen von allem Anderen, auch zu meiner persönlichen Sicherheit bei Fortsetzung der Eeise bedurfte. Der Eindruck, den die Nachricht auf den Mudir und Hussein Bei machte, war jedoch noch viel tiefer, denn sie sahen sogleich, dass der Baub innerhalb der Grenzen ihres Mudirliks vorgefallen, und Hussein Bei fühlte sich nament­lich durch den Gedanken verletzt, dass sie in einem Theile desselben meine Gäste seien, während man im anderen meine Leute ausraubte. Als er aber hörte, dass dieselben von einem Saptie begleitet seien, rief er, das ist ganz unmöglich, denn der würde den Bäuber gesagt haben, dass es deine Leute seien, und in Albanien wagt sich Niemand an die Leute eines Consuls, die Bäuber wussten nicht, wen sie vor sich hatten. Ich hielt dies damals für Bedens-arten, um mich zu beschwichtigen, aber die Folge zeigte, dass er Eecht hatte. Ich erklärte, dass ich sogleich nach Ochrida abgehen würde, und ersuchte auch beide Herren sobald als möglich nach Hause zurückzukehren, und von da nach Brinjatz zu gehen, wohin sich der Mudir von Ochrida gleichfalls begeben würde. Sie erklärten, dass sie dies gethan hätten, auch wenn ich sie nicht darum gebeten. Als ich aber die Schiffer anwies sich fertig zu machen, weigerten sich diese zu fahren, indem sie erklärten, dass der Nordwind zu stark wäre, um ihm entgegen zu rudern und wiesen auf die Wellen hin, welche der See warf. Nach Ochrida seien bei glattem Wasser fünf Stunden und wir hatten nur noch zwei Stunden Tag. Ich erwiederte, sie sollten es nur versuchen, es würde schon gehen, denn bei Sonnenuntergang müsse sich der Wind legen und dann hätten wir Vollmond. Sie fügten sich widerstrebend meiner nachdrück­lichen Forderung, und siehe da, es ging, wenn auch langsam vorwärts, und meine Prophezeiung traf ein, denn bei Sonnenuntergang legte sich der Wind, und begann der See sich zu glätten. Trotzdem machten die Schiffer Miene bei Peschtani anzulegen, das auf halbem Wege zwischen dem Kloster und Ochrida liegt, und es kostete grosse Anstrengung, sie an dem Orte vorüber zu bringen. Doch nachdem dies gelungen war, wurden ihnen die Beste unserer Provisionen an Spirituosen und Tabak preisgegeben, damit war das gute Einvernehmen wieder hergestellt, und die Leute ruderten nun so wacker, dass wir um elf Uhr in Ochrida landeten.

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X X I V . Die Stadt Ochrida1).

Die beiden Matrosen erzählten, dass sie beim Ersteigen eines Engpasses vor ihren Thieren hergehend, auf welchen die beiden ungeladenen Flinten festgebunden waren, von den Eäubern gestellt worden wären, dass sie dies Anfangs für einen Scherz gehalten und erst dann die Wahrheit begriffen hätten, als sie genöthigt worden wären, ihre Taschen umzukehren, und die Räuber die Quersäcke, welche ihre Habe enthalten, von den Thieren genommen hätten. Darauf hätten die Räuber auch die Flinten losbinden wollen, als sie aber der Pferdetreiber belehrt, dass dieselben mir gehörten, hätten sie sie auf den Thieren gelassen und seien mit ihrem Raube im Walde verschwunden. Der ganze Auftritt habe nicht drei Minuten gedauert. Sie hätten von mir allerdings gehört, dass sie Begleitung erhalten sollten, sie seien aber immer zu geritten in der Erwartung, dass die Escorte nachkommen werde, und da ihnen auf der ganzen Reise nichts Böses widerfahren sei, so hätten sie sich nicht weiter um dieselben bekümmert und seien ihres Weges geritten.

Der Mudir erschien am andern Morgen und entwaffnete mich durch die Freimüthigkeit, mit der er den begangenen Fehler anerkannte, die Leute ohne Bedeckung gelassen zu haben, und durch seine Bereitwilligkeit alles nur Mögliche zu thun, um den Beraubten Entschädigung und Genugtuung zn verschaffen, indem er bemerkte, dass nach einem von der Pforte erst vor einigen Tagen wieder erneuerten Gesetze jede Gemeinde zum Ersätze der in ihrem Bezirke begangenen Räubereien verpflichtet sei. Ich ersuchte ihn demzufolge, sich in der Begleitung von Herrn v. Spaun an Ort und Stelle zu begeben, um seinem Collegen von Bogradetz und Hussein Bei bei der Einfangung der Schuldigen und der Beitreibung der Entschädigung bei­zustehen. Er bat mich nur, ihm zwei Tage Zeit zu geben, um die nöthigen Vorkehrungen zu seiner Abreise zu treffen und Nachricht von Hussein Bei abzuwarten. Hierauf wurde ein Ver-zeichniss über den Betrag der geraubten Gelder und Sachen nach der Erklärung der Beraubten aufgenommen, welche leicht zu controliren war, da Herr v. Sp aun in Triest ihre Kleider gekauft hatte, und wir gleichfalls wussten, wie viel sie an barem Gelde mitgenommen hatten. Dieses Ver-zeichniss ergab eine Summe von beiläufig 150 Gulden, und der Mudir fühlte sich von diesem Resultate auf das Angenehmste überrascht, weil er eine weit höhere Summe erwartet hatte.

Am folgenden Tage erhielt ich von Hussein Bei die Anzeige aus Brinjatz, dass er und der Mudir eifrigst nach den Thätern forschten und denselben auf der Spur seien, und am 30. ritt Kjasim Bei mit Herrn v. Spaun und den beiden Beraubten dorthin ab. Ich benutzte die Zeit ihrer Abwesenheit zur möglichsten Ausbeutung des jungfräulichen Bodens, auf dem ich stand, und hier bestätigte sich von neuem die Erfahrung, dass zum Sammeln Zeit gehört, und zwar nicht sowohl für den Sammler, als für diejenigen, von welchen er schöpfen will, weil diese sich nicht nur an den für sie neuen Gedankenrichtungen, über welche der Sammler Aufschluss begehrt, zu gewöhnen, sondern auch über die Fragen zu beruhigen haben, ob ihnen nicht aus ihrer Betheiligung an dessen Untersuchungen Schaden oder Unannehmlichkeiten von Seiten der Machthaber erwachsen könne. Ich habe daher keineswegs Ursache die Ver-

J) Von allen Erklärungen dieses Namens scheint dem Verfasser diejenige die richtigste, welche Fallmerayer: Albanes. Element in Griechenl. II. S. 9 Note, giebt: „Hrid bedeutet im slavo-bulg. Stein, Fels, Steilabhang, und Α oder Ο ist Vorschlag", denn die Stadt liegt auf einem vereinzelten, zweigipflichen Felshügel , und dieser konnte daher von den Umwohnern recht gut „der Fels" schlechthin genannt werden.

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längerung des Aufenthalts in Ochrida zu bedauern, und betrachte diesen vielmehr als den fruchtbringendsten Abschnitt der ganzen Reise.

Wir haben oben gesehen, dass die Langseiten des Sees gegen Osten und Westen von Höhenzügen eingefasst sind, welche unmittelbar aus dem Seespiegel aufsteigen, von denen aber der westliche die Hügelhöhe nicht überschreitet, während die östliche einen stattlichen Höhenrücken bildet. Ich vermuthe, dass der Raum zwischen dem See und dem von Süden nach Norden fliessenden oberen Schkumb, welcher auf zwei türkische Stunden angegeben wird, höchstens noch von einer Parallelkette durchzogen werde, weil der Schkumb wenigstens da, wo ihn der Weg nach Albassan kreuzt, durch die Ebene von Domusowo fliesst. Diese Strasse fällt nach meinen Untersuchungen1) mit der Via Egnatia der Römer2) zusammen, und scheint die Sehne des Bogens zu bilden, den der Schkumb gegen Norden beschreibt, und in welchen er den vor Alters Candavia und im Mittelalter Bagora genannten Gebirgszug durch­bricht. Der ganze obere Lauf des Schkumb bleibt noch zu untersuchen.

Die beiden oberwähnten das Seebecken einfassenden Bergzüge setzen auch im Norden des Sees ihren parallelen Lauf fort und begrenzen dort eine grosse Ebene, deren grössere westliche Hälfte der Leser mit uns bis zu ihrem Südostwinkel durchschnitten hat, wo eine von Norden nach Süden zu laufende felsige Hügelkette fast bis zu dera Seeufer reicht. Diese Kette bildet die Grenzmark zwischen der grossen Ebene von Struga und der kleinern von Ochrida. Die letztere bietet sich dem Auge als ein von Höhen eingefasster Halbkreis dar, dessen Halbmesser etwa eine Stunde beträgt. Sie stösst jedoch nur mit ihrer Osthälfte unmit­telbar an den See. Im Westen wird sie von demselben durch einen von allen Seiten frei auf­steigenden Felshügel getrennt, dessen Achse von Westen nach Osten läuft. Derselbe fällt nur gegen Südwesten senkrecht in den See ab, auf allen andern Seiten verläuft er sich mehr oder weniger lehn, so dass sein Umriss, von Norden und Süden aus gesehen, eine sehr gestreckte Linie bildet, deren beide Wölbungen von Citadellen gekrönt sind. Die westlichere erhebt sich nach Herrn v. Spauns Vermessungen 300 Fuss über den Seespiegel, die östliche ist etwas niedriger. Um diesen Hügel ist nun die Stadt längs den in der Ebene laufenden Wegen in weitschichtigen Vierteln zwischen Bäumen und Gärten verzettelt und bietet nur in der dicht­gedrängten Häusermasse, welche sich vom Seeufer an dem Südhang des Hügels übereinander-stapelt, einen wahrhaft städtischen Anblick. Dieser Theil heisst Warosch (Vorstadt) und ist vorzugsweise von christlichen Bulgaren bewohnt, die sich als die eigentlichen Stadtbürger von Ochrida betrachten, und eine eigene Gemeinde für sich bilden. Gegen Südwesten fällt der Festungshügel senkrecht in den See ab, das Warosch ist daher für den von Struga kommenden Reisenden nur auf dem weiten Umwege um jenen Hügel erreichbar, welcher auch die eisernste Geduld erschöpft. Er erblickt schon von weiter Ferne die Citadelle, dann einzelne aus den Bäumen schimmernde weisse Minarete, nach einer Weile kreuzt er auf einer Steinbrücke den Talianbach (türkisch Fischbehälter), welcher die Wasser der kleinen Ebene in den See führt. Die reichen Baumgruppen, die nach verschiedenen Seiten laufenden Pflaster- und Feldwege geben der Örtlichkeit das Ansehen eines verwilderten Parkes, und sie ist auch wirklich der an Festtagen zahlreich besuchte Prater von Ochrida. Von da führt die Strasse zwischen einigen kleinen Häusern und Fischerkähnen und Netzen durch und lenkt endlich landeinwärts ab,

J) Näheres s. in der chorographischen Abtheilung: Weg von Ochrida nach Elhassan.

'·*) S. Anhang.

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aber hat noch ein gut Stück zu laufen, bevor sie die äussersten Häuser der ersten Vorstadt erreicht, deren althellenischer Name Plinthokopeion (Ziegelei) merkwürdigerweise die ganze Bulgarenzeit überdauert hat. Ochrida hat sich also seinen Kerameikos erhalten, während Athen den seinigen vergessen hat. Gegenwärtig aber treiben Zigeuner hier ihr Wesen. Endlich kömmt man zu dem Bazar, welcher sich an der Ostseite des Festungshügels hinzieht, dann geht es an einer ungeheuren Platane vorüber, deren Fuss mit Buden umbaut ist, und auf welche die Ochridaner mit Recht stolz sind. Im Osten dieser Gegend ziehen sich weitschichtige von Muhammedanern und Wlachen bewohnte Viertel hin. Die vornehmsten Muhammedaner wohnen aber zumeist an dem unweit vom Bazar beginnenden und längs dem Seeufer laufenden Quai. Zum Warosch beugt der Weg nun gegen Westen und führt durch die bis zum See reichenden Fleisch- und Fischbuden zu dem Eingangsthore dieses Viertels, welches vor Zeiten jeden Abend verschlossen wurde; von da an vergisst der Reisende seine Ungeduld über dem ihm entgegentretenden festen altstädtischen Gepräge. Ich kenne auf der ganzen Südosthalb­insel keinen Ort, welcher dies Gepräge in höherem Grade aufwiese, als der Warosch von Ochrida. Zwar wüsste ich kein eigentümlicheres Merkmal anzugeben, in welchem der Bau­styl dieser altbulgarischen Stadt von dem ihrer Schwester abwiche, denn auch hier wie überall ist das Erdgeschoss fensterlos, und die an sich schon engen unebenen und winkelichen Strassen werden durch alle Arten von fensterreichen Uberbauten verfinstert, aber man sieht es ihrem alten zum Theile sehr baufälligen Äusseren an, dass ein langes Stück Geschichte an ihnen vorübergegangen, und es thut dem Auge ordentlich wehe, wenn die Reihen von Zeugen der Vorzeit durch Neubauten unterbrochen werden, deren Fa£aden sich leider durch dieselbe grenzenlose Nüchternheit auszeichnen, welche gegenwärtig auf der ganzen Halbinsel so ver­letzend entgegen tritt. Zu diesen Neubauten gehörte auch unsere Herberge, und so gemüthlich wir uns auch in deren Innerem fühlten, so missbehaglich stimmte der Anblick der nach dem See zugewandten Fronte, weil sie nichts anderes als eine von grossen Fensterlöchern durchbrochene Mauer darbot.

Das Haus lag ziemlich im Mittelpunkte des Warosch, etwa 80 Fuss über dem Seespiegel, und man sah von seinen Fenstern zunächst auf die alte Hauptkirche der Stadt herab, welche, obgleich seit der türkischen Eroberung zur Moschee umgewandelt, den Namen Agia Sophia beibehalten hat.

Die Eingeborenen behaupten, dass dieselbe nach dem Plane der Sophienkirche gebaut sei. Von dieser Kirche nahm Dr. Szeke ly drei gelungene Ansichten auf, doch verdient nur deren Westfront nähere Beachtung, welche der von der Burg zum See herablaufenden freilich sehr engen Hauptstrasse zugekehrt und daher wohl als Hauptfront zu betrachten ist Sie besteht aus zwei übereinander stehenden aus guten Backsteinen und vortrefflichem Cemente ausgeführten Bogenreihen, die beiden hierdurch gebildeten Gänge sind länger als das Kirchen­schiff breit ist, deren Vorraum sie bilden, und daraus erklären sich die in dem Grundrisse erscheinenden Winkel. Dieses Hauptstück der Fa$ade wird von zwei viereckigen Thürmen flankirt, welche im dritten Stocke zu Sechsecken übergehen, die mit Kuppeln überwölbt sind. Die nördlichere Kuppel haben die Türken durchbrochen und mit einem Minaret versehen, welches ganz das Aussehen eines Rauchfanges hat.

Die untere Bogenreihe wird von viereckigen Backsteinpfeilern, die oberen theils von runden, theils sechseckigen schlanken Granitsäulen getragen, welche sehr gut gearbeitet sind und sowohl in Basen als Capitälen von einander abweichen, da aber einige davon kürzer sind,

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als die übrigen, und man es vorzog, statt ihre Basen zu erhöhen, den auf ihr ruhenden Bogen­theil bis zur Säulenhöhe zu verlängern, so liegt die Vermuthung nahe, dass auch diese Säulen nicht für ihre heutige Bestimmung gearbeitet worden sind, sondern von einem älteren Bau herrühren. Die Dessins einiger Säulencapitäle sind nicht ohne Geschmack. Dieser obere Bogengang heimelte uns an, denn er erweckte die Erinnerung an die romanischen Bauten der Heimath. Auch freuten wir uns an der vortrefflichen Arbeit und Fügung seiner nach den Thurmgeschossen führenden steinernen Thürbalken.

Das Innere ist sehr verwahrlost und bietet in architektonischer Hinsicht nichts Interes­santes. Die Säulen, welche die Bogen tragen, sind wohl ebenso wie die, welche das Vordach über dem Eingange stützen, sehr alt, und keine derselben dürfte für den jetzigen Bau gear­beitet sein, wir bemerkten unter ihnen keine kannelirte.

In dem Hauptschiff lagen Massen von Telegraphendrähten aufgeschichtet, welche dazu bestimmt sind Ochrida demnächst mit Monastir und Elbassan zu verbinden. Das Querschiff diente Kanonenkugeln und anderem Kriegsmaterial zur Niederlage, welches dem Anscheine nach schon seit vielen Jahren hier liegt.

In dem unteren Stocke des Bogenganges ist in dessen Rückwand links von der zur Kirche führenden Thüre eine grosse weisse Marmorplatte von der Gestalt einer Metope eingemauert,, welche den Kampf eines Kriegers mit einem Kentaur darstellt. Der letztere sitzt auf seinen Hinterbeinen und würgt in seinen Armen einen nackten Krieger, welcher ihm das Schwert in die Brust gestossen hat. Das Schwertband hängt über den Schultern, und hinter dem Rücken ist die Scheide sichtbar, links von der Gruppe steht ein roh gearbeiteter Fruchtbaum. Die Köpfe der beiden Figuren sind abgeschlagen. Ich untersuchte dieses Kunstwerk so genau es der Schimmer der in dem dunkeln Räume angesteckten Wachskerzen erlaubte; war jedoch bei dem besten Willen nicht im Stande demselben den Werth zuzuerkennen, welchen ihm die Eingeborenen beilegen. Die Figuren sind zwar sehr hoch und nicht ohne Sorgfalt aus der Fläche herausgearbeitet, aber der Zeichnung gebricht es an allem anatomischen Verständ-niss, ich möchte dasselbe daher, wenn in Ochrida überhaupt von Kunstperioden gesprochen werden darf, einer spätem Zeit zuweisen. Mir erschienen daher auch die geraden, schmuck­losen Linien des reich und doch geschmackvoll gegliederten viereckigen Rahmens der Ein­gangsthür in ihrer Art weit beachtenswerther, denn sie deuten auf einen vollkommenen, durchgebildeten Geschmack hin, und ihre Betrachtung erweckte in uns die interessante Frage, ob es denkbar sei, dass sich in einem Architekturgliede die klassischen Traditionen unver­rückt erhalten können, während sie in andern Gliedern ausarten. Auffallend war überhaupt, dass in dem ganzen Bau nur dieser eine heidnische Skulpturrest zu finden war, welcher ausserdem nur noch das Bruchstück einer lateinischen Inschrift zeigt (s. Nr. 13), welches verkehrt in die Westfronte des südlichen Kuppelthurmes eingemauert ist.

Über dem zweiten Bogengänge der Hauptfronte läuft eine Reihe etwa fussgrosser Buch­staben, welche aus hervorstehenden auf die scharfen Kanten gestellten Backsteinen zusam­mengesetzt sind. Sie werden von den Gelehrten von Ochrida nach alter Tradition und, wie mir scheint, vollkommen richtig wie folgt gelesen: σκηνήν έγεφας τον θεοφανον νόμον Ιθνη τά Μυσών έκδιδάσκει πανσόφως. (Das Zelt errichtend lehrt er allweise das gotterschienene Gesetz den Mysischen Völkern.) Dass hier nach byzantinischem Sprachgebrauch unter den letzteren die Bulgaren zu verstehen sind, steht fest, aber man fragte vergebens nach demjenigen, welcher das Zelt errichtet hat.

P*

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Man sprach mir so viel von neu gefundenen Alterthümern, die in dem Hofe des reizend auf dem senkrechten Felsen im Westen der Stadt gelagerten Serails aufbewahrt werden, welches die jüngste der drei Frauen Dschelal Paschas bewohnte, dass meine Neugierde endlich die Rücksicht überwand, die erst vor kurzem mit einem Knaben niedergekommene Wöchnerin nicht zu stören, und ich um Eintritts-Erlaubniss bat, welche mir auch ohne Anstand ertheilt

* wurde. Rechts und links vom Eingangsthore fand ich zwei Frauenköpfe von natürlicher Grösse in die Umfassungmauer eingesetzt, sie waren aber so beschädigt, dass sich ihre ursprüngliche Form kaum errathen liess. Im Hofe selbst stand ein dreieckiger Marmorblock, der wahr­scheinlicher den Fuss eines Altars bildete, als das Gestell einer Bildsäule abgab. Er hat etwa einen Meter Höhe; auf jeder der drei Seiten steht das ziemlich hoch ausgearbeitete Basrelief einer weiblichen Figur mit dem Halbmond und dem Sterne über der Stirne, in schreitender Stellung, mit bis zum Knie reichender Tunika. Die drei Figuren fassen sich an der Hand und bilden einen Reigen. Die Arbeit ist nicht ohne Geschmack, die Köpfe der Figuren sind leider mehr oder weniger beschädigt. Weitere Embleme fehlen. Ich dachte bei dem Anblick der drei gleichen unter sich verbundenen mit Halbmond und Hesperus gekrönten Gestalten an die drei-gestaltige Hekate, als Sinnbild des ganzen in drei Abschnitte zerfallenden Jahres.

Neben diesem Altarfuss lag ein nicht schlecht gearbeiteter, nur wenig über Natur grosser männlicher Kopf aus weissem Marmor mit kurzverschnittenen, gelockten Haaren, der uns aus römischer Zeit zu sein schien. Nun war auf der oberen Fläche des Altarfusses ein Zapfenloch sichtbar zur Befestigung einer Platte, eines Beckens oder einer Bildsäule, und dies brachte die mich begleitenden Herren auf die Vermuthung, dass es zur Befestigung des Kopfes auf der Fläche des Blockes gedient habe. Der Kopf wurde also auf denselben gestellt und da er darauf stehen blieb, so waren die Herren überzeugt, dass er auch früher dort gestanden, und dass jener Fuss ursprünglich keine andere Bestimmung gehabt, als den Kopf zu tragen, um so mehr, als beide Stücke an ein und derselben Stelle gestanden. Sie gaben sich grosse Mühe, mich zum Beitritt zu ihrer Ansicht zu bereden. Mir war diese Discussion insofern von Interesse, als ich aus ihr lernte, dass es ausser den bekannten post hoc, ergo propter hoc auch noch einen weiteren Fehlschluss gebe, welcher der Formel folgt juxta hoc, ergo propter hoc.

-Als dritte Merkwürdigkeit zeigte man in diesem Hofe eine sehr schön gehauene Inschrift (Nr. 11). Wenn auch deren Omikron bereits viereckig und Alpha und Delta mit Haken ver­sehen sind, so zeigt sie doch noch das gebrochene Sigma und das ungebogene Ypsilon. Viel­leicht fällt sie also in die zwei ersten Jahrhunderte der römischen Kaiserzeit. Sie belehrt uns, dass eine Aritemidora bei ihren Lebzeiten für sich, ihren Mann Nikander und ihre Tochter Olympia irgend ein Denkmal errichtet habe. Man versicherte, dass diese drei Stücke an ein und derselben SteUe ausgegraben worden seien, stritt sich aber über ihren Fundort. Sie waren für mich von hohem Interesse, weil sie mir einestheils keine geringe Meinung von der Entwickelung der Bildhauerei in Lychnidus zu der Zeit beibrachten, in der sie verfertigt wurden; dieselbe stand damals unzweifelhaft viel höher, als zu der Zeit, welcher das Kentaur-Basrelief angehört. Anderntheils giebt der Inhalt der Inschrift einen wichtigen Fingerzeig über die Lage der Eingebornen dieser Gegend. Die Inschrift lässt bei ihnen nicht nur bedeutenden Reichthum, sondern auch eine hinreichend unabhängige Stellung voraussetzen, dass sie denselben durch solche Werke öffentlich bethätigen durften, ohne die Habsucht der Provinzialbeamten zu reizen. Unter einer andauernden WiUkürherrschaft könnte der Gedanke einer so kostspieligen Liebhaberei gar nicht entstehen, geschweige denn

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ausgeführt werden. Beachtenswerth ist auch, dass eine Ehefrau sich, ihrem Ehemanne und ihrer Tochter das Denkmal setzt.

Ich möchte hierin einen Beleg für die Andauer der freieren Stellung erkennen, welche nach den Zeugnissen der Alten das Weib in Makedonien einnahm. Diese lässt sich bei den Albanesen, sogar bei den muhammedanischen, noch bis in die Gegenwart verfolgen* Die Mutter und die Schwester Al i Pascha's von Tepelen waren Charaktere solcher Art. Die Mutter Tscheffer Dems genoss, als ich in Jannina lebte, eines weit über ihre Besitzungen reichenden Einflusses, dem auch ihr gefürchteter Sohn unterlag. Bei den christlichen Albanesen erinnere ich an Haido, die Mutter des Kitzo Tschawella von Suli, und andere Suliotinnen, welche noch heute in den Heldenliedern gefeiert werden, und wer kennt nicht Bubolina von Spezzia, die Heldin des griechischen Freiheitskampfes1)?

In der Mitte der Nordmauer der Stadt, welche deren beide Citadellen verbindet und auf dem Kamme des Hügels läuft, vermittelt ein gut gebautes gewölbtes Doppelthor die Verbin­dung zwischen dem Süd- und Nordhange. Wir fanden in dessen Wänden mehrere griechische Inschriften eingemauert (s. Nr. 8 und 9). Dagegen konnten wir an denselben keine Spuren entdecken, dass das Thor auf antiken Grundmauern stehe, oder auch dass antike Festungsbau­steine bei dessen Aufbau verwandt worden seien. Noch weniger war uns dies bei den daran-stossenden schlecht gebauten Umfassungsmauern möglich, soweit wir sie untersuchten. Eine vollständige Prüfung dieser Mauern wurde leider versäumt, und es bleibt unsern Nachfolgern auch noch die Aussenseite der Westburg zu untersuchen, in deren Innern sich, im Vergleiche zu andern Stadtburgen, auch nur wenige alte Baustücke verwendet zeigten. Sollte sich aber dieser Mangel alter Substructionen an allen Theilen der Festung bestätigen, so weiss ich keine Erklärung für denselben. Denn der Festungshügel von Ochrida gehört zu denjenigen Punkten, welche die Natur dem Menschen zur Niederlassung gleichsam geschaffen hat, so dass keiner der in diese Gegend kommenden Einwanderer in der Wahl des Ortes, wo er sich niederlassen soll, einen Augenblick zweifeln könnte. Er ist naturfest am Bande des fischreichen Sees, dessen Wasser trinkbar, er beherrscht eine bewässerbare Ebene, welche zum Uberflusse im Osten der Stadt ein eben so reiches Quellennest köstlichen Wassers besitzt, wie das Kloster Sweti Naum 2); er bildet den Schlüssel zu einer noch weit grösseren Ebene im Westen, und er liegt endlich kaum eine halbe Stunde südlich von der von Osten nach Westen zwischen dem Nord­ende des Sees (Struga) und dem einzigen Passe der Ostberge laufenden Weglinie, die man verfolgt, wenn man direct von Struga nach Monastir gehen wil l , ohne Ochrida zu berühren. Diese geringe Entfernung macht es daher nicht unwahrscheinlich, dass die in westöstlicher Richtung von Dyrrhachium nach Heraklea und Thessalonike ziehende Via Egnatia der Römer den kleinen Umweg nicht gescheut haben dürfte, um die hier gelegene Stadt zu berühren, ebenso wie dieselbe heutzutage gewiss nur in den seltensten Fällen von den zwischen Durazzo und Salonik Reisenden unberührt gelassen werden dürfte.

*) Ihre Abkömmlinge nennen sich noch heute nach ihr. Da sie aber ihren Mann früh verlor, und es überall, wo die Familien­namen noch nicht feststehen, die Natur der Dinge mit sich bringt, die Kinder eines früh verstorbenen Vaters nach der über­lebenden Mutter zu bezeichnen, so glaubte ich auch nicht, dass sich das Vorkommen von Metronymica auf macedonischen Grabsteinen als Beleg für die obige Ansicht anführen läset.

2) Malchus, in exc. de legat. ed. bonn. S. 250, Zeile 19, gedenkt dieser Quellen als im Bereiche der Stadt gelegen: xori προς μεν τήν Λ υ χ ν ^ ο ν εττελ^ών άπεχρούσ^ επί οχυρού κειμένων και π-ηγών ένδον πΧ-ηρ-η, και σίτου ττροενόντος.

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Meiner der Natur der Dinge entnommenen Überzeugung nach liegt also das heutige Ochrida an der Stelle des alten Lychnidus oder des römischen Lignidus, und ich werde diese Ansicht bei der Prüfung der Peutingerschen Tafel noch näher zu begründen versuchen.

Das Innere der Westfestung, der einstigen Wohnung der erblichen Pascha's von Ochrida, ist jetzt gänzlich verödet, denn es brannte unter dem letzten derselben in einer Nacht so voll­kommen aus, dass nur eine kleine, unbedeutende Moschee, rechts vom Eingange, trotz ihrer vielen Holztheile, wie durch ein Wunder, erhalten blieb. Die Ursache des Brandes wird ver­schieden angegeben, die Einen sagen, dass ein Blitzstrahl, die Andern, dass eine schwarze Sklavin aus Rache für die ihr widerfahrene Misshandlung ihn veranlasst. In einer der beiden Cisternen soll ein grosses Becken aus weissem Marmor mit einer den Nymphen geweihten Inschrift erhalten sein. Ich konnte derselben jedoch nickt beikommen. Bei der andern Cisterne, welche angeblich durch einen kleinen Quell gespeist wird, fanden wir in einer kleinen Nische eine Masse kleiner Fetzen liegen. Sie sollen von den Kleidern von Fieberkranken herrühren, welche durch diese Weise Genesung hoffen. Wann dies Opfer dargebracht wird, und ob dabei irgend eine bestimmte Form vorgeschrieben, konnten wir eben so wenig erfahren, als ob hier früher eine christliche Kirche gestanden; denn wenn auch Einige behaupten, dass hier früher eine Johannes dem Täufer (Πρόδρομος) geweihte Kirche gestanden habe, so wurde diese Angabe von den Meisten als alles Grundes entbehrend bezeichnet.

Der reichste Fundort von Inschriften ist die dem heiligen Clemens geweihte erzbischöf­liche Kirche, welche etwas östlich von dem beschriebenen Mittelthor, also in dem höchsten Theil der Stadt, liegt. Auf diese zog sich der Erzbischof zurück, als die Sophienkirche bei der türkischen Eroberung in eine Moschee verwandelt wurde. In ihrem Styl schien sie mir, so weit ich dies beurtheilen kann, in nichts von dem der späteren byzantinischen Kirchen abzuweichen, dagegen zeichnet sie sich in Bezug auf die Sorgfalt ihrer Ausführung vor den mir bekannten Kirehenbauten dieser Gegenden sehr vortheilhaft aus, so dass das Auge auf ihr ruhen kann, ohne durch die Verstösse gegen das Ebenmass beleidigt zu werden, welche hierlandes in der Regel den Anblick alter Bauten verleiden. Neben der Kirche stand die Woh­nung des Erzbischofs; sie ist vor einigen Jahren abgebrannt und noch nicht wieder aufgebaut worden. Den Eingangshof umgrenzen die Gebäude der hellenischen und einer Trivial-Schule, deren es fünf in Ochrida giebt. In vier derselben wird griechisch und nur in einer Vorstadt­schule slavisch gelehrt, denn bei den christlichen Bewohnern von Ochrida sind die griechischen Sympathien bei weitem vorherrschend. Sie woUen Griechen, keine Slaven sein, obwohl die Männer das Griechische in der Schule erlernen müssen, und das Bulgarische durchweg Haus­sprache ist. Wir haben daher auch in Ochrida nur Ein Frauenzimmer gefunden, welches griechisch sprach; denn zu einer Mädchenschule hat es die Stadt noch nicht gebracht.

An den Stufen und Wänden dieser Schulgebäude fanden wir die hinten unter Nr. 4—7 verzeichneten Inschriften, worunter die eine insofern ein allgemeines Interesse hat, als sie die Namen der Dassareten (Δασσαρήτιοι) aus den Zeiten der römischen Kaiser anführt und somit den inschriftlichen Beleg giebt, dass Lychnidos die Hauptstadt dieses Volksstammes war und an der Stelle des heutigen Ochrida lag. In der Kirche zeigte man uns als die grösste Merk­würdigkeit der Stadt, eine etwa drei Meter lange und halb so breite Altartafel (Agia Trapeza)> welche auf einem roh behauenen ausserhalb der drei Ordnungen stehenden, aber offenbar alten Capitäle von etwa 3 / 4 Meter Höhe ruht, und aus einem einzigen Stück weissen Marmors besteht, welcher, obwohl zwei Zoll dick, dennoch so durchsichtig ist, dass der Lichtschimmer

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einer unter die Tafel gehaltenen Wachskerze auf der Oberfläche sichtbar wird. Ich glaube jedoch, dass die Platte diese Eigenschaft mit allem alabasterartigen Marmor gemein bat.

Von ungleich grösserem Interesse war für mich die hölzerne Bildsäule des heiligen Clemens, welche die innere Ecke an der rechten Eingangsthüre zum Tempion einnimmt, mithin innerhalb des heiligen Raumes stand. Sie steht etwa drei Fuss über dem Boden auf einer, wenn ich nicht irre, hölzernen Unterlage, und mag etwa 3 / 4 Naturgrösse haben. Das Gesicht ist zwar schon beschädigt, aber die römische Tiara und der bischöfliche Talar noch wohl erkennbar. Ich kann mich nicht erinnern, Spuren von Farben an ihr bemerkt zu haben, doch habe ich sie darauf hin keiner näheren Untersuchung unterworfen. Sie zeigt jetzt die Naturfarbe des Holzes, aus der sie verfertigt ist, und ihr Braun war weit lichter, als bei altem Holze gewöhnlich ist.

Die volle Bildsäule des Kirchenpatrons in einer byzantinischen Kirche gab viel zu denken. Denn da bekanntlich die griechischen Kirchen keine solchen zulässt, und nur gemalte Bilder und solche in halberhabener Arbeit ausgeführte gestattet, so bleibt wohl nichts übrig, als das Alter der vorliegenden Bildsäule vor das Jahr 1018 zu verlegen, in welchem Kaiser Basilios dem Bulgarenreich durch die Einnahme von Ochrida für immer ein Ende machte. Der Kaiser scheint gegen die bulgarische Kirche eben so milde verfahren zu sein, wie gegen die bulgarische Königsfamilie, denn er bestätigte den damaligen Erzbischof von Ochrida, Johannes, in seiner Würde*).

Eine andere Merkwürdigkeit der Metropole ist die kostbare Decke, welche bei dem feier­lichen Umzüge des Frohnleichnamsbildes am Karfreitag über die Bahre gebreitet wird, auf dem es liegt (Epitaphion), denn sie ist ein Geschenk des Kaisers Andronikos, mithin über 600 Jahre alt. Sie besteht aus schwerem rothen, freilich schon sehr schadhaftem und geflicktem Seidenstoffe l'eo Meter lang und I ' I Ö Meter breit. In der Mitte ist mit bunter Seide der Frohn-leichnam und zu beiden Seiten desselben zwei stehende Engel mit Flügeln und aneinander­gelegten, aufwärts gerichteten Händen eingestickt.

In der oberen linken Ecke steht ein Engel mit der Inschrift Matthaeos, gegenüber ein Adler mit der Abkürzung von Johannes, in der untern rechten Ecke ein Stier mit der Inschrift Lukas. Statt des vierten Evangelisten steht in der untern linken Ecke* ein kleiner heidnischer Rundtempel und rechts und links von ihm ein kirchlicher Spruch in kleinen goldenen Buchstaben. Ein gewiss auffallender Ersatz für St. Marcus, den man in Ochrida nicht zu erklären wusste.

Die Arbeit ist feiner Plattstich, sehr fleissig, aber steif. Am oberen Rande stehen in über­zollhohen, dicken, goldenen Buchstaben die Worte: Gedenke, ο Hirt, der Bulgaren, bei deinen Opfern, des Herrschers Andronikos Paläologos. Wir fügen diese Inschrift unter Nr. 12 den übrigen bei, weil ihr, obwohl in grossen Initialen ausgeführt, dennoch sämmtliche Accent- und Hauchzeichen mit besonderer Sorgfalt beigestickt sind.

Die Decke machte auf mich den Eindruck unbezweifelter Ächtheit, ich ermahnte daher auch die Stadtältesten zu grösserer Sorgfalt für diesen einzigen Zeugen einer längst vergan­genen Zeit, und drang auf die Anschaffung einer neuen Decke zum Gebrauche, damit die alte, nicht durch denselben allgemach ganz zerstört würde, was auch versprochen wurde.

i) Zachariae v. Langenthal, Beiträge zur Geschichte der bulgarischen Kirche. S. 17, Note 2.

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I ie wohl oft renovirte Kalkinschrift über der inneren Seite der Kirchenthüre sagt, soweit sie noch lesbar ist, aus, dass die Kirche unter Andronikos Palaeologos und Eirene und dem Erzbischof der ersten Justiniana und von ganz Bulgarien, Makarios, erbaut (?) oder wieder­hergestellt worden ist im Jahre 6839 (der Welt = 1331 n. Chr.1).

Von der Büchersammlung der Kirche, welche in einem Holzsehranke verwahrt wird, schien allein der unter dem Namen Codex der Metropole bekannte Urkundenband nähere Beachtimg zu verdienen. Derselbe enthält nämlich 144 Urkunden, welche noch aus der Zeit der Unabhängigkeit der Kirche von Ochrida stammen, von denen jedoch keine über das 16. Jahrhundert hinausreicht. Die letzte Urkunde (S. 168) trägt das Datum αψης, und ist mit dem Namenszuge des damaligen Erzbischofs in grüner Dinte versehen. Die grüne Dinte gehörte zu den Vorrechten der Erzbischöfe von Ochrida. Was den Inhalt dieser Urkunden betrifft, so hatte ich weder die erforderliche Zeit noch Fertigkeit im Handschriftlesen, um mich deren näherem Studium zu widmen. Nach der Behauptung der Eingeborenen soll dieser Band die keineswegs einzige Urkundensammlung über die selbständige Kirche von Ochrida sein, sondern eine weit ältere Sammlung sich in der kaiserlichen Hofblibliothek in Wien befinden.

Auf Seite 22 des Codex fand ich ein Verzeichniss der fünf Pfarreien von Ochrida aus dem Jahre 1664, welche sich bis auf die heutige Zeit meist auch mit ihren alten Namen erhalten haben2). Die Gesammtzahl der christlichen Häuser der Stadt hätte diesem Verzeich­nisse zu Folge nur 142 betragen. Vergleicht man damit die Zahl von 37 Haupt- und Neben­kirchen, so ergiebt sich, dass das christliche Element durch die türkische Eroberung sehr gelitten haben muss, weil es sich nicht annehmen lässt, dass eine Gemeinde von 140 Häusern 37 Kirchen erbaue und unterhalten könne, so gross man auch die Zahl der Kirchen in den byzantinischen Städten des Mittelalters annehmen mag3). In dem Codex fanden sich auch zwei Gemeindebeschlüsse über Beschränkung des Luxus der Frauen und der Hochzeitskosten vom 28. Februar 1759, deren griechischen Text wir im Anhange zu den Inschriften auch als Sprachprobe abdrucken4); darnach wird allen Frauen verboten, rothe Atlaskleider und Pelz­mützen zu tragen, gestickte Blumen, Goldstücke oder sonstigen Schmuck an die Mützen zu heften, Goldstücke und "Perlen an der Brust zu tragen, goldene Tressen an ihre Beinkleider zu

*) CO Ρ > ^ W i r verdanken die Erklärung dieser Zahlzeichen der Güte des Herrn Professor Schmidt in Jena, mit dem Zusätze, dass das Jahr genau mit dem Regierungsantritte des dritten Andronicus zusammentreffe, der nur 8 Jahre regierte, und dass das letzte Zeichen einen Bruchtheil anzudeuten scheint.

-) Es führt an: 1. Pfarrei mit Nebenkirchen δ und 26 Häusern 2. των άγιων Αναργύρων mit 6 „ 18 „ 3. του άγιου Νικολάου και Γεροκόμου rait 7 „ 18 „ 4. Μπόλτιτζα εις κάτω ττόρταν mit 2 „ 23 η

5. Θεοτόκος -η Τζέλττιζα κ. ά. Νικο'λαο^ mit 5 „ 22 „ 6. των ψαράδων το Κανε/Jo ά. Νικο'λαος mit 4 „ 11 „ 7. της κυρίας 5εοτόκου Καμεσκο mit 1 „ 24 „

30 142 3) So heisst es ζ. Β . von Athen, dass es vor der türkischen Eroberung 365 Kirchen oder so viel, als das Jahr Tage zählt,

besessen habe. Wenn dieselbe Zahl nicht auch von anderen Städten wie Thessalonike, Alt-Welesa (Köprülü am Wardar) angegeben würde, so läge für Athen die Versuchung nahe, dieselbe auf die 360 attischen Geschlechter und deren Gentil-Sacra zurückzuführen. Hat doch noch heutzutage jedes Geschlecht im Thale von Argyrokastron, welches so viele Gegen­bilder zu Urattika bietet, einen griechischen Heiligen zum Geschlechtspatron, dessen Fest es mit besonderer Feierlichkeit begeht. S. albanes. Studien I. S. 153 in fine.

4) Nr. 48.

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setzen, und zwar bei Strafe von 20 Aslania (eine Geldmünze), welche der Ehemann der Zuwiderhandelnden zu zahlen hat, insofern er an Ort und Stelle ist, weil er sie an der Uber-schreitung dieses Beschlusses nicht verhindert; ist er jedoch abwesend1), so hat die Frau selbst die Busse zu erlegen. Diesem Beschlüsse wird auch noch heutzutage mit Ausnahme des Pelz­werkes strenge Folge gegeben. Dergleichen von den Gemeinden ausgehende Luxusverbote sind übrigens auf der Halbinsel nicht selten, und werden, einmal eingeführt, meist streng gehalten. In Jannina stammte ein ähnliches Gesetz aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts, und erst während meiner Anwesenheit in jener Stadt wagten die Mädchen den Versuch, die vorderen Ecken ihrer offenen Spencer wieder mit einer kleinen Goldarabeske zu verzieren. Auch in Hydra erliess der bekannte Capitän Bulgaris, der Vater des noch lebenden Staatsmannes, bei seiner Ernennung zum Bei der Insel, seiner Heimath, eine Verordnung, durch welche er seinen Landsmänninnen allen und jeden Schmuck zu tragen verbot, und ihm verdankt die hydriotische Frauentracht die herrnhuterische Einfachheit, gegen welche man erst heutzutage durch die Vertauschung der alten, schweren, faltenreichen, aber ungemein kleidsamen Böcke mit modernen zu sündigen beginnt.

Zwischendurch enthält der Codex der Metropole auch lange Verzeichnisse von den der Kirche dargebrachten Weihgeschenken. Dieselben sind meist griechisch eingeschrieben, an zwei Stellen bemerkte ich indess auch bulgarische Inscriptionen, jedoch mit griechischen Buch­staben. Im Hinblick auf diesen Codex erscheint es fraglich, ob hier die griechische Sprache jemals von der bulgarischen gänzlich verdrängt worden sei. Ich durchsuchte das Buch ver­gebens nach geschichtlichen Aufzeichnungen, und war mit den übrigen Büchern der Kirche nicht glücklicher. Den Angaben derselben auf S. 93 war kein allgemeineres Interesse abzu­gewinnen. Von S. 154 an folgt eine Beihe griechischer Dichtungen, welche mit einem Gedichte gegen die Lateiner und andere Ketzer beginnt. Was ich davon las, erschien mir gänzlich werthlos.

S. 168 wird erzählt, dass anno 1789 Juni 22. zwei Christen fälschlich der Falschmün­zerei angeklagt und gehenkt worden seien und ihr Vermögen zerstreut worden. Die Notiz schliesst höchst eigenthümlich mit den Worten: Was der Wind zusammengeführt, hat der Teufel zerstreut2), eine Bedensart, die mit unserem: Wie gewonnen, so zerronnen, gleichen Sinn hat, und daher auf die behauptete Unschuld der Betreffenden ein eigenthümliches Licht wirft.

Um die Aufzählung der alten Bauten von Ochrida zu erschöpfen, ist noch einer sehr zer­störten Moschee im Südwesten der Festung zu gedenken, zu deren Vorbau einige rohe Bund­säulen, Capitäle und Säulenbasen verwandt wurden, welche früher wohl zu einer Kirche gehörten. An den Mauern rankt sich der schönste und grösste Epheu hinan, welchen wir auf der ganzen Beise zu sehen bekamen, und den der Doctor daher auch aufnahm. Bei dieser Moschee steht im Schatten der Bäume, aber im Zustande der grössten Verwahrlosung, das von einem Eisengitter umgebene Grabmal des Sinan Pascha, welcher vor mehr als anderthalb Jahr­hunderten hier gelebt haben soll und die grösste fromme Stiftung gegründet hat, welche die Stadt besitzt. Seiner Bestimmung nach sollten in der zu ihr gehörigen Küche zweimal in jeder Woche 160 Okka (ä 2 Pfund 9 Loth bayr.) Brot und Gerstensuppe, und an den vier muham-

*) Hieraus ergiebt sich, dass die Männer schon damals gewohnt waren, ihr Geschäft auswärts zu betreiben. 2) Άνεμου μ*ζόματα, ^άβολου σχορπίσματα.

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medanischen Hauptfesten (Bairam) Beisbrei an die Armen ohne Unterschied der Beligion ver­theilt werden. Da aber das Einkommen der Stiftung durch die Nachlässigkeit und Untreue ihrer Verwalter allmälich von 200 Beuteln (ä 500 Piaster oder circa 50 Gulden) auf 30 zusammen geschmolzen, so erlitten auch die Vertheilungen eine bedeutende Verminderung. Übrigens hat auch die Stadt einen nur kleinen Armenstand, und erfreut sich besonders das christliche Element eines im steten Steigen begriffenen Wohlstandes. Die meisten christ­lichen Häuser-Besitzer haben wenigstens ein Stück Weinberg; und die über die Wiesenpläne aUabendlich der Stadt zuwandernden Büffel-, Kühe-, Ziegen-, Schweine- und Gänseheerden setzen uns durch ihre Grösse oft in Erstaunen. *

Besonderen Aufschwung nahm die Stadt jedoch während des Krimmkrieges durch die grosse Entwickelung, welche derselbe der Pelzindustrie gab. Denn während dieser Zweig früher nur 12 Häuser beschäftigte, liegen ihm jetzt an 150 Häuser ob. Man behauptet hier, dass Kastoria und nach ihm Ochrida die einzigen Städte der Halbinsel seien, in welchen die Pelzindustrie blühe, und dass erst in der neuesten Zeit sich ihnen Jannina angeschlossen, wo derselben jetzt an 70 Häuser oblägen, während dort früher nur 2 oder 3 gewesen seien.

Sehr überrascht war ich durch die Angabe, dass Leipzig der einzige Markt sei, welcher die Halbinsel mit Pelzwerk versieht. Mehrere Ochridaner und Kastorianer befinden sich zu dem Ende in Leipzig, wo sie in der Begel eine Beihe von Jahren bleiben. Die Häute werden von dort roh, in Packen zu 10 Stück, bezogen, welche Bondura heissen, hier gegerbt und zu Pelzen verarbeitet, und gehen dann von hier aus hauptsächlich nach Constantinopel und zu der Hauptmesse der Halbinsel, welche in Usundschowa bei Adrianopel gehalten, und wo grosse Massen von Pelzen abgesetzt werden.

Nach Leipzig gehen jedoch auch von Ochrida und Kastoria die Marderfelle, von denen 40 Stück ein Suruki bilden, weil dieses 150 — 200( Thaler kostet und daher ein für die hiesigen Gegenden viel zu theurer Artikel ist, denn hier werden nur Pelze im Mittelpreise von höchstens 400 — 500 Piaster getragen. Diese Marderfelle werden gleichfalls ungegerbt verschickt.

Zur Zeit des Krimmkrieges betrug der Taglohn des Pelzarbeiters bis zu 15 Piaster, jetzt zahlt man für den Wintertag nur 4 — 5 Piaster. Sehr bezeichnend für den zunehmenden Wohlstand der Halbinsel dünkt mich die Erscheinung, dass dieser durch den Krimmkrieg plötzlich hervorgerufene Gewerbszweig nach seiner Beendigung nicht wieder ebenso rasch zurückgegangen ist; so war man, wie ich später hörte, namentlich mit der heurigen (1863) Messe von Usundschowa sehr zufrieden, indem alle Vorräthe zu guten Preisen abgingen und die Nachfrage nicht einmal deckten.

Dieser Handelszweig erklärt den sonst auffallenden Umstand, dass sowohl Ochrida als Kastoria ihren Bedarf an Tuch-, Wollen- und Baumwollenwaaren hauptsächlich aus Leipzig beziehen. Die weiteren Märkte für Ochrida sind Wien und Triest, welch letzterer Platz auch fast den ganzen Bedarf an Colonialen über Durazzo einführt. Von Salonik kommt nur wenig hierher, wie denn überhaupt die Handelsbeziehungen mit Salonik, Bitolia und Constantinopel nur sehr gering sind.

Wir hatten lange auf die Bückkehr der beiden Beisenden zu warten. Da ihre Bemühungen an Ort und Stelle der Thäter habhaft zu werden oder von der Gemeinde Entschädigung zu verlangen, an dem Trotze der Bewohner gescheitert waren, welchen das an 200 Mann starke Gefolge der beiden Mudire nur wenig zu imponiren schien, so war Kiasim Bei mit Herrn

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v. Spaun nach Elbassan geritten, wohin Dschelal Pascha von Diwra aus gekommen war, um ihm die Sache vorzulegen. Der Pascha fasste sie sogleich von ihrem praktischen Standpunkte auf, indem er erklärte, dass die Gemeinde nach dem Gesetze ersatzpflichtig sei. Da aber die Ersatzberechtigten nicht so lange warten könnten, bis das Geld von der Gemeinde beigetrieben sei, so sollte die Staatskasse dasselbe einstweilen vorschiessen. Demzufolge stellte er eine Anweisung aus, kraft welcher die Beraubten ihre Entschädigung erhielten und hierauf unter sicherem Geleite nach Durazzo geschickt wurden.

Ich glaubte mich voUkommen mit diesem Ersätze befriedigen zu können, weil wir nun auf der Weiterreise gewiss nichts zu fürchten brauchten, und auch die Dörfler von Brinjatz, nachdem sie die unfehlbar mit eiserner Strenge beigetriebene Entschädigungssumme sammt Zinsen u. s. w. erlegt haben, schwerlich so schnell wieder zur Beunruhigung der durch ihr Gebiet ziehenden Beisenden, besonders wenn sie fränkisch gekleidet sind, Lust tragen werden.

XXV. Geschichtliches über Ochrida. Am Tage nach Herrn v. Spa uns Bückkehr wurde sogleich der bis dahin verschobene

Rundritt durch die kleine Ebene von Ochrida, die letzte Örtlichkeit, welche uns noch zu besuchen übrig blieb, unternommen.

Wir ritten zuerst nach dem Weiler Gebufze, welcher hart unterhalb des jäh abfallenden, felsigen Hügelrückens liegt, der die Ebene von Ochrida von der von Struga trennt. Von hier aus verfolgten wir den directen Weg von Struga nach Resnja, welcher Ochrida eine gute halbe Stunde südlich lässt, um uns nach Spuren der alten Via Egnatia umzusehen, welche höchst wahrscheinlich dieselbe Bichtung nahm. Etwas südlich von dem Weiler zeigte man uns mehrere Grabsteine, welche zur Erinnerung an ein Massenduell gesetzt worden sein sollen, das hier einst ausgefochten wurde. Der Sage nach soll nämlich die streitbare Jugend von Ochrida und Struga lange Zeit um den Preis der Tapferkeit gehadert haben, bis sie beschlossen, die Frage durch einen Kampf zu entscheiden, zu welchem jede Stadt 25 Mann stellen solle. Diese 50 Krieger hatten aber einander gegenseitig bis zum letzten erschlagen, so dass keiner von der Wahlstatt zurückkehren konnte, um den Seinen den Ausgang des Kampfes zu melden. Uber die Zeit, wann dies geschehen, schweigt die Sage, wie gewöhnlich, doch betrachtet sie die Gefallenen als Muhammedaner. Die Steine verriethen kein hohes Alter und unterschieden sich in nichts von den rohen, inschriftlosen, türkischen Denksteinen, die man so häufig längs der Wege der Halbinsel antrifft.

In dem jähen Absturz des Felshügels findet man eine Grotte, welche durch eine halb­zerstörte Mauer zu einer Capelle erweitert ist. Dieselbe ist dem heiligen Erasimos geweiht, welcher hier als Einsiedler gelebt haben soll. Er ist einer von den sieben Einsiedlern, von denen es heisst, dass sie das Land zum Christenthume bekehrt haben, und zu welchen auch St. Naum und Clemens gehören. Wir suchten hier vergebens nach alten Spuren, konnten aber nicht einmal eine behauene Steinquader entdecken. Auch versicherten die Bauern, dass es in der ganzen Nachbarschaft weder eine Inschrift, noch grosse oder kleine behauene Steine gäbe. Wir scheuten daher die Mühe, den Gipfel des Hügels zu besteigen, um die Reste einer den­selben krönenden Befestigung zu besichtigen, da wir durch die Fernröhre nur Kalkmauern aus rohen Bruchsteinen entdecken konnten.

Von hier wandten wir uns über einen mit Weinbergen bedeckten Höhenrücken nach der Ochridaebene zurück. In dem durch die Höhen vor dem Nordwinde gedeckten Theil dieser

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Weinberge, welche Paterditza und Tschekosnitza genannt werden, reifen die Trauben zuerst und werden von hier nach Struga und Resnja und weiter hin verführt. Die Lese war hier schon vorüber, während sie in den im Osten gelegenen Weinbergen der Stadt sich gerade in vollem Gange befand.

Der Daljanbach ist das Hauptwasser der Ebene, er tritt von Nordosten in dieselbe ein, durchschneidet sie etwa eine halbe Stunde nördlich von der Stadt, und fliesst dann an der westlichen Hügelwand in gleicher Richtung dem See zu, den er bei der Stelle Daljan erreicht; dieser türkische Name bedeutet Fischteich, die Bulgaren nennen die Stelle nach dem gleich­bedeutenden Worte diwäri, welches nach ihrer Behauptung auch neugriechisch ist, da es aber mit d anlautet und daher ντιβάρι geschrieben werden muss, so dürfte die Wurzel schwerlich griechisch sein. Über den Bach führen drei steinerne Brücken, von denen mir die bei dem Dorfe Logotscherewi, eine Stunde nördlich der Stadt, die älteste zu sein schien, mehr wage ich nicht zu sagen: zwar konnten an ihren Fundamenten (denn sie ist mehrfach restaurirt) keine Spuren entdeckt werden, welche auf römischen Ursprung hinwiesen. Damit ist aber diese Frage noch nicht entschieden, und ein besserer Kenner römischer Bauten urtheilt viel­leicht anders. Die aus den südlich gelegenen Thalrissen der Ostwand kommenden reichen Bäche vereinigen sich nicht mit dem Daljanbache, sondern fliessen östlich von der Stadt in den See. Die Ebene muss also in ihrer Mitte eine kleine Schwellung haben, welche die Scheide ihrer Wasser bildet, vielleicht geht sie von einem Hügel aus, der sich etwa 1/± Stunde nördlich von der Stadt erhebt. Seine Ähnlichkeit mit einem Tumulus ist so gross, dass von seiner näheren Untersuchung nur in Folge der Versicherung abgestanden wurde, dass der an seinem Fusse sichtbare Felsen bis zu seinem Gipfel reiche. Wir ritten über die neue mittlere Brücke, den Daljanbach aufwärts, und erfreuten uns an den anheimelnden Bildern, welche die reich bevölkerte Gegend fast nach aUen Seiten hin darbot, und an ihrem fruchtbaren Boden, an dessen Bebauung aber die grosse Sorgfalt vermisst wurde, welche in anderen bulgarischen Gegenden angetroffen wird. In der auf offenbar alten Fundamenten stehenden Kirche von Logotscherewi fanden wir zur Überraschung ein Stück Inschrift eingemauert, deren ungeheure Buchstaben sich schon von weitem als zu der Inschrift in dem Mittelthor des Warosch gehörig ankündigten. Auch das Material der Blöcke, welche die Inschrift tragen, zeigt, dass dieselben früher ein Ganzes bildeten, leider aber waren alle Bemühungen, dasselbe herzustellen, bis jetzt erfolglos.

In der Kirche zeigte man uns die 21/2 Fuss hohe Bildsäule eines Kindes aus weissem Marmor mit langem über die Füsse herabfaUenden Gewand, deren Spitzen daraus hervorragen, Kopf und rechte Hand fehlen, die linke, über die das Gewand geschlagen, hält an den Körper angedrückt einen grösseren Vogel, vielleicht eine Taube. Die Arbeit ist sehr mittelmässig. Auf der drei ZoU hohen runden Standplatte steht in gut gearbeiteter Schrift, die vielleicht der mittleren Kaiserzeit angehört, die Inschrift: Ein schönes Kind von zwei Jahren und fünf (?) Monaten*). Diese Bildsäule wurde vor einigen Jahren bei der Ausbesserung der Brücke gefunden.

Wir suchten mit grosser Sorgfalt die Steine des nahen Dorfkirchhofes ab, konnten aber keinen einzigen darunter entdecken, der auf älteren Ursprung hinwies, oder überhaupt nur behauen gewesen wäre, was mit der Versicherung der Eingeborenen übereinstimmt, dass in

!) S. hinten Nr. 13, b.

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der ganzen Nachbarschaft kein behauener Stein zu finden sei. Ebenso vergeblich waren unsere Erkundigungen in Ochrida selbst. Sowohl in der Stadt als auf dem Lande kannte Jedermann die Inschrift und die Bildsäule von Logotscherewi, aber auch nur diese. Wir haben aber gesehen, zu welchen Schlüssen die in Ochrida vorhandenen Alterthumsreste über den Beich-thum der alten Stadt Lychnidos berechtigen. Man kann daher auch wohl nicht zweifeln, dass die Städter in der anstossenden Ebene Landhäuser hatten, welche ihrem Wohlstande ent­sprachen; ebenso mag hier vor Alters bei dem möglichen Übergange der Via Egnatia über den Bach der Ebene, so gut wie heute, ein Dorf gestanden haben. Dass sich aber die Spuren einer alten Stadt von der Bedeutung wie Lychnidos nach ihrer gänzlichen Zerstörung in dem Grade verwischen könnten, wie dies der Fall wäre, wenn derselbe hier gestanden hätte, das streitet gegen jede Wahrscheinlichkeit. Man bedenke auch, dass Lychnidus weit älter ist als die Militärstrasse der Börner, und dass die heutige Stadt an der Stelle steht, wohin sie die Natur selbst verwiesen hat.

Von Logotscherewi ritten wir nach dem % Stunde entfernten im Nordostwinkel der Ebene gelegenen Dorfe Kosil, um dessen alte Schwefelgruben zu besuchen, welche dem Dorfe den Namen gegeben (kosil bulg. Schwefel). Hart am südlichen Dorfende beginnen diese jetzt verlassenen Gruben und laufen am Fusse der östlichen Thal wand gegen Süden. Dieser Strich ist gänzlich Strauch- und pflanzenlos und hat zwar nur lichtgraue Färbung, doch kündigt der Schwefel seine Gegenwart den Geruchsnerven um so nachdrücklicher an. Die Hauptöffnung, welche die Schwefeldünste aushaucht, liegt etwa drei Minuten südlich von dem Dorfe, man hört hier aus der Tiefe sehr deutlich das Bauschen einer Quelle, welche unter einer mit einer dünnen Erdlage bedeckten Felsschicht hinläuft; in dieser befindet sich ein kleiner Krater von kaum Fuss grossem Durchmesser, aus dessen Tiefe ein kalter schwefel­haltiger Luftzug mit solcher Heftigkeit hervorbricht, dass er das den Krater füllende kleine SteingeröUe fortwährend in die Höhe schleudert. Wir sahen auf diese Weise selbst Steinchen von zwei Linien Dicke fusshoch auffliegen und von dem Rande des Kraters in die Tiefe hinabrollen, um wieder in die Höhe geschleudert zu werden, und vergnügten uns an dem Schauspiele so lange, bis uns die Köpfe dick zu werden begannen, eine Erscheinung, die bei den vier Mitgliedern des Ausfluges ziemlich gleichzeitig eintrat, sich aber bald wieder verlor, als wir aus dem Bereiche der Schwefelluft kamen. Nur Dr. Szekely , der sich am meisten mit diesem Luftkrater zu schaffen gemacht hatte, klagte über fortdauernde Eingenommenheit des Kopfes, und wurde in der Nacht von einem heftigen Anfall von Erbrechen und Durchfall heimgesucht, den er der eingeathmeten Schwefelluft zuschrieb, der aber vielleicht auch die Folge einer Erkältung war. Derselbe hatte grosse Lust diesen brennbaren Luftstrom anzu­zünden, bei näherer Berathung über die möglichen Folgen dieser Brandlegung schien es jedoch gerathener, auf den Versuch zu verzichten. An dem Luftkrater stehend hört man, wie schon erwähnt, das Rausehen einer starken unterirdischen Quelle, welche hier nur von einer Felsenplatte von wenigen Fuss Dicke bedeckt zu sein scheint. Der Gedanke, dass diese Quelle das ausströmende Schwefelgas entwickle, liegt also nahe.

In der Nähe des Luftkraters sickert auch eine schwache Ader der Quelle aus der Erd­wand und wird von den Eingebornen für sehr heilkräftig, namentlich gegen Hautkrankheiten, gehalten. Wir kosteten das Wasser, es war vollkommen klar und geruchlos und hatte nur einen sehr schwachen Fleischbrühe ähnlichen Beigeschmack. Gediegene Schwefellager standen, so weit wir die Gegend uns ansachen, nirgends zu Tage, dagegen war der Boden überall mehr

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oder weniger mit fast weissen Schwefe lparze l l en geschwängert . Z u m B a u dieser G r u b e n

wu rden i n früheren Ze i ten die sieben nächstgelegenen D ö r f e r 1 ) v e rwandt , we lche n o c h heute

M a d e m o c h o r i a heissen u n d frei v o n a l len A b g a b e n waren. S i e fühlten s ich j edoch v o n dieser

F r o h n a r b e i t so sehr bedrückt , dass sie den bekannten A l i Pa scha v o n J a n n i n a , der seine

H ä n d e bis i n diese G e g e n d e n streckte, baten, sie v o n derse lben z u befreien. Demzu fo l ge sol l

n u n A l i nach Constant inope l geschr ieben haben , dass diese G r u b e n ke inen Schwefe l mehr

gäben , u n d es daher vorthei lhafter wä re , v o n den dabei beschäftigten Dör fe rn die a l l gemeinen

A b g a b e n zu erheben, u n d die R e g i e r u n g sei au f den V o r s c h l a g e ingegangen. So erzählte man

uns i n K o s i l , i ch k a n n n u r bezeugen, dass die G r u b e n seit l a n g e m nicht mehr i m Betr iebe sind.

W i r n ahmen unseren R ü c k w e g über das au f d e m unteren R a n d e der Os twand der E b e n e

gelegene D o r f We l i go s t i und erfreuten uns der wunderschönen B i l d e r , z u we lchen s ich hier

das flache A c k e r - , W e i d e n - u n d W e i n l a n d mit Stadt , B u r g u n d See g rupp i r en . A m oberen

R a n d e des weit verzettelten Dorfes h in re i t end , k amen w i r an mehre ren Schwefe lgas ausströ­

menden Ste l len vo rübe r ; un d gerade die, wo die Auss t römung a m empfindl ichsten war, hatte

s i ch , ve rmuth l i ch wegen ihres re ichen Baumschattens , eine Mädcheng ruppe z u m Lage rp l a t ze

e rko ren , offenbar u m dort e inen T h e i l des Nachmit tags sp innend , nähend u n d p l a u d e r n d zu

verbr ingen . E s waren mehrere fr isch b lühende Ges ichte r unter i h n e n ; das Schwefelgas ist

also den E i n w o h n e r n weder schädlich noch lästig.

D iese T h a l w a n d ist ungemein q u e l l r e i c h , u n d nament l i ch zwe i re iche Quel lnester des

herr l ichsten Wassers i m Osten der heutigen Stadt , unweit des Sees, b i l den den Stolz ihrer

B e w o h n e r , denen es auch nicht unbekannt i s t , dass ih re Stadt wegen dieses Wasserschatzes

bereits i m A l t e r thume berühmt war. A b e r gerade diese Z i e rde der Stadt ergiebt ein gewichtiges

B e d e n k e n gegen ihre Ansprüche , die H e i m a t Just inians u n d die Nach fo l ge r in der v o n diesem

K a i s e r erbauten Jus t in iana p r i m a zu se in ; den unter den grossen B a u t e n , mi t denen Just in ian

seine N e u g r ü n d u n g schmückte, hebt P r o k o p nament l i ch eine Wasser le i tung h e r v o r ; w ie hätte

aber der K a i s e r au f den W i d e r s i n n ver fa l len können, i n einer Stadt , we lche s ich längs eines

t r inkbaren Sees erstreckt u n d , wie auch schon M a l c h u s behauptet , v ie le Q u e U e n i n ih ren

M a u e r n hatte, n o c h eine Wasse r l e i tung zu erbauen?

B e v o r w i r j edoch au f diese berühmte Streitfrage über die L a g e v o n Jus t in i ana p r i m a

näher e ingehen , möge h ier e in gedrängter A u s z u g aus Ma l chus Erzäh lung v o n dem F e l d z u g e

Theodor i chs des G r o s s e n , des nachma l i gen Stifters des ostgothischen Be i ches i n I ta l ien , i n

diesen Gegende n eine Stel le finden. D e n n wenn die classischen Schriftstel ler uns v o n L y c h n i d o s

nichts m e h r als den t rockenen N a m e n überliefert h aben , u n d w i r daher die Bedeutung dieser

Stadt i m A l t e r thume nu r aus den noch vo rhandenen Besten errathen müssen, so finden wi r

sie h ie r ausdrücklich bezeugt , u n d dürfte auch dem L e s e r e in Stre i fb l ick au f die Er l ebn i sse

eines deutschen Wande r s t ammes i n diesen G e g e n d e n v ie l le icht nicht u n w i l l k o m m e n sein.

Z ü r n e n d über die T r eu l o s i gke i t en , we lcher sich die Byzan t ine r gegen i h n schu ld i g gemacht,

fiel T h e o d o r i c h i m J a h r e 479 n. C h r . v o n T h r a k i e n aus in die östlichen Re i chsp rov inzen ein,

d r ang bis z u m W a r d a r vor , zerstörte Stob i , die erste macedonische Stadt, au f die er stiess, u n d

hieb alles nieder , was i h m v o n der Besatzung W ide r s t and leistete.

H i e r scheint i h n der kaiser l iche Abgesandte A r t emido ros getroffen u n d wenigstens so v ie l

über i h n ve rmocht z u haben , dass er dem Gesandten Bevol lmächtigte zu r U n t e r h a n d l u n g des

*) Weligosch, Leskowetz, Skrepatno, Kosil, Ridsitza, Gorenza, Sfinischta.

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Friedens in Byzanz mitgab und seinen Gothen unterdessen das Sengen und Brennen verbot, wenn er sie auch nicht verhindern konnte, dass sie sich ihre Bedürfnisse selbst verschafften, da sie von allem entblösst waren. Von Stobi wandte er sich ostwärts nach der reichen Ebene von Heraklea (Monastir), deren Erzbischof das Gothenheer so reichlich mit Lebensmitteln und Geschenken versah, dass Theodorich nicht nur das Land verschonte, sondern auch im übrigen auf Erhaltung der Mannszucht bedacht nahm. Der Erzbischof schickte auch sogleich Botschaft an Kaiser Zeno und bat um die schleunigste Abordnung eines mit den erforder­lichen Vollmachten versehenen Gesandten, weil er nicht länger im Stande sei, eine solche Menschenmasse im Zaume zu halten. Der Kaiser schickte dem zu Folge den Adamantios an Theodorich mit der Ermächtigung, ihm die Provinz Pautalia zum Wohnsitze anzuweisen, welche zwar zu IQyrien gehörte, aber nicht weit von den thrakischen Pässen entfernt war. Auch erhielt der Gesandte 200 Pfund Gold für den Unterhalt des Gothenheeres bis zur nächsten Ernte.

Um diese Zeit lebte in der um Epidamnos (Durazzo) gelegenen Provinz Epirus ein dem Theodorich verwandter mächtiger Gothe, welcher dort einen fruchtbaren Landstrich und Eigengüter besass*). Ausserdem bezog derselbe von dem Kaiser eine Pension, stand bei der Kaiserin Werino in grossen Gnaden, bekleidete das hohe Amt eines Commandanten der Domestici und galt daher für einen Bömerfreund ('Ρωμαιοις υπόσπονδος). Diesen beschickte Theodorich und bat ihn in Anbetracht ihrer alten Verwandtschaft ihm zu dem Besitze von Epidamnos und der Herrschaft über das übrige Epiros zu verhelfen, damit er nach so vielen Irrfahrten in den Mauern jener Stadt abwarten könne, was ihm sein Glück bescheren würde.

Demzufolge begab sich Sidimund nach Epidamnos und bearbeitete dessen Bewohner und Besatzimg unter der Vorspiegelung, dass demnächst Theodorich mit der Ermächtigung des Kaisers Epidamnos besetzen werde, mit so viel Geschick, dass dieselben noch vor Theo­dorichs Ankunft die Stadt räumten und sich nach den Inseln und nach anderen sicheren Orten zurückzogen. Darauf schickte er zu Theodorich und empfahl diesem die möglichste Eile. Dieser aber zögerte in seinem Lager bei Heraklea unter allerlei Vorwänden. Als er sich end­lich auf die wiederholte Mahnung des Sidimund zum Aufbruche entschloss, verlangte er von den Herakleoten, welche die Stadt verlassen und sich in ihre feste Burg zurückgezogen hatten, Lebensmittel für seinen Marsch. Als aber diese antworteten, dass sie alle ihre Vorräthe während der langen Zeit aufgezehrt hätten, welche sie in der Burg zugebracht, da liess er den grössten Theil der Stadt verbrennen und schlug sogleich den schwierigen und engen Weg nach Neu-Epirus ein, indem er eine Beiterschaar vorausschickte, um die auf dem Wege gele­genen festen Plätze zu überrumpeln, was auch voUständig gelang; denn die Besatzungen und Bewohner flohen bei dem plötzlichen Anblicke der Feinde und die Gothen zogen unbehelligt durch die verlassenen Plätze. Theodorich hoffte auch Lychnidos überraschen zu können. Doch wurde er hier zurückgewiesen; denn die Stadt hatte eine feste Lage und Uberfluss an Lebens­mitteln und QueUen in ihren Mauern. Er ging also von hier aus nach Skampia, welches bereits seit längerer Zeit (πάλαι) von seinen Bewohnern verlassen worden war, nahm diese Stadt und besetzte von da aus Epidamnos.

Auf diese Nachricht begab sich Adamantios nach Edessa (Wodena), wo er den kaiser­lichen Feldherrn Sabinianos ausser Stand fand, sich dem Marsche der Gothen zu wider-

1) pag. 248 edit. Bonn: έν τφ xara Έττίδαμνον Εγ ε ί ρω χώραν τε νεμόμενον και εύδαίμονα κλήρο*.

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setzen, weil seine Truppen über das Land verstreut waren. Man beschloss also das Heer so rasch als möglich zusammen zu ziehen, und Sabinianos und Adamantios begaben sich unter­dessen nach Lychnidos. Es war dies eine von Altersher reiche und blühende Stadt, und ihre Behörde, Bürger und die übrigen Bewohner zogen den Ankommenden entgegen und holten sie ein.

Nun verlangte Adamantios eine Zusammenkunft mit Theodorich: da sich aber die Ver­handlungen über die von jenem geforderte Sicherheit in die Länge zogen, so verlor Adaman­tios die Geduld, nahm eines Abends 200 Soldaten und schlug einen längs unwegsamen Ufern führenden engen und den meisten unbekannten Weg ein, der damals zum ersten Male von Pferden betreten worden sein soll, und kam so auf einem Umwege (κύκλω περιελθών) zu einem in der Nähe von Epidamnos auf einem hohen Hügel gelegenen, uneinnehmbaren Castelle, unter welchem sich eine von einem tiefen Flusse durchströmte tiefe Schlucht hinzog. Von hier aus schickte er nach Theodorich. Dieser folgte dem Bufe, stellte sein übriges Heer in seinein Bücken auf und kam mit wenigen Beitern an den Fluss. Adamantios aber umsteUte einen Hügel mit Soldaten, damit ihn jener nicht umgehen könne, stieg dann auf einen Felsen herab (υποκαταβάς εις πέτραν), wo er von Theodorich gehört werden konnte, hiess ihn auch die Seinigen zurückschicken, und darauf unterredeten sich beide ohne Begleiter1). Theodorich begann mit Beschwerden über das treulose Verfahren von Byzanz. Adamantios entschuldigte seinen Hof so gut er konnte, erinnerte an die Wohlthaten und Auszeichnungen, mit denen Theodorich überhäuft worden, und forderte ihn auf Epirus sofort zu räumen, denn es sei nicht zu ertragen, dass so grosse Städte von ihm besetzt und die Einwohner daraus vertrieben wor­den seien. Er sollte nach Dardanien2) ziehen, wo ausser den bewohnten Strichen noch vieles gute und fruchtbare Land sei, das der Bewohner bedürfe, welche er bebauen und wo er mit seinem Heere in Uberfluss leben könne* Theodorich betheuerte, dass dies auch seine Absicht sei, dass er aber wegen der grossen Erschöpfung seines Heeres nicht sofort weiter ziehen könne, sondern in Epirus überwintern müsse. Im Frühjahre solle man ihm einen Führer nach Dardanien schicken, dort wolle er seinen ganzen Tross in der vom Kaiser bezeichneten Stadt absetzen, Mutter und Schwester zu Geiseln geben und an der Spitze von 6000 auserlesenen Kriegern im Vereine mit den kaiserlichen Truppen nicht nur ganz Thrakien von den übrigen Gothen reinigen, sondern auch seinen Neffen aus Dalmatien vertreiben, wofür er zum Feld­herrn ernannt zu werden verlange und das Land nach Börner weise zu regieren verspreche3).

Adamantios erwiderte, dass er keine Vollmachten habe, mit ihm irgendwie zu unter­handeln, so lange er in diesen Gegenden verweile, doch werde er dessen Anträge dem Kaiser berichten und dessen weitere Befehle abwarten, worauf sich beide trennten. Während dieses Herganges hatte Sabinian seine Streitkräfte durch beträchtliche Zuzüge verstärkt, und wurde

!) Wenn der Leser die Beschreibung des Skurana genannten Wasserfalles vergleichen will, welchen der Arcen zwischen Pulumasch und Sküde>i im Angesichte der Bergfeste von Petrei'la bildet (s. Chorogr. Abtheil, ad II), so dürfte er es gewiss eben so wahrscheinlich als der Verfasser finden, dass dies die Stelle ist, wo sich einst Theodorich und Adamantios unter­redeten, ersterer auf der Süd-, letzterer auf der Nordplatte des Falles stehend. Adamantios wäre sonach von Ochrida aus über das heutige St. Gjerkj den Arcen bis unweit Petrei'la abwärts geritten, hätte aber denselben vor dem Wasserfalle gekreuzt und auf dessen Nordufer Posto gefasst.

2) Hiernach müsste also damals die oben erwähnte und den thrakischen Pässen nahe gelegene Provinz Pautalia zu Dardanien im weiteren Sinne gehört haben.

3) Welchen Einfluss auf die Geschicke des deutschen Volkes würde die bleibende Ansiedelung der Ostgothen an der unteren Donau gehabt haben?

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i h m zug l e i ch gemeldet , dass der Nach t r ab der G o t h e n mit dem grössten The i l e ihrer W a g e n

u n d S a u m t h i e r e , bei we lchem sich Theodo r i chs Mutte r und dessen B rude r T h e o d i m u n d

befanden, i n gänzl icher Missachtung des Fe indes nachlässig über die K a n d a v i a herabzögen.

A u f diese Nach r i ch t traf Sab ian ian i n der Nach t die nöthigen Ans ta l t en , u m den du rch die

Engpässe Z i ehenden v o n der E b e n e abzuschneiden. M i t Tagesanbruch erfolgte der Angri f f .

A l s T h e o d i m u n d u s u n d seine Mutter das sahen, eilten sie, i n die E b e n e z u kommen , und nach ­

dem sie die B r ü c k e 1 ) überschritten, au f we lcher der W e g über eine tiefe Sch lucht führte,

zerstörten sie dieselbe sog le ich , wodu rch sie f re i l ich jede weitere V e r f o l g u n g , aber auch den

zurück geb l iebenen Ih r i gen die F l u c h t abschnitten, so dass diese entweder erschlagen oder

gefangen wurden . Sab ian ian n a h m an 2000 W a g e n , u n d machte über 5000 Gefangene u n d

anderweit ige beträchtliche Beute .

I n F o l g e dieses Sieges beantragten Sab in ian u n d Adamant ios bei dem K a i s e r die U n t e r ­

hand lungen mit T h e o d o r i c h abzub rechen , da n u n aUe Auss icht vo rhanden s e i , dass man

denselben gänzl ich aus dem L a n d e treiben oder i h n dar in aufreiben könne.

D e r K a i s e r genehmigte diesen A n t r a g , r i e f seinen Gesandten zurück u n d befahl dem

Sab in i an u n d dem G e n t o n , den K r i e g mit a l l em N a c h d r u c k e fortzusetzen. D ieser letztere

wa r v o n G e b u r t e in G o t h e , hatte aber eine Römer in aus E p i r u s geheirathet u n d war daselbst

sehr mächtig.

L e i d e r b r icht h ier Ma l chus Ber icht über den G o t h e n k r i e g i n N e u - E p i r u s ab , und wi r

können daher über dessen F o r t g a n g n u r so v i e l sagen, dass s ich die E r w a r t u n g e n der B y z a n ­

tiner keineswegs bestätigten, i n d e m trotz des empf indl ichen Ver lustes i n K a n d a v i a s ich T h e o ­

dor i ch noch dre i J a h r e l a n g i n N e u - E p i r u s hielt u n d D u r a z z o u n d N e u - E p i r u s erst räumte,

n a c h d e m i h m der K a i s e r grosse Länderstrecken i n dem unteren D a c i e n u n d Mösien eingeräumt

u n d i h n z u m Präfecten v o n T h r a k i e n ernannt hatte.

V o n diesen Ze i t en an bis au f die bulgar ische E r o b e r u n g w i rd die For tdauer v o n L y c h n i d o s

nu r d u r c h die N a m e n mehrere r au f den Conc i l i en erscheinenden Bischöfe dieser Stadt bezeugt.

A u c h aus den ersten Ze i ten des bu lgar i schen Beiches habe i c h keine K u n d e v o n ih r auffinden

können, u n d die L e g e n d e n der sieben Apos te l des Christenthums be i den B u l g a r e n s ind mir ,

mit A u s n a h m e des neuerdings v o n Bi t ter v o n M i k l o s i c h herausgegebenen Lebens des he i l .

C l e m e n s 2 ) l e ider n o c h nicht zugäng l ich geworden . G e g e n die A n g a b e dieser Schr i f t , dass

C l emens der Gründe r zweier später nach i h m benannter K i r c h e n i n O c h r i d a gewesen sei,

unter we l chem N a m e n n u n das alte L y c h n i d o s wieder auftaucht, dürfte k e i n Zwe i f e l sg rund

vor l i egen . Dass aber C lemens , we lcher B i s cho f v o n T ibe r iupo l i s oder W e l i z a war, seinen Sitz

i n O c h r i d a n a h m , als i h n der Bu lgarenkön ig Bor i ses mit der Aufs icht über den dritten T h e i l

seines Be iches betraute, we lcher v o m W a r d a r bis zu r Küste des jonischen Mee res 3 ) reichte,

findet s ich nirgends bezeugt. E i n sicheres geschichtl iches D a t u m für O c h r i d a erhalten w i r erst

etwa u m das J a h r 1000 n . C h r . , i n d e m ein altes erst neuerdings von Zachar i ae von Langen­

tha l vortre f f l ich commentirtes Ve rze i chn i s s der Erzbischöfe von Bu l g a r i en als sechsten E r z -

*) Da ausdrücklich gesagt wird, dass der Überfall geschah, als die Gothen das kandavische Gebirge a b w ä r t s zogen, so scheint die Wahrscheinlichkeit dafür zu sprechen, dass diese Brücke da stand, wo heutzutage die Brücke des Hadschi Bekjari über den Skhumbi-Fluss führt und der Weg aus dem Gebirge in die Ebene tritt.

2) Vita s. Clementis episcopi Bulgarorum graece edidit Fr. Miklosich. Vindobon. 1847. 3) Beiträge zur Geschichte der bulgarischen Kirche, von Zachariae von Langenthal. St. Petersburg 1864, S. 13.

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bischof „ G e r m a n o s 1 ) , der auch G a b r i e l hiess , i n W o d e n a u n d i n P r e sba " , u n d als siebenten

„Ph i l ipp i n L y c h n i d a " anführt, „welches vo r A l te rs Sassa r ipa 2 ) hiess u n d jetzt O c h r i d a

genannt w i r d " . In der zweiten Häl fte des 10. Jahrhunder t s wa ren nämlich die bu lga r i schen

K ö n i g e v o n den Russen aus der Osthälfte ihres Re iches (dem heut igen Bu lgar ien ) u n d den

Qagori genannten Südhängen des B a l k a n vertr ieben w o r d e n , u n d hatten s i c h , als K a i s e r

Johannes I. Tz imisces i m J a h r e 971 diese L ä n d e r von den Russen eroberte u n d mit dem

byzant in ischen Re i che vere inte , au f das c isaxinische Bu l ga r i en zurückgezogen. „ D e r K ö n i g

M o c r u s , später S a m u e l 3 ) genannt, der zuerst die vo l l e Herrschaf t i n j enem Reste des bu l g a r i ­

schen Reiches erh ie l t , sch lug seine Res idenz zunächst, wie es scheint, i n W o d e n a u n d dann

(um 995) i n P r e s b a auf. V e r m u t h l i c h i n Anbe t racht der Unte rwe r fung des bu lga r i schen

Pa t r i a rchen i n D o r o s t o l u m u n d Pres th lava (unter das Patr iarchat v o n Constant inope l du rch

Tz imi sce s E r o b e r u n g ) hat er e inen e igenen unabhäng igen E r z b i s c h o f v o n B u l g a r i e n i n seiner

Res idenz eingesetzt. A l s der K ö n i g S a m u e l schl iess l ich (etwa u m 1000) seine Res idenz

nach L y c h n i d o s oder O c h r i d a ver l eg te , tritt folgeweise ein E r z b i s c h o f v o n B u l g a r i e n in

O c h r i d a au f u 4).

A u f diese We i se wurde O c h r i d a nicht nur königl iche R e s i d e n z , sondern auch der Sitz

des E rzb i s thumes v o n ganz Bu l ga r i en , und wenn es auch k a u m 17 J a h r e l a n g Königssitz bl ieb,

so überdauerte das E r z b i s t h u m den F a l l des bu lgar ischen Be iches genau u m 750 J a h r e , denn

es wu rde erst im J a h r e 1767 aufgehoben. D e r U n t e r g a n g dieses Re iches erfolgte bereits unter

d e m zweiten in O c h r i d a res id i renden Erzb i scho fe v o n B u l g a r i e n . V o n diesem sagt das vo r ­

erwähnte Verze ichnies der E rzb i s cho f e v o n B u l g a r i e n : „Johann , auch dieser in A c h r i d a ,

derselbe war aus d e m Dor f e A g n o a n d n i k e in D e w r a (έκ Δεύρης5) u n d früher H e g u m e n o s des

dort igen Muttergottesklosters (της θεομήτορος). N a c h Samue ls T o d e g i n g nämlich dieses R e i c h unter seinen be iden N a c h f o l g e r n Gabriel

u n d Johannes nament l i ch d u r c h Fami l i enzw i s t mit raschen Schr i t ten seinem gänzl ichen V e r -

faUe entgegen, u n d als der letztere im J a h r e 1017 be i der B e l a g e r u n g v o n D u r a z z o fiel, wa r

die Auf lösung so gross , dass sämmtliche G l i e d e r der zah l re ichen königl ichen F a m i l i e und

eämmtliche Städte u n d Fes tungen s ich f r e iw i l l i g d e m v o n B y z a n z heranz iehenden K a i s e r

Bas i l ios ergaben.

C e d r e n 6 ) erzählt , dass i h m der B r u d e r u n d der S o h n des berühmten K r a k r a bis A d r i a ­

n o p e l en tgegengekommen u n d i h m die bekannte F e s t u n g P e r n i k und andere 35 Fes tungen

übergeben hätte. In M o s y n o p o l i s fand er Gesandte aus Pe lagon ia , Morob i sdos u n d L i p e n i o n

v o r , we lche i h m diese Städte ü b e r g a b e n ; in Serres stellte s ich i h m K r a k r a selbst nebst den

Commandan ten jener 35 Fes tungen v o r , dort erschien auch D r a g o m u z u s u n d übe r gab S t r u m -

nitza . In S t rumni tza selbst überbrachte i h m D a v i d , E r z b i s c h o f v on Bu l ga r i en , Br ie fe v o n der

Man zeigt noch heute sein Grab in dem gleichnamigen Kloster German in der Nähe von Rembi am See von Presba; in der örtlichen Überlieferung gilt er aber für einen von Constantinopel hieher verbannten Patriarchen. Mehr war über ihn in Resnja nicht zu erfragen (s. Chor ο graphische Abtheil. X X V I ad c).

2) Es ist sehr auffallend, dass Strabon pag. 326 C eines Volkes der Sessarethier (Σεσαρήθιοι, nach Stephan s. ν . Σεσαρήσιοι, Σεσαράσιοι) genau an der Stelle gedenkt, wo man die gewöhnl iche Form Δασσοφήηοι erwartet: wohl nicht Schreibfehler in so weit auseinander liegenden Handschriften, sondern Doppelform desselben Volksnamens.

3) Dieses Samuel wird auch in der chorographischen Abtheilung X X V I ad b) gedacht. 4) Zachariae S. 15. 5) Cedren edit. Bon. pag. 527 schreibt Δέβρη: die neugriechische Aussprache ist dieselbe wie für die Schreibart Δεύρη. ß ) Edit. Bon. pag. 467.

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Wit twe des Kön i g s Johannes , wo r in diese unter gewissen Bed ingungen Bu lga r i en zu verlassen

anbot. D o r t empf ing er auch B o g d a n o s , den Commandanten der Festungen des inneren

Landes . V o n da g i n g der K a i s e r n a c h S k o p i a , wo er als Höchstcommandirenden (στρατηγόν αυτοκράτορα) den Patr ic ier D a v i d Are ian i tes zurückliess, u n d wandte s ich über Stup i u n d P r o ­

sakos , übera l l mi t Segnungen u n d H y m n e n empfangen , gegen O c h r i d a , den bulgar ischen

Königssitz, und sch lug be i demselben sein L a g e r auf. A u c h hier z o g i h m das ganze V o l k mit

Freudengesängen , J a u c h z e n u n d Segnungen entgegen. In dem dort verwahrten königlichen

Schatze fand er grosse Geldschätze, Per lenkronen, G e w ä n d e r aus Goldstoffen u n d 100 Centner

gemünzten Go ldes . H i e r empf ing er auch die W i t twe , K i n d e r u n d Ve rwandten des K ö n i g s

Johannes u n d bewies s ich sehr gnäd ig gegen s ie , sowie er auch alle sich i h m unterwerfenden

bu lgar i schen Grossen mit Ämte rn u n d W ü r d e n bedachte und gegen das V o l k mi lde verfuhr,

i ndem er i h m keine grösseren Steuern auferlegte, als es unter seinen eigenen Kön igen zahlte.

V o n O c h r i d a z o g er an den See v o n P re spa u n d erbaute auf seinem Marsche über den

dazwischen l iegenden B e r g ein Caste l l au f demse lben , welches er Bas i i i s nannte, u n d ein

anderes an dem genannten See*) .

A u c h an der bu lgar ischen K i r c h e änderte Bas i l ios so wen i g , dass er sogar den auf dem

erzbischöflichen Stuh le sitzenden Kirchenfürsten Johannes i n seiner W ü r d e bestätigte.

I m Gegensatze z u seinem V o r g ä n g e r J o h a n n Tz im i sce s , we lcher , wie w i r oben sahen,

nach der E r o b e r u n g des östlichen Bu l ga r i en die dort bestehenden Patriarchate aufhob und

das L a n d dem Patr ia rchen v o n Constant inope l unterstel lte, beliess also Basi l ios den ochr iden -

sischen E r z b i s c h o f i n seiner Unabhäng igke i t v o n der grossen K i r c h e u n d in seinem Pr imat

übe r e in bedeutendes G e b i e t 2 ) ; und da auch die fo lgenden K a i s e r dasselbe i m Wesent l ichen

unangetastet Hessen, so erscheint das E r z b i s t h u m v o n O c h r i d a ebenso wie das serbische von

Ipek während des ganzen Mittelalters i n vo l l kommener Unabhäng igke i t v o n dem Patr iarchate

v o n Constant inopel . I m An fange des vo r i gen Jahrhunderts zählte dasselbe 15 Suf fragan-

B i s chö f e 8 ) , we lche unter dem Vors i t ze des Erzb ischofes v o n O c h r i d a zu einer selbstständigen

S y n o d e zusammentraten und i m Ve re ine mit dieser die bulgar ische K i r c h e regierten. N ä h e r

au f die bevorzugte S te l l ung e inzugehen , welche der E r z b i s c h o f v o n O c h r i d a i n der morgen ­

ländischen K i r c h e e i n n a h m , möchte h ier um so weniger der O r t s e in , als sich bereits alles

hierüber bis jetzt Bekannte i n Zachar iaes vortreff l icher Schri f t zusammengesteUt findet4). E s

möge h ie r n u r noch bemerkt werden, dass mehrere durch ihre Schri ften berühmte Männer und

sogar e in ka iser l icher P r i n z , A d r i a n o s K o m n e n o s , diesen S tuh l e innahmen. I n dieser unab ­

hängigen S te l l ung verharrte das E r z b i s t h u m bis z u m J a h r e 1767, wo es auf Betr ieb des

Constant inopol i taner Pa t r i a rchen S a m u e l g le ichze i t ig mit dem Patriarchate von Ipek durch

einen Pfortenbefehl i n F o l g e einer Bitte des bu lgar ischen C l e rus aufgehoben u n d sämmtliche

dazu gehör ige Bisthümer d e m Pat r i a rchen v o n Constant inope l untersteUt wurden. D e r E r z ­

bischof, we lcher s ich bis dah in E r z b i s c h o f v o n Just in iana p r ima , O c h r i d a u n d ganz Bu l ga r i en

genannt hatte, erhielt den T i t e l Me t ropo l i t v o n O c h r i d a u n d Presba. Schon der Patr iarch

J o h a n n Yps i l an t i s so l l i m J a h r e 1737 z u dieser Mass rege l gerathen haben , indem er mehrere

*) Sollte der Kaiser mit seinem Heere den Sommerweg gezogen sein, so wäre dies Castell wohl in der Umgegend des heutigen Dorfes Petrini zu suchen.

2) Zachariae S. 17. 3) S. deren Verzeichniss bei Zachariae S. 20. *) S. 25 u. folg.

r *

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Erzb i scho fe v o n O c h r i d a des 17. u n d 18. Jahrhunderts der H i n n e i g u n g z u R o m u n d Österreich

beschu ld ig te 1 ) . D e n t o n stellt i n seiner Schri f t über Se rb i en 2 ) den H e r g a n g als e in einfaches

Geldgeschäft dar, indem i m genannten J a h r e der Pa t r i a r ch v o n Constant inope l das Besetzungs ­

recht sämmtlicher Bisthümer i n der Türke i v o n der Pforte erkauft habe , i n F o l g e dessen die

unabhäng igen K a r c h e n v o n A l t - S e r b i e n u n d B u l g a r i e n aufgehoben wo rden seien.

Z u m Schlüsse dieser geschicht l ichen B e m e r k u n g e n erübrigt nu r n o c h e in Stre i fb l ick au f

die Ansprüche Ochr idas , die H e i m a t Just inians u n d die Nach fo l ge r in der v o n Jus t in i an i n seiner

N ä h e erbauten Jus t in i ana p r i m a z u se in , we lche sie i m Wesent l i chen d e m v o n seinen E r z -

bischöfen geführten T i t e l eines E rzb i scho f s v o n Jus t in i ana p r i m a , O c h r i d a und ganz B u l g a r i e n

entnimmt. W i r können demse lben le ider n icht beitreten, i n d e m uns schon der erzbischöfliche

T i t e l selbst z u beweisen scheint, dass Just in iana p r i m a n icht dieselbe, sondern eine v o n O c h r i d a

verschiedene Stadt gewesen sein müsse.

E i n zweites gewicht iges B e d e n k e n ergibt s ich aus der geograph i schen L a g e v o n L y c h n i d o s

oder O c h r i d a , denn dass dieses i n der früheren P r o v i n z M a c e d o n i a secunda l a g , steht unbe -

zweifelt fest; Just inians ausdrückliche W o r t e ve r l egen aber seine H e i m a t h i n die D a c i a

mediterranea . A l l e r d i n g s w i r d i n der i m J a h r e 535 erlassenen N o v e l l e X I , kraft we lcher

Jus t in i an eine k i r ch l i che P r o v i n z u n d we l t l i che Präfectur mit d e m Sitze i n Just in iana p r i m a

seiner H e i m a t g r ü n d e t 3 ) , unter v ie len anderen P r o v i n z e n auch die M a c e d o n i a secunda diesem

neuen E r z b i s t h u m e unterstellt, dieselbe n i m m t j e d o c h i n der R e i h e der aufgezählten P r o v i n z e n

die vor letzte SteUe e i n , während D a c i a mediterranea an deren Sp i tze steht u n d die i h r v o r ­

stehenden W o r t e : tarn ipsa s ich doch w o h l nu r dah in erklären lassen, dass die neue H a u p t ­

stadt Jus t in iana p r i m a i n dieser P r o v i n z l a g 4 ) . N o c h k l a re r aber zeugt gegen die Ansprüche

v o n O c h r i d a die i m J a h r e 547 , also 12 J a h r e nach der N o v e l l e X I erlassene N o v e U e C X X X L

D e n n i m 3. C a p i t e l derselben zählt Jus t in i an die d e m Erzb i s cho f e v o n Just in iana p r i m a unter -

!) F . Kanitz: Bulgarische Fragmente in der Österreichischen Revue 1844, Band VII, S. 237. Man erinnere sich an die massen­hafte Auswanderung von Alt-Serben und Albanesen unter Arsenius Janowitsch IV., Patriarchen von Ipek, im Jahre 1740. S. Boue, Turquie d'Europe II. S. 16.

2) Servia and the Servians by the rev. W. Denton. London, 1862. 3) Und zwar auffallender Weise unter der Form einer Verlegung des früheren Präfectursitzes von Firmium (Sirmium?) nach

Justiniana prima. 4) Ut primae Justinianae, patriae nostrae, pro tempore sacrosanctus antistes non solum metropolitanus, sed etiam archiepiscopue

fiat, et ceterae provinciae sub ejus sint auctoritate, id est tarn i p s a mediterranea Dacia, quam Dacia Ripensis, nec non Mysia secunda, Dardania et Praevalitana provincia et s e c u n d a Macedonia et pars secundae etiam Pannoniae etc. Diese von Zachariae S. 6 aufgestellte Ansicht ist dort vorzugweise gegen die Angabe Prokops (de aedificiis VIII, 1) gerichtet, dass Justinian in dem i r g e n d wo in D a r d a n i a bei der Festung Bederiana gelegenen Dorfe Tauresium geboren war. Mich muthete Prokops Beschreibung von jeher sonderbar an; ich möchte sie weniger für leichtsinnig als für gezwungen erklären, und es nicht undenkbar finden, dass Prokop den früheren Namen der Lieblingsstadt des Kaisers umgeht, entweder weil dieser dessen Gebrauch ausdrücklich verboten hatte, oder weil der Schmeichler auch nur fürchtete ihn durch dessen Anführung unangenehm zu berühren. Diese Rücksicht brauchte Hierokies in seinem Synekdemus nicht zu nehmen, weil dieser vor das Jahr 535 und vor das Consulat des Belisarius fäl l t , in welcher die Novelle XI. erlassen wurde. S. Hieroclis Synecdemus edit. Gustavi Parthey. Berol. 1866. praefat pag. III. nennt pag. 16 Skupi als Metropolis der Eparchie von Dardania. Ist es .denkbar, dass Prokop in seiner Aufzählung der von Justinian in dieser Provinz hergestellten Städte deren Metropole übergangen haben sollte? Den sich zwischen der Angabe Prokops und Justinians Novelle über die Lage von Justiniana prima ergebenden Wider­spruch wüssten wir freilich nur durch die gänzlich unbelegte Annahme auszugleichen, dass Justinian bereits vor Novelle XI. die Osthälfte von Dardanien, in welchem Skupi lag, zu der Provinz Dacia mediterranea geschlagen und Dardania dadurch auf dessen im W. des Skardus gelegene Hälfte beschränkt habe. Die zu Gunsten Skopias sprechenden positiven Gründe, nämlich die Dorfnamen Taor und Bader in der N a c h b a r s c h a f t d ieser S t a d t , die Sage, dass Justinian ein diesen Dörfern benachbartes Kloster gegründet , und die Wasserleitung von Skopia sind in der Reise von Beigrad nach Salonik, S. 60, 95 und 99, näher besprochen worden.

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gebenen Provinzen abermals auf und thut hierbei der Macedonia secunda keiner Erwähnung, Sie scheint also bereits damals schon dem neugegründeten Erzbisthume wieder entzogen gewesen zu sein. Zachariae S. 25. erklärt sich die Aufnahme von Justiniana prima in den Titel des Erzbischofs von Ochrida folgendermassen: Nachdem das byzantinische Erzbisthum von Bulgarien bereits zwei Jahrhunderte lang in seiner Autokephalie bestanden hatte, mochte auf der einen Seite die Erinnerung an seine Entstehung, sowie an die frühere Bulgarenherr­schaft in seinem Sprengel fast geschwunden sein, und auf der anderen Seite war nach der Eroberung Constantinopels durch die Lateiner und bei den schwankenden, fast anarchischen Zuständen in den Ländern zwischen Thessalonich und Dyrrhachium die Stellung des Erz­bischofs zu Ochrida eine sehr eigenthümliche geworden. Es ist begreiflich, dass man sich nun einerseits fragte, weshalb denn eigentlich der Erzbischof von Ochrida den Titel eines Erz­bischofs von Bulgarien führe, und dass man andererseits mit Eifer nach den rechtlichen Gründen forschte, mit welchen die Autokephalie des Erzbischofs bewiesen oder unterstützt werden könne. In dieser Zeit — der Zeit des 13. Jahrhunderts — taucht daher eine ganz neue Theorie über die Benennung und die Berechtigung des Erzbisthums von Bulgarien auf. In dem südlichen Theile der alten Provinz Dardania kommt schon im 9. Jahrhunderte Bul­garia als Name des Hauptortes vor1). Der arabische Geograph Edrisi erwähnt um 1150 denselben Ort unter dem Namen Bolghura und lässt ihn zwei Tagereisen von Ochrida entfernt sein. Desselben Landstrichs gedenkt auch Nicephorus Gregoras. Wie nun die Bischöfe regel­mässig ihren Namen von einer Stadt oder Ortschaft, wo sie residirten, führen, so glaubte man auch die Benennung der Erzbischof von Bulgarien für den Erzbischof von Ochrida von dem Namen jenes Ortes ableiten zu müssen, gleich als ob derselbe die ursprüngliche, und Ochrida nur eine spätere Besidenz des Erzbischofs gewesen wäre.

Man ging nun aber noch einen Schritt weiter und nahm an, dieser Ort Bulgaria oder gar Ochrida selbst sei die alte Justiniana prima, und der Erzbischof von Ochrida mithin der legitime Nachfolger des von Justinian mit Bewilligung des Papstes Vigilius eingesetzten autonomen Erzbischofs von Justiniana prima. Nun konnte man die Machtansprüche des Erz­bischofs auch gründen auf Justinians Novellen X L und C X X X I . , welche in den gangbaren Sammlungen der canonischen Bechtsquellen zur Hand waren.

Von dieser neuen Theorie hat der Verfasser des oben mitgetheilten Verzeichnisses der Erzbischofe von Bulgarien (aus dem Anfange des 12. Jahrhunderts) offenbar noch nichts gewusst. Ebensowenig Joannes Zonaras (unter Alexius Comnenus); wenigstens erwähnt sie dieser nirgends. Der erste, der sie gelegentlich mittheilt, ist Theodorus Balsamon in seinem Commentar zu c. 2 syn. Constantinopolitana II ; er sagt dort ganz kurz, dass Justinian den Erzbischof von Bulgarien von dem Patriarchate in Constantinopel eximirt habe. Die weiteren Untersuchungen über diese Frage muss dem Gefallen tragenden Leser bei dem Verfasser selbst nachzulesen überlassen werden.

Wenn ich aber auch Ochrida den Buhm nicht zuerkennen kann, die Heimat Justinians und Nachfolgerin der von ihm erbauten Justiniana prima zu sein, so will ich meinen Nach­folgern wenigstens den Besuch des drei Stunden von der Stadt entfernten Dorfes Istok empfehlen, weil der Geburtsort Justins, des Oheims Justinians, denselben Namen trägt, und es

*) Der Name existirt noch heutzutage als Dorf und Landschaft zwischen der Vereinigung der beiden Fandi und der Mündung des vereinten Flusses in den Mat. s. Abschnitt VI.

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j a nicht undenkba r w ä r e , dass s ich dort örtliche Zeugnisse über die Identität be ider P lätze

finden l iessen. A l s w i r a m M o r g e n nach unserem Ausf luge i n die E b e n e v o n O c h r i d a schon

reisefertig w a r e n , u m unsere W a n d e r u n g fortzusetzen, erzählte uns e in Bekannte r , dass der

reichste chr ist l iche E i n w o h n e r der Stadt, H e r r B o b i , i n se inem Hausga r ten eine k le ine Säule

mit e iner late inischen Inschrift verwahre . W i r begaben uns sog le ich an O r t u n d Stel le u n d

fanden eine Stele aus weissem H a l b m a r m o r v o n etwa 272 Fu s s L ä n g e u n d 6 Z o l l Durchmesser ,

w i r erwarteten also eine Grabschr i f t , u n d fanden — einen Me i l enze i ge r der V i a E g n a t i a . D e r

L e s e r w i r d die genommene Abschr i f t unter N r . 14 des A n h a n g e s finden. I ch wusste m i r die

V e r b i n d u n g zweier K a i s e r n a m e n , wie M . A u r e l i u s u n d Anton inus P i u s , i n umgekehrter

O r d n u n g nicht z u erk lären, bis i c h du rch die Güte des H e r r n Professors Μ ο m m s e n erfuhr,

dass s ich C a r a c a l l a dieselben als E h r e n n a m e n zugelegt habe und der Ste in aus d e m J a h r e 217

n. C h r . datirt sei.

E i n ganz ähnlicher Me i l enze i ge r ist i n der M a u e r der neuen K i r c h e v o n O c h r i d a e inge ­

mauer t , u n d dessen Inschrift st immt v o l l k o m m e n z u der uns r i gen , n u r ist sie weit weniger

erhalten u n d daher lückenhafter, nament l ich gegen das E n d e , so dass der Or tsname u n d die

Me i l enzah l fehlt. D e r Me i l enze i ge r v o n O c h r i d a war v o r mehre ren J a h r e n b e im Aufräumen

v o n a l tem Mauerschutte hart be i d e m Stadtuhrthurme gefunden u n d von H e r r n R o b i an s ich

g enommen worden .

W i r wissen aus Strabo *), dass die V i a JSgnatia schon z u seiner Z e i t nach M e i l e n abge ­

messen u n d mit Me i l enze i g e rn versehen w a r , und erfuhren nun aus dieser Inschr i f t , dass

C a r a c a U a sie wenigstens i n der U m g e g e n d von L y c h n i d o s fr isch besteint habe. Interessanter

war uns n o c h ein anderes E rgebn i s s . D i e Inschrift enthält den vo l l en T i t e l des K a i s e r s i n

lateinischer S p r a c h e ; den N a m e n des Ortes aber u n d die M e i l e n z a h l g ibt sie i n gr iechischer

F o r m und gr iechischen Buchstaben . Dies zeigt also i n Ube r e in s t immung mit den v o n uns

gefundenen Inschri f ten, dass i n der U m g e g e n d v o n O c h r i d a die gr iechische Schr i f tsprache i n

d e m G r a d e v o r der late inischen vorher rschte , dass der Me i l enze i ge r , u m seinen Z w e c k z u

erfül len, i n dieser geschr ieben werden musste. Da raus möchten w i r j edoch keineswegs die

v o l l k o m m e n e H e l l e n i s i r u n g der ganzen U m g e g e n d her le i ten, sondern es v i e l wahrsche in l icher

finden, dass es damals war wie heutzutage. D e r interessante neue Me i l enze i ge r , den i c h au f

meiner Reise v o n B e l g r a d nach S a l o n i k 2 ) be i W o d e n a f a n d , wa r türkisch u n d g r i ech i sch

beschrieben, und doch ist W o d e n a und seine U m g e g e n d bulgar isch, u n d verstehen, ebenso wie

i n O c h r i d a , nu r die Männe r der besseren C lassen das G r i e c h i s c h e , aber auch die Och r i dane r

würden ihre Me i l enze i ge r g r i ech i sch beschre iben , we i l sie eben n u r g r i ech i sch u n d n icht

s lav isch lesen u n d schre iben können.

D a w i r L y c h n i d o s an der SteUe des heut igen O c h r i d a suchen , so müssen w i r den le icht

verführbaren Ste in als von seiner ursprüngl ichen Stel le h ie rher geschleppt annehmen. D i e

8 M e i l e n , die er angibt, betragen nach unserer A n n a h m e 2 2/ 3 türkische Stunden , was ungefähr

der heut igen Stat ion Pe t r in i au f d e m S o m m e r w e g e v o n O c h r i d a nach Resnja entspricht, d ie

jetzt g eme inh in z u 3 türkischen Stunden angenommen w i r d . I n den uns bekannten It inerar ien

findet sich ke ine solche Stat ion.

*) Pag. 322: εκ #έ της Απολλωνίας είς Μακεδονίαν >$ Εγνατία έστιν οδός προς εω βεβ<χτισμ.ένη κατά μίλιον και κατεοτυλωμενη μέχρι Κυψέλων και ηΕβρου ποταμού .

2) S. 236.

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Der Steuerbetrag des Kassas von Ochrida wurde uns folgendermassen angegeben: 350.000 Piaster Vergi, eine auf den Häusern oder Heerden (tdkanra) ruhende, aus vielen

Einzelposten bestehende Steuer. 70.000 neuer Zuschlag für das Jahr 1863.

345.000 Recrutensteuer1). 1,000.000 Erntezehnten (Spahilitiko).

80.000 Viehsteuer. 32.000 Weinsteuer.

1,977.000 Piaster. Also ungefähr zwei Millionen Piaster directer Steuern, wozu noch die in jüngster Zeit

sehr erhöhten Verzehrungssteuern (Russumati) kommen. Nach der mit dem Jahre 1863 in Wirksamkeit getretenen Organisation der griechischen

Kirche, welche dieselbe endlich von dem Makel der Simonie befreite, bezieht der Erzbischof von Ochrida einen festen Gehalt von 60.000 Piaster, während sein früheres Jahreseinkommen auf 200.000 Piaster geschätzt wurde. Ebenso bezieht der Erzbischof von Pelagonia (Monastir) jetzt nur 80.000 Piaster, statt den früheren 400.000 Piaster; der Bischof der beiden Diwra 30.000 und der von Elbassan (Dyrrhachion) 27.000 Piaster.

Der Beitrag des Erzbisthumes von Ochrida zu den Kosten der grossen Kirche (ή μεγάλη εκκλησία) oder des Patriarchates in Constantinopel ist auf 4250 Piaster festgestellt.

Sogar die Stolgebühren der Bischöfe wurden festgesetzt, nämlich für eine Heiraths-erlaubniss 10 Piaster, eine Liturgie, Trauung, Begräbniss, Aphoristikon2) 50 Piaster. Für eine Priesterweihe, als Fntschädigung für die aus der Ceremonie erwachsenden Kosten, 100 Piaster. Dieselben betrugen früher das Zehn-, ja das Zwanzigfache.

Diese Neuerung, welche unseres Wissens im Abendlande unbeachtet geblieben, ist für die Zukunft der griechischen Kirche in der Türkei von unberechenbarer Tragweite.

X X V I . Resnja.

Wir schlugen von Ochrida aus den kürzeren Bergweg nach Resnja ein (10. October), welcher quer über den Gebirgszug führt, der das Seebecken von Ochrida von dem von Resnja scheidet. Dieser Weg beträgt 5 starke türkische Stunden, welche wir nach unserem Ritte auf 6V2 unserer Stunden veranschlagen möchten. Wir ritten bei dem schönsten Wetter um 1 Uhr in Begleitung Kiasim Beis ab, der uns durch die Ebene das Geleite gab, und begannen hart im Süden des früher erwähnten Dorfes Weligosti die nördliche Wand einer kahlen Felsen­schlucht zu ersteigen. Uns gegenüber lag am Südende der Schlucht das grosse Kloster der Hagia Paraskeue, bulgarisch Sweta Petka. Der Eindruck, welchen der erstere Name auf uns Franken macht, ist stets ein barocker, weil wir ihn in der Begel für identisch mit „Freitag u

nehmen, welcher in der griechischen Woche diesen Namen führt, vermuthlich in dem Sinne von Tag der Vorbereitung auf den Sabbath. Die Wlachen haben in dem gleichen Sinne auch

1) Von den Christen für die Befreiung von der Militärpflicht, welche nur auf den Muhammedanern ruht, zu entrichten. 2) Der namentlich bei Diebstählen in der Kirche verlesene Bannfluch gegen den unentdeckten Thäter, welcher häufig die

heimliche Rückerstattung des Gestohlenen durch Vermittelung der Priester zur Folge hat. Er ist im Königreiche Griechenland verboten.

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noch eine he i l ige „Mi t twoch% welche i n i h r e m Mährchen zusammen mit dem hei l i gen F r e i t a g

auftritt. Dieses K l o s t e r l iegt so romant isch au f einer w o h l an v i e r z i g F u s s hohen Felsplatte ,

dass w i r bedauerten , es nicht photograph i ren z u können. D i e Steige ist mehr steil als l ehn ,

u n d geht an einer Stel le sogar i m Z i c k z a c k , k u r z v o r i h r e m oberen E n d e führt sie an einer

re ichen Que l l e vorbe i . D e r Rückb l ick v o n dieser Steige au f die s ich stets verk le inernde Stadt

u n d den See erscheint i n unserer E r i n n e r u n g als das schönste u n d reichste Landschaf tsb i ld ,

welches w i r au f dieser Re ise z u sehen bekamen . V o n d e m oberen E n d e der Steige führt e in

ebener W e g , der etwa anderthalb S tunden l a n g i s t , a m südlichen R a n d e einer Re ihe v o n

k le inen H o c h e b e n e n h in , au f we lchen zahl re iche Schaf - , R i n d e r - u n d P ferdeheerden weideten,

während z u unserer Rech ten das G e b i r g e anstieg. E t w a s au f der Mit te dieses H o c h w e g e s

beg innen E i c h e n w a l d u n g e n , die bis z u dem Ostfusse des Geb i rges h inabre ichen. A l s o auch

h ie r wiederho l t s ich die au f der ganzen H a l b i n s e l so häufige E r s c h e i n u n g , dass der Osthang

der B e r g e bewaldet u n d der Wes thang k a h l ist. I ch möchte den G r u n d davon weniger da r in

suchen , dass der Os thang der kältere, als v i e lmehr d a r i n , dass er i n der R e g e l die lehnere

Seite ist.

D i e be i dem A n f a n g des Wa ldes gemachte Beobach tung des H e r r n v . S p a u n ergab eine

Meereshöhe von 4822 Par i se r F u s s , dieser H o c h w e g l iegt also nahe an 2700 F u s s über d e m

Seespiege l v o n O c h r i d a . W ä h r e n d dieser Beobach tung fielen die ersten T r o p f e n aus d e m

Wo l k ensch l e i e r , we lcher s ich w ä h r e n d unseres Aufste igens mit ungewöhnl icher Raschhe i t

gebi ldet hatte. Regenschauer u n d le ichte Gew i t t e r begleiteten uns v o n da an bis i n die E b e n e

v o n Resnja, u n d machten die Ho f fnung z u Wasser , v o n dieser H ö h e aus über das n o c h unbe ­

kannte Seebecken v o n Resn ja e inen Übe rb l i ck z u e rha l t en , die N e b e l verdeckten es so gänz ­

l i c h , dass w i r n u r au f A u g e n b l i c k e k le ine Stückchen des weit entfernten Sees , v o n den i h n

einfassenden G e b i r g e n aber nicht das Ger ingste z u sehen bekamen . D a , wo der W e g s ich

ostwärts senkt, steht e in Wach thaus i n der N ä h e eines W e i l e r s , we lcher den gr iechischen

N a m e n Pet r in i führt , womi t a u c h dieser S o m m e r w e g benannt w i rd . D e r W i n t e r w e g v o n

O c h r i d a ist etwa eine Stunde länger , er beschreibt e inen B o g e n gegen N o r d e n u n d läuft du rch

niedr igere Thäler , we lche n icht i n d e m G r a d e verschneien , wie dieser H o c h w e g .

W ä h r e n d unseres Herabste igens n a h m H e r r n v. S p a u n s z u w e n i g beachtetes U n w o h l ­

se in , das er einer Erkä l tung be i seinem Rit t nach E l b a s s a n zuschr ieb , i n so bedenk l i chem

G r a d e überhand , dass er s ich k a u m au f d e m Pferde halten konnte. D i e heftigen Schmerzen

i m Unter le ibe Hessen eine Gedärmentzündung befürchten. D o c h wurde das Ü b e l du rch mehrere

D o s e n L a u d a n u m beschworen , die i h m , n a c h d e m er s ich g l e i ch be i der A n k u n f t i n Resnja

niedergelegt hatte, D r . S z e k e l y aus der Re iseapotheke verabreichte.

W i r waren n o c h u m den K r a n k e n beschäftigt, als der E r z b i s c h o f 1 ) v o n O c h r i d a u n d

P re sba i n der Beg l e i tung des M u d i r s e r sch ien , u m uns z u b e w i l l k o m m e n . D e n ersteren hatte

i c h bereits i n O c h r i d a kennen gelernt. E r ist e in grosser stattlicher V i e r z i ge r , dessen Z ü g e die

geist igen G a b e n ve r ra then , we lchen er seine rasche L a u f b a h n ve rdank t ; seine H e i m a t h ist

K y z i k o s . R a u f B e i , e in geborener Constant inopo l i taner , v e r r i e t h , trotz seiner gedrängten

F i g u r , au f den ersten B l i c k den Schl i f f europäischer B i l d u n g . E r hatte mehrere J a h r e i n Par i s

u n d L o n d o n zugebracht u n d sprach die Sp rachen beider Städte mi t Geläufigkeit. E r hatte s ich

dann i n der bereits erwähnten Adminis t ra t ionsschu le ausgebi ldet , und war v o r K u r z e m aus

l) Meletios, geboren 1822 in Kyzikos, seit 1860 Erzbischof von Ochrida und Presba.

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Constant inopel i n Resnja angekommen , u m sich seine ersten S p o r e n zu verdienen. A l s i c h

i h n fragte, wie er sich hier gefiele, antwortete er zwischen Lächeln und Seufzen, w a r u m i c h

i h n darüber f rage , da ich seine A n t w o r t voraus wisse, u n d setzte h i n z u , dies sei sein erster

Aufentha l t i n der P r o v i n z , da er früher nur Constant inope l verlassen habe , u m nach E u r o p a

zu gehen. Ich beschloss die Ge legenhe i t m i c h z u erheitern nicht ungenützt z u lassen, und l u d

die beiden H e r r e n zu den F i s c h e n e in , welche i ch aus O c h r i d a mitgenommen hatte, was sie

auch ge rn annahmen.

B e i T i s c h bemerkten w i r , dass wir keine Sprache zu r gemeinsamen Unte rha l tung finden

konnten , d a der M u d i r nicht g r iech isch und i c h nicht türkisch und der E r z b i s c h o f ausser

türkisch und gr iech isch nu r n o c h bu lgar i sch sprach. D ies brachte die Rede auf die V o r t h e i l e

der Sprachenkenntniss , u n d der M u d i r meinte , dass er nach Kräften darnach strebe, seinen

K i n d e r n g le ich v o n früh auf so vie le Sp r achen als nu r mögl ich be i zubr ingen , we i l das K i n d

die Sp r achen spie lend er lerne u n d dabei auch an geistiger Gewandthe i t gewinne. I ch mochte

i h m nicht e rw ide rn , dass diese Gewandthe i t den K i n d e r n sehr theuer z u stehen k o m m e , wei l

sie n u r au f K o s t e n der Denkfest igkeit u n d E i n h e i t und des Nationalbewusstseins e rworben

werden könne. D e n n was ist die Sprache anders, als die Gesammthei t der l aut l i ch fixirten u n d

unter s ich organisch geg l iederten D e n k f o r m e n eines V o l k e s ? L e r n t n u n das K i n d mehrere

Sprachen au f e inma l , so lernt es zug le ich mehrere log ische Systeme nebeneinander , u n d da

die gegenseit igen A b w e i c h u n g e n dieser Systeme einen Haupt the i l der Versch iedenhei t der

Sp rachen ausmachen , so weiss das K i n d n icht , we lche v o n diesen abweichenden F o r m e n es

be i se inem eigenen D e n k e n festhalten sol l . E s w i r d b a l d die e ine , b a l d die andere seinem

D e n k e n zu G r u n d e l e g e n , u n d d a r u m muss dieses j eden e inheit l ichen H a l t ver l ieren. W e n n

das K i n d nebeneinander l e rnen muss : schenke m i r Wasse r (in m e i n G las ) e in u n d versez -moi

de l 'eau (de votre boutei l le ) , so muss dies ve rw i r r end au f seine V o r s t e l l u n g v o n dem beze ich ­

neten A c t e w i rken .

D i e d u r c h die Sprache erwirkte G le i chhe i t der D e n k f o r m unter denen, welche sie sprechen,

ist aber auch eine Hauptg rund l age des nat ionalen Bewusstse ins : w i r d nun das K i n d gezwungen,

die D e n k f o r m e n mehrerer S p r a c h e n zu m i s c h e n , bevor die seines V o l k e s feste W u r z e l gefasst

hat, so k a n n dies n u r au f K o s t e n seines Nationalbewusstseins geschehen.

W e n n die allzufrühe Sp rachenmischung der E n t w i c k e l u n g des Geistes und Charakters

fördersam w ä r e , so müsste die Levante an grossen Männern al le anderen Lände r übertreffen.

Übe r t i ä g t m a n die h ier angedeutete Ans i ch t u n d ihre F o l g e r u n g e n auf das polit ische F e l d , so

möchte sie den Schlüssel z u den Gesetzen g e b e n , we lche in den spanischen u n d anderen

C o l o n i e n den i n diesen geborenen K i n d e r n v o n aus d e m Mutter lande stammenden E l t e r n den

Z u g a n g z u den Ämte rn der Co l on i e ve rwehr ten , und auch die Mögl ichkeit erklären, wie sich

Ve r f a s sungen , wie die v o n A l g i e r unter den D e y s oder v o n Ä g y p t e n unter den M a m e l u k e n

b i l den konnten. So lche E i n r i c h t u n g e n be ruhen auf prakt ischen E r f ah rungen i n dem ange­

deuteten S i n n e , w e n n auch deren U r h e b e r die U r sachen dieser E r f a h r u n g e n weniger abstract

formul i r t haben möchten.

A m fo lgenden M o r g e n besuchten w i r die H a u p t k i r c h e der Stadt, einen geräumigen N e u b a u ,

fanden j e d o c h , dass s ich die i n ihre W ä n d e eingemauerten Alterthümer, v o n denen m a n m i r

erzählt hatte, au f e in äusserst rohes G r ab -Ba s r e l i e f u n d eine z u m T h e i l unleserl iche Inschrift

aus später Ze i t beschränken. D i e Sandsteinplatte, au f welcher das Basre l ie f ausgehauen ist,

m a g etwa fünf Fu s s h o c h und dre i Fu s s breit sein u n d ist n u n an der l inken Seite der gegen

Denkschriften der philos.histor. CI. X V . Bd. Abband!, von Nichtmitgliederu. 8

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138 e/. G. v. Hahn

Westen gerichteten Hauptkirchenthüre eingemauert. Es ist ein rohes Machwerk ohne alle Spur hellenischer Schule, sieben Fuss hohe Brustbilder (en face), wovon, wie uns schien, drei männ­liche und vier weibliche sind, erscheinen in zwei untereinander stehenden Reihen geordnet; sämmtliche Gewänder fallen in regelmässigen Falten von den Schultern über die Brust herab. Bei zwei weiblichen Bildern hängt ein Überwurf von Schulter zu Schulter über die Brust, der dritten ist derselbe über den Hinterkopf gezogen. An der dritten Figur der zweiten Beihe glaubten wir die noch jetzt bei den Christen aller die Halbinsel bewohnenden Rassen übliche männliche Haartracht zu erkennen, vermöge deren das untere Haupthaar rings um den Schädel herum in einem breiteren oder schmäleren Kranze abrasirt, der verbleibende obere Busch aber langwachsend gelassen und unter dem Feze versteckt wird1).

Die in der Mitte des Bodens der Kirche eingemauerte Inschriftplatte (s. Nr. 15) zeigt als W-Form das umgekehrte Μ und neben runden auch quadrate Ο, doch beweisen die beiden letzten lesbaren Worte, dass zur Zeit ihrer Verfertigung der makedonische Monatsname Apellios noch im Gebrauch war. Die Namen Ailios Krispos und Dometia zeigen auf lateini­schen Ursprung. Auf den uns bekannten griechisch geschriebenen Inschriften, welche in unserer Sammlung die Mehrzahl bilden, dürften die ursprünglich lateinischen Namen den griechischen die Wage halten. Sollte dieses Verhältniss sich als Begel bestätigen, so möchte es für die Annahme sprechen, dass in den Ländern zwischen der Adria und dem Axios die griechische Schriftsprache auch während der Römerherrschaft die vorherrschende blieb und sich sogar die dorthin geschickten römischen Colonisten hellenisirt haben.

Wir traten dann bei dem Erzbischof ein, wo wir, denn es war gerade Sonntag, sämmtliche Notabilitäten der christlichen Gemeinde versammelt fanden. Nach meinen Erfahrungen scheint es in der Türkei allgemeiner Brauch zu sein, dass die Wohnungen der griechischen Bischöfe2) den Versammlungsort für die Honoratioren der Gemeinde bildet, man besucht dieselben nicht blos, um über öffentliche Angelegenheiten zu berathen oder Privatgeschäfte, namentlich Processe zu betreiben, sondern auch einfach zur Unterhaltung, um zu erfahren, was es Neues giebt, etwa wie man anderwärts auf die Börse oder in ein Kaffehhaus geht. Ich benutzte die Gelegenheit, um Erkundigungen über die Stadt und Umgegend einzuziehen und die hierzu geeignetsten Individuen auszusuchen, und ging dann mit denselben in das Quartier, um dort ungestörter mit ihnen arbeiten zu können. Vorher bestieg ich aber den hart westlich von der Stadt ansteigenden Erdhübel, um von dort aus einen Überblick über die Stadt zu gewinnen.

Dieser Hübel ist das Ende eines niederen von Nord nach Süd streichenden Erdrückens, welcher die über V/2 Stunden breite Ebene in zwei Hälften theilt, von denen die östliche die grössere ist. Die Stadt liegt zwei volle Stunden entfernt vom oberen See, der etwa vier Stunden lang ist und von dem unteren durch eine schmale Landzunge getrennt wird; diese ist so niedrig, dass das Niveau der beiden Seen nur wenig über seinen jetzigen Stand zu steigen braucht, um einen einzigen Wasserspiegel zu bilden. Da aber keiner von beiden einen oberirdischen Abfluss hat, so wechselt, wie bei den meisten Seen dieser Gattung, je nach den in den unterirdischen Abflusskanälen eintretenden Veränderungen ihr Niveau und vereinigen sich mitunter beide Seen zu einem Ganzen, wie dies vor nicht langer Zeit für eine Reihe von

*) S. Näheres hierüber und die in das graueste Alterthum reichenden Spuren dieser Haartracht Albanes. Studien I. S. 172. 2) Sie heisst auch bei den Slaven Metropolis.

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Jahren der Fall war. Darum war auch Hussein Beis Behauptung, dass es nicht zwei, sondern nur einen See von Presba gebe, nicht ganz unrichtig.

Der untere See hat mit dem oberen beiläufig dieselbe Länge, ist aber viel schmäler, und wird gegen Süden immer flussähnlicher. An seinem Südende bildet er einen Sumpf, der bis zu dem Fusse eines steil aufsteigenden Felsberges reicht, so dass hier nur ein schmaler, blos für Fussgänger gangbarer Fusssteig zwischen Berg und See hinläuft. Durch diesen Berg, der zwei steile, unersteigliche Felsspitzen hat, läuft der Abfluss des unteren Sees in einen unter­irdischen Canal, und kommt an dem südlichen Fusse des Berges als beträchtlicher Bach aus einer Höhle hervor, welche nach dem benachbarten Dorfe Trn *) benannt wird; nach kurzem Laufe ergieest er sich in den Dewolfluss. Eine halbe Stunde östlich von dem unterirdischen Abflüsse läuft in der Bichtung von Norden nach Süden durch das Gebirge ein senkrechter Biss, der an den meisten Stellen so eng sein soll, dass höchstens drei Wagen neben einander Platz haben, und der bis zu der Wurzel des Berges herab reicht. Dieser Riss heisst im Alba­nesischen die Wolfsschlucht (schpil e uikut). Er ist gegenwärtig vollkommen trocken, vielleicht floss jedoch einst der See durch denselben in den Dewol ab, denn als vor nicht gar langer Zeit der See in beunruhigender Weise stieg, kamen die an ihm liegenden Dörfer auf den Gedanken, einen Graben durch die Wolfsschlucht zu führen und das Wasser durch denselben abzuleiten. Der Berichterstatter versichert sogar, dass sie mit der Arbeit begonnen, und nur aus Furcht, dass das Dewolthal überschwemmt werden könnte, von derselben abgestanden seien.

Die beiden Langseiten des Sees sind mit zahlreichen Dörfern besetzt, was auf fruchtbare Uferlande hinweist. Auch die Nordebene um Besnja ist gut bevölkert, der kleine Bezirk dieses Namens zählt 64 Dörfer. Die Mischungsverhältnisse der verschiedenen Volkselemente kann der Leser den statistischen Angaben entnehmen.

In dem oberen See liegt eine kleine Felsinsel, welche 10 Minuten westöstliche Breite und eine Viertelstunde nordsüdliche Länge hat, und den Namen Grad, Festung, führt. Dieser Name dürfte einer Burg entnommen sein, die einst auf der Insel stand, sie ist aber bereits so sehr verschollen, dass hier Niemand daran dachte, dass der Inselname darauf hinwiese. Man kennt dort nur die Ruinen einer grossen alten Kirche in der Mitte und eines kleinen Klosters am Südufer der Insel. Von der Kirche heisst es, dass grosse Schätze in ihr verborgen lägen. Der Vorgänger des jetzigen Erzbischofes wollte in derselben einst Ausgrabungen anstellen lassen, wurde aber durch eine Traumerscheinung davon abgehalten. Auf der Insel liegt ein Weiler von fünf Häusern, die sich von Viehzucht und der BesteUung des spärlichen Ackerbodens ernähren.

Die Stadt Besnja hat 600 — 700 Häuser; eine genaue Zählung scheint nicht vorhanden zu sein. Von diesen gehören 150 Muhammedanern, 60 Zigeunern (wovon 10 christlich), 100 christlichen Wlachen und der Rest christlichen Bulgaren. Die Haussprache der städtischen Muhammedaner soll theils türkisch, theils albanesisch, theils bulgarisch sein. Die in den Dörfern von Ober-Presba sollen aber nach mehrseitiger Versicherung nur bulgarisch, die von Unter-Presba aber nur albanesisch sprechen.

Übrigens unterscheidet sich Resnja in keiner Hinsicht von den gewöhnlichen Landstädten der Halbinsel, nur kam sein Bazar uns beträchtlicher vor, als der Umfang der Stadt schliessen lässt.

*) Bulgarisch Stachel, vermuthlich den erwähnten Bergspitzen entnommen. Dieser Punkt ist schon 1805 von Leake besucht worden, der den Namen Tren schreibt (Travels in Northern Greece, Vol. I, p. 334).

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Dass Resn ja überhaupt eine neue Stadt se i , dafür sprechen n icht n u r der M a n g e l an

Alterthümern u n d alten K i r c h e n , sondern auch zwe i andere A n z e i c h e n . D i e Bischöfe v o n

P r e s b a res id i r ten nämlich früher i n d e m sechs S tunden südlich v o n Besn ja ge legenen Dor f e

R e m b i , das au f der Ostseite unfern der die be iden Seen t rennenden L a n d z u n g e n l i eg t 1 ) . E b e n s o

wurde der S i tz der Bez i rksbehörde (Mud i r l i k ) erst v o r d re i J a h r e n hierher ve r l eg t , früher

befand s ich derselbe i n d e m eine S tunde v o n R e m b i ge legenen O r t P a p l i .

D iese be iden A n g a b e n enthalten auch A l l e s , was w i r i n Resnja an K u n d e der V o r z e i t z u

sammeln i m Stande waren. A l l e an das P l e n u m seiner Honora t i o ren u n d die E i n z e l n e n

gerichteten geschicht l ichen F r a g e n b l i eben ohne E r f o l g .

Soga r nach der Stadt P r e sba , der einstigen Res idenz der bu lgar i schen K ö n i g e , we lche

noch i m m e r au f unseren K a r t e n figurirt, e rkundigte i c h m i c h vergebens. E s giebt nicht e inma l

e in D o r f dieses N a m e n s , u n d N i e m a n d w i l l gehört h a b e n , dass es jemals eine solche Stadt

gegeben habe. D e r N a m e hat s ich n u r i n der Bez i rkse in the i l ung des Seebeckens erhalten.

O b e r - P r e s b a erstreckt s ich bis zu dem No rdu f e r des Sees ; Un t e r - P r e sba begreift die Str iche

längs der be iden Seen.

W e n n i c h auch mit d iesem U n v e r m ö g e n , geschicht l iche Tha t sachen z u überl iefern, seit

l a n g e m vertraut war, so fühlte i c h m i c h doch du rch das auffallende Be i sp ie l , we l chem i c h h ier

begegnete , recht empf ind l ich berührt , u n d dieser unangenehme E i n d r u c k w i c h erst be i der

Vo r s t e l l ung , we lches ve rwunder te Ges icht einer oder der andere unserer Ge lehr ten , die i n den

M y t h e n der Römer u n d H e l l e n e n n o c h i m m e r eine Q u e U e für deren Gesch ichten erb l icken,

gemacht haben w ü r d e , wenn er unserem Ve rhö r be igewohnt hätte. U m sich v o n der H a l t ­

los igke i t der v o n B u c h auf B u c h übertragenen Vo rausse t zung der ungemessenen Uber l i e fe rungs ­

kraft des mensch l i chen Geistes i n geschicht l ichen D i n g e n z u überzeugen, brauchten sie übr igens

gar n icht bis Besn ja z u re i sen , da sie jederze i t den Gegenbewe i s ih re r Vorausse tzung v o r der

Thü re ihres Stud ie rz immers zu r H a n d haben. S ie b rauchen j a nu r die ältesten E i n g e b o r e n e n

des Orts , an d e m sie wohnen , über ih re der mündl ichen Ube r l i e f e rung entnommene Kenntn i s s

v o n a l l gemeiner u n d örtlicher Gesch ichte auszu f ragen ; j a sie tragen den Bewe i s i n s ich selbst,

denn k e i n e inziger v o n ihnen weiss nach derselben Q u e U e mündlicher Über l i e fe rung N a m e ,

S tand u n d Lebensverhältnisse seiner acht Urg rosse l te rn voUständig anzugeben. V i e l l e i ch t

erwidert m a n : j a , jetzt ist das f re i l i ch wah r , aber v o r Ze i t en wa r dies anders. I ch erwarte

den Bewe is dieser E i n r e d e , b i n v o n d e m Gegenthe i l e überzeugt , u n d habe die G r ü n d e dafür

anderwärts entwickelt .

E s wa r früher meine A b s i c h t , die be iden Seen von Besn ja z u umkre i sen u n d diese terra

incogn i t a aus e igenem A u g e n s c h e i n kennen z u lernen. I c h verschob dies j edoch au f den B ü c k ­

w e g , we l chen w i r du r ch die Thä le r der T sche rna u n d des D e w o l nehmen wo l l t en 2 ) , we i l uns

d e r gezw imgene Aufentha l t i n O c h r i d a , so wen i g i c h i h n auch z u bedauern Ursache habe, die

!) In dem kleinen Kloster Germano, das y 4 Stunde seewärts von Rembi liegt, zeigt man das Grab des von Constantinopel verbannten Patriarchen Germano, der hier starb.

2) Leider verstatten es die Umstände nicht, diesen letzten Theil unseres Reiseplanes auszuführen. Um die Richtigkeit der in Resnja über dessen Seebecken gesammelten Angaben zu controliren und deren Lücken zu ergänzen, übernahm es daher Herr Georg Botli, Lehrer in Ochrida, eine Reihe von Fragen über das Becken von Presba und dessen Seen an Ort und Stelle zu beantworten und ein Croquis von deren Umrissen aufzunehmen, welches dem meinigen vorzugsweise zu Grunde liegt. Herr Botli entledigte sich dieser Aufgabe nicht nur mit grosser Gewissenhaftigkeit, sondern fügte auch seinen Ant­worten vielfache in meinen Fragen nicht berücksichtigte Bemerkungen zu, und es schien mir daher am eweckmässigsten, in der chorographiechen Abtheilung unsere Beobachtungen unvermischt neben einander zu steilen.

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schöne Herbstzeit, deren wir zu der Wardarfahrt unumgänglich bedurften, sehr verkürzt hatte, und auch der Zustand des Herrn v. Spaun den geraden Weg nach Monastir anrieth, wo im Nothfall ärztliche Hülfe zur Hand war.

Wir benutzten daher nur noch den Morgen des folgenden Tags (12. October) zur Auf­nahme der Photographien, welche zu den Perlen unserer Sammlung gehören, und brachen am Mittag nach dem sechs türkische Stunden entfernten Monastir auf.

X X V I I . Monastir.

Der Landstrich, durch welchen der Weg von Resnja nach Monastir führt, zerfällt in drei Glieder. Das erste ist der Bergpass, über welchen die Strasse führt, nachdem sie die eine Stunde breite Osthälfte der Ebene von Besnja durchlaufen hat: dieser Pass ist eine Einsattlung in dem Gebirgszuge, welcher die Wasserscheide zwischen dem Seebecken von Besnja und dem Gebiete der Tscherna bildet, der Weg steigt lehn zu ihm hinauf, der Abfall nach Osten ist dagegen beträchtlich steiler und kürzer. Der Boden besteht aus verwitterten Felsen und zeigt nur kümmerliche Vegetation. Wir fanden auf beiden Seiten Arbeitergruppen mit HersteUung einer fahrbaren Strasse beschäftigt. In der Türkei sind die benachbarten Gemeinden hierzu frohnpflichtig. Der Pass führt auffaUender Weise den griechischen Namen Diawato, Durch­gang, den man auch wohl Diawat aussprechen hört. Am östlichen Fusse und auf der Spitze des Passes stehen Wachthäuser.

Von hier aus rechnet man vier türkische Stunden nach Monastir. Da nun dieser Pass ebenso gut wie die heutige Strasse einen nothwendigen Durchgangspunkt für die Via Egnatia bildete und das Itinerarium Antonini von ApoUonia aus Castra als die nächst östliche Station von Heraklea, das Itinerarium Hierosolymitanum aber das gleichbedeutende Parembolo in der Entfernung von zwölf römischen Millien nennt und diese Entfernung mit jener von Diawato zusammen fällt, so ergiebt sich hieraus nicht nur, dass alle drei Namen denselben Punkt bezeichnen, sondern wir gewinnen auch für die Via Egnatia den lang gesuchten festen Punkt im Innern des Landes und als nächste Folge hiervon den zahlenmässigen Beleg fiir die vielfach bestrittene Ansicht, dass das heutige Monastir auf dem Boden der alten Lynkestischen Heraklea liege1).

Dieser Pass gewährt gegen Osten den Blick auf ein breites von Osten nach Westen laufendes Thal, welches sich gegen Osten zu mehr und mehr verengt. Es begleitet in der angegebenen Richtung den nördlichen Fuss des hohen Peristerigipfels und seiner westlichen Fortsetzung, und trennt dieses Hauptgebirge von der Hügelmasse, welche nördlich davon die Westwand des Beckens von Monastir fortsetzt. Das Hauptgebirge springt mithin südlich von diesem Thale etwa vier Stunden lang gegen Westen zurück und nimmt erst bei Diawato seine frühere Bichtung von Süd nach Nord, jedoch in weit geringerer Höhe, wieder an.

Das erwähnte Thal gehört zu dem Gebiete des Schemnitzabaches, dessen Hauptarm der Weg am Ostfusse des Passes kreuzt. Derselbe nimmt die Wasser dieses Thaies auf, beschreibt hierauf einen weiten Bogen gegen Nordost und ergiesst sich zwei Stunden nördlich von Monastir in die Tscherna.

*) S. hierüber Weiteres in der Reise von Belgrad nach Salonik. S. 236 u. f.

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Der Weg läuft in jenem von Ost nach West streichenden Thale, auf dessen sanftem Südhang und kreuzt noch zwei Nebenarme der Schemnitza, die von Süden her aus dem Gebirge kommen und sich dann westwärts wenden.

Endlich kreuzt der Weg eine unbedeutende Thalfalte, welche die Wasserscheide der Schemnitza und des Dragor bildet, und folgt nun dem sich bei seinem Austritte aus dem Gebirge östlich wendenden Rinnsal dieses letzteren Baches bis zur Stadt Monastir, welche in einem Busen der Westwand des grossen Tschernabeckens liegt.

Der Leser wird aus dieser Schilderung erkennen, wie leicht die Wasserscheide beider Bäche übersehen und das QueUgebiet der Schemnitza zu dem des Dragor gezogen werden kann. Ich glaubte dieses Versehen Bouo's, dem die Kiepert'sche Karte folgt, nach den auf meiner ersten Reise1) erhobenen Angaben vollkommen aufgeklärt zu haben, fand jedoch an Ort und Stelle, dass auch diese Angaben noch das Gebiet der Schemnitza zu Gunsten des Dragor verkürzen, indem sie deren östlichsten Zweig in das Gebiet des letzteren hineinziehen.

Der Dragor tritt in das Thal durch eine tiefe Schlucht, deren steile Abstürze durch die Wlachendörfer Trnowo und Magarwo gekrönt werden. Die stattlichen nur durch die Schlucht getrennten Häuser blicken von einer Höhe von etwa 200 Fuss in das sich zu ihren Füssen ausbreitende Thal hinab, und geben ein beredtes Zeugniss von dem bedeutenden Wohlstand ihrer Bewohner. Eine Stunde südlich im Gebirge liegt ein weiteres grosses Wlachendorf Dschindschopolje2) an der Vereinigung der verschiedenen Quelladern des Dragor. Die Schemnitza entspringt in dem Wlachendorfe Malowischda (300 Häuser). Einige Stunden nördlich davon liegt mit eben so viel Häusern das wlachische Dorf Gobesch im Hochgebirge, dessen die Beschreibung unserer Beiseroute in der chorographischen Abtheilung gedenkt, zwei Stunden nordöstlich von Besnja; in der Nachbarschaft dieser Stadt liegen endlich mehrere wlachische Dörfer. Bechnet man hierzu noch die städtischen Colonien in Ochrida, Resnja, Monastir und Prilip, die von mir früher entdeckte wlachische Stadt Kruschewo mit 1400 Häusern 3), und bedenkt man, dass alle diese Angaben nur am Wege aufgelesen und gerade das wlachische Element die Heerstrassen möglichst vermeidet und versteckte Gebirgswinkel aufsucht, so erscheint die Annahme berechtigt, dass bei einer genauen Untersuchung dies Bevölkerungselement in dem nördlichen Makedonien sich als weit zahlreicher vertreten ergeben würde, als dies bisher bekannt war.

Von Diawat begleitete uns der Begen bis Monastir und verwischte die während des Reitens gemachten Aufzeichnungen theilweise bis zur vollkommenen Unleserlichkeit. Eine Stunde vor der Stadt überraschte uns die Nacht, und sie war so finster, dass wir nur Schritt vor Schritt vorwärts kommen konnten, und als wir die ersten Häuser erreichten, hatten wir in den endlosen mitunter wirklich lebensgefährlichen Strassen der Vorstädte, bei den durch stürzende Reiter und Lastthiere veranlassten Aufenthalten zahlreiche Gelegenheit die Geduld zu verlieren und sie wieder zu gewinnen, bevor wir endlich unsere Herberge erreichten.

Dieser nächtliche Einzug in Monastir in beständiger Sorge fur so zahlreiche Knochen und so gebrechliche Bagage ist die unangenehmste Erinnerung der ganzen Eeise. Nach den

Μ S. Seite 116 und 193. -) Dr. Barth, S. 144, führt zwischen diesem Dorfe und Monastir ein von uns übersehenes Wlachendorf Namens Drahowo am

Dragorbache an; es zieht sich in ansehnlicher Länge zu beiden Seiten des Baches hin, und hat eine hübsche Industrie in einheimischen Zeugen; der Hindurchreisende gewahrt überall in den Häusern die Beweise reger Geschäftigkeit.

3) Reise von Belgrad nach Salonik. S. 111.

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Schilderungen, die man uns von der Feuersbrunst gemacht, welche kurz vor unserer Ankunft in Monastir gewüthet, hatten wir erwartet, die Stadt in Trümmern liegend zu finden, doch konnten wir in den Hauptquartieren der Stadt keine Spur dieses Unglücks entdecken, und die Brandstätte selbst, welche etwa ein Drittel des Bazars begriff, bot nur das Bild von endlosen Beihen thätiger Arbeiter, welche damit beschäftigt waren, die abgebrannten leichten Buden durch ähnliche zu ersetzen; der Verlust beschränkte sich grösstentheils auf diese Baulichkeiten, weil der Brand zum Glück in die Messzeit von Prilip fiel und daher die meisten Waaren-vorräthe dorthin gebracht worden waren.

Im Übrigen fand ich Monastir fast in demselben Zustande, wie ich es vor fünf Jahren verlassen hatte, die damals entworfene Beschreibung der Stadt giebt daher auch ein treues Bild ihres heutigen Zustandes. Um so grösser war die in den höheren Kreisen seiner Bewohner unterdessen eingetretene Veränderung. Das ganze Consularcorps hatte gewechselt. In meinem CoUegen, Herrn O c u l i , welcher erst kürzlich hierher versetzt war, traf ich einen alten Bekannten. Frankreich hatte seine Consularagentie eingezogen, dagegen Bussland ein Con-sulat errichtet, und seine Besetzung zeigte, welche Sorgfalt diese Macht auf die Wahl ihrer Consularorgane verwendet. Es ist eine alte Erfahrung in der Levante, dass unter den an einem Orte residirenden Consuln selten wahre Eintracht herrscht, sondern dass offener oder versteckter Krieg zwischen ihnen die Begel bildet. Ich war daher auf das angenehmste über­rascht, die Consuln von Monastir zu einem engen, durch die allseitige Bildung seiner Mit­glieder stets angeregten Gesellschaftskreise verbunden zu finden, und wir sind denselben für die gastfreundliche Aufnahme, welche wir bei ihnen fanden, zu reger Dankbarkeit verpflichtet.

Herr Charles Ca lver t , der englische Consul, beschäftigte sich eifrig mit Photographie, und nahm daher an den Arbeiten des Herrn Dr. Szekely den regsten Antheil. Herr von Hi t te r ο wo, der russische Consul, welcher sich der Numismatik zugewandt, zeigte mir seine Münzsammlung, welche er während seines kurzen dortigen Aufenthalts bereits zusammen­gebracht. Unsere Hoffnung, darin irgend einen geographisch interessanten alten Namen oder sonstige chorographische Aufklärung zu finden, bestätigte sich jedoch nicht. In Herrn Ichinaef, dem russischen Consulatskanzler, lernten wir einen Linguisten von Fach kennen, dessen Liebliegsstudium das Sanscrit ist.

Unter den türkischen Functionären war uns nur der Divisionsgeneral Abdullah Pascha, jetzt SteUVertreter des in Nisch abwesenden Marschalls, und Al i Bei, Generalstabsarzt der Armee, von früher her bekannt*). Doch trafen wir, wie damals in dem Muschir Abdul Kerim Pascha, auch diesmal in dem Brigadegeneral Fai'k Pascha einen Wiener Zögling, welcher nicht nur in seiner Sprache, sondern auch in seiner Haltung und seinen Formen so deutsch war, dass wir alle ihn Anfangs für einen Landsmann hielten.

Diese Herren waren so freundlich uns den Versuch zu erlauben, die Paradelinie der gesammten Garnison von Monastir photographisch aufzunehmen. Dr. Szekely brachte sie auch auf zwei Blättern zu Stande, aber leider zeigen sie an den Stellen, wo die Pferdeköpfe erscheinen sollen, nur weisse Flecken. Um so besser gelang aber die Aufnahme der um eine Kanone gruppirten Generalität, denn die Herren standen wie die Bildsäulen, und die Beleuch­tung war während der Aufnahme nicht gerade ungünstig. Auch eine Zusammenstellung der verschiedenen Waffengattungen um jene Kanone fiel zufriedenstellend, wenn auch nicht voll-

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kommen fehlerfrei aus. Die dem polnischen Lancierregimente entnommenen Individuen bilden darauf einen interessanten Gegensatz zu den Muhammedanern.

Ich war in dem Wahn, als ob ich den Vorrath Monastirs an alten Inschriften bei meinem ersten Besuche erschöpft hätte; im Laufe der Unterhaltungen mit Herrn Demista, Professor an der hellenischen Schule, einem in Deutschland gebildeten Philologen und Verfasser der bereits früher angeführten Schrift über die Kirche von Ochrida, erfuhr ich jedoch, dass dies keineswegs der Fall sei. Ich folgte seinen Angaben, erkundigte mich auch anderwärts und brachte auf diese Weise eine ziemliche Anzahl von Inschriften zusammen. Die Abschriften der in der Umgegend von Monastir gefundenen verdanke ich der Güte des Herrn Demista. Die grösste dieser Inschriften bildet die Zierde der in dem Hausgarten des griechischen Erz­bischofs mit vielem Geschmack aufgestellten Antikensammlung. Sie wurde vor einigen Jahren bei dem Dorfe Tschepilowo (türkisch Tschepik) gefunden. Dieses Dorf liegt fünf türkische Stunden von Monastir und 372 von Prilip, etwa eine Viertelstunde östlich von der Fahrstrasse, welche beide Städte verbindet, an dem linken Ufer der Tscherna und vermuthlich in dem nördlichen Mündungswinkel des Blatobaches, welcher die Wasser des Beckens von Prilip in die Tscherna führt. Die Gegend wurde von Capitän Monasterski in Prilip als ein Wiesenplan beschrieben, der jetzt von der Cavallerie von Monastir als Weideplatz benutzt wird. Alte Beste sind dort nicht mehr sichtbar, sobald man aber auf den durch kürzeren Graswuchs kenntlichen Linien den Basen abhebt, stösst man auf die Quaderfundamente der Umfassungs­mauern einer grossen alten Stadt, deren Umfang sich noch verfolgen lässt.

Da nun die Inschrift in dem Bereiche dieser alten Stadt gefunden wurde, und bei der Grösse des Steines die Wahrscheinlichkeit dagegen spricht, dass er von anderwärts an seinen Fundort geschleppt worden sei, so darf wohl bis zum Beweis des Gegentheils angenommen werden, dass das Decret, welches er enthält, von dem Rathe der Stadt erlassen wurde, in deren Bereich er wieder zu Tage kam, und dass mithin diese Stadt Derriopos hiess.

Die Lesart Derriopos steht nach der wiederholten Versicherung des Herrn Demista fest, ich möchte sie jedoch gleichwohl nur für eine andere Form der Landschaft Deuriopos betrachten, deren sämmtliche Städte nach Strabon*) an dem Erigon lagen. Von dieser Land­schaft haben sich ausserdem nur noch zwei Angaben erhalten. Strabo nennt nämlich etwas früher2) bei Aufzählung der Landschaften Makedoniens die Lynkesten und Deuriopos neben­einander, und Livius erzählt zu dem Jahre 509 u. c. (183 v. Chr.), dass Philipp V. von Macedonien eine Stadt in Deuriopos zu gründen befohlen habe. Diese Gegend gehört zu Paeonien und liegt an dem Flusse Erigon, der, aus dem Illyrischen durch Paeonien fliessend, in den Fluss Axios fällt. Nicht weit von Stobi, einer alten Stadt, gab er der neuen Stadt, zu Ehren seines ältesten Sohnes, den Namen Perseis. Da nun Stobi an der Nordseite des Aus­flusses des Erigon in den Axios lag, so dürfte sich das Gebiet von Deuriopos bis zum Axios erstreckt haben, weil bei allen Eintheilungen dieser Länder sowohl in alter als neuer Zeit die Wahrscheinlichkeit für natürliche Grenzen spricht.

Vergleicht man nun den Namen der Inschrift mit dem der Landschaft, so ergiebt sich auch eine Stadt Deuriopos, von welcher die uns erhaltenen Quellen schweigen, und muss man die Landschaft gleichen Namens bis zum linken Ufer der oberen Tscherma ausdehnen.

J) pag. 327: εττί τώ Έρίγωνι ττάσαι at των Δευριόπων πόΧεις ώκηνι-ο, ών το Βρυάνιον και Άλαλχομεναί και Στύμβαρα. 2) pag. 326: προς £έ τούτοις Αυηχησταί τε και ή Δευρίοπος χαί >$ τριποΧΧτις Πελαγονία.

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Dem sei jedoch wie ihm wolle, mehr als die Grenzfrage dieses geschichtlich bedeutungslosen Volksstammes interessirte mich der Inhalt der Inschrift. Ihr zufolge hinterlässt nämlich durch Testament ein wohlwollender alter Herr, Namens Vettios Philon *), dem löblichen Stadtrathe von Derriopos ein Capital, damit er alljährlich von dessen Zinsen ein Gastmahl anrichte und sich zu seinem Andenken einen guten Tag mache. Erst später erfuhr ich, dass dies Legat keineswegs ein Originalgedanke von Vettios sei, sondern viele ähnliche derartige Urkunden uns erhalten sind2).

Die Inschrift zeigt, dass zu ihrer Zeit Derriopos eine Stadt war, in der man zu leben verstand und auch die nöthigen Mittel dazu besass; dass diese Zeit aber in die Römerherrschaft falle, ergeben die römischen Namen derselben und die Erwähnung des römischen Monats November neben dem makedonischen Daesios3).

XXVIII. Prilip. In Monastir erfuhr ich, dass die in Welesa (türkisch Köprülü) zur Wardarfahrt bestellte

Barke seit mehreren Wochen vollendet sei, und der damit betraute Kaufmann über mein langes Ausbleiben unruhig jeden von hier dorthin Kommenden mit Fragen nach mir bestürme. Ich that daher mein Möglichstes, mich rasch von Monastir loszumachen. Da ich aber die Gegenden zwischen Monastir und Welesa auf meiner Beise von Belgrad nach Salonik ein­gehend beschrieben habe, so erlaube ich mir, um Wiederholungen zu vermeiden, den Lust tragenden Leser auf diese Arbeit zu verweisen, und hier nur einzelne Bemerkungen einzu­schalten, welche ich auf dieser Strecke zu machen Gelegenheit hatte.

Wir brachen am Mittag des 19. October in Gesellschaft mehrerer lieben Freunde, welche uns bis Prilip das Geleite geben wollten, theils zu Wagen theils zu Pferd von Monastir auf, — aber welch ein Wagen 1 Die Hauptstadt besitzt an sich nur wenige Miethwagen, sie waren alle vergeben, und es kostete grosse Mühe, bis wir eine federlose alte Kutsche erlangten. Es schien eben bestimmt zu sein, dass uns nicht nur der Zugang zu Monastir, sondern auch der Abzug aus dieser Besidenz so schwer als möglich werden sollte. Keiner von uns wird so bald wohl die drei Viertelstunden vergessen, welche wir in diesem Gefährte auf dem holperigen lückenreichen Strassenpflaster zubringen mussten, in mehr oder weniger offenem Kampf um das Dasein mit dem unabsehbaren Marktgewühle. Menschen, Pferde, Mäuler, Esel, Büffelochsen, Rinder, Ziegen, Schafe, Gänse und was sonst noch fliegt und kriecht, stellte sich der Reihe nach unseren Durchbruchbestrebungen entgegen, und mehr als einmal mussten wir uns auf die gewaltsamste Weise Bahn brechen, weil hier gute Worte unverstanden blieben.

Gegen das Ende der Vorstadt kamen wir an einer im Bau begriffenen recht geräumigen Kirche vorüber; sie zeigte, dass auch Christen von Monastir die ihnen gewordene freie Stellung zur Herstellung würdiger Gotteshäuser benutzen.

*) Vermuthlich ein Freigelassener der berühmten römischen Familie oder der Nachkomme eines solchen. 2) Daee es auch in der Kaiserzeit griechische Sitte war, bei vielen anderen Veranlassungen die griechischen Stadtrathe zu

beschenken, ergiebt sich aus Plin. epist. X. 117 und IIS, und dennoch waren diese Stellen nicht gesucht 3) Von Monastir giebt Hadschi Chalfa, Rumeli und Bosna S. 97, folgende interessante Notizen: Die Einwohner sind Bulgaren.

Sultan Murad der Sieger sandte im Jahre 784 (1382) den Timurtasch Pascha ab, der diesen Ort (zugleich mit Prilip pag. 96 und Istib pag. 92) mit dem Degen in der Hand einnahm. Das Schioss ist verwüstet. Die Südseite ist ein waldiger Berg (Peristeri) und die Vorder- (Ost-) Seite eine weite Ebene. Von den Bergen fallen viele Bäche, welche die Viertel der Stadt und dann die herumliegenden Felder bewässern. Das b e r ü h m t e s t e Erzeugniss dieser Stadt ist B a u m w o l l e ; — ein beherzigenewerther Wink für die Gegenwart.

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Einmal der Stadt entronnen, kamen wir rascher und weniger schmerzlich vom Flecke, als wir erwartet hatten, und unsere Stimmung wurde bald so belebt, dass wir die grosse über die Tscherna führende Holzbrücke ganz unvermerkt erreichten. Welche kostbare Strecken bleiben hier dem Ackerbau entzogen und höchstens für die Sommerweide benutzbar, während nach der einstimmigen Aussage von Sachverständigen es nur eines geringen Kostenaufwandes bedürfte, um den jetzt gründlich versumpften Lauf der Tscherna und des die Wasser des Beckens von Prilip in sie führenden Blato vollkommen zu reguliren und dadurch zugleich die Bevölkerung dieser herrlichen Gegenden von den endemischen Fiebern zu befreien, welche an ihrem Lebensmark zehren. Drei Spatenstiche und diese Sümpfe werden zu einem goldenen Meere wogender Ähren, und die steigende Arbeitskraft dieser entarteten Bevölkerung vergilt den Aufwand für die ihr erwiesene Wohlthat im reichlichsten Masse!

Wir rasteten in dem Han des Dorfes Dobowljani, bei der grössten Mühle, welche ich bis jetzt in diesen Ländern gesehen habe und welche Eigenthum der grossen türkischen Schule in Monastir ist; dergleichen Moscheen oder frommen Stiftungen gehörende Immobilien heissen bekanntlich im türkischen Reiche Wakuf und sind ungemein zahlreich. Ein von der Tscherna abgeleiteter Mühlbach treibt hier 12 Steine, welche 600 grosse Kilo jährlichen Pacht zahlen. So sehr mich auch diese Anstalt interessirte, so kann ich doch nicht ohne eine Anwandlung von Schauer an dieselbe zurückdenken.

An der Thüre der Mühle lehnte ein ausgedienter Mühlstein, welcher den Blick schon von weitem durch seine grossen braunrothen Flecken auf sich zog, denn um die Ähnlichkeit mit menschlichem Hautausschlag noch täuschender zu machen, sahen sie aus, als ob sie nass wären. Eine nähere Untersuchung ergab freilich, dass eine Unzahl Granaten in den Stein eingesprengt und durch die fortgesetzte Reibung polirt worden seien. Aber das Bild wurde dadurch um nichts anmuthiger, weil uns noch der Gedanke an die Ruinen hinzutrat, welche diese härtere Steinart in die weichere hellgraue Masse der Scheibe während der Arbeit einritzen muss. Wir begriffen nun, warum wir in dem Brote von Monastir so viel Sand gefunden hatten. Diese Steine werden übrigens in dem Bezirke von Marul, drei Stunden von Prilip, gebrochen, granatefifreie sollen zu den seltensten Ausnahmen gehören. Sie kosten nur 100—150 Piaster, dauern dafür aber auch nur von sechs Monaten bis zwei Jahre. Doch bestehen sie aus einem einzigen Stücke, während in dem grössten Theil der Halbinsel die Mühlsteine aus einer Anzahl grösserer und kleinerer Steine zusammengesetzt sind, welche durch zwei mächtige von aussen um sie geschlagene eiserne Reifen zusammengehalten werden.

In Prilip genossen wir der Gastfreundschaft eines angesehenen Wlachen Namens Michael Kalogra, und ich liess es mir angelegen sein, die Ortskenntniss dieses sehr verständigen Mannes so weit als möglich für die Aufklärung der noch gänzlich unbekannten Landschaft Murichowo auszubeuten.

Bei meinem ersten Aufenthalte in Prilip hatte ich über dieselbe nur so viel erfahren, dass sie den Osthang der Babunakette bis zum Rinnsale der Tscherna begreife und aus 19 christlich-bulgarischen Dörfern bestehe, welche grosstentheils von wandernden Holzfällern und Säge­müllern bewohnt werde. Sie war mir damals Mariofze genannt worden, doch ist der Name Murichowo bei weitem bekannter.

Wenn man von Osten her, etwa von dem eisernen Thore aus in die steilen zerrissenen Gebirgsmassen hineinblickt, welche die Murichowaner bewohnen, so möchte man in diesen lauter geborene Räuber vermuthen. Dem ist jedoch nicht so, diese trostlosen Striche werden

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von stillen Leuten bewohnt. Sie führten in früheren Jahrhunderten ein der Welt verstecktes Leben, von dem die Regierungsorgane von Prilip kaum einmal im Jahre Notiz nahmen, wenn die vier Vorsteher — Hotscha baschi — des Bezirkes nach der Stadt herüberkamen, um sich zu erkundigen „wie hoch sich für das laufende Jahr die Schuld des Bezirkes belaufedie sie dann auf die einzelnen Dörfer ausschlugen und eintrieben, ohne jemals in dieses Geschäft die türkischen Behörden hineinzuziehen. Mit der Reform ging diese patriarchalische Ordnung zu Ende, die Dörfer werden jetzt einzeln zur Entrichtung ihrer Steuerpflicht angehalten, deren Betrag hierdurch sehr gestiegen ist. In der örtlichen Verwaltung soll bis jetzt nur die Neuerung eingetreten sein, dass die Wahl der Feldwächter (dragät), welche jede Gemeinde vornimmt, an die Genehmigung der Regierung gebunden ist. Eine solche Wahl findet jedoch nur dann Statt, wenn das Dorf mit dem bisherigen Feldwächter unzufrieden ist. Diese Functionäre sind fast ohne Ausnahme Fremde, und zwar in der Regel muhammedanische Albanesen, mithin der erblichen Kriegerkaste angehörige Individuen. Der Brauch, die Executive der Gemeinde fremden Kriegern zu übertragen, beschränkt sich übrigens nicht auf den Bezirk von Murichowo, sondern bildet, soweit uns bekannt, in ganz Bulgarien die Regel. Ist das Dorf ein Tschiftlik, so kommen die Attribute des Feldschützen in der Regel dem von dem Dorfherrn ernannten Aufseher (epistat) zu, welcher neben den Interessen des Herrn aueh die von Ruhe und Frieden vertritt, bei grösseren Dörfern aber die Feldhut an andere Individuen überträgt, an deren Wahl die Pachtbauern sich in dem Grade betheiligen, als sie Haare auf den Zähnen haben, da ihnen die Besoldung des Feldwächters, welche in einem Bruchtheil der Feldfruchternte besteht, zur Last fällt1).

Der felsige zerrissene Boden dieses Bezirkes gewährt nur wenig Ackerfelder und wird daher vorzugsweise zur Viehzucht benutzt. Er soll an 100.000 Schafe (Ziegen?) ernähren, auch liefert er gute Maulthiere. Der grösste Theil der in der Halbinsel wandernden Holz­schläger und Sägemüller stammt aus Murichowo. Gleich den wandernden Maurern und Erd­arbeitern bilden sie Banden von 20 — 40 Köpfen, an deren Spitze ein Chef steht. Dieser schliesst die Verträge und vertheilt die Arbeiten. Ihr eigenes Holz schwemmen sie seit unvor­denklichen Zeiten die Tscherna und den Wardar abwärts nach Salonik. Die Bauart ihrer Flösse unterscheidet sich nur in Kleinigkeiten von der der Gradetzaner, und dennoch konnte unser Wardarschiffsmann Mastro Christo auf den ersten Blick sogar das Dorf erkennen, wo sie gebaut worden waren. Die Berge von Murichowo liefern grossentheils nur Nadel- und nur wenig Eichenholz.

Der ganze Bezirk ist durchweg von christlichen Bulgaren bewohnt, ohne irgend eine Beimischung anderer Volkselemente. Die Murichowaner sind ein ruhiger Menschenschlag, bei welchen Raub, Mord, ja sogar Viehdiebstahl unerhört sein soll, und die zu abgelegen wohnen, um von fremden Räubern heimgesucht zu werden. Es heisst, dass die Eheherren in mehreren ihrer Dörfer der Gastfreundschaft eine solche Ausdehnung geben, dass, wenn Fremde bei ihnen einkehren, sie keine Eifersucht gegen ihre Frauen zeigen.

In administrativer Hinsicht gehört die Landschaft zu Prilip, in kirchlicher zu dem Erz­bisthum von Pelagonia (Monastir), mit Ausnahme einiger Enclaven, welche dem Bisthume von Strumnitza unterstehen. Dieses besitzt sogar eine kjeine Enclave von 12 Bergdörfern in dem

*) Auch die Polizei aller ägyptischen Dörfer wird von Albanesen besorgt, welche denselben jedoch von den Regierungsbehörden einfach zugesandt werden.

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Becken von Monastir selbst. Erheiternd war für uns die Art und Weise, wie unser Hauswirth in Prilip diese Thatsache verständlich zu machen suchte, indem er meinte, dass ein Strum-nitzaner Bischof diese Dörfer einstmals gleichsam als Trinkgeld erhalten habe ('σάν μπαχτζίσι τά έλαβε). In mineralogischer Hinsicht muss dieses Bergland von grossem Interesse sein.

Schon in Monastir hatte ich von einem vor wenig Tagen in der Nachbarschaft von Prilip entdeckten unterirdischen Gange gehört, in dessen Decke mehrere Inschriften eingegraben seien. Auch hier wurde viel davon gesprochen und nach Landesart damit die Hoffnung auf verborgene Schätze verbunden. Durch vielfache Erfahrungen gewitzigt, hatte ich selbst zu den entdeckten Inschriften kein Vertrauen; um mir jedoch jeden Vorwurf zu ersparen, machte ich unter der angenehmen Führung des Commandanten von Prilip, Cap. Monastirski, einen recht genussreichen Spazierritt nach der etwa V/2 Stunden südsüdöstlich am Fusse der Babunakette gelegenen Stelle.

Aus dem unterirdischen Gange wurde, wie zu erwarten, ein Stück mittelalterlichen mit antiken Grabsteinen schlechter Zeiten bedeckten Abzugskanals, da wir aber einmal an Ort und Stelle waren, so stieg ich auch durch die enge Öffnung etwa zehn Fuss abwärts, und schob mich, auf dem Rücken liegend, allgemach unter die Steine, um in dieser Lage mit Hülfe einiger mitgebrachter Stearinlichter die wenigen Buchstaben abzuschreiben, welches die nach unten gewandten Seiten zeigten. Schon diese Lage der Steine zeigt, dass sie zu einem andern als ihrem ursprünglichen Zwecke auf diesen Abzugskanal gelegt worden waren. Dagegen führte mich bei unserer Rückkehr der Capitän zu verschiedenen antiken Inschriften, welche mir bei einem ersten Besuche entgangen waren. So unbedeutend ihr Inhalt auch ist, so weisen sie doch in Verbindung mit den früher dort gefundenen auf das Vorhandensein einer alten bedeutenden Niederlassung an der Stelle des heutigen Prilip oder in dessen Nachbarschaft, woran jedoch auch ohne das Vorhandensein dieser alten Zeugen nicht zu zweifeln gewesen wäre; denn was das Bestehen der heutigen Stadt bewirkt, war ja damals in demselben, viel­leicht in noch höherem Grade vorhanden, und daher musste auch die Wirkung dieselbe sein.

Am folgenden Morgen zogen wir an dem barock geschnittenen Burgberge Marko Krals *) vorüber. Seine Umrisse gehören mit denen der östlicheren Felsgrate von Treskawetz und von Worilla, wie sie den Thalbusen einfassen, durch den man dem Babunapass zureitet, zu den sonderbarsten, welche ich jemals zu Gesicht bekommen habe; sie reizen auch die trockenste Einbildungskraft, die nach allen Richtungen der Windrose auseinander starrenden Steinmassen zu Riesen, Zwergen und Lindwürmern auszubilden.

Dem Leser wird der Name Worilla auffallen, und er wird sich jener denkwürdigen Schlacht vom Wqrillaswalde erinnern, in der sich vor fast sechs Jahrhunderten um fremder Interessen willen viel edles deutsches und französisches Blut vermischte. Jetzt zeigen die steilen Fels­grate, welche der von Prilip die Babuna bergan ziehende zu seiner Rechten lässt, den nackten Stein; damals mögen sie, dem Namen nach zu schliessen, bewaldeter gewesen sein, doch kann ich mir zu keiner Zeit hier einen geschlossenen Urwald denken. Ist aber wirklich am Fusse dieser Steilen jene Schlacht geschlagen worden, und war das Schlachtfeld auch noch bebuscht, so bleibt die schwer zu lösende Frage: was konnte das Heer der Franzosen bewegen, sich aus der Ebene in jene Pässe zu wagen? wie kointe es auf einem für schwere Panzerreiterei denkbar schwierigsten Standorte sich zur Schlacht verlocken lassen? Unsere Quellen strotzen bekanntlich

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von Widersprüchen über diese Schlacht und die vorhergehenden Ereignisse und die vorste­henden Bedenken dienen nur dazu, neue Räthsel zu schaffen.

Ein Streifblick auf die Vorereignisse würde uns zu weit führen, doch möge der Schlacht­bericht, welchen Fallmerayer1) für den wahrscheinlichsten hält, hier eine Stelle finden. Im Jahre 1259 kam es zwischen Nicephorus Angelus, dem Despoten von Epirus, und dem Kaiser Michael Palaeologus, welcher kurz vorher Constantinopel von den Lateinern zurück erobert hatte, zum Kampfe um die Herrschaft der Halbinsel.

Die feindlichen Heere zogen einander bis in das Herz derselben entgegen und trafen in den Ebenen von Bitolia und Prilip auf einander.

Rei dem Heere des Despoten bildeten dessen französische Verbündete den Kern, es war dies Wilhelm Villehardouin, Fürst von Morea, die Herzoge von Theben und Athen, der Freiherr von Salona, die Markgrafen von Budonitza und Negroponte und viele Grafen und Ritter. Dieselben hatten sich in den Ebenen Thessalonichs vereinigt, und zogen auf die Nachricht, dass das kaiserliche Heer gegen Pelagonia (Bitolia) heranrücke, demselben dorthin entgegen.

In dem kaiserlichen Heere dienten 2000 berittene kumanische Bogenschützen, dann kamen deutsche Landsknechte unter dem Herzoge von Kärnthen, hinter ihnen Abtheilungen von Ungarn, Bulgaren und Serbiern. Dann kam der Feldherr selbst an der Spitze auserlesener Schaaren von Griechen und anatolischen Türken. Die Reiterei war zahlreich, sie allein bildete 27 Abtheilungen. Der kaiserliche Feldherr war den Verbündeten bei der Besetzung der Ebenen zuvorgekommen, und operirte hierauf so geschickt und umgab das feindliche Heer mit einem solchen Netze von Kriegslisten, dass dieses in dem Grade den Muth verlor, als es in den Beckenebenen vorrückte und das kaiserliche Heer, wie es scheint, langsam vor ihnen zurück­wich. Als sie aber endlich bis zum Worillaswalde vorgedrungen waren, daverliess der Despot mit allen seinen Streitkräften nächtlicherweile das Frankenheer und entfloh in sein Reich.

Am folgenden Morgen rückte das gesammte kaiserliche Heer auf die verrathenen Franken los.

Wilhelm schilderte den Soldaten mit wenig Worten den Schmerz über die verrätherische Flucht seines Schwagers, zu dessen Erhaltung er doch vorzüglich den Schild gegen den Kaiser erhoben und Morea verlassen habe. „Wie Judas den Herrn Jesus Christus den Juden, so habe der Despot ihn und seine Soldaten dem Bastard überliefert. An eine Flucht sei jetzt nicht mehr zu denken; es seit zu spät und unmöglich, und überhaupt sei es rühmlicher, mit den Waffen in der Hand nach Art tapferer Männer zu fallen, als durch Schande das Leben zu retten. Mit fünfzehn Feinden, meinte er, könne es jeder von ihnen aufnehmen, und überhaupt wäre die ganze kaiserliche Armee für nichts zu achten, ausgenommen die Schaar der drei-' hundert Deutschen mit dem Herzoge von Kärnthen an der Spitze. Dem ungestümen Andränge dieser tapfern Krieger im feindlichen Vordertreffen mussten sie ihre ganze Kraft entgegen­setzen. Seien diese einmal niedergeworfen, so wäre der Rest der Feinde für sie nicht mehr, als was ein Trupp Krähen für die Falken sind."

„Deswegen, meinte er, soll man die tapfersten Ritter mit dem heldenmüthigen Herrn von Karitena der Furie des deutschen Schlachthaufens entgegenstellen, und der Sieg könne dann nicht zweifelhaft sein."

V) Fallmerayer, Geschichte der Halbinsel Morea. II. S. 26 ff.

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„Die ersten Scenen der Schlacht schienen Wilhelms Vorkehrungen zu rechtfertigen. Der tapfere Gottfried, begleitet von seinen Gefährten, stürzte mit gesenkter Lanze auf das deutsche Regiment, hob den Herzog von Kärnthen und zwei seiner Verwandten durch drei gewaltige Stösse aus dem Sattel; sie selbst und ihre Pferde wurden niedergestreckt, aber zugleich ward Gottfrieds Lanze zersplittert. Er zog das Schwert, und mit jedem Streiche sank ein Reiter, und der Rest wandte sich zur Flucht, als der kaiserliche Feldherr die ungarischen Pfeilschützen eilend ins Treffen führte. „Sendet euer Geschoss in den dichten Haufen der Kämpfenden," rief er ihnen zu, „gleichviel ob ihr die Deutschen oder die Franken treffet. Schon sehe ich, dass sie jener Drache von Karitena fast insgesammt zu Boden geschlagen hat. Zielet auf die Pferde, damit die Reiter mit ihnen niedersinken, und wir sie erschlagen können, ehvor sie uns gänzlich vernichten. Was liegt uns an den Deutschen? Es ist besser, dass sie allein zu Grunde gehen, als dass ein ganzes Heer das Verderben treffe."

„Zugleich rückten die Kumanen vor, und dichte Wolken von Pfeilen senkten sich auf die kämpfenden Moraiten und Allemannen nieder. Alle Pferde sinken. Der unerschrockene Gott­fried selbst fiel zu Boden, und musste sich gefangen geben, ehe noch Wilhelm, welcher mit der ganzen Heermasse herbeigeflogen war, zu seiner Rettung wirken konnte. Dieser hatte aber mit seinen geharnischten Männern die feindlichen Schaaren noch nicht erreicht, als der grösste Theil der Pferde getödtet und die in Erz gehüllten Ritter auf der Erde lagen. Umringt von allen Seiten, und unfähig den Kampf fortzusetzen, musste sich der ganze Moraitische Adel zugleich mit Wilhelm gefangen geben. Das gemeine Volk entrann grösstenteils, und floh unverfolgt in die Heimath zurück, indem es die Sieger für nutzlos hielten, nach einem so grossen Schlage sich um die wehrlosen Trümmer des überwundenen Heeres zu bekümmern."

Die Gefangenen wurden anständig behandelt, konnten aber ihre Freiheit erst nach drei Jahren und nur durch Abtretung der drei stärksten Festungen in Morea Monembasia, Mistra und Maina erkaufen, ein Schlag, von dem sich die fränkische Macht in Morea niemals erholte.

Wir verliessen Prilip am Morgen des 21. October. Sehr angenehm überraschte es mich, an der Stelle des unwegsamen Bergpasses über die Babuna, über welche bei meiner ersten Reise die Wägen mehr getragen als gefahren wurden, eine neugebaute, auch für das schwerste Geschütz fahrbare Heerstrasse zu finden, welche sich bis Welesa fortsetzte. Die Gründe, warum man zu dem Ende diese zwar kürzere, aber auch weit steilere Linie der nördlich von derselben gelegenen, zwar etwas weiteren, aber weit bequemeren Passlinie1) vorgezogen, sind mir unbekannt geblieben. Im Übrigen fand ich der auf meiner ersten Reise gegebenen Beschreibung dieses Weges nichts zuzufügen.

Am östlichen Fusse des Gebirges begegneten wir dem Superior der grossartigen Lazaristen-mission in Monastir. Er erzählte, dass er von Welesa komme, wo er vergebens bemüht gewesen sei, von dem dortigen Mudir die Freilassung eines zur katholischen Kirche über­getretenen Bulgaren aus der Nachbarschaft jener Stadt zu erwirken, welchen man nebst seinem Knechte auf Antrieb der griechischen Geistlichkeit unter nichtigen Vorwänden eingezogen und gefangen halte, und bat mich um meine Verwendung in der Sache. Ich stellte ihm meine Lage als einfacher Reisender vor, versprach aber, nichtsdestoweniger den Versuch zu machen.

Wir übernachteten in dem, in dem grossen Dorfe Iswor gelegenen Landhause eines reichen in Salonik wohnenden jüdischen Bankiers, welchem der grössere Theil der Dorfmark eigen-

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thümlich gehört; ein tatsächlicher Beweis, dass die Juden im türkischen Reiche nicht grund­besitzunfähig sind.

Dass Iswor sowohl in alter Zeit, als auch bis in das spätere Mittelalter ein bedeutender Ort gewesen sei, davon zeugen die vielen dort noch erhaltenen Grabinschriften und andere Alterthumsreste. Auf meine Frage nach dergleichen führte man mich nach einer eine Viertel­stunde südlich vom Dorfe auf einer Anhöhe gelegenen, aber ganz verfallenen Kirche. Hier liegt der fünf Fuss lange Rest einer männlichen Bildsäule ohne Kopf und Füsse aus weissem Marmor. Der rechte Arm ist in die Toga geschlagen, doch sieht die Hand daraus hervor. Die Hand des herabhängenden linken Armes ruht auf einem unerkennbaren länglichen Gegenstande, über welchen die Falten der Toga herabfallen. Die Arbeit ist mittelmässig, zeugt aber von alten Traditionen. Die Grabinschriften und anderen behauenen Quadern und Archi­tekturstücke aus dem Alterthume sind weit durch das Thal zerstreut. Ich schrieb die lesbaren ab, doch gaben sie mir wenigstens zu keiner besonderen Bemerkung Anlass.

XXIX. Welesa.

Als wir am folgenden Vormittage (22. October) die Topolska überschritten und in ihrem Thale der Stadt wacker zuritten, erblickten wir unter einigen Bäumen eine Gruppe Pferde, deren Reiter bei unserer Annäherung aufstiegen. Es waren der Mudir und der Polizeimeister von Welesa, welche seit dem frühesten Morgen auf uns warteten. Ich benutzte dies Zusammen­treffen, um in ihrer Begleitung die Schlucht zu besuchen, in welcher der Topolskabach seinen Weg zum Wardar findet. Diese Schlucht ist ein vollständiger Querriss in der Felsenkette, welche die Westwand der Wardarenge von Welesa bildet. Schon bei meiner ersten Reise hatte sie meine Aufmerksamkeit erregt, das schlechte Wetter hinderte mich aber damals, dieselbe zu besuchen. Mein Interesse an dieser Schlucht hatte jedoch auch eine praktische Seite, ich wollte untersuchen, ob nicht etwa sich durch dieselbe die Bahnlinie leiten und sich dadurch der Stadtgrund von Welesa umgehen Hesse, welcher die beiden Wände der Wardarenge bei deren nördlichem Eingang der Art einnimmt, dass die Bahnlinie denselben durchschneiden muss, wenn dessen Umgehung nicht möglich ist, was natürlich mit grossen Kosten und Schwierig­keiten verbunden wäre.

Als die Entgegengekommenen meine Absicht vernahmen, las ich zwar auf ihren Mienen gerade nicht den angenehmsten Eindruck, denn man liebt hier geweiste Wege, und der Kassier der Gemeinde, ein junger, sehr verständiger Welesaner, versicherte, dass die Schlucht ungangbar sei, und er nie von einem Wege durch dieselbe gehört habe und, obgleich hier geboren und erzogen, niemals durchgekommen sei. Ich meinte jedoch, dass der gegenwärtige niedere Wasserstand den Versuch begünstige, und ritt voran, während meine Reisegefährten mit dem Gepäcke die Hauptstrasse verfolgten.

Die Schlucht ist so enge, dass das Bachbett fast überall dessen Sohle ausfüllt, von welcher die beiden Felswände mehr oder weniger senkrecht aufsteigen. Der Bachlauf ist sehr win­dungsreich und hat einen so starken Fall, dass er 16 Mühlen treibt, deren bei weitem grösster Theil in der Qsthälfte der Schlucht steht, zum Beweise, dass dort ihre Neigung am grössten ist. In der Mitte zeigt die Südwand, welche 200—300 Fuss hoch sein mag, Neigung zur Höhlenbildung. Kurz vor seiner Mündung macht der Bach eine scharfe Wendung gegen NON. , und bildet somit auf dieser Seite den natürlichen Burggraben der Citadelle der alten

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Stadt Welesa, welche auf dem den südlichen Mündungswinkel der Topolska einnehmenden Felsen lag. Derselbe ist gegen den Wardar weit sanfter geböscht, als gegen die Topolska, zu welcher er sehr schroff, zum Theil senkrecht, abfällt. Die Schlucht ist in der Luftlinie wohl nicht über zehn Minuten lang, aber ihre Windungen sind so zahlreich, und die Passage war so schwierig, dass wir eine volle halbe Stunde dazu brauchten, und ich mehr als einmal meine Ungeduld verwünschte, die mich verleitete, sieben zum Theil sehr feurige Pferde in die zweifel­haftesten Stellungen zu bringen, in welchen sie oft so lange blieben, dass ich vollkommen Zeit zu dem etwaigen Uberschlage hatte, wie hoch mich der Beinbruch des einen oder des andern eintretenden Falls zu stehen kommen würde. Zum Glück kam ich nicht in die Lage, die Genauigkeit meiner Schätzungen zu controliren, doch werde ich es künftig vorziehen, Schluchten dieser Gattungen zu Fuss zu untersuchen.

Aus vorstehender Beschreibung hat der Leser wohl schon von selbst den Schluss gezogen, dass, wenn er künftig auf der Bahn von Belgrad nach Salonik fährt, er die Topolskaschlucht nicht zu passiren haben dürfte.

Wir hatten bei meinem alten Gastfreund, dem Droguenhändler Kariafilowitch, Quartier bestellt, und fanden dort alles zu unserer Aufnahme bereit. Unser erster Gang war natürlich zum Flussufer, um das bestellte Fahrzeug zu beaugenscheinigen. Es war grösser und geräu­miger, als ich mir vorstellte, und Herr v. Spaun erklärte, nachdem er es secundum artem untersucht hatte, seinem Zweck vollkommen entsprechend. Bei dieser Gelegenheit stellte uns der Spediteur die beiden Schiffsleute vor, die er für uns zu 10 Piaster pro Tag gedungen, und rühmte sie als die erfahrensten Schiffer des Flusses, und die Folge zeigte, dass er wahr gesprochen. Beide mochten zwischen 40 — 50 Jahre stehen und waren aus dem Flösserorte Gradetz. Die Züge des einen, Mastro Christo, verriethen Verstand und Ansatz zu Energie, deren Entwickelung aber durch seine sociale Stellung verhindert worden war, er sprach geläufig türkisch und griechisch; der andere war ein Stockbulgare.

Wir hätten gewünscht, unsere Wasserfahrt sofort anzutreten, um das gute Wetter, das uns der Himmel schenkte, möglichst auszunützen; doch forderte der Bau einer mit Matten beklei­deten Hütte auf dem Fahrzeuge und die Verproviantirung desselben einen vollen und zwei halbe Tage, wir verbrachten also drei Abende mit unserm Hausherrn, und sie verflossen unter chemischen Gesprächen, denn ich hatte gleich am ersten Abend die Unvorsichtigkeit begangen, demselben zu erzählen, dass Herr Szekely Doctor chemiae sei. Von diesem Augenblick an hatte der Mann nur noch Sinn für chemische Fragen, und begann sofort ein examen rigorosum mit dem Doctor anzustellen, und zwar durch meine Vermittelung. Anfangs interessirte mich die Sache, so schwer mir auch hie und da das Dollmetschen auf diesem unbekannten Gebiete war, denn in dem Grade, als der Doctor in den Augen des Hausherrn stieg, in demselben stieg auch meine Verwunderung über die Kenntnisse des Mannes, welcher all sein Wissen den eifrigen Studien mehrerer griechisch geschriebener Werke über Chemie verdankte. Aber auf die Dauer wurde mir die Sache lästig, weil meine Bemühungen, den Hausherrn bei Fragen festzuhalten, die mich interessirten, vergebens waren, denn kaum glaubte ich ihn über Weg­distanzen und andere statistische Daten im Zuge zu haben, so kam er querfeldein mit einer chemischen Frage an den Doctor, so dass der Nutzen, den ich aus seiner bedeutenden Orts-kenntniss zog, im Vergleiche zu meinem ersten Besuche, sehr unbedeutend war, und ich mir fest vornahm, für den Fall, dass mich mein Stern noch einmal nach Welesa fuhren sollte, die etwaigen chemischen Kenntnisse meiner Gefährten strengstens vor ihm verborgen zu halten.

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Der auf unsere Ankunft folgende Vormittag verstrich unter Reisevorbereitungen. Am Kachmittag zogen die jungen Herren zur Aufnahme der Stadt aus, und ich ging zürn Mudir, um mit demselben über Loslassung der Gefangenen zu verhandeln. Als ich über die Brücke kam, fand ich, dass meine Gefährten gerade unter dem am Flussufer gelegenen Hause des Mudir Posto gefasst hatten und bereits von mehreren Hunderten von Zuschauern umgeben waren, die einen grossen Kreis um sie bildeten und in tiefer Stille ihren Operationen zusahen. Ich machte mich also darauf gefasst, beim Mudir den ganzen Bezirksrath (Mitschelis) ver­sammelt zu finden, traf auch wirklich den grössten Theil und darunter den Präsidenten A l i Bei, welcher wegen eines Schadens an dem einen Auge den Beinamen Kjöri, der Einäugige, führt. Bei der sehr geringen Anzahl von türkischen Personennamen sind solche Beinamen bekanntlich zur Unterscheidung der Persönlichkeiten fast unumgänglich, und werden nicht selten, wie hier, einem Leibesfehler entnommen. Man hat behauptet, dass solchen Bezeichnungen der Charakter des Spitznamens gänzlich abgehe, nach meinen Erfahrungen werden sie jedoch im Gespräche vermieden und von dem Träger oder Dritten in dessen Gegenwart nur not­gedrungen angewandt. A l i Bei scheint die Zügel der Stadt in Händen zu haben und ist gleich dem Mudir Kapidschi baschi des Sultans. Diese Hofcharge entspricht etwa der unserer Kämmerer, steht aber in der Geltung weit niedriger, sie wird nicht nur an Muhammedaner, sondern auch an angesehene Christen verliehen. Im Verlaufe des Gespräches kam die Rede auf das in der Umgegend weit und breit bekannte „eiserne Thor", von dem man uns bereits an mehreren Orten erzählt hatte, dass es in einer senkrechten, unersteiglichen Felswand des Bäbunabaches angebracht sei. Dasselbe schrumpfte hier zu dem Holzdeckel einer Kiste zusammen, welcher in der Höhlung einer solchen Felswand sichtbar sei, und Al i Bei und der Mudir erboten sich, mich am folgenden Tage zu der Stelle zu begleiten, wenn ich sie zu sehen wünschte, da die Stelle kaum eine Stunde von Welesa entfernt sei und mein Weg unweit der­selben vorüberführe, was ich natürlich mit Vergnügen annahm.

Von dieser Merkwürdigkeit ging das Gespräch auf eine andere über, welche sich im Besitze des Kolasi Hassam Bei befindet, und die derselbe auf meine Bitte herbeiholte. Sie ergab sich als ein drei Zoll langer und halb so dicker und breiter versteinerter Mammuth-Backzahn, an dem mir die Wurzel zu fehlen schien, auf deren früheres Vorhandensein alle Spuren hinwiesen. Auch konnte ich kein Anzeichen entdecken, aus welchem sich schliessen Hesse, dass derselbe im Munde des Thieres seine Stellung gewechselt habe, wie dies bekanntlich die Zähne der alten Elephanten zu thun pflegen. Das Zahn&nail war vollkommen erhalten und spielte hie und da ins Grünliche. Der Zahn war in dem Dorfe Winischjani bei dem Graben eines Brunnens gefunden worden, in welcher Tiefe, wusste der Besitzer nicht anzugeben, aber er behauptete, an Ort und Stelle gewesen zu sein und sich selbst überzeugt zu haben, dass in der Nachbarschaft des Fundortes weder andere solche Zähne noch fossile Knochen zu finden seien. Winischjani liegt drei Stunden stromabwärts von Welesa, unfern von dem linken Wardar­ufer, der Münflung der Bregalnitza gegenüber, es wäre daher immerhin denkbar, dass der Zahn von der Bregalnitza herabgeschwemmt worden sei1).

'Natürlich bat man mich, den Zahn zu schätzen, da ich aber aus Allem entnahm, dass der Besitzer demselben einen viel höheren Werth beilegte, als ich etwa an dessen Erwerbung

3) Da keiner von uns Palaeontologe war und die in Albanien aufgewandte Mühe so unbefriedigende Ergebnisse geliefert hatte, so hielt ich es für zweckmäss ig , mich auf die gegebenen Fingerzeige zu beschränken, die Untersuchung an Ort und Stelle aber den Männern von Fach zu überlassen.

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154 G. ν. Hahn

gewagt haben würde, so erklärte ich sogleich, dass ich das nicht im Stande wäre, da ich mich weder auf Naturalien verstände, noch dergleichen sammle. Obgleich diesor Erklärung schwerlich Glauben geschenkt wurde, weil die Türken einmal die Überzeugung haben, dass ein Franke Alles wisse, so drang man doch nicht weiter in mich, sondern wandte sich an den Besitzer mit der Zumuthung, den Werth anzugeben, welchen er seinem Zahn beilege, ver­muthlich weil er sich darüber einmal geäussert hatte, und schraubte ihn so lange, bis er seinen Zahn aufpackte und wegging. Es dauerte indessen noch sehr lange, bevor die übrigen Herren begriffen, dass ich sie ..auszusitzen" beabsichtige und dem gegebenen Beispiele folgten. Als ich mit dem Mudir allein war, erzählte ich ihm mein Zusammentreffen mit dem Pater und bat mir die Gefangenen als Gastgeschenk aus. Der Mudir begriff eben so gut, wie sein College in Durazzo, dass dies der einfachste Weg wäre, um durch die zwei Feuer zu kommen, zwischen denen er stand, und erklärte mir ohne viele Umstände, dass er morgen mein Begehren mit dem Mitschelis besprechen wolle, und hoffe auch, dieser werde meinen Wünschen Gehör schenken, was dann auch wirklich der Fall war.

Wir hatten noch den ganzen andern Vormittag vollauf zu thun, um uns reisefertig zu machen. Mir war nämlich auf dem Rückwege vom Mudir der Gedanke gekommen, die gesteppten Decken, deren wir für die Nacht bedurften und deren geringer Vorrath auf unsere Nachfrage hin sogleich um das Doppelte im Preise stieg, durch Decken aus Lammsfellen zu ersetzen, und da meine Gefährten meinen Gedanken sehr praktisch fanden, so wurde noch am Abend die nöthige Anzahl Felle ausgesucht und erhandelt, mit dem Bedinge, dass der Kürschner sie in aller Frühe in unserem Quartier zu vier Decken verarbeiten solle. Am andern Morgen liess dieser sich aber beigehen, mir sagen zu lassen, dass sein Diener die Felle um 10 Piaster per Stück zu wohlfeil abgelassen, und dass er nur dann zur Arbeit erscheinen werde, wenn ich mich zu dieser Steigerung herbeiliesse. Natürlich wurde der Botschafter mit den im Quartier beladenen Musterfellen beladen zurückgeschickt; da wir aber ohne warme Decken nicht abreisen konnten, so setzten wir alle uns zu Gebote stehenden Kräfte nach andern Fellen in Bewegung, und wirklich gelang es dergleichen nicht nur zu den früheren Preisen zufzutreiben, sondern auch bis Mittag zu vier grossen Decken zusammennähen zu lassen, welche uns die vortrefflichsten Dienste leisteten. Ich kann daher dieses Bettzeug allen denjenigen empfehlen, welche weite Reisen in der Türkei machen, vorausgesetzt, dass sie das­selbe vor Nässe zu bewahren im Stande sind.

Nachdem endlich auch die weitläufigen Unterhandlungen über die Wegräumung eines neuangelegten Mühiwehrs beendigt waren, welches unser Fahrzeug an der Thalfahrt hinderte, bestiegen wir unter ungeheurem Zulauf um ein Uhr Nachmittags (24. October) das Boot. Wir vier Reisende, die beiden Kawassen und die beiden Schiffer machten acht Personen. Und Mastro Christo erklärte, dass der Wasserstand noch die Aufnahme von Vieren der uns beglei­tenden Gesellschaft erlaube. Nachdem das Gepäck einigermassen gestaut war, zeigte sich, dass wir nicht nur Alle bequem Platz hatten, sondern, ohne genirt zu werden,*noch ein halb Dutzend Personen hätten aufnehmen können.

Das Wardarthal unterhalb Welesa wird von zwei parallel von Norden nach Süden laufenden felsigen Hügelketten gebildet, deren Hänge nackt aus dem Flussbette aufsteigen und nur selten von kleinen Uferstreifen eingefasst sind. Doch sind ihre Böschungen an ihren Ufern meistens sehr sanft und die Windungen nirgends schroff, so dass die Bahnlinie überall nur die Schwierigkeiten zu überwinden hat, welche eine felsige Flussenge mittlerer Gattung

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darbietet. Der Fluss erreicht jedoch bei Überschwemmungen dieser Enge eine erstaun­liche Höhe.

Im Jahre 1850 stieg ζ. B. nach der übereinstimmenden Aussage der Einwohner sein Spiegel mehrere Fuss über den Boden der Brücke, welche nach unserer Schätzung wenigstens 22 Fuss über dem Grunde der Pfeiler liegt, der zur Zeit unserer Anwesenheit bloss lag. Es ist schwer zu begreifen, wie ein solches elendes Machwerk einer solchen Wucht widerstehen konnte und wie nicht wenigstens das auf dem Steinpflaster ruhende Holzwerk fortgerissen wurde.

Wir fuhren an der Mündung der Topolska vorüber, von welcher oben die Rede war, und kamen in den Bereich der alten Stadt, welche sich im Süden der Topolskamündung die west­liche Thalwand aufwärts zog und, wie wir oben sahen, gegen Westen in dem Felsspalt, den die Topolska durchläuft, einen vortreifliehen Stadtgraben hatte. Die Spuren von Alt-Welesa sind bereits so verwischt, dass vom Flusse aus gesehen nur die Reste alter Brückenfundamente ihren Standort errathen lassen. Als ich bei meinem ersten Besuche das alte Stadtgebiet durch­suchte, unterschied ich nur hie und da spärliche Grundmauern; doch kennt man noch den Ort, wo die Citadelle und die Metropole gestanden haben. Auch heisst es, dass die Stadt 36 Kirchen gehabt, von denen sich jedoch nur zwei Capellen in sehr baufälligem Zustande erhalten haben. Die eine davon, St. Nikolao, steht auf einer Flussklippe, die andere ihr gegen­über auf der andern Seite des Weges. Bei der grossen Nachbarschaft beider Städte mag die alte den Hauptsteinbruch für die neue abgegeben haben.

Da aber alle an Christen und Türken gerichteten Fragen nach Inschrifttafeln, Capitälen, Säulenschäften oder sonstigen alten Baustücken im Inneren oder am Äusseren der Stadthäuser dahin beantwortet wurden, dass, mit Ausnahme der slavischen Inschrift im Kloster St. Deme­trius J) sich nichts dergleichen vorfinde, so glaube ich annehmen zu dürfen, dass auch die alte Stadt wenig davon aufzuweisen hat. Dieser gänzliche Mangel an Zeugnissen aus den make­donischen und römischen Zeiten hat mir viel zu denken gegeben, weil es einestheils nicht wohl möglich ist, dass in dieser Enge damals nicht eben so gut wie heute eine Brücke und folglich eine Stadt gewesen sei, andern theils aber, weil sich nach meinen Erfahrungen die Spuren städtischer Niederlassungen aus jenen Zeiten nicht in dem Grade verwischen, wie es hier der Fall ist. Einen recht auffallenden Beleg zu dieser Erfahrung liefern die bei Iswor aufgefundenen Reste, von denen oben gesprochen wurde. Der Name der Ortlichkeit, wo an beiden Ufern die Reste des alten Brückenbaues sichtbar sind, erregte unsere Heiterkeit, er lautet nämlich Markos Weinschank (Markowa Mechäna) und stand mit der heutigen Ode des Ortes in belustigendem Gegensatze. Der Eindruck hängt vorzugsweise von den Vorstellungen ab, die man mitbringt.

Eine freundliche Unterbrechung der Thalöde bildeten die neuen schmucken Bauten des St. Demetriusklosters, welche an einer oberen Stelle des Westufers liegen. Der weinfrohe Abt, der uns im Jahre 1859 die Honneurs machte, ist noch am Leben und winkte uns aus einem Fenster zu.

Bei der Mündung des Bäbunabaches erwarteten uns die übrigen Welesaner Herren, die nebst den für uns bestimmten Pferden dahin vorausgegangen waren. Wir bestiegen dieselben ohne Verzug und ritten dem Felsenthore der Bäbuna zu, das etwa eine Stunde westlich von deren Mündung liegt.

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Da durch das enge von beiden Seiten steilgeböschte Bachthal kein bequemer Weg führt, so beschrieben wir einen weiten Bogen gegen Süden, und hatten so Gelegenheit, die aus­gedehnten und wohlgehaltenen Weinpflanzungen zu würdigen, welche den ganzen Südhang des Thaies bedecken, und die uns um so mehr auffielen, als sie gegen Norden lagen. Dem-ohnerachtet sollen sie nach den Behauptungen meiner Begleiter sehr guten Wein liefern. Endlich kamen wir bei der Südseite der südlichen Felswand an, der einzigen Stelle, wo man sich derselben zu Pferde nähern kann, und nun begannen wir auf einem äusserst beschwer­lichen und theilweise gefährlichen Weg nach der Flussseite des Felsens herum zu klettern, während sich die beleibteren Herren der Gesellschaft auf dem Gipfel lagerten. Je weiter wir vordrangen, desto mehr lichtete sich der Zug. Ich brachte es bis zum Eingange einer von beiden Seiten offenen Höhle, deren entgegengesetztes Ende Aussicht auf die berühmte Schatz-hohle gewährt. Als ich mich hier mit den Händen an den Felsen klammerte und in die fast senkrechte Tiefe unter mir sah, fühlte ich zum ersten Male in meinem Leben eine starke Anwandlung von Schwindel, ich hatte nicht den Muth ihr Trotz zu bieten, sondern zog mich an eine sicherere Stelle zurück und wartete dort die Rückkehr von Dr. Szeke ly ab, welcher, das Beispiel der Eingeborenen nachahmend, seine Stiefel auszog und den steilen Aufgang zu der Höhle in Strümpfen erkletterte. Nachdem er diese gefährliche Stelle wieder glücklich herabgestiegen war, erzählte er, dass er, am anderen Ende der Höhle angelangt, sich einer etwa 500 Fuss davon entfernten und mehrere hundert Fuss hohen senkrechten Felswand gegenüber befunden. In dieser seien verschiedene runde Löcher sichtbar, und in einem der­selben, welches bedeutend hoher als sein eigener Standpunkt gelegen, habe man ihm ein etwas schief auf dem Boden der Höhle liegendes, etwa 3—4 Zoll breites glattes Stück Holz mit dem Bedeuten gezeigt, dass dies die Deckelwand der berühmten Kiste sei. Er könne dasselbe jedoch nur für einen in diese Höhle eingeklemmten Balken halten, denn da derselbe auf dem Boden des Loches liege, so sei darin für die Kiste kein Platz. Ob das Holz künstlich bear­beitet sei, habe er trotz sorgfältiger Beobachtung mit dem Fernglase nicht mit Sicherheit bestimmen können, doch sei ihm dies wahrscheinlicher, als das Gegentheil. Merkwürdig sei an dem ganzen Thatbestande nur die Frage, wie das Holz in diese Höhle gekommen. Auf meine Frage, ob dasselbe nicht dahin hinab geschwemmt und vor seinem Austritte aus der Höhle quergeschoben sein könne, erwiederte er, dass er daran auch gedacht, sich aber vergebens nach Spuren des aus dem Loche an der Felswand herablaufenden Regen­wassers umgesehen habe. Ich will also die Lösung dieses Räthsels Anderen überlassen, und bitte den Leser unsere Ausführlichkeit mit der Rücksicht zu entschuldigen, dass der Hergang einen schlagenden Beleg zu den Übertreibungen liefert, mit welchen jeder auf Geld und Geldeswerth hinweisende Thatbestand von den Eingeborenen dieser Länder aus­geschmückt wird.

Auf dem unteren Theile der Nordwand der Flussenge erblickten wir den Eingang zu einer in den Felsen gehauenen kleinen Kirche und auf unserer Seite mehrere Spuren von Heiligenbildern, die al fresco auf senkrechte Felsflächen gemalt waren, wie mir deren, und zwar weit besser erhaltenen am Fusse von Marko-Krals Festungsberg bei Prilip 1) und anderwärts begegnet waren. Ein Beweis, dass diese Felsenge der Aufenthaltsort von Einsiedlern war.

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Auch jene Wand zeigte gleich der unsrigen viele Ansätze zu Höhlenbildungen. Beide Wände steigen senkrecht aus dem Bachbette auf, dessen Sohle den Zwischenraum an einigen Stellen ausfüllt, und das ganze untere Bäbunathal zeigt sich für die Bahntrace so schwierig, dass die Umgehung der Wardarenge und des Stadtgrundes durch die Leitung der Bahn durch dieses Thal ebenso unthunlich scheint, als durch das der Topolska.

In hydrographischer Beziehung ist die Gegend von Welesa nicht ohne Interesse, denn auf der kurzen Strecke einer Stunde drängen sich hier drei von Wassern durchflossene Felsengen zusam­men, die des Wardar und die seiner westlichen Nebenbäche Topolska und Bäbuna. Sind diese Felsrisse das Werk des Wassers, bildete dieses vor dem gewaltsamen oder allmäligen Durchbruch grössere oder kleinere Seen? Dies zu entscheiden, müssen wir den Männern von Fach überlassen.

Obgleich uns der Ausflug um einen archäologischen Fiasko bereichert hatte, so war er in topographischer Hinsicht um so belehrender; wir hatten daher keineswegs Ursache die Zeit zu bereuen, welche wir ihm geopfert, und bestiegen befriedigt die Barke, nachdem wir unseren Welesaner Freunden für ihre Begleitung gebührend gedankt hatten. Hier aber erhob sich alsbald eine bedeutende Controverse zwischen mir und meinen Schiffsleuten. Diese behaupteten nämlich, dass wir hier übernachten mussten, weil wir nun bald an eine gefährliche bei der Dunkelheit nicht passirbare Flussstelle kommen würden. Ich erwiederte, wir hätten noch Γ / 2 Stunde Tag, und sie mussten fahren, so lange sie sähen. Sie meinten, dass wir dann im Freien zu übernachten gezwungen wären. Ich antwortete, dass ich da übernachten würde, wo ich Lust hätte. Sie lösten also unter Seufzen und Klagen die Seile und begannen zu fahren. Aber kaum waren wir eine Viertelstunde weit gekommen, so fing der Hintermann, der nur bulgarisch sprach, von neuem zu klagen und zu schreien an, und als alle Rufe nach Stille vergebens waren, nahm ich endlich meinen Revolver und feuerte auf Gegenstände, die im Wasser schwammen, das Mittel half, jede Oppositionsäusserung verstummte, und als es dämmerig wurde, legten sich die Leute aufs Bitten, und ich erklärte ihnen, dass, wenn sie das gleich gethan hätten, sie ihre Absicht viel leichter erreicht haben würden. Dies war der einzige Kampf, welchen ich mit den Schiffern zu bestehen hatte, denn sie waren klug genug, um ein­zusehen , dass es in ihrem Vortheil läge, mich sanft anzufassen, sie waren daher fügsam und gefällig, und wenn ich gegen sie zu klagen habe, so beschränkt es sich darauf, dass sie zu wenig daran dachten, unsere Reise zu beschleunigen, was freilich in ihrem Vortheil lag, da sie tagweise gedungen waren. Wir legten also an einem von Bäumen geschützten Orte bei, wo die Leute ein grosses Feuer machten. Wir zogen es vor in der Barke zu schlafen, doch wurden wir zeitig von dem scharfen Nordwind geweckt, der nicht nur die dünnen Matten der Barkenhütte, sondern selbst durch die dicken Pelzdecken drang, so dass wir noch vor der Dämmerung aufstehen mussten, um nicht steif zu werden. Von der Bäbunamündung an erweitert sich das Flussthal so, dass sich meistens grössere oder kleinere Uferstreifen zwischen den Fluss und die flach geböschten und immer niedriger werdenden Thalwände einschieben, die jedoch ebenso nackt bleiben, wie in der Wardarenge, und dadurch der Gegend, trotz der die Ufer einfassenden Weiden, einen kahlen und öden Anstrich verleihen.

Als es Tag geworden, setzten wir die Reise fort und kamen zwar ohne Anstand über die von den Schiffern so gefürchtete Stromschnelle weg, geriethen aber wegen des seichten Wassers mehrmals auf den Grund und verloren auch viel Zeit mit dem Aufsuchen des Fahr-wassers, so dass wir erst um 11 Uhr nach Gradko kamen, welches etwa fünf Minuten vom rechten Flussufer entfernt ist.

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XXX. Stobi.

Als wir gefrühstückt, ritten wir zu den an der Mündung der Tscherna eine halbe Stunde südlich vom Dorf Gradsko gelegenen Ruinen von Stobi, das Dorf liegt auf ebenem, die Ruinen aber auf leicht gewelltem, wohl durch Anschwemmung entstandenen Boden. Die Tscherna bildet die politische Grenze zwischen den Bezirken von Welesa und Tikwesch1), die natürliche reicht jedoch nordwärts über sie hinaus, denn die Ebene, die sich längs des rechten Ufers des Wardars hinzieht und bei Gradsko über eine Stunde, bei dem Γ / 2 Stunden oberhalb gelegenen Winitschani aber bereits 3 / 4 Stunden breit ist, lässt sich als die Nordecke der Ebene von Kawadar betrachten.

Diese Ecke wird nach der höchsten Spitze des die Ebene westlich flankirenden Höhen­zuges Gljep (Nadel) genannt. Obgleich weithin sichtbar, dürfte diese Spitze doch schwerlich die relative Höhe von 1000 Fuss erreichen.

Als wir auf dem alten Stadtgrunde ankamen, wandten wir uns zunächst dessen höchstem Punkte zu, welcher von dem Nordufer der Tcherna in sehr sanfter Böschung etwa 50 Fuss aufsteigt und von dem Wardar zehn Minuten entfernt sein mag. Hier sahen wir, dass der letztere Fluss einen flachen Bogen gegen Westen beschreibt, und dass die Tscherna in der Richtung von Süd nach Nord fliessend an der unteren Biegung des Wardarbogens mündet, wo derselbe gegen Osten und Ostnordost fliesst, bevor er wieder in seine nordsüdliche Hauptrichtung einbiegt2).

Auf dieser Höhe fanden wir die hinten verzeichneten beiden Grabschriften, die ihren abweichenden Buchstabenforraen nach zu urtheilen mehrere Jahrhunderte auseinander liegen dürften.

Zahlreiche Spuren verriethen hier, wie anderwärts, wie eifrig man auf dem Stadtgebiet nach Schätzen gespürt, und ich vermuthe, dass bei einer solchen Gelegenheit auch diese beiden Inschriften zu Tage gefördert wurden.

In der Nachbarschaft der Inschriften sahen wir die Fragmente einer kleinen attischen Säulenbasis aus weissem Marmor und weiterhin einen schönen unkannelirten Säulenschaft von weiss und roth geflecktem Marmor von 3/ 4 Fuss Dicke.

Etwas nordwestlich von dem erwähnten Punkte erblickten wir die Reste eines mächtigen Baues, welcher ein Amphitheater gewesen sein dürfte. Die Härte und Vortrefflichkeit des Cements verweist dasselbe in die beste römische Zeit, es scheint von grossen Quadern aus weissem Marmor bekleidet gewesen zu sein, von welchen ein Theil noch vorhanden ist. Ich schätze die grössten dieser Blöcke auf 272 Meter Länge und 1 Meter Höhe und Dicke. Von der Vermessung dieses Gebäudes wurden wir leider durch die Entdeckung der Brückenreste abgezogen.

Diese liegen etwa zehn Minuten südlich von der Mündung der Tscherna und bestehen aus zwei vollkommen erhaltenen Pfeilern mit gegen die Strömung gerichteten spitz zulaufenden Eisbrechern. Auch die gemauerten Brückenzugänge beider Ufer sind vollkommen erhalten, so dass der Brücke zu ihrer Wiederbenutzung nichts anderes als eine Holzdecke fehlt, welche sie, wie der Augenschein zeigt, schon seit langer Zeit entbehren muss. Der Baustyl und die

*) Der Mündung gegenüber läuft die Grenzlinie zwischen Welesa und Istib, vom linken Wardarufer landeinwärts. 5) Zwischen der Brücke und Mündung beugt auch die Tscherna gegen NON. ein.

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ganze Ansicht der Brücke machte uns jedoch den Eindruck, als ob sie in ihrer heutigen Gestalt schwerlich über zwei Jahrhunderte alt sein dürfte. Sie erscheint übrigens wie aus einem Gusse erbaut. Denn obgleich die beiden Pfeiler und die Uferbauten bei dem niedern Wasserstande bis auf den Grund sichtbar waren, so suchten wir dennoch vergebens nach ein­gemauerten antiken Steinen. Dies ist sehr auffallend, weil so viel altes Material zur Hand lag; wenn es daher, wie wohl nicht zu zweifeln, bei dem Bau der Brücke verwendet wurde, so muss es zu dem Ende frisch behauen worden sein. Rechts vom nördlichen Zugange der Brücke liegt eine dicke Quaderplatte von etwa Meterlänge mit einem sehr gut gearbeiteten Gesimse, vielleicht war dies einer der Kragsteine der alten Brücke.

Links von diesem Zugange liegt ein Säulenschaft, ein unkannelirter Monolith aus Con-glomeratmarmor, von zwei Fuss Durchmesser.

Etwas stromaufwärts von der Brücke erheben sich vollkommen nackte Hügel, die aus einer grauen Erdart bestehen und dermassen von Regenfurchen durchrissen sind, dass sie wie moderne Bastionen aussehen und wir längerer Zeit bedurften, um uns zu überzeugen, dass sie keine künstlichen Aufschüttungen sind. Da dieselben offenbar innerhalb des alten Stadt­gebietes lagen, so durchstöberten wir die Regenfurchen nach alten Resten, jedoch ohne Erfolg. Uberhaupt ist der Stadtgrund zwar reich an Backsteintrümmern, aber im Vergleich zu andern sehr arm an alten Vasenscherben.

Zwischen diesen Höhen und der Tscherna zählten wir sechs mächtige, nur roh behauene cyclopische Blöcke, welche längs des Ufers lagen, aber nicht mehr die Stellen einnahmen, für die sie ursprünglich bestimmt waren. Vielleicht gehörten sie zu der Uniwallung der Stadt, deren Spuren sich längs der Tscherna verfolgen lassen. Da, wo die Grundmauern derselben bis zur Oberfläche reichten, fanden wir den Cement zwar hart, ob er aber römisch sei, möchte ich nicht verbürgen. Auch fanden wir keine Stelle, welche die Mauerdicke genau zu bestimmen erlaubte.

Nach den beschriebenen Resten zu urtheilen, muss die Stadt einen sehr bedeutenden Umfang gehabt haben. Ich hätte deren Aufsuchung wenigstens einen Tag opfern müssen, weil man aber bei der vorgerückten Jahreszeit nicht wissen konnte, wie lange uns das Wetter treu bleiben würde und man von Stobi fast nur den Namen kennt, so schien es mir zweckmässiger, diese Untersuchung meinen Nachfolgern zu überlassen.

Bei der Rückkehr in das Dorf benutzten wir den Rest des Tageslichtes, um die dorthin verschleppten alten Reste aufzusuchen. Vor der Thür des Hauses des Dorfeigenthümers, welches von den Eingeborenen Thurm (Kula) genannt wird, obgleich es keinerlei Anspruch auf besondere Festigkeit macht, lagen als Sitzsteine eine sehr rein gearbeite attische Säulen­base, von 2V» Fuss Durchmesser, eine ähnliche etwas kleinere und ein sehr verstümmeltes, vermuthlich korinthisches Säulencapitäl, alles aus weissem Marmor. Eine eben solche Säulen­base, von drei Fuss Durchmesser, bildete den Sitzstein von einem Nachbarhause.

Endlich führte man uns in das Haus des Bauern Sokol, wo wir in einem links von der Hausthüre angemauerten Nebenhäuschen eine mächtige weisse Marmorplatte als Tisch ver­wandt fanden. Dieselbe war viereckig und jede Geviertseite mass über vier Fuss. Ihre scharfe Kante war auf allen vier Seiten mit einem reich gegliederten, vortrefflich gehauenen Gesimse verziert. Vermuthlich bildete sie die oberste Platte eines viereckigen freistehenden Piedestals. Sie ist das schönste Architekturstück, welches ich von dem alten Stobi zu Gesicht bekommen, und hob meine Vorstellung von der einstigen Pracht seiner Bauten in hohem Grade. Nach

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Münzen, Inschriften, Statuen, Vasen, Terracotten wurden vergebens Erkundigungen einge­zogen, und ich glaube nicht, dass man uns etwas derartiges verheimlicht haben würde.

Gradsko gilt für ein besonders fruchtbares Dorf, gleichwohl versicherten mich die Bauern, dass die Ernte in den besten Jahren das zehnte Korn nicht übersteige. Hier, wie in ganz Tikwesch, gebraucht man nur den einfachen räderlosen Hakenpflug, wie ihn uns schon Hesiod beschreibt. In der Regel wird dieses Ackerwerkzeug als der Hauptbeleg für den primitiven Zustand angeführt, in welchem sich der Ackerbau auf der Südosthalbinsel und namentlich in Griechenland noch befinde. Ich möchte zwar nicht die Thatsache, wohl aber die Richtigkeit des Schlusses bestreiten, weil dieser sonst auch auf die schottische Landwirtschaft ausgedehnt werden müsste, wo derselbe Pflug noch immer angewandt wird, und sich neuerdings sogar Eingang in verschiedenen Gegenden von England verschafft hat, nur mit dem Unterschiede, dass er dort ganz aus Eisen construirt wird, während er hier, mit Ausnahme der Schar und des Messers, aus Holz besteht. Auch liegt die Ebene von Ochrida nicht so weit von Tikwesch, dass sich der dortige schwere Räderpflug hier nicht ebenfalls Eingang verschafft haben sollte, wenn seine Vorzüge für die Bebauung der Acker von Tikwesch so unbestritten wären, als sich der nur an ihn gewöhnte Europäer denkt. So viel steht wenigstens fest, dass dieser tief und gleichgehende Pflug den Feldern die Feuchtigkeit rascher entziehen muss, als der je nach Bedarf und daher in der Regel sehr flach geführte Haken. Nun kennen wir aber auf Euböa so manchen Acker, der, wenn er abgeerntet ist, einem Steinmeer gleicht, so dass der Nord­länder gar nicht begreift, wie auf demselben Getraide wachsen könne. Der Bauer hütet sich aber wohl, ihn von dieser Last zu befreien, wie er dies von bewässerungsfähigen Feldern zu thun gewohnt ist, weil er weiss, dass diese flachen Steine ebensoviel Deckel für die Feuchtig­keit bilden, deren Mangel das Gedeihen dort wenigstens ebensosehr beeinträchtigt, wie im Norden deren Überfluss.

XXXI. Demir Kapu.

Gegen Süden wird die Ebene dadurch abgeschlossen, dass die kahle Hügelkette, welche von der Mündung der Bregalnitza am linken Wardarufer hinzieht, sich gegen Westen wendet und dem Flusse gleichsam den Weg verlegt. Dieser niedere Erdrücken erhebt sich auf der Westseite des Flusses, gegen Negotin zu laufend, zu ebenso kahlen Hügeln von 200—300 Fuss. Der Fluss durchbricht denselben in einem weiten Bogen gegen Osten. In dessen Spitze mündet ein Trockenthal, durch welches ein Weg in sechs Stunden vom Wardar nach Istib führt. Hier steht eine Fähre, um die diesen Weg Bereisenden über den Fluss zu setzen. Die Fährleute klagten jedoch über gänzliche Geschäftsstille, weil bei dem anhaltenden niederen Wasserstande die Reisenden es vorziehen, das Fahrgeld zu sparen und durch den Fluss zu waten. Dieses kurze Trockenthal ist die einzige Lücke in jener kahlen Hügelkette, welche von der Mündung der Bregalnitza allen Binnenwässern den Weg zum Wardar verschliesst. Diese Erscheinung, verbunden mit der gänzlichen Unfruchtbarkeit des Rückens, legt die Vermuthung nahe, dass diese Uferstrecke eine der Mustapha Owassi1) ähnliche Bodenbildung haben dürfte.

Beim Austritt aus dieser Enge bot sich uns ein eigenthümlicher Anblick dar. Auf dem etwa 50 Fuss hoch unmittelbar aus dem Flusse aufsteigenden, gänzlich nackten Erdrücken

*) S. Näheres über diese Ebene: Reise von Belgrad nach Salonik. S. 99.

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stand eine ebenso nackte Reihe von Häusern, kein Baum, keine Ranke, kein Strauch, nichts Grünes, nichts als die fahle Erdwand gekrönt mit fahlen Häusern. Der Anblick des Ortes erregte in mir den Gedanken, dass hier keine guten Menschen wohnen könnten, und in dem­selben Augenblicke belehrte mich Mastro Christo, das Dorf heisse Kriwolak, seine Häuser­zahl sei ihm nicht bekannt, aber wenn es auch deren 50 wären, so könne er doch dafür gut stehen, dass in jedem wenigstens ein Räuber oder Viehdieb wohne, und so oft er daran vor­über fahre, sei er allzeit froh, wenn er es aus dem Gesichte habe. Doch sieh dich einmal um, fügte er hinzu, indem er auf das linke Ufer wies, und als ich mich umwandte, erblickte ich dort einen bedeutenden Ort, der sich längs des fast ebenen Ufers mit stadtähnlich an einander gedrängten Häusern hinzog und sich weiter hin zwischen Bäumen und Gebüschen zerstreute. Dies war Pepelischte, welches der Ebene den Namen giebt, die sich südlich davon am linken Flussufer bis Demir Kapu hinzieht. Ich frag: Fürchten die sich etwa vor denen da oben, dass sie sich so hart aneinander bauen ? Mastro Christo erwiederte: Es sind zwar auch Türken und im ganzen Orte nur 12 christliche Häuser, aber es sind keine Räuber, sondern viele reiche Leute darunter, wie du aus den schönen durch die Bäume sichtbaren Häusern erkennen kannst. Die Kriwolaker müssen durch Raub ihr Leben fristen, weil ihr Boden nichts trägt. Die Pepe-lischtiner haben das nicht nöthig, denn ihre Felder gehören zu den fruchtbarsten am ganzen Wardar. Er ahnte wohl nicht, welche grosse Wahrheit er mit diesen einfachen Worten aus­gesprochen hatte.

Wir fuhren hart an den Häusern von Pepelischte hin und fanden an den Strassenmün-dungen viele Menschen versammelt, die uns stumm und theilnahmslos mit dem stumpfen Blicke anstarrten, den man so oft bei den Bulgaren begegnet. Selbst die Ortskinder, welche uns eine Zeit lang begleiteten, gaben keinen Laut von sich. Man denke sich das Gejauchze einer deutschen Dorfjugend, wenn zum ersten Male eine bewimpelte, mit einem Haus ver­sehene, von fremden Männern bemannte Barke ihren Fluss herabschwämme. Ihre Aufregung würde sich vielleicht bis zu Steinwürfen versteigen, die sie der nie gesehenen Erscheinung nachschickten, aber stumm neben ihr herzulaufen und kaum durch die eine oder andere raschere Bewegung den Eindruck zu verrathen, welche dieselbe in ihr hervorruft, wäre der deutschen Jugend rein unmöglich. Ich liess einen Augenblick halten und stellte verschiedene Fragen nach Inschriften, Münzen und Alterthümern an die Menge, welche wie gewöhnlich verneint wurden, und Mastro Christo sagte: Ich bewundere deine Geduld, Herr, denn du weisst doch selbst, dass sie nein sagen würden, und wenn ihre Höfe mit Inschriften gepfla­stert wären 1).

Da wir aber nicht hier bleiben, sondern in dem noch eine starke Stunde entfernten Kloster St. Georg übernachten wollten, so hatten wir keine Zeit zu verlieren. Das Wasser war aber so seicht, wir blieben so oft sitzen und mussten so weite Strecken wieder rückwärts fahren, dass wir über zwei Stunden brauchten und eine Stunde bei Mondschein fuhren.

Das Kloster liegt in einem kleinen Nebenthaie etwa fünf Minuten von dem rechten Ufer und eine halbe Stunde südlich von der Stadt Negotin. Es ist eine neue Gründung, und wurde, wie gewöhnlich, durch Visionen veranlasst. Der Heilige erschien zuerst einem Schäfer im Traum und erklärte, dass er früher an dieser Stelle ein Kloster gehabt habe, und sein Bildniss hier vergraben sei; die Zeit sei nun gekommen, das Kloster wieder aufzubauen, und er solle

J) Die Haussprache der durchweg muhammedanischen Bewohner von Pepelischte ist die bulgarische.

Denkschriften der philos.-nistor. Cl. X V . Bd. Abhandl. von Nichtmitgliedern.

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dies der Eigenthümerin des Feldes sagen. Dies war eine arme alte Frau aus Negotin, welche hierauf dieselbe Vision hatte und in Folge dessen Nachgrabungen veranlasste. Das Bild wurde gefunden und erwies sich als wunderthätig. Vor zwei Jahren begann der Klosterbau, und bereits ist ein Flügel zur Aufnahme der Wallfahrer vollendet; die Kirche, welche in die Mitte des Vierecks an den Ort zu stehen kommt, wo das Bild gefunden wurde, wird erst in Angriff genommen werden, wenn das sie einschliessende Häuserviereck zur Unterkunft der Pilger vollendet ist.

Als wir am andern Morgen (27. October) des eine Stunde unterhalb des Klosters gelegenen Dorfes Dubrawa ansichtig wurden, erzählte mir Mastro Christo, dass dasselbe früher den Bauern gehört habe, oder, wie er sich auf griechisch richtig ausdrückte, ein Kephalochori gewesen. Nach und nach sei aber die Gemeinde in so grosse Schulden gerathen, dass die Bauern genöthigt worden, die ganze Mark zu verkaufen und ihr früheres Eigenthum jetzt als Pächter bestellten. In früheren Zeiten habe es viele Kephalochoria in Tikwesch gegeben, davon seien aber im ganzen Bezirk nicht mehr als drei vorhanden, zu welchen Gradetz, sein Heimathsort, gehöre, und für dieses fürchte er das gleiche Schicksal.

Wir legten einen Augenblick an, um uns nach Alterthümern zu erkundigen, weil Mastro Christo einmal gehört hatte, dass dergleichen im Herrenhause lägen. Während unserer Nach­frage wurden wir von der Eigenthümerin so dringend zu einem Besuche und zum Frühstücke eingeladen, dass wir uns entschlossen, wenigstens dort Kaffeh zu nehmen. Die Herrin des Hauses, die Wittwe eines Agas aus Negotin, blieb als Türkin natürlich unsichtbar, an ihrer Statt machte der Hodscha, d. h. der Hofmeister ihres Erstgeborenen, die Honneurs, und begleitete uns auch mit seinem Zögling nach dem eine halbe Stunde in der jenseitigen Ebene gelegenen Woischan, weil zu seinem grossen Bedauern das Haus uns nicht mit Alterthümern aufwarten könnte, er sich aber gehört zu haben erinnerte, dass in jenem Dorfe dergleichen zu finden wären. Dieses durch einige Baumpflanzungen belebte Dorf steht am Fusse der letzten Vorberge der Promethikette, welche ganz danach aussehen, als ob sie einst eine alte Akropole getragen hätten. Auf dem hart nordöstlich etwa 120 Fuss aufsteigenden kahlen Hügel fanden wir auch wirklich alte Ziegelstücke und Vasenscherben, die untrüglichen Zeugen einer alten Niederlassung, doch suchten wir vergebens nach den Spuren der alten Umwallung. Auf dem Gipfel angelangt, zeigte man uns den Torso einer zertrümmerten, nackten, männlichen Bild­säule aus weissem Marmor in Lebensgrösse, an welcher nur die rechte Brust und Schulter wohl erhalten waren und für die mehr als mittelmässige Arbeit der Figur zeugten. Ferner das Basrelieffragment eines Adlers, es zeigte nur die Fänge, Füsse und den Unterleib; Kopf und Flügel fehlten. Die Arbeit war roh. Die Darstellung wich von allen bisher gesehenen byzantinischen Doppeladlern, wie man sie so häufig in griechischen Kirchen erblickt (sie werden von manchen Reisenden für das russische Wappen gehalten) wesentlich ab, daher möchten wir sie eher der heidnischen Zeit zuweisen. Ein aus verschiedenen Platten bestehender roher Sarkophag möchte schwerlich so weit hinauf reichen. Er dürfte gleich den übrigen Fragmenten bei dem vergeblichen Suchen nach einem alten Heiligenbilde zu Tage gefördert worden sein, welches die Christen der Nachbarschaft in Folge einer Traumvision hier zu finden hofften. Dergleichen Nachforschungen zeugen für die Toleranz des in der Gegend vorherrschenden muhammedanischen Elementes.

Obgleich das Kloster kaum 31/, Stunde geraden Wegs von Hammam Tschiftiik entfernt liegt, so kamen wir doch erst mit sinkender Nacht dort an, und es dauerte lange, bis wir in

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dem an zehn Minuten vom Ufer entfernten Nachtquartier eingerichtet waren. Es war dies ein den Landesbegriffen ganz entsprechendes Empfangszimmer oder Selamlik, aber seine sechs Fenster hatten keine Scheiben, und da der kalte Norwind gerade deren beide Seiten bestrich, und die Läden, wie gewöhnlich, baufällig waren, so hatten wir mehr frische Luft, als uns lieb war. Doch war wenigstens der Boden vor Windzug geschützt, denn das Erdgeschoss bildete ein Reismagazin, zu dem nur eine kleine Fallthür in unserem Zimmer führte, und durch die während unserer Anwesenheit mehrere Partien enthülsten Reises bei Laternenschein geschüttet wurden. Der Reis wächst bekanntlich in einer dünnen Schale und kommt erst dann zum Ver­kaufe, wenn diese, nachdem sie hinreichend getrocknet, entfernt worden ist. Die trockene Schale ist roth, und die Enthülsung findet in grossen, spitz zulaufenden Holzbutten statt, in welchen ein grosser, hebelartig eingerichteter Holzhammer einfällt; dieser wird dadurch in Bewegung gesetzt, dass man auf seinen längeren Hebelarm mit dem Fusse tritt. An verschie­denen Orten der Halbinsel wird auf dieselbe Weise Schnupftabak gestampft, nur mit dem Unterschiede, dass der Mörser viel kleiner und von Stein ist, und der Hammer aus einem spitzen Eisenkegel besteht. Doch giebt es auch Tabaksmühlen, namentlich in Albanien, wo mehrere Orte die Tabaksfabrikation als Industrie treiben *).

Der auf der Halbinsel gezogene Reis wird niemals vollkommen gereinigt und zeigt stets kleine rothe Hülsenreste. Man unterscheidet daher im Handel zwischen rothem und weissem Reis, der letztere wird in der Regel von Genua eingeführt und ist etwas theurer. Doch behaupteten die Eingeborenen, dass der rothe Reis zum Pilaf, dem nothwendigen Schluss­gerichte jedes vollständigen türkischen Mahles, sich besser eigne als der weisse.

Während unseres Besuches fand sich auch der Hanwirth des Dorfes ein, ein kluger, welt­kundiger Wlache, der gleich allen seinen Landsleuten vielzüngig war und vollkommen griechisch sprach. Er erzählte, dass er in der Gegend geboren und erzogen und früher Gross-handler gewesen, durch Unglücksfälle aber sich genöthigt gesehen habe, Handschi zu werden, ein Lieblingshandwerk der Südwlachen, wesshalb der Reisende auf den Hauptstrassen selten ohne Antwort bleiben wird, wenn er den Wirth des Hans, in dem er einkehrt, wlachisch oder in recht langsam und deutlich gesprochenem Latein anredet. Eine solche lateinisch-wlachische Conversation hat natürlich sehr enge Grenzen und nach Umständen grosse Schwierigkeiten, aber bei hinreichend gutem Willen von beiden Seiten, dürfte sich wohl allmälig ein Ver-ständniss über einfache Gegenstände herstellen.

Natürlich erkundigte ich mich bei dem Wlachen nach den Alterthümern der Gegend, und er machte darüber folgende Angaben: Hart am nördlichen Eingang zur Wardarenge habe eine alte Stadt gestanden, auf der vom linken Wardarufer aufsteigenden Felswand seien die Überbleibsel einer alten Festung und eine grosse Tafel mit Buchstaben. In dem Thale der Boschowa, eine gute Stunde von hier, heisse eine Örtlichkeit Zarewetz, und dort habe nach der mündlichen Überlieferung vor Zeiten eine grosse Stadt gestanden; er wisse aber dort keine Spuren anzugeben, obwohl er die ganze Gegend auf das genaueste kenne, dagegen erinnere er sich öfter von mehreren Inschriften und einem Palaeokastron bei dem Dorfe Dren gehört zu haben, selbst sei er aber nie dort gewesen, obwohl sein Han nur eine halbe Stunde von Zarewetz entfernt liege.

i) S. Albanes. Studien. I. S. 48.

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Ich kam daher mit ihm überein, dass er mich an alle diese Orte begleiten und für einige Arbeiter sorgen solle, um die grösseren Steinblöcke an der Wardarecke aufzugraben, von denen er gesprochen hatte.

Am folgenden Morgen blieben meine Reisegefährten an dem eisernen Thore zurück, um dasselbe zu photographiren und dessen Länge und Breite zu bestimmen, und ich selbst ritt mit dem Handschi das breite ebene Thal der Boschowa aufwärts, nachdem ich den Arbeitern die Steine bezeichnet hatte, die sie ausgraben sollten; denn dass hart am rechten Ufer des Wardar und zwar bei der Winkelspitze, die sein Lauf unmittelbar vor seinem Eintritte in das eiserne Thor beschreibt, eine nicht unbedeutende alte Stadt gestanden habe, das zeigte der erste Blick auf die vielen auf der Erdoberfläche sichtbaren Grundmauern. Man zeigte mir in ihrem Bereiche zwei aus dem Erdboden hervorragende grössere Quadern, mit dem Bedeuten, dass im Bereiche der Ruinen keine Quadern oder sonstige grosse Steine mehr sichtbar seien, und wirklich suchte ich selbst auch vergeblich nach solchen. Ich erinnere mich bei dieser Gelegenheit einen, wenn ich nicht irre, unkannelirten Säulenstumpf aus dem an Ort und Stelle brechenden Stein gesehen zu haben, vermisse aber leider nähere Angaben über denselben in meiner Schreibtafel.

Der Ritt nach Dren gehörte zu den angenehmsten der Reise. Ich war erstaunt über die Fruchtbarkeit^und den guten Anbau dieser noch unbekannten und durch zahlreiche Ansiede­lungen belebten Thalebene, in der auch das Auge wieder durch das so lange entbehrte Baum­grün erfreut wurde. In Busch und Baum zwitscherte, flatterte und hüpfte es, wie ich es bis jetzt auf der Halbinsel nirgends gesehen hatte. Ich kenne bis jetzt keine vogelreichere Örtlichkeit, als das Thal der Boschowa. Am reichsten war die Schwarzamsel vertreten, von allen Seiten ertönte ihr Ruf und meistens flatterten Einige von Busch zu Busch, gleichsam als Wegweiser, vor uns her. Ich bedauerte, keine Flinte mit mir genommen zu haben, weil es leicht gewesen wäre, in Kurzem eine reichliche Mahlzeit zusammen zu schiessen. Die Schwarz­amsel gilt auf der Halbinsel als der feinste Vogel, und ich stelle nur eine fette Herbstwachtel über sie. Da sie kein Wandervogel ist, so glaube ich dem Liebhaber zu jeder Jahreszeit bei Demir Kapu eine reiche Jagd versprechen zu können, obgleich wir am folgenden Morgen bei einem auf meine Wahrnehmung hin unternommenen Streifzug nicht glücklich waren, weil die Sonne noch nicht aufgegangen und der Morgen sehr kalt war. Der Wlache versicherte, dass die Gegend sehr reich an Hasen und Rehen, Füchsen und Wölfen sei, und dass sie im Winter auch von Bären besucht werde.

Nach einer Stunde kamen wir in die oben erwähnte, Zarewetz genannte Örtlichkeit, und der Wlache bog hier etwas vom Wege gegen das Thal zu ab, um mich zu der Stelle zu führen, wo gerade auf einem alten Kirchenplatze eine neue Kirche gebaut wird, deren Namen aber weder der Wlache noch die Bauleute sicher anzugeben wussten, sie schwankten zwischen St. Athanasios und St. Paraskeve. Der Ort ist in der Umgegend durch eine kleine Quelle bekannt, über welcher eine kleine hohle Eiche der Art gewachsen ist, dass das Wasser aus der Höhlung hervorquillt oder besser sickert, denn die Quelle ist sehr gering. Sie gilt für ein bewährtes Heilmittel gegen die Gicht. Ich kostete das Wasser, es war mir aber unmöglich, einen mineralischen Bestandtheil darin zu unterscheiden.

Auf unsere Frage nach Inschriften zeigten uns die Werkleute zwei Fragmente, die sie bei der Aufräumung des Grundes gefunden, und die ich sogleich mit grosser Sorgfalt abschrieb (siehe hinten Nr. 35 und 36). Das eine ist eine Grabschrift, wohl aus späterer Zeit, zu der

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ein ursprünglich zu andern Zwecken bestimmtes Steinstück benützt worden sein mag, denn es ist 4 Fuss lang und nur 6 Zoll breit. Die andere Inschrift, leider nur Fragment, steht auf einer etwa Γ / 2 Fuss langen und ebenso breiten Platte, von gelblichem Sandstein; die Buch­staben sind sauber gearbeitet, und wenn wir uns recht erinnern, etwa 8 / 4 Zoll hoch und an den Enden leicht gespalten, die Zeilen stehen im Verhältniss zur Buchstabenhöhe weiter ausein­ander wie gewöhnlich. Die Buchstaben xcct der vorletzten und tv der letzten Reihe zeigen sich nur vorgeritzt, zum Beweise, dass die Inschrift nie vollendet wurde. Dies, verbunden mit der guten Erhaltung der übrigen Buchstaben, macht einen so modernen Eindruck, dass ich, wenn die Inschrift an einem andern Orte gefunden worden wäre, sie für gefälscht gehalten hätte, woran aber unter den obwaltenden Umständen nicht zu denken war. Alle Buchstaben sind so klar und deutlich, dass ich für die Treue der Abschrift bürgen kann. Daher ist es auch unmöglich den Eingang als ή πόλις Ίδουμενίων zu lesen, wie ich an Ort und Stelle zu thun ver­suchte, um ihn auf den alten Ort Idomenia der Peutingerschen Tafeln zu beziehen, denn das erste I der zweiten Zeile ist zu deutlich, und die orthographischen Verstösse der Endung wären zu gross, wenn auch die erste Inschrift μυιας χάριν zeigt; wir müssen also ιομηνιον stehen lassen, dann wird aber der weibliche Genitiv — μιας der dritten Zeile beachtenswerth, weil er nur dahin gedeutet werden kann, dass ein weiblicher Name das Epitheton des Namens der zweiten Zeile bildet und hier mithin ein Metronymikon vorläge, von dessen Vorkommen bei den Makedonen ich noch nie gehört habe.

Ich forderte die Werkleute auf, nicht nur die beiden Inschriften in die Kirchenmauer an einem bequemen Ort einzusetzen, sondern auch auf die Bruchstücke der zweiten Inschrift Acht zu haben, und ich hoffe, dass sie ihre Zusage gehalten haben, da sie nicht nur guten Willen zeigten, sondern der eine derselben zu meinem nicht geringen Erstaunen die Inschriften lesen half. Auch zeigte ich ihnen, wo sie ein altes marmornes Gesimsstück, das sie gleichfalls gefunden, passend an der Kirchenmauer anbringen könnten.

Die Auffindung dieser alten Reste an der Stelle Zarewetz macht allerdings die Sage von dem einstigen Vorhandensein einer grossen Stadt sehr wahrscheinlich, ergiebt aber noch keinen zwingenden Beweis, weil es nach meinen Erfahrungen ebenso möglich wäre, dass diese Inschriften von der nur eine Stunde entfernten alten Stadt bei Demir Kapu zum Bau der alten Kirche herbeigeschleppt wurden.

Bald darauf bogen wir in rein südlicher Richtung in das Drenthal ein, dessen öder trau­riger Anblick mir den Fiasko voraus verkündete, welcher uns bevorstand, denn in einem solchen entlegenen, unfruchtbaren, der breiten Thalebene so nahen Winkel war eine bedeu­tende alte Niederlassung undenkbar, wir riefen einen Kuhhirten herbei, der in einer wahrhaft ekelerregenden Weise vom Aussatz ergriffen war, das einzige Beispiel, was mir auf meinen Reisen aufgestossen ist. Elephantiasis findet sich viel häufiger, namentlich bei Bettlern, die an den Städten lagern; auch Leute, die mit weissen, gleichsam abgetrockneten Stellen auf der Haut behaftet sind, namentlich Neger, sind nicht selten, aber die eigentliche Krätze sah ich zum ersten Male im Drenthale.

Der Mann verneinte alle unsere Fragen und fügte bei, er kenne im ganzen Thale nur eine Stelle, wo vor Zeiten ein altes Kloster gestanden und noch ein grosser Stein liege, welcher früher als Altarblatt gedient habe. Da der Ort in der Nähe war, Hessen wir uns hin­führen, fanden aber, wie vorauszusehen, nichts Erwähnenswerthes. Dem Wlachen war die Erfolglosigkeit unseres Unternehmens sehr unangenehm, weil er fürchtete, dass ich glauben

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könne, er habe mich wissentlich in den April geschickt. Nach und nach wurde es ihm klar, dass er das Dorf Dreno mit Drenowo verwechselt habe, welches vier Stunden von hier am Südufer des Eajetz liege, und um mir seinen guten Willen zu beweisen, erbot er sich, mich auch dorthin zu begleiten, indem wir, wenn wir scharf ritten, am Abend bequem wieder zurück sein könnten. Ich zog jedoch diesem unsichern Unternehmen den Besuch der Ruinen auf der Nordwand von Demir Kapu vor. Der Kuhhirt von Dreno erzählte uns viel von dem gräulichen Treiben der Räuber in seinem Heimathsthale, welches die Hauptursache seiner Entvölkerung sei, indem die dortigen Dörfer nicht nur fortwährend von ihnen geplagt und gebrandschatzt, sondern mehrere derselben verbrannt und kaum wieder aufgebaut, von neuem eingeäschert worden seien. Dank dem energischen Vorgehen von Hussni Pascha und seines Derwenaga Schaban, der in Gradetz seinen Sitz habe, sei jedoch dergestalt unter den Räubern aufgeräumt worden, dass nun seit einigen Jahren vollkommene Ruhe und Sicherheit herrsche, und der ganze Weg von Demir Kapu so sicher geworden, dass, trotzdem alle Wachthäuser leer stünden, man seit Jahren nicht von der geringsten Gewaltthat gehört habe. Der Kuhhirt drückte hiermit nur die gemeine Meinung des ganzen untern Wardarthales aus, denn obgleich Hussni Pascha schon seit längerer Zeit von Salonik abberufen ist, so steht doch noch sein Regiment längs des ganzen Flusses im besten Andenken. Der Derwenaga Schaban ist ein strammer Albanese zwischen 40 — 50 Jahren, er begegnete mir am folgenden Morgen im eisernen Thor, durch das er gegen Norden zog, weil sich an der Grenze von Tikwesch und Welesa eine Räuberbande gezeigt hatte. Er bot mir weitere Bedeckung an, denn ich hatte nur zwei Mann bei mir. Ich fragte ihn, ob er dies für nöthig halte ? Er meinte lachend, davon sei keine Rede, denn ich würde auch ebenso sicher allein und zu Fusse in Salonik ankommen.

Auf dem Heimweg von Dren schilderte mir der Wlache das untere Boschowathal als das Eden von ganz Makedonien, indem er es, was Bewässerungsfähigkeit und Fruchtbarkeit betrifft, neben Wodena, in Hinsicht auf Gesundheit aber weit über dasselbe stellte, weil sie hier nicht, wie dort, an Fiebern zu leiden hätten. Wirklich zeigte auch das Aussehen der Bewohner von gesunder Luft, und ich betrachte dies als eine Ausnahme von der Regel, weil nach meinen Beobachtungen fast überall, wo der Boden auf weite Strecken hin bewässert wird, auch das Wechselfieber selbst dann zu Hause ist, wenn sich in der ganzen Nachbarschaft keine Sümpfe finden. Um so schlimmer natürlich da, wo beide Dunstgattungen zusammen wirken.

Von Hammam Tschiftlik aber meinte der Wlache, dass es die Perle der Boschowa sei, nicht nur weil dieser Bach sein ganzes Gebiet bewässere und sogar Reisbau erlaube, sondern weil er auch fünf Mühlen, jede zu sechs Steinen, treibe, von welcher die erste an der Haupt­strasse gelegene, gegenwärtig 10.000 Piaster (etwa 900 schwere Gulden), die ihr nächst­gelegene 8000, die dritte 7000 Piaster u. s. w. in abnehmendem Massstabe jährlichen Pacht zahlen. Dieselben dienen jedoch nicht blos der Nachbarschaft des Tschiftliks, denn bei dem obwaltenden Wassermangel bringen selbst die Bewohner von Gerkischte, welches drei Stunden von Gradetz, folglich sechs Stunden von Hammam Tschiftlik dem Wardar abwärts liegt, ihr Getraide zu diesen Mühlen. Der Mühlgang kostet sie also allein zwei Tage, und bei dem grossen Zudrange müssen sie vielleicht ebenso lange warten, bis die Reihe an das Bischen Getraide kommt, das sie herangeschleppt haben, während die ganze Wasserkraft des Wardars ungenützt vor ihren Thüren vorbei fliesst. Dass in diesem Thale die Schifimühlen noch unbekannt sind, ist für uns ein Hauptbeleg seines Culturstandes. Freilich möchte es an vielen

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Stellen schwierig, ja unmöglich sein, bei so einfachen Verhältnissen, diese Mühlen vor der Wucht der Hochwasser zu schützen, aber an andern wäre dies ohne Zweifel keine schwere Aufgabe. Dies ist ein Beispiel #von dem grossen Verlust an Zeit und folglich an Kraft, welche der in niedern Culturverhältnissen Lebende erleidet. Er muss den grössten Theil seiner Zeit und Kraft solchen unproductiven Arbeiten zuwenden, und dieser grosse Verlust ist das Haupt-hinderniss für ihn, sich zu besseren Verhältnissen hinaufzuarbeiten, selbst wenn er das Bestreben hierzu fühlt. In der Regel wird dieser Kraftverlust, welcher natürlich auch den gebideteren Einwanderer in solchen Ländern trifft, von diesem nicht in Rechnung gezogen, und darum entspricht auch trotz aller anderweitigen günstigen Chancen sein Vorwärtsschreiten den anfänglichen Erwartungen in der Regel keineswegs.

Wenn die Culturvölker, im Vergleiche zu den auf niederer Entwicklungsstufe stehenden, so rasche Fortschritte machen, so liegt dies keineswegs allein in ihrer grösseren Regsamkeit, sondern in der durch die Arbeit früherer Geschlechter bereits errungenen Möglichkeit ihre volle Kraft ausschliesslich der productiven Arbeit zuzuwenden.

Bei meiner Rückkehr nach Demir Kapu erblickte ich auf dem ersten der ausgegrabenen Steine, welchen ich erreichte, zu meiner freudigen Überraschung die römischen Buchstaben STOB. Sie waren etwa zwei Zoll hoch auf dem untersten Drittel der zwei Fuss breiten dem Wardar zugekehrten Fläche des sechs Fuss hohen viereckigen Steinblockes eingehauen. Darunter standen in zweiter Zeile vier mir gänzlich unverständliche Schriftzeichen, von denen das erste beschädigt, das zweite ein dem griechischen Perispomenon ähnliches, das dritte ein griechisches π und das letzte ein grosses römisches D war1), vermuthlich Zahlzeichen.

Wir standen also dem dritten Meilenzeiger gegenüber, welcher jedoch in Grösse, Form und Lakonismus bedeutend von denen abwich, welche Caracalla längs der Via Egnatia setzen liess. Der andere Stein ergab das auf dem Kopfe stehende Fragment einer Grabschrift, an welcher der neckische Zufall alle Namen abgesprengt hatte2), wir suchten vergebens nach den Ergänzungsstücken beider Inschriften.

Ich ging von dort zum Han, um unseren Umzug dahin anzuordnen, weil sein neugebautes Fremdenstübchen viel wärmer war, als unser voriges Nachtquartier im Dorf, und machte mich nach kurzer Rast mit dem auf einem Maulthiere reitenden Wegweiser, welchen der Handschi aufgetrieben, nach der alten Festung auf dem Gipfel der Nordwand von Demir Kapu auf. Wir durchwateten den Wardar, ritten durch die weitgedehnten Weinberge von Koresiani und den auf sie folgenden Eichenwald auf immer steileren Pfaden dem Kamm zu; als wir diesen erreicht hatten, stiegen wir ab, weil wir über die scharfen Kanten der hier senkrecht stehenden Felsschichten nicht reiten konnten, und der Führer begann nun vergeblich an der Stelle herum zu laufen, wo er sich in seiner Jugend die Inschrift gesehen zu haben erinnern wollte. Endlich verlor ich die Geduld, ich wies ihn also an, bis zu meiner Rückkehr bei den Thieren zu bleiben, und kletterte mit dem Kawassen den Ruinen zu, ein mühsamer Weg, bei dem ich mitunter die Hände als Stützen gebrauchte. Nach einer Weile glaubte ich Hufschlag hinter mir zu hören. Ich sah mich um und erblickte den Führer hinter den zusammengekoppelten drei Thieren uns nachziehend und es diesen überlassend, wie sie über die Felsen hinauf und hinab kamen. Als ich ihn zur Rede stellte, meinte er, es wäre besser so, weil er uns einen bequemen Weg hinab

1) S. Inschriften, Nr. 37. 2j S. Inschriften, Nr. 38.

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168 6r. ν. Hahn

führen wolle, und von den Thieren habe noch keines ein Bein gebrochen, seit sie am Leben seien und solche Wege wandelten, und er wisse nicht, warum ihnen das gerade heute wider­fahren sollte. Der Erfolg zeigte, dass er Recht hatte, die beiden Pferde bewährten sich in ihrem Gange eben so sicher und bedächtig, wie das Maulthier.

Zu meiner grossen Überraschung ergab sich die Befestigung als eine kyklopische, es ist die einzige dieser Gattung, welcher ich auf der ganzen Reise begegnete. So weit ich mir über dieselbe klar werden konnte, bildete den Hauptheil ein viereckiger Thurm, dessen innere Geviertseite zehn Schritte mass. Die Mauerdicke beträgt sechs Schritte und das Emplecton besteht aus unbehauenen, mit Erde vermischten Steinen. Die Aussenseiten zeigten da, wo sie sichtbar sind, gut behauene Mauerquadern, meist Oblonge. Die horizontale Schichtlinie ist nicht überall eingehalten und weicht je nach der Dicke der aufeinander geschichteten Steine ab, auch bei den Stossfugen bildet die senkrechte zwar die Regel, doch finden sich auch schieflaufende Linien. Ich bemerkte keine Winkel in denselben, wohl aber an einigen Lager­fugen. Die Fügung ist gut, wenn auch nicht ausgezeichnet. Die Quadern sind von sehr ver­schiedener Grösse, der grösste, den ich fand, liegt auf der Ostseite, er misst 4 Fuss in der Länge und 2V2 Fuss in der Höhe. Er liegt auf der oberen der beiden sichtbaren Reihen, deren untere aus kleinen Steinen besteht. Die Steine der inneren Stirnflächen scheinen weit kleiner als die der äusseren gewesen zu sein.

Ausserdem bemerkte ich δ δ Schritte westlich von dem Thurme die Fundamente einer δ Fuss dicken kyklopischen Mauer, welche quer über den schmalen Felsrücken liegt, dessen ganze Breite der Thurm gleichfalls einnahm; ich konnte aber nicht mit Sicherheit bestimmen, ob sie durch Längsmauern mit dem Thurme verbunden war. Dieser Punkt bot eine weite Aussicht gegen Norden und Süden auf das Flussthal oberhalb und unterhalb des eisernen Thores. Gegen Westen war der Blick durch den Felsgipfel behindert, zu dem unser Rücken in der Richtung von Ost nach West ansteigt, bevor er jäh in den Wardar abfällt. Derselbe springt also gleichsam aus der von Nord nach Süd laufenden Ostwand des Flussthaies hervor. In der Spitze des Winkels befindet sich eine kleine Einsattlung, welche von Nord nach Süd läuft; durch diese führt der längs des Ostufers des Wardars ziehende Weg, auf welchem also die ganze Flussenge des eisernen Thores umgangen werden kann.

Wir freuten uns über die Entdeckung dieser Einsattlung, welche der Trace der Wardar­bahn Millionen ersparen dürfte, und dieselbe erklärte zugleich die Bestimmung jener althelle­nischen Burg; denn da die Flussenge auf diesem Wege umgangen werden konnte, so diente sie zum gänzlichen Abschluss des Flussthaies auf beiden Seiten. Auf dem Wege von der Burg zu der durch den Sattel führenden Strasse hielten wir uns mehrmals au/, ich kann die Ent­fernung daher nur beiläufig als zwischen δ und 10 Minuten liegend schätzen.

Es waren dies übrigens die einzigen antiken Festungsreste, die ich auf dieser Reise fand. Welcher Unterschied gegen Epirus, dort zeigt sich fast jeder zu einer Akropolis geeignete Hügel längs der Heerstrasse*) mit kyklopischen Mauerresten gekrönt, während ich nordwärts der Woiussa im ganzen alten Süd-Illyrien nur drei anzugeben weiss. Selbst Skodra, die Haupt­stadt des Gentius, muss schlecht befestigt gewesen sein, weil sich nicht der geringste Rest davon erhalten hat. In Dardania fand ich keine und in Makedonien nur diese einzigen Spuren.

*) Dies gilt namentlich von dem Thale τοπ Argyrokastron, wo ich eine Masse solcher kyklopischen Festungen fand. S. Albanes. Studien. I. S. 115 ff., und mein Nachfolger, Herr Gauthier, Zögling der französischen Schule, fand dort deren noch mehrere.

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Ich bin zwar der Ansiebt, dass eine nähere Untersuchung des Landes noch Andere ergeben wird, aHein diese Funde dürften schwerlich die erwähnten Gegensätze aufheben.

Der grosse Reichthum an Stadtburgen in Epirus lässt aber nur auf eine ungemeine Entwickelung des städtischen Lebens in der autonomisehen Zeit schliessen, auf welche auch die Geschichte von der Zerstörung der siebzig epirotischen Städte durch L . Aemilius Paullus hinweist. Ist dies richtig, so folgt aus diesem grossen Mangel an Stadtburgen in Epirus, Illyrien, Makedonien und seinen nördlichen Nachbarländern ein ebenso grosser Mangel an städtischer Entwickelung. Dieser Gegensatz ergiebt allerdings ein gewichtiges Bedenken gegen die von mir behauptete Stamm Verwandtschaft der Epiroten, Makedonier und Illyrier. Ich vermag demselben jedoch den Gegensatz der im Urlande sesshaft gebliebenen und der auf Hydra, Spezzia und der diesen Inseln gegenüber liegenden argolischen Küste angesie­delten Albanesen entgegen zu halten In dem Stammland zeigt sich der Albanese fast gänzlich seefremd2), während die genannten Ansiedlungen die Seekraft Griechenlands bilden und sie in allen Seekämpfen des Freiheitskrieges von Griechen nur die bedeutend kleinere Insel Psara zum Kampfgenossen hatten. Ja wir finden schon bei den Pelasgern denselben Gegensatz, denn diese sind den Alten bald die biedern (δΓοι), ackerbautreibenden Autochthonen des Landes, bald heimathlose Seeschwärmer, weswegen Wachsmuth einen Gegensatz zwischen der pelasgischen Bergsage und Küstensage anerkennt3).

Doch zurück zum eisernen Thor. Wir überblickten von seiner Burg gegen Norden das ganze Flussthal bis zu den Engen von Welesa hinauf, und wenn der Führer die Lage dieser Stadt richtig angegeben, so liegt dieselbe genau in nordwestlicher Richtung von hier, und ebenso fliesst der Wardar, so weit man dies von hier erkennen kann, die nördlichen häufigen Krümmungen abgerechnet, genau gegen Südosten. Wenn derselbe daher auch in fast nord­östlicher Richtung die Felsenkette des eisernen Thores durchbricht, so hat dies auf seinen allgemeinen Lauf keinen Einfluss.

In diesem Punkte weiche ich von der sonst so genauen Karte Dr. Barth's insofern ab, als sie den Wardar nach seinem Austritte aus der Enge einen weit grösseren Bogen gegen Osten beschreiben lässt.

Im Nordwesten wird der Gesichtskreis durch die hohe Bergkette begrenzt, welche nord­westlich von Welesa streicht. Näher dem Standpunkt ragt die Spitze des Gljeb aus seinem wenig undulirten Rücken hervor, welcher von hier aus gesehen von WSW. nach ONO. zu streichen scheint. Gegen Westen zeichneten sich die scharfgekanteten und schön dunkel­gefärbten Umrisse der sogenannten Babunakette in (von hier aus gesehen) rein südnördlicher Richtung gegen den lichten Abendhimmel ab, und die mehrfachen von ihr südöstlich strei­chenden, bizarr geschnittenen Nebenzweige zeigten, wie zerrissen der Bergstrich von Murichowo sein muss. Vor uns hatten wir den bedeutend niederen Wittatsch, dessen vollkommen ebener Rücken parallel mit der Babunakette läuft. Meine beiden Begleiter bezeichneten jedoch die Babunakette nicht nach Murichowo, sondern nach Prilip, und nannten deren höchste Spitze

*) Bis zu welchem Grade kleinere, tieferstehende Nationalitäten von grösseren, höher stehenden gedeckt werden können, davon liefert Menzeln Geschichte der letzten vierzig Jahre einen schlagenden Beweis. Der Verfasser lässt zwar dem albanesischen Elemente in den griechischen Heeren während des Freiheitskampfes volle Gerechtigkeit widerfahren, aber Hydrioten und Spezzioten hält er für Griechen.

2) S. über die Ausnahmen Albanesische Studien. I. S. 110. 3) Hellenische Alterthumskunde. I. S. 27.

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geradezu den Berg von Prilip, weil genau hinter ihm die Stadt läge. Zu meinem Erstaunen verwies der Compass diese Prilipspitze genau in westsüdwestlicher Richtung von dem Stand­punkte, und ich misstraute dieser Angabe so lange, bis ich sie durch Barth's Karte bestätigt fand, ein schlagender Beweis für deren Genauigkeit, weil Barth diese Spitze von Demir Kapu aus nicht gepeilt zu haben scheint. Ich hätte gern noch länger auf dem Rücken verweilt, um mich namentlich über die Gebirge von Murichowo aufzuklären, aber meine Begleiter mahnten unter Hinweis auf den niederen Stand der Sonne immer dringender zur Heimkehr. Ich fragte, ob sie sich vor Räubern fürchteten, sie antworteten, dass es deren freilich nicht gebe, aber wir seien unser zu wenige und schon zu lange auf dem Berg, als dass sie für einen Handstreich von Seiten der nicht den besten Leumund geniessenden türkischen Bevölkerung dieses Ufers gutstehen könnten, wenn wir bis in die Nacht hinein hier blieben. Ich bequemte mich also zum Aufbruch, jedoch unter der Bedingung, dass wir auf dem Südhange hinzögen, um den Blick auf das südliche Flussthal zu haben und mich von oben aus etwas darin zurecht zu finden, bevor ich es durchschiffen würde. Auf diesem Wege entdeckte ich in dem Südwinkel, welchen der vorspringende Felsrücken beschreibt, das rein türkische Dorf Tscherewetz etwa auf halber Höhe einer sich längs des Rückens lehn aufwärts ziehenden, theilweise bebauten Thalfalte, ungefähr eine halbe Stunde vom linken Flussufer. Es ist dies bis Gradetz das einzige Dorf des traurigen, gänzlich unfruchtbaren Flussthaies. Wir ritten rasch und kamen bei sinkender Nacht im Han an.

Nach einem in der Dämmerung des folgenden Morgens vergeblich unternommenen Streif­zuge gegen die Amseln der Boschowa gingen wir an die nähere Untersuchung der Flussenge.

Wir stellten uns an den nördlichen Eingang derselben, den alten Stadtgrund im Rücken, und konnten von da aus die ganze Länge der Spalte überblicken, welche von WSW. nach ONO. laufend dem Wardar als Rinnsal dient. Die nördliche Felswand fällt überall steil, mit­unter fast senkrecht in den Fluss ab, welcher fast überall ihren Fuss bespült. Die Böschung der Südwand ist sanfter und längs der Mündungen ihrer beiden ziemlich weit zurücksprin­genden Falten laufen schmale Uferstreifen. Auf diesen und der sanfteren Böschung der rechten Thalwand zieht der Weg durch die Enge. Derselbe führt durch zwei künstlich in den Felsen eingehauene Canäle, doch zeigte sich bereits eine gute Strecke von dem ersten Canale die Felswand senkrecht abgemeisselt, um den nöthigen Raum für die Wegfläche zu gewinnen. An einer Stelle, wo die senkrechte Wand wohl zwanzig Fuss hoch sein mag, ist eine Nische in dieselbe eingehauen, welche vermuthlich zur Aufnahme von Weihgeschenken bestimmt war.

Der zweite Canal geht durch den nordwärts vorspringenden Felsen, welcher „das eiserne Thor" im engeren Sinne bildet, von dem weiter unten die Rede sein wird.

Hart vor dem zweiten Canal steht ein Wachthaus in der Art über den Weg gebaut, dass derselbe durch einen unterhalb der Wachtstube angebrachten Thorweg läuft. Wir staunten nicht wenig, als uns Mastro Christo den berüchtigten Al i Pascha von Jannina als den Erbauer dieses Wachthauses nannte, denn wir hatten keine Ahnung davon, dass dieser merkwürdige Mann seine eisernen Arme bereits so weit ausgestreckt, und sich durch diesen Bau schon zum Herrn des ganzen unteren Wardarthales gemacht hatte. Jetzt steht es leer; der Name Schaban Agas, den wir bei demselben begegneten, dient dem Weg zur grösseren Sicherheit, als ihm noch so viele längs desselben zerstreute Wächter geben könnten.

Am Eingange dieses zweiten Strassencanals bemerkte Dr. B a r t h verschiedene alte Spuren, welche ich, in der Absicht zu ihnen zurückzukehren, nur obenhin ansah, dies ist

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leider unterblieben, daher ich es vorziehe dieselben mit Barth's Worten zu schildern1). „Dann (nachdem man aus dem Thorwege des Wachthauses getreten) tritt ein von der rechten Thalwand herabgestürzter mächtiger Block in den Fluss vor, und eben zwischen ihm und jener ist die alte Strasse und die Spuren ihrer Absperrung — vermittelst wohl acht Zoll dicker Holz- oder Eisenbarren — am deutlichsten erhalten. Diese von der Natur geschützteste Stelle, da man eben um jenen mehrere Fuss in das Flussbett vorragenden Felsblock herum den gleich tief abstürzenden und mit Gewalt dahin rauschenden Strom nicht wohl passiren konnte, sich also nothgedrungen auf der künstlich ausgearbeiteten Strasse halten musste, war augen­scheinlich am geeignetsten zur Controle des ganzen Verkehrs. Und so sieht man denn eben dicht vor dieser Verengerung die unzweifelhafte Stätte eines kleinen, diesen wichtigen Pass schützenden Tempels, wenn nicht vielleicht einer Zollstätte, mit kleiner am Boden geebneter Plattform und den am Felsvorsprunge dahinter noch deutlich erhaltenen Linien des Giebel­daches. u

Dieser zweite Canal ist nur neun Fuss breit, aber 50 Meter lang. In seiner Mitte ist die senkrechte linke Canalwand mit dicht nebeneinanderliegenden, horizontalen Meisselstrichen bedeckt, deren Spuren ich schon früher bemerkt hatte.

Am untern Ende des Strassencanals zeigen sich da, wo die linke Felswand gegen den Weg zu abfällt, mehrere wagrecht an derselben hinlaufende Kinnen. Die Hauptrinne läuft etwa 2V2 Fuss über der Wegfläche. Sie ist über einen Zoll breit, vollkommen gegen innen aus gerundet und spiegelglatt polirt. Unter ihr liegt eine weniger glatte und weit flachere zweite Rinne.

Die Eingeborenen wollen in diesen Rinnen die Spuren erkennen, welche das eiserne Thor, das den Pass früher gesperrt haben soll, durch lang fortgesetztes Offnen und Schliessen in den Felsen eingegraben hatte. Die Ortlichkeit zeigt jedoch durchaus keine weiteren Spuren, welche auf das Dasein eines Thores an dieser Stelle zu schliessen erlauben. Daher scheint mir der Gedanke weit näher zu liegen, dieselbe mit den ähnlichen Rinnen alter Steinbrunnen zu vergleichen, welche durch die fortgesetzte Reibung der Brunnenseile entstehen, und sie aus der Reibung der Schleppleinen zu erklären, mit welchen ehemals die stromaufwärts gehenden Schiffe hier an das Ufer gezogen werden mussten, big die weiteren Anstalten zur Fortschleppung derselben getroffen waren; denn dies konnte von der nun in den Felsencanal eintretenden Strasse aus nicht mehr geschehen, weil sie von dem Strome durch die Felswand abgesperrt wurde.

Die vollkommene Erhaltung der oben erwähnten Meisselspuren und die Spiegelglätte der seit unvordenklichen Zeiten nicht mehr benutzten Rinnen zeigt von der Härte der Steinart, welche diese Enge bildet, und welche Dr. Szekely für Basalt erklärte.

Unterhalb des zweiten Strassencanals springt die rechte Felswand bedeutend zurück, und der Weg läuft auf ihrem lehn geböschten Fuss hin.

Am Ende des Passes springt die linke Felswand gegen Norden zurück, und an dieselbe lagert sich die oben erwähnte Thalfalte von Tscherewetz.

Nach unseren in dem chorographischen Abschnitte enthaltenen Messungen beträgt die Länge des Passes ungefähr 550 Meter; rechnet man dazu noch die vor dessen nördllichem

η s. 127.

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Eingang in den Felsen gesprengte Strasse, so erhält man für diese eine Länge von etwa 1030 Meter, mithin eine starke Viertelwegstunde.

Aus dieser Schilderung ergiebt sich, dass die Hauptspuren der alten Strasse sich auf den oberen Eingang des Passes (das eiserne Thor im engeren Sinne) und den Zugang zu demselben beschränken, wo die erwähnten Naturhindernisse zu überwinden waren, der Pass selbst aber keine solchen dem Verkehre darbietet.

Dies sind die schon bei den Alten berühmten Engen des Axios (τά του Άζίοο στενά), deren Wegbarmachung Dr. Bar th S. 127 dem altmakedonischen König Archelaos, Sohn des Per-dikkas, zuzuschreiben geneigt ist1).

Wir wenden uns nun von der Strasse zum Rinnsal des Flusses, dessen engste Stelle, wie bereits erwähnt, am nördlichen Eingange liegt.

Wir massen hier den Fluss, welcher trotz seines niederen Standes so hart an der senk­rechten linken Felswand hinfloss, dass es schwer war einen Standort zur Befestigung der Leine zu finden. Die Wasserbreite betrug 42 Meter, und die des trockenen Flussbettes bis zu der hier weit vorspr ingenden und jäh abstürzenden Südwand 10V2 Meter, also im Ganzen 52V2 Meter. Schon bei mittlerem Wasserstand wird hier der Raum zwischen beiden Wänden vom Flusse vollkommen ausgefüllt. Diese beiden Wände bilden das eiserne Thor im engeren Sinne und zugleich den für die Schifffahrt gefährlichsten Punkt, indem der Strom von Norden kommend bei seinem Eintritte in die Enge zu einer jähen Biegung gegen Osten genöthigt wird, und daher die ganze Wucht seiner Strömung gegen die rechte Felswand anprallt. Die Aufgabe des Flössers ist es also, diesen Anprall dadurch zu vermeiden, dass er sich möglichst hart an das linke Ufer hält, doch soll bei Hochwasser schon manches Floss über dieser Auf­gabe zu Schanden geworden sein.

Der Fluss tritt in der Richtung von WSW. nach ONO. in die Passenge ein, fliesst durch dieselbe in der Richtung von West nach Ost und weicht bei deren Ende um ein geringes gegen Süd ab. Die erwähnten längs dem Flusse führenden neuen Einfassungsmauern und die heutige Strasse der Enge, so weit sie neu ist, sind das fromme Werk eines Privatmannes, und zwar eines Albanesen, Namens Hadschi Ismael aus Gostiwar (Kostowa) im Wardarthale, welcher lange Jahre Tscheleptschi, d. h. Pächter der Viehsteuer gewesen war, und sich dabei grossen Reichthum erworben hatte. Derselbe baute auch eine schwierige Wegstrecke weiter unterhalb des Flusses bei der Stelle Weterniku und in seiner Vaterstadt eine grosse Moschee, die er mit einem grossen Viereck von Kaufbuden umgab.

Mastro Christo, von dem ich diese Angaben habe, erinnert sich des Jahres*nicht mehr genau, in welchem die Strasse gebaut wurde, glaubte aber, dass es wohl 4—5 Jahre her sein könne. Auch meint er, dass Hadschi Ismael Bei wohl noch leben könne, wenigstens habe er von seinem Tode nichts erfahren. Dem sei wie ihm wolle, so verdient er unsere volle Hoch­achtung, weil er und Hadschi A l i Beschir von Tiranna in allen jenen Länderstrecken die einzigen sind, von denen ich zu berichten weiss, dass sie der schönen muhammedanischen Satzung, sich durch nützliche Werke auf Erden Gottes Lohn zu verdienen, gehorchten; die früheren Geschlechter kamen derselben eifriger nach, und ihnen verdankt das Land so

*) Er beruft sich dabei auf Thuc. II. 100: ύστερον Αρχέλαο* β Περ&χκου υιός βασιλεύς γενόμενος τά νυν £vra sv χώρα ώκοδόμησε και όδοϋί ευθείας srs;xs και ταλλα διεχόσμησε κτλ.

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manche Moscheen, Schulen, Brücken, Strassen, Brunnen und Hans. Bei dem heutigen Geschlechte scheint diese Satzung vollkommen in Vergessenheit gerathen zu sein.

XXXII. Gradetz.

Von der Stelle, wo die Ostwand der Felsenge von Demir Kapu aufhört und mit seiner Südseite die Thalfalte von Tscherewetz bildet, erweitert sich das Wardarthal zwar durch die sanftere Böschung seiner Wände, aber ihr nackter oder durch die mehr oder weniger spärliche Bewaldung mit Wachholder und Eichen durchblickender röthlicher Felsboden giebt ihm ein ödes unfruchtbares Ansehen. An ihrem Fusse tritt überall grauer Basalt zu Tage, vielleicht rührt die ins röthliche fallende Färbung der Thalwände von den abgefallenen Eichenblättern her, deren Farbe ins braunrothe fällt. Der zauberische Goldschimmer der Promethberge bei Sonnenuntergang, dessen früher gedacht wurde, ruht vielleicht auf derselben Ursache. Kein Haus, kein Feld, keine Wiese — nur die diese Öden durchstreifenden Ziegenheerden zeigen, dass sie nicht gänzlich menschenleer sind. Die Magerkeit des Thalbodens offenbart sich namentlich an dem verkümmerten Wüchse der längs der Ufer stehenden Platanen.

Etwa zwei türkische Stunden abwärts von Demir Kapu verengt sich das Flussthal aber­mals und macht einen noch düstereren Eindruck. Seine beiden Wände treten hart an den Fluss heran, doch übersteigt deren Böschung nirgends 40 Grade, und deren Höhe nicht über 150 Fuss. Etwa V2 Stunde oberhalb Gradetz macht er bei der Stelle Weterniku, die ihren Namen von den hier die Schilffahrt gefährdenden Stosswinden hat, einen grossen Bogen gegen Osten, dessen Kehle kaum fünf Minuten breit ist; auf einer Felsspitze ihres Nordendes steht ein Wachthaus, jetzt leer, von dem man weit in das obere und untere Flussthal blickt. Am Südende der Kehle liegen die Überbleibsel einer Brücke, auf welcher vor Zeiten die Heerstrasse vom linken Ufer des Flusses auf das rechte überführte, jetzt vertritt eine Fähre deren Stelle; ich vergass zu fragen, wann die Brücke zerstört wurde, vermuthe aber, dass dies schon lange her sein muss, denn die sie ersetzende Fähre bildete das beliebteste Thema zu Mastro Christos Klageliedern. Er behauptete nämlich, dass dieselbe seit unvordenklichen Zeiten der Gemeinde von Gradetz gehört, und diese deren Einkünfte bezogen habe, dass aber vor kurzem das Miri, d. h. der Fiscus, sie, gleich allen anderen Fähren, für sich in Anspruch genommen und ver­pachtet habe, und der Pächter wolle nicht einmal die Gemeinde für die neue Fähre entschä­digen, die sie habe bauen lassen. Mastro Christo sprach so oft von dieser Fähre, dass ich unwillkürlich auf den Verdacht gerieth, dass sein persönliches Interesse in die Frage einspiele, was er jedoch nicht Wort haben polite.

Endlich erweiterte sich das Thal und gewährte uns den Anblick von Gradetz und dessen von arbeitenden Flossbauern und zuschauenden Weibern und Kindern belebtes Ufer. Bei diesem Orte weicht nämlich die bis dahin hart am linken Wardarufer streichende Hügelreihe etwas östlich zurück. Auf dem zwischen sie und den Fluss eintretenden ebenen Landstreifen liegt der Ort Gradetz mit seinen 70 Häusern, Feldern und Weinbergen. Die Einwohner sind christliche Bulgaren und volle Eigenthümer ihres Dorfgebietes, welches eine grosse Ausdehnung hat, an dessen Mitgenuss aber, wie Mastro Christo klagte, sieben türkische Dörfer theilnehmen, ohne dem Orte auch nur einen Parä dafür zu zahlen. Das war früher anders, da hatte der Ort zwölf Spahiden, die erhoben keinen Zehnten von Gradetz, sondern hatten nach altem Herkommen nur zwei bis drei Tage Frohndienste von seinen Bewohnern zu fordern, aber die

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174 /. G. υ. Hahn

türkischen N a c h b a r n mussten an sie jähr l ich acht P a r a W e i d e g e l d für jede Z i e ge z ah l en , die

sie auf das Geb i e t v o n Grade tz zu r W e i d e schickten- Se i tdem j e d o c h die Spah i l i k aufgehoben

se ien, wä r e A l l e s anders g e w o r d e n , die Türken verwe iger ten n u n das W e i d e g e l d , u n d die

Steuern stiegen v o n J a h r z u J a h r , diese letzteren bezifferten s ich gegenwär t i g auf fo lgenden

P o s t e n :

9 .500 Spah i l i t i ko oder Zehnten .

15 .000 M i r i (anderwärts W e r g i genannt ) , eine aus früherer Ze i t stammende auf den H e r d ­

feuern lastende Steuer , die s ich a l lmäl ig aus der Haussteuer und Beiträgen zu a l l ge ­

me inen oder Localbedürfnissen z u s a m m e n addirt hat u n d an den e inze lnen Or ten

versch ieden ist.

6 .000 K r i e g s s t e u e r , d. h . die A b l ö s u n g v o n der Conscr ip t ionsp f l i cht , we lcher nu r die türki­

schen Unte r thanen unter l iegen und an die Ste l le des frühern Kop f ge l de s (Charadsch)

getreten ist.

12 .000 V iehsteuer , denn der O r t ist nament l i ch sehr z iegenre ich .

2 .000 Schweinesteuer , we l che stets besonders verpachtet w i rd .

1.500 Weinsteuer , we lche v o n den Bes i t ze rn der W e i n b e r g e e rhoben w i rd .

4 .000 Steuerzuschlag , we l che r dieses J a h r (1863) z u m ersten M a l e eingefordert wurde.

50 .000

Mastro C h r i s t o wusste den Gesammtbe t r ag nicht , und wunderte sich über das runde Fac i t .

V o n den 7 0 Häuse rn rechnet er 20 au f W i t twen , W a i s e n u n d ganz oder nu r i n k le ins tem

Masse Steuerfähige, so dass die Steuer, ih re r Haup tmasse nach , au f 50 Häuse r falle, w o n a c h

i m Durchschn i t t etwa 1000 P ias ter au f das H a u s treffen. D a z u k a m e n i n früheren Ze i ten n o c h

die sehr drückenden k i r c h l i c h e n S t e u e r n , we lche die Bischöfe ab forderten , die j edoch i n

neuerer Z e i t du r ch die E in führung fixer B e s o l d u n g der Bischöfe abgeschafft wo rden s ind.

A l s i c h dies d e m Mas t r o Chr i s to bemerkte , so wiegte er z u m Z e i c h e n seines Ung l aubens

mit d e m K o p f e u n d meinte, dass er erst abwarten wol le , was es mit dieser neuen E i n r i c h t u n g

für eine Bewandtn iss h a b e , denn er g laube die E r f a h r u n g gemacht z u h a b e n , dass be i der ­

g l e i chen neuen E i n r i c h t u n g e n der a rme M a n n stets z u k u r z k o m m e .

T r o t z seiner Steuerlast macht der O r t e inen woh lhabenden E i n d r u c k , und w e n n i ch

Mas t ro Chr i s to ernst l ich z u L e i b e g i n g , so musste er trotz S e i n e r schwarzen B l i c k e i n die

Zukun f t doch zugeben , dass sie i m G r u n d e a l le ih r le id l iches A u s k o m m e n hätten, u n d es gar

manche unter ihnen , w e n n auch mit A c h u n d N o t h , vorwärts brächten.

D e r O r t ve rdankt seinen ve rg l e i chswe i sen W o h l s t a n d d e m Flössergeschäfte, we lches h ie r

seit u n v o r d e n k l i c h e n Ze i t en i m S c h w ü n g e ist. G r a d e t z am W a r d a r u n d M u r i c h o w o an der

T s c h e r n a so l len die e inz igen Flösserorte i m Warda rgeb i e te sein. D a s erstere führt fast nu r

E i c h e n h o l z aus den W ä l d e r n der Nachba r s cha f t , M u r i c h o w o aber vorzugswe ise T a n n e n h o l z .

D a aber E i c h e n h o l z für s ich a l l e in n icht s c h w i m m t , so müssen die G rade t ze r i h r en Flössen

etwa zehn P rocent T a n n e n h o l z zu fügen , u n d dieses z u d e m E n d e v o n den M u r i c h o w i n e r n

kaufen u n d f roh sein, w e n n sie da ran i n Sa l on ik wenigstens n icht ver l ie ren .

D i e G r a d e t z e r F lösse bestehen i n der R e g e l aus dre i übereinander l i egenden u n d d u r c h

We idenbände r ve rbundenen L a g e n v o n d re i bis v ier Z o l l i m Gev i e r t e ha l tenden u n d zwö l f

S p a n n e n l angen E i c h b a l k e n ; bei h o h e m Wasserstande w e r d e n auch w o h l v ie r bis fünf so lcher

L a g e n übere inander gelegt. F ü r die F a h r t stromabwärts we rden i n der R e g e l sechs so lcher

F lösse mite inander z u e inem G a n z e n ve rbunden , welches 30 Fuss l a n g u n d 20 Fuss breit ist.

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Im Meere angekommen, werden diese Flösse zu grösseren Ganzen verbunden, und dann von sechs und noch mehr Mann so nahe am Ufer, als es dessen Sicherheit erlaubt, mit Boots­haken nach Salonik gestossen. Dort wird der einzelne Eichbalken, welcher an Ort und Stelle nur einen halben Piaster kostet, im Durchschnitt zu Γ/ 2—2 Piaster verkauft. Der Unternehmer hat sechs Procent Miri , d. h. hierörtlichen Ausgangszoll, und die Transportkosten zu zahlen, welche nicht unbedeutend sind.

Der Name des Ortes, der bei seinen Bewohnern und bei den Bulgaren nur Gradetz, in weiterer Entfernung aber auch Grädista lautet, weist darauf hin, dass dort vor Zeiten ein fester Ort (bulg. Grad) lag. Meine Erkundigungen nach alten Festungswerken auf dem Platze oder in der Nähe waren aber vergebens, nicht nur Mastro Christo, sondern auch die übrigen Dorf­bewohner verneinten meine Fragen danach einstimmig. Doch führte man mich nach einem hartsüdlich vom Orte gelegenen Wäldchen und zeigte mir dort die in Folge eines Traumes frisch ausgeräumten und ausgegrabenen Mauerreste einer kleinen Klosterkirche und zwei bei dieser Gelegenheit gefundene Architekturstücke aus weissem Marmor. Das eine ist eine attische Säulenbase von l 1 / * Fuss Durchmesser und guter Arbeit und ein mittelmässig gear­beitetes byzantinisches Säulencapitäl, welches für jene Basis zu klein war und daher nicht zu ihr gehörte.

Die Peutingerschen Tafeln verzeichnen auf der Strassenlinie von Thessalonice nach Stobi eine Station Idomenia als 53 römische Millien nördlich vom ersteren Orte gelegen. Dies macht nach meiner Annahme von einer türkischen Stunde = 3 römische Millien, 172/3 türkische Stunden, heutzutage rechnet man aber deren 18 von Gradetz nach Salonik. Da der Unter­schied beider Angaben nur 330 römische Schritte oder etwa 8 Minuten beträgt, so zweifeln wir nicht, dass Gradetz entweder auf dem Grunde oder in nächster Nähe des alten Idomenia liegt. Dieser alte Ort war also nicht blos einfache Poststation, sondern hatte auch als am Süd­ende der Hauptenge des Wardars gelegen, militärische Bedeutung, und bildet einen neuen Beleg zu der schon früher geäusserten Annahme, dass die römischen Militärstationen in der Regel die Marke für einen topographisch-wichtigen Punkt abgeben.

Unter diesen Verhältnissen spricht die Wahrscheinlichkeit wohl dafür, dass jene Archi­tekturstücke nicht wie so häufig von einem anderen Punkte hierher geschleppt wurden, sondern ursprünglich zu irgend einem hier gestandenen Heiligthume und späteren Gotteshause gehörten. Merkwürdig ist es jedoch, dass jene Kirchentrümmer bis auf den Namen verschollen waren und sich nur die Sage erhalten hat, dass einstmals in jenem Wäldchen ein Kloster gestanden habe. Die vorhandenen Mauertrümmer deuten auf ein rohes, späteres Machwerk von geringem Umfange.

XXXIII. Tempelreste beim Zigeunerschlosse.

Obgleich wir, Dank der rascheren Strömung des Wardar, durch die Flussenge an diesem Tage (29. October) bereits drei Wegstunden zurückgelegt hatten, so blieb doch nach Besich­tigung der Merkwürdigkeiten von Gradetz noch so viel Zeit übrig, dass wir vor Einbruch der Nacht den eine Stunde entfernten Han von Hidowo erreichen konnten, und aus dieser Rück­sicht lehnten wir Mastro Christo's Einladung, die Nacht in seinem Hause zuzubringen, ab. Dieser Han liegt hart bei dem Übertritte des Wardar aus dem Hügellande in die Ebene> Wir fanden ihn mit Beurlaubten angefüllt, welche von Salonik, ihrer Garnison, nach ihren Heimaths­orten zogen. Ich erwartete, dass der Handschi über diesen zahlreichen Besuch sehr erfreut

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sein u n d unseren Bedürfnissen n u r ger inge Au fmerksamke i t schenken w ü r d e , das war j edoch

nicht der F a l l . E r meinte, dass die L e u t e v i e l L a s t machten, aber w e n i g einbrächten, und er

a l l ema l G o t t d a n k e , wenn er mit he i le r H a u t von ihnen l o skomme. D i e religiöse Ant ipa th ie

dürfte die Be schwe rde sehr über t re iben , zu we lcher solche Besuche An l a s s geben. W i r

wenigstens hatten über unsere Mitgäste ke ine K l a g e z u führen. N i c h t e inma l ihre An führe r

machten A n s p r u c h darauf , das elende G a s t z i m m e r des H a n s mit uns zu theilen. D i e N a c h t

verfloss v o l l k o m m e n ruh i g , selbst a m anderen M o r g e n entstand, so lange w i r dort verwei l ten,

ke in Streit über die Z a h l u n g der Z e c h e , u n d doch hatte der grössere T h e i l der So ldaten den

H a n bereits verlassen, als w i r aufbrachen.

I m H a n erfuhren w i r z u unserem nicht ge r ingen E r s t a u n e n , dass derselbe nicht m e h r als

fünf Wegs tunden v o n S t rumni t za entfernt sei, welches d em bedeutendsten Zufluss des S t r y m o n

den N a m e n giebt, u n d dass die Strasse dah in über den hohen B l a guschaba lkan führe. A u f der

K i e p e r t ' s c h e n K a r t e beträgt aber die L u f t l i n i e zw i schen d e m H a n e v o n H i d o w o (d. h. eine

Stunde v o n Gradetz ) u n d St rumni tza 8 7 2 türkische S t u n d e n , sie ist also u m wenigstens

3 V 2 S tunden z u gross. Statt 18 Stunden ergiebt dieselbe K a r t e für die Lu f t l in i e zwischen dem

H a n und S a l o n i k 23 türkische S t u n d e n , die Di f ferenz derse lben und der örtlichen A n g a b e n

beträgt also h ie r n icht wen ige r als 7 J/ 2 S tunden .

W e n n n u n auch die letztere Di f ferenz z u m T h e i l e dadurch sich ausgleicht, dass die K a r t e

die M ü n d u n g der T s c h e r n a i n den W a r d a r statt sechs Stunden nu r drei S tunden südlich v o n

W e l e s a ansetzt, so wissen w i r für die grosse Di f ferenz unseres H a n s v o n S t rumni tza ke ine

andere E r k l ä r u n g , als den bisher igen M a n g e l a l l und j ede r A n g a b e eines A u g e n z e u g e n über

den unteren Warda r l au f .

D i e E b e n e , we lche sich i m Süden des H a n s zu be iden Seiten des W a r d a r ausdehnt, wu rde

v o n Mas t ro Chr i s to nach dem an ih rem südöstlichen W i n k e l ge legenen Orte W a l a n d o w o

benannt. S i e w i r d gegen Osten v o n d e m v o n N o r d e n n a c h Süden l au fenden Geb i rgs rücken

abgesch lossen , we lcher diesseits n a c h dem Dor f e B l a g uscha , jenseits aber v ie l l e icht n a c h

e inem anderen benannt w i r d u n d die Wassersche ide zw ischen W a r d a r u n d St rumni tza bi ldet .

V e r m u t h l i c h ist der Höhenrücken , we lcher die E b e n e gegen Süden abschliesst u n d bis z u m

l i n k e n W a r d a r u f e r r e i c h t , der Aus läufer eines Z w e i g e s , we lchen jene K e t t e i n westl icher

R i c h t u n g aussendet.

D i e s e r Rücken ist mi t einer d ichten Re ihe v o n W e i l e r n besetzt, u n d seine westl iche Spi tze

trägt die Überreste eines festen Sch losses , we lche den N a m e n Z igeunersch loss , Jewj i t K a l o

oder g r i ech i sch G y p h t o k a s t r o , führen, denn es heisst , dass v o r Ze i t en die Z i g eune r i n dieser

G e g e n d e in R e i c h besessen un d dieses Schloss der Sitz ihrer K ö n i g e gewesen se i 1 ) . A l l e

Bemühungen , Nähe re s über diese Sage zu erfahren, wa ren v e r g eb l i ch ; m a n scheint n icht m e h r

d avon z u wissen, als angegeben.

Mas t r o Ch r i s t o behauptete, dass diese Schlosstrümmer nichts Beachtenswerthes enthielten,

u n d w i r e rb l i ckten be i ih re r M u s t e r u n g d u r c h das F e r n r o h r ke inen e inz igen Q u a d e r , sondern

l) Erst nach meiner Rückkehr erhielt ich die Angabe, dass der die Nordseite dieses Rückens begleitende Bach, den Mastro Christo nur nach dem Dorfe Walandowo benannte, in seinem oberen Laufe den Eigennamen Boemia führe, und der Leser kann den chorographischen Angaben über die Dörfer des Wardar entnehmen, dass hart am Ausgange der letzten Wardarenge, welcher der Zigeuner Pass heisst, ein Dorf liegt, welches den Namen Boemitza führt. Wie erklärt sich diese wiederholte französische Namensform der Zigeuner in makedonischen Strichen, wo sie alier Wahrscheinlichkeit vor Zeiten in grosser Anzahl gewohnt haben müssen? Herr Professor Pott, an weichem ich diese Frage richtete, erklärte sich ausser Stande, den Namen nach dem bis jetzt vorhandenen Sprachmateriale aus der Zigeunersprache zu erklären.

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nur kleine durch Kalk verbundene Steine, wir zogen es also vor. uns sogleich nach dem ent­gegengesetzten Ufer zu wenden, an das wir bereits von Vielen verwiesen worden waren, bei denen wir uns nach alten Steinen erkundigten, denn dort, hiess es, hätten vor einigen Jahren die Christen der Umgegend in Folge einer Traumvision lange Zeit nach einem wunderthätigen Bilde gesucht, aber nichts gefunden, als alte grosse Steine.

Diese Trümmer liegen etwa fünf Minuten vom rechten Flussufer auf einer von diesem schief ansteigenden Ebene. Schon auf dem Weg dahin zeigten uns zahlreiche Trümmer alter Backsteine und Ziegeln und einige Scherben alter Vasen, dass wir uns hier auf dem Grunde einer alten Stadt befänden. Doch konnten wir ausser der uns als ehemaliges Kloster bezeich­neten Buine keine weiteren Baureste entdecken, und ich vermuthe daher, dass sie ihre Erhaltung nur der Verwandlung des heidnischen Heiligthums in ein christliches Gotteshaus zu verdanken habe, während alle anderen Bausteine als Material zu Neubauten in die zahlreichen Dörfer der Umgegend verschleppt wurden. Ich muss indessen die Überlieferung von dieser Umge­staltung auf Treu und Glauben annehmen, weil einestheils keine daraufhinweisende Spur an dem Gebäude zu entdecken war, anderntheils die Sage sogar den Namen des Klosters ver­gessen hat. Nach der Lage der verschiedenen Baustücke zu urtheilen, dürfte der alte Bau durch ein Erdbeben niedergeworfen worden sein, doch schon seit geraumer Zeit, denn Alles lag hier schon seit langem auf seiner gegenwärtigen Stelle.

Der Bau war fast viereckig, denn die nach dem Wardar zugekehrte Seite mass 4-85 Meter, die andere 4-35. Wir fanden mehre Giebel und Friesstücke1). Die letzteren waren mit Stier­schädeln und mit an diese geknüpften Blumenfestons geschmückt, in deren Bogen gänzlich frei­stehende Rosetten, jede von verschiedener Arbeit, standen; Alles möglichst plastisch aus der Steinfläche herausgearbeitet und alle Vorsprünge mächtig ausladend, wie es im Geschmacke der späteren Römerzeit lag. Ferner fiel uns ein Steinbalken von 2-12 Meter Länge, 0-65 Dicke und 063 Breite auf, welcher eine sehr reiche, aber roh gearbeitete Akanthosverzierung hatte, um deren drei Seiten mit Ausnahme der unteren ein Eierstab lief.

Die Bauquadern waren im Verhältniss zu der Grösse des Baues von gewaltigen Dimen­sionen. Der grösste, den wir fanden, mass 2-45 Meter in der Länge, 0*84 in der Breite und war 0*33 dick, mehrere andere waren 1-75 Meter und einer davon war 0-93, ein noch anderer 0-88 breit und 0-57 dick.

Der Grund des Quadrats bestand aus Backsteingeröll, das mit einem sehr festen Cement verbunden war, so dass ein Theil davon, als man an den inneren Seiten in die Tiefe grub, als Decke stehen blieb.

In diesem gedeckten Theile erblickte Dr. Szeke ly eine mehrere Ellen lange, sehr dicke, braune Schlange, die sich vor ihm in ihre Höhle zurückzog, und vergnügte sich damit, sie dadurch zum Zischen zu reizen, dass er mit einer Gerte in die Höhle fuhr und sie damit kitzelte. Dies Zischen machte genau das Geräusch, wie die aus unseren losgeschraubten Luft­betten brausende Luft, und die Schlange, welche sich offenbar nicht ausser dem Bereich der kaum zwei Fuss langen Gerte zurückziehen konnte, zischte, so oft sie geneckt wurde. Wir ermüdeten früher als sie, aber es dauerte eine gute Weile, ehe wir diese Unterhaltung satt wurden.

i) Ein Friesstück hatte 0*63 Meter Höhe und 1*48 Länge und zeigte 3 Ochsenköpfe und 2 Festons, das Winkelstück eines Aetos

zeigte 0*6 Meter Öffnung bei 0*38 Länge .

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178 G. ν. Hahn

Wir hatten einen jungen Viehhierten herbei gelockt, den einzigen Menschen, den wir hier sahen, und leider auch einen der stumpfsten, die uns vorgekommen. Er beantwortete fast jede unserer Fragen mit einem stereotypen nesnam (ich weiss nicht), er wusste auch nichts von der grossen Schlange, und hörte ihr Zischen mit derselben Theilnahmslosigkeit an, mit der er unserem für ihn doch nie gesehenen Treiben zusah. Doch auch Mastro Christo wollte niemals von Schatz hütenden Schlangen oder solchen gehört haben, welchen der Schutz von Häusern obläge. Es wäre also möglich, dass der uralte und bei den Albanesen noch tief wurzelnde Glaube an solchen Schlangendämonen den Bulgaren fremd ist.

Die Lage der alten Niederlassung war sehr glücklich gewählt, denn sie beherrscht die Ebenen, die sich oberhalb und unterhalb des Zigeunerschlosses ausdehnen. Vielleicht stand es daher auf den Grundlagen eines römischen Castells. Die Schwierigkeiten, diese Stadtreste mit einer der Stationen zu verbinden, welche die Peutinger'sche Tafel auf der Strasse von Thessa­lonice nach Stobi verzeichnet, werden wir im Anhange zugleich mit unseren Bemerkungen über diese Römerstrasse ins Auge fassen.

Wenn wir am vorigen Tag, von dem schnelleren Fall des Wassers in den Stromengen begünstigt, trotz mehrfachen längeren Aufenthaltes, doch vier Wegstunden zurückgelegt hatten, so verzögerte der geringe Wasserstand und die zahlreichen kleinen Windungen, in denen sich der Fluss durch die Ebene schleppt, an diesem Tage unseren Fortschritt so sehr, dass die Fahrt zu einer wahren Geduldprobe wurde. Kaum waren wir eine kleine Strecke vorwärts gekommen, so hiess es wieder zurück, um hoch oben die auf der andern Seite des Flusses ziehende Hauptströmung zu gewinnen, oder wir sassen auf dem Sande fest, und ein Schiffs­mann stieg ins Wasser und watete darin auf Recognoscirung, oder die beiden Schiffer wurden über die zu verfolgende Richtung uneins. Da ich bei solchen Streitigkeiten bemerkt hatte, dass Mastro Christo in der Regel Recht behielt, so befahl ich, wenn der Streit zu lange dauerte, in der von diesem angegebenen Richtung vorzugehen, und traf dadurch meistens das Rechte. Nur dauerte die Freude nicht lange. Mitunter wurden wir auch ausgeladen und gingen eine Strecke zu Fuss, um die Barke zu erleichtern, die dann von den Schiffern und unsern mit ihnen im Wasser stehenden Leuten über die seichten Stellen mehr gehoben als gezogen wurde. Wir waren, mit Ausnahme des kaum zweistündigen Aufenthaltes bei den Tempelresten, den ganzen Tag unterwegs und kamen bei sinkender Nacht am Han von Diawato an, und als ich mich dort nach der Entfernung von Hidowo erkundigte, erfuhr ich zu meiner unangenehmen Über­raschung, dass wir nur zwei Wegstunden zurückgelegt hatten.

XXXIV. Gjewgjeli.

Am andern Morgen (30. October) fuhren wir zeitig vom Han ab, und da der Fluss etwas fahrbarer war, so legten wir die Strecke bis Gjewgjeli in verhältnissmässig kurzer Zeit zurück. Die Ebene wechselt mit leichten Höhenbühlen, die mitunter bis zum Wardar herantraten, und hie und da, wenn sie sich mit Maulbeerpflanzungen und Dörfern gruppirten, ein Bildchen darboten, doch wollte sich kein einziges finden, welches den Aufenthalt gelohnt hätte, den seine photographische Aufnahme gekostet haben würde. Bei Gjewgjeli läuft der Fluss durch eine kleine Enge, dann hart am rechten Ufer steigt ein etwa 20 Fuss hoher, zweigipflicher Hügel ziemlich steil auf, und ihm gegenüber erhebt sich das linke Felsufer in sehr sanfter Böschung etwa an 20 Fuss hoch. Auf diesem letzteren steht ein Han, und dabei sieht man die Reste einer

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Brücke , welche jetzt du rch eine Fäh re ersetzt w i rd . Schon v o n We i t em machte m i r der H ü g e l

des rechten Ufers den E i n d r u c k , als ob er früher befestigt gewesen sei. W e r viele alte A k r o p o l e n

gesehen hat, der erhält einen B l i c k für sie, we lcher selten täuscht, wenn auch, wie hier, deren

S p u r e n längst verschwunden. A b g e s e h e n von den au f eine alte N i ede r l a s sung hinweisenden

V o r t h e i l e n der L a g e , erkennt m a n das Dase in der früheren U m f r i e d u n g i n der R e g e l selbst da ,

wo die Oberf läche s ich du r ch künstliche E b e n u n g vo r den K u p p e n ih re r U m g e b u n g nicht

auszeichnen sol lte, an e inem durch die unsichtbaren Mauer fundamente in d e m Umr isse der

H ö h e merkba ren W i n k e l , we l cher dem A u g e als na turw id r i g erscheint. E s ge l ingt nämlich

der N a t u r nu r unter besonders günstigen Umständen den W i n k e l so auszug le ichen , dass der

Umr i s s der H ö h e wieder als i h r ausschliessliches W e r k erscheint.

Zah l r e i che alte Z iege lreste und mehrere Scherben alter V a s e n , die w i r auf demselben

fanden, zeigten, dass i c h r i ch t i g gesehen hatte. A u c h erzählte m a n mir , dass be i der Beste l lung

der s ich an d e m H ü g e l h inauf z iehenden Ä c k e r nicht selten alte Münzen gefunden würden,

doch konnte i ch deren ke ine z u Ges icht b e k o m m e n , o b w o h l ich den k le inen Or t danach

förmlich abfragen liess.

De r se l be besteht nämlich n u r aus 60 Häuse rn , macht aber einen recht städtischen E i n ­

d r u c k , wozu nament l i ch die stattlichen neuen Se idenspinnere ien das meiste beitragen dürften.

D i e grösste gehört e inem chr ist l ichen K a u f m a n n e aus Sa lon ik . Sie besteht aus 62 Ständen,

welche i n einer hohen gegen den H o f geöffneten H a l l e re ihenweise geordnet s ind. D i e E i n ­

r i ch tung unterscheidet s ich in nichts v o n der landesüblichen. Jede r Stand hat nämlich seinen

über einen k l e inen H e r d e ingemauerten K e s s e l , an we lchem die Spftmerin steht und mit den

F inge r sp i t zen die Anfangsfäden der i n s iedendem Wasser schwimmenden Puppengespinnste

auft ippt , u n d sie au f den nahestehenden H a s p e l l egt , we lcher von e inem zweiten Mädchen

gedreht w i rd . D iese F a b r i k spann früher an 1500 O k k a (2 P fund 9 L o t h bayr. ) Rohseide,

steht aber seit zwe i J a h r e n s t i l l , u n d zwar , wie es hiess, aus dem G r u n d e , we i l es bei den

d u r c h die Raupenk rankhe i t verursachten Missernten m e h r convenire , die Cocons nach E u r o p a

z u s ch i cken , als sie an O r t u n d Stel le abzusp innen. O b g l e i c h m i r dieser G r u n d nicht e in ­

leuchten wo l l te , so konnte i ch doch ke inen besseren erfahren. W i r sahen noch zwei k le inere,

genau ebenso eingerichtete Spinnere ien . I n einer derselben wurde gearbeitet, auch hörten wir,

dass i n den benachbarten Do ' i ran eine S p i n n e r e i v o n 40 Ständen arbeite.

D e r B a z a r des Ortes ist beträchtlich u n d w o h l versorgt, was au f ein z i eml i ch ausgedehntes

Hande l sgeb ie t schliessen lässt, auch machte er den E i n d r u c k , als ob er i m Aufb lühen begriffen

se i , v ie l le icht au f K o s t e n des jenseits des Wa rda r s ge legenen F l eckens K u m i r i k o i , du rch den

die Hauptstrasse v o n S a l o n i k n a c h S k o p i a führt.

G jewg je l i l iegt i n einer weiten, äusserst f ruchtbaren E b e n e mit e inem breiten K r a n z e von

Baumpf l anzungen , meist M a u l b e e r e n , umgeben , eine starke Vierte lstunde v o m Flusse. E s hat

eine lancastrische S c h u l e , i n we lcher , wie man uns vers icherte , die Unterr ichtssprache die

gr iechische u n d e in G r i e c h e L e h r e r sei. D i e U m g e g e n d ist noch ganz bulgar isch, und auch i n

der Stadt b i ldet das Bu lgar i sche die Haussp rache .

A u f die F r a g e nach Alterthümern u n d Inschriften lautete die An two r t überal l verne inend ,

doch erzählte m a u , dass eine halbe Stunde v o n d e m Orte zw ischen den Dörfern Ursenze und

Negoftze eine wa rme Minera lque l l e s e i , deren Wasser grünl ich aussehe, ve rmuth l i ch v o n

i r gend einer Wasserp f lanze , die i n d e m A b z u g s g r a b e n wächst. D i e Leute halten sie für eine

Schwefe lque l le , doch stimmt dies nicht zu r F a r b e des Wassers. Diese Que l l e nun so l l eine

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runde uralte Fassung aus kreisförmig gelegten Quadern haben. Da uns aber die sich meh­renden Eegenanzeigen vorwärts drängten, und Mastro Christo das zwei Stunden unterhalb Gjewgjeli gelegene Dorf Matschukewo zu unserem Nachtquartier bestimmt hatte, wo Alter-thümer zu finden wären, so verzichteten wir auf den Besuch dieser Quelle.

Anderthalb Stunden südlich von Gjewgjeli wird die Ebene durch einen von West nach Ost laufenden Höhenzug abgeschlossen, durch welchen sich der Wardar, wie es scheint, gewaltsame Bahn machen musste. Diese Enge heisst jetzt der Zigeunerpass.

An dem Kamm des Höhenzuges erblickten wir nach unserer Abfahrt von Gjewgjeli zwei beträchtliche Dörfer, fast aneinander stossend; Mastro Christo belehrte uns, dass sie Karati-nantzi und Majadaha hiessen und nur eine Viertelstunde auseinander lägen. Das erstere habe 300 und das letztere 860 Häuser; sie würden nur von muhammedanischen Tuchwebern bewohnt, welche zur Secte der Bektatschis gehören, deren Anhänger Wein und Branntwein trinken, und sie dürften daher das Erzeugniss ihrer ausgedehnten Weinberge selbst verzehren. Er behauptete weiter, dass diese Dörfer alles Tuch lieferten, dessen die grossherrliche Armee bedürfe, dass sie aber ihre Tücher, welche sehr dick, und von der Gattung seien, welche hier-landes Ambas heisst, nicht färbten, sondern ihnen ihre Naturfarbe weiss oder schwarz liessen. Die letztere Angabe mag richtig sein, die erstere möchten wir trotz Mastro Christos Versicherung bezweifeln. Die beiden Dörfer erregten unser Interesse in hohem Grade, denn es sind dies die ersten muhammedanischen Handwerksdörfer, welchen ich auf meinen Reisen begegnete, doch konnten wir weder von unserm Schiffsmann, noch von Anderen nähere Auskunft über sie erhalten. Ich war einen Augenblick versucht, diese Dörfer zu besuchen, um Näheres über ihre Geschichte, ihr Gewerbe und dessen Betrieb zu erfahren, doch bedachte ich, dass ein flüchtiger Besuch derselben gänzlich erfolglos sein würde, und dass ich mehrere Tage opfern müsste. um die Leute zutraulich und offenherzig zu machen. So viel Zeit hatte ich nicht auf­zuwenden, der Barometer fiel stetig, und wenn das von ihm prophezeite Regenwetter eintrat, war auch für unsere Untersuchungen die Grenze gesetzt.

Wir kamen noch zeitig genug nach Matschukewo, um dessen Ortlichkeit untersuchen zu können. Der Ort liegt an der Mündung eines Thaies, welches von angeschwemmten Hügeln gebildet ist, und wird vom Fluss durch eine, an dessen linkem Ufer hinziehende, eine starke Viertelstunde breite, äusserst fruchtbare Ebene getrennt. Der erste dieser aufsteigenden Hügel hatte schon von ferne unsere Aufmerksamkeit erregt, wir erstiegen ihn also solgleich und fanden auch alsbald die Fundamente einer Umfassungsmauer auf der dem Dorfe zugekehrten Seite. Da, wo wir sie untersuchen konnten, erschien uns ihr Cement zwar hart, aber doch nicht römisch, ihre Dicke war schwer zu bestimmen, sollte sie aber wirklich nur anderthalb Fuss betragen, so möchte ich das Werk lieber dem Mittelalter zuweisen, um so mehr, als auf dem Hügel zwar einige gut gebrannte Backsteintrümmer, aber keine alten Vasenreste zu finden waren. Doch findet der Eine, was der Andere übersieht, und daher ist der aus ihrem Mangel gezogene Schluss keineswegs so untrüglich, als der ihres Vorhandenseins.

Von dem Hügel ging ich nach dem am Eingange des Dorfes gelegenen Kirchhof, wo ich eine mächtige Quaderplatte von weissem Marmor, offenbar antik, — ausgegraben fand. Ich lüpfte sie mit Hülfe des Kawassen, wozu wir, obwohl sie schief stand, aller unserer Kräfte bedurften, leider fand sich aber auch die verdeckte Seite unbeschrieben, und eine kleine ebenso gut behauene Quaderplatte, die in einer auf dem Kirchhofe stehenden baufälligen Hütte auf­bewahrt wurde, war gleichfalls vollkommen glatt. Alle Grabsteine waren unbehauene Platten,

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sowie auch die kleine neugebaute Gottesackerkirche aus solchen bestand. Von der südlichen Thalwand blickte eine stattliche neue Kirche auf das Dorf herab, die einbrechende Nacht zwang uns jedoch, deren Besuch auf den andern Tag zu verschieben und unser Konak auf­zusuchen. Der Ort, obgleich nach Art der Bulgarendörfer jeder Vegetation baar und nur aus bescheidenen einstöckigen Hütten bestehend, machte auf uns den Eindruck von Reinlichkeit und Behäbigkeit, und bei dem Eintritt in unser Konak waren wir angenehm überrascht, diesen Eindruck auf das glänzendste bestätigt zu finden. Ich erinnere mich auf keiner meiner Reisen eine einfache Bauernhütte in solcher Reinlichkeit und koketten Ordnung gefunden zu haben; alle Wände frisch geweisst, der mit Lehm ausgeschlagene Fussboden wie geleckt, jedes Haus-geräthe an seiner bestimmten Stelle, die Wände symmetrisch mit Krügen, Tellern und Kupfer­geschirr verziert, die Familie in fast ärmlicher, aber reiner Kleidung, und uns mit ruhiger Freundlichkeit, ich möchte sagen Herzlichkeit entgegenkommend. Sie bestand aus den beiden Eltern, zwischen 40 und 50, einem Sohn von 18 und einem Mädchen von 17 Jahren, das schönste Gesichtchen, was uns auf der ganzen Reise begegnet war, und für das unser Aus­druck, wie Milch und Blut, gemacht zu sein schien, mit dem sicheren unbewussten Tacte eines Naturkindes. Man wies uns das kleine, an das Hauptgemach angebaute Fremdenzimmer anr

in dessen Kamin alsbald ein lustiges Feuer brannte und auf dessen blankem Holzboden ein grosser Teppich ausgebreitet wurde. Die beiden jungen Herren zogen es trotzdem vor, sich bei dem Herdfeuer des Hauptgemaches zu lagern. Als mir Marina und ihr Bruder die Wasch­requisiten reichten, berichtete sie mir durch dessen Mund, denn er verstand etwas griechisch, dass sie in die Stadt (Gjewgjeli) verlobt sei, und zwar an einen Krämer, der sie in einigen Monaten heimführen würde, und that dann selbst einige Fragen nach unseren Reisezwecken. Als ich ihr erwiederte, dass ich in der Welt herum ziehe, um Frauen für meine beiden Söhne zu suchen, lachte sie und fragte, ob es denn keine Frauen bei uns gäbe. Das Essen wurde in ihrem eigenen Service aufgetragen und wir assen mit ihren Bestecken. Alles war ebenso sauber als schmackhaft, und nach dem Essen liess ich Marina bedeuten, es habe mir so gut geschmeckt, dass ich ihre Mutter als Köchin nach Salonik mitnehmen würde, sie sollte also eine Kiste aussuchen und alle deren Kleider einpacken, damit wir am andern Morgen nicht aufgehalten würden. Wider Erwarten nahmen beide Kinder die Eröffnung für ernstgemeint, und wurden in ihren Repliken so lebhaft, dass die Mutter herbeikam. Sie verstand sogleich, was vorlag, und scheint den Sohn, der etwas Mutterkind war, durch einen Blick beruhigt zu haben. Dem Mädchen setzte sie aber durch Fragen nach Lohn und Behandlung so lange zu, bis sich deren Blick umschleierte. So reizend nun auch die jungen Herren diesen fanden und so gern sie auch dessen Perlen gesehen hätten, so schien es mir doch Zeit einzulenken, und den gewohnten Sonnenschein auf das nette Antlitz zurückzurufen.

Nach dem Essen besuchten uns einige Ortsgeistliche, von welchen das Dorf nicht weniger als sieben besitzt, und erzählten von einer Inschrift auf einem bei der grossen Kirche ver­wandten Postamente, die sie mir am anderen Morgen in der Dämmerung zeigen wollten, um kein Aufsehen zu erregen.

Sie hielten Wort, doch hatten sie die Vorsicht dahin verstanden, dass ich dem Morgen­gottesdienste beiwohnen und bei dieser Gelegenheit die Inschrift, als hätte ich sie selbst gefunden, abschreiben sollte. Denn ich fand einen grossen Theil der Gemeinde bereits mit kleinen Wachslichtern in der Hand dem Hochamte beiwohnen. Die Kirche ist recht stattlich und nahm sich in der reichlichen Beleuchtung sehr gut aus. Die Inschrift diente einem der

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182 e/. G. v. Mahn

H o l z p f e i l e r zu r Stütze, we lche das R e g e n d a c h über dem E i n g a n g der Haupthüre tragen. Z u m

Ung lücke steht sie au f d em K o p f e , und ihre Buchstaben s ind so verwischt , dass i c h be i d em

Sche ine der flackernden K e r z e n deren nu r einige entziffern konnte . A u s i hnen ergiebt s i ch

nu r so v i e l , dass die Inschrift g r i ech i sch ist u n d den Buchstabenformen nach der späteren

K a i s e r z e i t angehören dürfte.

A m fo lgenden T a g e (1. N o v e m b e r ) er re ichten wir n a c h halbstündiger F a h r t die letzte

E n g e , we lche der W a r d a r z u du rchb rechen hat, u m i n seine Mündungsebene einzutreten.

So g e r i ng auch der L e s e r n a c h me inen Besch re i bungen das landschaft l iche Interesse

der oberen E n g e n mit A u s n a h m e des eisernen T h o r e s anschlagen m a g , so gebührt doch

dieser letzten i n B e z u g au f O d e u n d L a n g w e i l i g k e i t die P a l m e , und vie l le icht haben sie aus

d iesem G r u n d e den hier landes verächtlichen N a m e n der Z i geunerenge Tschengeno D e r w e n

e rha l ten .

W i r fuhren zwei S tunden l a n g zwischen meist flach geböschten Fe l swänden durch , we lche

unmitte lbar aus d e m Wassersp iege l des Flusses aufsteigen und v o n unten aus gesehen den

E i n d r u c k m a c h e n , dass sie 2 0 0 , höchstens 300 Fuss h o c h seien. D i e Os twand ist ganz

gesch los sen , die westl iche hat nu r zwe i S p a l t e n , i n denen k le ine Bächle in dem W a r d a r

zufl iessen. N u r an einer Stel le ist P la tz für e inen ku r zen schma len Uferstre i f , dessen so rg ­

fältiger A n b a u mit W e i n u n d Fruchtbäumen nebst einer weiterhin v o m F lus se aus s ichtbaren

M ü h l e das e inzige Zeugn iss g eben , dass M e n s c h e n i n der N ä h e dieser O d e n leben. B e i der

P f l anzung standen einige schöngesattelte Hengs te nebst deren W ä r t e r n u n d wiesen au f einen

A u s f l u g h i n , we l chen türkische H e r r e n der U m g e g e n d h ie rher gemacht hatten. A u s s e r d e m

begegneten w i r i n der ganzen E n g e weder e inem Saumthie re n o c h e inem M e n s c h e n , welche

die d u r c h dasselbe führende Strasse gezogen w ä r e n , e in B e w e i s , wie g e r i ng der V e r k e h r

zw ischen den du rch die Z i geune renge getrennten Lands t r i chen ist. D i e s k a n n j e d o c h nicht

auf fa l len, w e n n m a n bedenkt , dass der K n o t e n p u n k t des V e r k e h r s n icht an der Mündung des

W a r d a r , sondern fünf Stunden, weiter östlich l i e g t , u n d dass aus d iesem G r u n d e die v o n

N o r d e n n a c h Süden z iehende Hauptstrasse be i d e m Gjewg je l i gegenüber l i egenden Or te

K ü m r i k o i das W a r d a r t h a l verläset und in gerader L i n i e nach S a l o n i k geht. D i e südlich v o n

j e n e m P u n k t e ge legenen Or te entbehren daher j ede r i n nordsüdl icher R i c h t u n g gehenden

Haupts t rasse , und ihre V e r k e h r s l i n i e n laufen g l e i ch ebensov ie l R a d i e n nach S a l o n i k , als

g e m e i n s a m e m Mi t te lpunkt . N a c h a l len Se i ten stösst der B l i c k nu r au f nackte Fe l swände , aus

dessen Spa l ten s i ch nur Kräuterbüsche emporkümmern, — k e i n B a u m , ke in St rauch .

XXXV. Die Wardarbrücke.

E n d l i c h öffnete s ich der Ges i cht sk re i s , und w i r hatten die grosse d e m A u g e unbegrenzte

Küstenebene v o r uns , de ren nordsüdl iche A u s d e h n u n g v o n dem A u s g a n g e der letzten E n g e

bis z u der M ü n d u n g des W a r d a r i n die See nach me inen Ansätzen wenigstens e l f türkische

W e g s t u n d e n beträgt.

W i r spähten i n dieser R i c h t u n g vergebens nach dem G i p f e l des O l y m p s , aber es ge l ang

selbst unseren Fernröhren n i ch t , den feuchten Sch le ie r z u d u r c h b r e c h e n , der auf der sonst

nebel freien E b e n e lagerte. A u c h meinte Mastro C h r i s t o , dass w i r n o c h z u weit d a v o n seien,

u n d selbst be i ganz re iner Lu f t d ie K u p p e erst weiter stromabwärts unterha lb A m a t o w o aus

der E b e n e auftauche. I ch musste es dah in gestellt sein lassen, ob diese B e h a u p t u n g auf w i r k -

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l i cher B e o b a c h t u n g beruhe. W i r sahen den B e r g erst a m folgenden T a g e zwischen W a r d o f z e

und Ja j a l i i m A b e n d l i c h t e u n d bereits h o c h über dem R a n d e der E b e n e .

G e g e n N W N . v o m Ausgange der E n g e streichen zwei mächtige Bergket ten , die v o n h i e r

aus scheinbar v o n Osten nach Wes ten l i e fen , i n Wahrhe i t aber w o h l die R i ch tung von N o r d ­

west nach Südost ver fo lgen dürften. S ie scheinen einen nicht unbedeutenden Zufluss des

W a r d a r einzufassen, dessen Geb ie t die i n K i epe r t ' s K a r t e vorhandene Lücke zwischen dem

W a r d a r u n d dem Bache v o n M o g l e n a ausfüllt. L e i d e r konnte Mastro Chr i s to nu r über den

unteren T h e i l dieses Baches einige Auskun f t erthei len und verwies uns über dessen Q u e l l ­

gegenden an die B a u e r n v o n D a m b o w o , be i denen w i r übernachten sollten. Diese zeigten s ich

aber b e i unsern F r a g e n so ängstlich u n d stumpf, dass i ch die G e d u l d ve r lo r u n d die E r h e b u n g e n

au f eine günstigere Ze i t v e r s c h o b , we lche sich le ider nicht fand. W i r trafen übrigens i n

unserem Nachtqua r t i e r dieselbe Re in l i chke i t u n d schmackhafte Küche , welche uns i n Ma t schu ­

kewo aufgefal len war, u n d diese E r s c h e i n u n g war u m so beachtenswerther, als der Haushe r r

uns eine i n ih re r E in fachhe i t ergrei fende S c h i l d e r u n g v o n den Unfä l len machte , welche i h n

seit e inigen J a h r e n S c h l a g au f S c h l a g getroffen und seinen früheren Woh l s t and gänzlich zu

G r u n d e gerichtet hätten. U n t e r diesen betrachtete er die R inderpest des verflossenen Jahres

für das grösste Ung lück . N o c h vo r zwe i J a h r e n habe er 26 K ü h e und 8 Ochsen besessen,

davon sei i h m eine e inzige K u h übr i g geb l ieben, und da das ganze D o r f und dessen N a c h b a r ­

schaft fast i m g le ichen G r a d e heimgesucht wo rden seien, so habe er den grössten T h e i l seiner

F e l d e r b rach l iegen lassen müssen. A u c h wisse er n icht , wo er das G e l d finden sol le , u m

fr ische O c h s e n z u kau fen , da er bereits v o r d e m Ver lus te seiner H e e r d e stark verschuldet

gewesen u nd n u n gänzlich ausser Stand s e i , seine alten Ve rb ind l i chke i t en zu erfüllen. E r

erzählte dies alles m e h r dem Mast ro Chr i s to als uns, we i l i h n dieser i n seinem früheren W o h l ­

stand gekannt hatte.

D i e F a h r t des fo lgenden Tages (2. Novembe r ) gehörte z u den langsamsten und schwie­

r igsten der ganzen Re i se , we i l der F l u s s , soba ld er die E n g e ver lassen, es sich i n der E b e n e

b equem macht und in grösster Gemächl ichkeit dah in schle ichend sein B i s chen Wasser in mög ­

l ichster Bre i te verzettelt. E r nöthigte uns dadurch zu a l ler A r t Curswechse l , Stillständen und

Rückläufen . Dass er s ich v o n n u n an i n seiner eigenen Schöpfung bewegte, das zeigte recht

deut l ich die dre i bis v ier Fuss hohe Sch lammsch icht v o n he l l g rauer F ä r b u n g , welche er bei

se inem Austr i t t aus der E n g e , nament l i ch an seinem rechten Ufer, ablagerte. W i r hatten solche

Sch ichten bereits an mehre r en Ste l len weiter oberhalb und meistens da bemerkt , wo das sich

plötzlich erweiternde F lussbett die A u s b r e i t u n g der Hochwasse r gestattet u n d hiermit auch

die Schne l l i gke i t ihres Laufes mindert . In dem G r a d e als n u n die Schne l l i gke i t des Laufes

a bn immt , s inken die schweren Stofftheile, dem a l lgemeinen Gesetze der Schwere fo lgend, z u

B o d e n , und überziehen denselben mit einer d ickeren oder dünneren Sch l ammlage , welche i n

tausend u nd aber tausendfältiger W i e d e r h o l u n g das N i v e a u des Ufer landes und des Flussbettes

erhöht u n d dadurch die Küste seewärts vorschiebt .

T r o t z des ger ingen Fa l l e s ist der S t romlau f j edoch immer noch stark genug , u m die

vö l l i ge K l ä r u n g des F lusswassers v o n den feineren T h e i l e n z u ve rh inde rn , mit we lchen es

geschwängert ist. D e r F lu s s zeigte daher auch be i seinem damal igen äusserst ge r ingen

Wasserstand stets eine hel lgrüngelb l iche F ä r b u n g , u n d sein Wasse r setzte, wenn es in e inem

Gefäese zu r R u h e gebracht war , i n k u r z e r Ze i t einen ge lbgrauen N i ede r sch l ag ab. Unse re

L e u t e warteten j edoch diese K l ä r u n g n iemals ab und t ranken unmitte lbar aus d e m E lus se

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indem sie behaupteten, dass der feine Sehlamm seines Wassers die Verdauung befördere. Ich folgte häufig ihrem Beispiele, kann aber nur bezeugen, dass ich in dem Geschmacke des frischen und geklärten Flusswassers keinen Unterschied entdecken konnte und denselben gleich vortrefflich fand. Stets werde ich mich des Vergnügens erinnern, mit welchem ich das Wardar­wasser getrunken habe. Wenn ich daher auch das Zeugniss des Dichtervaters nicht unter­schreiben kann, welches dieser seiner Schönheit ausstellt1), so kann ich wenigstens seine Güte bestätigen.

Mastro Christo hatte schon in Welesa unsere Phantasie durch die Schilderung der unzähl­baren Schwärme von Wasserwild aller Art erregt, die wir auf unserer Reise begegnen würden, und wir träumten daher von ganzen Schiffsladungen, an deren Erlegungen wir uns täglich müde schiessen würden. In seinen oberen Theilen hatte sich der Fluss jedoch so arm daran gezeigt, dass wir den Tag über kaum ein Paar einzelne kleine Becassinen oder einen grauen Reiher zu sehen bekamen. Das Wenige, was wir sahen, ging noch dazu weit ausser Schuss­weite auf, so dass bis zum Eintritte in die Ebene kaum % Dutzend Becassinen erlegt und ver­speist werden konnten. Den grössten Theil davon hatten wir dem unermüdlichen Eifer des Herrn Dr. Szeke ly zu verdanken, der unverdrossen vom Morgen bis Abend so manches Pfund Pulver und Schrot in die unglaublichsten Entfernungen verknallte und dann und wann die Flinte mit dem Stutzen vertauschte. Eines Abends wurde seine eiserne Ausdauer auch damit belohnt, dass er in der Dämmerung vom Boote aus einen Hasen erlegte, welcher aus dem Flusse trank. Auch kostete uns ein ungeheurer Uhu einen langen Aufenthalt, weil die beiden Herren zu dessen Erlegung ans Land getragen werden mussten. Wenn wir nun mit Mastro Christo haderten, dass seine Prophezeihungen nicht eingetroffen seien, so vertröstete er uns auf die Wardarebene, und als wir dort ankamen, zeigte er triumphirend auf die Enten­schwärme, welche mitunter den Wasserspiegel vollkommen schwärzten. Ihr Anblick durch die Fernröhre, wit welchen wir nach ihnen auslugten, war so verführerisch, dass ich selbst mitunter wieder zur Flinte griff, in der Erwartung, vielleicht irgend einen Marodeur der Masse zu Schuss zu bekommen. Eitle Hoffnung! Wir mochten noch so grosse Vorsicht anwenden, uns in noch so grosser Stille heran zu schleichen suchen, das dumpfe Rauschen der auf­gehenden Schwärme drang stets früher zu unseren Ohren, als wir ihnen auf Büchsenschuss­länge nahe gekommen waren. Wir schössen auch nicht eine von den Tausenden grossen Schopfenten, die wir den Tag über vor und hinter uns sahen. Auch von den vielen Reihern, die oft Stunden lang unsere Vorläufer machten, wollte keiner uns den Gefallen thun. Ich legte bald die Flinte aus der Hand, um zwischen dem Treiben meiner Gefährten und den Qualen des Tantalus Parallelen ziehen zu können. Der Eifer derselben hielt jedoch bis zu unserer Ankunft an dem Reiseziel der Brücke des Wardar an, und wurde wirklich mit einigen kleinen Becassinen und Taucherenten belohnt.

Die vorletzte Nacht brachten wir auf einer im Gebiete des Dorfes Jajali gelegenen Insel unter freiem Himmel zu, weil der Ort zu weit ablag und die Luft überaus mild war; der Thermometer zeigte selbst in den Morgenstunden 12 Grad Roaumur. Die Luft war aber nicht blos mild, sondern auch feucht, der Barometer fiel stetig und alle Anzeichen sprachen für den baldigen Eintritt von Regenwetter. Die Wolken verhängten mehr und mehr die Aussicht auf

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die B e r g e , die w i r hinter uns Hessen, und al le über dieselben an Mastro Chr is to ger ichteten

F r a g e n b l i eben er fo lg los ; derselbe liess s ich überhaupt n u r ungern auf diesen Gegens tand

e in u n d hatte m i r i m Lau f e der Re ise Öfter gesagt : F r a g e m i c h nach Dörfern u n d nach

W a s s e r n , aber nicht nach B e r g e n , denn au f die habe i c h niemals so A c h t u n g gegeben , wie

d u es ver langst . W i e so l l e in B e r g l au fen , wenn doch nichts i n der W e l t fester steht? Ü b e r

dem war er i n diesen G e g e n d e n weit wen iger bekannt als i n den übr igen St r i chen längs des

Stromes.

I c h k ann daher v o n der nördlichen E in f a s sung der Küstenebene nur so v i e l sagen , dass

s ich dies G e b i r g e , je weiter w i r uns von i h m entfernten, immer m e h r als e in ununterbrochen

östlich v o m W a r d a r z u beträchtlicher H ö h e ansteigender Geb i rgsrücken darstel l te , we lcher

streng von Osten nach Wes t en läuft u n d dessen scharfe U m r i s s e , so weit sie s ichtbar waren,

da rau f h inweisen, dass sie fe ls ig u n d steil sein müssen. I n der niedr igsten Stel le dieser B e r g ­

w a n d wa r die Scharte, d u r c h welche der W a r d a r i n die E b e n e tritt, sehr lange sichtbar. N a c h

d e m Spa l t e , d u r c h we l chen der G a l l i k o , der alte E c h e d o r o s fliesst, und we lchen D r . B a r t h

i n der N ä h e der Küste s a h 1 ) , forschten w i r vergebens , doch dürfte bei heiterer Lu f t deren

S p u r w o h l auch v o m W a r d a r aus w o h l z u e rkennen sein.

D e m A u g e n s c h e i n nach z u ur the i l en , s ind die Be r ge P e i k und Stretzi der K iepe r t ' s chen

K a r t e d u r c h den vorerwähnten G e b i r g s z u g v e r b u n d e n , u n d fliessen du r ch dessen Spa l ten der

W a r d a r u n d der G a l l i k o d e m Meere zu . D a aber solche einseitige Anschauungen häufig

trügerisch s i n d , so muss i c h die Bestät igung dieser W a h r n e h m u n g weiterer F o r s c h u n g

überlassen.

U n s e r letzter F a h r t a g wa r unstre i t ig der uninteressanteste der ganzen Reise . W i r fuhren

v o n D ä m m e r u n g z u D ä m m e r u n g i m S c h n e c k e n - u n d K r e b s g a n g die dreistündige Strecke, und

mussten a m E n d e sehr kräftig a rbe i ten , u m noch vo r s inkender N a c h t das ersehnte Z i e l zu

erre ichen.

D i e W a r d a r b r ü c k e vermittelt bekannt l i ch den Ü b e r g a n g der grossen Strasse, we lche v o n

Sa l on ik übe r Jen i tsche P e l l a u n d W o d e n a n a c h Monast i r führt. I ch begrüsste i n ih r eine alte

Bekannte , denn i c h hatte sie bereits v o r fünf J a h r e n überschritten, als i ch mit d e m i n B e l g r a d

gekauften G e s p a n n v o n dort über Monas t i r nach Sa l on ik fuhr , u m die Fah rba rke i t dieser

künftigen Haupta r te r i e des europäischen We l thande l s als vol lendete Thatsache den E i s e n b a h n ­

königen ad h o m i n e m zu demonstr i ren. F r e i l i c h war i c h damals v o n lebhafteren Gefühlen

beseelt als j e tz t , damals stand i ch a m Z i e l e eines glücklich gelösten P r o b l e m s , i c h dachte an

dessen unberechenbare F o l g e n , und es wogte i n m i r , wie i n dem S t r o m , der unter meinen

Füssen die ganze Bre i te der 750 Schritte l angen Brücke ausfüllte. D i e s m a l wa r es anders,

i c h stand au f e iner B a r k e unter der Brücke , au f e inen der dünnen Wasser fäden b l i ckend , we lche

lautlos unter i h r durchzogen , u n d be i dem feuchten N a c h t w i n d fröstelte m i c h d u r c h alle Hül len .

D a m a l s sp rach i c h als E rgebn i s s me ine r Re ise aus : D i e künftige Hauptar ter ie des europäischen

We l t v e rkeh r s , welche durch das H e r z v o n Österreich und Deutsch land laufen, E n g l a n d mit

Ä g y p t e n u n d Ind ien verb inden w i r d , ist schon i n i h r e m gegenwärt igen Zus tand fahrbar , u n d

das n o c h z u bauende letzte V i e r t e l dieser Schienenl in ie gehört z u den begünstigtesten des süd­

l i chen E u r o p a . W a s hat dieser R u f b e w i r k t ? D i e Leute der Nachbarha lb inse l erkannten

*) S. 213.

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186 /. G. v. Hahri

die Bedeutung der Frage besser, und rührten sich so wacker, dass schon jetzt Otranto der englisch-indische Posthafen geworden ist, und vielleicht ist die Durchstechung des Mont Cenis durchgeführt, bevor die anglo-germanischen Eisenbahngrössen es zu einer Vorberathung über die Bedeutung der Belgrad-Saloniker Linie gebracht haben; durch die Rührigkeit der Italiener ist aber die Ausführung unserer Linie viel schwieriger geworden; jetzt darf sie nicht bei dem Busenhafen von Salonik stehen bleiben; wenn sie mit der italienischen Linie erfolgreich con-curriren will , muss sie bis in die Spitze der Südosthalbinsel vordringen, kann sie nur im Piräus enden. Damals erschien mir die Möglichkeit einer solchen Ausdehnung1) in fernster Zukunft gelegen, und schon jetzt ist die Ausdehnung der Belgrad-Saloniker Linie eine Lebens­bedingung ihrer Ausführbarkeit.

Ich weiss nicht, in wie weit die Sehnsucht nach einer warmen Erquickung zu dieser düsteren Stimmung beitrug, aber ich konnte kaum den Augenblick der Ankunft erwarten, um dem Boote und dem Flusse den Rücken zu kehren und Alles im Stiche lassend dem nahen Han zuzusteuern, wo ich neben einem tüchtigen Kohlenbecken, einem Glase Punsch moralisch und physisch wieder aufthaute, und nachdem mir der Handschi aus dem Beutel eines türkischen Gastes eine Pfeife guten Tabaks erbeten hatte, brachte mich dieser lang entbehrte Genuss wieder ins vollkommene Gleichgewicht. Am letzten Morgen hatten wir nämlich den letzten Staub aus dem letzten Beutel herausgeklopft, in welchem all unsere Vorrathsreste zusammen­geschüttet waren. Zu meiner nicht geringen Überraschung fragte mich der Handschi, welcher als Pinduswlache vollkommen griechisch sprach, ob ich nicht der und der sei, und als ich dies bejahte, berührte er mit beiden Händen den Boden, ergriff dann meine Hand und drückte zuerst den Mund und dann die Stirne darauf, indem er fragte, ob ich ihn denn ganz vergessen hätte, und ob ich mich des jungen Janni nicht erinnere, der während der ganzen Zeit, wo ich in Jannina gewesen, als Laufbursche in meinem Han gedient habe. Und nun gab er mir Bescheid über meine frühere Dienerschaft, denn er hatte erst vor Kurzem seine Heimath besucht.

Statt dem Leser diesen Bericht zu wiederholen, scheint es mir angemessener, mich bei ihm von dem Verdacht zu reinigen, dass ich dort etwa meine von den Amtsgeschäften erübrigte Müsse zu dem Betriebe einer Hanwirthschaft benutzt haben könne. Ich lebte nämlich mehrere Monate in jenem Orte in völliger Unwissenheit, dass ich selbst einen Han besässe, und erfuhr dies erst eines Tages, als der Pächter des in der Nähe meines Hauses gelegenen Han sich bei mir einfand, um darüber Beschwerde zu führen, dass sich durchziehende Soldaten mehrerer in meinem Han eingestellter Pferde mit Gewalt zum Frohntransporte bemächtigt hätten. Als ich darauf um nähere Aufklärung über dieses mein Besitzthum bat, erfuhr ich, dass der Han aus zwei Gründen als mir gehörend betrachtet werde, weil er nämlich im Schatten meiner Flagge liege, und weil meine Leute von dort ihren Wein bezögen; dass ich in derselben Weise gleich meinen übrigen Collegen einen Backofen und einen Kramladen besässe, und dass ich deswegen verpflichtet sei, diese Institute vor jeder Unbill zu schützen. Bei näheren Erkundigungen erfuhr ich, dass auch das französische, englische und griechische Consulat ähnliche Besitzungen hätten, und um nicht zurück zu stehen, fügte ich mich in dieses

• Schutzverhältniss unter strengem Verbot an meine Leute, aus demselben irgend einen Geld-

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vor the i l z u z iehen. I ch würde jetzt anders ve r f ahren , we i l m i c h die E r f a h r u n g ge lehrt hat,

dass der le i v o n den Tracta ten n icht anerkannte Patronate nicht nu r v i e l unnütze L a s t machen,

sondern auch die Achi l l es fe rsen der Consu late s ind. D e n n wenn der Pascha G r u n d z u einer

R e v a n c h e gegen i r g end e i n Consu la t z u haben g laubt , so braucht er nu r seinen Leu ten e inen

W i n k z u g e b e n , au f diese so geschützten Unter thanen der hohen Pforte z u drücken, u m dem

C o n s u l n icht n u r eine be l ieb ige A n z a h l unangenehmer Stunden zu bere i ten , sondern auch

seiner socia len S te l l ung m e h r oder weniger E i n t r a g zu thun.

I c h fand Jann i s Anhängl ichkeit fast rührend , u n d da Mast ro Chr i s to die Übe rnahme der

B a r k e verwe iger t hatte, so wünschte i ch m i r G lück , ein so tüchtiges W e r k z e u g z u m Ve rkau f e

derse lben gefunden zu h a b e n ; denn so l ange w i r E u r o p ä e r auch i m M o r g e n l a n d e verwei len ,

w e r d e n w i r dessen B e w o h n e r doch niemals begrei fen l e rnen , und verd ienen daher auch das

ehrende Be iwo r t der „ stumpfen F r a n k e n u (Kuto -F rängos ) mit v o l l e m Recht. A u f me ine

Eröf fnung fragte J a n n i , w a r u m i c h die B a r k e n icht nach Sa lon ik b r ingen und dort verkaufen

wo l l e , u n d als i ch i h m auseinander setzte, dass dies nicht vorthei lhaft se i , so meinte er nach

e in i g em B e s i n n e n , dass er selbst die B a r k e kaufen w o l l e , da er i m Begriffe se i , einen F lüge l

an den H a n zu b a u e n , den er v o r K u r z e m käuflich an sich gebracht habe. Ich war das

zuf r ieden und fixirte als äussersten Pre i s 300 Piaster , also ein V i e r t e l von d e m , was i c h für

dieselbe z u zah len hatte. J a n n i wa r aber z u ke iner festen A n t w o r t zu bewegen u n d wusste

m i c h den ganzen M o r g e n h inzuha l t en , an dem uns die Herbeischaf fung der beiden Büffel­

wagen , die unsere Bagage nach Sa l on ik führen so l l ten , v ie le Ze i t kostete. Unterdessen hatte

der H i m m e l mit dem R e g e n E r n s t gemacht , u n d es war , als ob er habe ze igen wo l l en , wie

d a n k b a r w i r i h m für die uns bis dah in gewährte Guns t sein mussten, denn das Wasser d r ang

a u f a l l en Seiten du rch das Mattendach und bildete an dessen innerer Seite neue Trop fen ,

w e l c h e , wenn sie schwer g e n u g wa ren , au f unsere Habse l i gke i ten herniederf ie len. I n ku rze r

Z e i t wa r auch der sch lammige B o d e n erweicht u n d der T ranspor t der Sachen über den steilen

U f e r h a n g dadu rch sehr schwie r i g g ewo rden , auch zeigten sich die bu lgar i schen Führer der

Büf fe lwagen so wen i g anstel l ig, dass mehrmals umge laden und K i s t e n u n d K a s t e n v o n neuem

i n den K o t h gelagert we rden mussten — die L a g e war nicht erheiternd.

D ieser A u g e n b l i c k war nach Jann i s B e r e c h n u n g der geeignetste z u m Absch luss unseres

H a n d e l s , er bot 120 Piaster für die ganze Ba rke . E r hatte sich insofern nicht ge i r r t , als ich

w i r k l i c h , u m zu E n d e z u k o m m e n , au f 150 Piaster he rabg ing , er aber bl ieb hartnäckig bei

se inem Gebote . D a ve r l o r i c h die G e d u l d , z o g die U h r u n d erklärte i h m , dass i ch zehn

M i n u t e n Bedenkze i t gebe, ob er die 150 Piaster völ l ig auszahlen wol le , seien diese verstrichen,

so wü rde i ch die B a r k e anstecken. D i e se r Besche id wurde von meinen Gefährten j ube lnd

begrüsst , sie Hessen sogle ich zu r Verschönerung des Feuerwerkes 30 O k k a H e u i n die Ba rke

schaffen, und als die neunte M i n u t e fruchtlos verstr ichen war, sprangen beide H e r r e n mit ih ren

grossen Wasserstiefeln in den F l u s s , banden die B a r k e los und har r ten , mit Zündhölzchen

bewaffnet, meines Rufes. K a u m war dieser erfolgt, so flammte auch schon unsere A r c h e au f

u n d s c h w a m m knatternd und z i schend den St rom hinab. D a s muntere Schauspie l war an s ich

s chon das P f u n d S te r l ing we r th , welches es kostete, m e h r noch aber ergötzten m i c h die ve r ­

blüfften M i e n e n der Z u s c h a u e r , deren B l i c k e fortwährend zwischen m i r und der b rennenden

B a r k e wechse l ten , j e n a c h d e m die F r a g e i n den respectiven Köp fen die O b e r h a n d gewann,

ob das Schi f f auch w i r k l i c h brenne, oder ob i c h nicht etwa anderweit ige S y m p t o m e v o n I r r s inn

ver ra then lasse. J a n n i war nicht unter i hnen , aber an der tiefen Niedergeschlagenheit , welche

y *

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Mastro Christo vergebens zu verbergen suchte, erkannte ich, dass er Janni's Assoeio war, und darum schenkte ich auch die Reste der Barke, als sie bis zu dem Wasserspiegel hernieder­gebrannt war, nicht ihm, sondern unseren bulgarischen Fuhrleuten, die sich sogleich ins Wasser stürzten, um der langsam schwimmenden Barke nachzueilen, und was daran noch brannte, mit leichter Mühe löschten.

Der Gedanke, 120 Piaster aus Laune in Rauch aufgehen zu lassen, ist in jenem Lande zu unerhört, als dass die Sage von dem verrückten (deli) Consul und dem filzigen Handschi nicht ein integrirender Theil der Annalen der Wardarbrücke bilden werden, meine Nachfolger mögen eie sich dort erzählen lassen.

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R E I S E D U R C H DIE

G E B I E T E DES DRIN UND WARDAR IM A U F T R A G E D E R KAISERL. AKADEMIE D E R W I S S E N S C H A F T E N UNTERNOMMEN IM J A H R E 1863

V O N

J. G. v. H A H N Κ. K. CONSUL FÜR DAS ÖSTLICHE GRIECHENLAND.

V O R G E L E G T IN DER SITZUNG D E R PHILOSOPHISCH-HISTORISCHEN CLASSE A M 21. NOVEMBER 1865.

Z W E I T E A B T H E I L U N G .

C H O K O G r K A P H I S C H E N O T I Z E N .

VOBBEMEBKTJNG.

Die Notizen dieser Abtheilung enthalten sowohl die unmittelbaren Beobachtungen des Verfassers, als auch die Angaben, welche er von andern während der Reise auf mündlichem oder nach derselben auf schriftlichem Wege über Strassenlinien und Gegenden einzog, die er nicht selbst bereist hat. Von den letzteren kann er nur so viel sagen, dass er von der Gewissenhaftigkeit aller Derjenigen, welche sie gegeben haben, überzeugt ist, dass er aber deren Zahlenangaben der Natur der Sache nach keine grössere Glaubwürdigkeit als seinen eigenen zusprechen kann; denn von diesen muss er bekennen, dass sie nur auf approximative Richtigkeit Anspruch machen, namentlich da, wo er, wie ζ. B. auf der Drinfahrt, jeder Mass-hülfe beraubt, nur an seine eigene Schätzung verwiesen und er nicht selten verhindert war, dieser die erforderliche Aufmerksamkeit zu widmen. Man denke sich einen fast durchweg von mehr oder weniger steilen, oft mehrere Tausend Fuss hohen Bergwänden eingeschlossenen Graben, der so windungsreich ist, dass er oft nur wenige Minuten weit vor- und rückwärts zu blicken erlaubt. Beide Ufer sind meist vollkommen weg- und steglos, denn wenn auch Dörfer und Gehöfte an dem Flusse oder in dessen Nähe liegen, so führen die Wege zu ihnen nur selten im Flusstbale. Aber auch diese sind von höchst problematischem Nutzen, weil den Eingeborenen jede Vorstellung des Stundenmasses abgeht, und wenn sie irgend eine Stunden­zahl nennen, sie dies traditions weise thun, [-ohne damit einen bestimmten Begriff zu verbinden»

• Denkschriften der philos.-histor. Gl. X V I . Bd. Abhandl. vt>n Nichtmttgliedern. *

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2 J. G. v. Hak η

Da aber, wo die \7orstellung der Stunde fehlt, ist natürlich auch an die Kenntniss ihrer Unter­abtheilungen nicht zu denken; doch lässt sie sich durch sinnliche Vorstellung, wie Tragweite einer Flintenkugel, Dauer einer P^piercigarre eher ersetzen, als bei grösseren Entfernungen.

Bei mündlichen oder schriftlichen Berichten wird sogar die Orientirung durch den Umstand erschwert, dass der Albanese nur die Richtung kennt, in der die Sonne auf-, und die, in der sie untergeht, und für Nordend Süd nicht einmal ein Wort in seiner Sprache hat. Auch in den übrigen durchzogenen Strichen fand sich wenigstens dieselbe Schwäche in der Kenntniss der Unterabtheilungen der Stunde, aber dort standen, namentlich auf den Haupt­strassen, insofern man sich nur an zuverlässige Leute wandte, bei grösseren Entfernungen die Stundenzahlen fest, und in dieser Hinsicht war besonders für die Wardarlinie einer unserer Schiffleute, Mastro Christo, ein vortrefflicher Führer, der sich, so oft auch die Probe angestellt wurde, in seinen Angaben stets treu blieb.

Etwas mehr Sicherheit als die Distanzangaben möchten die Häuserzahlen der einzelnen Ortschaften gewähren, weil diese hier Landes nicht blos bei den Polizeisoldaten, sondern auch bei den Eingeborenen und deren Nachbarn zu den bekannten Grössen gehören, was jedoch nicht hinderte, dass der Verfasser auch hierin nicht selten Varianten zu hören bekam, bei welchen sich dann die kleinere Zahl so regelmässig als die richtige bewährte, dass sie der Verfasser in der Regel allein notirte.

Sogar dafür kann der Verfasser nicht unbedingt einstehen, dass nicht bei erfragten Linien die Ufer eines Baches, an dem verschiedene Ortschaften liegen, verwechselt worden sind, trotz aller Mühe den Berichterstatter zu veranlassen, sich über den Standpunkt klar zu werden, von dem er ausgeht. Der Verfasser hat sich über diese Schwierigkeit in seiner Reise von Belgrad nach Salonik ausgesprochen. Auch musste er bei solchen Berichten stets Acht haben, die Drau oder Sau nicht mit Überspringung der Donau unmittelbar ins schwarze Meer münden oder die Donau in die Drau oder Sau fliessen zu lassen. Ein Beispiel dieser Gattung bietet der Beratino, welcher, nach der Angabe aller Reisenden, den Dewol aufnehmen soll, während er in Wirk­lichkeit der Nebenfluss ist.

Trotz aller Sorgfalt wird also in dieser Datensammlung an Unrichtigkeiten kein Mangel sein. So problematisch aber auch ihr Werth in chartographischer Hinsicht sein mag, so bedeutend erscheint er für die Ethnographik, weil sich allein an ihrer Hand eine beiläufige Vorstellung von der Dichtigkeit der Bevölkerung, ihrem Mischungsverhältnisse und der geschichtlichen Aufeinanderfolge ihrer verschiedenen Elemente bilden lässt; denn finden wir ζ. B. eine Gegend von rein oder vorherrschend slavischer Nomenclatur jetzt von Albanesen bewohnt, so wissen wir, dass dieselben nicht deren Urbewohner, sondern Einwanderer sind.

So lange überhaupt die Karte eines Landes noch so beschaffen ist, dass die auf ihr ange­brachten Verbesserungen ihre allgemeine Physiognomie verändern können, erscheinen alle ihre Details als Nebensache, und dass fast alle von uns durchzogenen Striche in dieser Lage sind, dürfte der Leser wohl der ersten Abtheilung dieses Werkes entnommen haben; nur von diesem, nicht von dem rein chartographischen Standpunkte aus, wünscht daher auch der Ver­fasser seine Leistungen beurtheilt zu sehen.

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Ad I. Durazzo. Kürzester Weg von Durazzo bis Alessio längs der Küste, 12 Stunden

Von Durazzo 3 Stunden bis J u b a — von da 1 Stunde nach Kuschko l i — von hier 1% St. nach I I a m ä U — von da 2 St. nach Ischmi Stadt - von hier 2 St. nach G u r r e s i — von da St. nach B r e k Matja (auch Bregu Mati) — von hier 2'/2 St. nach A l e s s i o , in Summa IV/, St., es fehlt also '/, St. an der Gesammtangabe.

Ad IL Nderrenje. Der Arpenfluss.

!. Quellengebiet. Der Arc,e'nfluss entspringt in dem Dorfgebiete von Sch in G j e r k j , welches aus etwa 100 sehr zer­

streuten und in drei Viertel: Tschüpri (zu beiden Seiten des Baches), ßurra'i und Kasalla, getheilten Häusern 2) besteht und als Hauptort der Landschaft betrachtet wird s).

i y 4 St. Bach abwärts S c h i n N j i n mit 30—40 um die Mündungsgegend des von Nord-Ost kommenden Baches von Sehe M e r r i , welches Dorf 1 St. von Schin Njin mit etwa 50 wenig zerstreuten Häusern, y 4 St. unterhalb der Bachquelle liegt.

I1/., St. stromabwärts von Schin Njin liegt Derr ja 4 ) mit 20—25 Häusern, etwa 10 M. von dem nörd­lichen Ufer auf einem Hügel ; ihm gegenüber B a r p u n j , etwa 5 M. vom Ufer afif einem Hügel. Das Thal ist hier so eng, dass der Fluss dessen Sohle ausfüllt.

y 2 St. unter Derrja Mündung des Baches B ü t t e r k a , der auch im Sommer Wasser hat und dessen Quelle V/2 St. von der Mündung entfernt ist.

y 2 St. unter dieser Mündung D ar^en, 10 M. vom nördlichen Ufer mit 6 Häusern j gegenüber am süd­lichen Ufer Frawesch mit 20 Häusern.

10 M. südwestlich von Frawesch 5) und */2 St. vom hügligen südlichen Flussufer Paschkaschesch mit 5 Häusern, etwas stromabwärts tritt von Norden her der von Tiranna aus sichtbare hohe Berg von Pulu-masch und von Süden her der Berg von S k ü t d r i dicht an den Fluss heran. In dieser Schlucht mündet

*) Die Seekarten ergeben 13 türkische Stunden. 2) Die Bevölkerung dee obern Arcen ist durchweg albanesisch und muhammedanisch. 3) Von Schin Gjerkj bis Elbassan sind 8 St. Auf halbem Weg bis £erUja kreuzt der Weg das Gebirge, das weder hoch noch

beschwerlich, und führt dann durch die Wiesengründe von Elbassan, die F e n a r i heissen; T e c h er emenika bleibt von diesem Wege links.

Von Schin Gjerkj nach Gurr-i-barth in Matja sind 0 St. Unmittelbar hinter dem Dorfe steigt der Weg 2 St. lang, dann fällt er 2 St. lang und dann geht er 2 St. eben (? vielleicht in einem Bachthale) bis Gurr-i-barth.

4) Von Derrja bis Tiranna sind 6% St., nämlich 2 J/ 2 bis S c h k a l o mit 20 ganz muhammed.Häusern, Vi St. westlich davon kreuzt der Wreg den Bach Koro, der auch im Sommer Wasser hat, und in den Arcen fällt, von Schkalo bis Tiranna 4 St.; mithin ist das Mittel von Schin-Gjcrkj mit der Ar^n-Quelle etwa 9 St. von Tiranna anzunehmen.

5) Zwischen Schin Njin (2 St.) und Frawesch (V/2 St.) soll nach einer andern Angabe V> S t - südlich von Arcen P e r p u n c e mit 9 Häusern liegen (wohl identisch mit Barpunj).

a *

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4 «7 . G. v. Hahn.

etwa y 2 St. stromab von Paschkaschesch der Bach von Kord, £ ä l i K o r d s e ; das Dorf K o r d liegt mit 20 Häu­sern 2 St. nördlich (?) von der Mündung, das Bachthal ist sehr zerrissen und felsig. Am Westende der Schlucht, welche eine südliche Abbeugung hat, nähern sich die beiden senkrechten Uferwände, deren beiderseitige Gipfel ebene Platten bilden, einander dergestalt, dass ein tüchtiger Springer von einem Ufer zum andern über diesen senkrechten Riss zu springen im Stande ist. Der Fluss beschreibt hier einen senkrechten Wasser­fall von 20 türkischen Klaftern (k 5 Fuss). Man kann auch, jedoch nur mühsam und über grosse Felsen kletternd, an den Fuss des Wasserfalles gelangen, welcher Skurane heisst, und dieser Name soll, wir wissen nicht in welcher Sprache, den senkrechten Fall des Wassers ausdrücken.

y 2 St. stromabwärts von der Mündung des Qali Korese und von dem Wasserfalle folgt die Mündung des Baches von Skjuter i oder Skuteri. Das Dorf dieses Namens liegt mit 20 Häusern südlich vom Flusse und ihm gegenüber, y 2 St. von dem nördlichen Ufer, Pulumasch mit 9 Häusern.

Von dem Wasserfalle an wird das Flussthal offener, und die Thalwände werden flach und niedrig. Der Fluss strömt weniger rasch und heftig.

Pulumasch ist von dem Hane von Muldt V/2 St. entfernt. Zwischen Pulumasch und Muldt liegen Dörfer, die aber dem Berichterstatter Elmas-Effendi von Schin

Gjerkj nicht bekannt sind. Nach einer andern Angabe hat Pulumasch 15 Häuser und liegt 1 St. strom­abwärts von demselben, und y a St. vom nördlichen Flussufer Ipia mit 40 Häusern.

iL Dorfer von Mulet bis zur Beschirbrücke. a. R e c h t e s U f e r .

Muldt mit 40 weit zerstreuten Häusern, etwa 10 M. nördlich von dem Übergang der Strasse von Elbassan nach Tiranna über den Arc,dn hart westlich von dieser Strasse, 2 St. südlich von Tiranna und Γ / 2

westlich von Pulumasch. Etwas flussabwärts mündet der Bach von K a i s ana 1) und etwas weiter der von Farka 2 ) .

Von Muldt 1 St. S tram at ζ 10 Häuser türkisch, Ί / 4 St. vom Ufer. P i t z a l i y 2 St. 30 Häuser türkisch, ! / 2 St. vom Ufer. Scharrd 1 St. 50 Häuser türkisch, 1 St. vom Ufer, sehr zerstreut. W a k j a r y 4 St. 30 Häuser türkisch, sehr zerstreut, reicht bis zum Flusse. L j a l m e y 2 St. 20 Häuser bei dem Flusse.

b. D ö r f e r auf dum l i n k e n U f e r des A r c £ n , z w i s c h e n P e r t r e i l a u n d U r e B e s c h i r i t .

W i s c h a i y 2 St. vom Ar^dn, der Weg nach Pertreila geht durch das Dorf, das 1 St. davon entfernt, 20 Häuser.

A r b o n a y 4 St. vom Flusse, '/ 2 St. von Wischai", 30 Häuser, gegenüber von Pitzali. B u l t i t z a , einen Steinwurf vom Flusse, l / 4 St. von Arbona, gegenüber von Scharrd, 15 Häuser. Fertusai' , ebenso nahe am Flusse, y 2 St. von Bultitza, 10—15 Häuser, Wakjar gegenüber. Η elm as, der Beschirbrücke gegenüber, etwa 20 Häuser.

HL Dörfer von der Beschir-Brücke bis Nderrenje. a. L i n k e s U f e r .

Von Helmas 3 / 4 St. die Mühlen des Pascha; davon y 4 St. Klein-Pesa mit 20 Häusern, 2 St. südost­südlich von Klein-Pesa ist Gross-Pesa, 50—60 Häuser, weit zerstreut, dessen Saranika genannter Bach aus

*) Dieser Baoh entspringt in G u r a mit 20 Häusern, V/oSt von S o r e l i und von Mutet 1 St. Daran liegen: B a r b a s am linken Ufer V 2 St. von Gura, 10 Häuser. D a i as gegenüber auf dem rechten Ufer, 12 Häuser. F i k a s , 15 Häuser, y 2 St. von Barbas, am linken Ufer, y 4 St. von Mulet

2) Trotz der ausdrücklichen Angabe doppelter Mündungen und der Neigung des Terrains zur Bildung schmaler Thalfurchen, erscheinen uns diese getrennten Mündungen sehr zweifelhaft. Der Bach von Farka entspringt in S o r e l i , 15 Häuser, % St. östlich (?) von B r i s k a; sein Lauf ist etwa 2 St. lang.

V 2 St. von Soreli F a r k a , 50 Häuser, weit zerstreut auf beiden Bachufern. L j u n e r a - a l - H o d s c h a i am rechten Bachufer, Vo St. von Farka, ]/j St. von Mutet, 1 St. vom Flusse.

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dem von Südsüdost nach Nordwest streichenden Thale westlieh von der Mosche* von Klein-Pesa in den Ar^dn fliesst.

% St. von Klein-Pesa der Bazar von Nderrenje.

b. Rechtes Ufer .

Den Mühlen des Pascha gegenüber von Ljalmi 1 St. Meniku, 15 Häuser, auf halber Höhe der Thal­wand, ! / a St. vom Flusse.

Nderrenje gegenüber Gerbe ldsch 30 Häuser, 3 / 4 St. von Meniku, ! / 4 St. vom Flusse.

IV. Dorfer von Nderrenje bis zum Meere. a. Re c ht e s Ufer .

Pinet i von Gerbelesch 1 St., vom Flusse 1 St. 30 Häuser. Tsch i sme l i von Pineti y a St.,1/, St. vom Flusse auf einem Hügel, 20 Häuser. K o k o m a n i 1 St. von Tschismeli, 5 M. vom Flusse, 15 Häuser in der Ebene. Ard i sehte i) y 4 St. von Kokomani, 15 Häuser, 5 M. vom Flusse. K j o p ä l a ' i 5—6 Häuser, 1 St. von Ardischte, Ί / 2 St. vom Flusse. B a z a r Schjakut von Kjopala'i y 2 St., hart am Flusse. Kotschac.e y 2 St. vom Bazar Schjakut, 5 M. vom Flusse, 15 — 16 Häuser. Baraka'i j / 2 St. von Kotscha^e, 5 M. vom Flusse, 20 Häuser. Sukth Ismael A g a , 10 Häuser von Baraka'i, 1 / 4 St. und 10 M. vom Flusse. Schinaprdne (S. Veneranda) eine ruinirte Kirche, hart am Ufer. R u s c h k u l i 40 Häuser grösstentheils katholisch, 1 St. von der Kirche, 10 M. vom Flusse, Γ / 4 St.

vom Meere.

b. L i n k e s U f e r .

Kokoman gegenüber Gjonai 4—5 Häuser türk., 10 M. vom Ufer und Γ / 2 St. von Nderrenje. Ardischte gegenüber P ieschka, 40 Häuser grösstentheiJs kathol., l / 2 St. von Gjona'r, hart am Ufer. Kjopalai gegenüber Reth , 40 Häuser, davon J / 4 griech.-kathol. Schiac,otai 25 Häuser türk., 20 M. von Reth, hart am Arc^n. S a l m ä n ai 25 Häuser türk., 20 M. von Schiac,otai, hart am Ufer. Sukth 30 Häuser, wovon 4—5 kathol., 3 griech., hart am Ufer, 20 M. von Salmanai. Schin A n n a Perenne (Schinaprdne?) mit 5—6 Häusern türk., y 4 St. von Sukth. Der verfallenen Kirche gegenüber Duschku , 20 Häuser ganz kathol., 2 walach., von Schin Anna

Perenne 1 St., hart am Ufer. J u b a 25 Häuser, y 2 St. von Duschku, sehr zerstreut, vom Meere 1 St. 2).

Ad IT. Bena. Reise von Tiranna nach Bena. Beschreibung der Benamulde.

Von Tiranna: 3 / 4 St. das Dorf B r a k a , 10 M. links vom Wege. 1 St. von Tiranna Beginn der Vorberge.

!) Der Bach K i n e t e s e entspringt in Kutschi, welches V 2 St. nördlich von Arcen mit 20 Häusern liegt, im Hügelland, und

mündet bei Ardischte, er treibt viele Mühlen. Daran S c h t r a c a 20 Häuser, 1 St. von Kutschi. K e n e t a 15 Häuser, beide liegen V 2 St. auseinander.

2) Nach den geringsten Distanzangaben liegen Juba und die Arcenmündung 6 St. von Nderrenje. Ebenso soll von Nderrenje nach Ruschkol 5 St., bis zum Meere 1 St. sein. Gebunden durch die Küstenlinien und ausser Stande Nderrenje südlicher zu rücken, das nach übereinstimmenden Angaben 4 St. von Durazzo liegt, können wir der Entfernung dieser Stadt von der Arcenmündung nur 4y 2 St. geben.

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2 St. von Tiranna Schtesch am Fusse des Gebirges, ya St. nördlich vom Wege Β rare*. 3 starke St. von Tiranna das Dorf D y n j a n (? alias Dunja), von dem der Pass den Namen hat, mit

30 muham. alb. Häusern. Von hier an zieht die Strasse auf dem meist steilgeböschten südlichen Thalhange des Ljum, neben des­

sen Rinnsal keine oder höchst geringe Sohle überbleibt. Der zum Theil sehr beschwerliche Engpass ist l 1 / * St. lang, und erst, wenn die im Westen derselben

raubenden Matianer denselben mit ihrem Raube im Rücken haben, halten sie ihren Zug für gelungen. Vom Osteingang der Enge beugt die Strasse, dem Flusslaufe folgend, gegen Süden, und steigt in etwa % St. zu dem Hane von Le'ithi (Ljai'thise) herab. Von da steigt die Strasse den aus Anschwemmung gebildeten Höhenrücken des auf dessen scharfer Kante liegenden muham. Dorfes We'nsche' hinauf, von welchem aus man den freien Uberblick über die auf keiner uns bekannten Karten verzeichnete Landschaft von Bena (türkisch Wensche) erhält.

Dieselbe zählt 400 Häuser und bildet ein etwa 6 St. langes und von Kamm zu Kamm 2—3 St. breites, von Nord nach Süd laufendes Oval, welches die Bezirke Tiranna und Matja trennt. Die Berge, welche die Tirannaebene gegen Osten abgrenzen, bilden in steiler Böschung die Westwand des Bdna-Distriktes, und dieser Distrikt ist das Quellengebiet der die Tirannaebene durchströmenden Bäche, welche sich endlich zu dem nach der Stadt Ischm genannten Flusse vereinigen.

Hieraus folgt, dass jene Berge nicht nur gegen Westen und Osten vereinzelt sind, sondern auch in der Richtung von Süden nach Norden keine geschlossene Kette bilden.

Der südlichste dieser Berge, der nach dem Dorfe Da'iti genannt wird, hängt im Süden nur durch einen niederen Sattel mit dem Seiitaberge zusammen, an welchen sich mit östlicher Richtung der Löcherberg (Malj-me-krdpe) anschliesst. Dieser hat seinen Namen von einer grossen Anzahl von kreisrunden, längs seines Kammes laufenden Senkungen, welche das Charakteristische der sogenannten Karstformation bilden.

Auf der Mitte des Nordhanges dieses Berges liegt das Dorf Sehen N j i n (S. Andreas), ein anderes Dorf dieses Namens liegt am Ar^en, und % St. oberhalb desselben entspringt die Hauptquelle des Ljum von Tiranna, der im Norden dieser Stadt Rusch io la ta heisst.

Von da bis zur Quelle des Arc,en bei S c h e n - M e r i sind 2 St. (?). Der Rücken des Löcher- und Seiita­berges bilden also die Wasserscheide der Quellengebiete des Ljum und Ar^en.

Von Sehen Njin y>St. Westnordwest liegt das Dorf Da'iti auf der Mitte des nach ihm genannten Barges1). Der Ljum fliesst in nordwestlicher Richtung von seine Quelle ab, dann zwischen dem Da'itiberge und

dem vorgenannten Höhenrücken fast ganz von Süden nach Norden, und macht von dem Osteingang des beschriebenen Engpasses eine Wendung von Osten nach Westen, um in derselben Richtung mit geringer nördlicher Abweichung der Stadt Tiranna zuzufliessen.

Durch diesen Spalt wird der Da'itiberg von seinem nördlichen Nachbarn, dem Pj esc hi berge, bis zur Wurzel getrennt.

Der beschriebene Quellenrücken des Ljum bildet die Verbindung zwischen den die Ost- und West­wand der Landschaft Bena bildenden Bergzügen und somit die Südgrenze dieser Landschaft.

Zwischen ihm und dem vom Süd nach Nord streichenden Da'itiberge findet sich jedoch eine flache Einsattlung, über welche der südlichste Weg aus der Tirannaebene nach Mat läuft, der Schkale S elite genannt wird. ο

Der Rücken, welcher die Ostwand von Bena bildet und von Süd nach Nord läuft, heisst von der auf seinem vergleichsweise flachen Westhange verzettelten Dörfer- und Weilermasse, welche zusammen 200 Häuser zählen, der Rücken von B a s t ä r e .

Aus dem Verbindungswinkel zwischen dem Löcher- und dem Bastareberge kömmt der Bastärebach in der Richtung von Südost nach Nordwest herab, und wendet sich in der Thalsohle nach Norden. Seine Quelle liegt y, St. östlich von der des Ljum. Die Gebiete beider Bäche werden durch einen in der Sohle des Kessels

*) Von diesem Dorfe mochte der sonderbare Landschaftsname B d e i t s c h i (mbe Da'itsche, im D attischen) abgeleitet sein, welcher ebenso wie das südlich davon stehende A k r a b a M y r d i t und die nördlichen K r u s c h m a l i , L a i s , S c h u s c h i und G u r s zu streichen ist, denn sie sind jedenfalls verschollen.

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von Bena von Süd nach Nord laufenden Erdrücken geschieden, auf welchem We η sehe, unser Standpunkt, liegt. Das des Ljum ist das schmälere.

Von dem Ostende der Schkale Dunjase, an deren Fuss der Han Ljaithise (Haselnuss) liegt, durch­schneidet der Weg von Tiranna nachGur-i-barth diesen Kessel und steigt, dem Bette des Bastärebaches entlang den Westhang des Bastärerückens hinauf bis zu der Kjaffa- (Tschjaffa) Murise (Maulbeer [?] Pass), der auch der Schkale Selite zum Ubergangspunkte nach Matja dient.

Von da rechnet man 7 St. nach Tiranna und 2 St. nach G u r - i - b a r t h (Weissenfeis) in Matja. Etwa y2 St. nördlich von seiner Quelle vereinigt sich der Bastarebach mit dem Cal - i -Muner i t 1 ) , der in

der Tirannaebene Terg juse (Seil) heisst. Dieser letztere Bach durchbi'icht den Bastarerücken in der Richtung von Ost nach West, durchschneidet in gleicher Richtung den Kessel von Bena und durchbricht hierauf gleich dem Ljum, seinem südlichen Nachbar, den Gebi rgszug, welcher die Ostwand der Thalmulde von Tiranna bildet, und fliesst in einem engen Felsrisse jener Mulde zu.

Der Abstand beider Risse dürfte eine kleine Stunde betragen. Der durch dieselben isolirte Berg scheint keinen eigenen Namen zu haben, und wird daher nur nach den auf ihm liegenden Dörfern genannt2).

3 / 4 St nördlich von der Tergjuse durchbricht ein Bach gleich der Tergjuse die Ostwand des Benakessels, scheint aber diesen Kessel nicht in der Richtung von Ost nach West zu durchschneiden, sondern sich in dem­selben nordwärts zu wenden, und sich 1 St. weiter nördlich mit dem Bache von Kumar da (von andern nach dem Dorfe L u s i genannt) zu verbinden, welcher in dem östlich von dem Krojaberge von Nord nach Süd streichende Thale, d. h. dem nördlichsten Theile des Benakessels von Nord nach Süd'fliessen soll. Das Wasser beider Bäche fliesst nach ihrer Vereinigung durch die dritte Spalte des Bena und Tiranna trennenden Gebirgs­zuges in die Mulde von Tiranna, wo es Qe$a (die Schwarze) genannt wird3).

Der durch die Tergjusa und £eea i s olirte Berg wird in der Bena Garnen (nicht Kamen), in Tiranna aber nach den Dörfern Her ia t oder (^eleni genannt. Her ia t liegt auf dem Westhange; auf dem Osthange Duschka mit 30—40 Häusern.

Die Quelle des Kumarda oder Lusitbaches liegt an einem im Ganzen wohl von Westsüdwest nach Nordost­nord laufenden Gebirgsrücken. Dieser grenzt die Benamulde gegen Norden ab. Er heisst Tschjaffa S tamit und weiter gegen Osten Ts chJaffa Belekut (wohl nur dialektisch für Pelekut). Auf diesem Rücken läuft die Strasse von Kroja nach Matja, und liegt der See, aus dem nach einer Angabe die Dro ja entspringt*). Dieser Bach läuft in einem Thale, das zwischen der Skanderbegkette und dem das Hurdassagebiet gegen Süden abgrenzenden Bergzug von Osten nach Westen streicht, macht etwa V/2 St. nördlich von Kroja den vierten Riss in die Krojakette und trennt den Theil derselben, auf welchem Kroja liegt, von ihrer nördlichen Fortsetzung.

Unsere Angaben (s. Abschnitt Kurbino in dieser Abtheilung) machen es sehr wahrscheinlich, dass die Quelle des Schen-Liubaches nicht in einer Thalfalte der Krojakette, sondern östlich hinter ihr liege und dieser Bach mithin durch einen sechsten Riss dieser Kette in die Küstenebene fliesse. Doch wir müssen die Feststellung dieser Frage unsern Nachfolgern überlassen. Aus dieser Sachlage ergiebt sich, dass man vom rein hydrographischen Standpunkte das von uns angenommene Krojagebirge nicht als Kette im strengen Sinne des Wortes anerkennen könne, weil ihre einzelnen Theile durch Grundspalten von einander getrennt sind, in welchen Bäche fliessen. Auch ist es gewiss eine seltene Erscheinung, dass eine Reihe von so hohen Bergen für die Hydrographie in demselben Grade gleichgiltig ist wie hier.

Erst im nördlichsten Theil des Raumes, zwischen der Kroja- und Matjakette, d. h. im Gebiete der Hurdassa, stimmt der Lauf der Gewässer zur Richtung der Gebirge, und nur dieser Theil gehört zu dem Gebiete des

J) Kleinere Nebenbäche bleiben hier unerwähnt. 2) In den albanes. Studien I. S. 24. wurde er nach den Dörfern H e r r e oder F e r r e , und sein nördlicher Nachbar nach dem

Dorfe K u r z e i n genannt. Jetzt hörte ich ihn meist nach dem 2 St. ostnordöstlich von Tiranna gelegenen Dorfe Pjeschi nennen, während der Name Herre oder Herriat einstimmig auf seinen nördlichen Nachbar verlegt wird. Dem Monsigr. d'Ambrosio, Erzbischof von Durazzo, verdanken wir die folgende nähere Notiz über die Quellen der Qe^a; Die Qeca hat zwei Quellen, die eine entspringt auf der T s c h j a f f a S tami t und läuft durch die S k a l a W a i s e ; die andere entspringt auf der T s c h j a f f a K a w a j e t i t und verbindet sich*eine Stunde von ihrer Quelle mit der ersteren. — Das grösste Dorf in dem Thale der Qeca heisst K r ο mm at es (wohl identisch mit unserem Kumarda). Es liegt 3y 2 St. von Kroja am linken Bachufer, und hat 50 in 2 Viertel, Kames und Derwisch Kurdi, getheilte Häuser. Der Bezirk, in dem dieses Dorf liegt, heisst Q e r c e n i .

4) Nach einer andern Angabe fliesst der Abzug dieses Sees in den Mat.

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Mat, während alle bisherigen Karten das Gebiet der Hurdassa über den ganzen Benakessel erstrecken, und die Krojakette für deren Wasserscheide von dem Ischmflusse ansehen.

So viel über die Westwand der Benamulde, d. h. die sogenannte Krojakette. Werfen wir nun einen Blick auf deren Nord- und Ostwand.

Die Bergkette, auf deren wichtigstem Ausläufer K r o j a liegt und auf deren Rücken die von dieser Stadt nach Matja führende Strasse läuft, nimmt in ihrem fast westöstlichen Laufe die folgenden Hauptnamen an:

Tschja f fa Salzatekut (2 St. östlich von Kroja), weiter östlich Tschjaffa Stamit , darauf Tschjaffa Belekut 1 ) , an diesen letzteren Gebirgstheil stösst im Osten Tschjaffa Skanderbegut , es bleibt jedoch noch festzustellen, ob deren Westhang an der Wasserscheide zwischen dem Gebiete des Ischm und des Mat Theil nehme, oder ob dieser Gebirgstheil gänzlich in daa Gebiet des Mat falle; wir glauben jedoch annehmen zu dürfen, dass in seinem Bereiche die drei Wasserscheiden zwischen den Flüssen Ischm, Mat und Hurdassa zusammenfallen, und schlagen daher vor, den Namen Skanderbegs nicht auf den Knotenpunkt zu beschränken, sondern auch auf dessen nach Nord und Süd laufende Zweige auszudehnen.

Von unserem Standpunkte, d. h. von dem Südende des Benamulde aus gesehen, scheint nur der nörd­liche Theil der Krojakette, etwa von Kroja an, von Süd nach Nord auszulaufen. Ihre westliche Abbeugung ist sehr gering, die der beiden isolirten Berge unterhalb Kroja ist stärker; die Richtung der Kette im Süden des Ljum vom Da'iti bis zum Pulumasch am Arc.e'n scheint vollkommen von Südost nach Nordwest zu ziehen.

Diese letztgenannte Richtung scheint, soweit wir sehen konnten, die östliche Parallelkette der Kroja-berge, welche wir Skanderbegkette nannten, durchweg beizubehalten. Sie reicht (ebenso wie die Krojakette), bis zu dem von Ost nach West fliessenden untern Matflusse. Aller Wahrscheinlichkeit nach reicht sie aber gegen Süden in gleicher Richtung weit über die Krojakette hinaus, und liegen auf ihrem Westhange die Quellen des Ar$en, während ihr Osthang die Westwand des Quellengebietes des Mat bildet: hier muss es einen Ort geben, wo diese Quellengebiete sowohl unter sich als auch von dem Gebiete des Schkumbi durch einfache Wasserscheiden getrennt sind, und möglicher Weise reicht auch von Osten her das Gebiet des schwarzen Drin unmittelbar bis zu dieser Stelle, weil alle Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der Bach von Kolobarda (eines Nebenflusses der schwarzen Witto) hier gleichfalls entspringt.

Wir müssen also hier den Knoten für wenigstens vier nach den entgegengesetzten Himmelsgegenden auseinandergehenden Gebirgsketten vermuthen. Von diesen ist der zwischen Schkumbi und Ar^en nach Westen streichende Zug das Gerabegebirge unserer Karten; der zweite, zwischen den Quellen des Ar^en und Mat laufend, schickt bei der Tschjaffa Murise eine Zweigkette gegen Westen aus, welche den Arc,en von den südlichsten Quellen des Ischm trennt, bald aber die Richtung von Süd nach Nord annimmt, und in dieser Richtung ein Binnengebirge des letzteren Flussgebietes bildet, dessen Quellengebiet sie von dem unteren Laufe der zu ihm gehörigen Wasser trennt, und auch in ihrem nördlichen Theile von geringer hydrographi­scher Bedeutung ist. Die Risse dieser Kette bleiben, von der Ebene von Tiranna aus gesehen, dem Auge verdeckt; sie erscheint als eine ununterbrochene Bergwand von statlicher H ö h e 2 ) .

Die von der Tschjaffa Murise nordöstlich streichende Kette bildet, wie früher erwähnt, eine solche Wand in der That, und muss bedeutend höher sein, weil wir wenigstens da, wo wir sie überschritten, von ihrem Kamme über die so nahen Krojaberge weg das Meer erblickten.

Ob der die Matjalandschaft im Osten begrenzende Gebirgszug höher als der westliche sei, hatten wir, auf dem letzteren stehend, keine Gelegenheit auch nur nach dem Augenmasse zu bestimmen; dass sich der­selbe aber an den Quellen des Mat neben dem zwischen Matja und Bena laufenden Gebirgszug von dem vor­erwähnten Gebirgsknoten abzweigen dürfte, vermuthen wir nach der Angabe, dass der Pass, auf welchem der Weg von Diwra nach Tiranna diese Kette kreuzt, sehr hoch sei.

l ) Über die Skanderbegkette, in unserem Sinn, führen vier Pässe von der Benamulde und deren nördlicher Fortsetzung nach Matja: sie heissen in der Reihenfolge von Süd nach Nord

1. Tschjaffa M u r i s e oder Murisese, die weiteste, aber weitaus bequemste und daher besuchteste Strasse von Tiranna nach Matja, nicht zu verwechseln mit dem Passe gleichen Namens über die Grenzkette von Matja nach Divra.

2. Tschjaffa S to gut (Hollunder). 3. Tschjaffa P a i n es e (unser Weg). 4. Tschjaffa S i a m e s e , von Kroja nach Kuia Matese.

*) A. Bou6 schätzt sie auf 2500—3000' und die der östliich von ihm streichenden Bergkette über 3000'. L a Turquie d'Europe. Tom. IV. pag. 580.

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Wir können überhaupt nur so viel sagen, dass ihre höchste Erhebung vermuthlich auf das Nord­ende von Matja fällt und dass sie dieser Landschaft ihre lehne Seite zuwendet, auf welcher sich mehrere Parallelketten in einander schieben, während sie vom Thale des schwarzen Drin ohne Vorberge mauerartig aufsteigt.

Soweit diese Kette zwischen Diwra und Matja läuft, heisst sie im Drinthale wegen ihrer Unfruchtbarkeit M a l - i - ς ί (Schwarzenberg).

Ob der Matjaner sie eben so nennt, möchten wir bezweifeln, weil die an ihrem Westfusse liegen­den Striche für die fruchtbarsten seiner Landschaft gelten. Aber im Drinthale verdient diese steile, meist kahle, und sehr scharf, oft bizarrgekantete Felswand diesen Namen mit Recht. Von dem Gebirge hat die von ihrem Kamme bis zum Westufer des Drin reichende Landschaft den Namen erhalten; wir möchten aber denselben auf die ganze Gebirgskette ausdehnen, weil da, wo sie sich im Norden nach unserer Vermuthung an den Krrabi anschliesst, derselbe Name für Gebirg und Landschaft wiederkehrt, obgleich wir annehmen müssen, dass die Eingebornen über eine solche Erstreckung auf die dazwischen liegenden Gebirgsstrecken erstaunt sein würden, denn sie fühlen das Bedürfniss weitreichender Gesammt-namen keineswegs.

Jedenfalls aber ist der auf unseren Karten figurirende Name derselben Domuspolje (türkisch: domuz Schwein und slavisch: polje Ebene) unrichtig, weil er im Lande gänzlich unbekannt ist, und es sehr miss-liebige Aufnahme fand, als ich mich nach ihm an Ort und Stelle erkundigte. Denn die Landschaft ist nur von Muhammedanern bevölkert, bei welchen das Wort bekanntlich zur Bezeichnung Andersgläubiger sehr im Schwange geht.

Wir können uns daher sein Dasein auf unsern Karten nur durch folgende Vermuthung erklären: der Weg von Ochrida nach Elbassan (die altrömische via Egnatia) führt, etwa 4 St. von Struga, durch die von dem Schkumb durchflossene Ebene von Domusowo (Schweinsdorf), und ersteigt an deren westlichem Ende einen von Süden nach Norden streichenden Bergrücken. Es wäre nun nicht undenkbar, dass dieser Rücken einem Reisenden im Hinblicke auf den Dorfnamen als Domuspolje bezeichnet, und dieser Name dann durch den Fehler der Copisten, allmälig nordwärts vorrückend, zur Bezeichnung der in gleicher Richtung zwischen Mat und Drin laufenden Hauptkette verwandt worden ist.

Wir glauben die von Nord nach Süd streichende hohe Bergkette, welche die erwähnte Strasse von Ochrida nach Elbassan im Westen von Domusowo kreuzen muss (das Oandaviagebirge der Römerzeit), als die Fortsetzung der Mal-i-ci-Kette und mithin dieselbe als den von dem angenommenen Knotenpunkte auslau­fenden Südarm betrachten zu dürfen.

Dieser Südarm setzt sich aber auch im Süden der Strasse von Elbassan fort und dürfte sich höchst­wahrscheinlich bis zum Tomoros erstrecken: sollten spätere Untersuchungen diese Ansicht bestätigen, welche schon Kiepert in seiner grossen Karte aufstellt, so ergäbe sich eine den Tomoros mit dem albanesischen Alpen­knoten verbindende Parallelkette des Schar.

An der Strasse von Martanesch nach Elbassan liegt ein Berg, welcher Gur-i-Ntfsese (Brautfelsen) heisst. Auf diesem Berge treffen die Grenzen der Bezirke von Elbassan, S. Gjerkj und Matja zusammen. Da nun die politischen Grenzen in der Regel den natürlichen folgen und mithin, namentlich in Berggegenden, wie die vorliegenden, auf den Wasserscheiden laufen, so fragt es sich, ob der Name dieses Grenzdreispitzes nicht auch den gesuchten Gebirgsknoten bezeichne.

Bedenken wir nun, dass wir für das Bett des schwarzen Drin bei der Stadt Diwra nicht unter 2000 Fuss Meereshöhe annehmen dürften 2), und dass die an der Ostseite jenes Knotens entspringenden Bergwasser, von diesen herabfliessend, 2% St. nördlich der Stadt in den schwarzen Drin münden, und dass der Bergsattel . westlich von den Quellen des schwarzen Witto, über welchen der Weg von Diwra nach dem Thale des Mat führt, als hoch angegeben wird, so möchten wir die mittlere Kammhöhe um den vermutheten Gebirgsknoten nicht unter 4000 Fuss Meereshöhe annehmen.

Für die oben aufgestellten Bodenstufen, wenn sie wirklich hier zusammentreffen sollten, möchten wir sehr grelle Niveaudifferenzen annehmen. Dies ist in rein orographischer Hinsicht unsere beiläufige Vor-

*) Meereshöhe unserer Wohnung in Diwra 2321 Fuss.

Denkschriften der philos.-histor. CI. XVI. Bd. Abhandl. von Nichtmigliedern.

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Stellung von dem sclion von Grisebach aufgestellten Systeme des Elbassangebirges, doch möchten wir dieselben nur als Fingerzeige für künftige Forschungen betrachtet wissen.

Bei diesem Knoten mussten nämlich dann auch die vier Stufen nahe an einander stossen, in welchen der Boden im Norden des Knotens von der adriatischen Küste gegen Osten aufsteigt. Es sind dies die folgenden von Süd nach Nord laufenden vier Thalmulden von Tiranna (nebst der Küstenebene), Bena, Matja und Diwra.

Ad Y. Matja.

a. Quelle des Matflusses und Reise von Bazar Matese nach Kula Matese.

Der Mat *) entspringt aus mehren Quellen im Bereiche des Dorfes Martanesch, welches sich eine Stunde weit in dem Bachthale hinzieht. Das Dorf Martanesch gehört zum Bezirke Elbassan und liegt 7 St. nördlich von dieser Stadt, es hat über 200 Häuser, die in 5 Quartiere zerfallen, wenig Acker-, mehr Viehwirthschaft, doch ist es im Ganzen arm 2).

Von Martanesch bis Böan (Bej an) sind es 3 St. und von da bis Kula Matese 6 St., im Ganzen 9 St. und ebensoviel bis zur Stadt Diwra.

Der Weg führt längs des Mat an dessen linkem Ufer, ohne je über den Bach zu setzen, in 3 St. nach Bazar-i-Matit in der Landschaft Kl josse , die 300 Häuser zählt, wo die Reste einer alten Festung und einer zerstörten Brücke des Weges nach Gur-i-barth.

Das Dorf liegt */4 St. nördlich und heisst B ö an, wo Jacheja Hodscha wohnt; in dem Dorfe ergiesst sich der Bach von Böan, von Osten herkommend, in den Mat. Seine Quelle liegt 3 / 4 St. von seiner Mündung; 1 St. nördlich von Böan ist die Mündung des Baches von Gur-i-barth8).

1 St. westlich von Boan liegt D a r e s i , 60 Häuser, auf der Lehne der westlichen Thalwand. y 2 St. nördlich von Daresi F u l k j e t , 70 Häuser. 1 St. oberhalb Daresi G u r - i - b a r t h . Vom Bazar-i-Matit sind nach Tiranna 11 St. (?), nach Diwra 12 St. (?) und nach Kula Matese, der Residenz

des Mudir, 6 St. Der Weg nach Kula Matese führt von Be'an nach Qeruje, V/2 St., mit einem kleinen Bache, der V/, St.

vom Dorfe in den Mat fällt. Es hat 15 Häuser. y.2 St. von Qeruje bi s z u r Tschami K a z i n i t (Moschee des Kadhi) im Bezirke Patön 4). Kurdare ' i , 1 St. von der Tschami, Residenz des Hassan Begut, Haupt der Olomanen, etwas westlich

von der Strasse, ein Steinbau von sehr altem Aussehen. Ubergang über den Bach von L y s i a Aramai't , dessen Quellen 2 St. von hier bei einer Mühle. Der

Bach fliesst in einer tiefen Furche mit sehr steilen Rändern ö). · Übergang über die L y s i a (man hört meist Lüsia) Lesese 6 ) , hier Zape'i-Baeh genannt, der 2y2 St.

von da entspringt und 4 St. (?) von da in den Mat münden soll, mit noch tieferem und steilerem Bette. Mlise oder L y s i a , Bazarort des Bezirkes gleichen Namens, auf der rechten Steilseite des Zapeibaches,

welcher auch nach dem Bezirke genannt wird. Es hat 100 in vier Viertel zerstreute Häuser und liegt 2 St. nord-

v) Dies ist die Wurzelform, mit angehängtemArtikel M a t i , der Mat. Doch hört man sehr häufig im Genitiv M a t e s e , wonach der Name weiblich wäre, indessen hörten wir auch Drinese neben unbestreitbarem Nominativ Drini.

-) Gur-i-barth ist auch 3 St. von Martanesch. liegt aber V/2 St. westlich vom Mat und vom Bazar, es hat 250 Häuser und eine alte zerstörte Festung. Sehe M e r r i , der Quellenort des Arcen, liegt 3 St. westlich von Martanesch.

3 ; Scheint auch Uje M u r i s e genannt zu werden. Dieser Bach entspringt 7 St. von Burgajet und eben soviel von Tiranna bei dem Dorfe D sip er und mündet 2 St. von diesem Dorfe bei der U r e - W a s c h i u (Mädchenbrücke) in den Mat.

4) Dieser Bezirk begreift 2—300 Häuser und wird von dem Fis der Tischellai bewohnt. Dieser Fis erstreckt sich auch auf das linke Matufer. Gur-i-barth gehört ihm zur Hälfte, zur andern Hälfte dem Fis der Kljossei. Das Dorf T s c h e l l a ' i liegt 20 Min. östl ich von der Tschami Kazinit.

5 j Nach andern Angaben L y s i a K u r d a r e i s e , sie entspringt 2 St. östlich vom Kreuzungspunkte, nach andern im Pass von Toli. Ihre Mündung zu erfragen wurde vergessen.

6 j Ihre Quelle dürfte weiter von Kreuzungspunkte abliegen, denn sie liegt bei Kjutat Skanderbegut.

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westlich von Kurdarei und 1 St. östlich von der Residenz Seid Beis, welche gemeinhin K u l a Matese, der Thurm von Matja, genannt wird.

Kula Matese selbst soll von Tiranna 11 St., von K r o j a 10, von Delb in ischt über Kurbino 9 St., von Orosch 8 St., von Elbassan 16—17 St. liegen.

b. Weg von Kula Matese nach Tiranna Von Kula Matese: · 1 St. Mesutsch, 50 Häuser. y 2 St. Kreuzung des Matflusses. y 4 St. F ü l t s c h e t (Vulgäraussprache von Fulkjet), 50 Häuser, '/4 St. vom Flusse.

1 St. Dar da, 40 Häuser. 2 St. D s i p e r , 50 Häuser, hoch auf dem Osthange des Gebirges, zu Mat gehörig. 1 St. bis zum Gebirgskamme Tschjaffe Murisese, dann den Westhang des Rückens, d. h. das

Gebiet von Bastäre herunter. 2 St. bis zum Anfang der Skala D ü n j a s e . 3 St. Tiranna.

1Γ / 4 St.

c. Von Kula Matese nach Diwra, 7 Stunden (?). Von Kula Matese: 1 St. L i s s -Bazar . 1 St. Fare tz , 10 Häuser 2 ). Γ / 2 St. W a r o s c h , auch Kjutat Skanderbegut genannt.

! / 2 St. M u r , 30 Häuser, wonach der Pass genannt, auf dem der Weg das Gebirge passirt; gegenüber Kazenik mit 60 Häusern.

y 2 St. Sel itsche, 100 Häuser, von da geht der Weg über den Berg Brat. iy> St. Kdgai' oder Qoga'i mit 100 Häusern, welches bereits zu dem Diwraner Bezirke Grük-e-wogelje

gehört. i y 2 St. Diwra.

_ 8 St*).

(1. Weg von Kula Matese bis zur Wegir-Brücke des Drin. Von Kula Matese: 6 St. bis K t h ü e l l a (Kesella) oder Schkel la , kath. Bezirk von 600—800 Häusern, die sich von Matja

getrennt und zu den Miriditten geschlagen haben. 2 St. bis Orosch (Warosch), dem Hauptorte der Miriditten. 9 St. bis zur W e c , i r - B r ü c k e . Die Strasse ist nicht gar zu schlecht und führt meist durch bewaldete Thäler. Der hohe Ibai i i K o d r e

Schugese in Dukadschin (?) bleibt etwas rechts vom Wege. Von Orosch bis zum ßazarorte Pes-schtepi , zu deutsch „Fünfhaus", 9 St. (?), von da bis zur Brücke

D a r e s i über den schwarzen Drin 5 St. (?).

J) Von Bairam, Leibpalikar des Iiias Aga von Diwra. -) Alle Häuser der Dörfer dieses Weges sind albanesisch-muhammedanisch und in getrennten Vierteln verzettelt. 3) Nach den in dem Abschnitte: Umgegend von Diwra, enthaltenen Angaben liegt H o m e s c h 21/* St. von Diwra und y 2 St.

vom Drin. Das ergäbe 9 Stunden. Ba'iram ist ein vortrefflicher Ortskenner, aber das Stundenmass ist seine schwache Seite. Mehrere andere Angaben rechnen von Diwra bis Kula Matese übereinstimmend 12 St.

b

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12 «7. G. ν. Hahn

e. Weg von Kula Matese nach Lesch . Von Kula Matese: Γ / 2 St. Kreuzung der Uraka . Γ / 2 St. Fs eh eher (Scheher), hart am rechten Ufer des Mat. 5 St. Kreuzung des vereinten F a n d i .

y 2 St. K u l a Bulg jer i t , welche 2 St. stromabwärts von der Verbindung der beiden Fandi liegt. 2 St. S c h k j u p , « w e l c h e s 3 l/ 2 St. südwestlich von dieser Verbindung liegt.

y 2 St. Rubi go, das 3 St. (?) nördlich von Pedana fällt. 1 St. Spetani. 2 St. Lesch .

14 St.

f. Pcrlata'i. Pfarrkirche von Perlata'i liegt von Seiita 3 St. Kese l la , 2 St. gegen Westen: die Strasse führt über Schtoi und Scheher. Biskass i , 5 St. V e g l i a , 7 St. Pedana, 8 St. Die Strasse von Perlata'i nach Pedana kreuzt den Fandi bei seiner Verbindung nach 4 St., also

halben Weges. Burgajet , 6 St. Diese Pfarrkirche liegt etwa 3 St. südlich vom kleinen Fandi und 3 St. vom Matifluss. Das Hauptdorf liegt

mit 38 Häusern um die Pfarrkirche. Das kleine Dorf K u l a Paschese mit 7 kath. und 9 muham. Häusern 3 St. südlich von derselben. Die ganze Pfarrei hat also 45 kath. und 9 muham. Häuser. Sie bildet mit Kesella ein Bairak, mit dem es auch früher nur eine Pfarrei bildete.

Die Westgrenze bildet der 2 St. von der Kirche fliessende Bach Sar i t , die Ostgrenze die 4 St. von der Kirche entfernt Tschjaf fa L u r e s i t , welche das höchste Gebirge der Umgegend ist.

Sie grenzt gegen Norden an das Bairak von Orosch. Das Gebiet der Pfarrei besteht aus flachgeböschtem Hügelland und enthält 4 Geschlechter (Fis): Dodai , H i l d i , D u k ä i , Botschjai .

Strasse von Perlata'i nach Orosch: 2 St. (?) von der Pfarrkirche bis Skjeba (Skaba). 2 St. (?) nach K e s e l l a eper. Γ / 2 St. Bultschiatschi . i y 2 St. Orosch.

~ StT(?) Strasse von Perlata'i nach Burgajet: 2 St. von der Pfarrkirche bis Latsche , türkisches Dorf mit 20 Häusern.

y 2 St. Kreuzung des Baches Uraka . y 2 St. Schui tr ia mit 4 Mühlen.

2 St. Kreuzung der Tschjaffa Puia. 1 St. Burgajet .

~6 StT~

g. Kethella. Die Pfarrkirche von Kethe l la (Kthüella, Kesella, Schkella) liegt von O r o s c h 6 St., von Tschjaffa

Schal E g i a a n 3 St., von Nder F a n d i n a 2y2 St., von Bulgar i und K r u e qeqi 4 St., von der Mündung des Fandi in den Mati 7 St., von Rubigo 7 l/2 St., von Pedan 9 St., von Aless io 11 St., von Bisch-kassi 8 St., von Burgaje t 8 St.

Der Bezirk Kethella hat 165 ausschliesslich kath. Häuser, welche zusammen mit Perlata'i ein Bairak bilden. Sie grenzt gegen Osten an Perlata'i auf dem Hügelrücken N u s m e n a , gegen Süden mit der

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Tschjaffa Tschgola und dem Bach Sarita. Die Grenzen gegen das Bisthum Alessio sind gegen Nord Schal Ε giaan und Nderfandina, gegen Abend der kleine Fandi bis zu seiner Vereinigung mit dem grossen, von da bis zu der südlich gelegenen Tschjaffa Derwenit und weiter gegen Süden bis zur Mündung des Baches Dre (d. i. Reh) in den Mat, von da an gegen Osten trennt der Mat die Pfarreien Kethella und Bischkassi. Mit Seiita eper grenzt Kethella nur im Südosten, wo die Tschjaffa Muts chit die Grenzlinie bildet, welche östlich von dem Bache Sarit läuft.

Ganz Kethella hat keine hohen Berge, sondern ist meist Hügelland, und die Dörfer und Weiler liegen entweder auf den Rücken oder an den Hängen der Hügelzüge.

Der Bach von Nusmena durchströmt das Thal von Kethella, welcher an dem Hügel gleichen Namens entspringt und nach einem Laufe von 7 St. (?) in den kleinen Fandi (4 St. vor der Vereinigung der beiden Fandi) mündet. Dieser Bach bewässert ein Drittheil der Felder von Kethella, und sie gewähren daher sehr reiche Maisernten.

Kethella und Perlata'i gelten für die fruchtbarsten Bezirke des ganzen Landes und treiben neben dem Maisbau noch beträchtlichen Weinbau.

h. Seiita. Die Pfarrkirche von Se i i ta liegt von der von P e r l a t a i 3 St., von der von L u r j a 5 St., von der

von Orosch 6L/2 St., von Burgajet 5 St., von der Mündung der U r a k a in den Mat 4 St. Seiita grenzt gegen Osten an Lurja. Der Kamm des W a Im or bildet die Grenze, von der die Pfarr­

kirche 3 St. westlich liegt; gegen Nord an Orosch, der Kamm der Kette Buse Malit macht die Grenze, von der die Pfarrkirche 4 St. südlich liegt: dieselbe ist nicht höher als die übrigen der Gegend und wird von dem Walmor weit überragt; gegen Abend mit Kethella: der Kamm der Tschjaffa Mutschit 2 St. von der Pfarr­kirche macht die Grenze; gegen Süden bildet die Uraka die Grenze bis 1 St. vor ihrer Mündung in den Mat: diese Mündung liegt 41/, St. von der Pfarrkirche.

Die Pfarrei hat also 5 St. westöstliche und 7y2 St. nordsüdliche Ausdehnung. Von dem westlichen Grenzpunkte bis Aless io sind 15 St. (?) Zum Unterschied von Selit-e-wogelje, das 13 St. westlich am Einflüsse des Fandi in den Mat liegt, wird

dieser Bezirk Sei i ta epere (Ober-Seiita) genannt. Der Urakabach fliesst durch das Thal von Seiita, er entspringt in der Walmorkette i y 2 St. nördlich

von der Pfarrkirche. Er fliesst mehrere Stunden unter der Erde. Seiita hat 81 kath. Häuser mit 990 Seelen und 20 muham. Häuser mit ungefähr 250 Seelen. Christen

und Muhammedaner bilden zusammen nur ein Bairak.

i. Der Weg von Seiita nach Burgajet, 5 Stunden. Dieser Weg geht über Datschi , Dschiodschja i , Dukadschin (Dorf in Matja) und D r i a n i nach

Burgajet und lässt Perlata'i 4 St. westlich.

k. Weg von Seiita nach Lurja. Von der Pfarrkirche bis zur Quelle der Uraka am Fusse der Walmorikette Γ / 2 St. Diese Kette bildet

die Südostwand des Urakathales. Bis zur Grenz- und Wasserscheide zwischen Seiita und Lurja, d. h. dem zwischen der Walmor i - und der Busa-Mali tkette laufenden Wulst, der kaum 20 Fuss höher ist, als die beiden Thalsohlen, % St., bis zur Verbindung mit der Strasse von L u r j a nach Orosch etwa1) 1 St., von da bis zum Krejeviertel y 2 St., bis nach Lurja-e -made i y 2 St., in Summa 5 St.

Die Kette Walmori bildet die Südwand des Quellthaies der Uraka und dehnt sich 8 St. lang gegen Süden bis zum südlichen Ende des Gebietes von Seiita aus. Auf dem südlichen Abhänge dieser Kette liegt M a z u k l i , dessen Gebiet als das wildeste und zerrissenste von ganz Matja bekannt ist.

!) Diese Weggabel fiele mithin etwa 3V 3 St. von Orosch, 2 St. von Lurja und 3 St. von Seiita.

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14 /. G. υ. Hahn

Ad VI. Bischkas. a. Kurbino und seine Nachbarschaft.

Der Thalbach von K u r b i n o heisst Hurdassa (auf älteren Karten Wardassa). Er entspringt 3 St. süd­östlich von der Kathedrale bei dem Dorfe W i j n ä l i an dem Nordhange der südlichen Winkelspitze des Thaies von Kurbino, da wo der Verbindungspunkt der Ketten liegt, welche rechts und links das Kurbinothal bis zum Mat begrenzen. Die Hurdassa mündet 23/4 St. nordwestnördlich von der Kathedrale in den Mat. Ihre Länge betrüge sonach fast 6 St. Ein sehr schwieriger Fusssteig führt thalab von der Kathedrale über das Pfarrdorf Skura'i , doch liegen beide nicht an dem Bache, sondern über Λ/, St. von ihm, auf seiner östlichen Thalwand.

Die Mündung der Hurdassa fällt 2 St. östlich stromaufwärts von der des Fandi und Γ / 2 St. östlich von dem Felsthor1), durch welches der Mat läuft. In die Hurdassa münden von rechts und links nur kleine Sturz­bäche, sie heissen Gadsch idan i , H u r d ä s e l i , M a l i b a r d i und der von der Marea von Socco nalta.

Die Quelle der Hurdassa mag etwa 6l/2 St. von Kroja entfernt sein. Die Theile der Skanderbegkette, welche die Ostwand des Kurbinothales bilden, sind weit höher, und der Weg, der über sie nach Bischkassi führt, ist weit schwieriger als die der Westwand, sie heissen T r o l l a und Drussena. Die der Ostwand heissen G h j e r i oder A r g e a (vermuthlich lauter Dorfnamen).

Das Gebirge an der Südwand des Thaies, über welches die Strasse nach Kroja aus dem Gebiet der Hurdassa in das Thal des Schjen L i u Baches führt, heisst Tschjaf fa Gatuessi .

K u r b i n o als Pfarrei begreift 27 kath. und 39 muham. Häuser, welche in 10 kleine Weiler getrennt sind. Diese heissen Gala ta , L o g a p a s c h i , P r u d a n i , k le in Sei ita 2 ) , M a l i bardi (weisser Berg), W i n j a - a l i , Schikreta'i (Schkretai), D a u l a , N d ü a s a und Marmuschesi .

Kurbino war vor Zeiten ein den Erzbischöfen von Durazzo gehöriges Fürstenthum, und bis zum Jahre 1673 führte Monsgr. Galato den Titel Fürst von Kurbino. Dieses Fürstenthum hatte eine Länge von etwa 36 italienischen Meilen (also etwa 9 geograph. M. oder 15 türk. St.) und eine Breite von etwa 24 italienischen Meilen.

Seine natürlichen Grenzen sind folgende: gegen Westen U i - i - b a r d (weisses Wasser), Che'ja, C h a l j a - i - D a u l d (Schloss von Daula) und L j u m Dree (Rehbach). Es erstreckt sich bis nordöstlich zu dem Bergpass von K e s e l l a ( K t h ü e l l a ) , und seine Nordgrenze bildete weiter westlich der Matfluss, G u r e s i , die Q e 9 a > K u t s c h i und der Bach D r o j a aufwärts bis zu Ui-i-bard. Die Kathedrale von Kurbino liegt mithin genau in dem Mittelpunkte des Fürstenthumes. Als Fürstenthum besass also Kurbino nach heutiger Rechnung 316 Häuser, wovon 132 kath. und 184 muham.

Man rechnet von Kurbino 3 St. bis De lb in i sch t , δ St. bis Bischkass i und 8 St. (?) bis Kro ja .

b. Weg von Kurbino bis Kroja.

Von Kurbino das Thal der Hurdassa gegen Süden aufwärts ziehend, geht die Strasse nach 2 St. auf der Brücke Iaal von deren rechtem auf das linke Ufer über. ·

Die Quelle der Hurdassa liegt etwa 1 St. östlich von dieser Brücke. Auf dem linken Ufer läuft die Strasse anfangs das Hurdassathal wieder abwärts, zieht an dem zerstörten Schlosse Chal ja Dauld 3 ) vorüber, das, wie es scheint, nicht weit von der Brücke liegt, und erreicht in 2 St. von der Brücke an die Passhöhe der Tschjaffa Gatuess i , welche das Gebiet der Hurdassa von dem des Sc hj en L i u Baches trennt. Aus diesem

J) Wonach jenes Felsthor nur V 2 St. östlich von der Mündung des Fandi läge. 2) Hecquard's Karte verwechselt diesen Wreiler mit dem 12 St. östlich gelegenen Pfarrorte Seiita, verlegt diesen an dessen

Stelle von klein Seiitta und deckt ganz Matia mit den an deren Nordwand gelegenen Pfarreien von Lura und Kesella (Schkela) zu.

3) Der Weiler Daula mit 4 Häusern soll 3 / 2 St. vom Schlosse und 1 St. vom Bache liegen.

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Thale gelangt die Strasse, nachdem sie den von Ost nach West biegenden Bach gekreuzt, in das Thal der D r o j a , zieht an dem Dorfe Brett vorüber, welches mit 5 Häusern 1 St. nördlich von der D r o j a b r ü c k e liegt, kreuzt auf dieser Brücke den Drojabach und erreicht in Γ / 4 St. die Stadt Kroja1).

c. Die Bäche Droja und Sehen L iu . Die Quelle der Droja liegt 3 St. östlich von der der Hurdassa auf dem Berge Schikreta. Auf diesem

Berge befindet sich ein runder See, der etwa 500 Fuss im Umfange und felsige Ufer hat; aus diesem ent­springt die Droja2).

Die Quelle des Sehen L i u liegt in den Bergen von Heja , 4 St. südlich von den Quellen der Hurdassa. Der Sehen Liu läuft von Osten nach Westen und verbindet sich mit der Droja 1 St. vor seiner Mündung in die See bei der Sandbank von Schel l ina .

Von dem Vereinigungspunkte liegt die Quelle der Droja etwa 10 St., die des Sehen Liu etwa 5 St. Die Strasse von T iranna nach Aless io kreuzt aber beide Bäche vor ihrer Vereinigung, und zwar

zuerst die Droja 6 St. von Tiranna und Γ / 2 St. später den Sehen Liu Bach bei der Mündung der Schwefel­quelle Uje-kjelpete 3 ) in denselben.

d. Mal-i-barth (weisser Berg). Dieses Gebirge bildet die Südwand des Mat von der Mündung des Fandi bis zu seinem Austritte aus

den Bergen in die Ebene. Es ist also das nördlichste Glied der Krojakette. Sein höchster Gipfel liegt genau südlich von der Fandimündung. Das nach ihm benannte Dorf M a l - i -

barth mit 16 muham. und 12 kath. Häusern liegt auf dem Osthange des Berges. An alten Bauresten kennt man auf ihm nur die Überbleibsel einer S. Michael geweihten Kirche mit einem zur Hälfte eingestürzten Glockenturme.

Ad YII. Delbinischt. Reise von Kula Matese über Bischkas nach Delbinischt 4 ) ,

Von dem Mudirsitze in nordwestlicher Richtung den ziemlich steilen Abfall des Ausläufers abwärts. In rein westlicher Richtung dürfte dieser Sitz schwerlich über 3 / 4 St. vom Rinnsal des Mat entfernt sein. Durch das Gebiet des dem Mudir gehörigen, 1 St. von seinem Hause am rechten Matufer gelegenen Tschiftlik Β ore IIa (Burella).

1 St. Ubergang über den Mat, bis dahin und jenseits magerer, unbewässerbarer Boden, wenig bebaut, hie und da mit Eichenknieholz bestanden. Dagegen gilt der Boden von Derjani längs des Baches von Schule inte , dessen Südwand der vom Mudirsitze gekrönte Rücken bildet, für den besten der ganzen Land­schaft. Unweit vom Übergang über den Mat Kreuzung des nach dem Dorfe Germaite benannten, von Süd nach Nord fliessenden Baches. Das Dorf liegt y2 St. oberhalb des Überganges. Kreuzung mehrerer bewal­deter Hügelketten zu dem Gebiete von Gar i t za oder Garetz gehörig. Der Weg von Kula Matese nach Kroja geht etwa l 1 / . , St. von ersterem durch das Gebiet dieses Dorfes.

y) Der Anklang zwischen Droja und Kroja besteht im Albanesischen nicht, da die Stadt Knie und mit Artikel Krua heisst. 2) Auf der Karte des Pfarrers von Bischkassi hat dieser See 3 / 4 St. nordsüdliche Länge und % St. nordöstliche Breite, und

kommt aus ihm ein Bach, der 2 St. lang bis zum Dorfe G u m a n i in nordöstlicher Richtung, von da an aber in östlicher Richtung und 1 St. vom Dorfe in den Mat mündet.

3) Hienach sind die in den Albanes. Studien I. S. 24 enthaltenen Angaben zu berichtigen, nach welchen die Droja bei dem Dorfe B u s c h u k sich mit den den Ischmibach bildenden Wässern verbindet, und auch der Sehen Liu Bach vergessen ist. Die übrigen Angaben ergaben sich bei einer nochmaligen Prüfung in Tiranna als vollkommen genau. Über die Schwefel­quelle siehe Albanes. Studien I. S. 90.

·*) Verschiedene uns spater zugegangene Angaben über diese Gegenden machen es uns zweifelhaft, ob wir die gewöhnl iche Strasse gegangen sind, oder ob der geringe Wasserstand des Mat eine frühere Kreuzung desselben, als gewöhnl i ch , erlaubte.

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16 G. ν. Hahn

Rückwärtsblickend das Dorf Ramel (Remulj) mit stattlichen weissen Häusern auf der Nordwand des Baches von Schuleinte etwa l1/*—2 St. von unserem Wege im Gebiete von Mazukli.

Man rechnet von K u l a Matese bis Bischkass i nur 3 St., wir ritten aber bis zum Pfarrhause von Brinje von 2 bis nahe vor 8 Uhr, also zwischen 4—δ türkische Wegstunden.

Brinje hat 14 kath. Häuser, 1 St. nördlich davon Schtoite , 14 Häuser, Otta i südwestlich von Brinje, 13 Häuser, und Seh eh er, Γ / 2 St. nördlich von Brinje, 30 Häuser.

Von Brinje liegt Schtoi* 1 St., Ubergang über den Mat y> St. Von da durch die unbewässerbare und unbebaute Ebene Satschat (türkisch Teppich?) und Hügelland bis zum Fusse der Kette von Smenja Γ / 2 St.

Bis zum Gebirgskamm 2y2 St. Der Weg begleitet den Nordhang dieser von West nach Ost laufenden Kette, welche die Südwand des Fandi bildet.

Die rechte Thalwand des Fandi macht die Wel jaket te , an deren Westende die Stadt L e s c h (Alessio) liegt. Dann kreuzt der Weg den Kamm von neuem, steigt zum Mat herab und kreuzt den Fluss zum zweiten Male (das erste Mal 1 / 2 St. nördlich von Schto'ite), 2 Stunden. Etwas oberhalb unseres Kreuzungspunktes sieht man das senkrechte Felsthor zwischen dem Berg von SkuraY und der Smenjakette, durch welches der Mat fliesst. Die Südwand fallt so steil in das Rinnthal ab, dass wir bequemer in diesem ritten und Winters dieser Weg gefährlich ist.

Mündung des Fandi in den Mat (3, nach Andern 4 St. von dessen Mündung ins Meer). Jenseits auf dem nördlichen Ufer liegt das stundenweit verzettelte Dorf B u l g j e r i , nach dem auch das Gebirge benannt wird.

1 St. westlich von der Mündung des Fandi am Nordufer des Mat, etwas östlich von dem letzten Hügel , bei welchem der Fluss in die Küstenebene eintritt, Pedana mit einer katholischen Pfarrkirche, Ί / 2 St. süd­westlich davon M i l o t i mit einer katholischen Pfarrkirche am Fusse des Gebirges, 1 / i St. südlich vom Mat.

i y 4 Stunde südlich, aber hoch gelegen, Delbinischt . Von Brinje nach Delbinischt 10y2 türkische oder 12y2 geographische Stunden. Directer Fusssteig bis K u r b i n o 5, von da bis De lb in i scht 3 (nach Anderen 4, vielleicht nicht tür­

kische, sondern geographische Stunden), Summa 8 türkische Stunden.

Ad VIII. Lesch. a. Reise von Delbinischt nach Lesch.

Von De lb in i scht bis zur Kreuzung des Mat Γ/2 St., halb waldiger Berghang, halb Ebene. Von der Kreuzung des Mat bis Lesch 3 St.1) Ebene.

Der Bazar von Lesch hart am südlichen Ufer des Drin und am nordwestlichen des Festungsberges. J a r m a k , zweites Viertel am Südhange dieses Berges, höher gelegen und daher gesünder, und nördlich

davon, also östlich und nordöstlich von der Festung und fast gleich hoch mit ihr, auf halber Höhe der linken Thalwand des Drin, die zerstreuten Häuser von Murt in 2 ) , von der Strasse nach Skodra sichtbar.

Vom Fusse der Thalwand bis zum Flusse eine kleine Viertelstunde breite, sich allmälig zur Drinebene erweiternde ebene Sohle.

Auf dem rechten Ufer bespült der Fluss den Fuss einer niedern Felshügelkette.

b. Weg von Lesch nach Wau-Deise 3 ) , 6 Stunden. Vom Bazar von Lesch: 1 St. U r a Blak G j o n , Steinbrücke, unter welcher die Wässer von Robosehtia und einige Quellen

von Ka lmet i dem Drin zufliessen.f

*) Nicht 2V>, wie in den Albanes. Studien. I. 91. Der Seite 94 erwähnte Felshügel , ostsüdöstlich von Lesch, wurde uns diesmal nicht F e k e , sondern M a l i W e l j e t genannt.

2) Man hört auch M r t i n ; wahrscheinlich wird das Viertel Jarmak auch W a r o s c h genannt. 3) Von Don Angelo Bardi.

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1 St. u ra Schkinese , Steinbrücke, unter welcher die Wässer des Weljaberges und des Gebietes von Kalmeti dem Drin zufliessen, nämlich die von Trosch ian i , F ischta , Kra' ini , Nanschjati , Kodett i (Godetti), Bach i i und Bl in i scht i .

1 St. U r a G j a d r i , Steinbrücke, durch die der Gjadri in den Drin fliesst. Von hier ist 1 St. nach der Kirche von S. Pantaleon des Dorfes Β aba, welche 4 St. von Lesch entfernt ist.

Der Weg läuft stets längs des Drin, ausser in der Ebene von M e r k i a , wo der Drin von ihr l / 2 St. gegen Westen abweicht, und erst bei B a i drin wieder zu ihr tritt.

Die Strasse hat von Lesch etwa 10 M. zu ihrer Rechten die Häuser des Warosch (der Vorstadt) von Alessio auf der Böschung des Berges Sche-Lebuami (S. Salvator), jenseits des Drin aber die Klosterkirche von S. Antonio.

Nördlich vom Warosch die Häuser von Murtin (oder Merkia) und darauf das Dorf Robosehtia mit wenig Häusern, wo gute Mühlsteine gebrochen werden.

3 / 4 St. von dem Wege und Γ / 4 von Lesch K a l m e t i , etwas nördlicher als Ure Blak Gjon , zwischen dieser und der U r e Schkindse, dehnt sich die Ebene von B l in i scht i gegen Osten aus.

Darauf folgt an der Strasse die Kirche von S. Stefano von Bl in i scht i , K a k a r r i k gegenüber; östlich von dieser Kirche die Ebene von Arnietti und Blinischti.

Von dieser Kirche in gleichem Abstände von 1% St. Ka lmet i , Trosch ian i , F ischta , Kra'ini , doch Nanschiati 2 St. nördlicher, % St. B a c h i i und Godett' .

Die Strasse behält nordöstliche (?) Richtung und erreicht nach 20 M. das Dorf G j a d r i hart am Ostufer des Drin mit 34 christl. und 6 muham. Häusern, reizender Ort, aber mit ungesundem Trinkwasser.

l / 2 St. nördlich von dem Dorfe die U r e Gjadr i . 10 M. nördlich das Dorf Qoisi. δ Μ. die Kirche von S. Veneranda , Dorf mit 20 christl. und 2 muham. Häusern, gleichfalls ungesund. V 4 St. Gramsch i , am Westufer; gegenüber Kj ik l i . Gegen Osten 1 / 2 St. von Gramschi liegt

Da i t sch i und weitere 3 / 4 St. Nanschjat i (folglich Γ / 4 St. vom Drin, y a St. mehr als Kalrndti). Etwas südlich von Gramschi führt die Strasse von Lesch nach Skodra über den Drin.

y> St. vom Han von Gramschi bis zur Kirche von S. Pantaleon des Dorfes Baba, dem */2 St. westlich jenseits gegenüber Barbulusch i und

y 4 St. östlich von Baba — Draguschi und 1 St. H a i m e l l i liegt. Bei dieser Kirche verlässt der Weg nach W a u De'ise das Drinufer und beschreibt in gerader Richtung

gegen Norden mit kleiner Neigung gegen Osten die Sehne des Bogens, welchen der Drin gegen Westen macht. 5 M. von der Kirche durch Patsch i i rami mit 10 muham. und 2 christl. Häusern. 1δ Μ. Pistol . Etwas nördlich von Pistol tritt der Drin wieder an die Strasse. Diese geht durch Schelkjet und

M i d i a und kommt in Γ / 4 St. von Pistol nach Wau De'ise.

c. Der Gjadribach Der Gjadr ibach entspringt oberhalb Katschnjett i , an derStelle, welche Bischassi-Katschnjett i

heisst, und am Fusse des Gerschisoberges 2 ) in der Ebene liegt. Das Dorf liegt mit 40 weit zerstreuten Häusern auf der Westseite des Baches, welcher etwa Γ / 2 St. in seinem Gebiete fliesst, und dann in das von W i g u übertritt. Hier nimmt er zuerst den Kafta lbach auf, der von dem Westhange desselben Berges herabkommt, und kurz vor der W o m a , etwa s / 4 St. von der Pfarrkirche von Wigu, in den Gjadribach fällt.

Die Woma hat ihre Quelle 2 St. weit von ihrer Mündung, welch letztere etwa l / 2 St. östlich von der Kirche von Wigu entfernt ist. In dem Mündungswinkel liegen die ausgedehnten Ruinen von Kastri .

Dieser Mündungswinkel hat mit der übrigen Ebene das gleiche Niveau, aber die beiden Bacharme bilden tief in den weichen Grund der Ebene eingerissene senkrechte Gräben.

3) Von Don Angelo Bardi, -) Dieser Berg bildet das Südwestende der T r e b u n i k ette.

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Die Umfassungsmauern sollen mehrere (?) Stunden verfolgbar sein. An einer Stelle waren dieser Mauer 8 Zimmer angebaut, deren Grundmauern noch sichtbar sind. Ausserdem sind weder im Inneren der Umfas­sungsmauern, noch irgend in ihrer Nachbarschaft Reste einer Kirche oder grösserer Gebäude, eine Inschrift, eine Säule oder sonstiges Architekturstück bekannt. Die Umwohner betrachten diese Ruinen als die Wiege des Georg Kastriota.

Das heutige Dorf Kastri liegt auf einem Hügel, etwas oberhalb der Ruinen, am rechten Bachufer, links vom Wege von Wigu nach Katschnjetti.

W i g u , dessen Kirche etwa % St. vom linken Bachufer den Ruinen gegenüber liegt, ist ein sehr zer­streutes Pfarrdorf mit 40 kath. Häusern.

1 St. bachab wärts davon das ebenfalls zerstreute Pfarrdorf Μ η e 1 a. y 4 St. bachabwärts G r ü k a Gjadr i t (der Pass des Gjadri) und von da 4 St. bis zur Mündung des

Baches in den Drin. 25 M. bachabwärts von Grüka liegt Narosch i (Naraschi); zwischen beiden Dörfern liegt eine 25 M.

lange und 15 M. breite Ebene, an deren Ostseite ein 16 Palmen hoher Hügel liegt, welcher der gesprungene M a l K r u d genannt wird, und von dem es heisst, dass er zur Strafe des Himmels für die Gottlosigkeit der Einwohner von dem südlich davon gelegenen Mal-i-barth abgelöst und in die Ebene geschleudert worden sei.

Bei Naroschi verlässt die Strasse von Wigu nach Skodra das Gjadrithal, denn dieses nimmt hier in einem wreiten Bogen südwestliche Richtung an und mündet in dieser Richtung in den Drin. Naroschi liegt 1 St. südsüdöstlich von Wau De'ise.

y> St. südwestlich von Naroschi ΗaimeIii am linken Bachufer; 1 St. davon fliesst der Bach mitten durch Da'itschi, den Sitz des Mudir von Qa-Drima, l i n ( j nimmt in diesem Dorf auch die G l i n a auf, welche zwischen Naroschi und Go janni am Mal-i-barth1) entspringt und in ihrem dreistündigen Laufe einen ähn­lichen Bogen wie der Gjadri beschreibt. Der letztere mündet 1 St. südwestlich von Da'itschi in den Drin. Sein Lauf ist etwa 7 St. lang.

Ad IX. Skodra. a. Dörfer an der Strasse von Skodra nach Wigu, von Skodra bis Naroschi.

Von Skodra: 15 M. Boschl ik , nur muham. Bevölkerung. 20 M. B e r d i z a mit 30 kath. und 20 muham. Häusern. 30 M. A s c h t i t i mit 10 kath. und 2 muham. Häusern. 35 M. Kosmatsch mit 10 kath. und 10 muham. Häusern. 40 M. Sto'itscha, erstes Dorf des Bisthums Qa-Drima. 20 M. Midia mit 9 kath. und 60 muham. Häusern aus dem Stamme der K r ü c - ς ί . 60 M. Naroschi mit 20 kath. Häusern aus dem Geschlechte der Bi t i t schi .

3 St. 40 M. 1 St. 40 M. von Naroschi bis Wigu (ad VIII. c). 5 St. 20 M.

b. Beschulung des Drin von Skodra bis zum Felsen von Briga. Der die Skodraebene gegen Osten abgrenzende Hügelrücken läuft von Nordwest nach Südost; an ihm

hin liegen die verzettelten Dörfer von: 1. Ganjo le , Γ / 2 St. südsüdöstlich von Skodra, nur 2 Häuser katholisch, die übrigen Muhammedaner. 2. Juba . 3. Gawotz , Γ/ο St. südöstlich von Ganjole, mit 20 gem. Häusern. y 2 St. in gleicher Richtung die Drinfahre W a u Dense (spr. Wau De'ise, alban. die Furt von Da'ino).

Man rechnet von hier 2y> türkische Stunden bis Skodra. Der Überfahrtspunkt liegt Südost bei Ost von

) Nicht zu verwechsein mit dem gleichnamigen Gebirge im Süden des Mat.

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dem Festungsberge von Skodra und dies ist auch die Richtung des neuen Drinarmes. Hart nordöstlich von diesem Punkte beginnt der senkrechte Felsspalt, durch welchen der Drin aus den Bergen in die Ebene ein­tritt. Dieser Spalt läuft von Ost bei Nord gegen West bei Süd.

Beim Eintritt in den Spalt bildet die Spitze derZukalikette den Hintergrund der Ansicht. Die felsigen Steilwände fallen meist unmittelbar in den Fluss ab; doch lassen sie am Nordostfuss des

Festungsberges eine ziemlich hohe Thalsohle, auf welcher der Pfarrort Qada'in (Spr. das η französisch, d. h. jenseits von Daina) liegt; x / 4 St. östlich von £adain der Weiler G j u r d s c h a k i , am südlichen Mündungs­winkel des Gjamsikj (bei Hecquard Gamoischi, bei Boud und Kiepert Safuschar, d. h. jenseits der Ebene, welcher Name nicht zu erfahren war).

Durch das Dorf geht der Weg nach Tschjaffa Gurr i t . Die Richtung des Gjamsikjthales läuft, so weit sie sichtbar, von Ostsüdost nach Westnordwest. Der Bach treibt viele Mühlen, und wird 1% St. vor seiner Mündung von der Strasse von Skodra nach Prisrend gekreuzt. Die Thalwände bestehen aus röthlichen Erd­hügeln. Von der Mündung des Gjamsikj bis zu dem Flussviertel W j e r d a mag nicht über 1 St. sein. Der Fluss läuft zwischen steilgeböschten, felsigen, aber schwerlich irgendwo über 300 Fuss hohen Hügelketten, die keine Thalsohle übrig lassen. Die beiden Wände sind mit magerm Laubholz, meist Eichen bestanden. Der Eindruck der Landschaft ist nichts weniger als grossartig.

Die Flussrichtung geht im Ganzen von Nord nach Süd, mit zunehmender Abweichung gegen Ost, so dass sie bei der Mündung des Gjamsikj von Nordwestnord nach Südostsüd läuft. Das Flussbett mag 80—100 Fuss breit sein. Zahlreiche kleine Stromschnellen.

Etwa 1 St. von der Gamsikjamündung das Westviertel von W j e r d a mit 10 kath. und 13 muham. Häusern, 2l/2 St. von Skodra1), hart am linken Ufer, etwa 20 Fuss über den Flussspiegel gelegen.

Das Pfarrviertel liegt V/2 St. östlich. Zwischen beiden Vierteln beschreibt der Drin einen Bogen, mit welchem er seine Richtung von Ost nach West mit der von Nord nach Süd vertauscht. Dieser Bogen ist der westlichste Punkt des Strombettes in dem Berggebiete des Drin, denn Wau De'ise liegt Süd bei Ost von dem­selben. Die Richtung von Alessio wird von den Eingebornen nur ein Geringes westlicher als die von Wau De'ise angegeben; die von Skodra rein Westostwest. Das Flussthal wird von diesem Bogen an bis zu dem Defild von Dai'no durch den früher genannten, schwerlich über 300 Fuss hohen Felsrücken von der Skodra-ebene getrennt, seine Steilseite ist die gegen den Fluss gekehrte östliche. Von hier aus gesehen scheint die Zukalikette, alle Vorberge weit überragend, von Südwest nach Nordost zu laufen.

2 Stunden nördlich von diesem Flussbogen liegt Driwasto. Dem Pfarrviertel von Wjerda nordwestlich gegenüber und durch eine % St. breite gut bebaute Ebene

von ihm getrennt Meschkald mit 10 kath. Häusern, % St. vom rechten Flussufer am Westfusse des S. G e o r g h ü g e l s , den die Reste einer Festung krönen. Westlich von diesem Hügel begrenzt die M a r a n ä i -kette, östlich die Zukalikette den Hintergrund: zwischen beiden streicht das K j i r i t h a l .

Eine starke halbe Stunde östlich von dem S. Georghügel eine zerstörte Kirche auf der rechten Wand des sich stark verengenden Flussthaies. Bevor wir sie erreichen, machen wir (stromaufwärts fahrend) eine so scharfe Wendung gegen Nord bei West, dass uns die Kirche zur Rechten fällt. Diese Flusswendung wird durch einen etwa 10 M. weit gegen Norden aus der Südwand des Flussthaies vorspringenden, sehr steilen Felsgrat von 2—300 Fuss Höhe veranlasst, um welchen der Fluss einen Hufeisenbogen beschreibt, welcher etwas nördlicher als der von Wjerda liegen dürfte. Auf diesem Grate liegen die Reste der zerstörten Stadt Schurda 2 ) .

Dem Bogen gegenüber auf dem rechten Ufer die weit von einander abstehenden 2 Häuser des Dorfes Masreku, eines Viertels von Mdoja (in Skodra Modja genannt), eines ganz muhammedanischen Districtes.

Etwa y 2 St. östlich von dem Schurdabogen läuft der Fluss in der Richtung von Ost nach West unmittelbar an dem Fusse einer steilen, etwa 800 Fuss hohen Felswand hin, der gerade in der Mitte durch einen Spalt getheilt wird, aus welchem sich zur Regenzeit ein mächtiger Wasserfall in den Fluss stürzen muss. Der Fluss macht dann eine kurze Wendung gegen Süden. Im Ganzen aber möchten wir die Hauptrichtung des Flusses

1) Von Wjerda über den Bach von R e g a m i % St., G u r - i - c i 1 - 1 % St., S k o d r a 3 St., mithin Differenz V 2 St. 2) Von der Kirche von Wjerda 1 4 St.

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20 e/. (7. v. Hahn

von Maltsch bis Wjerda von Ost nach West mit kleinen Abweichungen gegen Süd bestimmen. Maltsch ist ein kleines kath. Dorf, das zur Pfarrei von Schpaz gehört, hart am rechten Ufer in einer offenem Gegend.

E r s t e Flussenge von K a r m a , bei deren westlichem Ende das Gebiet von Karma beginnt. Diese Enge mag etwa 20 M. lang sein. Die Böschung der beiden mehr oder weniger spärlich mit Eichen besetzten Fels­wände beträgt im Durchschnitte wenigstens 45 Grad. In der Enge ist neben dem Rinnsal kein Uferstreif trotz des niedrigen Wasserstandes. Flussrichtung West bei Süd.

Die linke Thalwand tritt zurück und bildet ein etwa 1 / i St. langes, nach Süden aufsteigendes Dreieck, in welchem ein von Süden kommendes Thal mündet. Darin fliesst der Hauptbach *) von Karma ( Q a l - i - K ä r -m e s e) dem Drin zu. Das Hauptviertel von Karma liegt in dem östlichen Mündungswinkel etwas vom Drin ab.

Man rechnet von Karma bis Skodra 8 St. Der Weg führt nicht längs des Flusses über Wjerda, sondern über Wau De'ise.

Der Drin trennt hier die Bezirke von Schja lagu (man hört meist nur Schlagu) mit 100 kath. und 1 türk. Hause und Tornau mit 160 kath. Häusern von dem von Karma.

Zweite Flussenge von K a r m a , am Ostende des Dreieckes mündend; sie mag etwa 1 St. lang sein. Die beiden Wände sind durchaus Felsen mit sehr steiler, mitunter senkrechter Böschung, doch so weit wir sehen konnten, eher unter als über 200 Fuss hoch. Etwa 1 / 2 St. von seinem Ostende mündet durch einen Felsenriss der Nebenbach von Karma ( L j u m - i - K ä r m ese), der gleich dem Hauptbache V/2 St. südlich vom Drin entspringt. Flussrichtung im Ganzen Westost.

Die Felsenge öffnet sich und wir gelangen (stromabwärts fahrend) nach kurzer, rein südlicher Richtung in eine Art unebener Mulde, die in Terrassen von Norden gegen Süden aufsteigt und von grauweisslichen Erdbergen eingefasst ist. In dieser fliesst der Drin in leicht gegen Norden gebauchtem Bogen an der steileren Nordwand hin. A n der Südwand liegen etwa 200 Fuss über dem Flusse 2 Häuser von Karma. Von diesen Häusern gesehen, fällt der Gipfel des Zukali Nord bei Ost, der des Te'mäli (wörtlich „auf dem Bergeu) rein Nordost.

Auf die Mulde folgt (stromaufwärts) abermals eine Flussenge ohne Uferstreifen, aber mit breiter sanfter Böschung und geringerem Wasserfalle als die von Karma.

Der Flusslauf geht im Ganzen gegen Westen mit mehr oder weniger geringer Abweichung gegen Süden. Auf diese Enge folgt (stromaufwärts) der Kessel von Komana. Bis wir ihn erreichen, haben wir die

grösste bisher gefundene Stromschnelle zu passiren, sie fällt auf etwa 200 Schritt beiläufig 2y2 Fuss. Der Kessel von K o m a n a ist rings von spitzen, steilgeböschten Bergen umschlossen; seine ebene

gegen Süden ansteigende Sohle mag 1 / A St. Durchmesser haben und um 30 Fuss über dem Fluss­spiegel liegen. Der Drin fliesst in diesem Kessel von seinem Austritte aus der majestätischen Enge, die in dessen Norden liegt, in einem leicht gegen Norden gebauchten Bogen hart an dem nordwestlichen Kesselrande in der Richtung von Nordost nach Südost hin und tritt hierauf in die Enge zwischen Komana und Karma.

K o m a n a , Pfarrort mit 36 kath. Häusern und, mit Zurechnung der zerstreuten, 80 Häuser. Sein Bezirk gehört bereits zu D u k a d s c h i n , der Ort bildet mit B i n a k , Tschere t - Poschtere und S ipre und K e t s c h u ö , die sämmtlich im Südost von Komana liegen, Ein Bairak.

Gegenüber von Komana, hart am rechten Ufer, Guschte (Enge, vermuthlich nach der Flussenge) mit 8 Häusern, ein Viertel von Schlagu. Vor und bei seinem Austritt aus der grossartigen Flussenge von Komana hält der Drin die Richtung von Nord nach Süd ein.

Etwa 1 St. von Komana und 3 / 4 St. von dem Eintritte in die Enge springt ein steiler Felssporn (der Stein des Salomo genannt) vom linken Ufer westwärts vor, und zwingt den Fluss zu einem ähnlichen scharfen Bogen. Zwei Stromschnellen, die uns auszuladen zwingen; dann neue Enge durch einen im Fluss liegenden etwa 12 Fuss hohen Felsen, welcher dem Wasser bis zum rechten Ufer nur einen Durchgang von etwa 10 Fuss, und bis zur steilen Felswand des linken Ufers, von etwa 20 Fuss lässt. Oberhalb Flussrichtung von Ost bei Nord nach West bei Süd.

J) Der Bach entspringt i y 2 St. südlich von seiner Mündung; 2 St. südlich von Karma liegt D u s c h i eper , Pfarrort mit 50 kath. Häusern, welcher nur 1 / 2 St. nördlich von der Strasse von Skodra nach Prisrend liegt.

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Weiter oberhalb durchbricht der Guminabach 1) die Südwand der Flussenge. Die mittlere Tiefe des Drin kann in diesen Engen zu 2 Meter angenommen werden. Etwa 5 M. oberhalb der Mündung der Gumina kommen wir in eine neue, aber weit weniger grossartige

Enge. Darin springt, vielleicht 3 / 4 St. oberhalb der Guminamündung, ein Fels aus der linken Thalwand vor und verengt das Flussbett zu etwa 50 Fuss Breite. Die Flussrichtung ist in dieser Enge im Ganzen von Nordost nach Südwest, geht aber am obern Eingang der Enge und weiter stromaufwärts in die von Nord­nordost nach Südsüdwest über.

Hier erweitert sich der Gesichtskreis, die linke Thalwand steigt lehn geböscht in fruchtbaren Terrassen vom Flusse auf. Unweit des Einganges der Enge, aber an 120 Fuss über dem Flusse, 2 Häuser von Bukurischt .

Die rechte Thalwand wird von einer niedrigen Hügelkette gebildet, welche hie und da mit magerem Eichengebüsch bekleidet ist.

Gegen Norden konnten wir hier den gewundenen Lauf des Flusses durch jene Hügelkette etwa Γ / 2 St. bis zum Fusse des steilaufsteigenden Gipfels des Toplanagebirges erkennen. Von daher schien der Fluss in rein südlicher Richtung auf uns zuzufliessen. Dort aber zeigte sich eine Thalrinne, die sich in der Richtung von Nordwest nach Südost am Fusse des Toplanaberges hinzog. Diese Rinne gab uns anfangs viel zu denken, doch ergaben spätere Erkundigungen, dass in derselben nicht der Drin, sondern die Lesnitschja fliesse.

Wir hatten hier scheinbar eine von Ost nach West laufende Gebirgskette mit hohen, alpinen Bergen im Hintergrunde, die sich aber später in mehrere ineinandergesteckte Ketten auflöste.

Eine starke Viertelstunde nördlich von dem Eingang der vorgenannten Flussenge liegt die Mündung des Rewischtabaches 2) mit einer der stärksten Stromschnellen. *

Von der Enge an stromaufwärts begleiten erdige Hügelketten den Fluss. Die Westkette hat ihre kahle Steilwand dem Flusse zugekehrt und ist nur spärlich mit Eichengebüsch besetzt. Von der Rewischtamündung an zeigt sich das Flusswasser viel klarer; der durchschnittliche Wasserstand nach den an den Felswänden sichtbaren Wasserstreifen mag etwas unter 1 Meter über dem gegenwärtigen Spiegel betragen.

Ein Haus von Ä r a hart am rechten Ufer. D u s c h m a n i , Pfarrort, % St. vom rechten Drinufer und etwa V/4 St. nordwestlich von der Rewischta­

mündung. Von da, wo der Weg von dort den Drin erreicht, ist nach Bukurischt höchstens 1 St. Die Pfarrei zählt

im Ganzen 140 Häuser. Duschmani liegt 2 St. südwestsüdlich von der Kirche S. Alexander von Altschi tsch . IstarkeSt. stromaufwärts von der Mündung des Rewischtabaches mündetamlinkenUferderBachSapok 8 ) . In seinem rechten Mündungswinkel liegen die ersten Häuser von Skwina , eines Viertels des weit

zerstreuten Β e r i s c h a4).

A) E r wird auch der L j u s c h a t i b a c h (Mljame te Ljuscha i ' t ) genannt, von dem an demselben 2y 2 St. über der Mündung gelegenen Dorfe L j u s c h a mit 20 Häusern , wovon 3 muham. Dieses Dorf liegt auf dem Nordhang des K r r a b i - (Kpp&ßi) Gebirges, an dessen Südhang die Strasse von Skodra nach Prisrend hinzieht. i y 2 St. nordwestlich von Ljuscha liegt T s c h e l e s a , Pfarrort mit 70 Häusern, in einer wasserlosen Felsöde. Der untere Mündungswinkel der Gumina gehört zu B u s c h a l a , dessen 17 Häuser hoch an den Halden des Gebirgsrückens zwischen Gumina und Drin ausgestreut sind. Oberhalb Buschala liegt ein ähnliches Dorf Ü c h t h i ( ν Τχ 5 ι ) mit 15 Häusern. Der rechte Mündungswinkel der Gumina, Buschala gegenüber, gehört zu D r u s c h k a , mit 16 Häusern. In der ganzen Pfarrei von Tschelesa gibt es keinen Muhammedaner.

2) Dieser Bach kommt gleichfalls von dem Krrabigebirge; er entspringt etwa 1 St. von M i e l und hat bei der Mündung die Richtung von Ostsüdost nach Westnordwest, etwa y 2 St. von dem Eingange der Flussenge. Etwa y 4 St. vor der Mündung der R e w i s c h t a aufwärts liegt B u k u r i s c h t , dessen Haupttheil jenseits des Rückens an dem rechten Bachufer liegt. Dieses Dorf ist ein Viertel von Miel. Ganz Miel hat 45 Häuser.

3) Ein reicher Bach, der viele Mühlen treibt, aus zwei Quellen, deren südliche nebst mehreren Nebenquellen aus dem Krrabige­birge, die nördliche von dem Κ u ϊη - i - c i (d. h. schwarzer Keil, sprich das η französisch) y 2 St. östlich von l b a 1 j a entspringt. Beide Bäche vereinigen sich an dem Berge M n e j a . Der vereinte Bach heisst S a b o k oder S o b o k , doch gewöhnlicher B e r i s c h j a . Etwas unterhalb der Vereinigung liegt das Dorf B ü l i t z a, etwa i y 2 Stunde von der Krrabi-Quelle und 3y 2 von der Quelle des Kuin-i-ci entfernt. Von Bulizza bis Ibalja sind 2V 2 bis 3 St., bis Altschitsch 1 St.

4) Das Haus des Chefs unweit des linken Drinufers ist nach dessen, jedoch schwerHch zuverlässiger Angabe von W a u D eise 16, von M e r t u r i 3 St. entfernt. Von M e r t u r i nach R a n j a sollen längs des Drin 7 St., und von da nach S p a s c h ebensoviel sein. (Nach Don Angelo's mehrmals berichtigter Angabe beträgt diese Strecke kaum 4 St.), von Spasch nach U r e W e c i r i t 3 St. längs des Drin; dies ergäbe mithin von Wau Deise bis zur Wecirbrücke eine Bogenlinie von 36 St.

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Etwa 20 Μ. stromaufwärts von der Mündung des Sabokbaches und 10 M. stromabwärts von der Mündung der Lesnitschja mündet am rechten Drinufer der Bach S. Theodor Schto^ese. Er entspringt 1 St. von seiner Mündung bei dem Dorfe K l o t s c h e i n mit 12 Häusern.

Mündung der Lesnitschja 1 ) 1 / 2 St. stromaufwärts von der des Sabok. Die Bachrichtung ist bei der Mündung von West nach Ost hart am südlichen Fusse des Toplanaberges. Das Zwischenland zwischen der Lesnitschja und dem S. Theodorbach gehört halb zu Duschmani, halb

zu Schoschi. Am Ostufer der Lesnitschja beginnt Top lana und reicht von da bis Gurri-Brisese, der Grenze der Paschaliks von Skodra und Ipek.

Die Kirche von Toplana liegt hoch auf der nördlichen Thalwand der Lesnitschja, V/2 St. von ihrer Mündung. Von dieser Mündung bis zur Mündung des Merturibaches sind 2 St.

Das linke Ufer gehört zu dem Bezirke Berischa, dessen Pfarrort Altschitsch ist. Die Böschung der Toplanaberge ist auf ihrem Nordhange eben so steil, wie auf ihrem südlichen, ihre

Schichten stehen senkrecht. Von der Mündung der Lesnitschja an stromaufwärts folgt eine Felsenge von etwa y 4 St., dann Erdhügel mit spärlichem Eichengebüsch bestanden.

Die Ostwand wird von der Tsche lumi Mertur i t gebildet, welche mit Nadelholz bestanden ist. Flussrichtung von Nord nach Süd, im Hintergrund nordöstlich. Auf die Erdberge folgt wieder eine Felsenge. Die Hauptrichtung des Drin wie oben, dann von Nordost

nach Südwest. Am linken Ufer etwa 120 Fuss hohe Felswände, deren Erhebungsseite gegen den Fluss gerichtet, auf

dem rechten Ufer senkrechte Felswände.' Mündung des L j umi Mertur i 2 ) . Am linken Ufer des Drin, 10 M. stromaufwärts von jener Mündung, Felsriss, durch den der Weg zur

Keschu le G a r ale (Schuppen des Garala) führt, die im rechten Mündungswinkel des Ljum, l / A St. vom Drin und ebensoviel vom Merturibache, hoch auf dem Mündungswinkel mitten in sehr unebenen Maisfeldern liegt.

Stromaufwärts von dem Felsrisse ist die Richtung des Stromlaufes des Drin von Nord nach Süd; die Schichten der beiden Wände der Felsenge laufen in entgegengesetzter Richtung. Böschung des linken Ufers 35 Grad, die des rechten etwas steiler. Von Skwina an überall dasselbe hellgraue Gestein; vom Fusse der Gebirge bis zum Gipfel alles Felsen.

Reissende Stromschnelle. Etwas weiter aufwärts macht der Drin auf seinem im Ganzen nordsüdlichen Laufe eine Biegung gegen Westen.

Reissende Stromschnelle. Flussbreite 100 Fuss, zwischen senkrecht in den Fluss abfallenden, spitz­gezackten und 80 Fuss hohen Felsen. Kein Standpunkt zum Ziehen des Nachens, weder oben noch unten.

Wir konnten noch etwa 300 Fuss weiter nordwärts sehen, wo der Fluss, von Nordosten herkommend, nordsüdliche Richtung annimmt. Der Hintergrund durch eine hohe Felskette geschlossen. Auf der Hälfte ihrer Höhe ein schneeweisser Fels, Schkami B r i ^ d (Fels des Dorfes Brie,a3), in die steile graue nach dem Drin abfallende Wand eingelassen; ob er das Ende einer durchgehenden weissen Steinschicht ist, war nicht zu erkennen. Von diesem Steine bis zur grössten Enge und Stromschnelle 1 / 2 St.; bis zur Merturimündung 1 St. in südlicher Richtung.

*) Die Lesnitschja wird auch Bach von S c h a l j a genannt, weil sie in diesem Bezirke entspringt und ihn durchfliesst. Ihre Quelle liegt 6 St. von ihrer Mündung auf einer kleinen Hochebene, etwa 5 M. von den nördlichsten Gehöften von Schalja, die zu ihren beiden Seiten liegen. Schalja zählt an 400 weit zerstreute kath. Häuser. Darauf folgen in dem Flussthale die ebenso zerstreuten Häuser von T h e t h i (θέθ ι ) zu beiden Seiten des Baches, der in einer fortlaufenden Enge ohne Sohle fliesst. Etwa 8 St. (?) von Thethi ist die Nordgrenze von S c h o s c h i mit 150 kath.Häusern, welches bis zum Nordufer des Drin reicht; und 4 St. von derselben liegt das Hauptviertel des Bezirkes von Schoschi, nebst der Pfarrkirche mit 200 Häusern.

2) Der Bach von M e r t u r i kommt von Osten, er entspringt bei dem Dorfe M i s tram e oder S t r a m i a 2 χ/ 2 St. von Merturi und 2 von Ibalja (und etwas weniger als 3 St. nördlich von der Nordquelle des Berischabaches). Der Merturibach läuft in tiefen Engen ohne Sohlen (die Grenze zwischen Berischa und Merturi bildend) dem Drin zu.

3) Auch Gurr-i-Bricese (Stein von Brica) genannt. E r ist der Grenzstein der Paschaliks von Skodra und Djakowa (jetzt Prisrend). Von da steigt die Grenzlinie zu den Bergen von S a l z a auf, so dass der nördüch gelegene Theil von Merturi, N ika ' i , S a l z a und R a n j a dem Paschalik von Djakowa unterstehen. Von unserm Standpunkte in der Drinenge aus, war dieser Stein nicht sichtbar, wir sahen ihn erst Tags darauf.

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Auf dem Wege nach Merturi hörten wir etwa 1000 Fuss über dem Drin das Rauschen der Stromschnelle noch sehr deutlich.

Steile Steigung bis zu dem Dorfe Merturi1), das dem Bezirke den Namen gibt (1875' Meereshöhe), in einer flachen Falte der Südböschung des Gebirges, die sich dem Ljum Mertur i zusenkt. 2 St. südlich, gegenüber von Merturi, sehen wir in gleicher Höhe mit Merturi Gjukesi , ein Viertel des Pfarrortes von Altschitsch, mit einer Kirche auf der Südwand des Sabokbaches. Die Scheidewand zwischen diesem und dem von Merturi ist viel niedriger. Alles flache Felsenkämme; in den Thälern Wald.

c. Fussreise von Merturi nach Firza. (9. September.) Wir gehen von Merturi ein gutes Stück Weg zurück, den wir, von der Keschule

G a r ale aufsteigend, gemacht haben, und erreichen so auf einem Bogen gegen Westen den Südhang des Drinthales, an welchem wir auf schmalen, oft schwierigen Fusssteigen stromaufwärts gehen.

Uns gegenüber bildet die hohe Felskette von Salza die Nordwand des Drinthales. An dieser liegt Bri$a, etwa y 2 Stunde über dem Flusse und 1 St. stromaufwärts von der Hauptstromschnelle, mit 25 Häusern, und diesem fast nördlich gegenüber, durch eine Thalfalte geschieden, Salza mit 15 Häusern, welches zu dem Stamme der Merturi gehört. Den Kamm der Kette bildet eine Felsbank, unter welcher sich ein breiter Gürtel von Buchwald hinzieht. Auch der Südhang, auf welchem unser Weg hinläuft, ist bewaldet, und auch hier herrscht die Buche vor.

Von Bric,a nach Toplana rechnet man 2 St. Stromaufwärts von Bri^a läuft der Drin von Nord bei Ost nach Süd bei West. Etwa 1 St., geradlinig (man rechnet Γ / 2 Wegstunden) östlich von Salza liegt Pa l t sch i mit 30 behä­

bigen Häusern, auf einer mit Erde bedeckten und wohlbebauten Terrasse. Von da steigt man 1 volle St. bis zum senkrechten Felshange herab, und von da soll man noch 10 M. bis zum Wasserspiegel brauchen.

Im Nordosten ragen über die Salzakette die barock geschnittenen Felsgipfel von Ndermaina 2 ) und hinter ihnen in weiter Ferne die schneeweissen Gipfel der Grasnitschkette hervor.

Bei Pa l t s ch i geht der Lauf des Drin von Ost nach West; etwas stromaufwärts von dem Dorfe tritt auf demselben Ufer aus der rechten Thalwand ein Felssporn hervor, um welchen der Fluss einen Bogen macht.

Von Paltschi 3 / 4 St. östlich Mündung des Ljum Zura'it. Dieser entspringt eine Tagereise weit von seiner Mündung in dem Gebirge Ndermaina und läuft von Westen nach Osten3). Bei dem in dem Mündungs­winkel liegenden Dorfe Zura'i nimmt der Ljum Zura'it den Bach von Nika'i auf, der in dem Gebirge Nderua Schaljase entspringt, und von Nordwest nach Südost fliesst3). Zwischen diesem letzteren und dem Drin auf der östlichen Thalwand das Dorf Kotetz , 1 starke St. von Paltschi. Der Mündung des Zuraibaches gegenüber liegt auf dem linken Ufer A p r i p a und etwas oberhalb der Mündung Apripa gegenüber Biagra. Von der Mündung des Zura'i an aufwärts ist die Richtung des Drin von Ost nach West.

Das Pfarrdorf von F i r z a , das auch Fjerza ausgesprochen wird, liegt auf einer gewellten Terrasse der linken Thalwand des Drin. Die Gegend ist hier offen, die Berge nur Hügel , und wir befinden uns in dem östlichen Vorlande des Hauptgebirges. Einen Büchsenschuss oberhalb Firza mündet die W a l bona am rechten Drinufer4).

J) Auch die Pfarrhäuser von D u s c h m a n i . von T o p l a n a und A l t s c h i t s c h stehen sich anscheinend nahe gegenüber, und doch beträgt die Entfernung zwischen ihnen je 2V2 Wegstunden (nach einer früheren Angabe liegt Duschmani nur 2 Weg­stunden von Altschitsch.)

-) Nder Maina, d. h. „in der Maina« wie Te Malli und in Deutschland so viel Dativformen wie Schwarzenberg, Weissen-

fels u. s. w. 3) Don A n g e l o , unter Bestät igung der übrigen Begleitung. 4) Die W a l b o n a entspringt in N t s c h o r m e - t e - W u n t h o t e (das η im letzten Worte sprich französisch, es ist ein Genetiv, die

Bedeutung war nicht zu erfragen) 16 St. (!) von ihrer Mündung und fliesst mitten durch das Gebiet der G r a s n i t s c h . An ihr liegt D r a g o b i a mit 30—40 Häusern, 2 St. von ihrer Quelle, den Grasnitsch gehörend; 5 St. südlich von diesem und 3 St. nörd­lich von Firza liegt B u n j a n i . Eben so weit von Firza soll K j u t e t , eine grosse zerstörte Stadt, liegen. Bei diesen Ruinen mündet in die Walbona an deren linkem Ufer die P u s c h t r i t z a , welche 9 St. (!) von ihrer Mündung unterhalb M u r i n o entspringt, und in einer engen Felsspalte von Nordost nach Südwest mitten durch die Grasnitschgebirge läuft, deren Richtung von Nordwest nach Südost geht. % St. von der Mündung der Walbona in den Drin liegt an ersterer das Dorf L u v a d i Radi t .

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Von Firza stromabwärts gesehen, läuft der Drin von Südostsüd nach Nordwestnord, bei Firza und stromaufwärts von Süd bei Ost nach Nord bei West.

Im rechten Mündungswinkel der Walbona, auf der Kuppe der hügeligen nördlichen Thalwand des Drin liegt das Pfarrdorf R ä n j a (η spr. französisch) oder S. Veneranda.

Man rechnet von M e r t u r i längs des Drin 7 St. (?), auf geradem Wege 5 (?) St. bis F i r z a und von hier aus längs der Drindörfer 6 oder 7 St. bis H a n i W a u Spaschit , 3 St. bis A l t sch i t sch und eben so viel nach Ibalja.

In Firza giebt man uns die Richtung nach Prisrend fast südöstlich an.

d. Dörfer längs des Drin von Firza bis Spasch. Von Firza an bogen wir südlich in das Gebirge ein, und es folgen hier daher die Drindörfer nach Don

Angelo Bardi's Bericht. Linkes Ufer stromaufwärts: Ober- und Unter- G r ο ρ ate */4 St. von Firza, das untere Viertel 74, das

obere l / 2 St. vom linken Drinufer, zusammen 12 kath. Häuser. Gegenüber Steilufer. y 2 S. P o r ä w i , y 4 St. vom Ufer mit 26 kath. Häusern. 2 St. A p r i p a Ketschja (diesseitiges) mit 7 Häusern, hart am Ufer. Diese drei Dörfer gehören zu dem Stamme Ber i sch und zur Pfarrei F i r z a . Der hart am rechten Ufer hinstreichende Höhenzug bietet keinen Raum zu Wohnungen zwischen sich

und dem Flusse, aber er bildet mit seinem Nordosthange ein dem Drinthale paralleles Thal, in diesem liegen: Rechtes Ufer stromaufwärts: A p r i p a Ketschja gegenüber T s c h u k a Dekese etwa i y 2 St. vom Nordufer des Drin. H a r d o p i 3 / 4 St. vom Nordufer, 1 St. von Apripa mit 7 kath. Thatschi-Häusern. Auf dem Südufer des Drin liegen weiter stromaufwärts: A r s t i etwa 20 M. oberhalb Hardopi mit 16 kath. Thatschi-Häusern, von denen die letzten etwa */4 St.

vom Drin, die entgegengesetzten über 2 St. von ihm abstehen. Msiu 1 St. oberhalb Arsti, ebenso zerstreut; seine 30 kath. Thatschi-Häuser reichen bis zum Flusse. D a r da (d. i. Birne und Birnbaum) i y 2 St. von Msiu, 1 / 2 St. vom Drin, weit gedehnt mit 65 Kabaschi-

Häusern; hier öffnet sich das Drinthal zu einer beide Ufer begreifenden Ebene. Die Ebene des linken Ufers heisst Pljane Schtok (Hollunder-Ebene), die des rechten Ufers S. G j e r g j , und darin ein Dorf gleichen Namens mit 10 bis 12 muham. Berisch-Häusern. i y 2 St. landeinwärts von S. Gjergj liegt Radogosch mit 70 Berisch-Häusern, wovon 7 kath. Dies sind die einzigen Berisch, welche auf dem rechten Drinufer unter den Grasnitsch wohnen.

y 4 St. von N e g l i , dem letzten Viertel von Darda, liegt auf dem linken Drinufer hoch über dem Wasser­spiegel Palmtschi mit 7 muham. Thatschi-Häusern. Hier tritt der Drin aus der Enge in die Ebene.

K o s t u r i , Palmtschi gegenüber, aber 1 St. landeinwärts vom Drin, mit 30 Häusern. Dies ist das letzte Grasnitsch-Dorf, denn l / 2 St. stromaufwärts von demselben mündet die G r u m a , Grenzbach zwischen Gras­nitsch und Hass, in den Drin.

Am linken Ufer des Drin, Γ / 2 St. oberhalb Darda und 3 St. von Spasch, K u l i m r i a und 3 St. von Darda und 2 St. von Spasch, aber weit vom Drin ab, Udamade.

Die zwischen Darda und Schpass gelegenen ganz muhammedanischen Uferorte des Drin sind Don A n g e l o unbekannt.

e. Reise von Firza nach dem Han Wau-Spaschi. Vom Pfarrhause von Firza i y 2 St. südöstlich ansteigend der Gipfel des Berges von Piawre 3255Fuss;

von da aus gesehen: Gegen Osten der Bas tr ik , hier B i s c h t r i k u - i - H a s s i t genannt (denn es gibt auch einen zweiten

Bischtrik bei Djakowa), in seiner ganzen Länge von Nordwest nach Südost etwa 4 St. von hier sanft zu seiner höchsten Spitze in Ost zu Süd von hier aufsteigend und wieder abfallend in grellem Gegensatze zu den barocken Hörnern und Kegeln der westlichen Nachbarketten.

Gegen Nordost Blick auf die wellige Mulde von Grasnitsch, die zwischen der Bischtrikukette und dem Standpunkte gegen Norden lehn zu der Grasnitschkette hinauf zieht. Diese Kette scheint von hier aus gesehen in zackigen Contouren von Nordwest nach Südost zu streichen. Sie scheint mit dem alpinen Zuge,

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in welchem der Stieven W a l c h Gjarpen (Schlange) die höchsten alle sichtbaren überragenden Spitzen bildet, zusammenzuhängen. Dieser alpine Zug aber, für den man weder einen gemeinsamen Namen noch die Entfernung vom Standpunkte (etwa 7 St. schätzungsweise) anzugeben wusste, scheint mehr westöstliche Richtung zu haben als die niedere Grasnitschkette und mit den Ndermainabergen eine zusammenhängende Kette zu bilden.

Die Conturen der beschriebenen Alpenkette begrenzen den Horizont gegen Nord und Nordwest. Hierauf folgt im Westnordwest der Gipfel des Sa lzarückens , welcher von hier aus gesehen blasenförmig

aus dieser geradlinigen Felswand aufsteigt. Die Salzawand scheint etwa 4 St. nördlich vom Standpunkte von Ost nach West zu laufen, ihr Kamm verdeckt den Fuss der Ndermainakette, so dass dieselbe nur etwa mit dem letzten Drittel ihrer Höhe über dieselben hinausragt. Der Salzagipfel, obwohl die niedrigste Spitze, ist so isolirt, dass sich sein Urnriss fast vollständig gegen den Horizont abzeichnet. Dann folgen die etwas höheren Berge von T o p l a n a , deren höchste Spitze nach dem Dorfe Ä r a genannt wird. In der Einsattlung zwischen der Salza- und der Toplanakette in West zu Nord des Standpunktes steigt der Gipfel des Maranai (höher als der Salzagipfel) auf und weiterhin West zu Süd halb Süd der Zukaigipfel, endlich im Südwesten zu Süd die Weljaberge bei Alessio in weiter Ferne.

Von dem Pia vre stiegen wir den, wie es schien, von Nordwestnord nach Südostsüd sanft ansteigenden flachen Bergkamm aufwärts und gelangten auf den ähnlich geformten Rücken des Kui 'n- i -^ i (schwarzen Keiles) 3856 Fuss. Am Westhange dieses Rückens entspringt der Ibalja bach, durchläuft von Ost nach West die zu unseren Füssen gelegene % St. lange und eben so breite Ebene, läuft mitten durch Ibalja, das 4 St. von Merturi und Altschitsch, 6 (!) von F l et und δ von der Mündung des Sapokbaches in den Drin entfernt sein soll; denn der Bach von Ibalja ist der nördliche Arm des Sapokbaches. Von dem östlichen Schenkel des Drinbogens soll Ibalja nur 3 St. westlich liegen.

In der Mitte Ibalja. Auf diesem, der höher als der Piavreberg ist, wird der Horizont in Nordwest durch die gezackten Contu­

ren der geradlinigen Kette der südlichen Clemen t er kette gebildet, welche die südliche Thalwand des Qem bilden. Obwohl ihr Kamm aus nackten Felsen besteht und sich Spitze an Spitze reiht, so sind deren Formen doch weit weniger bizarr, als die uns um Vieles näher liegende Drinalpenkette. Hier wie auf dem Pia vre zeigte sich die Kette des Dukadschin zu nahe und verschoben, um einen klaren Überblick zu gewähren.

Von dem Kuin-i-Qi bis zur K r o n i Schkjaut (Sklavenquelle1), unserm Nachtlager vom 11. auf den 12.September, Γ / 2 St. Luftlinie. Von da steigen wir 1% St. lang gegen West bei Süd zur Kunor e Dardese, welche nach Spaun's Beobachtungen 4815 Pariser Fuss hoch ist.

Im Westen bietet uns hier der Haupttheil der Krrabikette ihren steilen wie mit dem Messer abge­schnittenen Osthang. Sie scheint von hier aus gesehen genau von Süd nach Nord zu laufen. Sie ist bedeutend höher als die Kunore, auch höher als die Kette von T r b u n i Pukese, welche in gleicher Richtung den süd­westlichen Horizont begrenzt.

Von der Kunore aus gesehen, fällt der Zukaligipfel genau West, der M a r a n ä i g i p t e i in weiter Ferne West halb Süd, die Spitze des B i s t r ik Ost halb Nord. Man nannte sie uns hier Tschjaffa Pruschit. Gegen Süd blickend erkannten wir gegen Südwest am äussersten Horizonte die von Südost nach Nordwest strei­chende von uns so genannte Skanderbegkette, welche die Mulde von Bena von der Landschaft Matja trennt.

Rein südlich von uns lag in 4 bis 5 St. Luftlinie ein hoher, Mnie l genannter Berg, etwas westlich, lObt von uns entfernt, Malj Scheint (heiliger Berg) mit einer zerstörten Kirche, welche in früheren Zeiten den in Silber gefassten Schädel des heil. Markus besessen haben soll. Zwischen den beiden genannten Bergen in noch weiterer Ferne der Malj Scheint Tschimit (?). Alle zwischen der Matjakette und dem Standpunkte sichtbaren Bergzüge schienen von hier aus gesehen mit jener Kette parallel zu lauten, näheres aber war^von unserer Begleitung nicht zu erfragen. Doch hiess es, dass in dem uns zunächst gelegenen, jedoch nach Süd­west laufenden Thale die K r u e - ς ί entspringe und dem F a n d i zulaufe.

Die K u n o r e , 4766 Fuss, bildet die nördliche Thalwand des Goskabaches (Grisebach s Jost); an diesem liegt Flet, welches wir beim Herabsteigen zur Rechten Hessen. Etwas westlich oberhalb entspringt der Bach und läuft in westöstlicher Richtung dem Drin zu.

*) Die über dieser Quelle gelegene Kammflache hat 4181 Par. Fuss Meereshöhe.

Denkschriften der phil os.-histor. CI. XVI. Bd. Abhandl. von Nichtmitgliedern.

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F l e t liegt 2 St. westlich von H a n i Sakatit , der auf dem linken Ufer der Goska liegt, und dieser 2 St. westlich vom Spasch Han.

Bei Sakat erreicht die grosse Strasse von Skodra nach Prisrend das Thal der Goska und läuft an ihrem linken Ufer 2 St. weit bis zum Spasch Han in westlicher Richtung und erreicht dort das Drinthal.

Der Goskabach macht kurz vor seiner Mündung eine kleine Wendung gegen Nord und mündet in den Drin1).

f. Reise von Spasch zum Wegir Han. In den beiden Mündungswinkeln des Goskabaches in den Drin liegen verschiedene Hane, und die

Strasse kreuzt den Bach kurz vor seiner Mündung. Hier setzen die Reisenden von und nach Djakowa über den Drin auf einer Fähre. Daher der volle Name des Haupt-Hans H a n i Waudesp Spaschit heisst.

Jenseits auf einem wohl nicht über 100 Fuss hohen, steil in den Drin abfallenden schwarzen Felsenriss die rohen Trümmer einer nach Alexander Dukadschin genannten Burg (Chalia A l e x i t Dukadschini); hart westlich von diesem Riff mündet der Grumabach in den Drin, welcher die Grenze zwischen den Land­schaften von Grasnitsch und Hass bis zu seiner Quelle, 6 St. von der Mündung bildet, und in dessen Thal der Weg von Spasch nach Djakowa läuft.

Die Richtung des Drin bei dem Uberfahrtspunkte geht, so weit sie verfolgbar, von Südost nach Nordwest.

Neben seinem Bette zeigen sich schmale Sohlen, die sanft geböschten Uferwände sind schwerlich über 300 Fuss hoch.

Auf der Höhe der linken Wand (Strassenseite) liegt ein Viertel des weit zerstreuten Spasch. l / 2 St. vom Hane kreuzt die Strasse den Bach Sr idsche (oder Sdridsche); nach der an Ort und Stelle eingezogenen Erkundigung soll dieser Bach 4 St. von hier in der B ie schka Sehe Merise entspringen. Aber nach der Angabe des Don Melgusi entspringt derselbe etwa 1 / 2 St. östlich von dem in dem miridittischen Bairak von Spasch gelegenen Pfarrdorfe gleichen Namens und läuft anfangs etwa 2y2 St. lang in einem zu diesem Bairak gehörigen Engthale, aus dem er dann in das zum Mudirlik von Puka gerechneten Thale von Mal-i-ςί übertritt. Die Grenze scheint die Enge zu kreuzen, in welcher dieser Bach die Verbindungskette zwischen den Gipfeln des K a t s c h n j o r i - und Kumalaberges durchbricht.

An dem Bache liegt 1 St. stromaufwärts das Hauptviertel des Dorfes Schikje , etwa Südostsüd von der Kreuzung auf der linken Thalwand des Rückens von Spasch.

Etwa s / 4 St. von der Kreuzung der Sdridsche strömt der Drin wenigstens l / 2 St. lang von Süd nach Nord. Übernachtet in dem einzelstehenden Hane von Schikje, etwa 2 St. von Spasch. Auf Schikje folgt das Gebiet von K r e Math (grosses Haupt) mit 120 weit am linken Ufer des Drin

verzettelten Häusern. Etwa y> St. vom Han von Schikje Kreuzung des Baches von Kre math, welcher dessen Gebiet von dem

des Dorfes Parmdsch i (Palmtschi) trennt. Etwa 1 St. von dem Wec,irHane Kreuzung des Baches von W e n d s c h e W o l a c h e n , der 2 St. von seiner

Mündung (bei der ihn die Strasse kreuzt) entspringt. Dorf und Berg gleichen Namens 1 St. von dem Wecir Han. Kurz unterhalb der Wec^rbrücke Kreuzung der K a l i m a s k a , wrelche 6 St. von der Mündung bei der

Tschjaffa Kumelese 2 ) (?) entspringt.

g. Reise von Wegir Han nach Prisrend. Die Flussrichtung von der Brücke stromabwärts von Südsüdost nach Nordnordwest; unmittelbar ober­

halb der Brücke steht bei niederm Wasserstande ein Theil des Felsbettes zu Tage, auf dem die Brücke

*) G r i s e b a c h II. 349 sagt: Der Jost (Goska) entspringt von der Wasserscheide ( T e r b u n i P u k e s e ) , deren Dioritkuppe westlich von Brückenhane (Wecir Han) sich aus Süd nach Nord erstreckt. Er folgt dann von einem engen Thale aufgenommen 5 (geographische?) St., nimmt eine östl iche Richtung, biegt sich hier nach Nord und vereinigt sich, die Uferwand des Drin durchschneidend, neben dem vierten Han mit diesem Strome.

2) Diese Angabe ist mit der im Texte angeführten des Don M e l g u s i unvereinbar.

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ruht, es scheint den Flusslauf zu kreuzen, und vielleicht das Überbleibsel der einstigen Verbindung der beiden Ufer zu sein, welche hier zu einem Deül6 zusammen rücken, das in der Richtung von Ost zu Nord nach West zu Süd läuft und % St. lang ist.

y, St. Der Weg setzt auf der Brücke auf das Nordufer über, und läuft längs desselben durch das Defile*. y 2 St. Eintritt in das ebene Dreieck, das nach dem Dorfe Prut genannt wird. 10 M. von dem Anfange des von uns durchschnittenen Defile's (40 Μ. östlich von der Wecjrbrücke)

Vereinigung der beiden D r i n in der Prutebene. Im Vereinigungswinkel liegt etwa 10 M. östlich vom Ver­einigungspunkte der Weiler K ü k ü s auf einer an 50 Fuss hohen geradlinigen von Nord nach Süd laufenden Erdterrasse, welche mit den beiden Flüssen ein kleines ebenes Dreieck bildet, das in einem von den Berg­zügen gebildeten grösseren Dreiecke liegt.

Hinter jener kleinen Terrasse erhebt sich eine andere weit höhere und längere, dicht bewaldete, und hinter dieser schliesst die Aussicht mit einer scharfkantigen Gebirgslinie, welche, von hier aus gesehen, gleichfalls von Nord nach Süd zu streichen scheint, und in deren Mitte ein scharfer Einschnitt die Enge ver-räth, in welcher der L umabach dem weissen Drin zufiiesst. Gegen Süden ist von hier aus der obere Theil der geradlinigen senkrecht abfallenden Felsterrasse sichtbar, welche der schwarze Drin vor seinem Eintritt in die Ebene durchbricht, dies Felsthor bleibt dem Blicke entzogen. So weit man von hier sehen kann, kommt derselbe von Südost her und beschreibt also bei seinem Austritte aus der Enge eine, der des weissen Drin ähnliche Wendung gegen West.

Der weisse Drin tritt aus einem Felsenthore, indem er von Nord nach Süd fliesst, in die Ebene und macht dabei eine jähe Wendung von Ost nach West.

Der Vereinigungswinkel beider Flüsse beträgt gegenwärtig nur 45 Grade, dürfte jedoch dem Wechsel unterworfen sein.

l / 2 St. Der Weg setzt auf der zweiten Wecjrbrücke über den weissen Drin (man rechnet von der ersten zur zweiten Brücke 1 St.) und erreicht in 10 M. die Kula und Brücke von Luma.

Von dem Luma thurme bis P r i s r e n d 6 St., bis Spasch H a n 5 St. = 11 St., vom Spasch Han bis Skodra 22, Summe 33. Der Weg setzt über die Lumabrücke l ). Er läuft in einem engen, doch nicht allzu jähe geböschten Waldthale, hie und da auf schmalen Uferstreifen.

2 St. von der Lumabrücke Schaltschi hart am linken Hassufer; gegenüber oder diesseits W a r 1 ο g j an y 4 St. von der Strasse.

l / 2 St. Han von W e r m i t z a am Ostufer, wobei die Mündung eines reichen, mühlentreibenden Baches, dessen Quellen in dem breiten Thale von Wermitza liegen dürften, welches sich von Südost nach Nordwest von dem Sattel der nördlichen Fortsetzung der G j a l i tz akette gegen den weissen Drin herabsenkt. */2 bis B / 4 St. vom Hane das Dorf W e r m i t z a , */4 St. östlich von der Strasse auf dem Fusse der allmälig vom Flusse östlich zurücktretenden Thalwand2), halbwegs zwischen Prisrend und der Kula Lumese; der Weg beugt von dem weissen Drin gegen Nordost ab.

J) Die Luma entspringt 10 St. von Prisrend im G ο r a - Gebirge, am K o r a b , bei dem Dorfe R e s c h t e l i t z a . Nach diesem Bache wird der ganze Bezirk genannt, den er durchfliesst und der auch die Prutebene und das erste Όβήϊέ des vereinten Drin begreift. Die Westgrenze des Lumabezirkes reicht bis zu der Wecirbrücke, südlich den schwarzen Drin stromaufwärts bis zur K u l a D o d e s e und östlich bis G o r a .

Das Dorf Luma (wir hörten auch Ljuma und Lojma), mit löO Häusern, liegt 3 St. von der Kula unseres Weges. ') St. von dieser Kula bei dem Dorfe T o p o w j a n i muss die Luma viele Quellen aus den dortigen Gebirgen

aufnehmen, denn in der Kula verlegte man ihren Quellpunkt in diese Gebirge. V 2 St. von Topowjani (Richtung unbekannt) liegt Now ose lo mit 100 muham. alban. Häusern.

IV2 St. von der Kula, zwischen den Dörfern P e r b r e g u am östlichen, und G j a l i tsche am westlichen Ufer, tritt die Luma aus der Ebene in die Enge, in welcher sie dem weissen Drin zufliesst. Der die Ostwand des schwarzen Drinthales und des grossen Mündungs-Dreieckes bildende, von Süd nach Nord laufende Gebirgszug wird nach diesem Dorfe Gjalitsche genannt.

Von der Flussenge oberhalb Wermitza an, in der die R j e k a in den weissen Drin mündet, ist die Richtung des Flusses von Nordost zu Ost nach Südwest zu West; etwa 1 St. von der Kula Lumese an von Nord zu Ost nach Süd zu West; von dieser und der Mündung der Luma an bis zum Eintritt in die Ebene rein von Nord nach S ü d , und von da bis zur Verbindung mit dem schwarzen Drin rein von Ost nach West.

2) Über diesen Sattel führen nach A. Boue (Sitzungsberichte der mathem. naturw. Classe der kaieerl. Akademie der Wissenschaften, Band X X X V I I . , S. 128) mehrere enge, geschlängelte Hohlwege in das Thal des Lumabaches. B o u e

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28 «/. G. υ. Hahn

Sopkowa mit 10 und S c h ü J k j mit 150 Häusern bleiben */4 St. rechts vom Wege. Dieser erreicht in 3 St. von Wermitza die Stadt Prisrend.

Der Gipfel des Bas tr ik liegt rein West von Prisrend. Der Gipfel des S c h a r ausläufers, welcher die Ostwand der Enge des weissen Drin bildet, nach dem Dorfe Schur (spr. wie französ. jour) genannt, liegt Südwest halb West von Prisrend. Schur liegt mit 150 Häusern 2 St, in gleicher Richtung von Prisrend. Am nördlichen Gebirgsfuss entspringt das Bächlein Uje Ftofte.

h. Die südlichsten Zuflüsse des weissen Drin. 1. R j e k a von P r i s r e n d .

Dieser Bach tritt aus einem fast senkrechten Felsriff in die Ebene, und verfolgt, so weit man von dem Festungsberge von Prisrend hineinsehen kann, die Richtung von Südsüdost nach Nordnordwest. Bei ihrem Austritte aus dem Defild fliesst die Rjeka (sie heisst in der Ebene nicht mehr Res na) mitten durch Prisrend, beschreibt dann längs des den Südrand der Ebene bildenden Höhenzuges einen Bogen gegen Süden und ergiesst sich V/2 St. südwestlich von der Stadt und 4 St. nordöstlich der K u l a Lumese in den weissen Drin, nachdem sie vorher den niederen felsigen Höhenzug durchbrochen, welcher die Ostwand der weitern Drin-enge bildet, durch welche der Fluss im Norden der östlichen Abbeugung der Strasse von der Kula Lumese nach Prisrend fliesst, und dessen südlicher Ausgang von der Strasse aus sichtbar ist. Die Mündung der Rjeka liegt 2 St. südlich von derjenigen der Topluscha.

1 St. südwestlich von der Stadt liegt Welosche , auch Wlaschnja genannt, mit 12 muham. Häusern an der Rjeka, 1 / 4 St. östlich von ihrem Eintritte in die Enge und i / 2 von ihrer Mündung in den Drin.

Hierbei kreuzt die Hauptstrasse die Rjeka. Etwa 5 M. östlich davon Post l i scht mit 15 muham. Häusern, wo der Bach U j e F t o f t e (kaltes Wasser)

entspringt und von Nord nach Süd laufend in die Rjeka fliesst. Über das Quellgebiet der Rjeka s. Grisebach II. S. 308. Der Name Resna scheint sich auf dieses zu

beschränken, im untern nennt man sie Rjekabach schlechthin und, zur Unterscheidung von andern, Rjeka Prisren dit.

2. T o p l u s c h a .

Der Weg von Pr i srend nach Djakowa geht 2l/> St. von Prisrend in nordwestlicher Richtung durch das Dorf Ljanowitza mit 8 Häusern, wovon 3 christl., 3 muham., 2 Zigeuner, und kreuzt l / 2 St. in gleicher Richtung die Topluscha, welche 4 St. nordöstlich von dem Kreuzungspunkte in den Bergen von Μ uschtischte entspringt. Dieses slavisch muham. und griechisch christliche Dorf liegt mit 60 Häusern am Bache und süd­lichen Fusse dieser Berge, welche die nordöstliche Einfassung der Ebene bilden, und ist 3 St. von Prisrend entfernt. Dieser Bach verbindet sich, unbekannt wo, mit der Rjeka Retschanit , benannt nach einem 4 St. nordöstlich von Prisrend liegenden Dorfe. Dieser letztere Bach kommt aus der Bergkette von Ostro^up, deren höchster Gipfel Nord- bei West von Prisrend fällt und auf deren Kamm die Grenze zwischen dem Bezirke von Podr ima auf dem Südhange und dem von Ostro9up auf dem Nordhange läuft.

Diese Grenzseheide steht etwa 6 St. nördlich von Prisrend ab. Ostro^up hat muham. alban. Bevölkerung. Podrima scheint dem Namen nach (längs des Drin) zu schliessen, auch ein Stück der nördlichen Drinebene zu begreifen. Die östlichen Fortsetzungen der Kette von Ostroc,up bis zum L j u b a t r n werden nach den Dörfern K a ' i m o f z e , Plaze und Muschtischte genannt. Das letzte Dorf liegt 2 St. östlicher (südöst­licher?) als Retschani, doch immer noch nördlich von Prisrend.

10 M. vom Kreuzungspunkte der Strasse fällt die Topluscha in den weissen Drin. Der Mündung etwas südlich gegenüber liegt auf dem Westufer der katholische Pfarrort Zumbi mit

40 kath. slavischen Häusern, 2y 2 St. von Prisrend.

wählte einen der südlichst gelegenen, erreichte endlich den Thalgrund und ritt eine Strecke lang auf dem rechten flachen Bachufer stromaufwärts, bis eine ungeheure Felswand der unteren J a lesch- (unsere Gjalitza-) Kette das weitere Vor­dringen unmöglich machte. Der Bach fliesst ziemlich tief in einem mauerartigen Kalkfelsencanal, und es war nur an seinem linken Ufer weiter südlich vorzudringen. E r wandte sich daher stromabwärts und kam in der Richtung von Süd nach Nord zu der Lumabrücke, welche ihm türkisch Scheitan-Köprüei, alban. Ura-Scheit genannt wurde.

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'/a St. von dem nördlichen Mündungswinkel liegt Piranna mit 20 Häusern. 4 St. von Prisrend, also etwa 1 St, von der Kreuzung der Topluscha, setzt die Strasse auf der aus

einem einzigen Bogen bestehenden Brücke, U r e Schalt (Teufelsbrücke) genannt, vom Ost- auf das Westufer des weissen Drin über. Hier sollen deutliche Spuren erkennen lassen, dass das heutige Flussbett künstlich in die südlich von der Brücke befindliche Felsenfalte eingehauen sei. Es heisst, dass vor Zeiten hier ein grosser See gewesen und durch den Canal abgeleitet worden sei: ob dieser Canal, gleich allen grossen Werken der Natur und Kunst dieser Gegenden, dem Marko Kral zugeschrieben werde, wusste man mir nicht zu sagen.

i. Strasse von Spasch nach Wau Deise.

Skodra gilt uns nach der Spaun'schen Messung der Länge und Breite nach für feststehend. Für Prisrend war es uns unmöglich, unsere Angaben der Spaun'schen Länge anzuzubequemen. Wir nahmen daher aus den früher angegebenen Gründen K i e p e r t s Länge an, welche um 6l/2 türk. St. östlicher fällt.

Spaun's Breitenpunkte sind Pr i srend , K u l a Lumese, H a n Spaschit, und Han Sakatit. Einstimmige Wegangaben von Prisrend bis K u l a Lumese 6 und U r e W e c , i r i t l = 7 St. Zwischen

letzterem Punkte und Hani Spaschit Schwankungen zwischen 2—4 St. Die Karte hat fast 4 St., so dass Han Spaschit von Prisrend etwa 11 St. steht.

Alle anderen Angaben schwanken, ζ. B. gleich die erste Station von Skodra nach Wau Deise zwischen 2 und 2% türk. St. Die erstere dürfte die Angabe der Reisezeit sein, weil der Weg, vollkommen eben, rasch zurückgelegt wird. Wir trafen unter diesen und anderen Abweichungen die uns wahrscheinlichste und mit anderen Richtungsangaben übereinstimmende Auswahl.

Der Weg von Wau Spaschit bis Wau Deise, den beiden Furtpunkten der Strasse, welche die Sehne des grossen Bogens bildet, den der Drin gegen Norden beschreibt, zerfällt nach den verschiedenen Fluss­gebieten, die sie berührt, in 4 verschiedene Abtheilungen.

1. G o s k a - G e b i e t .

Die Goska (Grisebach hörte Jost) entspringt aus verschiedenen Quellen am Ostfusse des K r r a b i -gipfels, etwa 5 St. westlich von ihrer Mündung in den Drin, bei dem Fährpunkt des Weges von Skodra nach Djakowa und Ipek. Ihr Lauf geht im ganzen von West nach Ost; doch beschreibt sie gegen ihre Mündung zu einen Bogen gegen Norden, so dass sie bei dieser fast südnördliche Richtung hat.

Die Goska fliesst zwischen dem Südabfalle der Kunore Dardese und einer M a l j - i - ^ i genannten Höhenkette, auf deren Kamm die Südostgrenze von Dukadschin läuft.

Die Strasse zieht in diesem Thale bis zu dem südlichsten Quellarme der Goska aufwärts, schneidet mit­unter die Krümmungen ihres engen, mit Eichenwald bestandenen Thaies durch die Kreuzung vorspringender Hügel ab, und ersteigt dann den Osthang der Krrabikette, die streng nordsüdliche Richtung einhält und unmittelbar nördlich von der Strasse zu ihrem höchsten Gipfel aufsteigt.

Dieser Gipfel steht wie ein einsamer Riese unter einem Haufen von Zwergen. Nachdem die Strasse (in einem engen schmalen Thale, zu dessen beiden Seiten sich Jaspiskämme

12—1500 Fuss über ihr Niveau erheben1) zu der Passhöhe angestiegen (2638 Fuss nach Boue), welche die Wasserscheide zwischen der Goska und dem grossen Fandi bildet, tritt sie in das Gebiet dieses letzteren über.

Die Stationen des Goskagebietes sind S a k ä t H a n , 2 St. von Wau Spaschit, F le t Han 2 St., von da bis zum Krrabipass 1 St., im Ganzen δ St. von Spasch Han. Der Drin hat bei Spasch Han nach Spaun 670 (Boud 620), bei Sakät Han 1882 Pariser Fuss Meereshöhe.

Der Ort Flet beginnt etwa xjk St. nordwestlich von seinem Han mit 9 kath.2) und 16 muham., weit ver­zettelten Häusern sich einem nördlicheren Quellarme der Goska bergan zu ziehen. Flet Han hat nach Boud 2066 Fuss Meereshöhe.

1) G r i s e b a c h II. S. 349. 2) Sie gehören zur Pfarrei Firza. Von dem Dorfe Flet rechnet man nach Don Angelo 's Versicherung ό (!) Stunden bis

zum Krrabigipfel.

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2. F a n d i - G e b i e t .

Der Osthang der Krrabi macht auf den Beschauer, von der K u n o r e Darde^e gesehen, den Eindruck, als ob ein hoher Berg von seinem Gipfel an wie mit dem Messer durchschnitten wäre und ihm die durch­schnittene Seite zuwende. Seine von Süd nach Nord bis zu seinem spitzen Gipfel aufsteigende Umrisslinie ist weit sanfter als der jäh gegen Nord abfallende Nordhang1).

Man erwartet jenseits des Passes die westliche Fortsetzung dieser Kette als die Gliederung des Bodens beherrschend zu finden. Dies ist jedoch nicht der Fall, denn der Gebirgsarm, welchen der Krabbi gegen Westen ausschickt, ist ein niederer, mit dem Krrabigipfel ausser Verhältniss stehender Höhenzug.

Von dem Passe Tschjaffa M a l l i 2 ) steigt die Strasse in einer Thalfalte abwärts, in welcher ein Quellwasser in der Richtung von Ost nach West dem südlichsten Quellbache des grossen Fandi zuströmt.

Am Westfusse des Krrabi kreuzt die Strasse den genannten Quellarm, der etwa 1 St. nördlich von dieser Kreuzung in dem Gebirge Bjeschka c,e£a entspringt, und etwas unterhalb der Kreuzung einen Bogen gegen Westen macht. Dieser Bach heisst Mehana oder Mihäi 'na. Die Strasse folgt dem Thale dieses Baches längs dessen nördlichen Ufers etwa 1 St. lang, wobei sie, um dessen Windungen abzuschneiden, mehrere vorspringende Hügel zu kreuzen hat. Dieses Thal hat denselben engen unfruchtbaren Charakter, wie sein Widerpart auf der Ostseite des Krrabi. Das Gebirge wird kahler, und die rothen Jaspiswände treten häufiger nackt hervor.

2 St. von dem Krrabipasse läuft sie durch das Dorf Berdet t i , in dessen Bereich der Mehainabach einen kleinen von Norden kommenden Bach aufnimmt.

1 St. von Berdetti gelangt die Strasse zum H a n Nokes (Boud's Latin Han, Don A n g e l o nennt ihn den Han von Arsti).

20 M. westlich von diesem Han kreuzt die Strasse den Ljum Gri 3 ); dieser entspringt am Westhang der Kunore Dardese nordöstlich von Flet, und an ihm liegt 2 St. südwestlich (??) von Flet das Dorf K r ü d - ς ί (Schwarzkopf). Dieser Bach fliesst in dem nördlichen Parallelthale des Strassenthales, und macht, bevor er die Strasse kreuzt, einen grossen Bogen gegen Süden, wobei er unweit nördlich vom Hane Nokes den Ljum Steljo, die nördlichste Quelle des grossen Fandi, aufnimmt. Dieser Bach entspringt 3 / 4 St. südlich von Ibalja am Westhange des Ku'in-i-cji (schwarzer Keil).

Der Ljum Gri verbindet sich */4 St. südlich vom Hane Nokes mit dem Mehainabach und nimmt dabei dessen Richtung von Ost nach West an4).

Zwischen Berdetti und dem Han Nokes erblickt man von der Strasse aus das Dorf L j u m a r d i mit 15 Häusern, 1 St. gegen Süden.

Westlich von Ljum Gri läuft die Strasse etwa 1 St. lang auf einer ebenen, über dem Flussbette erhobenen Terrasse, welche Fusche A r s i (Ebene von Arsi oder Arsti) heisst, und scheint hier die Skosa, die west­lichste Quelle des grossen Fandi, zu kreuzen.

1 St. vom Hane Nokes kreuzt sie aber nach sicherer Angabe den von Norden kommenden L j u m St it, welcher die Grenzlinie zwischen dem Bairak von Spasch und dem Gebiete von Puka bildet6). Westlich von diesem Grenzbache legt sich eine von Nord nach Süd streichende Felswand vor die Strasse und den Fluss,

1) Über diesen Osthang des Krrabi konnte der Verfasser von der Kunore Dardese zum Sakät Han aus nicht hinaussehen. Das Folgende ist eine Zusammenstellung der von ihm gesammelten Angaben mit den Schilderungen G r i s e b a c h ' s und Boue's. Dieses Gebirge ist in geologischer Beziehung höchst merkwürdig, denn man kennt bis dahin kein anderes Massengebirge, welches so vorherrschend aus Jaspis besteht. Ein allgemeiner Schmelzungsprocess scheint hier, mitten unter Kalkformationen, ein ganzes Thonschiefergebirge in eine plutonische Masse verwandelt zu haben. Seine höchsten Kuppen bestehen aus Dioriten, die aus der grossen Jaspismasse hervorgetrieben zu sein scheinen, s. G r i s e b a c h II. S. 336 u. folg. Esquisse geologique de la Turquie d'Europe par Μ. A. B o u £ S. 127 u. folg.

2) Nach ihm wird der auf seinem Westhange etwas nördlich von der Strasse gelegene miridittische Pfarrort T s c h j a f f a M a l i t genannt.

3) Nach Don M e l g u s i ; vermuthlich derselbe Bach, den Don A n g e l o wohl richtiger Krüe-ci nennt. 4) Eine abweichende Angabe s. unter dem Abschnitte: Der grosse Fandi in der Beschreibung des Miridittenlandes. 5) Die Strasse tritt vermuthlich auf dem Kamme des Passes des Krrabi, unweit davon, in das Gebiet des Miriditten Bai-

raks von Spasch, denn nach einer Angabe läuft sie in diesem 5 St. (!) lang, bis zum Ljum Stit, doch soll sich die Grenzlinie zugleich auch 4 St. (!) westlich von dem Krrabigipfel halten.

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der hier schon F a n d i genannt wird, und nöthigt ihn, sich gegen Süden zu wenden. Die Strasse aber muss sich in sehr engen und beschwerlichen Regenrinnen über diese Felsmauer weghelfen, welche Skale (der Mireditte spricht Schkölen) A r sit heisst.

Von Ljum Stit bis zum H a n Rape sollen Γ / 2 St. sein, wohl zu viel, so dass von Han Nokes bis Han Rape' 2% St. wären 1 ) .

Der Bach von Rapd läuft in südöstlicher Richtung und ergiesst sich 2 St. stromabwärts von der Verbin­dung des Ljum Gri mit dem Mehainabach in den grossen Fandi.

Von Rapd Han an ersteigt die Strasse den Kamm der nach West laufenden Gebirgskette, welche die Wasserscheide zwischen Drin und Mat bildet, auf beschwerlichen Sohlangenwegen etwa 2 St. lang aufwärts und erreicht bald darauf den Han von Tscherret 2 ) , von dem man 2 St. bis Puka-Han rechnet.

Wir rechnen die Ausdehnung der Fandi-Section der Strasse vom Kamme des Krrabi bis zum Kamme des Pukagebirges auf 4 1 / ,—δ türk. St.

3. D r i n - G e b i e t .

Der Pukakamm ist mit Eichen bewaldet, und % St., nachdem ihn die Strasse erreicht hat, tritt sie3) an eine mit Jaspisgerölle bedeckte nackte Thalwand, an welcher sie in schwindelnder Höhe horizontal fortläuft. In kolossalem Halbkreise umfasst dieser schräge Trümmerabhang ein grosses kahles, felserfülltes Seitenthal de* Drin, in welchem der Guminabach seine Wasser diesem Flusse zufuhrt. Diese Einöde, worin man keinen Baum, keine Pflanze, keine menschliche Wohnung erblickt, reicht bis zum Drin hinab, wo sie unter mächtigen Felsen, die dessen Thalsohle verdecken, sich verliert. Im erhabensten Gegensatze gegen diese wüsten Stein­öden steigt in prachtvoller Höhe eine ganze Reihe von steilen Alpenhörnern unmittelbar aus dem nördlichen Ufer des Drincanals empor.

Einen grossartigeren Anblick wird man nicht leicht im Centrum der Alpen empfangen. Wie in den Dolomitalpen Tirols die Schneide des Kammes sich zu wunderbar gestalteten Felszacken gliedert, so werden auch hier ähnliche Bildungen in häufiger Wiederholung bemerkt. Gegen 50 solcher nadeiförmiger Spitzen zählte ich von meinem Standpunkte4). Diese Nadeln erscheinen wegen der Helligkeit des Gegenstandes und weil die Entfernung der nächststehenden wirklich so gering ist, dem Auge in so deutlichen Umrissen, als ob man jede Felsbank, jede Kleinigkeit an ihnen wahrnehmen könnte. Allein die grossen Schneemassen, die zwischen ihnen ruhen und sich lagerförmig abwärts verbreiten, belehren uns über die Höhe ihres Niveaus. A n einem Punkte reichten die Eisgefilde so tief in eine thalförmige Schlucht hinab, dass ich kaum daran zweifelte, einen Gletscher vor mir zu sehen. Eine so grosse Anhäufung von Schnee in der heissesten Jahres­zeit scheint zum mindesten eine Erhebung von 8000 Fuss anzudeuten, um so mehr, als der Schar den albane­sischen Alpen hierin in unzweideutiger Weise nachstand. Dies sind die äusseren Charaktere der höheren Alpenspitzen; ganz verschieden von diesen verhält sich die Zukalikette, welche jenem wie ein mächtiges Vorgebirge westwärts angelagert ist.

Sie ist zwar gleichfalls alpin, und die weissen Felsmassen ihrer 6—8 Gipfel reichen zwar weit über die Baumgrenze empor, doch sind sie beträchtlich niedriger als jene Alpenspitzen. Wenn wir aber die letzteren mit den Dolomitalpen des südlichen Tirol vergleichen zu können meinten, so stimmt die Zukalikette in ihrer Berggestalt und ihrem übrigen Charakter so deutlich mit den nördlichen Kalkalpen überein, dass man eine Kette aus dem Salzachthaie zu erblicken glaubt. Dieses Seitengebirge reicht von Westen her etwa bis zum Meridian des Augenpunktes, wo es sich zuletzt zwischen dem Drin und dem Westende der Alpenkette ein­schiebt, so dass die letzteren Gipfel darüber hervorragen. Stundenlang blieb unseren Blicken das seltene Schauspiel geöffnet, das die vulkanische Verwüstung und grauenhafte Einöde des diesseitigen Gebirges, so wie dieser gegenüber, die Majestät des hochalpinen Halbzirkels gewährten. Dann wendet sich die Strasse

i) Nicht zu verwechseln mit einem der drei Hane von Berdetti, welcher denselben Namen führt. η Nicht zu verwechseln mit dem Pfarrorte Tscherret am westlichen Fusse des grossen Pukaberges. 3) G r i s e b a c h S. 351. Wir lassen hier dessen meisterhafte Darstellung wörtlich folgen, indem wir nur den Bertiscus u. s. w .

in die moderne Nomenclatur übersetzen und einige Namen an die Stelle seiner Umschreibungen setzen. •*) Dieselben gehören jedoch nicht einer, sondern drei sich theilweise hintereinander schiebenden Ketten an, welche in der

Rundsicht von der Kunore Dardese unterschieden wurden.

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32 </. G. v. Hahn

über den westlichen Flügel dieses Thaies und führt weiter auf das steinbedeckte Plateau von Puka, das sein Wasser durch eine Felsschlucht dem Guminabache zufuhrt.

Man rechnet von Puka 3 St. bis Rapo oder 12 St. bis Spasch und in westlicher Richtung 6 St. bis W a u Deise.

Puka hat 20 muham., um seinen Han zerstreute Häuser und nach G r i s e b a c h II, S.533, eine Meereshöhe von 1819 Fuss. Es ist der Sitz des Mudir von Dukadschin und wird von den Umwohnern Kjutdt (Stadt) genannt.

Von Puka steigt die Strasse 1 St. lang in westlicher Richtung zu dem spitzigen Gipfel des Puka-berges auf.

Es ist dies die nordwestlichste unter den höheren Jaspiskuppen der ganzen Kette und von ihr zweigt sich ein Bergzug ab, welcher in der Richtung von Nord nach Süd läuft und wenigstens am Gjadribache die T e r b u n i - oder Tribunikette 1) genannt wird.

Ob die Quellen des Gamsikjabaches auf dem Westhange dieser Kette liegen, oder ob deren Hauptzug von ihnen durchbrochen wird, und die Wasserscheide zwischen ihnen und dem Fandi auf einen östlichen Nebenzug falle, müssen wir dahin gestellt sein lassen. Jedenfalls umschliesst sie das Quellgebiet der Gamsikja nach Osten und Süden zu.

4. G a n i s i k j a - G e b i e t .

Bei dem Pukagipfel2) tritt die Strasse in das Gebiet der G a m s i k j a , indem die von dessen Süd- und Westhang iiiessenden Wasser in den Hauptquellenarm dieses Baches3) fallen, der in einem engen, schluchten­reichen Thale von Ost nach West fliesst.

Vom Gipfel des Pukaberges bis zur Kreuzung des ersten nördlichen Zuflusses der Gamsikja rechnet man 1 St. Die Strasse läuft über die beiden Hänge des Pukaberges sowohl aufwärts als abwärts in tiefen und engen Regenfurchen, so dass die sich begegnenden Züge Mühe haben, einander auszuweichen.

Am Fusse des Berges liegt um die Kreuzung des erwähnten ersten nördlichen Zuflusses das Pfarrdorf Tscherrot . DieMündung dieses Trockenbaches in die Gamsikja liegt Γ / 2 St. südlich von dem Kreuzungspunkte.

Von Tscherret rechnet man etwa 4 St. bis Wau Deise. Von der Kreuzung des Tscherretbaches bis zu der des zweiten nördlichen Zuflusses der Gamsikja über­

steigt die Strasse zwei Felsvorsprünge, welche die Nordwand der in tiefer Felsenge südlich von der Strasse fliessenden Gamsikja bilden, und folgt von der Mündung dieses zweiten Zuflusses an oder unfern davon dem Flussbette der Gamsikja selbst. In dem Thale dieses Zuflusses liegt das Dorf D u s c h i epere verzettelt.

l l / 2 St. folgt die Strasse dem Bette der Gamsikja, welches am Südostrande der grossen Skodraebene hin­streichend mitunter die Breite einer halben Stunde erreicht, und zieht auf dieser Strecke an dem südlich von ihr weit verzettelten Pfarrdorfe Dusch i poschtere vorüber, bis der Bach, 2 St. vor Wau Deise, mit einer Wen­dung gegen Norden in eine Felsenge eintritt. Die Strasse bleibt in der Ebene, und erreicht in 2 St. Wau De'ise.

Bei dem Eintritte der Gamsikja in die Felsenge, also im Norden von der Strasse, beginnen die ersten Häuser des weit verzettelten, von Miriditten bewohnten Dorfes G o j a n n i 4 ) . Die Gamsikja folgt mit

J) Don A n g e l e giebt diesem Namen eine grosse Ausdehnung und begreift selbst die Pukakette unter denselben ein. Die Terbunikette ist nach ihm ein selbstständiger, von jedem andern getrennter Gebirgszug; er enthält in seiner nördlichen Kette den Pukagipfel (von den Miriditten Pucha genannt), dann folgt der Berg von R a p e und der von S c h k a i -B u s c h t r a (Steige der H ü n d i n , vermuthlich nach der nördlichen von Rapo den Gebirgskamm überste igenden, sehr beschwerlichen Strasse so benannt). Die nördliche Fortsetzung heisst die Kette von E r m e j a , welche bis über Komana hinausgeht, und zu welcher der D e l m a t i a b e r g gehört.

Südlich setzt sich das Gebirge bis K a s c h n j e t t i fort und trennt das Gebiet der Gamsikja und des Gjadri von dem des grossen Fandi.

Dies ist ungefähr Don Angelo's Ansicht von dem Standpunkte von Wigu, also von Süden aus. Wir möchten die westliche Kette, auf welcher die grosse Strasse läuft , die Pukakette nennen, und den Namen Terbuni auf die sich von dem Pukaberge abzweigende, anfangs südlich, dann westlich laufende Kette zwischen der Gamsikja und dem Gjadri beschränken, welche durch die G r ü k a G j a d r i t von dem Sanct Michaelsberge, der nördlichsten Spitze der Weljakette, getrennt wird, und die Gipfel S u t s c h e l l i , B e n a und G e r s c h i s o enthält.

2) B o u e , Turquie d'Europe II, S. 581, giebt ihm 2201 Fuss Meereshöhe, G r i s e b a c h II, 353, schätzt ihn auf 3000 Fuss. 3) Er soll 4V 2 St. nordöstlich von Wigu entspringen.

Sie stammen aus dem Geschiechte der Spaschi. Diese Enclave veranlasst die Mireditten, die Grenze ihres Gebietes bis

nach Wau De'ise vorzurücken.

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geringer nördlicher Ausbauchung dem Laufe der Strasse, von der sie höchstens l / 2 St. entfernt ist, und fällt bei dem Weiler G j u r d s c h a k i , % St. östlich von dem Ausgange der letzten Drinenge, in ostsüdöstlicher Richtung in diesen Fluss.

Ad XVII. Firza. a. Strasse von Firza nach Djakowa.

Von F i r z a nach Djakowa 9 St. Firza fällt etwa Γ / 2 St. südlicher als Djakowa. Von Firza kreuzt die Strasse den Drin auf dessen Fähre, steigt den nach K a r m a und Kraschn ik genannten niederen Höhen­zug hinauf, der östlich von Firza liegt, und läuft P / 2 St. auf dessen Rücken. Dann steigt sie in das Thal der W a l b o n a , läuft in diesem stromaufwärts und kreuzt die Buschteri tza 5 M. vor deren Mündung in die Wal­bona. Im Mündungswinkel liegt der Hügel Kjutet 3 St. von Firza. Dann kreuzt die Strasse die Tschjaffa von L u s c h i a im Osten dieses Dorfes, läuft hierauf Γ / 2 St. lang das % St. breite Thal von Betuschi von West nach Ost aufwärts und kreuzt das Besch trikgebirge von Djakowa1) bei der Tschjaffa Gjonit, welche 3 St. von Djakowa und 6 St. von Firza liegt, und läuft dann durch das sehr lange und breite Thal nach Djakowa.

Von Firza ist 1 St. nach Dusch i mit 10 Häusern, von hier 2 St. nach Molakukje mit 6 Häusern, von hier 1 St. nach Lukat mit 20 Häusern, von da 1 St. bis Lusch ia mit 26 Häusern (Gaschi), von hier 1 St. bis Betuschi , von hier bis Tschjaf fa Gjoni t 1 St., über das hier Baschtrik genannte Gebirge. Durch das Gebiet von G e r r e t i auf dem Osthange des Gebirges, den Baba'i H o s c h i gehörend, welche ein eigenes Geschlecht für sich bilden, das diesen Namen trägt und 250 Häuser zählt, 3 St. von der Tschjaffa Gjonit durch das breite Thal von Djakowa bis zur Stadt, — in Summa 9 St.2).

Firza ist von Quin Μ 12 St. entfernt, und der Weg geht über Djakowa. Man geht von Firza nach Prisrend über W a u - S p a s c h i , weil der Weg, wenn auch 4 St. weiter, doch

viel bequemer ist als der über Djakowa: über Spasch 20 St. und über Djakowa 16 St. Beide Angaben sind weit grösser als die gewöhnlichen, denn £umbi liegt nur 2 St. von Prisrend + 12 = 14, und von Prisrend sind 11 St. bis Wau-Spaschi und 6 St. bis Firza == 15 St.

Hani Wau Spaschi ist 6 St. von Djakowa3). Der Weg führt 3 St. lang das Thal Gruma aufwärts und kreuzt diesen Bach sechsmal. Der Bach entspringt 3 St. von seiner Mündung.

Hierauf kreuzt der Weg den Rücken des Beschtrik von Hassi bei der Tschjaffa von Prussi , welche 4 St. von Wau-Spaschi entfernt ist.

b. Quellen der Walbona und Buschteritza. Über diese Quellen liegen die widersprechendsten und ungereimtesten Angaben vor; die mir wahrschein­

lichsten sind folgende: die Walbona entspringt in der Mitte einer zwischen Nika i und Ipek von West nach Ost gezogenen Linie, 4 St. von beiden entfernt, und vermuthlich 10 St. von Djakowa; 2 St. südlich von der Quelle liegen die Dörfer Padess i mit 2 Häusern auf dem Ostufer und Drogebja mit etwa 40 Häusern gegenüber.

Die Buschter i tza entspringt auf dem Berge Mor ina und unweit dem gleichnamigen Dorfe, das 70 Häuser hat; von der Quelle bis zur Mündung sind 6 St., sie fliesst mitten durch die Dörfer Lugat und Kolgezai te .

Die Quelle fällt 3 St. westlich von Djakowa und 6 St. südwestlich von Ipek. Beide Quellen liegen im Gebiete des F i s der Gasch , welche mit 500 Häusern ein Ganzes mit den ebenso

starken Grasni tsch (nach Andern nur 400 Häuser) bilden, und fliessen durch das Ge'biet der letzteren. Sie verbinden sich 3 St. östlich von Firza.

1) Zum Unterschied von dieser Kette heisst die Prisrend westlich gegenübergeiegene Kette Beschtrik von Hassi; übrigens

hörten wir Baschtrik, Bastrik, Bischtrik und Boschtrek. 2) Unser Croquis nimmt Djakowa von Prisrend 5 und Wau-Spaschi 6 St. an und erhält daher für Firza eine Luftlinie

von 7y 2 St. 3) S. eine ausführliche Beschreibung dieses Weges in Bouo, Itin. II. S. 111 folg.

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c. Hauptstrassen im Dukadschin. Von Puka nach Lesch sind 12 St. und nach W i g u 4 St., vom Pfarrdorfe TscherreU bis K o m a n a

2y2 St. von Süd bei Ost nach Nord bei West, vom Pfarrdorfe Tscherrdt bis K a r m a von Γ / 2 bis 2 St., vom H a n i Tscherret nach Tschelesa 2 l/ 2 St. Die letztere Strasse ist die westöstliche Hauptarterie des Dukadschin und für Pferde gangbar, obgleich sie 1 / 2 St. östlich von Tscherret über das Gebirge von Ermej a führt, das von dem Pukagebirge nordwärts läuft.

Tsche lesa ist eine traurige, wasserarme Felsöde. Von Tschelesa bis Ibalja 7 St. mit seltener Ubereinstimmung („la strada h cattiva, cattivissima, pessima,

proprio del diavolo"); y a St. östlich von Tschelesa setzt sie über die G u m i n a ; von da bis zur Passhöhe der Krrabikette, Tschjaffa Mugut genannt, sind 3y> St., vorher setzt sie über den Sapatschi - (oder Sapak-) Bach. Von der Passhöhe bis T s c h o r ö m i a 2 St., von da bis Ibal ja 1 St., von Ibalja nach P iavre i y 2 St., von da nach F i r z a Γ / 2 St. Dieser Theil der Strasse ist nicht schlecht.

Von Wau-Dei'se bis Karma 4 (oder δ) St. Der Weg folgt der grossen Strasse, und beugt dann nord­östlich ab und führt über Dusch i eper.

Von Karma nach Komana sind 3—3y2 St., und einer der Wege führt über Giok's M a r k u , Haus am Drin, wo wir frühstückten; von da bis Komana 2 St.

Von Komana nach Duschmani 4 St.; die Strasse kreuzt 2x/2 St. von Komana die Gumina, 1 St. südlich von ihrer Mündung.

Die Kirchen von Duschmani und T o p l a n a liegen 2 St. auseinander. Von Toplana liegt Br i sa Γ / 2 St., und dies letztere fällt nordöstlich von Duschmani. Duschmani liegt von Sehjalagu und Tornau östlich 4 St., doch fällt Sehjalagu etwas gegen Süden.

Von Komana nach A l t s c h i t s c h 5 St. (Reitweg 6 St.). Von Tschelesa nach F le t , Fussweg 5y 2 St., Reitweg 9 St.; letzterer erreicht die grosse Strasse

zwischen Rapdja und A r s t i . Von Tschelesa bis Altschitsch 4 St., von da bis Mertur i 4, also im ganzen 8 St. Von Merturi, auch M a r t u r i G u r r i t (d. h. Marturi vom Steine), bis Firza wähle der Leser von 3—5

auf dem geraden Wege, und zwischen 4—7 auf dem Bogenwege längs des Drin. Von jedem Befragten erhielt ich eine andere Antwort, und selbst Don A n g e l o , obwohl langjähriger Pfarrer von Firza, schwankte beständig; ich selbst schätzte die Strasse längs des Drin auf wenigstens 6 St. Zeit. Jedenfalls aber bleibt auf diesem Wege Altschitsch gegen Westen.

Don A n g e l o denkt sich Firza's Lage 1 St. südlicher als die von Duschmani, und nach ihm soll Merturi etwas nördlicher als A p r i p a fallen. Nach meiner Vorstellung zeigt das Croquis die genannten Orte in umgekehrtem Verhältnisse.

Altschitsch liegt nach Don A n g e l o etwa mit Firza auf derselben Breite, aber seine Kirche fällt etwa nördlicher.

d. Bergketten von Merturi bis Kunore Darese.

Vom Berge von Merturi gegen Süden gesehen, soll der Krrabigipfel 8 (?) St. entfernt sein und sich demselben die Pukakette anschliessen und gegen Westen laufen. Der Merturiberg ist der nördlichste Theil der Drinkette, welche den Fluss zwingt gegen Nordwesten zu laufen. Die verschiedenen Glieder dieser Kette heissen in der Reihenfolge von Norden nach Süden G u r r - i - M e r t u r i t ; S t r a m i n a , Quellort des Merturi-baches mit dem Pass von Ber i schja nach Firza; Piavre mit dem Passe von Ibalja nach Firza; Kuin i ci, Quellort des Ibaljabaches, mit dem Passe von Ibalja nach Mit i skau; K u n o r e Darese mit dem Passe von K r ü e 91 nach Darda. Die Mündung des Baches von Darda liegt 3 St. von seiner Quelle, er fliesst strenge von West nach Ost.

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Ad XX. Radomir. a. Von Prisrend bis Radomir und von da bis Diwra 1 ).

I. V o n P r i s r e n d ü b e r R a d o m i r , 12 St.

Nach Kreuzung der L j um abrücke läuft die Strasse auf der längs der Ostlinie des Dreieckes der kleinen Prutebene von Nord nach Süd streichenden und mit Eichen bedeckten Erdterrasse hin. Die Strasse bleibt etwa y 4 St östlich oberhalb der letzten Flussenge, durch welche der schwarze Drin in die Prutebene eintritt.

Dieselbe wird durch einen vermuthlich senkrechten Riss in die Felsmauer gebildet, welche die südwest­liche Einfassung der Prutebene abgibt. Die Enge wird von unsern Begleitern als völlig unzugänglich geschil­dert, aus eigener Anschauung kannte sie keiner. Wir konnten nur so viel unterscheiden, dass die Richtung der Enge von Südwest nach Nordost geht und der schwarze Drin diese Richtung schon vor dem Ausgangs-thore eingeschlagen hat.

1 St. von der Kula liegt G ö s t i l (auch D s c h ö s t i l ) mit 40 muham. alban.2) Häusern, durch welches die Strasse führt. % St. östlich davon Schtitschen mit 170 Häusern, längs des Fusses der Gjal i tscha-kette ausgestreut.

Nank, 2 St. südlich von Göstil, % St. vom östlichen Drinufer. Bizai' , y 2 St. südlich von Nank (nach einer andern Angabe sind von Kula Lumese bis Bizai nur 2y2 St.),

mit 100 Häusern in 3 Vierteln. Bis Bizai* läuft die Strasse längs der Gjalitschakette im ganzen von Nord nach Süd. Bei Bizai zwingt ein westlich streichender Höhenzweig dieser Kette den Drin zu einer Biegung gegen Westen, welcher gegenüber auf dem Westufer Qeroi 3 ) m i t 130 Häusern liegt. Bizai liegt 1 St. östlich vom Drin, auf dem Nordhange des erwähnten von Osten nach Westen streichenden Höhenzugs. Die Quellen seines Baches liegen 3 St. östlich von dem Dorfe in den Schluchten der Gjalitschakette.

y 2 St. südöstlich von Bizai' — Koless ian i mit 80 Häusern; es bleibt etwas östlich von der Strasse auf dem erwähnten Höhenzuge, welchen die Strasse kreuzt4). Von da an steigt sie in eine von Nord nach Süd streichende, flach geböschte Thalfalte abwärts, die wohl über y 2 St. lang sein mag. An ihrem Ende beugt ihr Bach gegen Westen ab und mündet, durch eine Felsenge fliessend, 1 / 2 St. von der Strasse in den Drin, der hier gleichfalls in Felsengen fliesst.

Von da an steigt die Strasse eine kleine, flach geböschte Thalmulde mit schönen Wiesengründen auf­wärts. Alte Steinhaufen zeigen, dass diese Wiesen früher sorgfältig gepflegt wurden.

Ein Felshügel , westlich von der Strasse, trägt die Grundmauer einer kleinen christlichen Kirche und einer beträchtlichen Umfassungsmauer. Die Mulde weiter aufsteigend, erreichen wir den Dorf bezirk von U m i s c h t e , dessen 100 Häuser, weit zerstreut, zu beiden Seiten um die Mündung des Baches von Koles­siani liegen.

*) 1. Von Prisrend über Radomir nach Diwra 23 St. 2. Von Prisrend nach Radomir 12 St. 3. Von Prisrend bis zur Kula Ljumese 6 St.

2) Da der ganze untere Lauf des schwarzen Drin nur von muhammedanischen Albanesen bewohnt wird, so ist diese Bezeich­nung zur Häuserzahl hinzu zu denken.

3) Oder g a r o i ; dies soll nach andern Angaben der Name des ganzen zwischen Drin und der M a l - i - c i kette liegenden Land­striches sein, der sich zwischen dem K a t s c h j o r i - und Sepia-Berge gegen den Drin zu erstreckt.

4) Vermuthlich gibt es mehrere Viertel dieses Namens; da wir hier vom Drin abbogen, so lassen wir die Angabe der Töpfer in Prisrend über die Drindörfer folgen. Von K u l a L j u m e s e 2% St. Bizai; von Bizai 1 St. bis Kolessiani; V 2 St. davon und V 2 St. östlich vom Drin D o m a i - M i s c h t i t ; 1 St. M a l t s c h e n i ; 1 St. S k a w i t z a ; 1 St. W i l a und von da bis zur Mündung der W e l e s c h e s a bei dem Dorfe K a l i s i etwa 2 St. (s. über diese weiter unten), wonach die Mündung der Weleschesa bis zu der der Luma eine Entfernung von beiläufig 9 St. ergäbe. Diese Distanzangaben erscheinen uns als sehr übertrieben, denn nach einer zuverlässigen Angabe rechnet man von der D a r da brücke bis zur We s ir brücke über den vereinten Drin nur 5% türkische St.

Nach den Töpfern von Prisrend soll Darda 12 St. von der Kula Ljumese und einen Büchsenschuss vom Drin liegen, i / 2 St. südlicher aber T s c h i l n a mit 600 Häusern, von wo man 6 St. bis D i w r a wogel j und 8 St. bis zur Stadt D i w r a math rechne.

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36 «7. G. v. Hahn

Das Hauptviertel, durch das die Strasse führt, liegt wohl l / 2 St. von jener Mündung und beträchtlich höher. Der Bezirk längs des jenseitigen Westufers des Drin heisst Τ έ - D r i n a (bis zum Drin) und gehört zu

Ljuma. Der Bezirk Mal-i-c,i reicht nirgends bis zum schwarzen Drin (? vgl. p. 37). Westlich von T6 Drina liegt A r n e a mit 70 Häusern, 2 St. von Umischte, und etwas weniger von Qeroi. Erst dieses grenzt an das Miridittenland. Bei Qeroi tritt der schwarze Drin aus dem breiten Diwrathale, welches sich südwärts bis zur Stadt Diwra erstreckt, in die Engen ein, welche er erst mit seinem Eintritte in die kleine Ebene von Prut verlässt.

Man erblickt von der Strasse aus einen breiten Grundspalt in der steilen, felsigen, sehr hohen Bergkette, welche die westliche Thalwand des schwarzen Drin bildet. Durch diesen Spalt fliesst der Bach von L u r j a (im Drinthale M o l l a L u r e s e , von den Eingeborenen selbst nur M o l l a genannt) dem Drin in östlicher Rich­tung zu, und mündet etwas südlich von Karma-Mischt i t . Sie entspringt 10 St. von ihrer Mündung (hier gab man nur 6 St. an).

Der Dorf bezirk von Misch t i , welcher ein Conglomerat verschiedener Viertel, Weiler und Einzelhöfe bildet, hat 2 Holzbrücken über den Drin, welche nur 1 / 2 St. auseinander liegen. Von der nördlicheren ist es 2 St. bis Qero'i. Man rechnet von diesen Brücken 5 St. bis zum Hauptviertel von Lurja und von diesem 3 St. (!!) bis Orosch 1 ) .

Letzteres soll nach mehrfachen übereinstimmenden Angaben 8 St. von Biza'i liegen. 1 St. südlich von dem Lurjabach mündet der Buschter i tzabach am Ostufer des Drin. Dieser Bach

entspringt am nördlichen Fusse des K o r a b , 21/2 St. von der K a l j a Dddese , und läuft von Südost nach Nordwest, und in seinem untern Laufe von Südsüdost nach Nordnordwest.

Unser Weg nach Kalja Dodese führte das Buschteritzathal aufwärts, längs dessen nördlichem Thalhange. L u i s n a mit 80 durch das Thal verstreuten Häusern. Kreuzung des Tschajabaches auf der Brücke

von Ljabowo kurz vor dessen Mündung in die Buschteritza. Er entspringt 4 St. südöstlich von der Brücke. Rogomana, l S t . nördlich von Kalja Dodese an dem Buschteritzabache (Ljuma), mit 20 Häusern zu

beiden Seiten des Baches, dessen Richtung hier von Süd halb Ost nach Nord halb West geht. y 2 St. bachabwärts Saljusche. Hinter Rogomana übersteigt die Strasse die linke Thalwand der Busch­

teritza, lässt das kleine Dorf Minske rechts und erreicht Kalja Dodese auf dem Nordhange des anfangs lehn, dann steil geböschten Engthaies des W e l eschesabaches, wenigstens 1500 Fuss über dem Bachbette auf der Wasserscheide zwischen den Bächen Buschteritza und Weleschesa gelegen.

Der Weleschesabach bildet die Grenze zwischen den Bezirken von Ljuma und Diwra; Radomir und Kalja Dodese gehören also noch zu Ljuma.

Der Bach entspringt 3 St. östlich von Radomir in den Falten des K o r a b , zu dessen Spitze man von Radomir 4 St. rechnet. Die Richtung des Baches geht von Südost nach Nordwest. Im rechten Mündungs­winkel liegt das reiche Dorf K l j esche-Weleschesa (in Prisrend Kalisi genannt) in 4 Vierteln.

Die Mündung der Weleschesa liegt im Südosten der grossen Lurjaspalte. Unterhalb der Kalja Dodese ziehen sich die 5 zerstreuten Viertel von Radomir. Zwischen diesen Vierteln

stürzt sich bei Regenwetter der kleine Bach Tatombas in häufigen Kaskaden in die Weleschesa; bei seinem Anfang sind die Reste einer alten Kirche.

Der obere Theil des Dorfgebietes von Radomir bildet einen gegen Südwest gewendeten, mit Felsschichten durchzogenen, aber keineswegs unfruchtbaren Thalkessel.

Man rechnet von Kalja Dodese 2 St. bis Radomir und versteht unter letzterem hiebei wahrscheinlich das dem Bachbette (der Bezirksgrenzlinie) nächstgelegene Viertel von Radomir.

II. V o n R a d o m i r n a c h D i w r a , 11 St.

Von diesem Viertel, unserem Nachtquartiere, setzten wir, etwa 20 M. herabsteigend, über die Wele­schesa, und erreichten, auf ihrem Südhange hinreitend, nach etwa 3 / 4 St. die obersten Gehöfte des weit zer-

v) Der Präfect von Lurja gibt in seiner genauen Beschreibung dieses Weges seine Länge auf 6 St., also genau auf das doppelte an. In Ljuma und Diwra ist der Stundenbegriff ebenso schwankend wie im Dukadschin. Doch wäre es denkbar, dass die Angabe des Textes unter Orosch die Grenze dieses Bairaks gegen Lurja bedeute, und in diesem Falle würde sie mit der des Präfecten übereinstimmen.

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streuten Dorfes Weleschesa, welches sich über die Südhälfte der reichen Busenebene ausdehnt, durch die der Bach dem Drin zuläuft; die noch fruchtbarere Nordhälfte gehört den 4 Vierteln eines Dorfes, welches ich bald K a l i s c h i bald Kl jescho nennen hörte, so dass ich beide Namen verschiedenen Dörfern angehörend glaubte, während es doch nur verschiedene Formen desselben Dorfnamens sind.

Von dem oberen Viertel von Weleschesa aus begleiteten wir noch eine kurze Strecke den Südhang seines Thaies, kreuzten dann in südöstlicher Richtung einen niederen Höhenzug und kamen zu dem ersten Diwra-dorf Slate'in, mit 20 zerstreuten Häusern, hoch gelegen und freie Aussicht über das Diwrathal gestattend. Es liegt 1 St. östlich vom Drin und 2 St. von Radomir.

Etwas südlich gegenüber erblickt man im Süden des Lurjaspaltes einen zweiten kleineren Spalt in der Mal-i-^i-Kette, durch welche der Cettabach dem Drin zuläuft. Längs der Südseite dieses Risses führt der Weg von Radomir nach K u l a Matese, der Residenz des Mudir von Matja, welche 8 St. (!) auseinander liegen1). Das Dorf £ e t t a , n a c n w e lchem jener Bach benannt wird, liegt 3 St. von Slate'in. Der hinter dem Spalte zu gelegene Theil der Kette wurde als die Berge von M a z u k l i bezeichnet. Sie schienen von Slate'in aus gesehen von Südostsüd nach Nordwestnord zu streichen.

Von unserem Standpunkte bei Slatein aus gesehen, läuft der Drin im grossen Ganzen von Süd nach Nord, so weit man sehen kann2).

5 St. von Radomir führt der Weg durch Sohodo oder Suodol , auch Suhodol , mit 70 (120), zum Theil in städtischem Style erbauten Häusern 3). Es liegt 6 St. nördlich von der Stadt Diwra; hier laufen die Strassen von Darda und Radomir zusammen4).

y 4 St. südlich von Suhodol führt die Strasse durch Borowjan mit 30 (65) Häusern bereits in der Thal­mulde des Drin, weiche hier ostwärts von dem ansehnlichen, fast bis zur Spitze bebauten und bewohnten Bergzuge von Deschat eingefasst wird, so dass der Blick auf die Hauptkette des Schar dem Reisenden entzogen bleibt. Diese Ebene erstreckt sich 2y2 St. nordwärts längs des rechten Drinufers bis nach Darda.

8 / 4 St. von Borowjan liegt T u mini , Sitz des grossherrlichen Mudir4). y 4 St. südlich von Tumini kreuzt die Strasse den Bach von Peschkopeja, welcher 3 St. östlich von

hier auf dem Gebirge entspringt und 1 St. westlich von der Strasse in den Drin fällt; am nördlichen Ufer des Baches liegt ein Teko mit etwa 20 zerstreuten Häusern.

Dem Tekd gegenüber liegt auf dem Südufer der Peschkopeja das Dorf Debrowa mit 45 albanesischen Häusern, es ist dies das südlichste Grenzdorf der rein muhammedanisch-albanesischen Landschaft von Diwre-poschtere .

Von der Kreuzung des Peschkopejabaches erreicht die Strasse, von Nord nach Süd laufend, die Kante eines niedrigen, gegen die westliche Ebene abfallenden Höhenrückens, welcher Kenok heisst, in 1 türkischen Stunde und kreuzt die Grenzlinie zwischen den Bezirken von Diwre-poschtere und Diwre-sipere, welche auf jener Kante von Ost nach West bis zum Drin läuft, denn dieser Fluss bildet die Westgrenze der beiden Bezirke gegen die an seinem Westufer beginnende Landschaft M a l - i - ^ i (Schwarzberg), welche nur im weiteren Sinne zu Diwra gerechnet wird.

Die Sprachgrenze fällt fast mit der Verwaltungsgrenze zusammen, denn das am Nordfusse des Kenok, etwa 12 M. von der Grenzlinie und 5 M. von der Strasse gelegene Dorf Melan oder Melia ist das einzige

!) Auch das erste westlichste Grenzdorf von Diwra, M a l S e l i s c h t e , soll 8 St. von Radomir liegen. Diese Angabe möchte rich­tiger sein als die des Textes.

2) Nach der allgemeinen Angabe liegt Radomir 4 türkische St. vom D r i n , vermuthlich dem Laufe der Weleschesa bis zu ihrer Mündung folgend.

3) Wir vermuthen, dass es einen kürzeren Weg von Radomir nach Borowjan über das Gebirge gebe, wir aber einen beque­meren Umweg geführt wurden, welcher nicht wenig dazu beitrug, uns an Ort und Stelle über die Bodenbildung und die Lage von Kalja-Dodese, Radomir und den Weleschesabach gänzlich zu desorientiren, daher unser Croquis hier auf wenig mehr als Vermuthungen beruht.

Auf der Strasse nach Darda liegt, 1 St. nördlich von Suhodol, Renas mit 20 Häusern. 10 Min. nördüch von Renas

kreuzt sie den Gramabach , der 1 St. (?) westlich von dem Kreuzungspunkte in den Drin fällt. — i y 2 St. davon

Hauptviertel von Darda. 4) Von T u m i n i y 4 (i/a) St. nordöstlich und 14 östlich von der Strasse P i l a f oder P i r a f mit 30 H ä u s e r n , Sitz des ein-

gebornen erblichen Häuptlings des Bezirkes. ty4 St. westlich von Pilaf B r i s c h d a n mit 120 bis zum Drin verzettelten Häusern und dem Wohnsitze von Hass B e g u , der 45 Min. westlich von der Strasse und V 4 St. östlich vom Drin liegt.

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38 «7. G. v. Hahn

christliche bulgarische Dorf des Bezirkes von Unter-Diwra in dieser Richtung. Meine Begleitung behauptete, dass es überhaupt das einzige sei, und dass Unter-Diwra und ganz Mal-i-91 ohne Ausnahme muhammedanische Bevölkerung habe, während die von Ober-Diwra gemischt sei.

5 M. nördlich vom Dorfe kreuzt die Strasse den Bach von Melan, der 8/ 4 St. von da in den Drin fällt, an dessen Südufer, einen Steinwurf westlich von der Strasse, der mit Eichen bestandene Kirchhof des Dorfes liegt mit den Resten einer St. Peter geweihten Kirche, die aber nichts Beachtenswerthes darboten.

10 M. nördlich von diesem Kirchhofe und 1 / 2 St. südlich von Debrowa an dem Peschkopejabache liegt 5 M. westlich (?) vom Wege G r e w a mit 70 muham. alban. Häusern.

Die Bäche von Peschkopeja und Melan liegen also s / 4 St. auseinander. 10 M. südlich der Grenzlinie am südlichen Fusse des Kenok führt die Strasse zwischen den Dörfern

C h r b e i l mit 40 christl. bulg. Häusern gegen Westen und Deworan oder Dowoljan mit 20 bulg. spre­chenden Häusern gemischter Religion im Osten durch.

1 St. die Ruinen von G r a s c h d a n , die bis zu dem */2 St. von der Strasse fliessenden Drin gereicht haben sollen.

10 M. M a k e l l a r i mit 60 bulg. redenden Häusern, wovon 40 christl. und 20 muham. sind. l / 2 St. Blata siperc und poschtere mit 70 verstreuten muham. Häusern. i y 2 St. die Stadt Diwra .

b. Beschreibung von Lurja. Die Naturgrenzen von Lurja sind: Gegen Westen die von Nord nach Süd laufende Grenzkette, zwischen Lurja und Orosch, Buse Mal i t

(d. i. Mundloch des Berges), welche diesen Namen gegen Nord bis zu dem Dorfgebiete A r n i , gegen Süd bis zu dem von Sei i ta beibehält.

Maja-e-madd (die grosse Spitze), eine Kette, welche sich vom K o r ab (wir hörten öfter Korab als Korak) östlich des schwarzen Drin in westlicher Richtung abzweigt und die Mulde zwischen Lurja und dem schwarzen Drin nördlich abgrenzt.

Gegen Osten der Kamm der nach dem Dorfe K a l t s c h e r i genannten Kette (Tschjaffa Kaltscheri t ) und das Thal des schwarzen Drin.

Gegen Süden die Pr ein es cht- (oder Prinescht-) Kette, welche bis zu dem Bezirke L i s s a oder Ml i s sa in Matja reicht; dort wird sie meist nach dem ihrem höchsten Gipfel nächstgelegenen Dorfe Τ seh Jaffa - D ä ' i s e genannt. Dieser Gipfel liegt südöstlich vom Mazukli und nordöstlich von Burgajet. Sie ist, nächst dem Korab, das höchste Gebirge des Landes.

Das Hauptviertel des Bezirkes wird Lurja-e -mado (Gross-Lurja) genannt. Dasselbe liegt in einer kleinen, fast ovalen Ebene, welche von etwa 3000 Fuss Länge und 2600 Fuss Breite ist. Durch die Mitte dieses Kessels fliesst der Mollabach, an dessen beiden LTfern die 50 muham. und 10 christl. Häuser des Hauptortes Lurja-e-made zerstreut sind. Die kürzlich neuerbaute Pfarrkirche liegt am nördlichen Ufer; ebenso eine Moschee. Dieser kleine Kessel dehnt sich von Mittag nach Osten aus, und wird von zwei Bergrücken einge-fasst, welche oben und unterhalb kaum Platz für das Bachbett übrig lassen und etwa 2y2 Tausend Fuss über die Kesselebene aufsteigen. Der Horizont des Ortes ist daher ein sehr beschränkter, und im Winter scheint die Sonne nur wenige Stunden in denselben, daher die Einwohner den Namen Lurja von uri (Maulwurf) ableiten.

Der Dorfsage nach waren 5 Brüder die ersten Einwanderer und gründeten ebenso viele nach ihnen benannte Viertel. Drei derselben liegen südlich vom Hauptorte. K r d j d mit 7 christl. und 4 muham. Häusern liegt 1% St. westlich.

Von Lurja-e-madd bis zum südlichsten Viertel G u r i sind etwa 6 St. Man rechnet die Entfernung der Pfarrkirche 12 St. von der Stadt Diwra. 6 St, davon Radomir, welches von den Miriditten und Lurjanern so allgemein Ladomir ausgesprochen

wird, dass der Präfect die erstere Form für einen Schreibfehler hielt.

c. Bach von Lurja, Ljum Molla. Die Quellen des Baches von Lurja liegen 15 (?) St. von denen des kleinen F a n d i , indem letztere in

Mal-i-ςί liegen und sein Lauf von Nord nach Süd geht.

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Der Mollabach entspringt in der Preineschtkette und fliesst von seiner Quelle an 2 St. von West nach Ost und dann bis zu seiner Mündung in den Drin von Süd nach Nord. Die Länge seines Laufes von der Quelle bis zur Mündung beträgt 10 St.

Die Pfarrkirche liegt */4 St. südlich vom Hauptbache, 2—3 St. unterhalb des Zusammenflusses seiner 4 Quellen. Diese entspringen aus 4 im Gebiete von Lurja liegenden kleinen Bergseen.

Drei davon liegen auf dem Kamme der hohen Bergkette Prei'nescht, die im Süden von Gross-Lurja streicht; der erste heisst E l t schen i -made (grosses Becken); er ist von Ost nach West 600 Fuss lang und von Nord nach Süd 400 Fuss breit. Er ist von ungemeiner Tiefe und hat ein schachtartiges Aussehen1). Sein Nordwestufer bildet eine Wiesenfläche, auf der Heu geschnitten wird; das Südostufer einen mit Fichten besetzten Abhang. Sein Wasser fliesst gegen Norden ab.

10 M. westlicher liegt der zweite See, E l t s c h e n i - L o w e t genannt, von etwa gleicher Ausdehnung und Richtung, dessen Wasser gleichfalls gegen Norden laufen.

Der dritte See bildet mit den beiden vorigen die nördliche Spitze eines gleichseitigen Dreieckes und ist nur ein rundes Becken von 36 Fuss Durchmesser, in welchem die Wasser der beiden andern Seen zusammen-fliessen; derselbe hat Grund und seine Ufer sind schlammig, er heisst Eltscheni-Rassewet; dies ist der Quellpunkt des Mollabaches.

2 St. östlich von diesen drei Seen liegt der vierte, ebenso klein wie der dritte, etwa 2 St. von der Pfarr­kirche; er heisst E l t schen i -Bor ia ' i und schickt sein Wasser in den Mollabach.

Ein fünfter See von unbekannter Ausdehnung ist der E l t s c h eni-Negrif f , 4 St. südlich von Lurja; deseen Abfluss mündet in den Bach von £etta, der 6 St. davon (d. h. 8 St. von dem Quellsee) in den schwarzen Drin fällt.

Alle diese Seen haben vortreffliche Aale und Forellen, von denen aber wegen Mangel an Fischein nur wenige gefangen werden.

d. Weg von Lurja nach Orosch, 6 St. 10 M. westlich von der Pfarrkirche von Lurja beginnt der enge Fusspfad einen riesigen Fichtenwald zu

kreuzen, welcher von dem Gipfel des Prinescht sich auf steilen Abhängen in das Thal des Mollabaches herabzieht. y 4 St. schwieriges Aufsteigen; hierauf begleitet der schwierige Pfad, allmälig sich senkend, die baumlose

Westwand des Mollabaches bis zu dem Viertel K r e j e 1 St. und führt durch einen reizenden Wiesengrund von 1 St. Länge und y 2 St. Breite.

2 St. Kreuzung der Grenzkette, zwischen Lurja und Orosch, deren Kamm halbwegs (3 St. von beiden Orten) liegt und Buse-mal i t heisst2) und erreicht die Reste des Camaldolenser-Klosters S. Johann (Kische Sehen Gjinit) .

iy> St. in östlicher Richtung Orosch.

e. Weg von Lurja nach Radomir, 6 St. Er kreuzt die Bergkette von K a l t s c h o , den schwarzen Drin bei Darda, führt durch K a l i z z i über

die Tschjaf fa-Dodese nach Radomir.

f. Weg von Lurja nach Delbinischt. 5 St. nach Sei i ta eper (s. V . litt. 1, not. 1). 3 St. nach Perlata'i. 2 St. nach Kese l la . 7 Kreuzung des Mat bei der Mündung der Hurdassa. 3 St. Mi lo t t i . 1% St. Delbenischt .

21% St. Geht man, statt über Milotti, die Hurdassa aufwärts über Skur ia und K u r b i n o nach D e l b i n i s c h t ,

so spart man fast Γ / 2 St.; mithin beträgt der kürzeste Weg von Lurja nach Delbinischt 20 St.

*) Diese Form, verbunden mit dem ad V litt, i erwähnten unterirdischen Laufe des Urakabaches, scheint auf Karstformation

hinzuweisen. 2) S. lit. b.

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Ad XXI. Diwra. a. Umgegend von Diwra.

Nachdem der Drin die fast in entgegengesetzter Richtung von Nord nach Süd fliessende R a d i k a auf­genommen, macht er einen weiten Bogen gegen Westen und tritt bei der über ihn führenden Höhlenbrücke (lire spilese) 1 St. südwestsüdlich von der Stadt Diwra in eine neue Felsenge, welche G r ü k - e - m a th 1), die grosse Enge, heisst. Dieselbe ist 2 St. lang, und in ihr liegt kein Dorf.

Das erste Dorf stromabwärts der Brücke ist G o r i t z a , hart am Westufer des Drin, welches 1 St. westlich von Diwra als erstes Dorf auf dem Wege nach Tiranna liegt. Hier beginnt die kleine Enge G r ü k -e-wdgelje und reicht bis D i w r e poschtere (Unter-Diwra); Topdjan i ist das noch zur Grüka gehörige Grenzdorf.

i y 2 St. von Goritza stromabwärts mündet die W i t t o - i - q e 9 a 2 ) (Schwarztäubchen) in den schwarzen Drin, an deren linkem Ufer 1 / 2 St. stromaufwärts, 2 St. von der Stadt Diwra, das Dorf Okschate ina liegt.

An die Grük-e-wogelje stösst nördlich der District von L u s n i a (in unbestimmter Form Lusnein), der südlichste Bezirk von Diwra poschtere, mit 300 in weit abstehende Viertel verzettelten Häusern, deren Mittel etwa 5 St. von der Stadt Diwra entfernt ist.

Darauf folgt M o c h r i mit 200 ähnlichen bis 1 / 2 St. vom Drin reichenden Häusern, ungefähr 6 St. von der Stadt.

Nordwestlich davon und weit vom Drin, in den Falten des westlichen Thalhanges, liegt K i d e n (oder Tschiden) mit 500 weit zerstreuten Häusern und Betsch mit 100 Häusern, 7 St. von Diwra und 2 St. vom Drin.

Daran stösst D a r d a , dessen Häuser bis zum westlichen Drinufer reichen, 8 St. von der Stadt. Die sämmtlichen aufgezählten Bezirke, die auf der Westseite des Drin bis Darda gelegen sind, und das

ganze Gebiet der Witto-e-^ege führen den gemeinsamen Namen Mal-i-qi (Schwarzenberg), welcher der Natur der kahlen Felsgebirge entnommen ist.

Etwas südlich von Darda liegt T s c h i l n a , und von dort beginnt die grosse Ebene von Unter-Diwra. Der von den beiden Drinengen eingeschlossene Bogen der Ostuferseite wird Sfescher (aus türk.

Scheher, die Stadt) genannt. Nach einer Aussage gehört sogar das i y 4 St. südwestsüdlich von Diwra gele­gene Dorf M i r e s c h , jenseits der Höhlenbrücke, dazu; eine andere widerspricht dem.

Einzelorte im Bezirke von Lusnein: Dos che seht, Brischan gegenüber, etwa 1 St. westlich davon und y 2 St. vom Drin. K a t u n t - i - r i (Neudorf) hart am Drin. Minka i 1 St. vom Drin. Hotesch 20 M. vom Drin. Einzelorte in Grük-e-wogelje: Maschweitza 3 St. von der Stadt Diwra, 1 St. südlich von Hotesch, 3 / 4 St. westlich vom Drin. Tschurasi te 1 / 2 St. westlich von Masch weitza und höher gelegen. Qdga'i 3 / 4 St. von Maschweitza und 3 St. von Diwra und in dessen Nähe Schtuschan. Topojan i , 3 St. von Diwra und 3 / 4 St. vom Drin. Okschateina oder Okeschtdn, 2y2 St. von Diwra und l / 2 St. vom Drin. Kowaschdze 3 St. von Diwra, 1 St. vom Drin. M p l ä t z e dahinter, hoch auf dem Berghange, 4 St. von Diwra. Horn es ch 2y2 St. von Diwra, 1 / 2 St. vom Drin auf dem Wege nach Burgajet.

x) Hier zeigt sich dieselbe Endungsanomalie wie in Mat-i, Gen. Matese u. s. w.; denn Grüka, der Hals, der Pass, ist weib­lich, der Name müsste also regelrecht Grüke-6-mad6 lauten.

2) S. weiter Witto-e-cece.

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Reise durch die Gebiete des Drin und War dar. 41

Botschawa, 2% St. von Diwra, % St. vom Drin.

Schupdnsa, 2% St. von Diwra, 1 St. vom Drin, auf dem Wege nach Tiranna; hart dabei W l ä s c h a i . G o r i t z a , hart am Westufer des schwarzen Drin, 1 St. von Diwra.

b. Der Radikabach. B e r i c h t 1.

Die Radika mündet s / 4 St. südlich von der Stadt Diwra am Ostufer des schwarzen Drin, nach einem vierzehnstündigen Laufe von Nord nach Süd, vermuthlich mit geringer Abweichung gegen Osten zu.

Ihre Hauptquelle entspringt 6 St. nördlich vom Korabgipfel, im Gebiete von Prisrend, mitten im Gebirge, wo weit und breit kein Dorf liegt.

Das erste Dorf an diesem Bache ist Scht irowitza mit 100 (50) muham. alban. Häusern, 4 St. südlich von der Bachquelle, 12 St. von Diwra.

1 St. unterhalb liegt Retsch, 11 St. von Diwra, mit 40 gem. Häusern; das Dorf heisst auch Rjeka nach dem Bache, der erst weiter unten R a d i k a genannt wird, und hienach heisst auch der ganze Bezirk am Südfusse des Korab Rjeka.

Nistrowo mit 100 halb muham. halb christl. Häusern, Retsch gegenüber, an dem Ostufer des Baches. W a u , 9 St. von Diwra, mit 80 gem. Häusern. Die Radika hat noch eine zweite Quelle, welche bei dem Dorfe Maurowa entspringt, und sich bei dem

Dorfe Sentsa mit der ersten verbindet. B e r i c h t 2.

Die Radika entspringt an dem Westfusse des Korab bei dem Dorfe Schtirowitza, das auf dem Wege von Diwra nach Gostiwar 10 St. von Diwra und 6 St. von Gostiwar liegt.

Von Prisrend liegt es 8 St., und der kürzeste, aber schwierigste Weg von dort nach Diwra führt durch dieses Dorf.

Der Weg läuft durchwegs im Radikathale längs des Westufers *) des Baches. Folgende Orte liegen an dieser Seite, von Schtirowitza: 1 St. Retsch, gegenüber Nistrowo. 1 St. W a u (Furt, Fähre), gegenüber W e r b e n a , mit 200 (?) gem. Häusern, 9 St. von Diwra2). 3 St. Schelanitza 3 ) , 100 muham. alban. Häuser, 6 St. von Diwra, mit einem 2 St. von dem Berge

Bar i t s ch kommenden Bache. 1 St. Rjeka Treb i schta mit einem kaum für eine Mühle hinreichenden kleinen, von links herkom­

menden Bache, mit 120 gem. Häusern. y 2 St. Sweti Jowan, hart am Ostufer auf einem steilen Felsen, 4 St. von Diwra und 10 St. von

Kri t schowo, mit 30 Mönchs- und Klostergütern (Metochien) in Prilip, Skopia und Raditschitza, das reichste und grösste Kloster des ganzen Landes.

Eine kleine Stunde stromabwärts liegen auf einem hohen Felsen des Westufers die Ruinen des bulgarischen Schlosses Pr i sa in i tza , vom Kloster aus sichtbar.

1 St. Radostusch mit 50 Häusern, wovon 20 christl. bulg.

*) Übereinstimmend mit andern Aussagen, uns gleichwohl zweifelhaft, weil der westliche Bergrücken dem Bachthale seine

Steilseite zukehren dürfte. 2) Wenn Schtirowitza 10 St., müss te dieses nur 8 St. von Diwra sein. 3) Vermuthlich wird bei Schelanitza die Westwand des Radikathales von dem hohen Ga l i s chn ik -Geb irge gebildet. Der

Gebirgs-Name ist dem seines Hauptdorfes entnommen, das fast ausschliesslich Schafzucht treibt. Diese Gebirgslandschaft zählt 300 Christ, bulg. Familien. Ihre Winterweide ist bei Salonik. Der Hauptort liegt 5 St. nördlich von Diwra, auf dem Wege nach Gostiwar, bis wohin man 8 St. (also von Diwra 13 St.) rechnet und nach Kritschowo ebenfalls 8 St. Nach der gemeinen Annahme ist Gostiwar 7 St. von Kritschowo und ebenso viel von Prisrend. (Nach unzähligen Ver­suchen ergab sich das Luftdreieck Ochrida 10% St. Diwra 8 St. Kritschowo 12 St. Ochrida als das für unsere Croquis allein mögl iche; dafür erhielten wir aber zwischen Prisrend und Kritschowo ein Luftlinie von 16 statt der gemeinhin auf 14 St. geschätzten Weglinie.) Das zweithöchste Gebirge in der Umgegend von Diwra ist der Κ arts ch in , 3 St. östlich von Diwra und 6—7 St. südlich von Galischnik.

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Γ/ο St.1) Skuderinje mit 150 Häusern, ganz muham. alban., 3 St. von Diwra. 1 St. Kosowratz i poschter hat mit K . siper 120 gem. Häuser, 2 St. von Diwra. 1 St. Radischt i tza , Eigenthum des Klosters Sweti Jowan, */4 St. vom "Westufer, 1 St. östlich von

Diwra, mit einer grossen Kirche, und ihm östlich gegenüber l / 2 St. von der Mündung der Radika Gormesa mit 50 gem. Häusern.

1 Γ / 2 St. von Schtirowitza bis zum Mündungsdreiecke von Hudowa oder von der Quelle der Radika bis ebendahin 15y2 St.

Anhaltspunkte für den Abstand der Radika vom schwarzen Drin ergeben folgende Notizen: Radischt i tza 1 St. östlich von Diwra. Sagrad , eine kleine Festungsruine, i y 2 St. östlich von dem Teko von Tumini und 33/4 St. nördlich von

Diwra, in einem steilen Felsthal, die Reste der Festung Qagrad (d. i. das jenseitige Schloss), auf einem senk­recht aus dem Thale aufsteigenden Felsen. Von da übersteigt man den Berg von Greka'i , dessen Dorf mit 15 Häusern östlich von Sagrad liegt, und kommt in y 2 St. nach dem zunächst an der Radika gelegenen Dörf­chen R ibn i t za , 3 St. oberhalb des Klosters S. Jowan.

Der Abstand zwischen Radika und Drin beträgt also hier zwischen 4—5 St.

c . W e g v o n D i w r a n a c h K r i t s c h o w o , 11 S t . Von Diwra: 1 St. Brücke über die Radika, */4 St. oberhalb Gorenza ; Radischt i tza bleibt rechts vom Wege,

der von der Brücke am Bach aufwärts geht. y 2 St. Mel i t schan , 40 christl. Häuser, y, St. Kosowratz , 50 türk., 40 christl. Häuser.

1 St. Mogort sch , mit einer Brücke über die Radika, 30 muham. alban., 20 christl. bulg. Häuser. Bei diesem Dorfe verlässt der Weg das Radikathal und wendet sich nach Osten,

y, St. Os i i i , 60 ganz christl. Häuser. 1 St. G a i r e , 70 ganz christl. Häuser.

Der Weg kreuzt den Berg Jama und kommt in 3 St. bei der K u l a und dem Hane von K r i t s c h o w o Isvor (Quelle) an.

2 St. D r g o w a , mit 20 türk. Häusern. 1 St. Kri t schowo.

10 l/2 St., davon 3 St. im Radikathale.

Von Diwra nach Kr i t schowo 11 St. „ Monastir „ „ 18 „

T) Ochrida „ „ 12 „ Gostiwar „ „ 7 „ Skopia „ K a l k a n d e l e 8 „ Kalkandele „ P r i s r e n d 7 Gostiwar „ D i w r a 12 „

K a l k a n d e l e 5 „

d . W i t t o - i - g e g e 3 ) .

Dieser Bach entspringt in dem Gebiete von B u l t s c h i mit 400 (500) muham. alban. Häusern 4 ) , 5 St. westlich von Diwra, 3 St. östlich von Martanesch, und fällt 2 (2y2 oder iy 2) St. nördlich von Diwra in den

*) Wenn Skuderinje 2y 2 St. stromabwärts von S. Jowan, und letzteres 4 St. von Diwra und 10 St von Kritschowo liegt, so muss die Radika zwischen Skuderinje und Rjeka Trebischta einen den Drinbogen bei Diwra ähnl ichen Bogen nach Westen machen.

2) So auch G r i s e b a c h , ich habe 10 St. 3) Wittoja, das Täubchen; ci, weiblich cece, schwarz. Ob diese Schreibung die richtige, müssen wir bei der Anomalie der diabe­

tischen Beugungen dahin gestellt sein lassen. 4) Auf dem linken Drinufer von Ober-Diwra gibt es keine Christen.

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Drin. Die Richtung des Baches in seinem Berggebiete ist von West nach Ost; bei seinem Eintritt in die Diwraebene fliesst er gegen Nordost.

2y2 St, westlich von Diwra nimmt die Witto den Bach von Okeschtün auf, dieser entspringt 8 St. von Diwra, in den Bergen von Martaneschl), bei den Dörfern Samsuni und Barowa, die 12 St. von Ochrida entfernt sind. x / 4 St. von Samsuni ist eine alte Festung auf einem Berge.

Dieser Nebenbach fliesst durch den District K o l ob ar da mit 40 Dörfern, 3 St. (?) südlich von Bultschin^e.

Längs der Witto führt der Weg von Diwra nach Tiranna, der 18 St. beträgt; er ist aber sehr schlecht und der Räuber wegen gefährlich, weswegen man den 27 Stunden langen Umweg über Elbassan vorzieht.

Von Bazar Matit bis Bultschin^e sind 3 St. Die Witto hat noch mehrere Nebenbäche.

e. Weg von Diwra nach Gur-i-barth in Matja, 8 St . 2 ) . 1 St. G ö r i t z e , auch Gjur i t ze , mit 200 Häusern, hart am linken Drinufer. 1 St. (iy 2) Sc hupende 3) mit 40 Häusern, am Nordufer des Wittobaches4).

y 2 St. Safratschan mit 50 Häusern in Grük-e-mäde mit 50 Häusern. y 2 St. Gra'ike mit 30 Häusern.

1 St. God iwia , 20 Häuser. y 2 St. P e l ä d e ' i mit 50 Häusern und einer Brücke über den Wittobach, Ure-Tschjutetit (Stadtbrücke)

auf welcher der Weg von Süd auf das Nordufer übergeht. 1% St. Bu l t sch i mit 500 (400), in δ grosse und weitschichtige Viertel getheilten Häusern. In seinem

Gebiete kreuzt der Weg die Tschjaffa B a u t 5 ) , auf deren Kamm die Grenze zwischen Diwra und Matja läuft.

1 St. K l j e s s i (Kljossi) mit 200 Häusern, im Matgebiete. 2% St. Gur- i -bar th .

— 9 y T s t T ~ f. Weg von Diwra nach Elbassan, 18 St.

1 St. von Diwra U r e - S p i l e s e . 2 St. U s t r ö n-i-wogelje, 50 Häuser gem. 2y2 St. K l e n i a , 60 Häuser gem. 4 St. L j e t e m , Grenzdorf von Diwra, 40 Häuser. 9y2 St. Man rechnet aber von Diwra bis zu demselben 11 St. 1 St. Rap l ie-Han 6 ) , schon im Elbassanischen · n

5(?)St. Brücke des H a d s c h i Bekjar i 3 » 3 St. von diesem Han führt der Weg längs des Schkumb nach Elbassan . . . 3 "

18 St.

g. Die westliche Fortsetzung des Korab. Nach der Angabe des apostolischen Präfecten läuft eine Bergkette, Matja e m ä d e genannt, nördlich

von Lurja von Westen nach Osten gegen den schwarzen Drin zu. Der Präfect betrachtet sie als die west-liehe Fortsetzung des Korab. Sie bildet bei dem Drin einen Engpass, welchen der Fluss in der Richtung von Nord nach Süd durchläuft.

*) Dies ist die Diwraner Anschauung. YieUeicht ist jedoch der hier nach Okeschtün genannte Bach das Hauptwasser; seinen

Quellnamen konnten wir in Diwra nicht erfragen. 2) D. h. Weissenstein, Weissenf eis, halbwegs nach Tiranna 16 St. 3) Zwischen beiden Dörfern muss die Strasse den Bach von Okeschtün kreuzen. 4) Bei den über die Himmelsgegenden herrschenden Widersprüchen scheint mir die Angabe des Textes die wahrscheinlichere.

5) Häufiger hört man T s c h j af f a Β ults c h i n ce (sprich das η französisch). In der gegenüberüegenden Skanderbegkette lautet

der Name dieses Gebirges B a l k j e t . 6) Nach Herrn v. S p a u n , unten p. 50, wohl richtiger B a b i e .

f*

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Stromaufwärts von diesem Passe sollen in einer rings von Bergen eingeschlossenen Kesselebene, deren Durchmesser etwa % St. beträgt, die Orte Ts chid in mit 100 und Duess ischt mit 70 muham. Häusern liegen. Darauf giebt er aus Anlass meiner Fragen an: Der der Matje correspondirende Gebirgszug heisst Maja A j a n i t oder auch Maja Morak und erstreckt sich gegen S i l i s t r i a zu, ein Dorf mit 100 muham. Häusern. Es bleibt zweifelhaft, ob er unter dieser Kette den die Kesselebene von Tschidin im Norden ein-schliessenden Bergzug oder den an den Drin stossenden Arm des Korab versteht, denn die Tschjaffa Dodese ist ihm wohl bekannt. Die Vielnamigkeit der hiesigen Bergzüge ist das grösste Hinderniss für geographische Untersuchungen.

Die sub lit. a dieses Abschnittes in Diwra aufgenommenen Angaben verlegen den Bergstrich von K i d d e n (d. i. Tschidin) nur 7 St. von der Stadt Diwra und 1 St. südwestlich von Darda; das Croquis folgt der letzteren Angabe.

Ad XXII. Struga. a . R e i s e v o n D i w r a n a c h O c h r i d a , 12 S t . l ) .

Von der Stadt führt der Weg in südlicher Richtung über das flach gewellte Südende der Ebene bis zu der eine starke halbe Stunde entfernten Mündung der Radika in den Drin. Dieser letztere, welcher bis dahin in einem von Süden nach Norden streichenden, engen Thale geflossen, tritt hier in eine kleine, vermuthlich nach einem verschwundenen Dorfe H u do wo benannte Kesselebene, nimmt die von Nordnordost kommende Radika, im Angesichte des y 2 St. südlich von der Stadt und an dem linken Thalhange der Radika, etwa y> St. von der Mündung liegenden Dorfes Goren ζ a auf, und macht an der Südwand des Kessels eine Wendung von Ost nach West, wobei er abermals in ein enges Felsthal eintritt, welches den Drin in einem weiten Bogen nach Westen um den Südsaum der Diwraebene herumleitet, an deren Südostende die Stadt Diwra 1 St. östlich vom Flusse liegt.

In dieser anfangs von Ost nach West streichenden Enge führt etwa 10 M. von der Radikamündung eine schöne Steinbrücke (Ure-e-Schpi lese , Brücke der Höhle genannt) in einem Bogen über den Drin 2).

Der Weg überschreitet die Radika hart bei ihrer Mündung, und zieht auf dem sanfter als der westliche geböschten östlichen Thalhange hin, an den etwas oberhalb gelegenen Dörfern W l a s i t s c h , i y 2 St. von der Stadt, mit 50 muham. Häusern, Prapanik , y 2 St. weiter, mit 100 muham. Häusern, und y 2 St. weiter Pra-wolanik, y 2 St. westlich (?) vom Flusse gelegen, vorüber.

3 St. von Diwra überschreitet der Weg den in den Drin mündenden Bach von Sebeschte, dessen Quelle 2 St. westlich liegt. Das Dorf zieht sich vom rechten Mündungswinkel das Bachthal aufwärts, mit 50—60 gem. Häusern.

4 St. von Diwra kreuzt der Weg den Bach von Kotschatschiku, der i y 2 St. westlich von seiner Mündung in den Drin entspringt. Die das Bachthal aufwärts streichende Dorfschaft hat 300 muham. Häuser. Von hier an böscht sich auch die rechte Thalwand steiler und hört deren Anbau gänzlich auf.

4y> St. von Diwra die zerstörte Steinbrücke von Do lgasch i , das mit 20 muham. Häusern auf dem öst­lichen Thalhange y 2 St. vom Flusse liegt. Gegenüber auf dem Kamme des westlichen Hanges liegt Τ re­bischte mit 500 (?) Häusern und einem engen, abschüssigen Bachthale, das von West in den Fluss mündet und durch sein Gerolle eine bedeutende, die FlussschifFfahrt unmöglich machende Stromschnelle verursacht (kleine Schnellen finden sich auch stromabwärts zahlreich). */4 St. oberhalb der gebrochenen eine elende Holzbrücke auf gut gebauten Steinpfeilern. Auf ihr geht der Weg vom rechten auf das linke Flussufer über. Von da an fällt das rechte Ufer sehr steil ab und ist wie alle Steilhänge dieser Flussenge mit Gestrüpp und Eichenkrüppeln bestanden.

*) Das Croquis gewährt 101/., St. Luftlinie. *) Über diese Brücke führt der Weg von Diwra nach Elbassan, 8. den vorletzten Abschnitt, X X I , lit. f. Diese Enge heisst G r ü k e

made, grosse Enge, s. eben daselbst lit a.

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l / 4 St. Seize mit 50 ganz christl. Häusern am rechten Ufer, in ziemlicher Höhe, im linken Mündungs­winkel des Baches von Dinoku , welches 1 St. östlich vom Flusse mit 40 ganz christl. Häusern in dem Bach­gebiete liegt.

Die Drinenge bildet bis zur heutigen Brücke ein steiles Felsdefile, doch mit steter Sohle für den Weg.

5 St. von Diwra beugt der Weg, nachdem er die Brücke überschritten, in das Felsdefile des am West­ufer mündenden Baches von dem Dorfe Mo drischt ein, das etwa % St. von der Mündung mit 100 zerstreuten christl. Häusern liegt1). Der Bach von Modrischt entspringt innerhalb des Dorfbezirkes.

Der Weg steigt die steile südliche Thalwand dieses Baches hinauf und von da in das Thal des J a b 1 a η i t ζ a-baches hinab, in dem der Han des Mers Beg nebst einer Kula liegt. Er lässt hiebei die unwegsame Flussenge des Drin zur Linken. Diese soll von der Mündung des Modrischtbaches bis zur Brücke von Lukowa 3 / 4 St. lang sein. Auf dieser Strecke durchbricht der Drin einen von West nach Ost streichenden felsigen Höhenzug.

An seinem südlichen Eingange liegt das Dorf Lukowa mit 50 christl. Häusern und einer Brücke über den Drin und etwa 20 M. südlicher Ndre th mit 40 christl. Häusern. Der Westhang ist hier bis zum Flusse sehr sanft geböscht und wird daher bebaut.

Der Jablanitzabach mündet % St. östlich vom Hane in den Drin. Der Han von Mers Beg gilt für 6 St. von Diwra und ebenso viel von Ochrida entfernt, und liegt an

dem Bache von JabJanitza: dieses Dorf liegt mit 60 ganz muham. Häusern % St. westlich von dem Hane. Die Höhe der südlichen Bachwand bildet die Grenze zwischen den Districten von Diwra und Ochrida,

etwa 5 Min. in nordwestlich vom Hane das Dorf Be^ewo mit 40 ganz christl. Häusern. Der Weg sieigt die südliche Thalwand des Baches hinan und dann zu dem Drinufer herab, welches er

1 St. vom Hane erreicht, und geht dann wieder in dem stets offener werdenden Drinthale fort, bis er nach 1 weiteren St. bei Ljabunischt die Ebene erreicht. Dieses Dorf liegt mit 120 halb alban. muham., halb christl. Häusern an dem Südhange der Vorhöhen der Drinenge, 3 / 4 St. vom linken Flussufer und 1 St. vom Han von Dopowjani .

Ljabunischt gegenüber, y a St. vom Han von Dopowjani, liegt auf dem rechten Drinufer, 1 St. vom Flusse, Moronischta mit 35 christl. Häusern.

y 4St. nordwestlich von Dopowjani und dem linken Drinufe Wel leschja mit 120 ganz muham. Häusern, gegenüber dem Tasch (Felsen)-Moronischtit, einem steil in den Drin abfallenden Felsen auf dessen rechtem Ufer.

Es bildet das Centrum der am Fusse des Berghanges liegenden Dörfer Be l i t za , Wetschiani und Ochl i s (Oktis), die sämmtlich etwa y 4 St. von ihm abliegen.

Das Tschiftlik des Hass-Beg Dopowjani mit 35 christl. sehr verzettelten Häusern; dabei Übergang über den Drin auf einer in der Mitte mit einem hölzernen Gitterthore versehenen Holzbrücke, welche auf beiden Seiten von festen, aus Lehm gebauten Thürmen beschützt wird, und kaum 2 Min. südöstlich dabei der Han von Dopowjani, welcher 4 St. von Ochrida, 2 St. von Struga, 8 St. von Diwra entfernt ist.

Die angegebenen Entfernungen weichen 1 St. von einander ab, wenn Mers Begut Han wirklich halb­wegs zwischen Diwra und Ochrida liegt.

b . V e r z e i c h n i s s de r a n d e m W e s t r a n d e der E b e n e v o n S t r u g a v o n N o r d n a c h S ü d g e l e g e n e n Dörfer.

Dopowjani , Tschiftlik, 4 St. von Ochrida, auf beiden Ufern des Drin zerstreut, mit 35 christl. bulgar. und muham. alban. Häusern.

1 St. westlich davon Ljabunischt mit 120 halb alban., halb bulg. Häusern am Fusse der Westwand der Ebene gleich allen folgenden, davon % St. südlich Podgoritza mit 60 halb alban., halb bulg. Häusern.

*) Das von Barletius in seinem Leben Skanderbegs öfters erwähnte Kastell von M o d r i t z a ; meine Frage nach Ruinen wurde

verneint.

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Y 2 St. südlich W e t s c h i a n i mit 200 christl. bulg. Häusern. y 4 St. davon und 1 St. von Dopowjani Han Oktis mit 150 muham. alban. und christl. bulg. Häusern

(nach Andern nur mit 2 alban. Häusern). Davon y 2 St. südlich und 1 St. von Dopowjani Han Unter -Be l i t za und i y 2 St. westlich 0ber­

Bel i tz a, zusammen 200 rein bulg. Häuser. y 2 St. südlich von Unter-Belitza Wischnja mit 40 ganz bulg. Häusern. */4 St. südlich davon Qagradschan m i t 40 g a n z muham. alban. Häusern. 1 St. südlich davon Radol ischt mit 50 muham. alban. und 1 bulg. Hause. 3 / 4 St. südöstlich davon K a l i s c h t j a mit 24 muham. alban. Häusern, 4 St. von Ochrida hart am See,

y 4 St. nördlich vom Kloster gleichen Namens. Zwischen Kalischtja und Radolischt läuft die Strasse von Ochrida nach Elbassan.

Über die am Ostrande der Ebene gelegenen Dörfer siehe Weg von Ochrida nach Kritschowo ad X X I V , lit. b.

c. G e r a d e r W e g von S t r u g a n a c h M o n a s t i r , w e l c h e r O c h r i d a u n d R e s n j a s ü d l i c h l ä s s t .

Von Struga: 2 St. Gebafze (1 St. vom Warosch von Ochrida). 1 St. Orman Tschi f t l ik mit 3 christl. Häusern bleibt einen Steinwurf rechts vom Wege

(y2 St.? nördlich von Ochrida). 20 M. Lokotscherewi poschtre (1 St. von Ochrida), Ubergang über den Daljanbach.

Lokotscherewi sipre bleibt nördlich vom Wege. 20 M. Hani K o s l i , das Dorf bleibt 20M. nördlich 1) 5 bei dem Hane ist die Tscheschme (Quelle)

Hassani G j ü r e s e . 20 M. Ure Sa wo it, zerstörte Steinbrücke des Baches von Sawo'i.

i y 2 St. Sawoi mit 12 christl. Häusern. Γ/ο St. Bukowa, Grenzdorf von Resnja, mit 20 alban. muham. Häusern. i y 2 St. H a n von K r u s c h j e , das Dorf bleibt y 4 St. nördlich vom Wege2). 1 St. H a n Scha l i Paschese. 2y2 St. Gjawat H a n (vulgäre Form von Diawat Han). 4 St. Monastir.

16 St

Ad XXIII. See von Ochrida.

a . Orte a m S e e v o n O c h r i d a .

Von den letzten Häusern der Vorstadt von Ochrida, etwa y 2 St. nordwestlich, liegt G e b a f z e T s c h i f t l i k am Fusse des Südabfalles des die Ebenen von Ochrida und Struga trennenden, von Nord nach Süd bis zum See laufenden Hügelrückens 3 ) , einen Büchsenschuss vom See.

1 St. Mischlesowo Tschi f t l ik , y 4 St. nördlich von der Strasse von Ochrida nach Struga, und y a St. östlich von Struga, auf der Stelle von A l t - S t r u g a , jetzt Gartenland Panajurischte genannt, von einer berühmten, mit einem Markte verbundenen Panegyris, welche dort jährlich gefeiert wurde.

J) Hier trifft der Winterweg von Ochrida nach R e s n j a mit dem Strugaweg zusammen. 2) Hier zweigt der Winterweg von Ochrida nach Resnja ab und geht in 2 St. (?) nach J a n k o f z e mit 60 bulg. Häusern und

V2 St. Resnja. 3) V2 St- nördlich davon, am Osthange dieses Rückens , P o d m o l j e , — i / 2 St. in gleicher Lage G o r e n z e und 3 / 4 St. nördlich

in derselben Lage T r e b e n i s c h t , drei christliche Tschiftliks. i y 2 St. nordostnördlich von Trebenischt (4 St. von Ochrida liegt M e e e w e s c h o , V2 St. östlich vom Ausgange des S ates k a baches aus seiner letzten Enge. (Vgl. unten X X I V , b.)

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Y 2 St. S t r u g a zu beiden Seiten des Ausflusses des schwarzen Drin aus dem See in dem Nordwestwinkel des Sees.

1 St. südwestsüdlich das Kloster K a l i t s c h j a (της κοιμήσεως της Πανάγιας Mariae Grablegung), hart am See.

1 St. in gleicher Richtung und Lage Radohodscha mit 70 ganz christl. Häusern. 1 St. L i n , südsüdöstlich vom vorigen am Nordfusse eines Felsvorsprunges in den See, mit 30 bulg.

Häusern. 1 St. südsüdwestlich P i skupa mit 4 türk. alban. Häusern, hart am See. Γ / 4 St. südlich Hudumischt ja , 10 M. vom Seeufer an der sanften östlichen Böschung des hart am

See laufenden Höhenrückens mit 30 muham. alban. und 1 christl. bulg. Hause. 3 / 4 St. Mumul ischt ja , y 4 St. vom Ufer in gleicher Lage, mit 30 muham. alban. Häusern. 3 / 4 St. südsüdwestlich Bogradetz mit 100 gem. Häusern, hart am See und der Mündung des Baches

W o l o r e k , der y 2 St. von dort seine Quelle hat. — Also 93/4 St. von Ochrida nach Bogradetz und 8 St. längs der Ostseite des Sees über Sweti Naum.

20 M. südsüdöstlich Starowa, */4 St. vom Seeufer in der Ebene, mit 100 gem. Häusern. 3 / 4 St. Tuschemischta östlich mit 12 gem. Häusern, und 1 / 2 St. vom See Qagori tschiani . 20 M. nordöstlich das Kloster Sweti Naum. y 2 St. ostnordöstlich Ljubanitza , Tschiftlik des Klosters mit 25 christl. bulg. Häusern, 10 M. von dem See. y 2 St. nördlich Kloster S. S aum, hart am Ufer. 1 / 4 St. nordöstlich Trapes i tza ( Γ / 2 St. von Sweti Naum) mit 25 christl. bulg. Häusern. i y 2 St. nördlich P e s c h t ä n i (halbwegs von Sweti Naum nach Ochrida), hart am See. Die folgenden rein christlich bulgarischen Dörfer liegen zwischen Peschtäni und Ochrida auf dem

Westhange des von hier an steil aus dem See aufsteigenden Bergrückens, in durchschnittlicher Entfernung von etwa y 2 St. von dem Steilufer.

8 / 4 St. von Peschtäni E l t s chan i mit 12 Häusern. y 2 St. Konsko mit 20 Häusern. y 4 St. S ipokno, 2 Häuser. T / 4 St. (?) G o r i t z a , hart am See, mit 2 Häusern. y 4 St. Ochr ida .

b. Weg v o n S t a r o w a a m S e e v o n O c h r i d a n a c h G o r d s c h a , 8 S t .

Der Weg ist nur anfangs, beim Übergange über den südlichen Hügelgürtel des Sees, */4 St. lang uneben, sonst vollkommen eben.

Von Starowa: Γ / 2 St. Ljeschn i tza , 5M. rechts vom Wege, mit 25 muham. alban. Häusern; gegenüber Tscherawa

5 M. links vom Wege, mit 16 muham. und 9 christl. Häusern. Durch beide Dörfer fliesst der Mokrabach, der dem Bezirke den Namen giebt und 2 St. westlich von dem Kreuzungspunkte in den Bergen entspringt. Er wendet sich später nach Norden und mündet bei Ljubanitscha in westlicher Richtung in den See von Ochrida.

20 M. Grabowi tza , rechts 5 M. vom Wege, mit 7 muham. alban. Häusern. % St. Bretuscha mit 35 muham. alban. und 5 christl. Häusern bleibt 20 M. rechts vom Wege, gegen­

über 5 Min. links vom Wege Wel i tdrne mit 15 gem. Häusern. 8 / 4 St. P y r g u , y 4 St. rechts vom Wege, mit 30 muham. alban. und 10 christl. bulg. Häusern. Durch

das Dorf fliesst ein Bach dem Mal ik see zu, welcher die Grenze zwischen Ochrida und Gordscha bildet. Von Pyrgu gegenüber S w i r i n a , a / 4 St. links vom Wege, mit 35 christl. Häusern, Tschiftlik. s / 4 St. G o r o w e t z i , 5 M. links vom Wege, mit 5 christl. Häusern. - 20 M. davon beginnt der See

von Mal ikj . % St. Sowjanni , y 4 St. links vom Wege, mit 35 muham. und 20 christl. Häusern.

3 / 4 St. S ü m i s , 20 M. rechts vom Wege, mit 40 muham. Häusern.

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y, St. M a l i k j , am Ufer des grossen Sees mit 15 christl. Häusern; der Weg geht durch das Dorf. y 4 St. Kas tro f i l ak j , 5 M. rechts vom Wege, mit 3 christl. Häusern. Gegenüber, 1 / A St links vom Wege, L i b own ik mit 20 muham. alban. Häusern. y2 St. Wesotsch i schta , 5 M. links vom Wege, mit 15 gem. Häusern. 3 / 4 St. Waschtemia, 10 M. links vom Wege, mit 25 muham. alban. Häusern. Alle diese Dörfer liegen an dem grossen See1). y2 St. Wulgare tz mit 45 gem. Häusern, ya St. vom See entfernt; der Weg geht durch das Dorf und

kreuzt vorher 5 M. nördlich von demselben den Bach Dunawetz , der in den See fällt. 1 St. Gordscha , es lautet im bulgarischen Munde meist Dschordscha und im griechischen Gdritza,

auch Goritzjä. Die Summe dieser Entfernungen beträgt 83/4 St., also s / 4 mehr als die angegebene Gesammtentfernung.

c . D e r D e w o l - F l u s s 2 ) .

Die Quelle des Dewol fliesst von Süden nach Norden nach dem Dorfe Gramosta mit 50 christl. wlachischen Hütten.

2 St. nördlich davon Nikol i tza mit 25 muham. alban. Häusern. y2 St. A r e ^ a , in einem bewaldeten Thale, mit 100 muham. alban. Häusern. y2 St. nördlich davon nimmt der Dewol den Dardabach auf, dessen gleichnamiges Dorf 2 St. von der

Mündung auf einem Berge liegt. 1 St. östlich 3) von Darda liegt das Dorf S in i tza mit 70 gemischten, aber durchwegs albanesisch

sprechenden Häusern. 1 St. östlich 3) K j ü t e s s a mit 60 christl. alban. Häusern. 1 St. östlich 3) Bos igrad mit 200 muham. alban. Häusern, gegenüber Qetta m{t 60 muham. alban.

Häusern; zwischen beiden eine Brücke. 2 St. B i g l i s t a , gegenüber Hot is ta , von Christen und Muhammedanern bewohnt. Die Strasse von Resnja nach Kastor ia kreuzt den Dewol y4 St. nördlich von Biglista und l / 2 St.

westlich von Dren, von F l o r i n a aber 10 St. (?). Die Breite des Dewolthales beträgt bis etwa 6 St. aufwärts der Kreuzung durchschnittlich */4 St. Es ist

sehr fruchtbar und wasserreich, nirgends sumpfig. Die Quelle des Dewol fällt 8 St. südlich von dem Dorfe P i s o d e r i auf dem Wege von Biglista nach

Florina. Stromabwärts liegen längs des Dewol von Dren: 1 St.4) P r o g r i mit 50 christl. alban. Häusern. 1 St. Dswesda. Die Strasse von Gortscha nach Ochrida kreuzt den Dewol 3 St. nördlich von Gortscha5). Derselbe ergiesst sich bei Sowiani in den Swirinasee und durchfliesst hierauf auch den Maliksee. Hiemit stimmen die Angaben des Herrn G. Pot l i , welchen zufolge die westöstliche Breite des Sees

von Swirina längs der Küste fast 2 St., seine nordsüdliche Länge aber 1 St. beträgt. Swirina, Sowiani und Malik sind nur verschiedene Namen für ein und denselben See, denn der Maliksee ist in der That nur ein breiter versumpfter Fluss. An dessen Entsumpfung wurde während meiner Anwesenheit in Ochrida stark gearbeitet; 3000 Arbeiter waren dabei beschäftiget.

*) Hiernach begleitet also der Weg den See etwa S1/* Stunden lang. Von Herrn G. P o t l i .

3) Scheint ein Schreibfehler für „westlich" zu sein. (Doch vgl. L e a k e , Travels in Northern Greece I, p. 334 und Karte) Bushi-grad und Biklista ö s t l i c h τοη Dewol.

4 J Nach Andern je 2, nach Andern 3 St., und letzteres dürfte wohl der Wahrheit am nächsten kommen. Unsere Karte ergiebt von Biglista bis Dswesda 6V 4 St. Luftlinie.

b) Für dieselbe Strecke brauchte H . B a r t h 1865 2y 4 St. (Mitth. von H . K i e p e r t ) .

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Aus den Angaben Hussein Bei's von Starowa über den Weg von Starowa nach Gordscha ergiebt sich für den Maliksee ziemlich genau die auf der ViquesnePschen Karte verzeichnete Meilenlänge. Doch fallt er im Ganzen bedeutend südlicher. Als einen seiner südlichen Zuflüsse nennt Hussein Bei* den Bach Dunawetz. Über die Stelle, wo die Strasse den Verbindungscanal beider Seen kreuzt, fehlen uns sichere Angaben; vermuthlich ist dies der von Hussein Bei' erwähnte Grenzbach, welcher durch Pyrgu in den Maliksee fliesst.

Näheres über den weiteren Lauf des Dewol konnte auch Herr Pot l i nicht erfragen, bis auf die Notiz, dass 3 St. von Berat stromaufwärts die Brücke von G j u k a s i über ihn führt.

d . W e g v o n B i g l i s t a n a c h F l o r i n a .

2 St, Ebene bis Smarjes mit 200 christl. bulg. Häusern. 1 St. Bresn i tza mit 60 bulg. christl. Häusern. 1 St. Rul ja , 40 christl. bulg. Häuser. 2 St. Ze leo , 150 christl. bulg. Häuser. 2 St. P i soder i , 100 christl. wlach. Häuser. 1 St. aufwärts und 1 St. abwärts durch das Gebirge Stara Nere tzka P lan ina nach Armensko

mit 100 christl. bulg. Häusern.

1 St. F l o r i n a , von dem der Kamm des Gebirges 3 St. (!) entfernt ist. 11 St.1).

e. W e g v o n G o r d s c h a n a c h L j u b a n i t z a , 12 S t . Von Gordscha: 2 St. P l jassa , vorwiegend muham. alban. 1 St. Kreuzung des D e wolflusses, der sich bei Sowjani in den See von Swirina und aus diesem in den

Maliksee ergiesst. y 2 St. Pojani (y2 St. rein westlich von Dswesda) mit 200 nur muham. alban. Häusern (yaSt. nördlich

von Dswesda liegt S. Georg) . i y a St. Podgorie 2 ) mit 300 nur muham. alban. Häusern, nördlichstes Grenzdorf des Bezirkes von

Gordscha gegen den von Ochrida; westlicher wird die Grenzlinie von dem von Ost nach West laufenden und bei Pyrgo in den Maliksee mündenden Bach gebildet. Podgor i t za liegt am Fusse eines von Ost nach West laufenden, nur von muham. Albanesen bewohnten Höhenzuges. Das Hauptviertel liegt s / 4 St. nordwestlich von der Mündung des Dewol in den Swirinasee unweit dessen Ufers.

1 St. Bljatza (y2 St. südlich davon und etwas östlich von der Strasse Bratomir). y 2 St. A r a l j up mit 30 gem. Häusern; bei diesem Dorfe erreicht die Strasse das Thal des Mokrabaches,

nach welchem die Osthälfte des Mudirliks benannt wird, und folgt dessen Rinnsal. 1 St. Pischkupie mit 30 christl. bulg. Häusern.

y 2 St. L j ubanitza. ~8 St. und 4 St. (wohl zu wenig) bis Ochrida = 12 St.

f. W e g v o m K l o s t e r S w e t i K a u m n a c h R e s n j a , 8 S t .

Von dem Kloster ersteigt der Weg den Rücken der Galitzitzakette und kommt durch kein Dorf. Er steigt fast eben so hoch und steil an wie der der Petrina, ist aber viel schwieriger. Von dem Kamme an steigt er auf dem allmälig immer lehner gehuschten Ostkamme abwärts und kommt dabei durch 11 Dörfer.

!) Unser Croquis gewährt nur 8 St., daher mussten die Einzelabstände verhältnissmässig verkürzt werden. Die Wegrichtung von

Florina nach Pisoder folgt Barth's Andeutungen. 2) Nach anderen Angaben sollte es nur 2 St. von Ljubanitza, aber 7 St. von Goridscha liegen. Man betrachtet Dswesda als den

früheren Sitz des Bisthumes von Selasphoros, bevor dasselbe nach Gordscha verlegt wurde. s

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Von Sweti Naum: 3 St. Leskowetz. 2 St. Oteschowo.

y 2 St. Schurlenze. y 2 St. W o l k o d e r i . y 2 St. Pokarwenik. y 2 St. Dupeni .

y 2 St. Ε ς er no. y 4 St. Be la Zerkwa. y 4 St. Darmeni . y 4 St. Zaredwor. y 4 St. Resnja.

"9 StT(Vgl. unten p. 53, X X V I . 6.) y 2 St. Neo Ρ er ο wo.

Der Überschuss der Detaildistanzen dürfte auf die kleineren Distanzen in der Ebene von Resnja treffen, und der Weg nicht durch alle dort angegebenen Dörfer, sondern nur an ihnen vorüber gehen.

Ad XXIV. Stadt Ochrida. a . W e g v o n O c h r i d a n a c h E l b a s s a n , 18 S t . 1 ) .

Von Ochrida: 3 St. bis Struga, Ebene. 1 St. bis Radol i scht , Ebene. Das Dorf bleibt 5 M. nördlich vom Wege. Dieser übersteigt den

Tschjaffa-thane (trockener Pass) genannten Bergsattel, und erreicht nach 2 St. das Ostende der Ebene von Domusowa (ein Dorf dieses Namens existirt nicht), durchschneidet

diese Ebene und erreicht in 1 St. den Han von Br in ja tz ; das Dorf bleibt mit 30 türk. alban. Häusern einen Steinwurf nördlich

vom Wege. Der Weg übersteigt den kleinen Höhenrücken von K a r k a w e t z i und erreicht in i y 2 St. die über den Schkumb führende Steinbrücke und in y 2 St. das Dorf K j ü k e s mit 50 türk. alban. Häusern. Dieses liegt halbwegs zwischen Ochrida und

Elbassan. Der Bach durchschneidet das Dorf und fliesst in nördlicher Richtung in den Schkumb. Von da ersteigt der Weg das Gebirge und erreicht in

1 St. das Dorf Dsch ura mit 60 türk. alban. Häusern. 1 St. Han von D a r d a , das Dorf bleibt mit 25 türk. alban. Häusern y 2 St. nördlich vom Han; seine

zerstreuten Häuser reichen bis zum Ufer des Schkumb2). 2 St. Han von Babie; das Dorf bleibt y 2 St. rechts vom Han mit 40 alban. türk. Häusern; sein Bach

fliesst in nördlicher Richtung nach dem y 2 St. vom Dorfe entfernten Schkumb. 2 St. Brücke Hadsch i Bekjar i t über den Schkumb, 1 / i St. weiter Han. 3 St. Elbassan 3 ) .

18 S t ~

*) Von Herrn von S ρ aun. 2) Hieraus ergiebt sich, dass die Strasse zwischen Kjükjüs (Kjükes) und Dschura den Kamm des Gebirges überschreitet, und bei

Darda bereits an dem Südhange des Schkumbithales hinläuft. Nach Hrn. v.Spaun's ausdrücklicher Bemerkung liegen die Dörfer Darda und Babie zwischen der Strasse und dem Flusse. Die Kiepert'sche Karte versetzt sie auf das Nordufer des Schkumbi, setzt auf demselben Ufer Prinjatz 2 St. nordöstlich von Darda an and verbindet diese drei Dörfer durch einen der grossen Strasse parallelen Weg. Prinjatz gehört jedoch viel weiter östlich fast an die grosse Strasse.

3) Über die Strecke von Elbassan bis zur Brücke des Hadschi Bekjari enthalten die Albanes. Studien I. S. 81, folgende Angaben: Wenn man von der Brücke des Kurd Pascha am östlichen Ende von Elbassan gegen Osten blickt, so bietet sich dem Auge ein nicht minder eigenthümlicher Anblick auf eine Masse von sich in einander schiebenden Bergreihen dar, welche sämmtlich in nordsüdlicher Richtung streichen, von denen die hintere stets die vorhergehende überragt und zwischen denen der Fluss sich durchzuwinden scheint. Hinter der Stadt erhebt sich ein völ l ig freistehender Hügelrücken, M a l j i K r a s c h t e s e (Krippen-, berg) genannt, rechts dahinter Μ a l j i S c h u s c h i t z a , dahinter M a l j i P o l i t z i t , dahinter endlich M a l j i M b e l i s c h t e se, von der linken Seite zwischen durch M a l j i G i b a l e s c h i t und dahinter M a l j i T s c h e r m e n i k e s e . Diese Gebirgsansicht bildet den westlichen Eingang zur alten Candavia, durch welche die römische Via Egnatia führt.

Der Weg von der Brücke des Hadschi Bekjari soll eben sein und keinerlei Schwierigkeiten darbieten. Diese beginnen erst nach dem Übergang des Weges über jene Brücke.

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b. W e g v o n O c h r i d a n a c h K r i t s c h o w o o d e r K r t s c h a w a u n d de r S a t e z k a b a c h .

Vom Nordende von Ochrida: V 2 St. Gebafze. % St. Podmolje (1 St. bis Ochrida). y 4 St. Goren ζ e, drei christl. Tschiftliks. y 4 (?) St. Trebenisch ta, Dorf mit Han. i y 2 St. Mesewescho, 1 / 2 St. östlich vom Ausgang des Satetzkabaches aus seiner letzten Enge (4 St.

bis Ochrida), Eigenthümerdorf mit 150 christl. und 4 muham. Häusern. T / 2 St. Β ο tu η II an, hart am linken Ufer der Satetzka, über die der Weg auf einer Brücke führt (5 St.

bis Ochrida), mit Han und VYachthaus1). Bis zu diesem Punkte läuft der Weg in dem meist sehr engen Thale (bogas) der Satetzka2). Bei dem

Hane setzt er auf einer Brücke über die Satetzka und lässt das zu deren Seiten liegende Dorf Botun etwas östlich 3).

1 St. Pesetschan, 1 / 4 St. westlich vom Wege, mit 30 muham. alban. Häusern. % St. Is de G l awa, rechts vom TYege, hiess früher Glawani tza , und war so bedeutend, dass es der

Sitz eines Bischofes war, mit 100 bulg. christl. Häusern, Staats-Tschiftlik. 1 St. L aktin je, mit 30 bulg. christl. Häusern. Hier theilen sich die Wege. D e r obere W e g , die gewöhnliche Heerstrasse, heisst A p ä n o Debertza , und läuft: Von Laktinje: y 2 St. Godiwje mit 50 bulg. Häusern. y 2 St. W r b j a n i , bleibt 1 / 2 St. westlich vom Wege (1 St. von Slihowo Han). Etwas nördlich davon

Kreuzung der Grenzlinie zwischen Ochrida und Kritschowo, vermuthlich eine Wasserscheide, und Eintritt in die B o g ä s i Kleno'itschka Isworo genannte Enge.

Ι1/., St. Han gleichen Namens, in dieser Enge gelegen. Die Quelle des Klenoitschkabaches liegt über 1 St. südlich (also am Nordhang der Wasserscheide).

2 St. Kr i t schowo. Der untere (Sommer-) W e g : Von Laktinje: y 4 St. Sl ihowo 4 ) Η an, meist Sljowa Han gesprochen. Das Dorf mit 30 bulg. Häusern bleibt 10 M.

östlich vom Wege. Nördlich vom Hane beginnt die Steige der zwischen ihm und dem Kessel von Turje streichenden Bergkette.

*) Dieser Bach entspringt bei dem 2 St. in nördlicher Richtung von Botun Han entfernten Dorfe W e l m i , nahe westlich von demselben (6 St. von Ochrida und von Kritschowo). Unmittelbar an demselben liegen y 2 St. von Welmi das christliche Tschiftlik G e r k o p o l j e — y 2 St. Tschiftlik S t r e d o r e k mit 45 Häusern — V 2 St. B e l t s i s c h t mit 30 Häusern zu beiden Seiten des Baches — V 2 St. B o t u n H a n .

S l e s t i , mit 15 bulg. Häusern , liegt J / 2 St. vom Han und y 2 St. vom rechten Bachufer und */2 St. davon L e s c h j a n i mit 50 bulg. Häusern, y 4 St. (?) vom rechten (?) Bachufer.

Von Leschjani sind 2 St. nach B r e s c h j a n i , das auf dem Gipfel eines hohen Berges liegt. Der Weg von Botun Hau nach Ilino, dem Quellort der Tscherna Rjeka, führt am südlichen Fusse desselben hin, lässt es x / 2 St. nördl ich, und erreicht nach y 2 St. I l i n o oder Hilini (s. Reise von Belgrad nach Salonik, S. 185). Man rechnet von B o t u n H a n 3, von L e s c h j a n i 2 St. nach Ilino, und von S ο b, das bulg. S late i n heisst (auf dem Weg von Monastir nach Kritschowo), nach L e s ch jan i 5 St. — Die Quelle der T s c h e r n a bei Ilino kommt aus einer tiefen Höhle. Der nördliche Quellort der Tscherna S c h e l e s n i t z a heisst türkisch gleichbedeutend D e m i r H i s s a r (Eisenschloss), der gleichnamige Bezirk hat 62 Dörfer; das nahe T o p l i -t s c h a n ist kein Dorf, sondern ein grosses Kloster, das zum Sprengel des Erzbischofs von Ochrida gehört.

2) Die Satetzka mündete früher, w i e V i q u e s n e l sie zeichnet, südöstlich von Struga in den See; da sie aber auf diesem Laufe die Äcker zu oft überschwemmte und beschädigte, so leiteten sie vor einigen Jahren die Struganer mit einem Kostenaufwand von 10,000 Piaster y> St. nördlich von Struga in den Drin.

3) Nach Bouo, Itin II. S. 103: Derriere ce Han la Sateska reeoit deux affluents ou piutot il y a trois torrens, dont le plus grand vient du N. 25° E . et les autres du NO. et du NE. Trois routes remontent ces trois vallons, celui au NE. conduit a Perlepe, celui au NO. ä Dibra et le troisieme äKrtschava. Über den Weg von Hiiino weiter siehe Reise von Belgrad nach Salonik, S. 188.

4 j Nach Andern ist Sljowa Han von Botun Han nur St.

(Vgl. oben p. 46, Note 3.)

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1 St. T u r j e , bleibt % St. östlich 1) vom Wege und ist ein Grenzdorf von Ochrida. Ein weiteres Dorf, jedoch weit ab vom Wege, ist Sfinischte. Von Turje bis Ochrida rechnet man 9 St.2). % St. Han von Bretischt 8 ) . Das Kloster gleichen Namens liegt % St. östlich vom Wege; von dort

kommt ein kleiner Bach, der in die T u r i a n s k a Rj eka fliesst, welchen dieser Weg stets zu seiner Linken hat. Γ / 2 St. Kri tschowo.

c. S o m m e r w e g v o n O c h r i d a n a c h R e s n j a , ü b e r d ie s o g e n a n n t e P e t r i n a . Von Ochrida:

8 / 4 St. W e l i g o s c h t i mit 50 christl. Häusern. 1 St. Ersteigung des Berges von Petrina. i y 4 St. ebener Bergrücken bis zum Wachthause, bis zu dem man von Ochrida 3 St. rechnet, und von

dem an sich der Weg in das Becken von Resnja herabsenkt. Dieser Rücken bildet die Grenze zwischen den Bezirken von Ochrida und Resnja.

Das Dorf Pe tr ina liegt */4 St. rechts vom Wachtbaus mit 10 christl. Häusern auf der Mitte des Berghanges. Der Weg steigt in die Ebene hinab.

r / 2 St. von Petrina setzt der Weg auf einer (jetzt zerstörten) Holzbrücke über den Bach von Bohuna mit 30 christl. Häusern, das y o St. abwärts und 3 St. vom See liegt.

y 2 st. r esnja (2y2 St. vom Seeufer). 5 St.

Ad XXV. Ebene von Ochrida. E b e n e v o n O c h r i d a .

Or man, etwa 5 / 4 St. vom Ende der Stadt, nördlich vom Festungsberge, mit 3 Häusern, einen Steinwurf westlich vom Daljanbache, am Fusse der Westwand.

y 4 St. nördlich L o k o t s c h e r e w i p o s c h t e r , am rechten Ufer des Daljan, über welchen eine alte Stein­brücke führt, 1 St. von der Stadt, mit 15 Häusern am Fusse der Westwand.

y 4 St. östlich Lokot scherewi siper mit 20 Häusern, nordostnördlich vom Festungsberge. y 4 St. östlich K o s i l p o s c h t e r (bulg. Schwefel; es lautet albanesisch K j ö s l i ) mit 6 Häusern. y 4 St. nordöstlich K o s i l s iper mit 15 Häusern, am Fusse der Ostwand, am linken Ufer eines aus einer

Felsspalte dieser Wand tretenden Baches, der in den Daljan fliesst. Nördlich von diesen christl. bulg. Tschiftliks verengt sich die Ebene zu einem Thale4).

y 4 St. südlich von Kosil zeigt die Westwand eine zweite Spalte, durch diese fliesst der Bach von Skrdpatno in westlicher Richtung quer durch die Ebene in den Daljan; in diesem Thale läuft der Winter­weg von Ochrida nach Monastir.

8 / 4 St. südlich von Kosil und 3 / 4 St. von Ochrida zieht sich auf dem untern Hange der Ostwand Ljeskofza oder Ljeskowatz mit 10 christl. w eit verzettelten Häusern hin, fast zusammenhängend mit dem grösseren W e l i g o s c h t i , das ostnordöstlich von dem Festungsberge liegt.

*) Wiederholte ausdrückliche Angabe einer zuverlässigen Quelle. 2) Unser Croquis zeigt l 1 / * St. mehr, weil wir mit Kritschowo nicht weiter südwärts herabgehen konnten. 3) Β ο u ό hat die Form Β r d j a n. 4) In diesem Thale liegen an der Ostwand die 3 christl. bulg. Tschiftliks:

W a p i l a , 1 St. nördlich von Kosil mit 6 Häusern und einem von Osten her in den Daljan fliessenden Bache. 1 St. R a s t i n a mit 3 Häusern. 1 St. P l e t k j e mit 12 Häusern. — Bei diesem soll der Daljan entspringen, und nördlich davon ein Höhenzug das Thal

schliessen, jenseits derselben aber D e b r z a N a h i £ beginnen, die bis Botun Han (β. Weg von Ochrida nach Kritschowo) reiche. Alle diese Angaben stammen aber von einem wirren, unklaren Berichterstatter.

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Hart südlich davon zieht sich die dritte Felsspalte durch die Ostwand mit einem Bache, der 2 St. weit von dem Ausgang der Schlucht entspringt und in südlicher Richtung, also östlich von Ochrida, in den See fällt.

An der Nordseite dieser Spalte steigt der Sommerweg von Ochrida nach Monastir die Ostwand der Ebene hinan. An der Südseite der Schluchtmündung liegt das weitläufige Kloster von S. Paraskewi (bulg. SwetaPetka) malerisch auf einem senkrechten Felsen.

10 M. südlich vom Kloster entspringt am Fusse der Ostwand der Bach von T s c h e r da k. 10 M. südlich von diesem kommt aus einer etwas höheren Bergfalte der Bach von Widobischta,

welcher 10 Mühlen treibt. 1 / 2 St. südlich von diesem liegt der Weiler Redscha, in der Nähe des Sees, und etwas nördlich von

diesem entspringen die berühmten reichen Quellen von Bei Bunar (türk. „Fürstenquelle*) oder Kryo Nero (griech.„Kaltwasser"), welche man für den nördlichsten, unterirdischen Abzug des Sees von Resnja hält.

1 St. ostsüdöstlich von Ochrida We lesch to wa, 3 / 4 St. vom See auf der Mitte der Thal wand, mit 40 christl. Häusern.

Ad XXVI. Resnja. a . E b e n e v o n R e s n j a o d e r O b e r - P r e s b a .

Die nördlich vom Presba-See gelegene Ebene wird etwa 2 !/2 St. von dessen Nordufer von einem Erd­rücken in zwei Hälften getheilt, von denen die westliche die kleinere ist. In jeder dieser Hälften fliesst ein Bach. Der der westlichen entspringt 2 St. von Resnja. An demselben liegt y 2 St. unterhalb der Quelle K r u s e h j d , mit 30 christl. Häusern, 3 / 4 St. unterhalb am Westufer Isbischta mit 25 christl. Häusern, halbwegs zwischen Kruschje und Resnja, y 2 St. unterhalb Zusammenfluss beider Quellen.

Der im Ostthale fliessende Bach heisst L j u m - i - m a t h (alban. der grosse Bach); er entspringt 3 St. nördlich von Resnja und nimmt die Leorjeka oder Lj iwor jeka auf, welche 8 / 4 St. nordöstlich (?) von ihrer Mündung entspringt. Das gleichnamige Dorf mit 15 christl. Häusern liegt um die Verbindung beider Bäche. Von hier an bis zur Bachmündung in den See sind 2 St. (!? s. ad XXVIII Schluss). Das durch Resnja fliessende Wasser ist ein aus dem Bache künstlich abgeleiteter Mühlbach, der unterhalb der Stadt wieder in denselben fliesst.

Resnja liegt 10 M. westlich vom Bache. 1 St. südlich (vergl. sub 6)von der Stadt liegt Kos iak mit 10 muham. Häusern, 1/ 4 c St. (westlich?) vom Bache.

1 und Γ / 2 St. südsüdwestlich von Resnja Ober-Be lazerk wa mit 12 griech. Häusern und Unter-Be lazerkwa mit 18 gem. Häusern.

b . D i e S e e n v o n P r e s b a u n d W e n t r o k 1 ) .

Der ganze Seerand ist eben und fruchtbar, mit Ausnahme der Südwestseite von S ten je bis zu der Enge von P a l ä o Perowo, wo das Seeufer, kleine Thäler und Vorstösse abgerechnet, uneben und felsig ist; doch sind die Uferfelsen im Durchschnitt nicht höher als die Insel Grad .

Die Nordseite beschreibt einen gegen Norden gebauchten Bogen, welcher zwischen die 2y2 St. von einander entfernten Dörfer Schur l jentze und Asamat i fällt. Diese Dörfer liegen auf gleicher Breite, und bei ihnen erreichen die von Resnja auslaufenden Wege nach Gordscha und Kastoria das Seeufer. Hier münden die beiden Bäche, welche die nördliche Ebene durchschneiden. Die Mündung des Baches von Kruschje fällt y 2 St. östlich von Schurljentze, die des grossen Baches 1 St. östlich von dem erst genannten, und Asamati 1 St. östlich von dessen Mündung.

Neu-Perowo fällt in die Mitte zwischen Schurljentze und die Mündung des Kruschjebaches, A l t -E^ereni ebenso zwischen die beiden Bäche.

*) Von Herrn G. P o t l i erhoben.

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5-4 J. G. v. Hahn

Oteschowo (1 St. südlich von Schurljentze) liegt hart am westlichen Seeufer, ihm gegenüber auf dem östlichen S l iwni tza ; man rechnet die Seebreite zwischen beiden Orten auf 3l/2 St.

Stenje, 3 / 4 St. südlich von Oteschowo, bei welchem die Randebene des Sees endet, fällt etwas süd­westlich von dem östlich gegenüber liegenden G r u n i K r a a n i ; die Seebreite ist hier 4 St.

A l t - P e r o w o liegt unmittelbar an der felsigen Westseite der die beiden Seen verbindenden Enge, von da bis Rambie rechnet man Γ / 2 St., der Weg führt über die vom Ostufer vorspringende flache Landzunge. Rambi liegt nur */4 St. von dem Rande des grossen Sees.

Weg von Resnja nach Asamati: y 2 St. Kosiak. y 4 St. Raitza.

i y 4 St. Potmotziani . 3 / 4 St. Ganzar i . y 4 St. Asamati .

~~3 StT~ Die Insel G r a d liegt von dem Nordufer 3, von dem Südufer 2 (?), von dem Ostufer 1, und von dem

Westufer 2 St. (?), in dem Busen, den der See gegen Südwesten macht, östlich gegenüber von den Dörfern Tuminetz , 40 Häuser; G o r i t z a südlich davon mit 20 Häusern; 1 / 2 St. östlich davon die Stelle Q ä w e r , wo ein unterirdischer Abzug des Seewassers, der sich vermuthlich bei Svvcti Nauru in den See von Ochrida ergiesst. l / 2 St. davon G l o m b a t z i a n i mit 16 Häusern; sämmtliche Dörfer haben christlich-bulgarische Bevölkerung und liegen von der Insel 1 St. entfernt.

1 St. gegen Südosten der Insel liegt N i w i t z i mit 40 bulg. christl. Häusern in einem 20 M. tiefen Seebusen.

Die Insel ist von Ost nach West 10 M. breit und von Nord nach Süd */4 St. lang und von mandelför­miger Gestalt. Ihre Felsufer steigen von allen Seiten an 20 Meter steil aus dem See auf, und die Insel hat nur gegen Süden einen kleinen Busen, welcher „die Thür" genannt wird. Ihre Oberfläche ist eben und bewaldet und zeigt die Überreste von 4 kleinen Kirchen und anderen Gebäuden.

Südwestlich von dieser Insel liegt noch ein Felsinselchen, welches M a l G r a d (kleines Schloss) heisst und etwa δ Μ. Durchmesser hat; es steigt ebenso steil aus dem See empor, und auch dort finden sich Spuren kleiner Kirchen.

Am Nordwestende des Wentroksees liegt 5 M. vom Westufer und 2 St. (?) von dem Ostufer die Insel ΑϊΊ (eine verstümmelte Form von Achill). Sie ist von Ost nach West an 25 M. lang und ihre Gestalt ist mandelförmig. Ihr Boden ist fruchtbar. Auf ihrem Westende liegt das gleichnamige Dorf mit 6 christl. bulg. Häusern und dabei die Uberreste der Kirche und desKlosters des heiligen Achilles. Dort findet sich der Torso einer Bildsäule, aber in so verdorbenem Zustande, dass sich nicht mehr erkennen lässt, was sie vorstellte.

Die Insel ist hier 10 M. breit, gegen Osten spitzt sie sich zu einem 30 Meter hohen, überall steil in den See abfallenden pyramidenförmigen Hügel zu.

Cedrenus erwähnt 1 ), dass gegen Ende des 9. Jahrhunderts der bulgarische König Samuel nach seiner Niederlage durch den Kaiser Basilios I L , den Bulgarentödter, sich nach Thessalien zurückgezogen und bei seiner Wiederkehr den Körper des heiligen Achilles, Bischofs von Larissa2), von dort mitgenommen und in dem von ihm erbauten Kloster beigesetzt habe3). Davon spricht auch ein Pergamentmanuscript der Bibliothek des S. Clemens in Ochrida.

3 / 4 St. östlich von der Insel A'il liegt eine andere kleine Insel W i d r i n e t z , auf welcher gleichfalls Über­reste kleiner Kirchen zu sehen sind.

Westlich von A'il liegt hart am Westufer noch ein kleines Felseninselchen. Von diesem fällt die die beiden Seen verbindende Landenge 20 M. nördlich; dort lag vor Zeiten das Dorf A l t - P e r o w o , und sind heut noch die Reste seiner Kirche und seines Hans sichtbar. Hier beträgt die Breite der Landenge nur 36 Schritte, und von da läuft der Weg auf der schmalen ebenen Landzunge Γ/ 2 St. lang bis Rambie.

*) Ed. Bonn. torn. II. pag. 436. '-) Sein Fest fällt auf den 10. Mai gr. Styls. 3) Cedrenus spricht jedoch nur von Presba als Samuels Königssitz ohne der Insel zu gedenken.

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c . Dör fe r de r K o r d - u n d O s t s e i t e d e r S e e n v o n P r e s b a u n d W e n t r o k .

V 4 St. von Schurljenze und 21/2 St. von Resnja liegt hart am See Perowo mit 50 christl. Häusern. 3 / 4 St. nordöstlich davon Ec,ereni mit 20 christl.1) Häusern, y 2 St. vom See. Das alte Dorf stand hart

am See und wurde der Überschwemmungen wegen nördlich verlegt. 1 St. A s a m a t i , 15 Häuser, wovon 3 muham., hart am See. y 4 St. Pre tor oder Pre toi , 15 christl. Häuser, hart am See. 20 M. S l iwn i t za , 10 christl. Häuser, 5 M. vom See. y 2 St. G r u n i K r ä a n i mit 50 gem. Häusern, */4 St. vom See; dessen Ufer hier gegen Westen ein­

baucht. Man rechnet von hier 4 St. nach Resnja. 1 St. Nako le tz i mit 40 muham. Häusern, hart am See. 5 St. bis Resnja. 1 St. R e m b i , auch Rambje, mit 50 Häusern, wovon 10 muham., y a St. vom See, 6 St. von Resnja.

10 M. von Rembi das Kloster G e r m a n mit dem Grabe des von Constantinopel verbannten Patriarchen Germanos; es bleibt links vom Wege.

10 M. südlich von Rembi folgt Medowo mit 10 christl. Häusern; zwischen ihm und Rembi erstreckt sich von Osten nach Westen die beide Seen trennende Landenge.

20 M. R u d a r i mit 15 christl. Häusern, y 2 St. vom kleinen See. y 4 St. Schterkowo mit 15 christl. Häusern, 1 / 2 St. vom kleinen See. 20 M. O p ä i a mit 25 christl. Häusern, y 4 St. vom kleinen See. y 2 St. Pap l i mit 50 christl. Häusern, 10 M. vom See. Diese Ortschaft war bis vor drei Jahren der Sitz

des Mudir; man rechnet von hier 7 — 8 St. nach Resnja2). 1 St. L a g , man hört auch L e n k , mit 20 christl. Häusern, hart am kleinen See. y 2 St. Drdnowo mit 15 christl. Häusern, hart am See (9—10 St. von Resnja). Es fällt y 2 St. westlich

vom Wege von Resnja nach Kastoria und 3 St. von dem Ubergang dieses Weges über den Dewol. Von Drenowo ist 2, nach Andern sogar 3 St. bis £ a g r a d e t z 3 ) (die Karte hat 2 St.). Der den Südrand des, Sees bildende Berg fällt steil in denselben ab, und der Weg längs des Sees ist nur für Fussgänger passirbar.

Dieser hohe Berg hat zwei unersteigliche Spitzen. Der See, welcher in seinem südlichen Theile die Gestalt eines Flusses hat und am Fusse des Berges einen Sumpf bildet4), läuft durch einen unterirdischen Canal ab, dessen Südausgang die Albanesen die Höhle von Trn (Spile Trni) nennen, und der aus derselben fliessende Bach wird, gleich dem See, nach Wentrok genannt. T r n liegt östlich von diesem Bache, 3 / 4 St. nördlich vom Dewolflusse, und von Gordscha 4ya St., es hat 55 gem. Häuser; sowohl Christen als Muham­medaner sprechen albanesisch.

Die Länge seines Laufes von seinem Austritte aus der Höhle bis zu seiner Vereinigung mit dem Dewol-bache beträgt y 2 St., und die Mündung liegt 1 St. von Trn.

Der nördliche Eingang dieser Katabothra ist 5 St. (?) von Drenowo und 40 M. südwestlich von £agra-detz entfernt.

y 4 St. von Qagradetz zieht sich ein bis zum Fuss des Berges reichender Felsspalt, der an vielen Stellen nur die Breite von drei Wägen hat, durch welchen ein trockener Weg in V/2 St. nach Trn am Dewol führt; in gerader Linie über den Berg kommt man aber in 1 St. von Trn nach Qagradetz. Als einst das Wasser im kleinen See stieg, wollten die Bauern demselben eine Ableitung durch diesen Riss graben, Hessen aber davon ab, aus Furcht dadurch die Landschaft Dewol zu überschwemmen. Dieser Riss heisst auf albanesisch Grük-e-nikut, d. i. Wolfsschlucht.

*) Dies Dorf gehört noch zu Ano- (Ober-) Presba, von da an beginnt die Landschaft Kato- (Unter-) Presba. 2) Westlich gegenüber von Papli liegt D r o m b i t i s t a (Dobritistje). 3) Von Qagradetz soll nach einer von dem Verfasser erhobenen Angabe G St. bis Pustetzi im Südwestwinkel des Sees von Presba

sein. Über den das Westufer des Wentroksees bildenden Strich konnte weder der Verfasser noch Herr Pot Ii nähere Auskunft erhalten. Der See soll an seinem Südende noch V 2 St. breit sein.

4) Herrn Potl i 's Erkundigungen steilen diesen Sumpf in Abrede. Der nördliche Eingang des Abzugscanais ist nach denselben unsichtbar, und ein südlicher Ausgang ist unnahbar und bildet auch keine Höhle.

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Qagradetz mit 10 Häusern ist nur */4 St. vom Seeufer entfernt. Von da 2—3 St. bis P r o g r i mit 40 muham. alban. Häusern, nach Andern 100 gem. Häusern, welche sämmtlich

albanesisch sprechen. 2 — 3 St. bis Pljassa 1 ) , 50 muham. alban. Häuser. 9—2 St. bis Dschordscha. 6-8 St.!

d . W e g v o n R e s n j a n a c h G o r d s c h a , 13 S t . 2 ) . Von Resnja südlich: 1 St. Zareswor mit 100 gem. Häusern, von denen jedoch auch die muhammedanischen bulgarisch

sprechen, zu beiden Seiten eines Baches, 3 / 4 St. vom See. 1 St. Schurl jentze mit 10 christl. Häusern, 3 M. vom See. y, St. Oteschowo mit 3 christl. Häusern, hart am See. 3 / 4 St. Stenje mit 12 christl. Häusern, hart am See.

1 St. Gor i t za mit 10 christl. Häusern, 1 / 2 St. vom See. l / 2 St. Besmischte mit 15 christl. Häusern, hart am See3).

1 St. Pustetzi mit 15 christl. Häusern, hart am See. Der Weg verlässt den See und geht südwestlich über das Gebirge.

2 St.4) D s w e s d a mit 20 muham. alban. Häusern; erstes Dorf in der Ebene am Westfuss des Gebirges. Γ / 2 St. Pljassa mit 50 muham. alban. Häusern. 2 St. Gordscha .

11% St. Von Pustetzi bis Qagradetz g gt ^ z w a r ebener Boden, aber so steinig, dass er nicht bebaut werden kann.

Ad XXVII. Monastir. R e i s e v o n R e s n j a n a c h M o n a s t i r , 6 S U

! / 4 St. Kreuzung des grossen Baches (Ljum-i-math) auf einer Holzbrücke. y 4 St. So ρ ο ska, y 4 St. nördlich der Strasse mit 30 Häusern, wovon 5 muham., welche gleichfalls

bulgarisch sprechen. 3 / 4 St. Die Strasse verlässt die etwa 1 St. breite östliche Ebene von Resnja, und steigt sehr lehn zu dem

ersten Wachthause auf der Grenzscheide der Bezirke von Resnja und Monastir hinan. i y 4 St. ebenso lehn hinan bis zu dem Kamme der Wasserscheide, welche das Seebecken von dem Ge­

biete des S chemnitzabacbes trennt, wo der Han und das Wachthaus von Diawat. Das Dorf liegt 3 / 4 St. Ost bei Nord vom Han, y 4 St. vom linken Ufer der Schemnitza.

y a St. vom Dorfe L e r i und im Nordosten des Hans, am rechten Ufer dieses Baches5). y 2 St. Die Strasse steigt den weit steileren Osthang des Bergrückens herab und kreuzt bei dem Hane

von K a s c h j a die Schemnitza &uf einer Holzbrücke. Dieselbe gilt genau für das Mittel des Weges zwischen Resnja und Monastir.

y 2 St. Kreuzung des Zaparibaches. Das Dorf liegt */4 St. südlich von der Strasse zu beiden Seiten des Baches; y 4 St. nördlich der Strasse, an demselben Bache, liegt das muham. alban. Dorf Ramna, l / 2 St. östlich von Leri.

1) In Pljassa sollen auch die Strassen von Resnja und Ochrida nach Gordscha zusammenlaufen. D r e n (Trn), das höchstens 1 St. südlich von Qagradetz liegt, soll nur 4y 2 St. von Gordscha sein.

2) Nach Erhebungen des Herrn G. P o t l i . 3) Umgekehrt nach B a r t h (1865): Be ζ l i s t a nördlich auf der Höhe , G o r i t z a südlich dicht am See, doch beide zur Seite seines

Weges, so dass er auch kann falsch berichtet worden sein. (Mittheil, von H . K i e p e r t aus Barth's hinterlassenem Tagebuche.) 4) Barth brauchte nur wenige Minuten über e ine Stunde. 5) S. über diesen Reise von Belgrad nach Salonik, S. 192.

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In nordwestlicher Richtung von der Zaparikreuzung erhebt sich der Bergrücken von Bobesch 1 ) , auf ihm in sehr hoher Lage das Dorf Bobesch, etwa 3—4 St. vom Standpunkte, mit 300 wlachischen Häusern, welches noch zu Ochrida gehört. Bei demselben berühren sich die Grenzen von Ochrida, Resnja und Monastir.

1 / 2 St. Die Strasse kreuzt den Bach von H o r o d i n bei dem Hane von Prewaletz. Das Dorf dieses Namens liegt */4 St. nördlich von der Strasse, an einem kleinen Nebenbach, der in den Horodinbach fällt.

H o r o d i n liegt 1 / 2 St. südlich von der Strasse und 1 St. von P r a d i n d o l , der Bach geht mitten durch; an demselben liegt wahrsche in l i ch auch S irdscha mit 20 christl. Häusern, das

y 4 St. nördlich vom Wege, 1 / 2 St. östlich von Ram η a liegt. Der Horodinbach mündet in die Schemnitza. Etwa y 4 St. nach der Kreuzung des Horodinbaches übersteigt die Strasse den unbedeutenden Erdwulst,

welcher das Gebiet der Schemnitza von dem des Dragor trennt. y 4 St. östlich von Horodin liegt das wlachische Dorf T r n o w o , welches von dem gleichfalls wlachi­

schen Dorfe Magaro wo durch die Schlucht getrennt wird, durch welche der Dragor aus den Bergen tritt. Von dort rechnet man 1 St. bis Dschindschopol je, dem Vereinigungspunkte der drei Quellen des Dragor; der Meridian dieses wlachischen Dorfes fällt zwischen Trnowo und Horodin.

Nach seinem Austritte aus den Bergen schwenkt der Dragor gegen Osten und erreicht in 1 St. vom Hane von Prewaletz den Han von P r a t i n d o l und in 1 St. Monast ir 2 ) .

Ad XXVIII. Prilip. W e g e v o n P r i l i p n a c h O c h r i d a ü b e r D i a w a t o .

Die bequeme Strasse über Diawat Han kreuzt bei Wusch tri η die Tscherna. 2 St. (?) F a r din mit 40 bulg. Häusern. 1 St. (?) K u d r e d i n mit einem Han und 14 bulg. Häusern. y 4 St. östlich davon Suwoddl mit 40 muham. alban. Häusern.

1 St. die drei Hane von Mramori tza ohne Dorf. Tschernetz an der Schemnitza bleibt y 4 St. östlich vom Wege, der etwas südlich davon

die Schemnitza erreicht. 1 St. Mühle von Tschernetz. y 2 St. Sdresche wo mit 40 bulg. Häusern, am linken Ufer der Schemnitza. y 2 St. Sf inischte, bleibt etwas rechts vom Wege.

1 St. L e r a (oben Leri), auch Lena 3 ) , bleibt links vom Wege, jenseits der Schemnitza. y 2 St. Do l jenze gleichfalls. y 2 St. das Dorf Diawat , y 4 St. westlich von der Schemnitza. y 2 St. Diawat Han.

sy 2 st.

J) Wir hörten sonst durchwegs G o b e s c h . 2) G r i s e b a c h II, S. 194, beschreibt den obigen Landstrich mit folgenden Worten:

„Wir sahen wie das (Schemnitza- und) D r a g o r t h a i sich am nördlichen Fusse des Peristeri von West nach Ost erstreckt und in die Τ scher η aebene mündet , aber dennoch ist es kein Querthal, sondern schräg gegen die Hauptaxe der Gebirgskette gerichtet, denn diese läuft aus der Gegend von F l o r i n a und K a s t o r i a von Südost nach Nordwest [unsere Skizze zeigt Südsüdost nach Nordnordwest nach verschiedenen Ansätzen von Dr. B a r t h , nach welcher wir auch unsere auf der Beilage zur Reise von Belgrad nach Salonik etwas zu südlich gerathenen Ansetzung von Florina verbessern], bis sie mit den drei Gipfeln des Peristeri vor (?) dem See von Presba endigt und von der gleichfalls centralen Kette des Skardus (Galitzitza) geschieden wird. Das Thal von Presba steht mit dem (der Schemnitza) und des Dragor in Verbindung [streng genommen werden beide Wassergebiete durch den Höhenzug von D i a w a t - H a n getrennt], und so wird der Peristeri als das äusserste Verbindungsglied zwischen dem Kandavischen Gebirge und dem Skardus von drei Seiten von tiefgelegenen Thäiern umgeben, und nach Norden hängt er nur durch das jenseits des Dragorthales massenhaft ausgebreitete Hügelland mit dem Skardus zusammen. Die Kette des Peristeri besteht aus dem hohen Kamme und rechtwinkelig daraus hervortretenden, aber kurz abgebrochenen Seitenbrüstungen, welche nach Nordost gerichtet die Querthäler und Schluchten einschliessen, aus denen die Zuflüsse der Tscherna hervorströmen."

3) Nach meiner Reise von Belgrad nach Salonik, S. 193, ist von L e n a bis T s c h e r n e t z nur 1 St. Die Karte giebt i y 2 St.

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58 e/. G. v. Hahn

Der direete G e b i r g s weg von Prilip nach Resnja zweigt bei Κ u d r e d i η von dem vorhergehenden ab. Von Kudredin: 1 St. Qagoritsch m{t 20 und Utowa mit 10 Häusern, bulg. christl. Tschiftliks, beide einen Steinwurf

links vom Wege. 3 / 4 St. Obetnik mit 80 muham. alban. Häusern zu beiden Seiten des Baches von Murgaschewo;

die Gegend ist sehr gebirgig. Hier zweigt der Weg nach Ochrida von dem nach Resnja ab. Auf letzterem liegt: 1 St. von Obetnik, */4 St. links (?) von der Strasse Smil jewo mit 120 bulg. christl. Häusern zu beiden

Seiten des Baches von Murgaschewo. i y 2 St. von Obetnik Gobesch mit 300 wlach. Pläusern. Von da ersteigt die Strasse den steilen mit

Buchwald bedeckten Rücken von B i g l a , läuft 20 M. lang über deren flachen Kamm, auf dem eine Quelle sprudelt, steigt den noch steilern Südhang im Zickzack herab, und erreicht über dem an dessen Fuss gele­genen Weiler S lata i (10 christl. bulg. Häuser) in 2 St. Resnja.

Der Weg nach Ochrida geht von Obetnik über G r u s c h j e Han, der 5 St. davon entfernt ist. 1 St. von Obetnik bleibt Smiljewo */4 St. rechts (?) vom Wege. l s / 4 St. Kloster S. Peter , am nördlichen Fusse der Bigla; der Weg ersteigt sie. Von ihrer Spitze

rechnet man 2 St. bis zum Han von Gruschje. Gebirge ohne Dorf nur l / 2 St. von dem Hane Lewrje ika mit 40 bulg. Häusern, */4 St. rechts vom Wege.

Ad XXIX. Welesa. R e i s e v o n W e l e s a n a c h D e m i r K a p u .

O r t e am W a r d a r v o n W e l e s a b is D e m i r K a p u .

Siehe Reise von Belgrad nach Salonik, S. 175, Orte von Welesa bis zur Mündung des Tschernaflusses, wozu im folgenden nur Zusätze gegeben werden.

Bei den Brückenresten von Mark o*w a-Mediana macht der Fluss eine kleine Beugung gegen Osten, und geht dann bis zum S. Demetr iuskloster von Nord nach Süd.

y 4 St. von der Mündung am Nordufer des Baches Babuna liegt das gleichnamige Dorf, y 2 St. süd­westlich davon Z e r k w i n a , 1 St. westlich vom Dorfe Babuna der Felsenpass des Baches.

Von der Mündung der Babuna macht der Wardar eine viertelstündige Wendung gegen Südost und fliesst dann wieder von Nord nach Süd.

Das Dorf Kotsch i lar ist 2 St. südlich von Welesa und Γ / 2 St. östlich von Zerkwina entfernt. 1 St. östlich landeinwärts davon K u r u D c r e mit 50 türk. Häusern.

y 2 St. flussabwärts Skropo lze Tschiftlik mit 10 Häusern, gleichfalls am linken Ufer. Wir streichen das auf dem Croquis von 1859 stehende Orofze , weil es nach Mastro Christo 3 St.

westlich von Skropolze entfernt ist und der Weg durch das 2 St. von letzterem gelegene Zerkwina führt; ferner soll Orofze iy 2 St. von B o s i l i t z a entfernt sein.

Von Skropolze Flussrichtung südlich und darauf südöstlich. Das Thal erweitert sich mehr und mehr. W i n i s c h t a , auch W i n i t s c h a n i , das am Fusse der westlichen Hügelkette liegt, ist wenigstens 3 / 4 St.

vom rechten Ufer entfernt. Die dem Flusse nahe bleibende Hügelkette besteht aus gänzlich nackten Höhen von 50 bis 100 Fuss

Höhe, welche aus einer grauen Erde zu bestehen scheinen. Gegenüber von Winischta mündet die B r e g a l n i t z a , also etwa 3 St. von Welesa, und ebenso viel von

der Tschernamündung ; auf der Karte verhalten sich diese hier als gleich gegebenen Abstände wie 4:1! / , St. unterhalb der Mündung der Bregalnitza U l a n z a , Tschiftlik, welches einem Christen aus Kawa-dar gehört.

Bei Ulanza fliesst der Wardar y 4 St. lang rein nach Osten, und wendet sich dann wieder rein nach Süden; über den Bogen des Wardar bei der Tschernamündung s. oben Abtheilung I, Abschnitt X X X .

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Orte v o n der T s c h e r n a m ü n d u n g bis D e m i r K a p u .

Muschinze , 20 M. abwärts von der Tschernamündung, */4 St. von dem linken Wardarufer, mit 30 muham. Häusern.

H a d s c h i D i m i r z e , 1 St. unterhalb Muschinse, am linken Ufer, mit 30 muham. Häusern, Tschiftlik. Kor i t z jan i 1 ) , gegenüber am rechten Ufer und dabei Mündung des Baches von Kawadar. Etwas unterhalb bricht der Wardar, in der Richtung von Nord nach Süd kommend, durch die nackten

Erdhügelreihen, von denen ähnliche nun auch auf dem Westufer auftauchen, und somit eine kleine Flussenge bilden, durch die der Fiuss in südöstlicher Richtung durchgeht.

W a r d ar T s c h i f t l i k , V/2 St. unterhalb Hadschi Dimirze am linken (?) (s. unt. Kriwolak) Ufer. Von hier an wendet sich der Fluss zunächst gegen Osten und macht einen grossen Bogen mit nur

seltenen südlichen Abweichungen. Er fliesst hier zwischen den kahlen Hügeln des linken Ufers und einer etwa 20 Fuss über dem jetzigen Wasserspiegel liegenden kleinen Ebene, die sich an die südliche Fortsetzung der kahlen Hügel des rechten Ufers anlehnt.

V 2 St. unterhalb Wardar Tschiftlik nimmt der Fluss wieder die Richtung von Nord nach Süd an. An der Spitze des Flussbogens mündet ein nur das nächste Regenwasser führende Trockenspalte in

den Wardar. Dies ist die einzige Unterbrechung der kahlen Hügelkette längs des linken Ufers, welches von der Mündung der Bregalnitza kein Binnenwasser in den Wardar durchlässt. Verbunden mit der Unfrucht­barkeit des Bodens, bringt uns dies auf die Vermuthung, dass das Hinterland dieses ganzen Ufertheils eine der Mustafa Owassi, östlich von Welese, ähnliche Bodenbildung haben dürfte.

In der erwähnten Spalte läuft der Weg vom Wardar nach Istib, welches 6 St.'2) von dem Ufer ent­fernt ist. Hier liegt eine Fähre.

Von diesem Spalte wendet sich der Fluss jäh nach Südsüdwest, und über Südwest und West nach Nordwest und Nordnordwest, und wieder Nordwest.

K r i w o l a k (Drehdorf), eine kleine halbe Stunde (zu Lande) von Wardar Tschiftlik, auf einem 50 Fuss hohen kahlen Höhenrücken, mit ganz muhammedanischer Bevölkerung.

Pepel ischte , gegenüber auf dem linken Ufer, ein beträchtlicher muhammedanischer Ort, in dem nur 12 Häuser christlich sind. Nach Pepelischte wird die südlich von ihm längs des linken Wardarufers laufende Ebene benannt.

Bei und unter diesen Dörfern geht die Flussrichtung über West nach Süd längs der Höhenrücken von Kriwolak; diese steigen mit gleicher Kahlheit zu 2—300 Fuss hohen, von Nordost nach Südwest streichenden Hügeln an.

Negod in , 1 St. unterhalb Kriwolak, l / 2 St. vom rechten Wardarufer, 2 St. von Kawadar, mit 150 Häusern, von denen 121 christl.3).

S. Georgklos ter , Γ / 4 St. unterhalb Kriwolak, 5 M. vom rechten Ufer, 1 / 2 St. südlich von Negodin. Vom Kloster rechnet man 8 St. bis Welese4). Etwas oberhalb des Klosters eine Fähre. Unterhalb des Klo­sters wechselt die Flussrichtung zwischen Süd und Südost. */4 St. oberhalb Dubrawa bis zu diesem Dorfe ist sie rein südlich.

Dubrawa , Tschiftlik mit 30 christl. Häusern, 1 St. vom Kloster, hart am rechten Ufer, 2 St. von Kawadar.

y 2 St. unterhalb W o i s c h a n , 10 M. vom linken Ufer, mit 80 gem. Häusern, am Fusse des Westhanges der linken Thalwand.

*) In der Reise von Belgrad nach Salonik, S. 176, heisst das Dorf K o r i t und liegt 1 St. bachaufwärts von der Mündung; wir sahen wenigstens dessen letzte Häuser vom Wardar aus.

2) Unser Croquis gewährt kaum 4 3/ 4 St. Luftlinie. 3) Auf dem Croquis wurde nach Barth's Karte der Bach von Negodin ergänzt, der mir in der Dunkelheit entgangen war. 4) Die Gebirgskette von P r o met zieht, vom Kloster aus gesehen, von Nordwest nach Südost. Der Hauptort Promet liegt mit

30 muham. Häusern 3 St. östlich von demselben; auf dem Wege dahin liegt P e s c h t e r n i k , | i / a St. vom Kloster, mit 15 muham. Häusern , und B r u s n i k , 2 St. vom Kloster, mit ebenso viel muham. Häusern. An dieser Kette liegt auch K a l a n z o w o mit 17 muham. und 13 christl'. Häusern, 2 St. vom Kloster und 1 St. südlich von Brusnik. Alle diese Dörfer gehören zum Bezirke von T i k w e s c h , s. B a r t h , S. 121.

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1 St. unterhalb B i s t r e n , hart am linken Ufer, mit 80 muham. Häusern. 5 M. unterhalb D u b l j a n , hart am linken Ufer, mit 50 oder 100 gem. Häusern, mit einer Moschee und

Minaret und einer Kula am Fusse eines Ausläufers, der hier hart an das Ufer tritt, 1 St. von Dubrawa und 4 St. (?) von Kawadar, mit einer Fähre.

Bei diesem Dorfe und darüber hinaus ist die Flussrichtung rein östlich. Rechtes Ufer (vgl. S. 62, Note 2): T r e m n i k , 3 / 4 St. unterhalb Dubrawa, x / 2 St. (?) vom rechten Ufer, mit 70 meist muham. Häusern,

2 St. oberhalb von Hammam Tschiftlik. Pres do wo, 1 / 2 St. südlich von Tremnik und */4 St. vom rechten Ufer, in einem Nebenthal, in dem ein

Bach in den Wardar fliesst; Presdowo ist vom Flusse aus nicht sichtbar, weil eine Thonschieferhöhe dazwi­schen liegt; es hat 400 Häuser, von denen 160 christl. sind.

Die Weinberge des Ortes sind durch die Thallücke sichtbar. 72 St. unterhalb Dubljan ist die Flussrichtung nordsüdlich mit kleiner westlicher Abbeugung. Die Richtung der Prometikette scheint, von hier aus gesehen, fast ganz von Nord nach Süd zu laufen. 74 St. vom l inken Ufer und χ / 2 St. unterhalb Dubljan Koresn i t za mit 50 muham. Häusern. Sehr seichtes Wasser und in mehrere Arme gespalten. Oberhalb Koresnitza Flussrichtung rein östlich, bei demselben und unterhalb südlich und südöstlich. 3 / 4 St. Süd bei West von Koresnitza, 10 M. westlich vom Wardar, 20 M. westnordwestlich von der

Mündung des Β ο s ch ο w a baches in den Wardar liegt Hammam Tschi f t l ik . Von der Mündung der Boschowa bis zum Wachthause des eisernen Thores 10 M. *).

Ad XXX. Stobi. E i n i g e N o t i z e n ü b e r d a s un te re T s c h e r n a g e b i e t .

Von der Mündung an stromaufwärts betrachtet folgt auf die Mündung des Rajetz baches in die Tscherna die des Blaschnitzabaches, 3 St. oberhalb der ersteren. Dieser Bach entspringt in den Bergen von Prilip, welche die Ostwand des Beckens von Prilip und Monastir bilden und den geographischen Namen der Babuna­kette von Grisebach erhalten haben. Im Lande selbst kennt man für dieselben keinen Gesammtnamen.

An dem rechten Ufer dieses Baches liegt 1 St. stromaufwärts von seiner Mündung W i t t o l i s c h t e , das bedeutendste Dorf dieser Gegend, welches 5 St. von Prilip entfernt sein soll.

Bei diesem Dorfe wurde früher in einem engen und felsigen Thale ein Stein, schwarz und glänzend wie Steinkohle, mit blauen und grünen Adern (Serpentin ?) , gebrochen und nach Constantinopel aus­geführt.

Seit mehreren Jahren ist dieser Bruch eingegangen. 1 St. stromaufwärts von der Mündung der Blaschnitza mündet der Mr esischkabach, kleiner als die

Blaschnitza, in die Tscherna. Hart an demselben liegt, 3 / 4 St. aufwärts von der Mündung, Kuno wa mit 60 Häusern. 3 / 4 St. oberhalb Gradischte mit 8 Häusern.

*) Unsere Kartenskizze setzt Welesa und Demir Kapu nach den Spaun'schen Breiten an. Nach diesen fällt aber die Breite von Demir Kapu um 2 türkische St. nördlicher, als sie nach den Wegangaben fallen würde. Die Skizze ergiebt sonach vom Han von Hidowo bis Hammam Tschiftlik eine Luftlinie von 6 türkischen St., während die Weglinie nur zu 4y 2 St. angegeben wird. Dem entsprechend wurden auch die Wegangaben zwischen Hamam Tschiftlik und Welesa verkürzt und wurde der Wardar zwischen der Mündung der Tscherna und der des Trockenbaches in dem Bogen mehr nach Osten geleitet, als unsere eigenen Beobachtungen dies erlaubt hätten. Auch die Angabe, dass Kawadar 17 St. von Wodena liege, würde eine Verlegung von Demir Kapu gegen Süden erlauben, da unsere Skizze genau 17 St. Luftlinie zwischen beiden Orten zeigt, und weder die wagrechten noch senkrechten Krümmungen des Weges berücksichtigt. Hiergegen aber spricht folgendes Bedenken: auf der Barth'echen Karte erscheint Prilip genau um ebenso viel südlicher von Demir Kapu als auf der unsrigen nach der Spaun'schen Messung gezeichneten.

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i y 2 St. oberhalb Mreschko mit 60 Häusern. i y 2 St. R osdschan, 80 Häuser, 5 St. (!) von Prilip. Vermuthlich ist dies dasselbe Dorf, welches uns in

Prilip Rodsche genannt, aber 14 St. davon angegeben wurde, mit dem Zusätze, dass sich hier eine gelbe Erde finde, welche früher in beträchtlicher Menge als FarbestofT nach Constantinopel ging.

Wir glauben annehmen zu dürfen, dass der directe Weg von Wodena nach Kawadar über Sborsko, s. Anhang II, Nr. 1, längs dieses Baches läuft. Die Entfernung zwischen Mreschko und Gradischte nach Sidis Ansätzen, denen das Croquis folgt\ stellt sich auf 2 St., mithin nur % St. mehr als der obige Ansatz von i y 2 , und wir hatten sonach wenigstens einen Anschluss an die Tscherna gewonnen.

Ad XXXI. Demir Kapu. a. Beschreibung von Demir Kapu.

Von der Stelle, Λνο die Absprengung der Felswand für den Weg beginnt, sind 28 Schritte bis zu einer in dieselbe gehauenen Nische, die wahrscheinlich zur Aufnahme von Weihgeschenken bestimmt war. Die Höhe der senkrecht behauenen Felswand beträgt hier etwa 20 Fuss und die Breite des gepflasterten Weges 9 Fuss.

100 Schritte weiter tritt der Weg, von welchem man bis dahin zur Linken die Aussicht frei auf den Fluss hatte, in einen künstlich ausgehauenen Felscanal, der 30 Schritte lang und etwa 15 Fuss breit ist.

40 Schritte von dem Ende der linken - senkrechten Canal wand endet auch die senkrechte künstliche Absprengung der rechten Canalwand und die Wegpflasterung, und senkt sich der Weg zu der Sohle einer Falte der Felswand von

25 Schritten, die er kreuzt. Hierauf führt der Weg durch einen gewölbten Thorweg, über welchem eine Wachtstube mit Ziegeldach gebaut ist.

Die im Durchschnitte drei Fuss hohe, alte Einfassungsmauer, deren vortreffliches Cement Steinhärte hat, endet bei dem Wachthause, von welchem an eine modernere Einfassungsmauer aus Kalk von etwa gleicher Höhe beginnt.

80 Schritte vom Eingange des Thorweges beginnt der zweite für den Weg in den Felsen einge­sprengte Canal. Der jetzige Weg zwischen dem Wachthause und diesem zweiten Canale senkt sich bei seinem Austritte aus dem Thore des ersteren und liegt so tief, dass er trotz der gemauerten Einfassung bei Hoch­wasser wohl stets überschwemmt wird. Doch zeigen sich deutliche Spuren einer alten höher gelegenen Strasse, wrelche sich rechts von der neuen längs der Felswand hinzog.

80 Schritte Länge des zweiten Canals, dessen rechte sehr hohe Felswand gegen den Weg zu über­hängt, was wohl die Naturform des Felsens mit sich brachte. 46 Schritte vom oberen Eingang zeigt die linke senkrechte Wand horizontale Meisselstriche.

Die vollkommene Erhaltung der eben erwähnten Meisselspuren und die Siegelplatte der seit unvor­denklichen Zeiten unbenutzten Rinne zeugen von der Härte der Steinart, welche diese Enge bildet und welche Dr. Szeke ly für Basalt erklärte.

Hart am Ende des Canals finden sich Spuren einer alten, vermuthlich höher gelegenen Strasse, deren Cement gleichsam Steinhärte hat.

110 Schritte vom Ende des zweiten Canals befindet man sich einer bei dem jetzigen niederen Wasser­stande1) etwa 15 Fuss hohen Klippe der nördlichen Thalwand gegenüber, welche vom dem Flussufer vorspringt und an deren Fuss eine Steinbank sichtbar ist, welche das Ansehen hat, als ob sie zur Ruhe der Schiffer angebracht wäre, doch bereits bei mittlerem Wasserstande von diesem verdeckt wird.

Diese Klippe steht vor einem tiefen Spalte, welcher die fast senkrechte Felswand des linken Ufers in zwei Hälften spaltet. Dieser Spalt hat nur eine sehr enge Sohle, welche das Bett für den abfliessenden

*) Etwa 1 Meter unter dem mittleren Wasserstande.

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Regen abgiebt und im Ganzen die Richtung von Ost nach West mit kleiner südlicher Abbeugung bei seiner Mündung einhält. Die linke Felswand zeigt hier verschiedene kleine Höhlen und Ansätze dazu1).

Auf dem rechten Ufer tritt die Felswand von dem Südende des zweiten Canals an etwas zurück. Der Weg senkt sieb abermals zum Flusse, so dass er wohl auch hier bei Hochwasser überschwemmt ist.

218 Schritte von dem Ende des zweiten Canals beginnt eine alte Einfassungsmauer des Weges von steinhartem Cemente, welche 26 Schritte lang ist, und auf diese folgt eine neue Einfassungsmauer von 145 Schritten Länge.

360 — 370 Schritte von dem Ende dieser Mauer endet die Felswand des linken Ufers, während sich der Felsrücken des rechten Ufers zwar noch fortsetzt, aber mehr von dem Flusse zurücktritt und sich lehner gegen das Ufer abböscht. Wir betrachten jenes Ende der linken Wand als das Ende des eisernen Thores.

Für den Flusspass ergäbe sich sonach eine Länge von etwa 830 meiner Schritte, und da sich diese nach oft wiederholten Proben zu dem französischen Metermass, wie 3 zu 2 verhalten, etwa 550 Meter. Rechnet man hiezu in runden Summen noch 720 Schritte oder 480 Meter für die vor dem Eingange des Passes lau­fende, in den Felsen gesprengte Strasse, so ergiebt sich für dieselbe eine Länge von etwa 1550 Schritten oder circa 1030 Meter.

b . B o s c h o w a b a c h .

Dieser Bach mündet etwas oberhalb des Eingangs zum eisernen Thore in den Wardar. Die Richtung seines unteren, x / 2 St. und mehr breiten und ebenen Thaies ist von Südsüdwest nach Nordnordost.

Die Boschowa entspringt 8 St. von ihrer Mündung bei dem Dorfe K o n o p i s c h t e , welches nur 6 St. von dem an der Tscherna liegenden Dorfe Poloschke liegen soll; letzteres ist 1 St. von der über die Tscherna führenden L e s s a b r ü c k e entfernt.

Dörfer längs des Baches: Von Konopischte liegt V/2 St. Boschowa hart am Bache, Tschiftlik mit 20 Häusern, — x / 4 St. davon

Krnjawa , Tschiftlik, — von hier l / 4 St. Tschenersko , l / 4 St. vom rechten Ufer — davon liegt 1 St. Stragowo am linken Ufer.

Etwas unterhalb mündet der Bach Bu l ska in die Boschowra; an diesem liegt Β ο gl a mit 150 gem. Häu­sern; die Haussprache der dortigen Muhammedaner ist das Bulgarische. — l / 4 St. unterhalb Stragowa und 74 St. vom linken Ufer Barowo mit 60 gem. Häusern.

V/2 St. Besch witza 2 ) , xj2 St. vom linken Ufer mit 300 Häusern, wenig Christen; 1 St. unterhalb Besch-witza und etwas unterhalb der Drenmündung 3) Dertschew r itza, Tschiftlik mit 12 Häusern, 5 M. vom linken Ufer der Boschowa und diesem gegenüber Budur, Tschiftlik, auf dem rechten Ufer, dessen Umgegend Zarewetz heisst; der Sage nach soll hier einst eine grosse Stadt gestanden haben; doch war nichts Näheres über sie zu erfragen.

1 St. von Dertschewitza H a m m a m - T s c h i f t l i k , 10 M. vom linken Bachufer und % St. vom linken Wardarufer.

J) An der Nordseite des Felsrückens, welcher den Eingang der Flussenge bildet, findet sich eine grosse viereckige Nische, und in deren Mitte eine runde Höhlung, welche auf den ersten Anblick den Eindruck machen, als ob sie künstlich eingehauen seien, bei näherer Untersuchung aber sich als natürliche Bildungen ergeben.

2) Weg von der Boschowa nach Kawadar: unter allen Orten des Thaies ist B e s c h w i t z a das nächste von Kawadar, man rechnet 4 St. bis dahin, — 1 St. B e r s c h o w a mit 250 halb christl., halb muham. Häusern, an einem kleinen Bache, der in den Wardar fäl l t , — 1 St. T r e m n i k mit 150 Häusern, wenig Christen, — 2 St. K a w a d a r . Diese letztere Wegangabe rührt von dem zuverlässigen Handschi von dem Hammam Hane her (vgl. oben S. 60).

3) Etwas oberhalb von D e r t s c h e w i t z a mündet der Drenbach, von Südostsüd kommend, in die Boschowa. Daran liegt 3 / 4 St. von der Mündung, ! / 4 St. vom rechten Ufer das Dorf D r e n mit 6 Häusern. — i y 2 St. von Demir Kapu (Y 4 St. oberhalb des Dorfes) gabelt sich das Drenthal. In dem westlichen Schenkel fliesst der Drenbach, an dem kein weiteres Dorf, in dem östlichen der bedeutendere R ak ο wetz bach, an dem 2 St. oberhalb des Dorfes Dren K o p r i s c h n i t z a mit 12 Häusern liegt. Unterhalb des Dorfes Dren mündet ein weiteres kleines Waldthal von Südwest her, etwas unterhalb von dessen Mündung O r i e a r i mit 3 Häusern am linken Ufer des Drenbaches, V 2 St. oberhalb von dessen Mündung. Traurige Thäler , elende Dörfer, die früher schwer von den in diesen Strichen hausenden Räubern heimgesucht und verödet wurden.

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c . W e g v o n P r i l i p n a c h K a w a d a r .

Von Prilip sind 2 St. nach Ρ let war mit 30 Häusern 1 ) , — von hier 2 St. nach Tro jak , mit 50 Häu­sern, — von da 2 St. bis zum Beginn des Derwend des Rajetz, das x / 4 St. lang ist, — von hier 2 St. bis Drenowo mit 150 Häusern bulgarisch redender Muhammedaner, y 4 St. südlich vom Flusse, — von hier aus % St. bis Wosartze , mit 30 Häusern, und einer Fähre über die Tscherna bei der Mündung des Rajetz — und von da 2 St. bis Kawadar mit 800 Häusern; in Summe ΙΟ1/* St.

Das Dorf Raj etz mit 30 Häusern, von welchem der Fluss den Namen trägt, liegt 2% St. von Trojak und 1 St. von Drenowo, x / 2 St. südlich vom Flusse.

Ad XXXII. Gradetz. Dör fe r l ä n g s des W a r d a r s ü d l i c h v o m D e m i r K a p u .

Tscherewetz , % St. vom linken Ufer, auf halber Höhe der Thalfalte, welche den auf den Fluss zulaufenden Felsrücken begleitet, mit 40 muham. Häusern.

Kl i s sura , 1 St. südöstlich von Hammam-Tschiftlik und */2 St. vom rechten Ufer, mit 30 christl. Häusern, Eigenthümer.

K o s a r k a , 1 St. unterhalb Tscherewetz, 3 / 4 St. vom linken Ufer, mit 90 muham. Häusern. i y 2 St. unterhalb Demir Kapu verengt sich das Thal abermals, und steigen die Thalwände mit etwa

40 Grad Böschung unmittelbar aus dem Fluss auf. 2 St. unterhalb Demir Kapu, bei der S. N iko la genannten Stelle, ist die zweite von Hadschi Ismael Bei

mit einer Mauer eingefasste kleinere Wegstrecke, an deren Ende die Strasse durch eine zum Theil künstlich bearbeitete Felsenspalte führt, die wir jedoch nicht selbst besuchen konnten.

2y4 St. unterhalb Demir Kapu, 3 / 4 St. oberhalb Gradetz, mündet am rechten Flussufer das unbewohnte Gabelthälchen Brasnidu in ein kleines, an den Fluss stossendes ebenes Dreieck.

Flussrichtung vom Südende von Demir Kapu bis in den Bogen von W e t e r n i k u , von Nordwest nach Südost.

10 M. abwärts von Brasnidu springt vom rechten Ufer eine Felsspitze gegen Osten vor, welche Weter­niku heisst und ihren Namen von den den Schiffern gefährlichen Stosswinden hat, welche sie bei ihrer Fahrt auf dem engen Bogen zu fürchten haben, den der Wardar um diese Spitze beschreibt. Auf derselben hat ein jetzt leerstehendes Wachthaus die frühere Windmühle abgelöst. Die Richtung des Flussbogens geht von Ost zu Nordost durch Ost zu Südost in Südostsüd über. Die Bogensehne vom Südsüdostende bis zum Wacht-hause beträgt kaum 5 M. Das Terrain des Bogens ist eben, bebuscht und liegt wenigstens 12 Fuss höher als der gegenwärtige Wasserspiegel. Die Ortlichkeit scheint von der Natur zu einer antiken Niederlassung wie geschaffen, dennoch hiess es übereinstimmend, dass dort keine alten Mauern zu sehen seien.

Am Südende erblickt man die Reste einer alten Brücke aus sehr festem Cemente. Jetzt ist dort eine Fähre bei den Trümmern eines von dem Wardar weggeschwemmten Hanes.

y 4 St. unterhalb der Brückenreste mündet am westlichen Ufer das enge Thal Jawori tza , welches von Südsüdwest nach Nordnordost, also parallel (?) mit dem oben beschriebenen Boschawathal läuft, aber nicht über 2 St. lang ist.

Die linke Thalwand ist von Demir Kapu bis Gradetz durch kein Nebenthal unterbrochen. Flussrichtung gegen Südsüdost und Südost. 3 St. unterhalb von Demir Kapu tritt die östliche Thalwand vom Ufer zurück, und es folgt der etwa

α / 4 St. breite, anfangs ebene, dann lehngeböschte Uferrand von G r a d etz (Gradiska) mit 70 christl. bulgar. Häusern.

A r a s l e , 1 St. südöstlich von Gradetz und 3 / 4 St. vom linken Flussufer, mit 30 muham. Häusern.

*) Häuser ohne Beisatz bedeutet christl. bulg. Häuser.

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Durch das Thai dieses Dorfes läuft die Grenze der Bezirke T ikwesch und Do'iran. Gradetz gehört noch zu ersterem. Die Grenzlinie kreuzt den Wardar, denn der Bezirk von Do'iran erstreckt sich auch über das rechte Ufer des Wardar und grenzt mit dem Bezirke von Moglena 1 ) . G j o l a l i (?) auf halbem Wege zwischen den beiden obigen mit 20 muham. Häusern.

1 St. südöstlich von Gradetz und etwa 10 M. vom linken Flussufer der Han von H i do wo, und % St. davon in gleicher Richtung das Dorf mit 60 muham. Häusern.

Kurz vor dem Han tritt der Fluss aus dem Berglande in die Ebene. Seine Richtung geht im grossen Ganzen von Gradetz bis hierhin gegen Südost.

Dem Dorfe Hidowo gegenüber und 20 M. vom rechten Flussufer Da wi do wo Tschiftlik mit 20 christl. bulgar. Häusern.

2 St. nördlich vom Han von Hidowo erhebt sich wohl über 2000 Fuss hoch der K a r a dag. Im Osten von hier an erscheint von Nord nach Süd streichend der Blaguscha Ba lkan , welcher die

Westwand des Strumnitzagebietes und die Grenze zwischen den Bezirken von Do'iran und Strumnitza bildet, mit 8 muham. Dörfern, deren grösstes Blaguscha mit 100 muham. Häusern ist und 3 l/ 2 St. vom Hane und ebensoweit von der Stadt S trumni tza entfernt ist, wrährend von Strumnitza zum Hane nur 5 St. sind. Auf dem Wege von Blaguscha nach Strumnitza liegt i y 2 St. von ersterem Ts chap Ii mit 60 muham. Häusern auf dem Ostabhange des Blaguscha Balkan und 2 St. westlich von dem Flusse Strumnitza.

2 St. stromabwärts von Tschapli und 3 St. von Strumnitza liegt Kosturun. Von dem Han von Hidowo oder Hudowo bis zur Stadt Do'iran, welche hier Dorian lautet, rechnet

man 7 St.2).

Dör fe r a b w ä r t s v o n D a w i d o w o .

Rechtes U f e r : Mirafze , l / 2 St. unterhalb Dawidowo, mit 80 christl. Häusern. Der Fluss verfolgt vom Hane die Richtung von Nord nach Süd, beugt bei Mirafze etwas westlich gegen

dasselbe ein, und dann wieder östlich. Das Dorf liegt 1 / 2 St. von dem rechten Ufer. Petrowo, Γ / 2 St. nordwestlich von Mirafze, mit 30 christl. bulg. Häusern, am linken Ufer eines

Baches, der zweigängige Mühlen treibt, 2 St. vom Dorfe entspringt, von Nord nach Süd mit geringer östlicher Neigung läuft, und 1 St. abwärts von der Breite von Mirafze in den Wardar mündet, welcher hier mit dem Bache gleiche Richtung hat.

L i n k e s Ufer : K a l u t z o w o , y 2 St. südöstlich von Hidowo, 3 / 4 St. links vom Wardar, mit 130 muham. Häusern. Die

Bewohner gelten für die schlimmsten und zugleich reichsten Türken der ganzen Gegend, denn ihr Boden ist sehr fruchtbar und sie befassen sich mit Zehnt- und anderen Steuer-Pachtungen (iltisam).

y 2 St. südlieh, 3 / 4 St. vom linken Ufer, K a l k ο wo mit 20 christl. und 40 muham. Häusern. y 4 St. südlich davon am Ende der Ebene drei muham. kleine Weiler (Machale): T e r ^ e l i , A i r a n l i

und Weise l i . P i rawo , 1 St. südlich von Kalkowo, mit 30 muham. und 60 christl. Häusern. y 2 St. südöstlich von Pirawo und Γ / 2 St. nordöstlich von der Mündung des W a l an do wo3)baches in den

Wardar liegt das Dorf Walandowa 3 ) mit 10 christl. und 40 türk. Häusern, mit fruchtbarstem Boden, aus­gedehnten Gartenfeldern und bedeutender Seidenzucht. Die Granaten von Walandowa sind in ganz Mace-donien berühmt. Der Ort liegt an dem Südhange einer von Ost nach West laufenden Hügelkette, welcher der letzte Vorstoss des Blaguscha Balkan in dieser Richtung zu sein scheint und wird durch dieselbe gegen die heftigen längs des Wardars wehenden Nordstürme geschützt. Diese Hügelkette bildet den Nordhang

J) Moglena lautet hier Meglino. 2) Auf unsern Croquis nur 6. 3) So beständig hier im Ms. mit der bekannten slawischen Endung -owo, während sowohl frühere Berichte, als H . B a r t h , der

1865 am Orte selbst war, Walandoro schrieben. (Mitth. von H . Kiepert.)

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eines von Ost nach West streichenden Thaies, dessen Bach Boemia in den Wardar fällt und nach den Erhe­bungen des Herrn Obristlieutenants Z a c h etwa 10 St. östlich von seiner Mündung entspringt.

Im östlichen Hintergrunde des Thaies von Walandowo erblickt man eine Bergkette, welche sich von dem Blaguscha Balkan abzuzweigen und in einem Bogen gegen Südost zu laufen scheint. Sie erhebt sich an dem Südende zu ihrem höchsten Gipfel, welcher W e l e s c h heisst und der ganzen umliegenden Landschaft den Namen giebt. Diese Kette fällt dann plötzlich zu einem niederen Höhenrücken ab, welcher vom Wardar aus gesehen den östlichen Hintergrund des Thaies von Walandowo bildet. Vermuthlich ist der Höhenrücken, welcher die Südwand dieses Thaies bildet, ein Zweig desselben.

Auf dem letzten bis zum Wardar reichenden Vorstoss dieses letzteren liegen die Ruinen des Zigeuner­schlosses Jewj i t -Hissar .

Auf dem Nordhange desselben Rückens, 1/ 4 t St. ostnordöstlich von Jewjit-Hissar und % St. östlich von der Mündung des Boemiabaches, welcher am Nordfusse des K a s t r o n h ü g e l s mündet 1 ) , liegt Merwinze , Tschiftlik mit 30 bulg. christl. Häusern.

% St. östlich davon B a l i η ze mit 20 bulg. christl. Häusern. Y 4 St. davon Bra'ikofze mit 25 bulg. christl. Häusern. V 4 St. davon Tscheschtowa mit 30 Häusern, Muhammedaner, Christen und Zigeuner. y 2 St. davon Rabrowo, wrelches 1 / 2 St. südlich von Walandowo liegt. y 2 St. (?!) südöstlich von Rabrowo folgt Dede l i mit 160 ganz muham. Häusern auf dem Wege nach

Doiran. Am südlichen Fusse von Je wrj it-Hissar, 1 / 2 St. südlich von Merwinze, liegt G r k i sehte, ein freundlicher

Ort mit 50 christl. Häusern, hart links am Ufer, mit einer grossen jungen, bis zum Wasser reichenden Maul­beerpflanzung. Südlich von diesem Dorfe heisst die Landschaft Bojana, von einem nicht mehr vorhandenen Dorfe gleichen Namens.

Rechtes U f e r : Mi le tkowo, gegenüber von Jewjit-Hissar und 1 / 2 St. vom Ufer, Tschiftlik mit 15 christl. Häusern. Smokwitza , 3 St. von Gradetz und ebensoviel von Gjewgjeli, 1 / 2 St. vom Ufer, mit 80 Häusern. Perdei'tza, 1 St. unterhalb Smokwitza, 5 M. vom Flusse, mit 60 meist muham. Häusern. Linkes Ufer : Han von Diawatd, hart am Ufer, 14 St. von Salonik, 18 St. von Welesa und 4 St. von Doiran. Das

Dorf gleichen Namens hat 20 christl. Häuser, Tschiftlik. 1 St. östlich landeinwärts vom Hane Bogdanze mit 180 christl. und 120 muham. Häusern und starker

Seidenzucht. Durch diesen Ort geht einer der Wege (denn ein anderer ebenso frequenter Weg führt über Do'iran) von Salonik nach Strumnitza. Der Weg von Gjewgjeli nach Strumnitza bleibt 10 M. westlich (??) von Bogdanze.

1 St. (40 M.) südlich vom Hane und */2 (3/4) St. vom Wardar Kumliko' i oder Kumriko'i türk. (oder Stojakowo bulg.) mit 60 christl. und 30 muham. Häusern.

3 / 4 St. südlich vom Hane und x / 2 St. vom Flusse und 1 St. von Gjewgjeli Bogorodi tza (türkisch Borodsch) mit 60 mehr muham. als christl. Häusern. Es liegt auf dem Wege von Gjewgjeli nach Strum­nitza und nach Do'iran.

Rechtes Ufer : Von Perdei'tza 1 / 2 St. unterhalb Negofze mit einer neuen Kirche, davon 1 / 2 St. (?) Gjewgje l i . M r d i n z a , */2 St. von Gjewgjeli und J / 4 St. vom Flusse, mit einer grossen neuen, weithin sichtbaren

Kirche auf dem Kamme des Hügelrückens und 60 halb christl. und halb muham. Häusern. Vor Mrdinza macht der Fluss einen zwar nicht breiten, aber langgedehnten Bogen gegen Westen;

beim Orte hat er rein südliche Richtung, die bald darauf in südöstlich übergeht. Gjewgje l i , eine starke Viertelstunde von dem rechten Flussufer, mit 50'christl. und 10 muham.

Häusern. Eine felsige Erhebung bildet hier eine kleine Flussenge; hart am rechten Ufer steigt ein einzelner zwei­

gipfliger Hügel auf, der etwa 80 Fuss hoch sein dürfte. Auch das gegenüber liegende Ufer erhebt sich in

!) Der Wardar beschreibt einen leichten Bogen gegen West um den Festungshügel.

Denkschriften der philos.-histor. CI. XVI. Bd. Abhandl. von Nichtmitgliedern.

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sehr sanfter Felsenbösehung; dem südlichen Fusse dieses Hügels gegenüber steht ein Han und dabei sieht man die Reste eines zerstörten Brückenbaues, unterhalb dessen der Bach von Gjewgjeli mündet.

Derselbe besteht aus zwei Bächen, die sich 1 St. von Gjewgjeli hart vor dem Dorfe Muin mit 30 christl. Häusern vereinigen. Der vereinigte Bach fliesst durch das Dorf und durch Gjewgjeli und mündet bei der zerstörten Brücke in den "Wardar.

Der eine seiner Zweige kommt 4 St. weit von Südwesten her und entspringt bei dem eben so weit von Gjewgjeli gelegenen Dorfe Huma mit 30 christl. Häusern.

Der andere Bach entspringt 3 St. nördlich von Gjewgjeli, er heisst nach dem Dorfe Gusche't und beschreibt einen weiten Bogen, indem er zuerst von Nordwest nach Südost und dann in umgekehrter Rich­tung läuft (? vermuthlich vergisst bei dieser Angabe der Berichterstatter wie so häufig dessen vorhergehende Verbindung mit dem Humabache1).

Flussrichtung bei der Brücke von Gjewgjeli Nord nach Süd. y 2 St. südwestlich von Gjewgjeli Sehowo mit 60 christl. Häusern. V/2 St. südwestlich von Gjewgjeli längs des Kammes eines gegen den Fluss zu laufenden Höhenzuges

K a r a s i n a n t z i mit 300 muham. Häusern und y 4 St. südwestlich davon und noch höher gelegen Majadaha mit 860 Häusern, zwei türkische Wollweberdörfer.

Von Gjewgjeli 1 St. stromab Skopintsche , 1 / 2 St. vom rechten Ufer, mit 30 christl. Häusern und einer grossen neuen Kirche.

i y 2 St. von Gjewgjeli, 1 / 2 St. vom linken Ufer, Matschukowo mit 200 christl. Häusern und zwei neuen Kirchen.

y 2 St. unterhalb Matschukowo treten Hügel hart an das linke Flussufer, und ist dies der Standort einer Fähre. Diese Hügel gehören zu einem von Ost nach West streichenden Höhenzuge.

1 / 2 St. unterhalb öffnet sich ein von West nach Ost längs des die Flussenge bildenden Höhenrückens laufendes Trockenthal, worin 1 / 2 St. vom linken Flussufer Smojan mit 30, und Λ / 2 St. weiter nach Osten B a j a l z i mit 130 christl. Häusern, beide Tschiftliks.

Von der Mündung dieses Thaies beginnt die Flussenge, deren engste Stelle bei dem gegenwärtigen niederen Wasserstande kaum 100 Fuss betragen dürfte. Die Wassertiefe mass hier 3 Fuss. Die beiden Felsen­wände bestehen aus Basalt. Die des rechten Ufers ist niederer als die des linken. Die Böschung der ersteren beträgt durchschnittlich 30, die der linken Wand 40 Grad.

Etwa y 2 St. vom Eingang wird die rechte Thalwand durch einen Spalt unterbrochen, welcher das Winterwasser von Majadaha, das 1 St. (?) weit entfernt ist, in den Wardar führt und eine Wintermühle treibt. Seine Anschwemmungen und die zweier kleinerer Trockenthaler erzeugten einen kleinen ebenen Streif, dessen Wein- und Maulbeerpflanzungen merkwürdigerweise so tief gegen den Fluss zu reichen, dass sie bei Hochwasser unfehlbar überschwemmt werden. Dieser Streif gehört zu Majadaha, dessen Gebiet bis zum Flusse reicht.

Die Flussrichtung ist hier Südwest, hie und da rein West, bald darauf Südost und dann wieder Südwest, Westsüdwest und Süd.

) Weg von Gjewgjeli über Doiran nach Strumnitza: 1 St. B o r u s c h mit 30 gem. Häusern; 1 / i St. Kreuzung des Weges von Salonik nach Welesa; 3 / 4 St. S e l i m l i mit 40 muham. Häusern; i y 2 St. D o i r a n , weiches mithin von Gjewgjeli 3y 2 St. liegt. Im Hane von Diawato hiess es, Doiran liege 4 St. vom Hane.

Von Doiran nach Strumnitza: 1 St. K a r a n l a r mit 20 muham. Häusern; 1 St T s c h e r n i t s c h e mit 20 muham#

Häusern; 1 St. Han von F u r k a ; 1 / 2 St. D e d e l i , 70 muham. Häuser; 21/., St. K o s t r u m (oder Kusturum) mit 150 christl. Häusern; 2*/2 St. S t r u m n i t z a : Summa 9V 2 St. Man rechnet die Gesammtentfernung nur auf 8 St.

Directer Weg von Gjewgjeli nach Strumnitza ohne Doiran zu berühren: y 2 St. B o g o r o d i t z a (oder Borosch); Y 2 St. K u m r i k o i ; y 2 St. B o g d a n z a , bleibt 10 M. westlich; 3 St. K u s t u r u m ; 3 St. S t r u m n i t z a = 7V 2 St.

Doiran von Matschukowo 4 St.; von Gjewgjeli 3y 2 oder 4 St.; Diawato-Han 4 St.; Gradetz 6 (!?) St.; Strum­nitza 8 St.; Awret-Hissar 4 (?) St.; Salonik 12 St. D o i r a n ist der Sitz des Bischofs von Poliani, welcher dem Erzbischof von Salonik untersteht. Es hat G00 muham., 450 christl.-bulg., 15 christL-walach., 25 Juden- und 25 Zigeuner-Häuser 3 also im ganzen circa 1100 Häuser. Bei den schwankenden, kleineren Distanzangaben war die Darstellung der verschiedenen Wegkreuzungen zwischen Gjewgjeli und Doiran mit den grössten Schwierigkeiten verbunden und die Ausgleichung zahlreicher Widersprüche unmöglich; auch wissen wir nicht, ob die Darstellung der Dörfer Mirawze, Perdeitza und Mrdinza stichhaltig ist. (Diese Lücke ist in der Karte jetzt durch Benützung von Barth ' s Route, Aug. 1865, ausgefüllt. Anmerkung v. H . K i e p e r t . )

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Dreweno, x / 2 St. rechts vom Wardar, mit 30 christl. Häusern, % St. von Majadaha; von diesem Dorfe läuft ein Trockenthal zum Wardar.

Bei diesem ist dessen Richtung Südost. Etwa 1 / 2 St. unterhalb mündet am rechten Ufer ein Bach, an dem eine Mühle. Derselbe entspringt 6—7 St. von seiner Mündung und treibt 6 Mühlen, doch liegt an ihm kein Dorf.

Orawitza , 1 / 2 St. vom linken Ufer, 2 St. von Matschukowo. Flussrichtung zwischen Dreweno und Orawitza Ost, dann Süd, bei Orawitza und unterhalb Südwest

und gegen das Ende des Defilds Süd. Die linke Wand dieser reizlosen, zu Land 2 St. langen Flussenge wird von keinem Thale oder Risse

unterbrochen. K a r ä s u l e , */4 St. vom linken Ufer, 1 St. unterhalb von Orawitza, am Ausgange der Enge; ihm gegen­

über Bo'imitza, */4 St. vom rechten Ufer, mehr muham. als christl. Beim Austritte aus der Enge tritt der Fluss in die grosse Küstenebene von Salonik.

Gegen Südost steigt ein einzelnstehender Kegel aus derselben auf, es ist dies der Berg von A wr et­i l issar, welcher 4 St. von hier entfernt ist1).

In Nordwestnord streichen die mächtigen Bergketten von Moglena , von hier aus scheinbar von Osten nach Westen.

Rechtes U f e r : 2 St. nordwestlich von Bo'imitza liegt G j ü m e n s c h a , ein ganz christl. Ort, mit 400 Häusern und einem

Freitagsbazar, welcher zu dem Bezirke von Salonik gehört. 1 / 2 St. südlich von Bo'imitza G o r g o p i , y 2 St. vom rechten Ufer, mit 80 christl. Häusern. 1 St. südlich von Bo'imitza und 2y2 St. südöstlich von Gjümenscha liegt */4 St. vom rechten Wardarufer

Dambowo, mit 30 christl. Häusern, Tschiftlik2). L inkes U f e r : Von Karasuld 2 St. östlich Janeschowo mit einer alten Festung. 1 St. südlich von Karäsule Minske K a l / b e , 10 M. vom linken Ufer, mit 15 christl. Häusern. Davon

3 / 4 St. stromabwärts G o r n j e K a i y b e , auf dem linken Ufer, mit 10 christl. Häusern. Davon y 2 St. östlich W a r d i η ο mit 20 Häusern.

Dör fe r j ense i t s d e s mi t d e m l i n k e n U f e r p a r a l l e l e n H ö h e n r ü c k e n s .

1 St. östlich vonWardino D r a g o m i r z i mit den Ruinen eines alten Schlosses und 30 Häusern, dann in südöstlicher Linie von einander abstehend.

1 St. von Minske Katybe Kasanowo mit 25 Häusern. 1 St. B e g l e r i mit 25 Häusern. iy> St. K o t s c h d - M a r l i mit 60 Häusern. Alle i y 2 St. vom Wardar, sämmtlich christliche Tschiftliks.

*) Nach Mastro C h r i s t o ist von Kumlikoi' (Gjewgjeli gegenüber), y 4 St. vom linken Wardarufer, 2 St. bis H a r d s c h a i n o und 3 St. bis Awret-Hissar auf dem Wege nach Salonik. Wir bedauern, diesen Dimensionen auf unserer Karte nicht folgen zu können. Diese giebt von Awret-Hissar bis zum Ausgang des Wardardέϋΐβ 5 St. und bis nach Kumriko'i 6 St. (Barth's Routier von 1865 bestätigt M. Chris to 's Angaben vollkommen und ist bei der schliesslichen Redaction der Karte hier zu Grunde gelegt. K i e p e r t . )

2) Data über das Rjekathal. */ 4 St. nördlich von D a m b o w o mündet der Bach Rjeka am rechten Ufer des Wardar, welcher die Wasser des Thaies

von G j ü m e n s c h a dem Wardar zuführt. An der Rjeka liegen stromaufwärts y 4 (?) St. von Dambowo und y 4 St. vom linken (?) Ufer W a l g a t mit 25 christl.

Häusern, Tschiftlik. Gorgopi, % St. von Walgat, hart am Bache, mit 70 christl. Häusern, Tschiftlik; davon y 4 St. S c h i l o w o , Tschiftlik

mit 20 christl. Häusern, y 4 St. vom linken Ufer der Rjeka und davon 1 St. Gjümenscha, welches geraden Wegs 2i/2 St. von Dambowo entfernt ist.

Gjümenscha liegt nicht unmittelbar an der Rjeka, sondern an einem Bache, der 1 St. nördlich davon bei G r i v a ent­springt, mit 150 christl. Häusern, Eigenthümer. Dieser Bach fallt y 4 St. unterhalb Gjümenscha in die Rjeka, Von Gjümenscha thalaufwärts liegen die christl. Dörfer B a r e w i t z i y 2 St. und davon 1 St. Τ sehe r η a Rj ek a, y 2 St. vom rechten (?) Rjeka-ufer. Weitere Angaben über das Rjekathal waren weder von Mastro C h r i s t o , noch von Andern zu erfragen.

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Rechtes U f e r : Γ / 2 St. südwestsüdlich von Dambowo und 1 St. vom rechten Ufer A s c h i k l a r mit 300 muham.

Häusern. y 2 St. südwestlich von Dambowo und 1 St. von Aschiklar W a l a g a z , 1 St. vom rechten Ufer, christl.

Tschiftlik mit 30 Häusern. Südwestlich davon 3y2 St. G u r b e s c h mit 80 christl. Häusern, und davon 1 St. W a r d a r - J e n i - S c h e h e r .

y 2 St. südlich von Aschiklar und 1 St. vom rechten Ufer Bubakjewo mit 60 christl. Häusern. Tschiftlik Petrowo 1 St. unterhalb und 1 St. vom rechten Ufer. Bosetz 1 St. unterhalb und 1 St. vom rechten Ufer, Tschiftlik mit 60 christl. Häusern.

L inkes Ufer : A m at ο wo, y 2 St. unterhalb von Gornje Kalybe, christl. Tschiftlik mit 25 Häusern. Etwas oberhalb

dieses Dorfes mündet der aus dem See Rschan fliessende Bach in den Wardar1). Wardarofze 2 ) , 1 St. unterhalb, 4 St. oberhalb der Wardarbrücke, Tschiftlik mit 30 christl. Häusern

und einer Fähre. 3 / 4 St. unterhalb, s / 4 St. vom rechten Ufer Kefalowo, Tschiftlik mit 150 christl. Häusern. Die Hauptrichtung des Wardar von dem Ausgange aus der Enge bis Wardarofze ist trotz aller kleinen

Bo^enwindungen des Stromes rein südlich, da die Öffnung der Enge bis über Wardarofze hinaus stets in rein nördlicher Richtung sichtbar ist.

y 2 St. südlich von Wardarofze, hart am Wardar, verlassener Friedhof mit vielen antiken Quadern und einem unkanellirten Säulenstumpf.

1 St. unterhalb Wardarofze und y a St. vom linken Ufer J a j a l i mit 30 muham. und einigen christl. Häusern und der besprochenen Moschee.

y 2 St. unter Jajali und */4 St. vom linken Ufer Karaog lowo mit 30 muham. Häusern. i y 2 St. von da in der Richtung von Salonik Wer lantscha mit 100 muham. und einigen christl.Häusern. Dukandschino wo, 1 / 2 St. unterhalb Karaoglowo, */4 St. vom linken Ufer, und 2 St. bis zur Wardar­

brücke, mit 40 türk. Häusern. T r m i t z a (türkisch K a d i k ö i ) , Tschiftlik mit 30 muham. Häusern in der Mitte von Dukandschinowo

und der Wardarbrücke. T o p s c h i n , 20 M. nordöstlich von der Brücke und 10 M. vom linken Flussufer, mit 40 Häusern, iy> St.

nordöstlich davon und 1 St. von Kadiko'i liegt W a t a l i k und davon 1 St. nordöstlich oder 2 l/ 2 St. von der Wardarbrücke Bogarjewo mit einem in der Gegend weit berühmten, neu erbauten, grossen Kloster des St. Demetrius .

Κ an gl i tsch, l * / 4 St. abwärts der Wardarbrücke und 3 / 4 St. vom rechten Flussufer. W aim ad es, 1 St. von der Brücke und y 4 St. von dem l inken Ufer, beide christl. Tschiftliks. K o l i k ja (oder auch Kulakja ) , 2 St. unterhalb der Brücke und 1 St. vom linken Flussufer, christl.

Imlak mit 450 Häusern. J u n t s c h i da, y> St. von Kolikja und y 2 St. vom linken Ufer. Etwas unterhalb mündet der Karas -

mak (der alte Lydias) in den Wardar, 2 St. von der Brücke. K a w a k l i , 1 St. nordöstlich (?) von der Brücke, 4 St. von Salonik, christl. Tschiftlik. T e k e l i , 2 St. von der Brücke, 3 St. von Salonik, 1 / i St. südlich vom Wege; zwischen diesem und dem

Dorfe ein alter Kirchhof mit vielen antiken behauenen Steinen und Säulentrümmern, aber ohne Inschriften.

J) Dieser See ist 1 St. lang und y 2 St. breit und 1 St. vom rechten Flussufer entfernt; der bei Awret-Hissar fliessende Bach fallt in diesen See. Näheres über diesen Bach wusste der Berichterstatter nicht anzugeben.

2) Wardarofze und Petrowo gehören zu einem Complexe von 9 Tschiftliks, deren Eigenthümer vermöge eines alten grossherrlichen Firmans keine Zehnten zahlen, sondern statt dessen nur die Verpflichtung haben, alle Passanten taxfrei über den Fluss zu setzen und die Moschee in Jajali, einem der 9 Dörfer, im baulichen Stande zu erhalten. Alle Zehentpriviiegien sind zwar in neuerer Zeit abgeschafft. Diese Abschaffung soll aber in dem Firman dieser 9 Dörfer vorgesehen und von dem ausstellenden Sultan in einer Weise verklausulirt worden sein, dass man aus Pietätsrücksichten für denselben das Privilegium nicht antastet. Besitzer sind gegenwärt ig drei türkische Herrn in Salonik.

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Anhang I. 1. W e g v o n W e l e s a ( K ö p r ü l ü ) n a c h S a l o n i k , 3 2 t ü r k . S t .

18 St. lang folgt dieser Weg von Welesa bis Diawat-Han dem Laufe des Wardar und beugt hier von dem von Nord nach Süd laufenden Strome in der Richtung der 14 türk. St. südostsüdlich von demselben gelegenen Stadt Salonik ab. Man rechnet von Diawat-Han 18 St. nach Welesa und 14 St. nach Salonik.

1 St. (3/4) K u m r i k o ' i , 3 / 4 (?) St. östlich vom Wardar. */4 St. südlich von Kumriko'i, in der Nähe des Dorfes Stojak, zweigt der Weg von Salonik nach Gjewgje l i ab1). Hier zweigt auch der directe Weg von Salonik nach S trumni tza ab2).

2 St. von Kumriko'i Haradschinowa. · 1 St. Kreuzung des aus dem Do'fransee in den Wardar fliessenden Baches. 2 St. Α wre t -Hi s sar ; diese Stadt ist nach andern Angaben nur 7 St. von Salonik. 4 St. S c h e c h - H a n ; 10 M. vorher Kreuzung des Gal l iko . 2 St. Wolewod . i y 2 St. A k b u n a r . 1 St. Salonik.

32% St. 2. F a h r w e g v o n S a l o n i k b i s K u m a n o w a 3 ) .

4y 2 St. Kreuzung des Galliko bei Schech-Han. Bis Akbunar eben aber ansteigend, dann bis Wolewod uneben und windungsreich.

4 (3) St. Α wre t -Hi s sar , eben. Die Stadt liegt 3 St. östlich vom Wardar. 5y2 St. Doi'ran, also auf dem Fahrwege von Salonik nach Doiran 13y2 St., d. h. I1/,, St. mehr als auf

dem Reitwege. Die Strasse läuft von Doiran nordwärts, Anfangs am Seeufer, in der Nähe der Weiler

H a s s a n l ü , Be leban, So rnitzena und Gusdsche lu vollkommen eben bis 2y 2 St. F u r k a - H a n , sehr verrufene Gegend, am Südende eines halbstündigen Defilds mit senkrechten

Felswänden; in der Sohle ein Bach. y 2 St. D e d e l i oder Dede ler (3 St. von Doiran), am Nord ende des Defile's, mit 90 bulg. christl.

Häusern. Hier trennt sich der Weg nach Walandowo4). 2 St. K u s t u r u n oder Kosturun (5 St. von Do'iran), auf einem Plateau mit einem Wachthause.

(Von hier bis Strumnitza 3 St., das 8 St. von Do'iran Hegt.) Von Kosturun steigt die Strasse in das Thal der Be la Rjeka, und erreicht in

6 St. L i p o w i k , an der K r i w a Lakawitza . Sie läuft im Thale der Kriwa Lakawitza fort, neun­mal den Bach kreuzend, und häufig im Rinnsale laufend führt sie in

1) 3/4 (i/2) st. bis zur Vvardarfähre; V i St. G e w g j e l i . [Nach der oben S. 65 berichteten Angabe ist S t o j a k o w o vielmehr der bulgarische Name desselben Dorfes, welches türkisch Kuml iko i* („Sanddorf", so richtiger als Kumri) heisst. Oder besteht der Ort aus zwei Theilen, dem muhammedanischen mit türkischem, dem christlichen mit bulgarischem Namen? K i eper t.]

2) V2 S t - (?) nördlich von Kumriko'i liegt B o g d a n z e , welches y 2 St. (?) östlich vom Dorfe Diawat, und dieses V 2 St. (?) östlich von Diawat-Han liegt (s. oben S. 65, wohl richtiger). Von Bogdanze 3 St. K u s t u r u n ; 3 St. S t r u m n i t z a .

3) Hauptsächl ich nach den Angaben des Herrn Obristlieutenants Z a c h . *) Dedeli ist von Walandowo i y 2 und (dieses?; von Hudowa oder Hidowo am Wardar 3 St. Auf letzterem Wege bleibt Walan­

dowo V 2 St. (?) rechts.

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8 St. nach Istib 1). Von da 6 (7) St., über das Οwtsche Polje (Schaafland), eine fruchtbare Ackerebene, nach O r l a n - H a n . Weg

meist eben. 7 St. Von da lehn aufsteigend zur Quellengegend der K r s c h i n a , kreuzt sie später die P t sch in ja

etwas östlich von der Mündung der G o l e m a in diese, steigt am rechten Ufer das Thal der Golema hinauf und erreicht Kumanowa , nachdem sie in der Nähe der Stadt auf das rechte Ufer der Golema übersetzt.

44% St.

3 . R e i t w e g v o n S a l o n i k n a c h D o i r a n , 12 S t . 2 ) .

A k b u n a r , auf einem Hüge l , mit einem köstlichen Quell. 15 christl. bulg. Häuser. Entfernung von Salonik unbestimmbar, weil die Angaben zwischen 1 und 2 St. schwanken, ebenso Wolewod zwischen 2 und 3 St.; letzteres scheint seitab vom Weg zu liegen3).

Bis Akbunar eben aber stets ansteigend, dann uneben und windungsreich bis zum ebenen Thale des Galliko.

4 l/2 St. von Salonik liegt der S c h e c h - H a n 10 M. östlich vom Galliko; hier trennt sich der Reitweg vom Fahrweg nach D o i r a n .

3 / 4 St. lang begleitet der Reitweg das linke Ufer des Galliko und kreuzt dann den Fluss bei dem Bogen, den der Fluss hier, von Osten kommend und nach Süden schwenkend, be­schreibt4).

Hier mündet ein von Norden kommender Winterbach in den Galliko, der in Ver­bindung mit einigen Quellen das Thal von Ambarkoi je nach der Jahreszeit sumpfig und fieberisch macht.

l / 2 St. nördlich von der Kreuzung A m b a r k o i mit 60 elenden christl. bulg. Häusern. 1 St. K i l k i t s c h , slav. K ü k ü t s c h , 6 St. von Salonik und von Do'iran, Mudirsitz mit 900 Häusern,

wovon 50 muham., 850 christl. bulg., darunter 4—5 wlachisch sind. V/2 St. (1) K u r u - T s c h e s c h m e, am Südhange eines 4 St. langen, reizenden und reichbevölkerten

Thaies, worin % St. (nordöstlich)? 5) das Dorf J a n i s c h mit 100 christl. bulg. Häusern. Ein in den R 9 an bach mündender Bach durchfliesst das Thal.

1 St. H u r sow a mit 50 christl. bulg. Häusern. 1 / 2 St. K i l i n d d r e mit 20 christl. bulg. Häusern. Hier endet das von Nord nach Süd streichende

Thal und beginnt ein von Süd nach Nord streichendes 2 St. 2 Sturrden langes Defild. In diesem fliesst ein Bach, der viele Mühlen treibt, folglich einen

starken Fall hat, und in den See von Do'iran mündet. Von dem noch hochgelegenen Nordende des Defilds hat man eine weite Aussicht über Do'iran und seinen See.

y 2 St. hart an dessen steilem Ufer hin, Do'iran, 12 l/4 St.

!) Der Fahrweg von Salonik nach I s t i b betrüge hienach 32y 2 türk. St. und der Reitweg 31 St. Von Salonik nach W e l e s a (Köprülü) rechnet man 32 St. und zwischen Welesa und Istib 7 St. Hienach lägen beide Städte auf gleicher Breite. Man rechnet gewöhnl ich von Istib nach K u m a n o w a 14 St. und ebenso viel nach Skopia.

2) Zusammenstellung der Angaben der Herrn R. W i l k i n s o n , englischen Consuls in Salonik, S w o r o n o , k. k. Consulatsbeamten in Salonik, und B. N i c o l a i d y , Les Turcs et la Turquie contemporaine II, pag. 97 u. folg.

3) [Barth brauchte 1865 von Saloniki auf ö s t l i c h e r e m Wege 3V 2 St. bis Wolewod, auch berührte er zwischen diesem und Kilkitsch das hier genannte Ambarkoi n i c h t , wodurch obige Vermuthung, dass Wolewod vom Hauptwege abseits liege, gerechtfertigt wird. K i e p e rt-]

4) 2y 2 St. nordöst l ich von Ambarkoi und eben soviel südöstlich von Kilkitsch liegt das Tschiftlik K a r a d s c h a ; bei diesem verbinden sich verschiedene von dem Gebirge K a r a d a g h herabkommende namenlose Bäche, und von hier an wird der ver­einigte Bach G a l l i k o genannt; ein Dorf dieses Namens giebt es nicht. Der Reitweg nach Doiran begleitet also das Thal des Galliko nur 3 / 4 St. lang, und der Fahrweg kreuzt es blos.

5) [Nach Barth's Compassmessung liegt Janisch vielmehr W . 30 N. von Kilkitsch. Kiepert.]

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4 . F a h r w e g v o n S a l o n i k n a c h D o i r a n . 4% St. Sehech-Han.

y 4 St. nordwestlich vom Han kreuzt der Fahrweg den Galliko. 4 St. A wret-Hissar 1 ) . 5 St. Do'iran.

13% St. 5. D e r S a l z s e e A t z i 2 ) Gjöl.

2y2 St. südöstlich von Awret-Hissar und eben soviel südwestlich von Kilkitsch3) liegt der A t z i G j ö l mitten in der Ebene, kaum */4 St. von dem Westufer des Galliko, in welchen der See jedoch nur sein Hoch­wasser führt. Der Umfang dieses Sees ist sehr wechselnd, dürfte aber im Durchschnitt 1 St. nicht übersteigen. Sein Becken ist eine äusserst flache Mulde, welche man bei niederem Wasserstande durchwaten kann, ohne über das Knie nass zu werden.

Die diesem See nächstgelegenen Dörfer sind Gjaz i lar , x / 2 St., und G a k o l (?) Owasi , y 4 St. von des­sen nördlichem Ufer.

Das hier gewonnene Salz ist vollkommenes Naturproduct, indem es einfach durch Verdampfung des Seewassers erzeugt wird, ohne dass es zu dem Ende irgend einer Leitung des Wassers oder sonstiger Nach­hülfe bedürfte.

Man gewinnt hier jährlich zwischen 100.000 bis 400.000 Okka Salz. Dies Salz hat einen bitterlichen Bei­geschmack und färbt sich nach 5 bis 6 Monaten röthlich.

6. Do ' i ran u n d se in S e e .

12 St. von Salonik, streng nördlich davon, höchstens 1 / 2 St. gegen Westen4); 4 oder 4y2 von Gjewgjeli; 4 von Awret-Hissar; 3y2 von Karasuld am Wardar.

Die Stadt hat 600 muham.. 450 christl. bulg. und 15 wlach., 25 jüdische und 25 Zigeuner-Häuser; also ungefähr 5500 Einwohner, und liegt dicht am nordwestlichen Ufer des Sees, unweit seiner Südspitze.

Die Längenaxe des Sees läuft von Südwest nach Nordost. Er ist etwa 2y2 St. lang und V/2 St. breit. Obristlieutenant Zach schätzt seinen Umkreis auf 6 St. Seine grösste Tiefe soll in der Mitte sein und

16 Klafter betragen. Er ist sehr fischreich. An seiner Nordspitze mündet ein Bach, der 2 St. von seiner Mündung auf dem Dowagebirge

(Tschengel) entspringt und zwischen den Dörfern A k a n s e l i und Bros fliesst. A k a n s e l i , an der Nordspitze des Sees, 10 Minuten vom Ufer, mit 80 Häusern, von denen 20 christl.

Es soll 5y> (!) St. östlich von Furka-Han und etwas nördlicher als Dedeli liegen. Nach ungenügenden Angaben scheinen auf der Nordseite des Sees zwischen Do'iran und Akanseli zu

liegen: Popowo, 1 / 2 St, vom Seeufer, mit 80 muham. Häusern, und Schurl jewo, 1 / & St vom Seeufer, mit 100 muham. Häusern, 4l/2 (!) St. von Furka-Han.

A n der Südseite liegt nur das kleine Dorf Po tor ο s, 1 / 2 St. vom Seeufer. Von der Südspitze des Sees fliesst ein Bach in den See R^an; seine Länge wird auf 4 und auf 5 St.

angegeben (s. weiter Dörfer längs des Wardar, letzte Abtheilung).

*) Die Entfernung zwischen Awret-Hissar und Salonik betrüge hienach 8 3

/ 4 St. Andere Angaben sagen 7 St. und wiedere andere nur 6. Obristlieutenant Z a c h giebt 7, schätzt aber mehr und ebenso in Bezug auf die 5 St. zwischen Awret-Hissar und Do'iran.

2) Neugriechische Schreibart des türkischen Wortes adschi „bitter". 3) Leider war die Entfernung von Ambarkoi und Schech-Han nicht zu erlangen. Wenn es richtig, dass der Galliko 3 / 4 St.

nördlich von Schech-Han und y 2 St. südlich von Ambarkoi, von Osten kommend, nach Süden schwenkt, so wäre der Atzi Gjöl in der Nachbarschaft des Flussbogens zu suchen, wenn hier unter Galliko nicht etwa der Winterbach von Ambarkoi gemeint ist.

*) Allgemeine Annahme der Türken von Salonik, bestätigt von Consul Wilkinson (und dutch Η. Bar th ' s Routen von 1865). Auch Hadschi Chalfa, R u m e l i und B o s n a , S. 90, sagt bei Toiran: „Salonik liegt von hier aus südlich." Da nun nach der höch­sten Angabe Doiran 4y 2 St. östlich von Gjewgjeli, dieses aber y 4 St. östlich vom Rinnsal des Wardar liegt, da man von Salonik nach der Wardarbrücke 5 St. rechnet, so ergiebt sich jedenfalls die streng nordsüdliche Gesammt-Richtung des Wardar-Rinnsales zwischen Gjewgjeli und der Mündung. Die Vermuthung spricht sogar dafür, dass eine genaue Vermessung sogar eine leichte Abbeugung von Ost nach West von der nordsüdlichen Richtung herausstellen werde. Die zu grosse Entfer­nung zwischen Strumitza und dem Wardar (Hidowo) auf der altern Barth'schen Karte lässt sich auf diese Weise leicht einrichten.

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Anhang Π. D i e L a n d s c h a f t M o g l e n a 1 ) .

Der Name dieser Landschaft stammt von dem bulgarischen Worte mogla, Nebel; die Eingebornen sprechen ihn Magien aus (2). Ihr türkischer Name ist Karadschowa, d. i. Karadscha-owa, schwärzliche Ebene. Diese Landschaft bildet eine eiförmige Mulde von 6 St. westöstlicher Länge und 4 St. grösster nordsüdlicher Breite. Sie wird von drei Hauptbergketten eingefasst.

Gegen Westen der Nidschd 3 ) , welcher von den Türken Ka' imak-Zolan genannt wird, dessen steiler Gipfel den grössten Theil des Jahres mit Schnee bedeckt ist. Gegen Norden die Kossufkette, welche einer senkrechten Mauer gleicht, und gegen Süden eine andere Kette, die von dem Ka'imak-Zolan ausläuft, und allmälig abfallend sich in die Ebene von Salonik verliert, wo ihr Ende Bosakts c h i - B u r n u genannt wird4).

Moglena hat drei Bäche: Die Be l i tz a, welche im Südwesten der Landschaft entspringt und in der Ebene von Karadschowa zwar

viele Windungen macht, im Ganzen aber von Westen nach Osten bis zu dem Dorfe Slatino läuft. Der Poro'i (alban. perua Thal, pero'i das Thal) entspringt in der Kossufkette und läuft von Nord nach

Süd, bis er sich bei Slatino mit der Belitza verbindet. Der Kot or, der im Osten des Poro'i aus der Kossufkette entspringt und sich gleichfalls bei Slatino mit

den beiden andern verbindet. Die drei Bäche verbunden bilden den Bach Meg l in i t za , der, von Nord nach Süd laufend, sich bei dem

Dorfe L i p o c h o r i , das 3 St. südöstlich von Wodena entfernt ist, mit dem K a r a k a j a verbindet. Die Meglinitza wird jedoch in der Ebene nach dem 2 St. von Wodena gelegenen Dorfe Kalunde'i

(Kulude'i, Karte; Koluden Leake) genannt, unter welchem Namen sie die Strasse von Wodena nach Salonik kreuzt.

Der Boden von Moglena ist der fruchtbarste von ganz Makedonien, und daraus erklärt es sich, dass auf einem so kleinen Räume 54 Dörfer und Weiler existiren können. Das Land ist dort doppelt, ja selbst drei­fach so theuer, als in der ganzen Nachbarschaft, und viele Acker geben drei Ernten im Jahre. Das Klima ist sehr gesund und das Quellwasser, welches aller Wege hervorsprudelt, von seltener Güte.

Betrachtet man die Landschaft von dem Han von L u k a w e t z , so kann man sich keinen schönern Anblick denken. Dorf an Dorf zwischen Bäumen versteckt.

!) Von Herrn N a u m S i d i s aus Wodena. L e a k e , "K i e p e r t und D e l a c o u l o n c h e betrachten diese Landschaft als die alte Almopia.

2) Es giebt weder ein Dorf dieses Namens, noch erinnert man sich, dass jemals ein solches bestanden habe, s. jedoch Schluss­note dieses Abschnittes.

3) Der Name ist im Bulgarischen ein Appellativ und bedeutet „hervorragend"; der türkische Name, Kai'mak Tsolan, heisst wörtl ich „Rahm Kuppe", vermuthlich von seiner Schneedecke. Da Dr. B a r t h von einem Kaimak D e r w e n der Tscherna in diesen Gegenden gehört hat und meine Reise von Belgrad nach Salonik S. 186, Note 4 die Notiz enthäl t , dass die Tscherna 2 St. stromab von S k o t s c h i w i r in ein enges Defile eintrete, welches 4 St. lang sei, so dürfte vermuthlich eine nähere Untersuchung herausstellen , dass dieses Defilo am Nordfusse des Nidsche streicht und dessen Verbindung mit der Babunakette unterbricht.

4) D e l a c o u l o n c h e beginnt seine Beschreibung von M o g l e n a in Archives des Missions scientifiques et litteraires Bd. VIII, S. 1G6, mit folgenden Worten: „Le Moglena forme une rogion ä part: Les ramifications qui unissent le Pa'ik aux moritagnes de Vodona Tisolent completement de la grande plaine de la Sclavitsie et du Roumouiouk" und fährt S. 167 fort: „Ce qui vous frappe le plus dans le .Moglena, c'est la grande chaine de montagnes qui le borne au nord et ä la quelle il doit son nom turc de Karadjova (contree des montagnes noires). Elle sc divise en trois groupes prineipaux: a Tangle ouest le mont Nidcho, moins haut que TOlympe, mais presque toujours couvert de neige comme lui; au milieu le Peternik avec ses formes bizarres; ä Tangle est le Kojova, dont le pic majestueux rappelle celui du Parthenius. — Toutes ces mon­tagnes ne sont autre chose qu'un vaste soutevement d'ardoise et de schiste. Leur couleur d'un bleu sombre et fonco dans les beaux jours, leurs contreforts a aretes saillantes se dotachent comme des muraiUes, leurs sommets aigus, docoupos, dentetes comme une scie, les ouvertures de rocher d'une originalito bizarre par lesquelles s'echappent les torrents, tout contribue ä en rendre Teffct des plus pittoresques."

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Der Boden ist den grö'sstcn Theil des Jahres durch grün; die die Ebene cinschlicssendcn Bergt oifern an Schönheit mit dieser und scheinen die Wächter solcher Anmuth zu sein.

W enn wir von Lukawetz in die Ebene herabsteigen und etwas in derselben vorrücken, so erscheinen im Westen die hohen Gipfel des Kaimak-Zolan, dessen Höhe nicht unter 5000 Fus.< sein dürfte;; An seinem Fusse ist die Ebene enge. Gegen Norden sieht man die Kossufkette, von dem Kaimak-Zolan aus cfwa 4000 Fuss hoch gegen Osten (Nordosten?) laufen und sich über Jenitschd hinaus erstrecken, wo sie i V k genannt wird. Gegen Süden erblickt man eine andere Bergkette, die gleichfalls von dem K a i m a k - Z · τ. ausläuft und sich mit dem Bosaktschi-Burnu in die Ebene verliert. Gegen Osten sieht man nur nif <l< Hügelreihcn in der Nähe von Slatino, und hier schlicsst sich die Karatschowa-Ebcnc an die grosse 1 von Salonik an.

Ausser den Mauerresten auf einem im Norden von Slatino gelegenen Hügel giebt es in der Landsrh-iit keinerlei Altcrthümcr. A n dem Fusse des genannten Hügels fliesst der Koterbach vorbei. Bei dem Dorfe Slatino läuft die Grenzlinie zwischen Ober- und Unter-Karadschowa.

Ausser den obengenannten drei grösseren Bächen hat die Landschaft tausend andere kleine Bäche und ' K ucllen, welche von den Bewohnern eifrig zur Bewässerung ihrer Felder benutzt werden.

Drei verschiedene Bassen bewohnen die Landschaft. Von diesen ist die bulgarische die zahlreich.-.. , sie kann auch als die eingeborene betrachtet werden. Der grösste Theil derselben ist muhammedanisch. Nach ihnen kommen die, aus Asien eingewanderten Juruken, welche in Fatichane und Juruken oder auch Konjaren zerfallen. Die dritte Basse ist die wlachische, von welcher das grösste Dorf der Landschaft Not je 2) bewohnt wird, dessen Bewohner zum Islam übergetreten sind. Die Mundart der bulgarischen Moglcnitcn beider Bekenntnisse hat eine eigenthümliche Aussprache, und die Eingebornen sind stolz auf sie, weil sie dieselben für besonders mannhaft ansehen; sie klingt aber für Fremde so komisch, dass sie keim/J M-v.;icniten hören können, ohne zu lachen. Ich kann die Zeit des Übertrittes dieserWlachen zum Islam nicht genau bestimmen, glaube aber, dass sie nicht älter als 300—350 Jahre sein dürfte, da zu dieser Zeit die Kon­jaren einwanderten. Sie wurden in verschiedenen Gegenden von Makedonien angesiedelt, und in Folge des..-.-., traten die Eingebornen zum Islam über, um sich vor den Einwanderern zu schützen. Die Fatichanen sind älter im Lande als die Konjaren, denn sie bestehen aus den Nachkommen eines Heeres Fatichanen, welches Makedonien eroberte. Sie wurden bis zur türkischen Reform unter Sultan Mac brau d und im Anfam «lor Regierung seines Sohnes Me ds chid von einem besondern Chef regiert. Diese Würde war in einer I erblich, welche Z i r i m Β a s c h i hiess und von dem Feldhcrrn der Eroberer abstammte. Später aber u<.. trugen mächtige Pascha, wie Al i Pascha von Tepelen, die Verwaltung des Bezirkes dem Haidar Jussuf Aga, einem Eingebornen (bulgarischen Mogleniten). Diese Fatichanen hatten besondere Vorrechte und Abgabenfrei­heit und erhielten sich daher unvermischt. Von der Reform an verschmolzen dieselben aber mit den Konjaren, so d.v.ss heut zu Tage durch die Wechselheirathtn kein Unterschied mehr zwischen beiden Stämmen be ht. Oie Konjaren betrachten sich als die Eingebornen und vermehrten sich wie die Kräuter auf dem Felde, r

i. c; von ihnen hat bulgarisch gelernt, ein acht asiatischer Charakterzug. Die muhammedanischen Wlachen, welche nur den Ort Notje bewohnen, und die christlich wlachis

>)i>>icv von Moglena sprechen eine sowohl in Aussprache als Wörtern von der Sprache der übrigen make - -η. sehc.i Wlachen sehr abweichende Mundart, welche mehr Ähnlichkeit mit der nördlich von der Donau ges)

*) Beiläufige Schätzung nach äer Höhe des Perieteri bei Monastir, der 6000 Fuss hoch ist (Sidi). 2) Die Eingebornen benennen das Dorf genau, wie der Zuruf lautet, mit welchem die Laetthiere auf dem grössten Theile der Halb­

insel (auch auf den griechischen Inseln) angetrieben werden, und welcher Ndö und fast noch öfter Nda lautet. Der Name reicht übrigens bis in die Zeiten des bulgarischen Reiches, denn Cedrenus pag. 461 ed. Bonn, erzählt

Kaiser Basilios Bulgaroktonos wenige Jahre Τ Ο Γ der gänzlichen Eroberung des bulgarischen Reiches einen Streifzug na< Landschaft Moglena unternommen habe, auf dem er die Stadt Moglena belagerte und sie dadurch eroberte, dass er d. ihren Mauern hinfliessenden Flues abdämmte und die Mauern untergrub und, was daran von Holz war, anzündete, woran die Stadt ergab. Hier wurden Domitianus, cler Sohn des Kaukanos, ein mächtiger Mann und Vertrauter des Bulgarenkünig* Gabriel Eliteee, und Herr von Moglena und viele andere Grossen gefangen. Der Kaiser sehlokte die gefangene Besatzung nach Asprakania, gab die übrige Bevölkerung seinen Soldaten Preis und Hess das Cattail der Stadt verbrennen. Aueh wurde ein anderes Castell genommen, das E n o t i a hiess und in der Nähe von Moglena lag.

Denkschriften der philoa.-hlirtor. Ol. XVI. Bd. Abband!, TOB Nichtmlgl ledern. k

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chencn Mundart hat. Diese treiben vorzugsweise das Töpferhandwerk') und sind weit über die Grenze vr.n Makedonien ausgebreitet.

Der Ubertritt der Notjancr zum Islam soll vor 150 Jahren erfolgt sein, und zwar auf Anläse des Krz-bischofs selbst, der damals dort residirtc und zugleich mit seiner Heerde übertrat. Sie sind nun die fanatische­sten Muhammedaner der ganzen Landschaft.

Die christlichen Dörfer liegen sämmtlich in den Gebirgen oder an deren Fusse. Die ganze Fbe.no befindet sich in dem Besitze der Muhammedaner.

Die Juruks sitzen meistens im Mittelpunkte der Ebene, vielleicht wurden sie dort in der Absicht ange­siedelt, um die Landschaft zu überwachen.

Vor 20, ja vor 15 Jahren war Moglena für Fremde noch vollkommen unzugänglich und stand, obgleich es Recruten für das grossherrliche Heer stellte, fast in demselben Rufe wie die beiden Diwra.

Alle Ubelthäter, sowohl einheimische als fremde, welche die Umgegend unsicher machten und ihr Unwesen auf den Hccrstrasscn von Salonik trieben, fanden in dieser Landschaft einen sichern Schlupfwinkel, und daher waren die Zugänge von Salonik für die Reisenden gefährlich. Aber von dem Krimkriege an änderte sich der Charakter der Moglener, besonders durch das strenge Regiment Hussni Pascha* s, und gegen­wärtig ist Moglcna ebenso zugänglich, wie alle andern Theile von Makedonien.

Die Landschaft zerfallt in zwei Bezirke (Kasd), deren westlicher Ober- oder Wodcna-Karadschowasi, der östliche Unter- oder Jenidschd-Karadschowasi heisst. Der erstere wurde vor vier Jahren zu dem Mudirlik von Wodena geschlagen, während er früher einen eigenen Mudir hatte, der in Subosko seinen Sitz hatte. Untcr-Karadschowa hat dagegen seine besondere Verwaltung behalten, deren Sitz Fustani ist.

Unter den Erzeugnissen der beiden Bezirke von Moglena nimmt der rothe Pfeifer (Paprika) die erste Stelle ein, denn dieses so beliebte Gewürze wird nur hier zur Ausfuhr gebaut. Im vorigen Jahre ging ein grosser Theil über Serbien nach Ungarn. Moglena versorgt jedoch auch die ganze Halbinsel fast ausschliess­lich mit diesem Gewürze, und es werden auch bedeutende Massen nach Frankreich und Ägypten geschi kt. Dieser Artikel kommt jedoch niemals rein in den Handel; sondern wird durch den Zusatz von 2 / 8 Erbsenmehl und rother Erde verfälscht. Nach den Aufzeichnungen der Zehentpächter erzeugte im verflossenen Jahre (1863) Ober-Karadschowa 185.000 Okka2), Unter-Karadschowa 80.000 Okka Pfeffer.

Das zweite Ilaupterzeugniss bilden die Seidencocons, deren Ernte jedoch im vorigen Jahre spärl» als in andern Jahren ausfiel, da sich nun auch in Makedonien die Würmerkrankheit zeigt, von welcher es üia dahin verschont geblieben war. Im Jahre 1863 aber erzeugte Ober-Karadschowa 38.000 Okka Cocons und der untere Bezirk 50.000 Okka.

Die den Verbrauch der Landschaft übersteigenden Körnerfrüchte kommen auf den Märkten von Jenidschd und Wodena zum Verkaufe.

Im Allgemeinen aber sind alle Feldfrüchte von Moglena von besserer Gattung, als die aller seiner Nachbarstriche.

Das untenfolgende Verzeichniss der Dörfer und Bevölkerung von Jenidschd-Karadschowasi ist ein« Protokoll (Masbatä) des Bezirksrathes (Medschlis) von Fustani entnommen, welches auf Befehl des Pascha \ Salonik am l.März 1859 aufgenommen wurde. Doch wurde, nach der in der Türkei herkömmlichen Zählung-weise, nur die männliche Bevölkerung vom 12. Lebensjahre an in diese Zählung einbegriffen.

Das Verzeichniss von Wodena-Karadschowasi trägt die Jahreszahl der Hedschra 1262.

W e g v o n W o d e n a n a c h K a w a d a r . *

Wodena ist von Kawadar über Sborsko'17 St., über Notje und Bodle 20 St. und über Notje und Petrowo 23% St.

I. W e g ü b e r S b o r e k o .

Etwa 500 Schritt westlich von Wodena verläset der Weg die grosse Strasse von Wodena nach Mopasi.; längs des Karakaja-su und wendet sich nördlich l / 2 St. uneben.

x) Auch in P r i s r e n d trafen wir wlachische Töpfer. 2) 1 Okka =. 2 Pfd. 9 Lth. bayrisch.

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\

7,, iSt. Ersteigen des Höhenzuges, welcher die östliche Fortsetzung des Gebirgsstockes des Kaimr.k-Tsolan (Nidschc) bildet, und östlich vonWodenamit dem Bosadschi -Burnu genannten Hügel in dessen Ebene abfallt.

Auf dem Kamme Wachthaus bei dem Dorfe Lukawetz mit etwa 30 christl. Häusern. y 2 St. Hinabsteigen dieses Rückens bis zu dem ersten Dorfe des Districtes Karadschowa (Moglena)

Drakomanzi mit 100 muham. und 15 christl. Häusern; wo die Ebene beginnt, Kreuzung des Baches Be l it ζ a. % St. K o s t u r i a n i , 100 muham. und 30 christl. Häuser. 1 St. Subotzko, 129 muham. und 6 christl. Häuser, hat einen Wochenbazar und war bis vor vier

Jahren Sitz des Mudir von Ober-Karadschowa. Die Ebene dieses Weges ist 2 St. breit, sie beginnt bei Drakomanzi . 1 St. die Blatetzkette (östliche Fortsetzung des Gornitschewo 1 ) bergauf nach Sborsko, etwa

70 christl. Häuser mit einem Wachthause auf dem Südhange, 7 St. vonWodena. 4 St. GebirgswegMre8izko 2), 30 christl. Häuser, zu dem Kreise von Prilip gehörig. 1 St. Ersteigung der Hochebene Witaz . 2 St. bergab. 4 St. Kawadar .

Ϊ5ΫΓ II. Weg ü b e r Not je und den B e r g Bo i i l e .

4 St. von Wodena bis Subotzko. Kreuzung des Baches Pordi 8 ) . 1 St. Sowerni . Kreuzung des Kotorbaches. 2 St. Fustani . Der Weg läuft von Subotzko an in der Ebene in nördlicher Richtung mit östlicher

Abbeugung. 1 St. bergig. 1 St. eben. Notje, das einzige wlach. muham. Dorf des Bezirkes mit 500 muham. Häusern. Von Notje wendet sich der Weg mehr östlich (?) und nach 4 St. Bergweg Bou le mit 50 muham. und

30 christl. Häusern. Das Gebirge von Boule bildet die Grenze zwischen den Districten von Karadschowa und Tikwcsch4).

3 St. bergab Boschowo. 1 St. gleichnamiger Bach. 4 St. Kawadar . 8

13 21 St.

II{. Weg ü b e r P e t r o w o .

9 St. von Wodena nach Notje. 1 St. B i r i s l a f z e , christl. wlach. 1 St. K d i n s k o , christl. wlach. Grenzdorf zwischen Moglena und Gjewgjeli. 2 St. Petrowo, mit 60 christl. Häusern, gehört zu Gjewgjeli, ebener Weg; von Notje bis Petrowo 4 St.

lang, von Petrowo nur das christl. Dorf D r e n mit 30 Häusern, welches zu Tikwesch gehört. 2 St. B i r i s c h l o w o , 120 muham. Häuser, von da an Ebene. 2 St. N e g o d i n mit 200 gem. Häusern, Stadtuhr, Bazar mit 100 Buden, Dschami und Kirche. Mareni 6 ) mit 40 muham. Häusern. 2% St. Kawadar.

η Die Kreuzung der Hauptkette dauert nur 4 S t [Die Karte dee Verfassers gibt von Subosko — oben Subotzko geschrieben — etwa y 2 St. Distanz nach G a b r i a f i i , y 2 St. weiter R a n i s l a w z i , V , St. S e w e r n i , ^ - 2 S t Sborsko, so dass im Text eine Auslassung stattgefunden haben muss, ohne welche auch die Summe von 7 S t von Wodena nicht herauskömmt. Kiepert.]

2) Wohl dasselbe, welches oben Abschnitt X X X M r e s c h k o heisst 8 ) Perua alban. Thal, peroi, das Thai. «) Boule und Witaz sind Einzelnamen des Ostzweiges des Gornitechewo, welcher nördlich dee Jenidsch*-Wardar den Gesammt-

naraen Pa'ik, nördlich τ ο η Wodena aber den Gesammtnamen Kossuf trägt. _

*) Dass der Weg von Notje nach Kawadar über Marena gehen soll, steht mit allen andern Angaben über dieses Dorf im Wider-

Spruche. k*

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Anhang III, Über den Quollsumpf des Karaknjaflusscs.

Von Wodena führt der Weg nach Monastir längs des Karakaja-su in ebenem Thale l / 2 St. gegen Westen stromaufwärts und kommt, zu dem I >orf W 1 a d ο wo, wo die schönen Wasserfälle des Karakaja-su sind

Westlich von Wladowo dehnt sieh eine 2 St. lange, an einigen Stellen J ' / a St, breite Ebene aus. Von dem Dorfe führt die Ilauptstrassc nach Ostrowo nicht an einem See, sondern an einem im Süden, dieser Ebene gelegenen Sumpf vorbei, der ihr zur Kerbten bleibt.

Bei Wladowo zweigt sich ein Weg gegen Norden nach dem Weiler Nis ia ab, welches jenen Sumpf zu seiner Linken (Westen) hat.

Der Fluss, welcher diesen Sumpf bildet, entspringt auf den Wladowo westlich gegenüberliegenden Bergen, wo er keinen freien Abzug hat.

T e c h ο wo liegt im Norden von Nisia und seinem Sumpfe und wird von denselben durch einen Berg­zug getrennt, zu dessen Kreuzung man 1 / 2 St. steigt und x / 2 St. herabsteigt1).

Der Sumpf wird daher nach dem Weiler Nisia genannt, der 28 Häuser und 315 Einwohner hat. Der Weg von Wodena nach Notje und Kawadar läuft nicht längs dickes Rumpfes, sondern (rennt sich

schon 510 Schritt westlich von Wodena von der Ilauptstrassc. Die Quelle des Karakaja liegt genau 3 St. von Wodena; 1 St. bis Wladowo; i y a S t . bis Nisia; St.

bis zur Quelle. Dieses sumpfige Thal ist in seinem obern Theilo um die Flussquelle 1 ! / 2 St. breit und verengt eich

gegen Wladowo so, dass es bei diesem Dorfe kaum 1 / 4 St. breit ist.

Anhang IV.

Bemerkungen über die geographischen Ortsbestimmungen,

von

.1. F. Julius SCHMIDT, Director der Sternwarte zu Athon.

Während der Reiso im Herbste 1863 wurden die astronomischen und die hypsometrischen Beobach­tungen dem Herrn Hermann v. Spaun, LinicnschifFs-Lieufenant der k. k. österreichischen Marine, nnvertraut» nachdem die nöthigen Instrumente von Seiten der Regierung gestellt, in Triest in Empfang* genommen waren* Auf den Wunsch des Herrn Consuls Dr. v. Hahn war ich gerne bereit, die erforderliehen Instructionen für den astronomisch-geographischen Theil der Unternehmung aufzusetzen, und es trnf sieh günstig, dass ich, da-, mals in Wien, später in Triest mich aufhaltend, zweimal mit Herrn v. Spaun über alles Nöthigc und Nützliche persönlich verhandeln konnte. Ohne mich hier bei den Einzclnhcitcn aufzuhalten, die dem reisenden Astrono­men oder Geographen sehr bekannt sind, ohne alle Vorschläge zu berühren, die namentlich in Rücksicht auf die Bestimmung der Längen gemacht wurden, genügt es, hier dnran zu erinnern, dnss auf Reisen in ganz uncultivirtcn Ländern die meisten und oft wichtigsten Absichten, die Schärfe und Sicherheit astronomischer Bestimmungen betreffend, gar nicht oder nur in seltenen Fällen durchgeführt werden können, und dass gegenüber den grossen Schwierigkeiten, die sich in orientalischen Ländern überall dem reisenden Europäer entgegenstellen, solche dann am meisten fühlbar werden, wenn es sich eben um astronomische Beobachtungen handelt, sowie um feine Behandlung der Instrumente, um Bergung und um sichern Transport derselben. Ich selbst habe mich davon wenigstens in Griechenland öfter überzeugen können, und dass solche Schwierigkeiten

( 1) Als Verbesserung der Kiepertschen Karte, welche Techowo an jenen Sumpf verlegt und ihn nach diesem Dorfe nennt

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Heise durch die Gebiete des Drin und Wardar. 77

in türkisch-albancsischen Ländern nicht geringer sein werden, ist auch ohne mein Erinnern dem Kundigen einleuchtend.

Von allen meinen Vorschlägen, vorzugsweise die Ermittlung der Längen betreffend, die Behandlung der Chronometer, die Wiederholung der Zeitbestimmung an Orten, wo länger verweilt wurde, zumal dann, wenn etwa den Uhren ein Unfall zustiess; die Untersuchung des täglichen Ganges der Uhren vor und nach der Reise, sowie wenigstens einmal in der Mitte der Reise; — alles dies und anderes mehr hat dem grössten Theile nach nicht ausgeführt werden können, so dass meinem Urtheile nach nur die Breiten, sowie andererseits die hypsometrischen Resultate wirklichen Werth haben. Die Längenbestimmungen habe ich dem folgenden Tableau zwar beigefügt, bemerke aber ausdrücklich, dass ich sie alio für beträchtlich unsicher halte, und dass nur etwa Fierze, Prisrend, Prilip, Küprüli und Dcmir-Kapu in soweit als genähert angesehen werden dürfen, dass sie älteren Angaben an die Seite gestellt werden mögen. Antivari, Scutari und Saloniki, alle drei durch ein Sternchen bezeichnet, habe ich nach neueren Bestimmungen gewählt, wie ich solche theils den Angaben des Herrn Baron Spaun, theils den englischen Seekarten entnahm. Beide Uhren zeigten auf der Reise in ihrem Gange grosse Sprünge; am 12. September stürzte der Chronometer Deut mit dem Pferde und machte dabei einen Sprung von 5 Minuten. In Ochrida ward der Taschenchronometer aufzuziehen vergessen. Da nun Wiederholungen der Zeitbestimmungen am selben Orte fehlen, namentlich dort, wo die Uhren zum Stillstände kamen, und der unregelmässige Gang der Uhren keinen Schluss gestattet, so habe ich für besser gehalten, alle diesmaligen Längenbestimmungen als unzuverlässig zu erklären, anstatt durch Verschweigung dieser Ansicht alte Unsicherheiten und Zweifel durch neue zu vermehren.

Dagegen darf man die Breiten für recht sicher halten und annehmen, dass die Fehler eher unter als über 5 Bogcnsccundcn sein werden, d. h. nicht grösser, als der Durchmesser kleiner Ortschaften beträgt. Die wirk­liche Mittagshöhe der Sonne ergab bis auf wenige Secunden stets dasselbe, was aus den Circummeridianhöhen berechnet ward. Besonders muss bemerkt werden, dass bei jeder Beobachtung, oft vorher und nachher, der Indexfehlcr neu bestimmt ward, so dass von dieser Seite merkliche Fehler nicht zu befürchten sind. Viel schwieriger war es, wegen des Windes, und namentlich,wegen der häufigen localen Störungen durch Men­schen und Thierc, ein ruhiges Bild im künstlichen Horizonte zu erhalten/Auch die theilweise Durchsicht und Nachrechnung des Manuscriptes des Herrn v* Spaun zeigt nur zweimal kleine Fehler von wenigen Secunden, und nur einmal solchen (Schreib-)Fehler von einem Grade, der, weil leicht erkennbar, nicht nachtheilig werden konnte.

Ich habe sonach dem Herrn Consul rathen müssen, bei dem Entwürfe seiner Karte den Breiten unbedingten Werth zuzuschreiben, bei den Längen aber sich im Allgemeinen nach den altern Angaben zu richten, und nach den Angaben seines eigenen Itinerars, nach Richtungen und türkischen Reitstunden, annähernd das Richtige zu finden. Diet ingen im Verzeichnisse sind einmal in Zeit, dann in Bogen, auf den Meridian von Greenwich bezogen. Um sie auf Paris zu reduciren, sind dieselben in Zeit um 9 Min. 21 See, in Bogen um 2° 20' 14" zu verkleinern. Will man aber von Ferro die Längen zählen, und zwar ausgedrückt in Bogcn-theilen, so hat man die auf Paris bezogenen um 20° 0' 0", die für Greenwich geltenden aber um 17° 39' 46' zu vergrössern.

A t h e n Mai 22. 18G5.

O r t s b e s t i m m u n g e n .

N»me dee Ortes N ö r d l - B r e l t e

1. Meligne — 2. Antivari , österr. Consulat — 3. Skutari „ „ ,.' . 42° 3'54w

4. Komana, Stromschnelle . „ 42 3 44 6. Rechtes Drin-Ufer, Berisce gegenüber 42 8 56 6. Skala Pep Maxut am Drin-Ufer unter Toplana 42 11 32 7. Fierse, Kirche 42 15 50 8. Sakat C h a n 42 7 26 9. Prisrend, Haus des kathol. ErzbiscLofs . . . . 42 12 29

10. K u l a an der Mündung der Luma in den Drin-fluss 42 6 40

11. Dibra, Haus des Ilias Aga 41 31 26

Paris

18033·Τδβ' 16β13'-· 1 16 30* 19 7 30* 16 47 15 1 17 41* 19 25 15* 17 δ -

1 19 43 19 55 45 17 35 SO

1 22 5 20 31 15 18 11 —

1 20 58 20 14 80 17 54 16 1 21 8 20 17 0 17 56 45

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78 /. G. v. Hahn

Länge Ost τοη Greenwich Nftmo des Ortes Nö rdl. Breite In Zelt in Bogen Paris

12. Ochrida, Haus des Erzbischofs (Metropolit) . . 41' 9 6 '56 β l h 22 e •14' 2 0 ° 3 3 ' 3 0 · 18' *13 13. Bogradetz am See-Ufer . . . 64 35 1 21 47 20 26 45 18 6 30 14. Sweti Naum, Kloster am See-Ufer . . . . 64 44 1 23 35 20 53 46 18 33 30

5 28 1 25 0 21 15 0 18 54 45 16. Monastir (Bitolia), Haus des Th. Michalaki . 41 1 39 1 26 3 21 30 45 19 10 30 17. Pril ip, Haus des Michael Kalogra 20 30 1 26 67 21 44 15 19 24 0

42 30 1 28 15 22 3 46 19 43 30 19. Demir-Kapu, Engpaes am Wardar-Ufer. . . . 41 24 64 1 30 20 22 35 0 20 14 45 20. Saloniki, Haus des Georg Warda — 1 81 6 0 · 22 67 30* 20 37 15

Anhang V.

Berechnung der l ö h e n m e a s u n g e n τοη

J. F. Julias SCHIIDT, Director der Sternwarte zu Athen.

In ähnlicher Weise, wio ich früher die Messungen der Reise von 1858 berechnet habe, ward auch diesmal das von dem Herrn v. Spaun gesammelte Material einer sorgfaltigen Prüfung unterworfen. Gelang es auch nicht, aus allen Mossungen Resultate zu gewinnen, so war doch das Meiste geeignet, Werthe finden zu lassen, die man selbst unter viel günstigeren Umständen als brauchbar anerkennen würde. Um ein Urtheil über die relative Sicherheit der Höhenbestimmungen zu begründen, habe ich zunächst Einzelnheiten zu berühren, welche dio Instrumente und den allgemeinen Beobachtungsplan betreffen. Ich werde sodann die mehrfach beobachteten Stationen gesondert betrachten, und schliesslich das Verzeichniss definitiver See­höhen mittheilen.

a . D i e I n s t r u m e n t e .

Es wurden zwei Reisebarometer mitgenommen; der erste, dem Herrn Dr. v. Hahn gehörig, ward schon 1858 benützt, und es ward wie früher für ihn die allgemeine Correction — 0*03 angewandt. Den andern erhielt man vom Marineministerium inTriestund setzte seine Correction auf 4-1*62. Als im December 1863 die Reisen­den nach Athen zurückkehrten, fand sich der erstcre Barometer zerbrochen; der andere schöpfte Luft im Momente, als ich ihn mit meinem Barometer vergleichen wollte. Da indessen auf der Reise genug gleich­zeitige Ablesungen beider Instrumente gemacht wurden, so konnte auch die Correction des zweiten (Triester)' Barometers, der die Bunten'sche Einrichtung hat, mit Sicherheit bestimmt werden. Diese Correction habe ich folgendermaesen angenommen, wobei die Argumente die Pariser Linien der Skale sind:

Bei 280 Lin Corr. — - 1*38 ~ η 290 „ . . . η τ - 1-38 . 300 „ „ - 1-24 η 310 „ ' η - 0-99 η 320 „ η - 0-68 η 330 „ . . - 0-34 „ 340 „ . η + 0-07 ,

Zwei Rdaumur'sche Tbermometer habe ich ebenfalls in Athen genau untersucht und folgende Correc-tionen ermittelt:

Nr. 8. Kr. 10.

Bei 4 0 ° . . . C o r r . ^ - ^ i f " - 0 ?80 / „ 35 : . f> - 0-86 - 0 - 6 6

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Es bedarf kaum der Erwähnung, dass alle Ablesungen wegen der Wärme und hinsichtlich des zweiten Barometers wegen der Instrumcntalcorrcction verbessert wurden. Bei den Lufttemperaturen genügte eine ungefähre Berücksichtigung der Correction der Thermometer, während ich die Wassertemperaturen scharf reducirte.

b . D i e l l c i s c b e o b a c h t u n g e n .

Es ist sehr bekannt, dass Barometerbeobachtungen zu ausgezeichnet guten Resultaten führen, wenn sie einmal von den Umständen begünstigt werden, und dann, wenn der Beobachter durch lange Erfahrung mit der Sache vollkm-mm vertraut ist. Die erste Bedingung wird bei grössern Reisen im Oriente wenig oder gar nicht zu erfüllen sein, die zweite schon leichter, und es war diesmal ein glücklicher Umstand, dass der Marineofficier Herr v. Spaun in der astronomischen und meteorologischen Praxis gut geübt war. Da aber die Sicherheit der Ablesungen an und für sich noch nicht die Güte der Resultate bedingt, sondern auf Reisen noch manches andero von Belang berücksichtigt werden muss, so habe ich, damals in Wien, im Sommer 1863 mit Herrn v. Spaun den Beobachtungsplan besprochen, und mit ihm später zu Triest eine Barometer­messung ohne correspondirende Ablesung ausgeführt, um darzuthun, wie man durch zweckmässigen Anschluss an die See oder an eine bekannte Station zum sichern Ziele gelange. Mein Vorschlag ging dahin, auf der ganzen Reise immer darnach zu trachten, dass zwei benachbarte Stationen gut miteinander verbunden werden können, dass zwischen solchen Stationen möglichst wenig Zeit verflicsse, um selbst dann noch Nähcrungs-werthe zu finden, wenn der Anschluss an sehr entfernte correspondirende Beobachtungen zu unwahrschein­lichen oder unmöglichen Werthen führen sollte. So viel als thunlich ist dieser Plan wohl befolgt worden; allein Abweichungen von dieser Regel sind auf grossen und beschwerlichen Reisen nicht zu vermeiden, und so sehen wir denn, dass auch diesmal ein Theil der Messungen sich nicht weiter benützen lässt, da sich stark negative Seehöhen in Gegenden ergeben, wo der Lauf der Flüsse und andere Umstände deutlich das Gegenthcil verrathen. ^

c . D i e c o r r e s p o n d i r e n d e n B e o b a c h t u n g e n .

Unter den speciell durch Herrn Dr. v. Hahn veranlassten mehrfachen täglichen Ablesungen des Baro­meters und Thermometers habe ich allein die von Punta dOstro bei Cattarö benutzen können. Andere musste ich übergehen, weil nur ganze Linien und ganze Grade angegeben waren. Punta dOstro liegt 27*00 Toiscn über dem Meere in 37° Ost von Ferro und 42° 25' nördlicher Breite. Hier beobachteten die Seecadctten Krumholz und v. Scultety, ersterer von 1863 August 19. bis September 25., letzterer von September 25. bis December 8. Die Ablesungen, nur selten wegen dienstlicher Verhinderungen unterbrochen, scheinen durch­gängig recht genau; nur zeigt sich öfter, dass die Beobachter dann irrig aufschrieben, wenn das Quecksilber bei 28" 0"' stand, wo sie bei dem Übergänge von einem Zolle zum andern sich nicht erinnerten, dass sie Duodecimal- statt Decimaltheilung vor sich hatten. In den meisten Fällen habe ich diese Fehler bei dem Entwürfe der täglichen Curven verbessern können.

Während der Reise wurden nun auch zu Athen die regelmässigen meteorologischen Beobachtungen fortgeführt, bis Mitte August von Mistriotis, bis Anfang October von Galanopulos, in 45*64 Toisen Seehöhe, dann von Dr. D. Kokides in 43-85 Toisen Sechöhe. Die Athener genau reducirten Ablesungen habe ich meistens erst dann benutzt, als die Entfernung der Reisenden von Athen kleiner würde als die von Punta dOstro. Es beträgt aber die Entfernung

von Punta dOstro — Athen = 90 geogr. Meilen (1° =» 1δ Meilen), „ „ „ — Monastir = 37 „ » „ η η — Ochrida = 31 „ „ „ Athen — Monastir = ob „ » „ „ — Ochrida = 60 „ „

Hieraus ersieht man, dass die Entfernungen der correspondirenden Stationen doch schon zu gross ^ waren, um für die meisten Fälle sehr gute Resultate erwarten zu lassen. Dennoch wird man aus dem Fol­

genden ersehen, dass die berechneten Höhen Zutrauen verdienen.

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d . B e r e c h n u n g de r B e o b a c h t u n g e n .

Es wurden auch diesmal die Carlinischcn Tafeln benützt, und überall die Luftwärme genau berück­sichtigt, alle kleinern Corrcctionen aber, als hier ganz überflüssig, übergangen, und nur bei einigen der grössern Berghöhen habe ich nach Bcsscls Vorschrift den Einfluss der Feuchtigkeit ermittelt. Dabei setzte ich, in Rücksicht auf Gegend und Jahreszeit, den mittleren Grad der Feuchtigkeit (Bessels et) = % oder = 50 Percent, eine Zahl, die für das mittlere und nördliche Europa fast niemals angewandt werden dürfte; dort hat man, wenn directe Angaben fehlen, α =» 0*65 bis 0*80 anzunehmen.

e. S i c h e r h e i t d e r R e s u l t a t e ( S e c h ö h c n in T o i s e n ) .

Wo an einem Orte wiederholt die Instrumente abgelesen wurden, lässt sich wenigstens beiläufig ein Urthcil über die Genauigkeit der Werthe gewinnen. Ich verfahre ähnlich wie bei den Messungen von 1858, und nenne den Anschluss an Punta dOstro = O, den Anschluss an Athen dagegen A . Auch andere Bemer­kungen über die Höhen mögen hier Platz finden.

1. Pfarrhaue τ ο η Fierse. September 10. und 11 Ο = 139!05 15465 154 01 153 02 142-00

Mittel = 148-62 2. Berg Piawre. September 11 Ο = 539!40 A = 639!65 (1 Barometer).

Mittel = 539-53 Corr. wegen α = + 3!00 3. Berg Kuini-Si . September 11 Ο = 640Ü0 A = 637130 (2 Barometer).

Mittel == 638-70 Corr. wegen α = -f 3!96 4. Berg L ivad i Sulovet. September 11 Ο =J 690176 Α = 692!53 (1 Barometer).

Mittel = 691*65 Corr. wegen α = + δ ! 0 3 δ . Berg K r o n i Skiaut, September 11 Ο = 68Ü27 Α = 68δ!δ5 (1 Barometer).

Mittel = 683-41 Corr. wegen α = -f 4?57 6. Berg Kunore Dardese. September 12 Ο = 789J84 A = 792Ü5 (1 Barometer).

' Mittel = 791-00 Corr. wegen « » + 3!3Ä 7. Prisrend. September 14 Ο = 214143

η 14 ι 203-00 „ 16 · 209-62 „ 16 194-47 „ .17 210,37

Mittel = 206.38 8. Ochrida. 13. Ο = 366174 (6 Tage) 8. Α = 872Ϊ74 (5 Tage).

Gewicht = 4. Gewicht » 1. Mittel β 367Ϊ94

9. Monastir (Bitolia). October 14 Ο · = 306192 A „ • — 298-10 3121851) n — 306-17 320-08

„ — 321-21 321.94 „ 15 316-80 309-71 n - 316-24 — „ 16 325-96 310-85 υ — 333.92 314.30 „ — 337-09 317*14

n 336-13 — „ 19 299-78 293-32

11. Ο = 31803 8. A = 31262 Gewicht = 4. Gewicht = 2.

Mittel = 316-20

J) Im Jahre 1858 fand ich den kleinsten Werth = 267-3 Toieen, den grössten Werth = 316-5 Toieen. Dieser letetere aus dem Anschlüsse an Athen, der diesmal 312-5 ergeben hat. Ich halte die Resultate von 1863 für genauer, weise aber nicht, ob 1858 und 1862 jedesmal in demselben Hause beobachtet ward.

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10. Pri l ip. Ootober 19 Ο = 318100 A « 3 2 3 Ü 0 η 20 312-03 328-38 η 21 313 65 322 36

3. Ο = 314-56 3. Α = 324 61 Mittel SÄ 319*68

Im Jahre 1858 fand ich für diese Station folgende Werthe: 293!l Anschluss an Triest. 338-0 „ „ Athen. 2910 „ n Kronstadt.

Mittel = 307-33

f. I l ö h e n v e r z e i c h n i s s .

Im Folgenden gebe ich, nahezu chronologisch geordnet, und dem Zuge der Reise folgend, die Mittel-vrcrthe der Endresultate, d. h. Seehöben, ausgedrückt in Toisen und Pariser Fuss, indem bei grösseren Höhen noch die vom Einflüsse der Feuchtigkeit abhängende Correction angebracht wird. Ebenso ist die Zahl der einzelnen Ablesungen und die Zahl der Beobachtungstage beigefügt.

Name des Ortes Seehöhe in

Toisen Par. Fuss

Nr. 1. Antivari, österr. Consulat 2. Chan Kodrokol 3. Skutari, Hotel Torchio, im 1. Stocke 4. Drin-Ufer bei Juban 5. Drinflues 6. Ufer bei Vaudenz 7. Fuss des Festungeberges Daina 8. Ufer bei Vierda 9. Drin-Ufer bei Maltsch

10. „ „ Karma . . 11. Komana, Pfarrhaus 12. „ Stromschnelle 13. Ufer bei dem Hause τοη Pep Maxut < 14. Haus des Pep Maxut 16. Ufer 1 / 2 Stunde vor Duschmani, Mündung der Strasse 16. Skala Pep Wukese, unter Toplana 17. Merturi, Kirche (fast die Hälfte der Höhe des Berges τ ο η Merturi) 312*6 18. Fierse, Pfarrhaus 1 4 8 ' 8

19- Berg Piavre bei Fierse. Beginn der Buchen s 542*5 20. Berg Kuin-i-si. Beginn des Nadelholzes 642-7 21. Berg Livadi Sutovet; Heidelbeeren 6 9 6 8

22. Kroni Skiaut (Quelle des Sklaven) 6 8 8 ' 3

23. Berg Kunore dardese, 50' unter dem Gipfel, Krüppelholz 7 9 4 3

24. Dessen Gipfel (der vorige Werth um 8!33 yergrössert) 8 0 2 * 6

Kroni Butschbasi. Gemischter "Wald, Beginn der Eichen 6 0 4 ' 8

Cham Sakatit 3 1 3 6

Drin, bei der Mündung der Goska · 111*6 Prisrend, Haus des Erzbischofs, 1. Stock 206*9 Berg Γ 0 0 4 3

800 13*4 6*9 1*8 03 0 ? 0*9

I M 16*7 29*2 38*7 26-5 34-5 39*6 55.5 61-8

25. 26. 27. 28. 29. 30. Kula der Luma 1 2 7 9

31. Mündung der Luma in den Drin. Ufer 116*3 32. Bizai, Moschee 219*5 33. Brücke bei der Mündung der Tschaja in die Puschteritza • 290*1 34. Radomir, untere Häuser 4 6 2 0

35. Slatein 6 7 1 8

36. Breechdan, Landgut unweit des schwarzen Drin 266*0 37. Dibbr, Haue des Ilias Aga 3 8 6 * 8

38. Schwarzer Drin bei Dopowjani-Chan 3480 39. Ochrida, Wohnhaus 3 6 8 ' 7

40. n Seespiegel

Denkschriften der philos.-hlstor. CI. XVI. Bd. Abhandl. von Nlchtmltglledern.

366*1

480 80 41 11

2

5 67

100 175 232 159 207 238 333 371

1.875 893

3.255 3.856 4.181 4.130 4.766 4.815 3.029 1.882

670 1.241 3.026

767 698

1.317 1.741 2.772 3.431 1.530 2.321 2.088 2.212 2.131

Zahl der

Beob. Tage

l 26

1 geschätz

l 1 1 1 1 2 1 2 1 1 1 2 5 2 2 1 1 1

geschätz 1 2 1 5 1 1 1 1 1 1 1 1 2 1

13 5

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Scehöhe In Zahl der Name des Ortes Toisen Par. Fufli Beob. Τβ^θ

η 2.182 2 1

η 4.822 1 1

η 2.733 4 2

η 1.902 11 δ

η 1.7G0 1 1

η 1.927 3 3

η 3.492 1 1

η 1.961 1 1

η 1.048 1 1

η 919 4 1

η 592 3 l

η . . . . 901 541 1 1

ft 725 1 1

η . . . . 905 579 1 1

η . . . . 84-0 504 1 1

η . . . 712 427 1 1

η . . . 645 387 1 1

η . . . 651 331 1 1

η 320 1 1

Λ . . . 42-0 252 1 1

η 283 1 1

η 146 2 1

η 145 1 1

Π 139 1 1

η . . . 157 94 1 1

η 84 1 1

A n m e r k u n g . Nr. 4—9 unsicher, Nr. 3 sehr unsicher, Nr. 14, 16, 64, 66 ebenfalls.

Die folgenden Messungen lassen sich nicht mehr berechnen, da die Verbindung mit Punta dOstro und mit Athen zu negativen Scehöhen führt. Sicher ist nur, dass alle jene Stationen auf dem letzten Theile der Heise, bis Saloniki, eine sehr geringe Höhe haben. Es müssen sonach von Diabatisko bis Saloniki 16 Stationen (October 31. bis November 5.) unberechnet bleiben.

Anhang VI. W a s s e r - T e m p e r a t u r e n .

Die angestellten Beobachtungen habe ich von den Instrumentalfehlern befreit. Alle Angaben sind Rdaumur'sche Grade. Bei den Uhrzeiten bedeutet das Minuszeichen (—) die Vormittagsstunde.

a. T e m p e r a t u r des D r i n (1863).

September 1. 6T6 17 ?3 Luft = 22 ?6

η 2. 3.7 1 7 5 22 3

rt 3. — 6.6 16-4 17-8

η 3. 3.0 16-6 2 4 1

jy 6. — 6.7 16-2 16-8

rt 7. 1.0 17-0 2 3 6

ft 10. 4.7 16-8 22-3

η 12. 6.5 16-4 2 1 7

rt 13. — 10.0 13-6 14-0

b. T e m p e r a t u r dee s c h w a r z e n D r i n .

September 24. — 6*6 ί 3 ? β Luft =- 13 ?8

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o. T e m p e r a t u r d e i W a r d a r .

October 25. — 9 Ό — 8 ? 8 = 8 ?7 October 28. 5Τ2 = 9?7 = 9*2 Novomb. 1. — 9Τ0 = 9*0 » !0 ?0

n 25. — 11.6 9*3 11 · 1 η 29. —10.7 6-9 6*3 η 1. — 10.7 0-6 12-7

η 25. 4.5 8*9 1 0 6 η 30. 2.7 8-8 12-8 η 1. 1.7 10*9 14-9

η 20. — 8.5 0 0 7-1 η 30. 4.0 9-0 12*4 η 1. 4 2 11 · Λ 14-5

η 20. 1.0 8Μ> 10-2 η 31. — 7.7 8 Ό 0<9 η 2. — 7.6 11*4 I 1 Μ»

η 2«. 4.Λ ο·ο 9 Ό η 31. — 9.7 8'9 10-8 η 2. 4.2 1 4 · 4 10· ι η 27. 2.5 8 Ί 10*4 η 31. 2.0 10-6 1 2 0

η 28. — 9.0 0*3 δ · 7 Novomb. ι. — 7.2 8 9 0-8

Λ. T e m p e r a t u r dos Soos v o n Ο oil r i d a.

September 20. b\7 t Mollo vom Lande 17?2 lft?3 n 27. —3.5 Nnho am Ufcr . . 10-2 110 „ 27. — 0.7 1 Moilo vom Lando 100 Ι5·2 „ 28. —11.5 Naho am Ufer . 104 188

ο. T o m p o r a t u r von Q u o l l e n .

September 12. —10!5 Quollo am Kroni Butschbasi 0 ?4 1090 „ 28. —10.6 n g Λ boi Swoti Naum (Ochrida), am Weinkoller, reich . 9 3 17*2 n 28. —10.5 „ £ J n n n östlioh daneben, weniger reich . 8*7 Ι7·2 _ 28. —10.5 „ *ö ( cino andoro, ziemlich stark 9 Ί 17*2 n 28. —10.6 „ * ( bei den zwei Mühlen, stark 9*1 17*2 n 2S. —10.5 n α \ dlo llauptqucllo 8'7 17*2 n 28. —11.0 n 5) hitaheto und lotsr.to Qucllo 8 · 1 18 3

October 10. a.7 Minoralquollo Kksoht-su, südlich von Monastir 11*9 10*0 Septomber 22. 5.0 Sohwofolquollo bol Dibbr, dio obere 31*6 17*8

n 22. 6.0 „ η η die untoro im grossen Bassin . . 32*8 17*8

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D R I T T E A i m i E I L U N G .

GESCHICHTLICHES, V O L K S W I R T S C H A F T L I C H E S , STATISTISCHES.

ERSTER ABSCHNITT.

B e i t r ä g e zur Geschichte von Mittel-Albanien.

Nach den Funden dea Herrn

Prof. Dr. Karl HOPF.

Der bekannte Geschichtsforscher Prof. Dr. K. H o p f unternahm in den Jahren 1862 und 1863 zur Sammlung neuen Stoffes für seine Geschichte Griechenlands im Mittelalter eine möglichst genaue Durchsicht aller hierüber in den zugänglichen Archiven, Bibliotheken und Privatsammlungcn Italiens und Griechen­lands vorhandenen Urkunden und dehnte dabei seine Forschungen auch auf die Geschichte Albaniens aus. Sein rastloser Eifer wurde namentlich auf dem letzteren Felde mit glänzendem Erfolge belohnt, denn es gelang ihm nioht nur eine Masse von bis dahin unbekannten historischen und geographischen Daten, nament­lich aus der Zeit, in welcher die Anjou Mittel-Albanien beherrschten, aufzufinden, sondern auch in den Auf­zeichnungen , welche Johann Musakis, der letzte Despot von Epirus, seinen Söhnen hinterlicss, eine neue Quelle für die Geschichte Skanderbegs und seiner Zeit zu entdecken.

Während seines wiederholten Aufenthaltes in Syra ging Herr Prof. Hopf diese ganze Sammlung nicht nur mit dem Verfasser durch, sondern theilte ihm dieselbe später auch abschriftlich in der Absicht mit, da­mit sie auf der vorliegenden, damals schon beschlossenen Reise zu örtlichen Untersuchungen benutzt und zu­gleich der gelehrten Welt ein vorläufiger Bericht über diese albanesischen Funde geliefert werde.

In welcher Weise sich der Verfasser des ersten Theiles der ihm gewordenen Aufgabe, namentlich in Bezug auf die Bestimmung des Geburtsortes Skanderbegs, entledigte, erhellt aus der ersten Abtheilung dieses Werkes.

Dn es ihm aber leider nicht vergönnt war, auf der vorliegenden Reise auch den Hauptschauplatz dieser Datensammlung selbst zu durchforschen, so übertrug er die Lösung aller durch sie veranlassten chorographi-schen Fragen seinem vieljährigon Freunde Dr. A u e r b a c h , welcher seit 24 Jahren als grossherrlicher Quarantänearzt in Awlona, der Hauptskala dieses Schauplatzes, fungirt, und unterschied dessen Noten von den scinigen durch den Zusatz eines A .

In den folgenden Abschnitten versucht der Verfasser den zweiten Theil. der Aufgabe zu lösen. Es war ein grosser Genuss für ihn, die leeren Blätter von fast zwei Jahrhunderten der albanesischen Geschichte mit Daten und Menschen bevölkern zu helfen, von denen man bis jetzt nichts oder nur wenig wusste. Er trachtete also mit aller Liebe und allem Ernste, dessen er fähig ist, den neuen Stoff zu sichten, zu klären und mit dejn schon vorhandenen zu verbinden. Er weiss, dass eine solche Arbeit nie auf den ersten Wurf vollkommen

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gelingen kann, aber Einer muss anfangen. Möchten sich nur recht bald Andere finden, welche die begangenen Fehler verbessern und die noch vorhandenen Lücken ausfüllen.

Der Zeitfolge gemäss beginnt er mit dem wortgetreuen Abdruck der urkundlichen Auszüge des Herrn Prof. Hopf und lässt hierauf einen Auszug aus den Aufzeichnungen des Despoten Johann Musaki folgen. Da die letzeren aber wesentlich genealogischen Inhalts sind, so erschien es ihm am zweckmässigsten, die rein genealogischen Einzelheiten in der übersichtlichen Form von Stammbäumen zusammenzustellen uiu» ic dadurch von den historischen und geographischen Angaben auszuscheiden.

Ebenso war er darauf bedacht, so weit es nur immer anging, den gesammelten Stoff von seinen eigen η Zuthaten dadurch zu trennen, dass er die letzteren in die Noten verwies.

Um jedoch dem Leser den Einblick in diese Masse neuer Einzelangaben zu erleichtern, erschien es passend, denselben eine möglichst kurzgefasste Ubersicht des Feldes voranzuschicken, auf dem sie sich bewegen, und sie dadurch in Bezug auf Ort und Zeit gleichsam e inzurahmen.

Ü b e r b l i c k .

Der südlichste oder albanesische Alpenknoten, in dessen Südfuss der Drin sein Bett eingeschnitten, wird fast nur von Albancsen bewohnt, welche den Gesammtnamen Malissor (Hochländer) führen: östlich lagert sich diesem Gebirgsknoten die Metajaebene mit albanesisch-serbischer Bevölkerung und den Städten Prisrend, Jacowa und Ipek an, in geschichtlicher Hinsicht eine Welt für sich, welche nie mit der albanesischen in tiefgreifende Berührung gekommen ist. Dagegen gravitiren die Malissor und ihre südlichen Nachbarn, die Dukadschincr, welche in dem grossen Bogen sitzen, den der Drin gegen Norden beschreibt, nach Skodra. Das Hauptgebirge der letzteren ist der Krrabi, und die über dieses führende, sehr unwegsame Strasse v.u. Skodra nach Prisrend macht ihre Grenze gegen die Mireditten, ihre Stammverwandten. Im Westen <;«· Alpenknotens liegt die Secbene von Skodra. Das Gebiet der von Norden her in den See fliessenden Moratscha hiess im Mittelalter anfangs nach seiner Hauptstadt Dioklea, später die obere Zenta (sprich Qedda); ^ \ c s

Flussgebiet begreift heut zu Tage die Aussenbezirke (Brda) von Montenegro (Tscherna Gora), welches zwischen der oberen Zenta und dem nahen Meere liegt. Der grössere südliche Theil des Soebeck^n- hiess die untere Zenta, sie reichte südlich bis zum Drin, in ihr liegen die Städte Skodra und Driwasto.

Dies alte Stammreich des Gentius bildete bei der Theilung die westlichste Grenzprovinz des morgcu-ländischen Kaiserthums. Es kam, wenn nicht früher, so doch zu Justinians Zeiten in slavische Gewalt und blieb es, bis sich das serbische Vasallengeschlecht derBalschen 1368 von dem Königreich Serbien losriss, zur katholischen Kirche überging, erobernd gegen das mittlere Albanien auftrat und, so viel wir wissen, dasselbe zum crstcnmale wieder in eingreifende Berührung mit dem Norden brachte.

Als sie sich gegen die Wucht der Türken nicht mehr halten konnten, traten sie Skodra und die i.*u, e Zenta an Venedig ab (1394), welches sie ein Jahrhundert später an die Türken verloren.

Zwischen den Flüssen Drin und Mat setzt sich die Ebene an der Meeresküste fort; der obere Theil he · seit dem Mittelalter £adrima d. h. jenseits (von Skodra aus betrachtet) des Drin; hier liegt hart am Drinmi.^.-die Feste Daina (ital. Dagno), um welche nach Ermordung ihres letzten Stammherrn Skajiderbeg mit Venedig Krieg führte.

Der südliche Theil dieser Ebene hiess zu Skanderbeg's Zeiten Misia und gehörte einer. Nebenlinie der Balschcn. - · '

Von der Mündung des Matflusses dehnt sich eine breite, herrliche Küstenebene bis zu dem Gcrabcpassc auf der Breite von Durazzo zwischen den heutigen Städten Tiranna und Elbassan aus. Dies ist das Land der Albanoi des Ptolemaeus und der Parthini der andern alten Erdbeschreibcr, denn wir halten beide lu. selben Volksstamm1). Es hat seinen alten Namen beibehalten und heisst noch heute Arbenia im eigentin i,uu Sinn. Zur Zeit der Anjou bildete es die im regnum Albaniae liegende Grafschaft Albania und stand unter einem eigenen Grafengeschlecht, welches sich wenigstens später Thopia nannte.

Arbenia ist der Kern des Mittellandes und Kroja seine Hauptfestung, daher die Bedoutung dieses Platzes. Die Zeiten Karl Thopias ausgenommen, war das westlich anstossende Durazzo stets in den Händen

*) B a r t h alb. weise. Die Hellenen hatten kein b, wohl aber die Albanesen.

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J. G. υ. Hahn

dor einen oder andern Seemacht. An diese Küstenebenc stösst gegen Morgen das gehiriri^e Bcckenge.'uVt des Mat, dessen nördliche Hälfte die Mireditten, die südliche die Matjanen bewohnen. Die ^latja war ο as Stan, ingo biet der serbischen Kastrioten, nicht die Arbenia. Erst Skanderbeg gewann Kroja, doch harre <·. Krbansprüchc an dasselbe als Enkel der Erbtochter der Thopias.

Fast anderthalb Jahrhunderte vor Skanderbeg, zu den Zeiten dor Anjou, scheint es das Geschlecht der Kasncni in Mircditta zu grosser Macht gebracht zu haben. Es ging Ii» 18 mit mohrcren anderen albnnesisn. \ Grossen bei Gelegenheit seiner Erhebung gegen Urosch, König von Serbien, zur katholischen Kirch'* über. Unter Skanderbeg ist Mircditta in sein früheres Dunkel zurückgetreten.

Die westöstliche Hauptstrassc des Mittellandes, welche die Römer via Egnatia nannten, läuft von Durazzo aus durch das Flussgebiet des Schkumbi über die unwegsamen Gcbirgspässo der römischen Candavia durch die Scebccken von Ochrida und Prespa bis zu der uralten Grenze zwischen Illyrien und Maccdonien oder dem heutigen Albanien und Bulgarien am nördlichen Fusse des hohen Barnus, der heute Pcristcri Ι.οιΥΛ. Längs des Schkumbi, vom Meere bis zum See von Ochrida, herrschten zu Zeiten der Anjou und der Kastrioten Geschlechter, welche Thopia hiessen und daher wohl gemeinsamer Abstammung mit den Dynasten vor« Λ^Γ/ΛΓ^Λ

waren. Von diesen wurde das um die Candavischen Pässe sitzende der Arianitcn Thopia das benihn.te.ve. Es reicht vermuthlich bis zur Eroberung des bulgarischen Reiches durch Kaiser Basilius im Anfang ocs XI. Jahrhunderts hinauf. In Ochrida sassen die Groppa und herrschten auch über Dibra (das südliche Thal lies sehwarzen Drin), in Prespa ein anderes Geschlecht, welches sich vielleicht gleich den Arianitcn Kom-nenen nannte.

Die südlichen Nachbarn dieser hochländischen Geschlechter der Thopias waren in denselben Zeiren die Musakis, welche in den letzten Zeiten der byzantinischen Herrschaft in Albanien sich sogar den Titei I> 5-poten von Epirus erwarben, obwohl ihre Herrschaft sich nie über das Südufer der Wojussa verbreitete, soncien sich auf das Flussgebiet des Dewol und seines Nebenflusses Beratino beschränkte. Hier waren ihre Haupt-gebietc die weite Küstenebene der nach ihnen benannten Musakja zwischen den Mündungen des Schkumbi und der Wojussa, der abgesonderte mächtige Gcbirgsstock des Tomoros und die ihm östlich anlagernden Ebenen des Maliksccs, durch welchen der Dewol fliesst und an deren Südrand die heutige Stadt Dschor-dscha liegt.

Die Wojussa möchten wir als die Südgrenze des regni Albaniae der Anjou bezeichnen, und mithin dio Besitzungen der Musaki in dasselbe einbegreifen. Südlich von diesem Flusse mag das byzantinische ι ^ .tat von Epirus begonnen haben; zur Zeit seiner Blüthe begriff es jedoch Durazzo und wohl auch die i . - . . ' - r Albania. Es brach mit dem Sieg der Albanesen über den Despoten Nicephorus bei dem Bischof - s t lous im Jahre 1358 für immer zusammen, und nun beginnt die Überschwemmung von Epirus .-.ίο.. Y Albanesen.

Die Eroberungen der Anjou, welchen König Manfreds von Hohenstaufen Mitgift zur Grundlage diente, beschränkten sich auf das Mittelland und Hessen Süd- und Nord-Albanien unberührt. Doch müs. η wir uns bereits während der neapolitanischen Herrschaft den serbischen König Urosch Milutin Sanctus niun. u . Besitze von Nord-Albanien, sondern auch von Mittel-Albanien (etwa mit Ausnahme der Seeplätze) und s>.·.. Macht so anwachsend denken, dass er eine Coalition zwischen Ungarn, Croatien und Neapel gegen sich her­vorruft, welcher er 1320 erlegen zu haben scheint; doch behielt er Unter-Albanien.

In diesen Zeiten war also Nord-Albanien serbisch, Mittel-Albanien neapolitanisch, Sud-Albanien byzantinisch. %

Der zweiten serbischen Eroberung unter Kaiser Stephan Duschan (stirbt 1356) erliegt abe. :-icat *>·

die Herrschaft der Anjou, sondern auch das Despotat von Epirus. Als sein Reich nach der Ermordung seines Sohnes Urosch (1368) zusammenbricht, bleibt Mittel- und

Nord-Albanien eine kurze Zeit frei von fremder Herrschaft. Dieses ist die Blüthezeit der Balscha von Skodra, welche Berat, Kastoria und Argyrokastron erobern, und ihres Schwagers, des Karl Thopia von Durazzo (1359 bis 1387). Unter den Epirus überschwemmenden Albanesen bringen es namentlich die Spathas unter Gioni zu grosser Macht; neben ihm blühen die Zenebiser in Argyrokastron; die griechisch redenden i i v ; . K C von Jannina und Arta werden zuerst von dem Florentiner Bondelmonte (1385—1403), dann von l u t Tf.vco (1407—1430) gegen die stets von neuem anstürmenden Albanesen vertheidigt, welche zwischen uc.a-.» Jannina vier Jahre lang besetzt hielten.

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Da erscheinen die Türken. Sie wenden sich zuerst gegen das Mittelland. Balscha II. von Skodra stellt sich ihnen in der Ebene von Saura (sprich Sawra) entgegen (1385) und fällt mit der Blüthe des Landes; ein anderer Theil fällt in der grpssen Schlacht von Kossowo (1389). Von da an scheint es zu keiner weiteren Verbindung der Kräfte zur gemeinsamen Verteidigung in Mittel- oder Nord-Albanien gekommen zu sein; die Thopias und Balschcn fühlen sich zum Widerstande zu schwach, und Venedig übernimmt von ihnen die Küstenplätzc Durazzo (1392), Alessio, Skodra (1394). Mit Ausnahme dieser Plätze können wir die Eroberung des Mittel- und Nordlandcs um den Anfang des X V . Jahrhunderts als vollendet betrachten, denn alle Festungen des Innern: Argyrokastron, Berat und Kastoria (1385), Awlona und Kannina (1417), Kroja (1394 und 1415), Petrclla, Petraiba (Gur-i-barth), Ochrida sind in ihren Händen, und alle Grossen sind unterworfen, leisten Ilceresfolge und geben ihre Kinder zu Geissein. Nicht einmal das zehnjährige türkische Interregnum seit Bajezit's Tode (1403—1413) scheint man im Mittel- oder Nordlande zu einer allgemeinen Erhebung benutzt zu haben.

Die Vernichtung eines grossen türkischen Heeres durch Arianites Golem in den Pässen der alten Kandavia hatte keine allgemeinere Folge; vermuthlich fand er Mittel, sich mit der Pforte zu verständigen und diese es nicht gelegen, Rache zu üben.

Die wiederholten Aufstände der Albanesen um Argyro kastron wurden blutig unterdrückt. Da unterwarf sich auch ganz Süd-Albanien und zwar, wie es scheint, weniger durch Waffen zwang als

auf dem Vertragswege; Jannina capitulirte 1430, Arta wurde 1449 von den Türken besetzt. Als Skanderbeg im Jahre 1443 nach Albanien zurückkehrte, hatte er mithin das Land von den Türken

völlig zurück zu erobern. Doch gelingt ihm dieses nur in Bezug auf Mittel-Albanien; er scheitert vor Berat und, was besonders auffällt, versucht es nicht einmal Ochrida anzugreifen.

Doch dieses Mittclland vertheidigt er 20 Jahre lang mit gleichem Glücke gegen die ganze WucKt des jugendlichen Halbmondes, eine Erscheinung, der wir in der Weltgeschichte keine zweite gegenüber zu stellen wüssten. Endlich bricht auch seine Kraft; vor seinem Tode (1466) muss er die Verteidigung von Kroja an Venedig abgeben. Es fällt 1478, Skodra im darauffolgenden Jahre, und von da an gehorcht ganz Albanien den Türken.

§. I. Auszüge aus venetianischen und genuesischen Urkunden.

1205 Im Thcilungsvertrage über das byzantinische Reich nach der Eroberung von Constantinopel wird Mittel-Albanien mit folgenden Worten Venedig zugewiesen: Provincia Dirachii et Arbani, concar-tolaroto, cum Glavinica1), de Bagenetia provincia, de Giannina provincia, Drinopoli provincia, provincia Achridi 2).

1208 Aus einem Briefe des Papstes Innocenz ΠΙ . (Epistolae Lib. X I , epist. 7) Nobili Demetrio Arbanensi prineipi ergibt sich, dass er und seine Unterthanen Katholiken sind und unter schismatischen Griechen leben. An ihn wird als Legat der Archidiacon Nicolaus von Durazzo gesandt, der nach Albania3) gehen und mit Paulo Arbanensi episcopo verhandeln soll. *

1209 Laut eines weiteren Briefes desselben Papstes (ibid. Liber XII , epist. 97) hat nobilis vir Demetrius judex Albanorum Kirchengüter in Beschlag genommen; der Abbas Sti. Petri de Lingrariza und Archi­diacon Nicolaos sollen ihn zu deren Herausgabe anhalten4).

*) Glavinitza, mehrfach von Anna Comnena bei dem normannischen Eroberungskriege erwähnt (β. Palmeri Graeciae antiojiae deecriptio pag. 223) scheint hier, als zwischen Durazzo und Vagenetia gelegenes Land, im Sinne der heutigen Musakja und Awlona genommen. Im engeren Sinne mochte es das um den Glawaberg in Ober-Malakastro gelegene Bergland bezeichnen. A. .

2) Theodor Dukas Komnenoe, der noch 1225 in Durazzo ist (Alb. Studien I, S. 313), erobert diesen Platz von den Vene-tianern. Du Cange famil. august, byzant. pag. 207.

3) Vielleicht der heutige Ort Arbona; dooh kann auch der ganze Landstrich um Tiranna und Kroja gemeint sein, der, wie wir oben sahen, nooh jetzt Arbenia heisst.

4) A n diese Briefe Innocenz III. reihen sich die beiden in Alb. Studien I, S. 324 und Note 207 citirten Briefe Innocenz IV. über den Übertritt der schismatiechen Diöceee von Albania oder Arbania sammt ihrem Bischof und den Provinzen

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1210 Privilegium Michael's I. von Epirus für den Legaten Thcodoros, episcopus Ccrniccnsis, dessen Diocese sich von dem Flusse Vrecus bis nach Lepantum erstreckt, d. h. über die provincia ducatu de Nicopela cum pertinentiis de Lartc (Arta) et de Achilo (Achelou), de Natalico (Anatolico bei Mcsolungi) et Talisi-ana (τά ΑιακχνάΊ), de Ceris et Arcontorium monasteriorum provincia Janine, grandis provincia de Vage-nithia et Glaverniza.

1272 Venedig, das einen Consul in Durazzo unterhielt und gegen Karl l . von Anjou agitirte, rjehtet jetzt sein Augenmerk auf Arta und errichtet dort ein Consulat.

1292 Der Despot Thomas Komnenos belohnt den Giovanni Contorini mit der Villa Vras to wa.

§. 2. Auszüge aus neapolitanischen Urkunden.

D i e Z e i t d e r n e a p o l i t a n i s c h e n H e r r s c h a f t in A l b a n i e n 1 ) .

1269 Gazone Chinardo2) wird nach Romania gesandt. 1271 Gesandte aus Albanien kommen nach Neapel. 1272 Durazzo huldigt dem König Karl L , und dieser bestätigt am 20. Februar den Bürgern ihre privilegia

antiquorum Imperatorum Romaniae. — Gugliolmo Bcrnardi wird zum Marschall des unter Gazone Chinardo, regni Albanie8) vicario generali,

stehenden Heeres ernannt. Dessen Bestallung hiezu ist vom 25. Februar datirt. Es werden viele Truppen dorthin gesandt.

Unavia und Philot (heute Pulati) zur katholischen Kirche (1250; s. auch 1310 Episcopus Chunaveneis in Albania) 131.8 der Übertritt des Protovcstiarius Ouillelmus von Blinischt, dos Grafen Wilhelm und des Paul Materangos und 13C8 der Übertritt der drei Balschcn, Brüder, von Skodra.

*) Die Thcilung doe römischen Kcichcs (396) zorroisst das politische Band zwischen beiden Halbinseln, nachdem es ein halbe« Jahrtausend bestanden.

Erat «SOO Jahre später (1081 —1107) landen die Normannen, Eroberer germanischen Stammes, (Robert Guiscard und sein Sohn Bocmund) dreimal von dor neapolitanischen Küste in Mittel-Albanien und versuchen die Eroberung des Landes; sie scheitert wesentlich an der Ungcsundhcit des Klimas.

Im Jahre Γ2.Γ>9 erwirbt ein deutscher Kaisersohn, König Manfred von Hohenstaufen, Korfu, Awlona und Kannina als Mitgift seiner s iebzehnjährigen wunderschönen Gattin Helena, Tochter Michael's, Despoten von Epirus. Nachdem Manfred in dor Schlacht bei Bene vent gegen Karl I. von Anjou am 11. Februar 1266 gefallen war, flüchtete sich dessen Gross-Admiral Philipp Chinardo zu dessen Schwiogcrvator Michael, dor ihm seine Sohwoster vormählto und Manfred's Mitgift übergab, ihn aber später bei günstiger Gelegenheit ermorden Hess. Doch trug ihm dies Verbrechen keine Früchte; denn dio Besatzungen beider Plätze (vermuthlich fremde Söldner) übergaben sie nicht an ihn, sondern an Karl I. von Anjou, welcher sich deren Besitz durch den vertriebenen" Kaiser Balduin bereits 1267 bestätigen Hess und starke Besatzungen in dieselben legte. Alban. Studien I, S. 312 und 3 M .

l) Vermuthlich ein Verwandtor des Note l erwähnten Philipp Chinardo. J) Ebenso schreibt Papst Johann ΧΧΙΓ. an Androam Musatium, regn i Albaniae marescallum, ad ann. 1318 Note und gibt ad

nnn. 1337 Neapel dem Andreas Musacius den Titel rogni Albaniao despotus; forner ad ann. 1326 Comes Thopia de Regno Albaniao. Endlich heisst in einer Inschrift 1319 der Serbenkönig Urosius: Rex Rasciae et Diocleao, Albaniao, Bulgariao u. s. w. (β. ad ann. 1318 Note) und Stephan Duschan: Dei gratia Romaniao,. Slavoniao et Albaniae Impera­tor. Im sorbischen Sinno möchten wir diesem Albania die Ausdehnung der römisohen Illyria propria und Epirus nova gebon und es im Süden bis zu dem Nordufer dor Viusse (Aus) rciohen und hier an das Dospotat von Epirus stoseen lasson. Im neapolitanischen Sinno scheint uns zwar das Regnum Albaniao wohl diesolbo Südgrenze gehabt zu haben, denn sowohl Gin Tnnusius ann. 1279 als Andreas Musacus, also zwei unbedenkliche Neu-Epiroten, werdon Albanensis und do Albania genannt; dio Musakja gohörto also zum Regnum Albaniae/ In domsclbon Sinne sagt auoh der Despot, dass seine Vorfahren aus Constantinopel stammten: vennero a dominare in Albania l'Epiro, indem nach seiner Versicherung die Musakja das alleinige und wahre Epirus des Altorthumos ist. Da jedooh die Anjou die beiden Zcnten niemals bosessen haben, sondern diese während ihrer Herrschaft in Albanien in dem ungestörten Besitze der Serbon verblioben, so möchto ihr regnum Albaniae vielleicht den Matfluse zur Nordgrenze gohabt haben, weil dieser ann. 1338, wenn wir richtig lesen, die Nordgrcnzo der den Thopia gehörenden Grafschaft bildete. Nach unserer Lesart reichte diese in jenem Jahro bis zum Skumbfluss, und bildete dieser ihre Südgrenze gegen die Musakja. Es wäre nicht undenk­bar, dass diese Grafschaft in früheren Zeiten gegen Süden nioht über den Gerabepass hinaus reiohte, sondern sioh auf dio ptolemäische Albania, d. h. den Bezirk von Tiranna (s. Abtheilung I, Iii Tiranna) beschränkte.

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1272 Streit zwischen abbas Nicolaus de Albanya und dem neuen Erzbischof Johann von Durazzo. — Palaeologus sucht die Notaboln Albaniens gegen Neapel aufzustacheln: diese übergeben seine Briefe

an Chinardo. 1273 Der Scwasto Paulus Cropa wird durch Karl I. in dem Besitze der casalia Radicis1) majorie et Radicis

ininoris, Cobocesto, Zuadcganza, Suclane, Craye, Zczzizano siti in vallo Ebu bestätigt. — Karl I. befiehlt, die obsides Albaniae zu ihm nach Bari zu führen. Canina und Avellona sind in

seiner Hand. — Anscau de Cayeux wird zu Chinardo's Nachfolger ernannt1).

1274 Durazzo wird vom Erdbeben heimgesucht und schickt die folgenden Gesandten nach Neapel : 1. Johann Sctunis (Schtun ? Sonnabend). 2. Jacob de Barbara (metronym). 3. Johann Bucus (bake alb. Brot). 4. Basilius Catolicus. 5. Georg Arcius. 6. Nicolaus de Durachio. 7. Johann de Alogathi.

— Jean de Bussy wird zum Vicc-Statthalter ernannt1). — Norjaud de Toucy zum Gcncralvicar. 1275. Vor demselben eVschienen sofort Scvasto Paulus Groppa

und Johannes Musacius als Gesandte der Albanesen8). ^ — Dor bisherige Statthalter von Canina, Jacob de Balignano, cedirt dem Könige gegen neapolitanische

Güter die ihm in Albanien erblich verliehenen Besitzungen: Castrum Canine, Caninem, Avollonam et archondias de Arico 4), Yamisquee) und die DörferVrochoto, Vanilianum, Leczina, Sfontogorani, Tristnnitza, Pcchi, Vocza, Vaniza, Kanista0) und Chozona.

1274 Toucy schlicsst cino Convention mit den albanosischon Häuptlingen:

Nach unserer Aneicht hatte also das regnum Albaniao dor Anjou goringero faotischo Auedohnung als die Albania der Serbon, und lag in dem oretcron cino Grafschaft Albania, woloho möglicherweise in den verschiedenen Zeiten weeh-sclndo südlioho Ausdehnung hatto.

Auf diese Grafnehaft möchten wir beziehen 1208 nohilie Domotrius Arbanonsis prinoops und 1200 judex Arlmno-rum; nun. 12ΛΛ Gulainos von Alhnnon und dio Festung Kroja in Albanon; 1271 Conios Albanensis; 1280 Mauritius comes do Alhnnia; 1320 Thobla oomes Albaniao, s. ondlich Albania in Sully's Ernonnungsdcoroto cum Genoralvlear vom Jahro 1270.

Ol» abor auch in 1283 nuxor Gutllolmi do Albanis" dlo Grafschaft Albania gemeint soi, 1st uns sehr zweifelhaft, weil wir «einen Wohneitz in Miroditta vormtithon, und er 1301 zum Marschall von Albanion, d. h. regnl Albaniao ornannt wird; ebenso kann eich das obonorwühnto Albanensis und do Albania dor beidon Musaki wohl nur auf das regnum Albaniao beziehen.

Wie schwankend dio factischon TorritorialvorhHltnisso in diesem regnum Albaniao zu Zoiton der Anjou gowesen sein müssen, zeigt folgende ZuRanimcnstoIlung: 1272 Ryzanz sucht dio Albaneson gogen Neapol aufzuwiegeln; 1273 alhunesische Geiseln in Bari; 1270 Ryzanz bedroht Durazzo in Vorbindung mit don Albanesen; 1280 Johann Musaki gefangen, Andreas zur Trcuo crmahnt; 1283 viclo albanesiseho Gefangene in Durazzo; 1304 Huldigung an Philipp von Tarent; 1305 Amnostio für das abgcfallono Durazzo; 1306 Philipp zieht oontra communos robollos ot hostos; 1318 dio albancsischon Grosson orhobon. sich als β orb is oh ο Vasallen gegon König Urosoh; 1330 der König von Serbion detlnet regnum Albaniao ot ducatum Duracii; 1337 Awlona und Cannina gohon verloren; 1338 der abgcfallono Tanusius Graf von Albania wird wieder zu Gnaden angenommen. — Indessen möohto wohl für diejenigen Thoilo von Albanion, woloho nicht unmittelbar von der Kriegsfurie betroffen wurden, die Frage, welche fremde Oberherrliohkeit von deren Grossen anerkannt wurde, zu keiner Zeit von tief greifendem Einfluss gewesen sein.

*) Radix heisst im alb. renje. Das Vorkommen dieses Ortsnamens möchte unsere Vermuthung, dass der Name der am . Arcen gelegenen Stadt Nderrenje radix bedeute, bestätigen. In Süd-Albanien finden sich Riva (neugr. Wurzel) genannte

Landschaften. * 7) Diese rasohen Wechsel dürften auf das ungesunde Klima Durazzo1 s und seines Küstenstriches hindeuten.

Es lässt sich nicht bestimmen, ob dies ein der Person des Statthalters dargebrachter Huidigungsaot der bereits Unter­worfenen war oder ob die Gesandten über Unterwerfung unter Neapel verhandeln sollten. Ob dieser Johannes Musacius mit dem sub 1281 erwähnten Dux Ginus Tanusius Albanensis identisch sei, muss gleichfalls dahingestellt bleiben.

4) Das alto Oricum, heute Ericho. A. 5) Heute Ljamiscka, Sohluoht bei Drimades. Α. v

e) Von den folgenden Dörfern hat nur Wranischta seinen Namen erhalten. Es ist nooh heute der Grenzort zwischen den Dlstrieten von Awlona und Delwino. A. Denkschriften dor phlloa.-hUtor. OK XVI. Bd. Abhftnd). von Nichtmitgliedern. m

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1. Sevasto Maurus Scura1), 2. 3. Zachana und Georg Scura1), 4. Sewasto Yonima2), 5. Sewasto Paulus Verona, 6. Sewasto Demetrius Scura, 7. Sewasto Blasius, 8. Sewasto Paulos Sanbombruno, 9. Sewasto Yctqui, 10. Sewasto Petrus M i sie8), 11. Ritter Blado Blctista*), 12. Sewasto Petrus Clange, 13. Sewasto Tanusius Bessossia, 14. Bitter Thcopea, 15. Sewasto Demetrius Limius, 16. Sewasto Men­sis6), 17. Sewasto Sarius Barhuca, 18. Sewasto Alexius Ar ian i t i s 6 ) , 19. Ritter Paulus.

Sie stellen Geiseln, welche am 13. December 1274 in Aversa internirt werden. Es sind: 1. Jo­annes Lallimus, 2. Joannes Grimanus, 3. Tanusius Scura1), 4. Minchius (Menx?) Sunbrampn, 5. Deme­trius Sgurä 1 ) und 6. Zacharias Sgurä 1 ) .

1275 Guglieimo Bcrnardi wird Generalvicar. 1277. 1276 Das Heer Palacolog's bedroht Durazzo im Vereine mit den Albanesen. Daher werden dessen Mauern

reparirt und Geld und Truppen hingeschickt. 1277 Der Comes Albanensis kehrt von Neapel nach Durazzo zurück.

Jean de Vaubecourt wird Statthalter. 1279. Derselbe soll Castrum Croy schirmen und inquirat de feudis.

1278 Viele beim letzten Erdbeben7) aus Durazzo geflüchtete Bürger wollen von Belgradum, wohin sie ge­flüchtet, zurückkehren, und daher wird befohlen, für Wohnungen zu sorgen.

— Tanusius Sgura ist noch als Geisel in Aversa. 1279 Despot Nikcphoros in Epirus huldigt Karl I.; er gelobt, Castrum Buthrontoy und die übrigen einst

Manfred von Hohenstaufen gehörigen Castclle, die er nach dem Tode Philipp Chinardo's occupirt hatte8), abzutreten.

— Fünf albanesische Geiseln entflohen aus Aversa; es wird befohlen, auf sie zu fahnden. — Hugo le Rousseau de Sully wird capitaneus et vicarius generalis in partibus Albaniae9), Durachiae,

Avellone, Corfoy, Butrontoy et Subotoy. 1281. — Das von Chinardo in Subotoy begonnene Castell zu vollenden; Sully's Truppen stehen in Lavinici10). — Giovanni Scotto, Capitän in Durazzo, soll Castrum Croy schirmen.

Die Gefangenen aus Durazzo und Albanien, darunter Dux Ginus Tanusius Albanensis11), und der byzantinische Magnat Nachud werden nach Trani gebracht. "

1280 Gesandte Nicephori12) redcant. — Viele Truppen und Rüstungen für und nach Romania13). — A n d r e a s Μ usac fidclis, der dem Statthalter Vaubecourt gehuldigt hatte, möge seinen Eid halten. — Viele Bauten in Durazzo durch Scotto. — Joannes dictus Μ usac, der in Brindisi gefangen sass, freigelassen.

J) Wahrscheinlich unterscheiden sich die vier Scura τοη den zwei Sgura nicht bloe duroh die Schreibweise, sondern durch verschiedenen Accent. Wir müssen es dahingestellt sein lassen, ob der Name Scura auf die Landschaft Scuria zwischen Durazzo und Tiranna (Barlet. S. 37) hinweist und unter ihm die Thopias versteckt sind. Die Note zu 1276 Sewasto Paul Cropa macht dies bedenklich.

2) J o n i m i , Dorf im Bezirk von Awlona. A. 3) Misia, Fliegcnland, zwischen den Flüssen Mat und Drin, später den Balechen, Skanderbegs Schwestereöhnen, gehörig. 4) Bleniste? In dem Briefe des Papstes zu 1318 Note erwähnt. *) Menxis? 1

6) Erste urkundliche Erwähnung dieses Namens. 7) Im Jahre 1273 wird das von den Bewohnern verlassene Durazzo von den Albanesen besetzt und rein ausgeplündert. • Alban. Studien I, 314.

8) Hienach scheint sich Manfred's Mitgift auch über den ganzen südlich von Kannina und Awlona und gegenüber von Korfu gelegenen Küstenstrich der Chimara erstreckt zu haben.

9) D. h. die heutige Arbenia um Tiranna. 1 0) Wahrscheinlich für Glavinitza s. ad ann. 1205. A.

1 1 ) Vielleicht eins mit dem 1280 aus Brindisi entlassenen Ioannes dictus Musac. 1 2) Despot von Epirus. 1 3) Zu dem grossen von Karl I. beabsichtigten Feldzuge gegen Constantinopel, um dort Kaiser Balduin wieder einzusetzen,

s. Alban. Studien I, S. 314, wo 1280 statt 1281 zu setzen. Derselbe wird durch Sully's Gefangennahme vor Berat und die sicilianischc Vesper vereitelt.

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1280 Feldzug Sully's gegen Berat und die Palaeologen. — Partes Spinasia, unweit Durazzo (Spinarsia, Spinarza)1). — Die Castellane von Butrintroy, Subutoy et Chimarie sollen dem Sully gehorchen („Castrum Cimaric"

alibi). Sully erobert die Vorstadt von Berat, soll das Castell erstürmen, nicht aushungern.

— Mauritius (Maurus), comes de Albania, dient dem Könige daselbst. 1281 Guarino de Monopoli ernannt zum massarius et procurator villarum et casalium für Berat und

Avellona. — Sully setzt den Krieg fort, hat aber das Castell Berat noch nicht genommen; Scotto soll ihm zu Hilfe

ziehen; für letzteren wird Philipp d'Herville Capitän in Durazzo. — (?) A n d r e a s Musachi aufgefordert, den gefangenen, mit Neapel befreundeten Scbastus Patricius2)

freizulassen. (Das Jahr ist sehr unsicher.) — Scbasto Petineius gerieth in Awlona mit Musaki in Zank; der dortige Statthalter Drogo de Vaux ver­

haftete den Petineius und hielt uxorem et duos filios Andreae fest; diese letzteren seien freizulassen. — Sully wird (vor Berat?) gefangen, Giovanni Scotto zum capitaneus Durachii et Albanie. — Michael Komnenos, Sohn des Despoten Nicephorus, bisher Geisel in Klarenza, ist freizulassen.

Uxor A n d r e e M u s a c i de A l b a n i a cum filiis, die noch in Avellona gefangen, sind freizulassen. (1. November 1281). In Avellona, Sybotoy und Butrinto liegen neapolitanische Besatzungen.

1283 Uxor Guillelmi de Albanis, die gefangen in Avellona, ist gegen neapolitanische Gefangene aus­zutauschen.

— Für Scotto wird Guglielmo Bernardi Statthalter; in Durazzo sind viele albanesische Gefangene. — Sebasto Ckury Petri Greco lebt in Avellona.

1284 Die Immunitäten von Durazzo sind zu wahren. 1291 Florenz von Hennegau, Fürst von Achaia, und Peter de Lille sollen mit Nicephorus von Epirus über die

Ilcirath zwischen Thamar (Ithamar) und Philipp von Tarent verhandeln3). 1292 Philipp erhält als Mitgift der Thamar sofort Neopater (Neopatra), Angelocastri, Vlochi et Bonuice.

Nicophorus darf zu Gunsten seiner andern Kinder über eines seiner andern castra, nur nicht über Neopanti (Lcpanto), Bondice (Vonitza), Lartha (Arta) und Janne (Jannina) verfügen.

1294 Romanus episcopus Chrohensis (Kroja) begibt sich zu seiner Kirche. Hochzeit zwischen Thamar und Philipp, bei welcher nuncii despotae Johannes Signorinus Sebasto

et Alexandrus Cosays Sebasto. — Guy de Charpigny vonVostitza wird von Philipp von Tarent zum Statthalter in Epirus d. h. der Mitgift

Tamar's ernannt; ihm folgte Ponzard de Tournay. 1296 Consens Philipp's von Tarent zu dem Vergleiche des Despoten Nicephorus mit dem Sovastokrator Co;

stantinus Comncnus Ducas Angelus. — Simon de MercejTwird Statthalter in Epirus. 1298.

1298 Er dankt ab und erhält Guillaumo de Grosseteste zum Nachfolger. 1299 Klagen des Sevasto Signorinus Comitianus, Michael Michelone und anderer gegen den Statthalter Kor-

• gius de Pusiaco (Signorinus hatte einen bereits gestorbenen Bruder Calodicus, Comitianus ist sein Schwiegersohn, Michael dessen Sohn).

— Grosseteste stirbt; ihm folgt Geoffroy de Port. 1300 Anseau de Bruyere ist neapolitanischer Castellan von Lepanto. 1301 Rinieri de Montefuscolo wird Nachfolger des Geoffroy de Port.

J) Kiepert nennt den Bach von Kawaja Spirnarza. Der Name klingt an Casare Asparagium an. 2) Die richtige Lesart des Namens möchte Petricius (β. ann. 1456 Georg Petricus) und die weitere Petineius verschrieben

sein. Wir denken uns den Zusammenhang ungefähr so: Andreas Musaki gibt seinen Gefangenen in Folge dieser Auf­forderung frei, geräth aber später mit ihm in Awlona zusammen und entgeht dessen Schicksal durch die Flucht. Drogo de Vaux bemächtigt sich irgendwie seiner Gattin und Söhne und hält sie als Pfänder für Andreas* friedliche"s Verhalten gegen Petineius oder Patrioius 1281 in Haft.

8) Alban. Studien I, S. 315.

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1301 Neapolitanische Castellane in den castra Blachuy, Lepanto, Bonditza, Angelocastrum. 1302 Monastcrium de Ste Marie de Heremita; episcopus Achelloy; prata Leccegnia et Sclavona in ducatu

Asserorneri (Xeromeri?) in Philipps Land. Im Bisthumo Achelloy liegen casalia, Po ζ ic] uis to, Τοοί, nonms do Μnin 11 i, oasalc Suslili terrae de Varl (occupirt von Sowasto Nicoforus Sguillicius), casalo Cathochi mit der Kirche S. Tcodoro.

1304 Bestätigung der Privilegien dor Mattcrangi1). — Verleihung des lirafcntitcls an den miles Casncsius3) Bloviscus8) in Albania. — Bestätigung der Privilegien von Duratfzo und der Notaboln von Albania bei der Abtrotung dos Landos

von Karl II. an Philipp von Taront. Kmennun«»; dos (iuillolnms filius ( V ^ I I O U S M * ) Hlovisoi1) zum Marschall von Albanien. Privilegium an dio Heilder Kalojohann und iUasius. Hofeld, dem Philipp von Turonl zu huldigen, erlassen an dio albannsischon Stümmo:

1. Α Ibis1), Ii. Späths"), 3. CatatruciV), 4. Bichcsinis7), 5. Λ r a n i t i s e ) , 6. LotomV), 7. Turbac-tis10), 8. Marehasis"), <). Scuris12), 10. Zcnovicis ,n), 11. Bucoscsis14), 12. Logorastis,6), 13. Matoscis10).

130Γ) Neue Huldigung von Durazzo, wolclios abgefallen Λvar, und Amnestie. .130(1 Philipp beabsichtigt, nach Koinanion contra communes robolles et hostos zu ziohon. J307 Bericht des Alfonso J^crranto, Cnpitän von Durazzo, über dio dort herrschondo Hungorsnoth. J310 Philipp von Tarcnt besitzt Noopantiuni (Lopanto), Durazzo und Corfu.

1) Ersto urkundliche Erwähnung dieses Namens. 2) Einer der fünf miredittischen Fis von Bairak heisst Kusncni. 8) Ob eins mit Nr. 11 ad ann. 1274 Blclista und im päpstl ichen Briefe ad ann. 1318 Note Guillelmo Bleniste? In dem Bai­

rak Kusncni liegt ein Pfarrort Blinischt; wir neigen daher zu dieser Form, obgleich der Despot den Dorfnamen Ble-vischtc anführt.

*) Die ptolcmüischcn Albanoi, s. Abtheilung I, Tiranna. 5) Genau die heutigo Form Schpat, während der Despot Spatenja schreibt A. 6) Bei Elbassan soll ein Dorf Trukjc liegen. A. 7) S. Nr. 11.

8) Scheint in Elbassan verschollen; aber im Janitzathal in der Landschaft Ober-Malakastra, welche- zu Skanderbeg's Zeiten Goumini hiess, liegt ein hübsches Dorf Arranitas. In den Dörfern Trbatsch, Smoklina und Dukath, südlich von Awlona, lebt ein besonderer Stamm, welcher von Arranitas eingewandert zu sein behauptet; wo aber dies Arranitas liege, weiss keiner mehr anzugeben. Selbst diese Sage ist nur wenigen von ihnen bekannt. A.

9) L e t a n , ein Dorf in der Landschaft Klein-Tschermenike, 3 St. nordnordost von Elbassan. Czermieniec heisst poln. Grossaaronsbart; czermieri ist ein anderes Unkraut. A.

1 0 ) T u r b a t s c h soll 5 St. westlich von Elbassan auf dem Wege naoh Kawaja liegen. Ein anderes Turbatsch liegt sicher im Suschitzathal, 7 St. von Awlona. A.

1 1 ) M a r k a s c h , jetzt M a l a k a s t r a . A. 1 2) S. Abtheilung I, Nderrenje. 1 3) Der Stammname derer von Argyrokastron; die Landschaft konnte Dr. Auerbach nicht auffinden. 1 4 ) Bukesi liegt li/2 St. südlich von Elbassan auf dem Wege nach Dombre. A. Der Accent macht jedoch die Identität ver­

dächtig. Buke coce heisst alban. Schwarzbrot. Dr. M ü l l e r notirt auf seiner Karte östlich von Sadrima am rechten Drin­ufer den Stamm Buke mire." Ich konnte denselben nicht erfragen; dagegen setzt Don M e l g u s o h i am rechten Ufer des grossen Fandi kurz vor seiner Verbindung mit dem kleinen Fandi eine miredittische Ortschaft dieses Namens an.

1 5) L o g a r a ist der Name einer Schlucht, 2 St südlich von Dukath, auf dem Wege nach Chimara. Der Sage naoh stand hier vor Zeiten ein gleichnamiges Dorf. Log heisst auf illyr. H ö h l e , in der ein Thier wohnt (alban. lodeche). A. Kante-kuzen liber I, cap. 48 und 64 erwähnt nach du Cange fam. aug. byz. S. 209 eine Cocala Magnus (Golem?) Logariasta, dessen Tochter NN. war mit dem Despoten Angelus Comnenus Ducas (f 1326), Sohne Michael's I., verheiratet. Sie gebar ihm eine Tochter, welche an den Herrn von Kastoria, einen aus dem Hause der Angeli, verheirathet wurde.

l G) Sehr wahrscheinlich die heutigen Matianer. Sehr beaohtenswerth ist, dass in diesem Verzeichnisse die Musaki und die ihnen unterthänigen Landschaften fehlen.

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l'MO G. episcopus Chunamensis1) in Albania. 1311 Tietro de Argello capitano di Durazzo. 1314 Bonditza wird dem Philipp von Tarent durch den Despoten von Epirus entrissen. 1318 2) Demetrius Ganzas ist Gesandter des Despoten Thomas in Neapel.

*) Vermuthlich für Chunavcnsis verschrieben. Die einzige uns bekannte Auskunft über die Landschaft Ohunavia ertheilt Akro-polita cap. 67 : εξορμήσας «yoOv roO Δυρραχίου και οιελθο>ν ra τής Χουναβία^ και το ορος υπερβάς, ο or? κακήν Π :ο <ν καΓονομα^ουσι, είς τά κερί τήν Μάτ>;ν άτττρειν, κάντεύθεν επι την Δέρ/ίν,ν ayt'/μαι. — Der gerade Wog von Durazzo nach Diwra führt heut zu Tage den Arcen aufwärts zwischen Arbona und Tiranna durch den Kessel von Bena über den Pass von Gur-i-barth (Barle­tius übersetzt Petraiba) quer durch das Thal des Mat, oder, wie auch Akropolita sagt, der Mata, nach Dibra. Wir vermuthen, dass Akropolita's κακή πέτρα, des Euonymons wegen in Weisscnfcls verwandelt wurde. Da nun in späteren Zeiten ein Episco-patus Canoviensie neben einem Bendonsis und Arbanensis besteht, so bleibt wohl nur die Wahl, dasselbe entweder nach Nderrenje oder nach Petrella oder deren Nachbarschaft zu verlegen; vielleicht gelingt es noch Monsgr. Pooten auch diese Frage festzustellen. Den Landschaftsnamen mit der in den Alban. Studien I, S. 334 berührten ungarischen Einwanderung in Verbindung zu bringen, scheint uns aus dem dort angeführten Grunde gewagt. ·

Merkwürdigerweise hat sich auch die Sage von einer ungarischen Einwanderung in der nämlichen Überlieferung erhalten, denn Don Mclguschi gibt an, dass die in dem Qucllgebiete des Dibribachcs in dem gleichnamigen miredittischen Bairak sitzenden Ugri für Abkömmlinge eingewanderter Ungarn gehalten werden.

Nach einer Mittheilung des Don Antonio Mclguschi, Pfarrers von Bulgari, vom 19. Juni 1866 bilden die Ungrci eine kleine nordöst l ich von dem Bischofsitzc Kalameti in der Pfarrei Frcgna (S. Maria Magdalena) des Bairak Dibri gelegene Ortschaft von 16 Familien und etwa 200 Köpfen, welche von ihren Nachbaren Magar genannt werden und sich von denselben durch ihr Äusseres wesentlich unterscheiden. Sitte und Sprache sind jedoch vollkommen albanesisch. Über ihre Abstammung herrschen verschiedene Sagen. Nach der einen seien deren Vorfahren im Verein mit ihren albanesischen Nachbaren zur Zeit der türkischen Eroberung nach Skanderbeg's Tod (?) aus ihren früheren Sitzen in der Umgegend von Djakowa in diese ver­steckte Gebirgsgegend geflüchtet. Nach einer andern Sage stammten sie von 6 Magiaren ab, welche Skanderbeg bei seiner Flucht vom Schlachtfelde nach Albanien gefolgt seien (!).

Monsgr. Dodraassei schreibt Ugherii. Monsgr. Pooten fügt bei, dass auch in der Pfarrei Berza des Erzbistruimee Antiwari ein kleines Dorf von 3 bis 4 Häu­

sern Namens Magiar liege, dessen Bewohner Magiar genannt würden. Diese Angaben scheinen mehr gegen als für eine Masseneinwanderung zu sprechen.

a) Auf dieses Jahr fallen zwei wichtige Ereignisse, die Erhebung der albanesischen Grossen gegen den serbischen König Urosch Milutin mit dem Beinamen Sanctus und der Übertritt eines Theils von ihnen von der griechischen zur katholischen Kirche. Raynald Annaice ecclcsiastici torn. X V , cap. 35, p. 178 ann. 1318? Coiere eo tempore inter se foedere armorum Macedoniae proceres ad excutiendum Urosii, Rasciae regis schismatici, servitutis jugum R o m a n a e q u e e c c l e s i a e o b s e q u i u m a m p l e c t e n d u m ; contuierunt prius ea consilia com Pontifice (Johanne XXII), qui ipsos ad ea perducenda hisce Uteris inflammavit. cp. 571: Johannes dilectis filiis nobilibus viris Guillelmo Bleniste Protosevastoni, Guillelmo comiti, Paulo Materango ceterisque baronibus regni Albaniae. — Ex fide dignae insinuations assertions non absque patemae compassionis affectu pereepimue, quod vos sub gravi tyrannide illius regis perfidi Rasciae propter temporis oorrupti malitiam inviti convivitis, firrao coneepto proposito illius declinandi perfidiam, quam primum opportunitas arridebit tanquam viri catholici et in orthodoxae fidei veritate fundati — — edueturi in publicum, quod ad tempus dissimulare cogimini, quodque latet de sin-ceritate vestrae fidei ac devotionis introrsum ecc. Subdit Circensem episcopum, quid factu opus sit, ipsis dicturum. Dat. Avinione X V . Kai. Julii (1318?)

Der Guillelmus Bleniste Protosevasto, welcher auf der Adresse dieses Mahnbriefes als der erste, mithin als der vor­nehmste Name erscheint, ist wohl derselbe, welcher 1304 bei Gelegenheit der Übertragung der Regierung an Philipp von Tarent zum Marschall von Albanien ernannt wird, während sein Vater miles Casnesius Bleviscus in Albania den Grafentitel erhält. · [Die Schwierigkeit scheint hier weniger in der Verschreibung der Namen, als darin zu bestehen, dass der Vater nur nach seinem Stamme Kuschneni und seinem Wohnsitze Blinischt bezeichnet wurde, sein Personenname aber fehlt. Es bleibt zu untersuchen, ob Kuschnen nicht etwa ein Personenname sei, den der Stamm von seinem Ahnherrn angenommen, wie Orosch von Urosius, Dukadschin von Duka, Sohn des Dschin u. s. w.] Beides spricht für die Macht dieses Häuptlings. Wurde der­selbe nach dem nur 2 St. westlich von Orosch gelegenen miredittischen Pfarrorte von Blinischt genannt, so fragt es sich, ob hiedurch nicht die Stamme β sage der Oroschaner (in Albanes. Studien I, S. 311, steht fälschlich: in der Famil iensage der Mircdittenchefs), dass ihr Stammvater bulgarischer Abstammung und griechischen Glaubens gewesen und erst nach seiner Einwanderung katholisch geworden sei, ein festes Datum erhalte. 1304 wird er von Neapel zum Marschall von Albanien ernannt, 1318 erscheint er zwar an der Spitze des albanesischen gegen Urosch aufstehenden und zur katholischen Kirche übergehenden Adels, aber sein Verbündeter Andreas Musaki als Marschall von Albanien.

Raynald fährt fort: Aliis (ep. 571) etiam literie excitavit ad constantiam in fide catholica, in qua hactenue pereisterant, Mentulum Musatium, comitem Clissaniae, Andream Musatium, regni Albaniae mareecallum, et Theodorum Musatium protoseva-etonem, atque in euseepto depellendae impii Rasciae regis eervitutis, tuendae fidei catholioae ooneilio confirmavit. Praeterea Bladissaum Cononic, Diocleae et maritimae Albaniae eomitem, virum catholicum, ad premenda alto pectore egregia illa con­silia, cumque affulgeret occasio, explieanda perduoendaque est hortatus (ep. 573).

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1319 Nikolö von Cefalonicn1), jetzt Despot in Epirus, soll huldigen. 1320 Lepanto wird von Philipp's Feinden bedroht. m

1323 Johann von Achaja rüstet sich zum Zuge nach Romania, will landen in Adverdipo (?) und. dort den Johann von Cefalonicn*), jetzt Herrn von Epirus, erwarten, von dort descendet ad golfum Arte, dann gegen Lepanto. '

1328 Jean de Vaux soll Getreide nach Castrum de la Bondica de despotatu Romanic führen 2). — Lepanto vom Feinde belagert. — Philipp ernennt den Ritter Raimondo de Tcrmis zum Grafen von Berat und Avellona und zum Generai-

vicar von Corfu und Romania. ' — Philipp ernennt seinen und Thamar's Erstgebornen Philipp, Despoten von Romania, zu seinem Alterego.

1329 Thobia comes Albanie8) klagt, dass seine und Neapels Fcindo sein Land bedrohen und bittet um den Beistand von Truppen, welche aus verbannten Neapolitanern bestehen.

1330 Befehl, Lepanto zu befestigen. 1331 Walther von Briennc, Titular-Herzog von Athen, erobert Bonditza, welches die Epiroten occupirt

hatten, und ebenso Leukadia. 1332 Friede mit Joannes von Cefalonicn, dominator despotatus Romanie. 1333 Johann von Achaja hat Durazzo durch Tausch erworben. 1334 Tommasino Capogrosso wird Capitän von Durazzo. 1336 Der Dominikaner Dominicus, germanus nobilis viri Comitis Thopie de Regno Albanie, wird zum könig­

lichen Capellan ernannt. — Der König von Serbien4) detinet regnum Albanie et ducatum Duracii8); Prinz Ludwig von Durazzo

rüstet sich zur Wiedoreroberung.

Animati pontifieiis exhortationibus atque auxilii spe Albaniae proceres, ab jura to sc his mate, ad tuendum catholicum dogma in tyrannum insurrexere. Quo aeeepto Joannes eorum constantiam — his verbis extulit (ep. 571) Addit fideles omnes ingenti perfusos laetitia, cum ipsos servitutis schismaticae jugum e cervieibus depulisse, neque illis opera defuturos. Profccto i n i i s s e i n eorum a u x i l i u m armorum foedus Philippum Tarentinum prineipem, Carolum Ungariae regem ao banum Maladinum Boseinenscm; innuunt literae pontificiae ad Philippum Tarentinum datae, quibus bellum adversos Qraeoos schismaticos ac maxime Urosium suseepiese gratulatur pontificiaque opera se non defuturum pollicetur.

Kaynald. 1. c. cap. 36 annus 1320. König Karl von Ungarn erobert von Urosius das ganze regnum Macedoniae bis auf die maritima Macedoniae loca (vermuthlich die albanesische Küste) , und der Papst fordert den Kaiser Friedrich, die Könige von Polen und Böhmen, die Herzoge von Osterreich zur Unterstützung König Karl's in diesem heiligen Kriege auf.

Du Cange Fam. aug. byz. pag. 289 nach Bucelatus in hist. Tarvisina pag. 262: Tandem pace composita, Urosius Hunga-rorum regem ut supremum dominum agnoscere coactus est et ejurato schismate Romanam religionem amplecti, cum longe antea anno sei. 1303 hane se amplecti velle per epistolas significasset Benedicto XI. Raynald. an. 1303 n. 56.

In einer Inschrift der Kirche des heil. Nicolaus in Bari vom Jahre 1319 führt Urosius den Titel Rex Rassiae et Diocleae, A l b a n i a e , Bulgariae ac totius maritimae de culfo Adria a mari usque ad fluraen Danubii magni.

Urosch stirbt 1323. Du Cange 1. c. pag. 289. Nach der Überschrift des oben erwähnten Briefes von Papst Johann XXII. aus dem Jahre 1318 folgt, dass damals

zugleich mit Guillclmus Blcnischti auch ein Guillelmus comes und ein Paulus Materangus von der griechischen zur katholischen Kirche übergegangen seien. Dass der letztere zu den Materangi gehöre, welchen ann. 1304 ihre Privilegien bestätigt wurden, ist wegen der N ä h e der Zeiten sehr wahrscheinlich. Dagegen möchten wir aus der Gleichheit des Namens allein nicht auf ein verwandtschaftliches Verhältniss des im Stammbaum der Hochlandslinie der Thopia erwähnten Matterando Arainites Comi-natus mit diesen Materangi schliessen, welcher als Zeitgenosse von Andreas II. Musaki wenigstens um eine Generation jünger ist als jene Materangi, und bei dem uns Matterandus den Eindruck eines Taufnamens macht; denn auch der Sohn seiner Tochter Suina und Ginnos I. Musaki hiess, vermuthlich nach dem Grossvater, Matterango, und dessen Sohn nennt der Despot Ginno Materango, obgleich beide dem Geschlechte der Musaki angehörten. Uber die Materangi der Jahre 1304 und 1318 läset sich nichts Näheres bestimmen, so lange wir von ihnen nichts Genaueres wiesen als das Angegebene.

1) Nicolo und Johann von Cefalonicn sind neue, unseres Wissens bis jetzt noch nirgends erwähnte Persönl ichkeiten. 2) Die Festung war sonach wieder in den Besitz Philippus gekommen. S. ad ann. 1314. 3) Erste Erwähnung der Thopia. 4) λ\ τβηη es richtig ist, dass Stephan, der Vater von Stephan Duschan, 1333 ermordet wurde, Du Cange pag. 289, so ist der im

Texte genannte König von Serbien Stephan Duschan. Dieser nennt sich Stephanus Dei gratia Romaniae, Solavoniae et Alba­niae Imperator, Du Cange l. c. pag. 292, läset sich 1350 in Skopia zum Kaiser krönen, Epir. Fr. II, pag. 210, und stirbt am 18. December 1366 auf einem Heereszug gegen Byzanz in Deabolis am Fieber, Du Cange 1. o. pag. 292.

δ) Seit wann?

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1337 Andreas Musacius regni Albanic despotus erweist sich bei Gelegenheit von Ludwig's Zug nach Roma­nia1) als treu, daher werden ihm Privilegien ertheilt und sein Besitz bestätigt, und er gibt abwechs-lungswcise einen seiner filii majores, Theodoras sive Jonus, zur Erziehung (d. h. als Geisel) nach Neapel. (Die Urkunde war griechisch ausgefertigt, ist aber nur in lateinischer Übersetzung erhalten.)

— Ausfuhr ad terras Avclonc et Castrum Oaline2) verboten. 1338 Auseinandersetzung zwischen den Linien Durazzo und Tarent. — Tannusius Comes Topiae erhält Privilegien; er wTar abgefallen und hatte wieder gehuldigt, und nun

wird ihm der jährliche Gehalt von 1000 grossi solidi, das ihm Philipp von Tarent super sale Duracii genommen, so wie comitatus Amaet (a Mat) usque Starnpinum8) donatus oidem per Papam bestätigt.

1339 Amelio Sevcrino ist Capitaneus Duracii4). · · ' . 1340 Paolo Brancaccio ebenso6).

§. 3. Auszüge ans Urkunden des Archives von Mailand.

1455 Bericht über Skanderbeg's unglücklichen Zug gegen Belgrad (Berat8). 1456 Skanderbeg erficht einen wichtigen Sieg. ,

— Er sendet dem Herzog von Mailand ein Boss durch Georg Petricius. — November 1. Die Leute des Lech Ducagin occupiren die Festung von Dagno und ermorden den dor-

tigon vonetianischen Hcttoro. 1457 Dio Türken haben fast dio ganzo Ebono Albaniens im Bositzo; Skandorbog hält eich in den Borgon; der

Papst sendet ihm Geld. 1459 Der Albancso Pictro Bua verthoidigt sich in Morea. 1460 Eine päpstlicho Subvention geht an Skanderbeg. 1461 Sai'mbeg ist dominus Argyrokastri7).

J) Der Feldzug hatte also Statt. 2) D. h. Caninac. Bcido Besitzungen gingen also vermuthlich in diesem Jahre an dio Serben verloren; sie waren von 1259 der

Heirath Manfred's, also 78 Jahro lang, in neapolitanischem Bositzo, und stohen dann vermuthlioh 73 Jahre lang unter der Herr­schaft serbischer Dynasten, von denen sio 1414 an die Türken verloren gehen.

8) Wer mit uns a Mat liest und darunter eine Flussgrenze versteht, der wird versucht sein auch hinter dem unmöglichen Starn­pinum auch cino solche.zu suchen und daher Scumpinum zu lesen. Diese Lesart gewährt zwei sehr naturgemässe Grenzlinien für die den Thopias gehörige Grafschaft. Sie entzieht aber der Conjectur den urkundlichen Boden, dass die Thopia von Neapel zu Grafen der Landschaft Matja ernannt worden seien.

4) 1343 Kantakuzen setzt Guini de Spata der Umgegend von Jannina und Musaki Topia der von Arta vor. Alban. Studien I„ S. 318. δ) Das Endejahr der Herrschaft der Anjou in Albanien vermögen wir nicht anzugeben, vielleicht findet sich in irgend einer italie­

nischen Quelle hierüber irgend eine Angabe. Wir fügen bei: 1359 Andreas Thopia von seinem Schwiegervater König Robert von Neapel hingerichtet; auf ihn folgt

Karl I. Thopia, Herr von Albania und Durazzo, β. unten Thopia. A. Küstenlinie. Vor 1385 waren die Neapolitaner abermals im Besitze von Durazzo, denn in diesem Jahre, also zwei Jahre vor Karl Tho-

pia's Tod (1387), benutzt Balscha II. von Skodra die nach dem Tode des Königs Karl von Neapel ausgebrochenen Unruhen und erobert Durazzo mit Sturm (war Karl Thopia, der Schwager Balscha's, neapolitanischer Lehensträger?). Er nimmt den Titel eines Herzoge von Durazzo an und bestätigt die der Stadt von Stephan Duschan ertheilten Privilegien. Orbini pag. 292. Durazzo stand also unter Duschan's Herrschaft, s. §. 4, Nr. 13, Balscha.

Den Abbruch der urkundlichen Nachweisungen mit dem Jahre 1346 erklärt Dr. A u e r b a c h mit dem um diese Zeiten erfolgenden Ausbruch des schwarzen Todes in Unteritalicn und Albanien.

6) Die Jahreszahl dieses Unternehmens war bis dahin unbekannt. 7) Die örtliche Überlieferung kennt zwei Dscha'im, den ersten nennt Arabantinos II, S. 95, als Eroberer von Opa und Bella, doch

setzt er ihn nach uns unbekannter Quelle bereits um 1380 an. Der Uberlieferung nach war er gleich seinem Gefolgsmann Karamurad albanesiecher Renegat. Karamurad bemächtigte sich des später nach ihm Karamuratades genannten Striches im mittleren Woiussathale. Die Sago bezeichnet beide als die ersten muhammedanischen Landherrn in Epirus. Karamurad raubte die Tochter des christlichen Herrn von Delwino, Kaljo, deren Grab in dem berühmten Kloster Molybdoskepaston noch heute gezeigt wird und ist der Stammherr der noch jetzt blühenden Beis von Karamuratades. Sein Sohn Dscha'im eroberte Kjortscha und dessen Nachbarstrichc, baute Moscheen, Armenschulen u. s. w. und liegt in Ljaskowik begraben. A. — Es wäre nicht geradezu undenkbar, dass dies der im Texte angeführte wäre , unmöglich aber kann letzterer der ersto türkischo Eroberer von Argyrokastron sein. Wenn dio Schlacht von Saura, welche Balscha II. von Skodra eammt dem Loben an die Türken verlor, in das Jahr 1385 fä l l t , wenn die letzteren in deren Folgo Berat und Kastoria in ihro Gowalt bokamon, so ist es nicht wohl donkbar, dass die Zononbiei sich gegen dio Türken viel länger in dem Bositzo von Argyrokastron gohalton habon können.

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1467 Alexius Span in Driwasto (Skanderbeg stirbt 1466). — Nach Sicilicn wandern aus Emanuel de Pravata, Zacharias Croppa, Petrus Cuccia, Paulus Manisi.

1468 Ganz Albanien wird nach Skanderbeg's Tod von den Türken occupirt.

§. 4. Über die Aufzeichnungen Giovannis Musaki, Despoten von Epirus. '

Die Tcrle seiner albanesischen Sammlungen fand K o p f während seines Aufenthaltes in Neapel. JEs sind dies die Aufzeichnungen des letzten Despoten von Epirus, Giovanni Musaki, welche derselbe nach seiner Vertreibung für seine Söhne niederschreiben oder ins Italienische übersetzen Hess1). Seiner eigenen Angabe zufolge unternahm er diese Arbeit im Jahre 1510, als das Gerücht von einem bevorstehenden Krcuzzugo gegen die Türken bei den in Neapel lebenden albanesischen Flüchtlingen die Hoffnung der Rückkfehr ins Vaterland erweckte, und zwar in der Absicht, um seine Nachkommen in den Stand zu setzen, bei einer der­einstigen Rückeroberung des Landes den früheren Besitz des Geschlechtes ansprechen zu können. Die Arbeit muss daher auch stets von diesem Standpunkte beurtheilt werden.

Die Aufzeichnungen des Despoten führen den Titel: Brevo memoria degli discendenti dclla casa Musachi di Don Giovanni Musachi, despoto d'Epiro, ai suoi figlioli Don Theodore, Don Adriano e Don Constantino, de quel poco che lui si ricorda, et son nell'anno 1510. Cuncta sub sole vana. Denselben sind vierzig Jahre später von der Hand des Constantin Musachi einige Zusätze unter dem Titel: Breve memoria di Ii discendenti di nostra casa Musachi zugefügt, und diesen umfangreichere genealogische Mittheilungen über verschiedene, meist slavische Geschlechter der Halbinsel angehängt, welche ihm von einem in Venedig lebenden Andreas Angelus2), einem Sprossen des kaiserlichen Geschlechtes, unbekannterweise zugeschickt worden waren.

Soweit der Verfasser diesen Anhang beurtheilen konnte, erschien er ihm von weit geringerem, nament­lich aber die Mittheilungen des Angelus, von sehr zweifelhaftem wissenschaftlichenWerthe, daher er es für gerathener hielt, dieselbe in der folgenden Darstellung unberücksichtigt zu lassen.

Nach dem Alter seiner drei Kinder zu urtheilcn, dürfte der Despot zur Zeit seiner Flucht aus Albanien schwerlich länger als 5 Jahre verheirathet gewesen sein. Bei den frühen Heirathen der albanesischen Grossen spräche die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Despot zur Zeit dieser Flucht (1476?) eher unter als über 30 Jahre alt war; indessen sagt er selbst, dass sein Vater kurz vor der Einnahme von Berat durch die Türken gestorben sei. Wenn nun Skanderbeg im Jahre 1455 das von den Türken besetzte Berat belagert hat, so muss Ginno II. (und Arianitcs Golem, der kurz nach ihm starb) jedenfalls vor diesem Jahre gestorben sein, und da er hochbetagt starb, so müssen wir uns wohl den Despoten zur Zeit seiner Flucht als älter denken und es für möglich halten, dass ihn der Verlust seines Landes, das ihm Skanderbeg wegnahm, gehindert habe, früher zu heiraten; vielleicht geschah dies erst nach Skanderbeg^ Tod. Dieser Vermuthung nach wräre er also zur Zeit, als er seine Aufzeichnungen abfasste (1510), etwa ein angehender Siebziger gewesen.

Da wir für» den Ahnherrn seines Geschlechtes, bis zu welchem seine Erinnerung hinaufreicht, Andreas I. Musaki durch Professor H o p f die urkundliche Jahreszahl 1337 erhalten haben, so umfassen die geschicht­l ichen Aufzeichnungen des Despoten bis zu seiner Flucht aus Albanien einen Zeitraum von etwa 140 Jahren. Doch reichen seine genealogischen Angaben weit über diese Zeit hinaus. ' 1

In den Anhängen sagt sein Sohn Constantin: Don Giovanni mio padre fe fare neirecclesia maggiore de Franca villa in terra de Otranto un tabernaculo de marmo, dove sta il Sacramento, e ce fece fare un'epitafio delle subseguenti parole, e ce lassö tre messe la settimana, videlicet:

Omnipotens Jesul sacrarium hoc tibi Joannes Mosachi, filius En Ghini, Despotie Epirothae et Mosachiae domini, ex urbe Bizantio oriundi bieipitem aquilam habentis insigne coronatum religiose dedicat anno Do­mini 1510. 1

!) Er sagt von eich, dass er bei seiner Ankunft in Italien dieser Sprache nicht mächtig war. Ob die an der Spitze seiner Aufzeichnungen stehende grosse Reihe von lateinischen Trostsprüchen darauf hinweist, dass er lateinisch verstand, müssen wir dahingestellt sein lassen. #

a) Joannes Andreas Angelus Flavius Comnenos als Urkundenfälsoher bekannt, aus dem Hause der Angeli von Drivasto, s. Du Cange fam. aug. byz. pag. 213.

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; Der Despot lebte also auch in Neapel keineswegs in gedrückten Verhältnissen. Sein Todesjahr ist unbekannt; doch erwähnt er in seinen Aufzeichnungen den Tod des Hassan Pascha von Romanien, der 1514 im persischen Krieg gegen den Sofi fällt.

Die nähere Prüfung der vorliegenden Aufzeichnungen hinterliess dem Verfasser den Eindruck, dass sie von einem vornehmen, milden, frommen und, soweit sein Familien-Interesse nicht in Frage kommt, wahrheits­liebenden1) Mann herrühren, welchen das Unglück seines Alters nicht soweit zu verbittern vermochte, dass er nicht auch denen Gerechtigkeit widerfahren lässt, über die er zu klagen hat, und bei seinen Klagen nur die Thatsachen sprechen lässt. Er huldigt überhaupt dem Phrasenpomp seiner Zeit in keiner Weise; seine Sprache ist schlicht und klar und eher knapp als breit.

Nach den Redeformen des Despoten zu schliessen, bildet die mündliche Überlieferung d. h. sein eigenes Gedächtniss die einzige Quelle seiner Aufzeichnungen; auch gibt er an, dass alle Chroniken des Landes ver­loren gegangen seien.

Ϊ. D i e M u s a k i 2 ) .

Der Despot beginnt mit der Angabe, dass zwar von einem Regno di Apolo e Illyria die Rede gehe, dessen König Britannio der Ahnherr derer von Musaki sei, und von dem man bis zu seinen Söhnen zwölf Ge­schlechter zähle; doch hiess es in seiner Familie, dass sie aus Constantinopel stamme und von dort ins Land gekommen sei, um es zu regieren (o vennero dominare in Albania l'Epiro).

Seine Erinnerungen reichen nur bis zu Andreas I.3), welchen er als den Stammherrn seines Geschlechtes betrachtet, und von dem er bis auf sich (beide einschliesslich) sechs Geschlechter zählt.

J) Wenn der Despot, so oft er von Kastoria spricht (dreimal), es niemals zu versichern vergisst, dass diese Stadt von seinem Ururgrossvnter Andreas II. mit Waffengewalt erobert und dadurch Eigenthum seines Geschlechtes geworden sei, ohne sich auf die Widerlegung der Angaben einzulassen, welche diese Eroberung dem Georg Balscha zuschreiben, so setzt er sich allerdings dem Verdachte aus, dass er gegen sein besseres Wissen spreche.

2) In den urkundlichen Eranicn des Professors Hopf werden zwei Musaki erwähnt, zu welchen das Gedächtniss des Despoten nicht hinaufreicht; der eine ist Johann oder Dschin Tanusius, der andere Andreas Musaki.

Der erstere erscheint als Johannes Musaki mit Paulus Groppa bereite im Jahre 1274 als Gesandter der Albanesen vor dem neuornannten neapolitanischen Generalvicar von Albanien, Norjaud de Toucy. Wir möchten denselben für identisch mit dem Dux Ginus Tanusius Albanensis halten, welcher unter den albanesischen Gefangenen genannt wird, die auf königl ichem Befehl von Durazzo nach Trani in Italien (der späteren Hauptstadt des neapolitanischen Lehens Skanderbeg's) gebracht werden sollen; s. Näheres unter ann. 1279.

Der Ausdruck Joannes dictus Musae zeigt, dass der Betreffende nicht als Sohn Eines Namens Musaki, sondern nur als Musakiner gedeutet werden kann; und da die Taufnamen Dschin und Andreas in dem Stammbaum des Despoten wechseln, so ist es höchst wahrscheinlich, dass die hier Genannten dem Geschlechte des Despoten angehören. Da aber Dschin zugleich auch Albanensis und Andreas (1281, Nr. 1) Andreas Musaki de Albania genannt wird, so folgt daraus, dass die Musakja schon in der damaligen Zeit als ein Theil von Albania betrachtet wurde.

Das Verwandtschaftsverhältniss dieser beiden Musaki's ist aus den vorhandenen Urkunden nicht ersichtlich. Dschin dürfen wir zur Zeit seiner Gesandtschaft im Jahre 1274 wohl nicht jünger als 30 Jahre annehmen, und

Andreas, der 1281 bereits veine Frau und mehrere Söhne hatte (s. § . I), dürfte in jenem Jahre wohl auch nicht viel jünger gewesen sein. Beide würden also im Jahre 1318 im Anfange der sechzig gestanden sein. Wir möchten daher den in dem päpstl ichen Briefe dieses Jahres als Marschall des Reiches von Albanien erwähnten Andreas Musachius mit dem in den oben angeführten neapolitanischen Urkunden genannten Andreas dictus Musachius wohl für identisch halten. Was den dux Dschin Tanusius Musachi betrifft, so scheint er vor 1318 gestorben zu sein, denn sein Name erscheint in diesem Bündnisse nicht; wohl aber und zwar an erster Stelle ein Mentulus (?) Musachius, Graf von Clissania, und in dritter Stelle ein Thcodorus Musachius Protosebastus.

Der Name Theodor ist in dem Stammbaum des Despoten mehrfach vertreten; der Name Mentulus klingt jedoch so fremdartig, dass der Verdacht der Verschreibung nahe liegt; vielleicht ist dies der Grund, warum der Name bei Du Cange fara. dalmat. sclavon. pag. 289 ausgelassen ist.

8 ) Die Hopfischen Urkundenauszüge gewähren für diesen Andreas I. das Jahr 1337 als sichere Zeitbestimmung. In diesem Jahre hatte derselbe zwei S ö h n e , die noch so jung waren, dass von ihrer Erziehung die Rede sein konnte, und von diesen heisst der älteste, wie bei dem Despoten, Theodor (der jüngere Dschon ist bei dem Despoten vergessen). Nehmen wir nun, wie wir oben gethan, für den Andreas Musaki, Marschall von Albanien, im Jahre 1318 ein Alter von etwa CO Jahren an, so würde er im Jahre 1337 80 Jahre alt gewesen sein. Wenn es aber an eich schon unwahrscheinlich ist, dass er überhaupt so lange gelebt, so spricht alle Wahrscheinlichkeit dagegen, dase er in diesem Alter 10 — 18jährige Söhne gehabt habe. Wir möchten daher den Andreas I. den Despoten YOm Jahre 1337 für eine von dem Andreas Musaki Denkschriften der philoe.-hlstor. CI. X V I . Bd. Abhandl. von Nichtmitgliedern. n

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Der Stammbaum der Musaki.

1274 Johannes Musacius, Gesandter der Albanesen; 1280 aus der in Brindisi entlassen1). 12S0 Andreas Musac, Petricius' Gegner2). 1318 Andreas3) Μ ;satius, Regni Albaniae Marescallus; Mentulus, C« es Clissaniae; Theodorus Musatius, ProtOTesto.

I. A n d r e a s I. S eb as to c rato r, Regni Albaniae Despotus 1337.

" 1. Theodor Kischetisi s. Nr. II. 2. Jonus.

II. Q T h e o d o r K i s c h e t i s i .

J I L ^ Q j ^ n d r e a s II., Despotus Epiri .:rca 1378) == Etimia, T. PauVs von Gora, Sebastokrator (Balscha II. von Skodra gewinnt Castoria 1378). 1. Ginno I. 2. Theodor Tstoja^ ~ 1. • Comita*) = 2. Kyranna = Λ

erhalt das Bergland. erhält Musakja und erhält Castoria, Q Balscha II. von Groppa von Ochrida S. Nr. IV. Berat. Nao^kommen stirbt kinderlos. Skodra

unbekannt TTZ—"—Γ— * U Kegina*; = Marco von Canino |JL414 kinderlos.

1. Andreas ΠΙ . S. Nr. Y .

IV. Ο G i n no I. = Suina, T. Matterando's Arainiti Comneno. 2. Materango. 3. Blasius.

Ο Ginno von Gora 6]. 1. Bogdan. 2. Ginno. 3. Constantin. 4. Theodor. 5. Giovanni 7). 1. Ν . N. • = 2. Theodora =

Ο Andreas, Renegat. Ο Sinanbeg 1 2) = Yella, T. des Moses Dibranue. ConstantinMiseri von Paul Zardari 9).

1. Ο Ν . Ν . 2. Ο Ν . Ν . Guaeciti8).

Ο Ν . Ν . , Pascha von Romanien, verm, mit einer Τ . des Sultan.

Ο Maria = Brana Conte

4. Bogdan.

O* Ginno Bogdan 1 0).

5. Laldi.

Ο Andreas == Theodora τ ο η

Gora 1 1 ) .

1. Helena • = Ο Ardino Cloppes, Herr von Vresda.

1. Hadschi 2. Hassan Bey. Bey.

1. Andri Bey. 2. Cler Bey.

3. Despina • = Ο Al i Bey, Sandschakbeg von Dschor-

dscha (?).

3. Al i Bey. 4. Murad Bey. 1. Aidin Bey. 2. Agub Bey, Bastard.

2. Condissa » Suleiman Bey

1. Andri Bey. 2. Al i B e y /

1. Ginno II. S. Nr.VI.

V. A n d r e a s III. == Kyranna, T. des Giovanni Sarbissa oder Zenebisi von Argyrokastron.

2. Theodor f 13S9 bei Kossowo kinderlos. 1. • Maria = Arainiti Thopia Comnino Golemo, s. Thopia. 2. Helena : L Philipp, Landherr in Ragusa.

1. Giovanni Autor. S. Nr. VII.

ψ Petrus Musaki _ = Angelina.

Ο Hassan, Pascha τοη Romanien

t 1514.

2. Andreas = Yella, 1. Suina von Sanfina Nichte Skanderbeg's = Moses Dibranus.

S. Thopia. Ο Gino.

• Y e l l a 12), Gattin Sinanbeg'e.

2. Maria = Musaki Comneno d'Angelina.

• Porfida Golem A*). S. Thopia.

VI. G i n n o Π. = Kyranna von Gora, Enkelin des Sebastokrator Paul von Gora i r ) . • '_ 3. Helena = Georg Blandisi von Unterdibra 1 3).

Voisava = Francesco Martino von Theano 1 6).

Δ η h a η g18). h) Andreas der Blinde = Comita von Gora 1 1 ) .

Mighiria. 2. Paulus. 3. Blasius. Q Kyranna = Haidar Bey von Swirina.

1. Federico hat 2. Giovanni 3. Alfonso 1. • Porfida = Giov. 2. Giovanna, 3. Andronica, verm. mit drei Kinder. f kinderlos, hat Kinder. Craggioli, kinderlos, wird Nonne. Giov. Anselmo von Ayno,

, hat Kinder.

VII. G . iovanni (Autor) = Maria Dukadschin.

1. Theodoro. 2. Andriano f 1526. 3. Constantin (lebte noch um 1545). 1. Helena. 2. Porfida 1 7).

1. Giovanni. 2. Gasparo.

4. Comita = Arainiti, Sohn des Arainiti

Musaki 1 4 ).

Ν . N . • = Ν . N. , * Sohn des Helichi von

Czernagora.

Ο Constanün, f um 1600 als letzter seines Stammes.

5. Condissa = Duche, von Neppe in Sparina.

Goisava Balza = 6. Theodora = Lech Duka­dschin, kinder­

los.

*) Vielleicht eines mit Dax Gin us Tanusius Albanensis, der (vor 12S0?) mit. andern Gefangenen nach Trani gebracht wird.

*) Von Neapel fidelis genannt. ') Unbekannt, ob dieser Andreas mitdem von 1280 oder dem von 137? (Eroberer λ - η Kastoria) identisch. 4) Verstössen 1378. *) Alias Katharina; sie kann nicht nach 1378 geboren sein and lebte noch 1420. ') Von den Tarken erschlagen; -wird Herr von Gora genannt, vermuthlich das Dorf Gora am Süd-

Ufer des Schkumb, Pekin gegenüber, nicht die Landschaft Gora. A. ') Hier sind Ginno and Giovanni verschiedene Namen zweier Brüder; da der Despot auch die

Formen Enghino und Enguino gebraucht, so mu.c> der Name deutsch und nicht italieni>-h Aus­gesprochen werden; ob er mit dem geglichen Nam»:n r Dsrh in u identisch sei, ist daher noch die *><i0'e. Ghino hält Dr. A. für identisch mit Ghika. Doch sind die Namen der beiden -uf .rn Brüdt-r Th( ! r und Bogdan, gleichfalls identisch. Sämmtliche fünf Söhne des Blasius wcro..a Vun den T ;;rk >* H"---n<-rn ?.-rs'-;..;.-tu-rt.

A n m e r k u n g e n . ·) Von den Türken getödtet. Guasciti war noch nicht aufzufinden. ·) Siehe Stammbaum der Zardari.

!n) Herr von Merlona in Tomoritza. ") Der Despot sagt, dass Theodora Comita (Frau des Andreas des Blinden von Copes, siehe An­

hang) und seine Mutter Kyranna Schwestern waren. K) Sinanbeg wird nur als Gatte der Yella (Tochter des Moses Dibranus und der Suina Musaki oder

dessen zweiter Frau Mamitza Kastriota) erwähnt. Von Musaki's kommt nur noch ein Bogdan vor, Zeitgenosse desjenigen, welchen wir hier zum Vater des Sinanbeg machen.

u) Auch Carlos genannt. n) Besass eine gute Baronie in Ticbereminiki. , v) Beide Mädchen nimmt Skanderbeg* Witwe mit nach Neape]. '*) T' vh begüterter Edler von Padua. '< ' '·•-•-· wie Porfida Golem, Hufdame von .T han na, Fra-i Königs F t ; r d h

3V> da vag inten. dinau.i von Neapel.

aj Petrus Musaki, vom Despoten als fratello consobrino a mio padre angeführt; von .«ehjer Fr.v wissen wir nur den Tanfnamen. Ihr Sohn Hassan Pascha von Romanien: fu ammazzato in r^rs nella guerra alla giornata contro il Sofi (1514; stimmt mit Hammer 1. c. I, S. 719). Dem».. war der Despot im Jahre 1514 noch am Leben.

b) Andreas Musaki der ini. le, vom Despoten als consobrino carnale col mio padre und als Herr von Copes angeführt; letzteres wahrscheinlich Gopesch, ein Dorf am rechten Ufer des Dewol im Bezirk von Opari.

cj Ginno Musaki, der Im Thalo von Valohala Gefangene (·. Abschnitt die Thopia, in fine); vermuth­lich eins mit dem Giuuo Mu-'aki des Barletius p. 22; derselbe, welcher wohl p. 52 als Cneius latinisirt wird, mit de-« Zuciue, da?? er Bruder des Aidinua sei.

d) Ein Niccolö Musaki, l.orr vo:i T !;rri* K; Pievali bei Valona (nach Uc\ ;

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Er sagt von ihm, seine Söhne anredend: Ich versichere euch (vi certifico), dass Herr Andreas Molo-sachi1) oder Musachi Scbastokrator2) und Herr von Epirus war, das auf albanesisch Pylloria8) heisst, und über die ganze Musachia und andere Gegenden herrschte.

Auch von dessen Sohn Theodor führt er nur an, dass er den Beinamen Kischetisi gehabt habe, welcher „Langhaar* bedeuten soll4).

Der eigentliche Stammbaum beginnt erst mit Theodor's Sohn, dem Ururgrossvater unseres Despoten, Andreas IL, welcher ein Fräulein aus dem Nachbarhause der Comnenen Topia heirathete. Sie gebar ihm drei Söhne und zwei Töchter, von welch1 letzteren die eine den König Balscha (II.) von Skodra, die andere einen Groppa, Herrn von Ochrida, heirathete.

Von diesem Andreas II. erzählt der Despot, dass er mit Hülfe seiner erwähnten beiden Schwiegersöhne die Landschaft und Stadt Kastoria oder Kosturi für sein Haus von dem Herrn Marco Craglia durch Waffen­gewalt6) erobert habe, und behauptet ferner, dass von dieser Zeit an Kastoria in dem Besitze der Familie Musaki verblieben sei, bis es ihnen von den Türken abgenommen wurde.

der Jahre 1280 und 1318 verschiedene Persönl ichkeit und vermutblich für den Sohn eines der im Jahre 1318 erwähnten drei Musaki halten; welches? lässt sich aus dem vorhandenen Materiale nicht bestimmen. Dieser Andreas I. wird von dem Despoten nur Sebastokrator genannt und angegeben, dass erst sein Enkel (Theodoras Sohn) Andreas II. von dem byzantinischen Kaiser in Folge seines Sieges über Vukaschin den Despotentitel erhalten habe. In der neapolitanischen Urkunde vom Jahre 1337 wird aber bereits dem Andreas I. der Titel regni Albaniae despotus gegeben. "Wir kennen ke{n Beispiel, dass Neapel jemals diesen Titel ertheilt h ä t t e , und suchen daher den "Widerspruch beider Angaben durch die Vermuthung zu vereinigen, dass der Despctentitel Andreas I. aus serbischer Quelle herrühre. Denn wir wissen, dass Kaiser Stephan Duschan nicht nur sein Reich und seinen Hof nach byzantinischem Vorbilde organisirte, sondern auch dass er seinen Bruder Komnenos zum Despoten ernannte und ihm das Gebiet von Kanina und Bellagrada zuwies (Do rebus Epiri fragm. II. edit. Bonn. pag. 211). Die letztere Stadt ist aber das heutige Berat, die Hauptstadt der Musakja. Da nun bereits ein serbischer Despot in demsefben regierte, so ist es leicht denkbar, dass dieser serbische Titel Regni Albaniae Despotus auf den Stammhalter des dortigen heimischen Hauptgesehlechtes der Musaki überging, ebenso wie ein anderes Glied desselben den Titel eines Marschalls des albanesischen Reiches führte (1318), welchen 1304 ein anderer Albanese geführt hatte. /

Schliesslich machen wir bloe darauf aufmerksam, dass die in Mittel-Albanien später mächtigen Geschlechter der Thopia bei dem Bündnisse gegen Urosoh Milutin nicht genannt werden, obwohl wir sie bereits im Anfange des XI. Jahr­hunderts in ihren späteren Sitzen ansäss ig nachgewiesen zu haben glauben, dass es uns aber bis jetzt an jedem Anzeichen fehlt, um dies zu erklären.

Wenn aber die Musaki's an der Spitze eines Bündni s se s , wie das von 1318, genannt werden, wenn einer der Ihrigen die Würde des Marschalls regni Albaniae bekleidet, so muss dieses Geschlecht zu jener Zeit sehr mächtig gewesen sein. Nach dem uns bis jetzt über dasselbe vorliegenden geschichtlichen Materiale möchten wir den Gipfelpunkt seiner Macht in diese Zeiten verlegen.

1) Etwa zwei türkische Stunden vor dem Übergange über den Dewolfluss führt die Strasse von Berat nach Elbassan an dem Dorfe Mölas (molle-a, alb. Apfel) vorbei. Es ist der Hauptort eines kleinen 6 — 7 Dörfer begreifenden Bezirkes, welcher nach ihm Molasia genannt wird und jetzt zur Landschaft Suljowa gehört. Vermuthlich war diese Landschaft der Stamm­sitz der Familie des Despoten, welcher sie jedoch für eins mit dem alten Molossia hält. A.

2) Der Despot erzählt , dass es im byzantinischen Reiche nur fünf grosse Titel gegeben habe: 1. der Kaiser, 2. Despot, 3. Sebastokrator, 4. Megaeissate (?), 6. Panypersebastos. Der Titel Despot sei dem des abendländischen Königs gleich und den Prinzen von Geblüte und einigen Grossen entweder persönlich oder erblich (wie den Musaki's) gegeben worden. Der mit diesem Titel Beliehene sei gesalbt und consecrirt worden und habe den doppelköpfigen kaiserlichen Adler als Wappen geführt.

E r zählt fünf Despoten auf, den von Serbien: lo despoto de Servia, che f ü n o s t r o d e s p o t o , Vuk Vukovich, dessen Sohn Georg und Enkel Lazar mit zwei Brüdern; dies Despotat sei seit kurzem von den Türken erobert und die Familie erloschen. 2. Codrilli von Sograno. 3. Der Despot von Nicopolis und Dariopolis. 4. Der Despot von Epirus, Andreas Musachi und 6. der Despot von Arta, Carlo Tocco; dann führt er weiter sechs Despoten aus dem kaiserlichen Hause der Palaeologen und einen Kantakuzen auf.

3) Pül- i heisst im Albanesischen Wald , wonach die Albanesen Epirus „das Waldland" genannt hät ten , und wozu sich das albanesische Pulati (wörtl ich Waldländer) und die neapolitanische Pulja stellen.

*) Der Despot sagt: II proprio vocabolo in lingua albanese Chisoetisi vuol diri trezze, ehe cosl lui le soleva portare, come recordo che in tempo nostro (auch heute noch) in questo regno generalmente Ii portavano in sino alle spalle. S. über diese Haartracht Alban. Studien I , S. 172. In Permet heisst sie Grechetta, in Awlona Gülschotta, in der Chimara Kuschetta. A.

*) S. den wahren Sachverhalt unter dem Abschnitte Balschen, wonach Balscha II. Kastoria durch Verstossung der Tochter Andreas II. Musaki und Verheirathung mit Helena, der verstossenen Gemahlin dee Marko Wukaschin, im Jahre 1378 erwarb

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Doch ist dies nicht die einzige Waffenthat Andreas TL, denn er schlug schon vor der Eroberung von Kastoria einen Eroberungszug des Bulgarenkönigs Vukaschin l) gegen Epirus ab, indem er demselben bis zum Berge Peristeri, also bis in die Nachbarschaft von Monastir entgegenzog und bei der Quelle Dobrida, welche Albanien von Bulgarien abgrenzt, eine Schlacht lieferte, in welcher er Vukaschin gefangen nahm. Zum Dank für diesen Sieg erhielt er von dem byzantinischen Kaiser dio Investitur von Kastoria, den Titel eines Despoten von Epirus, mit dorn Privilegium des goldenen Siegels und einen Thronsessel, auf welchem das kaiserliche Wappen in Perlen gestickt war.

Andreas thcilte seine Besitzungen untor seine drei Söhno und gab dem Erstgebornen, Ginno I., Tomo-rizza und die beiden Devol, dem zweiten, Theodor, dio Musakja mit dor Stadt Borat') und dem jüngsten, Stoja, die Landschaft Kastoria. Der letztere .starb kinderlos.

Ginno l.% dor KrMgobonio Andreas* IL, IjoiY.'ithoto ein l<Y«uloin aus tier iwimilio *omor nördlichen Naoh harn» dor Topia» und rou -fo mit ihr fünf Söhno und /.wo» Töohtor.

Zu seinen /oiton beginnen dio Itorilhrungon dor r-amilio mit fllrkisohou Goso MooUtorn, denn MM no jüngste Tochter (Ymlissa i>t dio Gattin oinos Soliinan Boy; oh freiwillig odor gowungcn, wird nioht angegeben, und wenn dor (Gemahl dor idteren llolona nicht bereits ein Türke war, so gehen doch ihre beiden Söhne sichor zum Islam über, und war ihre Tochter an den Sandschak von Dschordscha verhoirathot. Es wiiro möglich, dass dio ungohouoron Vorlusto, welche dio Nobonzwcigo der Eamilio durch dio Türkon orlitton, .

und dessen Neffe und Nachfolger Georg II. die Stadt etwa im Jahre 1380 an die Türken abtrat Nach Hopf war Kastoria vor­übergehend auch im Hcsitze des Mosos Dibranus; 8. über diesen im Abschnitte dor Thopia,

1) Vater des vorerwähnten Marko. Kin anderor Sohn Vukaschin*«, Ivanitsoh, füllt mit Halsoha II. in der Khono von Saura gegen die Türkon l.W>. β. unter Halsoha. — Der Despot sagt: Vucaseino, ro di Hulgaria, oho commandava quasi in sino a d Ailria-nopoli cd ora sempre stato inimioissimo del imperatore di Oonstantinopoli. Andreas II. fängt auoh doeson Sohn Dusolandi (?) in der Schlacht an der Dobridaqucllo , woloho wir bei der heutigen Grenzscheide zwischen Albanion und Bulgarien bei dem llano Diavato, I St. westlich von Monastir, suchen mochten. Hier dürfte auoh der Flocken Pylon gelogen haben, von dem Slrabon p a g . 323 sngt: l>io via Kgnatia führt ύ\ά ΜυΚωνης.τόπον ορίζηντης ιν rVJ η/ν π Ίλλυ/ϊύΪΛ xod τήν Μαχιϋονίαν. — Leider war liter das Wetter so schlecht, d a s s wir darüber n a o h der alten neuen Grenze zu vergasson.

1) Dass Herat als Centrum des ga iv / .en Landes und d i o fruebtbaro Musakja d e m Ζ w ο Η gohornen zugefallen sein soll, klingt sehr verdächtig. Übrigens wird auoh Herat und die ganze Musakja den Musaki durch die Hrüdor Halsoha von Skodra entrissen und fallt dio Festung bereits nach der Schlacht von Saura 1385 in die Hände der Türken, Das Schicksal dos platten Landes m a g »

namentlich während «los ollfjahrlgon türkischen Interregnums nach Hajazed's Tode, schwankend gewesen sein; dass die Türken aber während desselben auch die Festung verloren, wird nirgends erwähnt, her Despot sagt, dass die Musakja sowohl von seinem Vater als von seinem (Jrossvator an die Türkon verloren und wieder erobert wurde. Auch setzt seine Angabo, dass Glnno II,, sein Vater, kurz, vor der Kiuuahmo von Herat durch dio Türkon gestorben sol, einen Wechsel (in HesU/e dieser Festung seit Ι,ΊΗΛ voraus, von welcher u n s e r e Quollen nichts wissen. Dass sie r.u Skanderbeg*» Zelten In Händen der Türken war, zeigt dessen verunglückter Holagortingszug im Jahre ΜΛΛ, Die früheste Stelle, In welcher Herat mehr als ItcllJtutlg erwähnt wird, (ludet, sich u n s e r e n Wissens bei Cedron cd, l l o n t i . pag, l7o\ Dort heisst es namlleh, dass, als Kaiser Hanlllns im Jahre 1017 das bulgarische Kelch erobert hatte und auf seinem Zuge von Ochrida nach Athen In der Festung Ntagol verwellte, Flomagos, der Herr von llclgrad, mit seinen (Jollegen In Sklavenkleldern vor dem Kaiser erschien und Ihm s e i n e Unterwerfung darbrachte (Ί'.Χίμά^ας 6 rel>v Ηιλινράϋων άρχων μ«τά τών συνοφχόνπ«ιν «OroO). Diese Mitherrschaft dürfte wohl auf eine der slavisohou Semeja ahnliehe Verfassung und mithin die Stadt Im Hositzo von Hulgaren hinweisen, wie j a noch die Krouzfahror Mittel-Albanien nur untor dorn Namen Bulgaria kennen. LHÜH ernennt Philipp von Tarout den Hitler Kaymund von Tennis /um Grafen von Herat; aber im Jahro 13-U hatte Herat noch kaiserlich byzantlnisoho Hosatzung; denn Kantakuzen gedenkt eines verunglückten Versuches der um Pagonianl und Llwlsta sitzenden Albanesen, derselben die Festung abzunehmen. Wenn d a h e r die Musaki jemals in dein unabhängigen Hositzo von Herat waren, so kann dies, nach allem obigen, stets nur für kurze Zelt der Fall gewesen s e i n . — Wir gedenken hier n o c h einer Angabe des Harle!lu« pag. ÜUl it. IV. ( e d i t . Argentoiat. IM7). Vor s e i n e i n Zuge gegen Herat (MftM s a g t »Skanderbegι nmnes vero inemltiUtU, quod post Thoodorl Corouuo regull ejus loci mortem, Intentus j a m prldem Amurathos ucfarla Id s l i d arte nlcut caetera von-dlearlt, und holVt auf die Unterstützung der zahlreichen, die Festung der Stadt bewohnenden Christen, Die Türken wollen diose auch wirklich aus der Festung entfernen; aber die Christen berufen sich auf ihre langjährige, dem Sultan erwiesene Treue und fügen h ö h Timerl posHO, sl allqua Thoodorl soboles ο x tarnt, — extlnotam cum eo esse omnem Helgradonslum »oeietatem et e o n H a n g u i n l t a t e m omn Kplrotarnm gento. Sie blieben in der Festung, leisteten (larnlsonsdlonsto und bewiesen •ich treu. Theodor war also Albanese, aber mit solnem Stamm stirbt auoh das Hand zwlsohon Heratlneru und Albanesen ab. Wenn wir Harletlus grossere Auetoritat in dergleichen Fragen zuerkennen kannten, so ergab© sieh aus seiner Auffassung, dass Korona und die Musaki'* (die Harletlus oft erwähnt) einander gänzlich fremd waren, Korona künutc denkbarerwclsc eine Latlnlslrung des unten *u erwähnenden Dorfes Korunja, und dieses Theodora StammslU gewesen sein,

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sowohl den Übertritt dieser Enkel Ginno's I. als die seines Urenkels Andreas veranlasst hlitten; denn dessen Vater Ginno wurde vielleicht um diesclbo Zeit von den Türken erschlagen, in der sie die fünf 'S-Imp fies Blasius, des dritten Sohnes Ginno's I., gefangen nahmen und ihnen die Glieder mit Hämmer zerschlug,«rs '). Dieser Blasius hatte auch eine Tochter, wclcho an Constantin Misscri, Herrn von Guaschiti verhrirathet war und der gleichfalls von den Türken erschlagen wurde. Beider Sohn scheint ein Günstling des Sultans geworden zu sein, denn er machte ihn, dem Despoten zufolge, zum Pascha von Romanien und gnb ihm seine Tochter zur Frau.

Diese Familicnkatastrophcn dürften, der Geschlechterfolge nach zu urtheilen, in die'Regierungszeit Andreas III. oder Ginno's IL, Vaters unseres Despoten, fallen; doch erwähnt er derselben nirgends ausdrück­lich und ergibt sie sich nur vermuthungsweise aus der Betrachtung des Stammbaumes.

Auf Ginno I. folgte dessen Erstgeborener, Andreas III. Dieser hatte Kyranna, ein Fräulein aus uem Hause der Herren von Argyrokastron, zur Frau, welche ihm zwei Söhne und zwei Töchter schenkte; die eine von diesen, Maria, heirathete den berühmtesten des nördlichen Nachbargeschlechtes der Comnencn, den AraV-nites Topia.

Ihm folgte Ginno I L , der Vater unseres Despoten, welcher mit einer Kyranna von Gora zwei Söhne und sechs Töchter zeugte, von welch letzteren drei an Komncnen, Thopia, und eine an einen Dukadschin ver-heirathet wurden2).

Auf Ginnoll, folgte sein erstgeborner Sohn Giovanni als letzter Regierender der Familie, der \ »Hasser der vorliegenden Aufzeichnungen. Er vermählte sich mit Maria Dukadschin, welche ihm drei Söhne, Theo­dor 8), Adriano4) und Constantin, und zwei Töchter, Helena und Porfida, gebar. Der Anhang nennt Constantin's Söhne Giovanni und Gaspari und des letzteren Sohn Constantin5).

So viel über den Stammbaum unseres Despoten; wir gehen nun zu seinen geschichtlichen Erzählungen im engeren Sinne über.

Er leitet den Sturz des byzantinischen Reiches aus dem Thronstreite der Paläologen mit Kantakuzen ab, in welchen die Paläologen Amurat, den Herrscher der Türken, zu Hilfe gerufen. Dieser letztere sei 1363

*) Ε tutti cinque suoi flglioli Ii prese il Turco e Ii fe morire rompendole le ossa con martcllo. a) Der Despot gibt an, dass seine beiden Eltern in der Marienkirche von Serezia Bunga begraben seien, doch mit «lern aut­

fallenden Unterschiede, dass er von Ginno II. sagt, er sei fuori della chiesa begraben, von Kyranna aber, sie sei atteratta in detta chiesa. — Nach der örtlichen Sage liegt der letzte Odschak (d. h. regierender Herr) von Opari · in Jinokas (sprich das j französisch aus, anderwärts verhärtet es sich zu dsch) l St. von der heutigen Ortschaft Serez begraben. Ferner sagt man, dass er bei der Belagerung von Salonik durch Murat II. (1430) im Dienste der Venetianer mit einem Corps leichter Truppen (Baschibosuk) in der Stadt gelegen und dem Sultan die Thore geöffnet habe, wofür er nobst der ganzen Landschaft Opari vom Patriarchen in Constantinopel verflucht worden sei. Die Geschichtsquellen sprechen zwar von räuberischer Besatzung und türkischen Sympathien der Einwohner, gedenken aber keines Verrathes von Seit«, der ersteren. A. Wegen solcher That konnte übrigens auch der Bann von Rom aus erfolgen. Im Jahre 1318 sind die M . eaki's bereite Katholiken, und unser Despot war ein sehr frommer.

8) Er war zur Zeit der Flucht V/2 Jahre alt. 4) E r war zur Zeit der Flucht i y 2 Monate alt, ging in französische Kriegsdienste und starb im Jahre 1626 in Frankreich,

vermuthlich an Gift. Hopf. ft) E r stirbt um 1600 als der letzte seines Stammes. Hopf.

Der unten folgende Stammbaum der Musaki wurde gleich den übrigen, soweit die Aufzeichnungen des Devoter die Mittel dazu boten, auch auf die in Italien geborenen Nachkommen der Ausgewanderten ausgedehnt, weil sie in dieser Form eine beachtenswerthe Thatsache ergeben. Vor der Auswanderung zeigen diese Stammbäume nämlich keinerlei Wechselheirathen zwischen dem albanesischen und neapolitanischen Adel auf, der erstere heirathet viel mehr strenge unter sich; nach seiner Einwanderung nach Neapel vermischt er sich aber in der Art mit den neapolitanischen Geschlechtern, dass solche Wechselheirathen die Regel, und Verbindungen der Ausgewanderten unter sich die seltene Ausnahme bilden. Hieraue folgt vor allem, dass der albanesieche Adel nicht nur in Bezug auf seine Abstammung, sondern auch auf seine Bildungsstufe von dem neapolitanischen für vollkommen ebenbürtig gehalten werden musste. Bedenkt man ferner, dass die Ausgewanderten wohl durchweg in dem Zustande gänzlicher Mittellosigkeit aus ihrem durch den fast hundertjährigen Vernichtungskampf mit dem Halbmond erschöpften Vaterlande geflohen sein dürften, so erscheint wohl die königliche Gunst, welche den Flüchtl ingen zu Theil wurde, allein schwerlich hinreichend, um diese rasche Vermischung zu erklaren, und legt eich daher die Vermuthung nah, dass zu derselben auch die persönl ichen Vorzüge der Auegewanderten wesent­lich beigetragen haben dürften. In der That gedenkt auch Barletius der grossen Körperschönheit der Kastrioten und Thopia'e, und wird dieselbe wenigstens in Bezug auf Skanderbeg von dem Despoten bestätigt.

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nach Europa gekommen und habe sich in Adrianopel festgesetzt1). Sein Nachfolger Murad TT. setzte die Ero­berung fort und vernichtete das vereinte Heer der Serben, Bulgaren und Albanesen (auf dem Amsclfelde 1389). In dieser Schlacht fielen Theodor, der zweitgeborne Sohn Andreas III. und Oheim d'v- Autors, und andere albanesische Herren, und bethciligtc sich auch Marco re di Bulgaria2). Darauf begannen die Einfülle der Türken in Albanien, welche einer Menge albancsisehcr Herren das Leben kosteten, und wenn auch die übrigen sich wacker zu wehren fortfuhren, so nahmen doch die Kräfte und Mittel der Albanesen in dem Gnide ab, in welchem die Macht der Türken stieg. So kam es, dass Kroja und Awlona in den Zeiten Hajazct's vc loren gingen und Andreas III. aus einem Theile von Dewol und der Musakja vertrieben wurde, und sich nu: im Besitze seiner übrigen Länder behaupten konnte. Doch gelang es ihm, auch das Verlorene wieder zu erobern3). Ebenso verlor Ginno IL, der Vater des Despoten, die Musakja und eroberte sie wieder zurück.

Den Zustand, in welchen Albanien durch diese aufreibenden Kämpfe vor Skanderbeg's Rückkehr versotzt worden war, schildert der Despot mit folgenden Worten: „Die albanesische Jugend war fast gänzlich auf­gerieben, und von den älteren Herren waren nur folgende übergeblieben: Arianites Comninos, G<>iko Balsa, (von Misia), Nicolaos und Paul Dukadschin, Ginno II. Musaki, Andrea Thopia*) und Peter Spani5); doch alio diese waren alt und an Kräften und Mitteln sehr geschwächt; es waren zwar auch noch einige Söhne von diesen übrig, aber wenige; doch obwohl wir bereits viel Land verloren hatten, so wehrten wir uns doch nach Kräften.*

Da erschien Skanderbeg, und so lange er lebte, blieb der Sieg seiner Fahne treu, wenn er auch viel edles Blut kostete.

„Endlich wuchs die Macht der Türken durch die Eroberung von Bulgarien, Serbien und Morea der­gestalt, dass wir nicht länger widerstehen konnten. Sie eroberten von neuem die Musakja mit der Haupt­stadt Belgrad; doch waren kurz vorher mein Vater und sein Schwager Arai'nitcs vor Alter und Kummer ge­storben.

Als nun auch Skanderbeg im Jahre 1466 in Alessio am Fieber starb, könnt ihr euch denken, in wei­cher Lage er das Land zurückliess , das einen solchen Führer verloren hatte, und von dessen Jugend nur wenige vom Schwerte verschont geblieben, während fast alle Väter bereits vor Alter und Kummer erlegen waren.

Skanderbeg's Gattin floh mit ihrem jungen Sohne Johann und ihren Nichten, meinen Schwestern, deren Männer im Kriege gefallen waren, nach Neapel, wo sie gute Aufnahme fand.

Ich, fährt der Despot fort, blieb, nebst einigen anderen Herren, noch sieben Jahre im Landef'), und w», wehrten uns mit dem Beistande Venedig's in den letzten Zufluchtsstätten unserer Staaten gegen die Angriff«-der Türken.«

Darauf erzählter, wie er allen glänzenden Einladungen Mohamed's, der öfter an ihn geschrieben, wid« . standen; wie er den Venetiancrn beigestanden, als Friedrich von Aragonien, der damals noch Prinz war, mit der Flotte des Königs Ferdinand vor Durazzo erschienen war, und wie er die Stadt entsetzt habe, und beschwert sich, dass die Venetianer ihm diese Hilfe damit gelohnt, dass sie ihn nicht in ihrem Frieden mit

!) Da es eich hier nur um die Anschauung des Despoten handelt, so bedürfen seine chronologiechen und genealogischen Fehler keiner Berichtigung.

2) S. über diesen am Schlusso des Abschnittes. 3) Vermuthlich bei der durch die Gefangennahme Bajazet's in der Schlacht von Angora im Jahre 1402 eintretenden Reaction. 4) Auffallend ist, dass hier Arainites Comninos weit von Andreae Thopia getrennt und letzterer neben Spani erscheint. b) Barletius 37 nennt ihn liiepanus und gibt ihm vier einander ähnliche Söhne, Alexius, Bosdariue, Urus (?) und Mirku?.

Er stellt ihn bei der Fürstenversammlung und bei der Belagerung von Balesium neben Lekkas und Petros Duechmanus* et alii reguli vicini, quibus Peones Pelagoneeque euperioree uequo in Mysiam, Sardonici (von der alten Stadt Sardes, jetzt Schurda) et oppidula quaedam ad loca circa Driwaetum et Baleeium parebant. Sie vertreten also eowohl die Ma-lisor als deren westliche Nachbarn.

e ) Demnach hätte er bereits 1473 Albanien verlassen, wir wissen diese Angabe nicht mit der weiter unten folgenden zu vereinigen, dass er von den Venetianern nicht in deren Frieden mit den Türken einbegriffen wurde; wenn er unter diesem Frieden denjenigen versteht, in welchem sie Skodra an die Türken abtraten, denn dieser erfolgte erst 1478. Weiterhin setzt er seine Flucht aus Albanien sogar auf sechs Jahre nach Skanderbeg's Tod, und dennoob gibt er ansdrücklioh 1476 in circa als das Jahr seiner Fluoht an.

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den Türken einscldiesscn wollten, sondern ihn denselben preisgaben. Auf diese Nachricht, welche ihm eini ^ Edle aus Durazzo zukommen Hessen, entfloh er bei Nacht und verkleidet aus seinem Hause und setzte aui einer Barke, die gerade segelfertig war, nach Neapel über. „Dies geschah im Jahre 1476 in circa. Von den übrigen Herren aber flohen die einen, und die andern wurden Türken, und somit war alles verloren.a

Die Frau des Despoten, Frau Maria Dukadschin, war damals mit ihrem zweiten Sohne Adriano im achten Monat schwanger. Sie floh verkleidet nach Durazzo, kam dort heimlich nieder, und das &ind wurde heimlich auf das Land geschickt, und die Bauern, welche bei seiner Taufe zu Gevatter standen, wussten nicht, wer es sei; die beiden andern Kinder, Theodor und Helena, waren bei andern Edlen versteckt.

„Plötzlich erschienen türkische Commissäre in der Stadt und suchten nach der Mutter und den Kindern. Man hatte kaum Zeit, die Wöchnerin unter eine Federdecke zu verstecken und die Vorhänge des Bettes zu schliessen. Doch wollte es Gottes Barmherzigkeit, dass der türkische Commissar sie nicht fand, als er das Haus durchsuchte.a

Nach einem Monate besorgten die befreundeten Durazziner mit einigen Vasallen des Musaki die heim­liche Einschiffung der Familie nach Pulja.

Der Despot fand bei dem alten König Ferdinand gute Aufnahme, derselbe gab ihm eine Pension und sogar das Versprechen, ihn mit der Landschaft Apice zu belehnen; doch hinderte ihn der Tod an der Er­füllung desselben1).

B e s i t z u n g e n d e s G e s c h l e c h t e s d e r M u s a k i .

Wir entnehmen den Angaben des Despoten, dass die Besitzungen der Musaki im grossen Ganzen das natürliche Gebiet des Dewolflusses und seines Hauptnebenflusses, des Bcratino2), begriffen. Sie erstreckten sich nämlich über folgende zusammenhängende Landstriche:

1. Die Musakja. —Dass der Despot den Namen Musakja von der alten Molossia ableitet, ist oben erwähnt worden; wir dagegen möchten diesen Namen lieber auf den unter den albanesischen Adclsfamilicn häufigen Taufnamen Moses zurückführen und demselben die neugriechische Deminutivendung -aki anhängen (da auch noch heute ein grosser Theil der Stadtbevölkerung von Berat, der Hauptstadt der Musakja, griechisch spricht) und dieser dann die griechische Territorialendung -ja8) zufügen. Wir übersetzen daher Musakja mit Land des jungen oder des kleinen Moses und berufen uns für den Gebrauch, das Land nach dem Taufnamen seines Herrn zu nennen, auf Karliii 4), Land des Karlo Tocco, und Bogdanja, Land des Bogdan, und auf die in dem Abschnitte: „Die Komnenen Thopia* angeführte Stelle des Chalkokondylas, worin er von den Ländern dea Sandal, des Iwan und des Arianites spricht, ohne sich um deren nähere Bezeichnung zu kümmern.

Wie zu den Zeiten des Despoten, so unterscheidet man auch heut zu Tage zwischen einer grossen5) und einer kleinen Musakja6). Sie werden durch das Rinnsal des Beratino (Semoni) von einander getrennt. Gegen-

1) L a mia Jniqua fortuna non satia ancora, per la sua morte e repentine guerre reetai come nave senza nocchiero in gr.in temp es ta privo de facolta e senza intendere la lingua italiana.

2) Zum Belege kann folgende Stelle des Despoten dienen, welche von Mosaki Thopia, dem Neffen des geschichtlichen Arainites Golem, also von keinem aus dem Geschlechte Musaki, sondern von einem Comnenen handelt. II Signor Moise Comnino Arainitis suo padre fü Mosachi, fratto del Signor Arainiti Comninato — β questo Moise (vom Sohne redend) ebbe per moglie Suina Mosaohia (d. h. aus dem Hause der Musaki, denn sie war die Schwester unseres Despoten), quella che fu la moglie del Signor Musaki Topia (Sohn), ehe disparti Scanderbeg da iui, um ihm seine Schwester Mamitza zur Ehe zu geben, e questo Signor Moise (Sohn) fit un valent'uomo. Hier wird also sowohl der Vater als der Sohn bald Moses, bald Mosaki genannt.

s ) Dies zeigt Arbanitja, Zagarja, Wlachja Yi. s. w. 4) Der türkische Name für Aetolien und Akarnanien. *

5) Der Despot nennt diesen Landstrioh jedoch niemals Musaohja maggiore, sondern nur Musakja schlechthin, wohl aber gebraucht er den Ausdruck Musakja minore. A.

6) Heut zu Tage ist der Begriff der kleinen Musakja sehr elastisch. Denn im engeren Sinne beschränkt man ihn auf den zwischen der Mündung des Beratino (Semeni) und der der Wiussa gelegenen Küstenstrich, welcher im Alterthume vermuthlich dem unmittelbaren Stadtbezirk der hellenischen Apollonia bildete und theilt ihr also weniger als der Despot zu; im weiteren Sinne dehnt man ihn jedoch sogar über die länge des Südufere der Wiussa bis zu deren Mündung gelegenen Striche aus, und unterscheidet sie von der nÖrdlioh τ ο η der Wiussa gelegenen durch« den Beisatz Musakja

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wärtig erstreckt sich die grosse Musakja von dem rechten Ufer des Beratino nordwärts his zum linken Ufer des Schkumb. Wenn wir jedoch die Angaben des Despoten richtig verstehen, so begriff die damalige Mu­sakja auch die nördlichen Uferstriche des Skumbino-Flusses1). Er sagt nämlich: „Belgrad ist die Hauptstadt der Musakja, und deren Grenze beginnt von der einen Seite mit dem Dorfe Karunja und mit einem andern Namens Giossi2), einem dritten Basti3) und einem vierten Miliota und kreuzt den Fluss Skumbino (e passa il fiume Scombino).**

Auf dem Wege von Tekin nach Elbassan, etwa 3 / 4 Stunden östlich von erstcrer Stadt, erinnert sieh der Verfasser eines Dorfes in einer Ilügelfalte, nordwärts von der Strasse, also auf dem Nordufer des Schkumbi, das man ihm Korunja nannte und das ihm wegen seines spanischen Klanges auffiel.

Der Despot sagt weiter: „und die ganze Musakja gehört zur Stadt Belgrad bis zum Flusse Viossa, an der Stelle, welche „die zwei Felsen* heisst (due pietre)." — In der so gefassten Musakja erwähnt er die kleine Musakja oder la Tomenista4) als besondere Abtheilung, welche an das südliche Stadtgebiet zu Berat zu stossen scheint.

2. Die Landschaft Sclcnitza bis an's Meer mit vielen Ortschaften5). 3. Tomornitza, das ist die heutige den vereinzelten Bergstock des Tomorgs begreifende Landschaft Tomo-

ritza6), östlich von Berat, welche nach der Angabe des Despoten zu seiner Zeit ungefähr 60 Dörfer zählte. Von dem Dorfe Dardasi (noch vorhanden) bis Terkotinje (?).

4. Sclepari mit 18 Dörfern 7 ) . 5. Serki. 6. Medigni. 7. Duschari8).

von Awlona (Wljorese). In dieser liegt der Erdpechbezirk von Selenitza, -welchen der Despot unter diesem Namen als eine von der Musakja getrennte Landschaft ^unterscheidet. In diesem Sinne ist also die heutige Musakja grösser als die des Despoten. A.

J) Das ist die noch heut zu Tage in dem Becken des Ochrida-Sees gebräuchliche Namensform, während er in Elbassan und an der Secküste Schkumb-i genannt wird.

2) Das heutige Dorf Gossa liegt 2 St. westlich von Pekin. A. 8) Wenn dieser Ort mit der 1 / 2 St. von der Skumbi-Mündung gelegenen Burg Bastowa eins sein soll, so findet sich

schwerlich Baum für den vierten Ort an der nördlichen Gränze; I, S. 118, Nr. 12. Diese Burg liegt etwa 6 St. westlich von Korunja.

*) Unter diesem Namen scheint der Despot den zwischen der Wiussa und dem Beratino gelegenen Bodenraum von den „zwei Felsen" bis zur Küste zu begreifen. Die zwei Felsen sind der Pass von Ulunetz, durch welchen die Wiussa aus ihrem Mittelgebiete in ihr Küstengebiet tritt. Dieser Raum zerfällt heut zu Tage in drei Bezirke:

aj Ober-Malakastra, von dem Passe von Ulunetz bis zu dem Janitzathal. b) Unter-Malakaetra; es begreift das liebliche Gebiet der Janitza, eines Nebenflusses des Beratino. Sein Hauptort

heisst Kumani. Dies ist la contea di Guomini des Despoten, welche Skanderbeg an sich rise, während er auch den Musaki die östlich anstossenden Berglandschaften Tumenischte und Topornitza wegnahm. ·

c) Die kleine Mueakja, im engeren Sinne oder das Sadtgebiet der alten Apollonia längs der Küste zwischen den Mündungen der Wiussa und des Beratino (Semeni).

Die grosso und kleine Musakja, im weiteren Sinne (a, b, c) bis zu dem Nordufer der Wiussa bilden den heutigen Bezirk von Berat. A.

δ) Selenitza (slav. Buchsbaum) ist das an sich unbedeutende Hauptdorf des Erdpechbezirkes von Awlona. Der Despot scheint hier also die Besitzungen der Musaki über das Südufer der Wiussa auf den Landstrich auszudehnen, welcher, wie wir oben sahen, gegenwärtig die Musakja von Awlona genannt wird, anderwärts nennt ihn der Despot das Gebiet von Kanina. Dieses Gebiet bildete aber den Kern der Mitgift, welche Manfred von Hohenstauffen von seinem Schwiegervater Theodor, Despoten von Epirus, erhalten hatte, und ging von diesem unmittelbar an die Anjou über, wie wir oben sahen. Es ist uns daher unwahrscheinlich, dass Andreas II. Musaki diesen Strich jemals eigenthümlioh besessen haben sollte.

6) Der Despot gibt seinen Söhnen Aufschluss über eine in Tomoritza befindliche Goldmine mit folgenden Worten: „In Tomoritza ist ein Dorf Orehowa (Nusedorf), welches am Abhänge (an welchem?) des Berges liegt, durch das Dorf fliesst ein Bach; von der andern Seite und zwischen dem Dorfe und dem Berge flieset ein kleiner Bach und zwischen diesem und dem Berge ist eine Goldader (vena d 1 oro).M

7) Ein Theil des heutigen Bezirks Sprapari, am Südufer des Beratino. A . 8) Nach Leake's travels in northern Greece I, 344 folg. sind noch heut zu Tage Tomoritza und Opari von Hopari zwei bei

Guriprei (Gur i preri, zerschnittener Stein) aneinander grenzende Bergbezirke, durch welche der Weg von Berat nach

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104 ./. G. v. Hahn

8.1) Die Landschaft Opari oder Chopari2), welche von Schiavoni bewohnt ist, mit den Dörfern: Fostazzc, ßeci (heute Betzi am Bcratino), Maserechi, Laudari, Mariani, Ceriaskeli (heute Zerio), welche sämmtlich von Albanesen bewohnt werden.

9. Die Landschaft Gross-Dewol mit der zerstörten Stadt Veskop3) und (der heutigen Bezirkshauptstadt) Dschordschabis zum Dorf Savojanna(Sovjanni) und Viola (?), wo grosse Fische undOapituni(?) gefangen werden.

10. Endlich Klein-Dewol bis .zur zerstörten Stadt Nestramo4). Weitere chorographischc Angaben über die genannton Landschaften als die angegebenen enthalten die

Aufzeichnungen des Despoten nicht, wohl aber geben sie uns die allgemeine, auch geschichtlich wichtige Notiz, dass der Dewolfluss die Grenzlinie zwischen den Besitzungen der Musaki und denen der Thopias bildet.

Dies sind die Stammherrschaften des Musaki nach der Angabe des Despoten. Als Länder, welche durch das Aussterben der herrschenden Geschlechter dem Stamme der Musaki nach

Erbrecht zufallen sollten, nennt der Despot: 1. Ochrida (anderwärts auch Aleria geschrieben oder Delcria, d. h. wohl de Elcria), ein Erzbisthum,

dessen Bezirk mehr als 12.000 Ducaten einträgt, gehörte den Groppa und ist ausgestorben. 2. Prespa gehörte dem Signor Komnino Prespa und seinem Sohne Torri oder Torrichi. Die Familie

ist ausgestorben. Deren Erbin ist eure Grossmutter Kyranna5). In dem See von Prespa ist eine Insel, und in deren Kloster ruht der Leichnam des h. Archclaus (soll heissen Achilles).

3. Vallona und Kannina. Es gehörte vor Alters eurem Hause; später gehörte es dem Markisi, König von Serbien6), der hatte zur Frau Regina, Tochter des Balscha (II. von Skodra) und der Comita (Tochter

Dschordscha führt; an diesem Wege Hegen in Opari die Dörfer Duschari und Lavdari. Die Bewohner von Opari sind Tosken, von denen viele griechisch verstehen, und Walachen; doch zählt der ganze Bezirk nur 240 in 30 Dörfern zerstreute christliche Häuser . Lavdari ist rein christlich. Naoh Dr. Auerbach heisst das Ostrowitzagebirge und dessen Bewohner im albanesischen Mal-i-ci.

1) Nr. 56, 7 und 8 gehören heute zum Bezirk von Opari. A. 2) Nach Leake 1. c. 343 heute Wotzkop, etwa 2 St. westlich von Dschordscha, an der Straose nach Berat. Beachtenswerth

ist, dass sie der Despot bereits zerstört nennt. Gross-Dewol dürfte dem heutigen Bezirke von Dschordscha entsprechen. A. 3) Klein-Dewol entspricht dem heutigen Bezirke Biglitschta, der gegen Süden mit dem von Kastoria grenzt. A. 4) Auch Nostramo; 4 St. von der Dewolquelle liegt Slimnitza, 1 St südwest l ich davon, auf dem Wege nach Kastoria, soll

ein Nestramo liegen. A. δ) Kyranna von Gora. e) Dieser Beisatz „König von Serbien" gibt viel zu denken, denn er stimmt zu der Familiensage des noch blühenden

Geschlechtes der früheren Erbherren von Kanina, Awlona u. s. w., die sich jetzt naoh der albanesischen Form der letzteren Stadt nennen, wo sie gegenwärtig wohnen, ζ. B. Ismael Bei, Wljorese (Genitiv von Wljore, r für n, und dag anlautende a verschluckt), Ismael Bei von Awlona. Dieser Sage zu Folge eroberte der Stammherr der Familie Sinan Pascha aus Konie in Kleinasien die Festung Kanina von Marko Kral; β. Albanes. Studien I , S. 72. — Nach Dr. Auerbach hält sich eine zahlreiche Familie in Kannina für Nachkömmlinge desselben und man zeigt dort noch die Grundmauern seines Palastes. Auch heisst eine Schlucht der Umgegend Schpolle Markut (diese vielleicht nach dem slavischen Sagenhclden Marko Kral, wie an so vielen anderen Orten). — Hopf begegnete demselben urkundlich unter den Namensformen Mirtsche, Meirxe, Moise Micha Marchissa Kaninae. Er war mit einer urkundlichen Regina verheirathet, welche Orbini Katharina nennt. Ihr Andenken lebt noch heute unter den Anwohnern des Golfs von Walona als Rugina fort. Nach Hopf stirbt dieser Marko 1414 kinderlos, verliert dessen Wittwe Regina alle ihre Besitzungen 1417 an die Türken und lebt noch 1420 als venetianische Pensionärin.

War dieser Marko ein Nachkommen von Komnenos, dem Bruder des Serbenkaisers Stephan Duschan, welchem Duschan die Stadt Berat als Residenz zugewiesen hatte? oder von Wuk Wukowich, den unser Despot il despoto nostro nennt? oder von Wukasohin, den nach der Angabe des Despoten Andreas II. Musaki besiegt und gefangen haben soll, wenn Wukaschin nicht etwa mit dem obigen Wuk Wukovich ein und derselbe ist? Wir sahen oben, dass der Despot einen Marco re di Bulgaria an der Schlacht auf dem Amselfelde (1389) zugleioh mit andern albanesischen Grossen theilnehmen lässt; wahrscheinlich ist dies dasselbe Individuum. Was soll aber noch im XIV. Jahrhundert der Beisatz re di Bulgaria? oder sollte sich aus den Zeiten des bulgarischen Reiches im Kurweljesoh (bei Chadschi Chalfa S. 131 Karvalisch genannt) oder in der Chimara ein bulgarisches Dynaetengeschlecht durch vier Jahrhunderte gehalten und, wenn die Zeiten günstig waren, seine Ansprüche auf Kanina geltend gemacht haben? Diese letztere Annahmo hat wohl die Wahrscheinlichkeit nicht für sich, denn zur Zeit byzantiechen Despotates gehörten Kanina und Awlona zu diesem und erscheinen sogar unter den Orten, welche der König Manfred von Hohenstaufen bei seiner Verheirathung mit Helena, der Tochter des Despoten Michael, von diesem zur Mitgift erhält. Von diesem aber gehen jene Orte unmittelbar in die Hände der Anjou über.

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von Andreas II. von Musakja,), welche erstere durch ihren Onkel Gin Musachi Awlona und Kannina zur Mit­gift erhalten hatte. Diese starb kinderlos, und daher gehört es euch.

Der Despot führt vier Barono in Tomornitza als dem Hause Musaki unterthänig 1) an : 1. Ginno de Bogdani, der Borlais und 5 andere Dörfer besass'). 2. ßardiFakje mire (zu deutsch der Weisse [d. h. Glückliche], Schöngesicht), der die Barci3) genannten

Dörfer hätte. 3. Gjoan Visagni4). 4. Duka Dobril, der Herr der Dörfer Degurischiti (wahrscheinlich von Gurischti, d. h. Steinland). In andern unbenannten Landschaften: 5. Basan Biloehesi6) in Disguimcri. 6. Ein anderer besass das Dorf Ai'din. 7. Giovanni und Martino Czernota. 8. Condi Balguri6) besass Guerbisi7) und war Woiwode von Tomornitza; dieses Amt vergab das Haus

Musaki8). 9. Nicolo Sakati (der Lahme) war Baron von Sendir mit zwei Dörfern, dessen eine Tochter Comnino-

Arainiti (welchen?) heirathe^e. 10. Misagne gehörte einem Herrn Ginno. In seinem Testament nennt sich der Despot König und er theilt für den Fall der Wiedereroberung das

Land folgendermassen unter seine Söhne: 1. Theodor erhält Berat mit der ganzen Musakja, Kannina und Sklipario (Skrapari?) 2. Adriano: Tomornitza, Serkimidigni, Serezi, Duschari, Opari, Laudari bis zum Grenzorte, Mariani,

Veskopetzi, Ossoia, Gross-Dcwol mit der Stadt Gorizza und der Ortschaft Savoiana. 3. Constantin: Klcin-Dcwol und ganz Co^turi, von Castoria bis zur zerstörten Stadt Nostramo. Dem Despoten zufolge war das alte Wappen der Musaki ein Springquell mit zwei Fackeln: questo b quel

fönte d'Epiro, che molti autori ne scrivono ch'estingue Taccesa face e Testinta l'accende9); später aber (ver­muthlich seit der Erlangung des Despoten würde) ein gekrönter Doppeladler mit dem Sterne in der Mitte.

Jedenfalls folgt aus den obigen Angaben soviel, dass sich bis zum Jahre 1414, also bis kurz vor Skanderbeg's Rückkehr (114 3), ein slavisches Dynastengeschlecht auch in Mittel-Albanien erhalten hat; die Kastrioten und B.ilschen sind daher nicht die einzigen slavischen Geschlechter in Albanien.

*) Ε questi baroni furono sugetti e suditi nostri. Ist es erlaubt von den heutigen Zuständen der Matia, Dibra und des Dukadschin auf die damaligen der Musakja zu schliessen, so wäre hier an kein unserem Lehensverbande ähnliches Ver-hältniss zwischen den genannten Häuptl ingen und dem ersten Geschlecht der Landschaft, sondern nur an dessen erblichen Oberbefehl im Falle eines allgemeinen Aufgebotes der Landschaft zu denken. Uberhaupt ist auch in den Aufzeichnungen des Despoten keine Spur zu finden, welche auf Lehensverband hinwiese (in den Hopfischen Urkunden­auszügen ann. 1277 erhält freilich der neapol. Statthalter den Refehl: inquiret de feudis), wohl aber, wie wir weiter unten sehen werden, eine bedeutende Verschiedenheit zwischen heute und damals in Bezug auf die Vererbung des Grundbesitzes. Die Hausmacht des Geschlechtes darf aber nicht mit der Amtsgewalt verwechselt werden, die das Geschlecht etwa zeitweise im Namen von Byzanz, Neapel oder der serbischen Könige gehandhabt haben mag (auch den früheren zeitweisen Paschas stand die Ernennung der Woiwoden zu), und dann natürlich nicht versäumt haben wird, sie zum Nutzen seiner Hausmacht zu verwenden. Dies Streben ging aber dann meist nicht auf Unterthänigmachung der Nachbarn, sondern auf Entreissung nachbarlichen Grundbesitzes.

2) Ginno's de Bogdani Gütcrcornplex in Tomoritza trägt heute den Namen Bogdani. A . 3) Heute Bardsehe, Dorf in Tomoritza. A . 4) Heute Wisani im Tomoritzathaie. A. 5) Jetzt Biljokcsi. A. 6) Heute Bulguras, Dorf am rechten Ufer des Beratino, 9 St. östlich von Berat. A. 7) Heute Kerpisi, G St. nordöstlich von Berat, auf der Strasse von Berat nach Dschordscha. A. 8) Questo Voivoda lo metteranno gli nostri per governatore. Amt und Titel des Woiwoden, des Kriegeanführers und obersten

Polizeibeamten eines kleineren Bezirkes hatte sich in sehr vielen Theilen des byzantinischen und türkischen Reiches aus der Slavenzeit bis zu den neueren Reformen erhalten.

9) Es sind dies die schon im Alterthum berühmten Erdpechquellen in der Nachbarschaft von Awlona, über welche demnächst sehr interessante Aufschlüsse von Dr. Auerbach zu erwarten stehn. Vielleicht gab eine alte Münze Anlass zu dieser Angabe des Despoten.

Denkschriften dor philoe.-histor. CI. X V I . Bd. Abhandl. von Kichtmltgliedern.

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106 X Cr. ν. Hahn

II. D i e T h o p i a .

Wir müssen mit einem Blicke auf die Besitzungen der Thopia beginnen, weil die Aufzeichnungen des Despoten dieselben sämmtlich und in striktem Zusammenhange nach dem mittleren Albanien verweisen, und somit die bisherige Ansicht, dass die Herrschaft des berühmtesten Gliedes dieses Geschlechtes, Arianitcs Golem, am südlichen Ufer der Woiussa (Aous) gelegen und sich bis zum Golf von Arta erstreckt habe, sich als irrthümlich ergibt.

Dem Despoten zufolge erstreckt sich nämlich die Herrschaft der verschiedenen Zweige der albanesi­schen Thopia über die Bezirke des heutigen Tiranna, Durazzo, Kawaja, Elbassan und Spat mit den Gebirgs­pässen der altrömischen Candavia zwischen Elbassan und Ochrida und über die heutigen Bezirke von Mokra und Gora, welche die Südhälftc des Sees von Ochrida einschliessen. Durch diese Landschaften läuft die west­östliche Hauptverkehrslinie, welche zur Römerzeit Via Egnatia hiess; man könnte sie die historischen Striche Albaniens nennen. Der Dcwolfluss bildete die Grenze zwischen den Besitzungen der Thopia und denen der Musaki. Die diesem letzteren Geschlechte unterthänigen Gebiete haben wir uns zwischen dem Dewolflusse und der Woiussa zu denken, so dass nicht einmal deren Herrschaft, geschweige denn die der Thopia auf das Südufer der Woiussa hinüberreichte, wo das in Argyrokastron residirende Geschlecht der Sarbissa Zenebisi das mächtigste gewesen zu sein scheint. Zwischen den Sarbissas aber und den Thopias ergeben die Aufzeich­nungen des Despoten nicht einmal eine Verschwägerung.

Wir zerlegen das Geschlecht der Thopia in zwei Hauptlinien, die Küstenlinie, deren Hauptglied Karl Thopia, und die Hochlandlinie, deren Hauptglied der geschichtliche Arianites war.

A. K ü s t e n l i n i e .

Um uns in der obwaltenden Wirrniss zurecht zu finden, schicken wir dem Berichte des Despoten über diese Linie, welche nur deren letzte Glieder begreift, einige den Hopfischen Urkundenauszüge entnommene Bemerkungen über die dem Despoten unbekannte Vorgeschichte dieser Küstenlinie voraus.

Grafschaft Albania1). In der Note zu dem Jahre 1272 der Hopfischen Urkundenauszüge haben wir eine in dem regnum Albaniae gelegene Grafschaft Albania unterschieden, deren Kern mit der Albania des Ptole-macus zusammenfällt, und die noch heute den Namen Arbenia trägt. Im Jahre 1338 werden, wenn wir richtig lesen, im Norden der Fluss Mat und im Süden der Fluss Skumb als deren (gegen Süden zu vermuthlich erweiterte Grenzen) angegeben.

Vermuthlich hatte diese Grafschaft eine Hauptstadt Arbanon, welche möglicherweise an der Stelle des heutigen am Arc,en unweit Tiranna gelegenen Dorfes Arbona lag.

In derselben Note haben wir bereits die Daten zusammengestellt, welche über die dieser Grafschaft vorstehenden Herren in den Urkundenauszügen berichten werden, und verwiesen der Kürze wegen auf sie, indem wir ihnen nur einen Musaki Thopia zuzufügen haben, der 1343 von Kantakuzcn dem um die Stadt Arta gelegenen Bezirke vorgesetzt wird, wenn er nicht einer der Hochlandslinien angehören sollte.

Dass alle dort Genannten unter sich in ununterbrochenem Geschlechtsverbande stehen, dürfen wir nur wahrscheinlich finden, denn es fehlt an allen bestimmten Nachrichten. Dass sie wenigstens schon in den Jahren 1208 und 1209 katholisch waren, wird in den Urkundenauszügen bezeugt. Dieser Umstand spricht gegen die Vermuthung, dass dies in dem folgenden Jahrhundert mächtige Geschlecht der Kasneni in Bli-nischt, deren Sitz wir in dem südlichen Miredita vermuthen, ein Zweig der Grafen von Albania war, "weil sie erst 1318 zur katholischen Kirche übergeht 2 ) . F ü r diese Vermuthung lässt sich jedoch die Angabe des Despoten anführen, dass Karl Thopia auch über Blinischt herrschte.

Einen Beweis für das hohe Ansehen dieses Dynastengeschlechtes von Albania liefert Akropolita pag. 98, indem er zu dem Jahre 1255 einen Gulamos (Guillelmus?) von Albanon als Herrn der in Albanon gelegenen Festung von Kroa und als Gatten einer Nichte der Kaiserin Irene, nämlich der Tochter eines weib­lichen Geschwisterkindes der Kaiserin, anführt. Da der Name der Frau fehlt, so ist dieselbe allerdings

1) Chadschi Chalfa, Rumeli und Boena, kennt keinen Bezirk dieses Namens, aber auch keinen von Tiranna, bei ihm stossen die Bezirke von Ilbessan und von Duradsch gegen Norden unmittelbar an den Bezirk von Ischim (Isehm).

2) S. Note zu ann. 1318 und ann. 1304 der ürkundenauszüge .

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Stammbaum der Thopia. Zu Seite 106.

I- Küsten-Linie. O Thohia comes Albanie, 1329.

Ο Tanusius Thopie, 1338 (?) ! J. Ο Dominicus, königl. neapolitanischer Caplan. (?) : (?)

Ο Andreas Thopia, f 1359 = • Bastardin v. Neapel-Anjou.

1. Karl Thopia, f 1378 = Voisava Balscha. 2. Georg.

1. Georg, f 1392. 2. Karl. Constantin Kastriota, f 1402 = • Helena. Ν . N.

1. Alexius. 2. Johann. Andreas. 2. X. N\

Ο Skanderbeg. 1· Cominus-). 2. Musaki 2). Ο Tanusius - j .

Π. HocUands-Linien.

A. A r a i ' n i t e n .

Sewasto Alexius Arianitis, 1274 i).

Ο Ν . Ν . (?)Λ

Ο Matterando (Materango ?) Arainiti Comninato.

Ο Ν . Ν . (?) • Suina = Ginno I. MusakL

Comnina Arainiti -).

1. Ara'inites Thopia Comninatus Golem3) = Maria Musakina, Tochter Andreas III., Tante des Autors.

Musaki Thopia 4) = Voisava.

Ο Goi'sava Castriota. 3. Vladinos = Angelina Kastriota.

1. Thomas, 2. Constant!*, ft. Arianites. f 1484. H . geb. 1454 =-

,ς tC ι ' Marchesa di Zagan Pasch«. M o n f t r r | r t e >

1. Andronika = Skanderbeg,

8. Kastrioten.

2. Go'isawa = Johann

Czernowitsch 5).

3. Kyranna = Nikolo Dukadschin.

Ο Arianites, f 1W1, als Stammesletzter.

1. Georg. 2. Skanderbeg n ) . 1. Ο Ν . Ν . f. 2. Ο Ν . Ν . ,

Renegat 1 2).

1. -Salomo. 2. Constantin. 1. • Ν . Ν . 2. • Ν . Ν . 3. • Ν . Ν . in Ungarn in Venedig

verheirathet.

4. Helena = Georg

Dukadschin.

Piü figlioli und

Ο Skander­beg ι 3 ) .

5. Despina = Tanusius Dukadschin. •—Λ—. s

Ο Ν . Ν . , Theodora fjung. = Ν . Ν .

1. Blasius. 2. Jacobus.

Β . D i e v o n G o r a .

Paul Thopia von Gora Sebastokrator.

6. Angelina = Stephan von Serbien 6).

Ο t J u n £ 1 4 λ D M*«a = Marchese di

Monferrato l 5 ) .

Ο Guillelmo 1 6) = Schwester des Herzogs

von Alencon.

7. Comita =» Goiko Balscha

von Misia.

1. Ο f. 2. Ο f.

• Maria = Conte di Muro.

8. Catherine = Nicolo Bocali 7).

1. Manoli. 2. Constantin.

1. II. Beatrice = 2. Isabella = Don Ferrante l 7 ) . Luigi di Gesualdo l 8 ) .

1, Ο Ν , Ν . Marchese di Monferrato. 2. • Ν . N. = Federico Duca di Mantova.

1. Musaki d'Angelim = Maria Musakina ..

' Porfida 24j =

s

Julius di Valignano - 5).

2. Tanusius 9). 3. Georg 1 0 ) .

1. Giovanni 2. Gjeronymo. Jacomo.

1. Antonio. 2. Julio Cesare.

1. Hyppolitha Μ art a = Barone di Tolfa26).

2. Giovanna = Giovanni Vin-

censo Brancaccio.

Suina Musakina-

Ο Ν . Ν . • Etimia = Andreas II. Musaki. 1. Cesare 2 0 ) . 2. Despina = Stanischa Branai"-1). 3. • 4. •

- · - = Moses Dibranus l 9) = ~ -Mamitza Castriota.

Ο Ν . Ν . (Ginno I. Musaki). Giovanna =

Paul Brancazzo, Faul von Gora 2 S) = Maria Zardari (Andreas III.)

1. • Andronica = 2. • Ν . N. = Cortis 2 7 ) . Carlo Minutoli.

Ο Thomas Minutoli.

1. Giovanni. 2. Balza.

1. Pau l 2 9 ) . 2. G i n n o » ) . 1. Giovanni. 2. • Ν . N. = figlioio del Sgr. Zorca.

1. • Theodora = Andreas 2. • Comita = Andreas Laldi Musaki. der Blinde von Clopes.

3. • Kyranna = Ginno II. Musaki.

Giovanni Musaki Autor.

5. Kola Dukadschin '-"-) = Yella = Sinai Beg-'3).

• Ν . Ν . = NN., Sohn' des Herrn Helichis von

Czerna Gora.

Ο Ο Ο Ο Ν . Ν . , Renegaten.

5. • Yella = Andrea Musaki,

kinderlos.

A n m e r k u n g e n .

A d I. Küstenlinie.

*) Wird von Neapel 1338 im Besitze seiner Grafschaft bestätigt. *) Urkundlioh werden alle drei Brüder genannt.

A d II. Hochland-Linien.

A. A r a ' i n i t e n . 1) S. oben g. 2.

2) Nur bei Musaki Thopia führt der Despot an, dass er der Sohn des Com»!»* Arainiti sei, und nennt somit auch den Vater des geschichtlichen Arianiftem.

») Dies ist der geschichtliche Arianit oder, wie der Despot schreibt, Ara'inftt. •) Musaki Thopia fallt vor Berat 1455, Barletius pag. 230, auch er nennt pag. t l l

dessen Frau gleichfalls Yoislava Castriota, und wenn er pag. 239 bei έ·τ Rückführung von dessen Leiche auch der Mamiza Castriota, seiner Schwieger­tochter, gedenkt, so scheint «le sich nach der Flucht des Moses DibraaM,

Denkschriften der philos.-hietor. Cl . X V I . Bd. Abhandl. von Nichtmitglicdeta.

ihres Mannes, zu den Türken im Hause ihres Schwiegervaters aufgehalten zu haben, und da sie exequias viri celebravit, so scheint damals ihre Schwester Voislava bereits gestorben gewesen zu sein.

8) Herr von Czernagora und Zenta. ·) Sohn des Despoten Georg von Serbien. Nach den A n h ä n g e n heirathet

Angelina den Stephan, Sohn 0 ,org's II. von Skodra, also einen Balschen. 7) Dynast in Morea. ·) Tochter Ginno's II. Musaki, Schwester des Autore. · ) Barletius pag. 231 nennt neben ihm auch einen Tanusius Thopia, Neffen des

Andreas, also in der Küatenlinie. w ) S. Barletius pag. 282; er wird auch in slavjscher Form Gjuritza genannt,

idem pag. 246 und 336; er gehört zu den im Val chalia thai l* Gefangeneu und Geschundenen, idem, pag. 33β.

«tj Wird Muhammedaner und Nachfolger seines Bruler • Wird Pascha.

» ; Alle Brüder werJen Muhammedaner und Ska:.<dvrl'«.a' · *rd Paacha.

**) In den Anhangen heisst er Giovanni und ist seine Tochter an den Grafen von Frangipani verheirathet.

tf) In den Anhängen Bonifacio V. von Monferrato. « ) In den Anhängen Guilelmo IX. und hat einen Bruder Lucio, "j Duca di Gravina. «) Conte di Conza. »») Moses Dibranus wird auch Carlo genannt; denselben Beinamen führen auch

Musaki d'Angelina und Georg Blandisi von Unter-Dibra. 20) Anderwärts Cesare Comnino Ara'inites genannt, und weiterhin wird er An-

dreas genannt. *') Bruder des Wrana Conte. a ) Sohn eines Lecca Dukadschin. *J) Anderwärts sagt der Despot, dass diese Yella, Tochter der Suina Musaki,

d^n Georg Czemovitz zum Manne hatte. * i porfida erhält die Zunamen Comnluata und Grande, d. h. wohl Golem, den

-·.:•:α ihr Vater wird Golem genannt. Sie geht mit Skanderbeg's Witwe, i! ;

Grosstante, nach Neapel und wird von der Königin Johanna, Schwester Fer­dinand des Katholischen und Gemahlin des alten Königs Ferdinand von Neapel, erzogen.

Ά ) Gran Scudiere der Königin Johanna und Baron in den Abruzzcn; seine Söhne wohnen in der Stadt Chietti.

» ) Sohn des Barone Gentile di Tolfa. =?) Angelica wird von der Duchessa von Milano nach Malland geführt , ihr Mann

ist ein reicher Edler, der zwei Castelle in Pavia besitzt.

B. D i e von G o r a .

a ) Nicht zu verwechseln mit Taul von Zardaria, d».-r cino Theodora Musakina heirathet.

*·) Beide Bruder werden M; nedancr. A n h a n g . 1 -'· ' . · . · , ..„:··.·ι. Musaki Thopia, von Kantakuzen 1313 f.'

) Schützer dir Pässe von Arta ernannt.

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genealogisch schwer nachweisbar, dennoch möchten wir sie mit TTcrrn Professor Hopf für eine Komnene halten.

Das Geschlecht war sonach mit der kaiserlichen Familie der Komnencn1) verschwägert, und diese Verschwägerung fiel noch vor die Zeit der Anjou2).

Es wäre nicht undenkbar, dass die hochländischen Linien der Thopia den Namen Komnenos, welchen sie sämmtlich zu führen scheinen, von dieser Verschwägerung herleiten, denn in diesen Zeiten war es nicht ungewöhnlich, dass die Nachkommen einer Mutter deren Familiennamen annahmen, wenn derselbe berühmter war, als ihr väterlicher.

Wir finden jedoch weder in der Ilopfischen Sammlung noch sonst wo einen Beleg, dass auch die küsten­ländische Linie den Namen Komnenos geführt habe; und für den grossen Karl Thopia ergibt die Marmor­inschrift in der Kirche des Klosters St. John bei Elbassan8), dass dies nicht der Fall war; denn sie sagt aus, dass „der in Albanien regierende Rappilko4) (Karl) Thopia der Erste, aus dem Hause F r a n k r e i c h , zugleich mit seinem erstgebornen Sohne Georg diese Kirche im Jahre 1381, dem 22. seiner Regierung, gegründet habe." Hier würde der Name Komnenos wohl nicht fehlen, wenn ihn Karl geführt hätte. Statt dessen erwähnt die Inschrift seiner Abstammung aus dem Hause Frankreich, welche dem Umstände ent­nommen ist, dass seine Mutter eine Bastard tochter von Anjou war.

Diesen Hergang erzählt nun der Despot, zu dessen Bericht über die Küstenlinie der Thopia wir hiemit übergehen, wie folgt:

Robert von Neapel (der Enkel Karl's von Anjou6) habe seine uneheliche Tochter nach Morea schicken wollen, um sie an einen dortigen Grossen zu verheirathen; sie sei aber nach Durazzo verschlagen worden, habe sich dort in den Herrn der Stadt, Andreas Topia, verliebt und ihn geheirathet. König Robert habe seinen Groll hierüber verbissen und das Ehepaar nach geraumer Zeit nach Neapel eingeladen. Als sie aber dort erschienen, habe er beide umbringen lassen. Die beiden Söhne derselben, Karl und Georg6), seien jedoch in ihre Heimat entkommen.

Der Despot erzählt ferner, dass Karl Thopia über die beiden Schurie (Skurie7), Fiissina? und Blevisti8) in der kleinen Taransa (offenbar verschrieben für Tiranna), Charrabi (Gerabe) und Fuarka9) geherrscht habe.

„Er hatte mit Woisawa, Tochter des Balscha von Skodra, zwei Söhne, Georg und Karl, erzeugt. Georg verpfändete Durazzo an die Venctianer und starb kinderlos. Sein Bruder Karl verheirathete sich und hatte Söhne, „von welchen diejenigen stammen, welche sich Thopia nennen".

Da nun Barletius pag. 37 den Andreas Thopia und seine Söhne Cominus (hier wohl nur Taufname) und Musachius fast genau in dieselben Besitzungen einweist, über welche der Despot den alten Karl Thopia herrschen lässt, denn er nennt als solche Scuria, Musachiema, Gerabi und Farka, so können wir es nicht als

*) Für die Anwesenheit von Komnenen in Durazzo um diese Zeit zeigt auch eine dort in einem Festungsthurme eingemauerte und in den Alban. Studien I, S. 313 copirte Inschrift aus dem Jahre 1225, welche den Theodor Dukas Komnenos, Sohn des Sebastokrator Johann, für den Erbauer dieses oder eines früheren Thurmes erklärt. Von diesem sagt Du Cange, Famil. august, byzant. pag. 207, dass er Durazzo den Venetianern entrissen habe, das sie nicht lange vorher besetzt hatten, s. Hopf, Auszüge ann. 1205. V

2) Die angeführte Stelle des Akropolita dürfte Hammer vorschweben (er citirt falschlich Kedren), wenn er sagt: Arianites ist nur mutterhalb zu dem Namen Comnenos berechtigt.

3) Copirt in den Alban. Studien I, S. 120. Auf der neben der lateinischen stehenden, freilich sehr elenden griechischen Inschrift ist deutlich Κάρλα θοπ-ηα. zu lesen, woraus sich ergibt, dass das i in Thopia lang gesprochen wurde.

4) Ob dieser räthselhafte Name von mir oder von dem Steinhauer verschrieben, oder welche Bewandtnise es sonst mit ihm habe, thut der Identität des Genannten mit Karl Thopia keinen Eintrag, denn diese ist gesichert durch die Zeitangabe, durch die Erwähnung von Karl's Erstgebornem, Georg, und die daneben stehende griechische Inschrift.

δ) O r b i n i nennt statt seiner König Ludwig von Tarent. 6 ) Von diesem Georg und dessen etwaigen Nachkommen geschieht keine weitere Erwähnung. 7) S. Näheres über diesen Landstrich in dem Abschnitte Nderrenje der ersten Abtheilung. Barletius S. 73 sagt von Andreas

Thopia und seinen Söhnen bei Gelegenheit des Fürstentages von Alessio: horum sat amplum Imperium in Epiro intra Tyram (d. h. Tirannam) et Epidamnura fuit, und dass deren Vorfahren die Gründer von Kroja und Petrella gewesen seien.

8 j Blenisti? — Zwischen Tiranna und Durazzo kennen wir kein Dorf dieses Namens, wohl aber zwei Pfarrorte Blinieti in Mire-ditien und Qadrima.

9) Zwischen Tiranna und Petrella liegt ein Dorf Farka.

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feststellend betrachten, dass dieser Andreas Thopia ein Enkel des grossen K a r l Thopia von dessen jüngerem Sohne K a r l war. In welchem Verwandtschaftsverhältnisse stand derselbe aber zu dem geschichtlichen Arianites?

AVer die obige Angabc des Despoten streng nimmt, der kann denselben wohl nur als dessen Bruder betrachten, weil er sich gleichfalls Thopia nennt. Gegen diese Ansicht erheben sich jedoch zwei Bedenken.

Weder der Despot 1) noch Barletius 3) thun dieser Brüderschaft nicht nur keiner E r w ä h n u n g , sondern Harloiins nennt bei der Aufzählung dor Brüder des Arianites nur zwei, Musachi und VludenitiHn), und schweigt von einem Andreas.

Da Irrner die Namen Andreas und Anani tos , wie wir unten sehen werden, mitunter verwechselt worden, und man daher annehmen muss, dass sie, wenigstens damals, für Formen desselben Namens gehalten wurden, so hätten zwei Söhne desselben Vaters gleiche Namen führen müssen, was\lreilich im Stammbaum der Musaki einmal vorkommt, immerhin aber schwer denkbar ist.

Endlieh aber e rwähnt der Despot eines Matterandus (Materangus?) Arianites als Vater der Sninn, Frau Ginno's 1. Musaki und mithin Zeitgenossen des Andreas I I . Musaki und Balscha I I ; derselbe kann mithin unmöglich von Kar l , dem jüngeren Sohne des grossen K a r l Thopia, abstammen, man möchte vielmehr diesen Matorangus für den Urgrossvatcr des geschichtlichen Arianites halten, wozu es aber an jeder bestimmten Andeutung fehlt.

W i r neigen daher dahin, die obige Angabc des Despoten auf Andreas Thopia und seine Nachkommen zu beschränken und das Vcrwandtschaftsvcrhältniss zwischen Andreas und Arianites als uns unbekannt zu betrachten.

Durch die vorerwähnte Inschrift in der Kirche des Klosters St. John wird das Jahr 13f>9 als das von K a r l Thopia's Regierungsantritt und mithin als das Todesjahr seiner Eltern bestimmt.

H o p f hat über ihn und seine Angehör igen noch folgendo weitere urkundlicho Angaben gefunden: K a r l Thopia erobert Durazzo von den Neapolitanern 1368; besetzt Duleigno 1374 und stirbt 1387. /Seine F r a u , welche der Despot Woisawa nennt, heisst anderwärts Katherina Halseha. Sein Sohn Georg eedirt Dura/./.o an Vendig und stirbt in demselben Jahre. Dieser Georg , welchen der Despot kinderlos Hierben lassl , hinlerlasst urkundlich eine einzige Tochter Helena, welche Conslantin Kastr iola, den Cross-valer Skanderbog's heirathet. Dieser Conslantin erhobt Ansprüche auf die Festung Kroja als Gründung und Kigcnthum des Grossvalers seiner Frau und wird von den Venetianern in Dura// .ο als V'errälher hinge­richtet, Μ Ol? (wahrscheinlich Geburlsjahr Skanderbegs). Seine Witwo und seine Söhno erhalten Tension von Venedig.

W i r schliossen diese Bemerkungen über die Küstcn-Thopia mit einigen weitem urkundlichen Angaben H o p f s über K r o j a . , weil es die Hauptfestung ihres Siammlandes Arbania ist und mithin ihnen und nicht den Kastrieten gehört . K a r l Thopia erbaut Kroja 13(56; dies kann streng genommen nur heissen, dass er diese Festung umbaute oder wiederherstellte, denn es ist an sich schon undenkbar, dass er die zum Burgbau so gut gelegene Stelle, über die der Ilauptpass aus dem Küstenlande nach der Matja führt, in der qucllcn-reichen Gegend im Jahre 1366 noch unbesetzt gefunden habe. A u c h erwähnt sie Akropoli ta schon 1254 (s. §. J), und 1277 erhält der neapolitanische Statthaitor Befehl Kroja zu schirmen (s. §. 2), es scheint also damals neapolitanische Besatzung gehabt zu haben. Doch nennt auch Barletius (pag, 37) Kroja und Petrella Gründungen der Thopias.

*) In der Aufzählung der bei Skanderbeg's Rückkehr (1443) noch übrigen alten albanesiechen Chefs stellt er Arianites an die »Spitze und nennt er den Andreas als den vorletzten.

2) Pap:. Λ7 saßt er: Sccutus est cum (Arianitcm) Andreas Thopia, clarus vir genere factieque nee minus aetato verendus, cum duobue liliin Cmuino et Musachio Tanusioquo nepote. Könnto Barletius hier ein frater ejus vergessen haben, wenn ihm diese Kigennrhaft bekannt war?

°) IAU. VIII, png. 21t. Moses, qui a Dibritf dictus est (eo quia Dibras incolebat, ubi Scanderbcgus (?!) multa ei praedia magnam-que agri partein donavorat) et ctiam alias Moses Öolemus Arrianithes cognomento appcllatu«, natione Epiroticus, Valmorura ei vi täte Epiri oriundus, patre Musachio, matro Voislava (sorore Scanderbegi), cui Musachio duo fuero fratres: Arriani­thes ecilicot Golcnius sivo Comminatus, Scanderbegi sooer et Vladonius Golcuius Arrianithes, qui Musachium Angelinao nlium a nomine matris, alias Qolemi Arrianithes cognomento nunoupatus ex Angelina Scanderbegi sorore euseeperat.

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1394 ist Kroja im Besitze von Marko Barbarigo, einem Schwiegersöhne Thopia's (welches?), er cedirt es urkundlich an Venedig, übergibt es aber in demselben Jahre an die Türken.

Nach der Schlacht von Angora (1402) fällt es während des türkischen Interregnums in den Besitz des Grafen Niketas, Schwiegersohnes des Spatha, welcher nach Constantin Kastriota's Hinrichtung für das Haupt der Albanesen gilt. Er steht Anfangs gut mit Venedig und erhält Pension, später schlecht, stirbt 1415, und in demselben Jahre erobern die Türken Kroja zum zweiten Male.

Skanderbeg gewinnt Kroja" 1443; kurz vor seinem Tode (1466) cedirt er es (oder wenigstens das Besatzungsrecht1) an Venedig; 1478 erobern es die Türken von diesem zum dritten Mal und besetzen es seitdem.

B. H o c h l a n d l i n ie.

Die beiden Linien der Thopia haben nur diesen Namen gemein; dagegen scheinen sich die Namen Comnenus2), Golem3) und Arianit4) auf die Linie der Arianitcn oder ilochlandlinic zu beschränken. Dass aber die Namen Comnenos und Golem auch den Brüdern des geschichtlichen Arianites zukommen, darin stimmen der Despot und Barletius überein; sie müssen also von irgend welchen ihnen gemeinsamen Vorfahren her

* rühren. — Dagegen zeichnet sich Skanderbeg's Schwiegervater vor seinen Verwandten dadurch aus, dass ihm der gemeinsame Stammname zugleich als Geschlechts- und Taufnamc diente. Wir wenden uns nun diesem Arianites ausschliesslich zu und beginnen mit den Angaben des Despoten über dessen Besitzungen, weil sie insofern von geschichtlichem Interesse sind, als sie ein klares Licht auf die Ortlichkcit der Grossthat werfen, welcher er seinen Ruhm verdankt, denn wenn, wie wir oben sahen, der Dewolfluss die Südgrenze seiner Besitzungen bildete, so kann die Gebirgsgegend, in deren Engpässen er ein türkisches Eroberungsheer vernichtete, nicht, wie wir und andere früher, kraft einer allzu engen Auslegung einer Angabe des Chalko-kondylas, annahmen (Alban. Studien I, S. 326), das nördlich von dem Wo'iussaflusse begrenzte und im Süden an die Thalmulde von Argyrokastron stossende Kurweljesch sein, sondern es fällt dieser Kampf auf die von Alters her berühmten Engpässe der Kandavia, durch welche die Via Egnatia führte, und durch welche noch heute der Weg von der Ebene von Elbtfssan in das Seebecken von Ochrida geht. Es ist dies sonach dieselbe Gegend, in welcher 2 Jahrhunderte früher, d. h. im Jahre 1217, Theodor, Despot von Epirus, den vom Papste zum Kaiser von Byzanz gekrönten Peter von Courtenai treuloser Weise überfiel und mit seinem ganzen Heere zur Ergebung zwang, und wo in den Zeiten der Völkerwanderung Theodorich der Grosse die oben in dem Abschnitte Ochrida besprochene Schlappe von den Byzantinern erlitt.

J) S. Fallmerayer Alban. Element III, pag. 99. 2) S. hierüber Α Küstenlinie.

3) Die Annahme, das der Beiname Golem (slav. der Grosse) ein dem Schwiegervater Skanderbeg's nach seinem Siege über die Türken gegebener persönlicher Ehrenname sei, ist unbegründet, denn der Despot gibt diesen Beinamen sowohl dessen Bruder Musaki Arianites, als auch dessen Neffen Moses Dibranus, ja sogar der Tochter seines Neffen Musaki d'Angelinas, welche Porfida hiess, indem er ihn mit Porfida grande ins Italienische übersetzt.

4) Der Despot schreibt durchweg Arainiti; Barletius in edit. Argentor. 1537 meist Arinnites, aber auch Arrianithes, und ver­steigt sich sogar pag. 3G2 bis zu Hyaranites (vermuthlich je nach der abweichenden Schreibweise seiner Quellen). Der Name wurde bereits §. 2 ann. 1304 als albanesischer Stamm- und Dorfname nachgewiesen. Wir nehmen daher keinen Anstand, die in den byzantinischen Schriftstellern erwähnten Arianitcn für Glieder des albanesischen Stammes zu halten, dessen Namen sie tragen; aber wir behaupten damit noch nicht unbedingt, dass der Schwiegervater Skanderbeg's und seine Verwandten die unmittelbaren Abkömmlinge jener alten Arianiten seien, von welchen sie durch einen Zeitraum von fast 300 Jahren getrennt werden, denn es können möglicher Weise in der Zwischenzeit verschiedene Geschlechter in der Führung des Stammes gewechselt und dennoch denselben Namen geführt haben. Doch wird in dem vorliegenden Falle das hohe Alter des Geschlechtes der Arianiten von Barletius zweimal ausdrücklich bezeugt, denn bei Gelegenheit des Fürstentages (edit, argent. 1537) pag. 37 sagt er: Ariannitcs Thopia Golemus . . . magni vir nominis et auetoritatis tum propter longam generis nobi-litatem tum ob maximam rerum bellicarum peritiam qt dignitatem praecipuani oris vultusque, quod non ultimo loco spectat vulgus, und bei Gelegenheit von Skanderbeg's Heirath S. 199: Harryanites Cominatus inter oranes regulos Epiri tum imperii, amplitudine, tum vetusta generis noblitate praeeipui nominis. In einer von Hopf aufgefundenen venetianischen Urkunde von 1449 wird er unter allen dort genannten albanesischen Häuptl ingen allein Magnificus titulirt

Bei Skanderbeg's Schwiegervater scheint nun den ursprüngliche Stammname auch zum Taufnamen benutzt und ver­muthlich für gleichbedeutend mit Andreas gehalten worden zu sein. Wir kennen wenigstens von ihm keinen andern persön­lichen Namen als Arianit sei es dass er sein Taufname war, oder dass er diesen, etwa im Sinne von „der Arianite", verdrängte.

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Der Despot weist nämlich dem Arianites Golem Kominatus die folgenden Besitzungen zu, und zwar mit den beachtenswerthen Worten: er besass einen Theil von Macedonien *), d. h.:

1. Tscherminika, eine reich bevölkerte Berglandschaft im Osten und Norden des Stadtgebietes von Elbassan, welche früher ganz katholisch war und jetzt türkisch ist. Sie mag vielleicht damals, als noch die alte Stadt (Skampae) in Trümmern lag, auf deren Grund Murad II. die von Barlet2) Valmi genannte Stadt

[Welche Schwierigkeiten solcherlei genealogische Verhältnisse bieten , zeigt der folgende verwandtschaftliche Zusam­menhang einiger Glieder des berühmten Mainotischen Geschlechtes der Mauromichalis, mit den Namen, unter welchen sie a u s s c h l i e s s l i c h in der Maina bekannt sind:

Ο Mauromichalis.

Ο Petrom Bei. Ο Gacis.

Ο Katzakos. Ο Germanos. Der Letztere, zur Zeit der Wahl des Königs Leopold noch ein blutjunger, aber bereits hervorstechender Mann, erklärte damals, dass er von nun an Germanos heisse, und über diesem Namen wurde sein Taufname gänzlich vergessen. Man denke, eich in die Lage eines späteren Forschers diesem nackten Namen gegenüber.] - ^

Die Chronik von Ragusa bei Luccari pag. 91 aber nennt ihn Andreas, und bei der zweimaligen Aufzählung der Kinder des Moses Dibranus und der Suina Musakina verwechselt sogar auch unser Despot die beiden Namen, in dessen Stamm­bäumen der Name Ara'initi auch sonst unter den italienischen Epigonen als Taufname vorkommt

Nach dem, was wir oben über die auffallende Form des Namens Arianit gesagt haben, halten wir uns für berechtigt, die von Kcdren [Du Cange fam. aug. byz. S. 196 citirt statt seiner irrig den mit ihm in der Pariser Ausgabe der Byzantiner ver­einigten Scylitzes] angeführten beiden Arianiten für Mitglieder des gleichnamigen albanesischen Stammes zu erklären, und die oben beigebrachten Zeugnisse über das hohe Alter der Familie der Arianiten, welche zu Skanderbeg's Zeiten blühten, machen ihre unmittelbare Abstammung von jenen Arianiten des Cedren sehr wahrscheinlich. Uber diese letzteren fanden wir folgende Angaben: v

Kedren edit. Bonn. pag. 459. David Arianites wird als Präfect von Thessalonich durch Theophylaktus den Botaneiaten abgelöst.

Ibid. pag. 463 a. Chr. 1015. Er wird von dem Kaiser Basilius Bulgaroctonus hei der letzten Eroberung des cisaxinischen Bulgariens mit einer Heeresabtheilung gegen Strumnitza gesandt und nimmt sogleich das Castell von Thermitza.

Ibid. pag. 465. a. Chr. 1016. Später wird er vom Kaiser auf einen Streifzug in die Ebene von Pelagonien (Monastir) gesandt und erbeutet dort viel Vieh und Menschen.

Ibid. pag. 467. Nach der Eroberung von Achrida und der Unterwerfung des ganzen bulgarischen Reiches begibt sich der Kaiser nach Skopia, er läset dort den Patrizier David Arianites als Höchstcommandirenden (σχ-ρατιτ/όν αυτοκράτορα) zurück und zieht über die Castelle Stüp und Prosakos südwärts.

Edit. Paris, pag. 777. Constantinus Monomachus sendet auf die Nachricht von dem Einbrüche von 80.000 PazinaRen über die Donau den Dux von Adrianopel, Constantin Magister Arianites, gegen sie, und dieser besiegt und unterwirft sie in Verbindung mit Basilius Monachus dux Bulgariae.

Edit. Par. pag. 780. Constantin Arianites zieht mit dem macedonischen Heere gegen 15.000 abgefallene Pazinaken, bemächtigt sich ihres Lagers bei Lobitza und kehrt heim.

Eod. pag. 783. Die Pazinaken erheben sich von neuem; der dux occidentis Constantinus Magister Arianites zieht von Adrianopel aus gegen sie, wird aber von ihnen bei der Festung Dampolis (wahrscheinlich Dabowo) mit grossem Verluste geschlagen und zieht sich nach Adrianopel zurück. s

Eod. pag. 786 a. Chr. 1050 zieht er nochmals gegen die Pazinaken aus und wird bei Adrianopel aufs Haupt gesdnla-, gen; er selbst erhält eine tödtliche Wunde in den Unterleib, an welcher er am dritten Tage stirbt.

Dies scheinen die einzigen Arianiten zu sein, deren die Byzantiner gedenken. Der älteste von Hopf urkundlich aufgefundene Arianites ist als Sewasto Alexius Arianites in einer Convention des

neapolitanischen Generalvicars von Albanien, Jean de Tassy, aus dem Jahre 1274 verzeichnet, in weicher sich 19 albanesische Häupt l inge über die Stellung von sechs Geissein mit demselben verständigen. Zwischen diesem und dem vorerwähnten Con­stantin Arianites liegen also 224 Jahre.

In wie weit sich diese Lücke durch die im vorigen Abschnitte besprochenen Dynasten von Arbania ausfüllen lasse und in welchem Verwandtschaftsverhältnisse diese zu den byzantinischen Arianiten und der Hochlandlinie der Topia stehen, müssen wir dahin gestellt sein lassen.

J ) Auch in den heutigen kirchlichen Sprachen werden noch die Franciscaner-Missionen in der Landschaft Maja, nördlich von Arianites1 Herrschaft, die Mission von Macedonia genannt.

l ) Barletius edit. Argentor. 1537, pag. 363, spricht von Valmi bei Gelegenheit des letzten Feld/ugee, welchen ihm zufolge Murat II. zu Skanderbeg's Lebzeiten in Albanien machte und der in das Frühjahr 1465 fallen dürfte. Qui (Amurathes) ut primum venit, in quad am lata et ampla planitie, quam incolae Sauram appellant, prope Scombinum flu men oastra metatus est, ubi prineeps Hyaranites Cominatus, Scanderbegi eocer, praeerat. Eaque tempestate Ottomanus quodam in angulo juxta populoe, qui Jates, Bratescosagni, Cherabi, Busersechi et Sopotani dicti sunt, urbem Valmorutn, jam dudum a Gallograecis et barbarii

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baute, welche jetzt Elbassan heisst, die ganze jetzt nach letzterer genannte Ebene inbegriffen haben, denn der Despot gibt an, dass auch zwei andere Glieder des Hauses der Thopia Besitzungen in Tscherminika hatten. Diese Landschaft stösst gegen Osten an die berühmten Engpässe der alten Candavia.

2. Mochino. Der Endung ino begegnen wir auch in Schkumbino, der bulgarischen Form für die albancsische Form Selikum ui. Wir vermuthen, dass das Schluss r des Stammes ausgefallen ist1), denn heut zu Tage wird die Südhälfte des Sees von Ochrida von den Bezirken Mokra (nach dem Bache Mokra, slav. feucht) und Gora (slav. Berg) eingeschlossen. Schon drei Menschenalter vor Arianites gedenkt der Despot eines Paul Thopia von Gora, der den Titel Sebastokrator führte und Schwiegervater des Andreas ΓΙ. von Musakja war.

3. Spatcnia, d. h. die heutige Landschaft Späth im Süden des Sehkumbiflusses und jener Pässe. Auch gibt der Despot, wie bereits erwähnt, den Fluss Dewol wiederholt als die Grenzlinie zwischen

der Herrschaft des Arianites und der seines Geschlechtes an. Wir glauben daher unbedenklich annehmen zu dürfen, dass damals die Bezirke Mokino und Spatena von dem Schkumb und Dewol begrenzt wurden und die Pässe der alten Candavia einbegriffen.

Chalkokondylas ist unseres Wissens der einzige Schriftsteller, welcher mehr als allgemeines über die Waffenthat des Arianites in diesen Pässen berichtet. Wir schalten hier seinen Bericht zwischen die Aufzeich­nungen des Despoten ein, um die Noten nicht über Gebühr anzuschwellen; beschränken uns jedoch nicht auf die betreffende Stelle, sondern schicken ihr auch den Bericht über Murad's IL ersten Feldzug in Albanien voraus, weil uns Chalkokondylas' Anschauungen der albanesischen Zustände, mit welcher er seine Erzählung einleitet, sehr beachtenswerth erscheinen.

Nachdem er erzählt hat, wie Murad IL nach Aufhebung der Belagerung von Belgrad (1421) auf seinem Rückmärsche die Unterwerfung des Königs von Bosnien angenommen hatte, fährt er fort2):

A n das Land dieses Königs stösst das^des Stephan, des Sohnes Sandal's. Die Bevölkerung ist illyri­schen3) Stammes, doch hat sie sich schon vor Alters von den übrigen Illyrischen getrennt, denn sie haben zwar dieselben Sitten und Lebensweise, aber ihre Gesetze sind nicht dieselben. Alle Einwohner in Sandal's Lande werden Kudugeren genannt, zwischen seinem Lande und Epirus liegen mehrere venetianische Städte und das Land des Iwan (Kastriota), und auf dieses folgt das Land des (Arianites) Komnenos, welches gröss-

funditus eversam, quam nunc nostri civitatem (d. h. Kjutet Stadt schlechthin, wie so viele albanesische Städte auch heut zu Tage in deren Umgebung genannt werden) instauravit atque reaedifieavit. Nach der genauen Beschreibung, welche Dr. A u e r ­b a c h in dem Abschnitte „die Balschen" von der Saura-Ebene gibt, fällt diese zwar, obwohl durch die Ebene Bozok mit der von Elbassan verbunden, beträchtlich westlich von Elbassan, allein namentlich die Worte in anguio wären für die Örtlichkeit von Elbassan sehr passend, und bei Barletius heisst es in derartigen Fragen: minima non curat praetor. Da Barletius in der oben pag. 101 angeführten Stelle (anachronistisch) Moses in der Stadt Valmi geboren werden lässt , so folgt hieraus, dass die ganze Umgegend von Elbassan 6 e i n e m Vater, Musaki Arianiti, Bruder des Schwiegervaters Skanderbeg's, gehörte.

Anders erzählt Chadschi Chalfa, Rumeli und Bosna S. 134: Als im.Jahre 870 die Arnauten Einfälle in Ungarn machten (!), erbaute Sultan Mohamed der Eroberer das Schloss Ilbessan mitten in Albanien, um die Einwohner im Zaume zu halten. Einer der albanesischen Hauptanführer, Namens Alexander, belagerte zwar gleich hierauf das neuerbaute Schloss, aber im folgenden Jahre ward er zu Paaren getrieben und seine Besitzungen dem Osmanischen einverleibt. — So viel und nicht mehr weiss Chadschi Chalfa von Skanderbeg. Aber gerade diese verunglückte dritte Belagerung Skanderbeg's war zu Barletius Zeiten in Skodra bereits vergessen. Die Stelle hat das Ansehen, als ob sie aus einer historischen Quelle geschöpft sei.

!) Die aus der Matja nach Awlona kommenden Erdarbeiter sprechen Mok'na mit ausgefallenem i. 2) Chalkokondylas edit. bonn. lib. V. S. 248. 3) 1. c. S. 249. Er versteht unter Illyrien im Allgemeinen die Slavenstämme, welche vom quarnerischen Busen bis nach Epidamnus

(Durazzo; reichen, X , pag. 531, trennt sie aber strenge von den Albanern, ihren südlichen Nachbaren, deren Sitz er jedoch auf die Umgegend von Durazzo zu beschränken scheint. Lib. I, pag. 27.

Er theilt sie in zwei Theile, die Bosnier — καλούνται δε ourot τα νυν Βόσνοι Lib. Χ, pag. 530 — und die südlich an die­selben stossenden Kudugeren, welche das Reich des Sandai bilden und ihm gleichfalls Illyrier sind. Doch rechtfertigt er. diese Benennung damit, dass er sie nicht sowohl als Nachkommen der alten Illyrier, denn als die heutigen Bewohner des­selben Landes betrachtet wissen will. Von den B o s n i e r n sagt er in diesem seinem Liber X , pag. 531, dass er sie mehr zu den Illyriern als zu den Albanesen rechne, „denn die Albanesen rechne ich mehr zu den Makedonen als zu irgend einem andern Volke der Welt; weil sie eich nur mit dem m a k e d o n i s c h e n Volke vergleichen lassen."

Unter den Makedonen kann er aber natürlich nicht die heutigen bulgarischen Bewohner, sondern nur die alten Makedonien verstehen.

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112 e/. Cr. v. II ahn

tentheils Küstenland ist1), gegen das Binnenland zu reicht das letztere beinahe in die Umgegend von Ar<*v-rokastron2), wo der Stafthalter (Murad's) residirte. Murad plünderte das Land des Iwan und der Komncnen.

Von diesen unterwarf sich (zuerst) Iwan dem Könige und begleitete denselben ins Feld, wohin er auch ziehen mochte. Auch Arianites, der Komnene, begab sich, als er seine väterliche Erbschaft verloren hatte, an den grossherrlichen Hof, sprach die Gnade des Königs Murad an und erhielt von ihm seinen Unterhalt. Als hierauf Iwan der Kastriote starb, nahm der König dessen Knaben in den Palast3) und bemächtigte sich seines Landes. Nicht lange nachher verständigte sich Arianites mit seinen im Lande zurückgebliebenen Freunden und als ihm dieselben versprachen, dass sie sich erheben würden, wenn er zu ihnen käme, entfloh er vom Hofe nach seiner Heimat und vertrug sich mit den dortigen Gewalthabern über die väterliche Herr­schaft. Diese nahmen ihn mit Freuden auf und fielen von dem König ab, ermordeten die dem Lande vorge­setzten Türken*), fielen in das Land des Königs ein, plünderten es aus und schleppten ihre Beute nach "ihrer ganz mit steilen Gebirgen bedeckten Heimat. ^

Als dies dem Könige gemeldet wurde, schickte er Halia, den Sohn des Wrenei^, als Feldherrn gegen sie, unterstellte ihm die Truppen, welche am Flusse Axios und bei Agyrokastron standen, nebst der ganzen dort angesessenen Reiterei, und befahl ihm, das Land der Albanesen zu verheeren und ihm den Sohn des Komncnos als Gefangenen zu bringen. Halia fiel mit seinem gesammten Heere, bei welchem auch nfcht wenig Fussvolk war, in das Land ein und verheerte es, indem er Häuser und Fruchtfelder verbrannte und nichts verschonte. Arianites aber versammelte die Reiterei und das Fussvolk des Landes in den Pässen, durch welche Halia bei der Rückkehr kommen musste6). Als dieser hierauf mit seinem Heere durchzudringen ver­suchte, vermochte er es nicht, weil Arianites mit den Seinen sich ihm entgegenstellte.

Die nun folgende Stelle ist so verwirrt geschrieben, dass wir nur ihren beiläufigen Sinn zu geben vermögen.

Ein Theil des abgesperrten Heeres wandte sich rückwärts nach dem feindlichen Lande und suchte nach der entgegengesetzten Richtung (gegen Ochrida zu) durchzubrechen; von diesem wurden die meisten von den Albanesen erschlagen. Ein anderer Theil suchte in gerader Richtung (nach Elbassan zu) vorzudringen; dieser wurde eingeschlossen und gefangen. Halia und seine nächste Umgebung aber erreichten auf (nach Süden führenden?) Umwegen das Korfu gegenüber liegende Epirus und rettete sich so nach der Heimat.

Diese Waffenthat brachte Arianites dem Komncnen grossen Ruhm ein. Hierauf geht Chalkokondylas zur Erzählung der Ereignisse von Argyrokastron über und aus seiner Darstellung geht klar hervor, dass Arianites keinerlei Gewalt über diese Gegend oder deren Nachbarschaft zustand und sich nicht einmal bei den dortigen Hergängen bethciligte; denn er sagt: Als die übrigen um Argyrokastron wohnenden Albanesen sahen, dass Arianites vom König abgefallen war, und wrelch passende Gelegenheit er ihnen eröffnet hatte, beschlossen sie gleichfalls vom Könige abzufallen, und riefen daher ihren Chef Namens Depas zurück, denn dessen Vater hatte Bajazet gleich Myriifa6), den Fürsten von Kania und viele andere Herren dieser Gegend vertrieben und dieselbe für sich in Beschlag genommen. Er selbst hatte sich in Italien und Corfu herumg'c-trieben und folgte nun dem Ruf der Seinen, welche ihn zu ihrem Könige erwählton und Argyrokastron, das ausser der königlichen Besatzung auch von den in der Umgegend ansässigen Türken vertheidigt wurde\ bela­gerten. Diese Bewegung wurde durch Turachan unterdrückt, welcher damals Statthalter in Trikala war und auf die erste Anzeige mit seiner bekannten Energie alles, was von Streitkräften zur Hand war, aufraffte, bei

*) Schon hier herrscht also dieselbe Vorstellung wie bei Barletius. Nach dem Despoten reichten aber Arainitee Besitzungen nicht weiter als bis zum Westende der Ebene von Elbassan. Durazzo war bereits 1392 an Venedig cedirt und Vallona und Kan­nina bereits 1417 an die Türken verloren.

2) Έ/τί μ,εαόηαιον μεντοι ες ßp*X'J vi παρατείνει SKI την κερίοιχον της 'ΛρηυροκοΧίγνιης. 3) Viel zu spät. Skanderbeg kam 1410 an den türkischen Hof und war beim Tode seines Vaters bereits 28 Jahre alt. 4) Wohl als Spahi, welche für ihre Reiterdienste den Zehnten eines gewissen Districtes als Sold bezogen.

b) Liber V , pag. 250. Καταλαμ/3ανιι τά άκρα y «μβλλεν άναζεύξας Ά λ ί η ς ^ξίλαύνπν. Dieser scheint hiernach von Argyrokastron nordwärts bis zum heutigen Elbasean gezogen zu sein, um sich von da an östlich in die kandaviechen Engpässe und gegen Späth gewandt zu haben, was in diesem Aufstande wohl der Hauptzufluchteort der Komnenen gewesen sein dürfte.

6) Vermuthlich der Mann der Regina Balscha, welche nach H o p f β urkundlichen Funden 1417 Valona und Kanina an die Türken verliert und in Venedig als Pensionär stirbt. Er dürfte eich während dee nach Bayazed'e Tod (1402) eintretenden Interregnums wieder in den Besitz seiner Herrschaft gesetzt haben.

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tiefem Schnee den Pindus überschritt, so viel von den in den Küstengegenden (von Epirus) wohnenden Türken heranzog, als er konnte, und in zwei Tagmärschen (von Jannina?) unerwartet vor Argyrokastron erschien. Er tödtete von den überraschten Aufständischen 1000 Mann und liess den gefangenen Depas hin­richten. Was von dem Adel des Landes damals den Händen Turachan's entrann, das wurde von dem Land­volke an die königlichen Statthalter verrathen, ausgeliefert und von diesen hingerichtet, und so wurden die abgefallenen Albanesen von neuem unterworfen1).

Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich ohne weiteren Nachweis, dass die Aufstände des Arianites und des Depas zwei vollkommen getrennte Unternehmungen waren und Arianites allein durch sein Beispiel auf Depas' Unternehmen einwirkte.

Arianites' Grossthat wird von den Annalen von Ragusa auf das Jahr 1435 verlegt2), was zu Chalko­kondylas' Angaben stimmt, dass sie nicht lange nach Iwan Kastriota's Tod (1431) und in dem zweiten Feld-zuge Murad's gegen Karamanien (1434—1438) falle. Dieselbe fällt sonach acht Jahre vor Skanderbeg's Rückkehr (1443), und Arianites scheint während dieser Zeit der einzige albanesische Häuptling gewesen zu sein, welcher sich unangefochtener Unabhängigkeit erfreute, wenn er es nicht verstanden haben sollte, seinen Frieden mit der Pforte zu machen; dem sei wie ihm wolle, jedenfalls verdankt er seiner hervorragenden Stellung im Lande die Auszeichnung, dass ihn Venedig unter allen albanesischen Grossen in einer Urkunde aus dem Jahre 1449 durch das Prädicat magnificus auszeichnet3).

Der Despot vergisst dessen Söhne 4 ) aufzuzählen und spricht nur von dessen acht Töchtern, die ihm Maria aus dem Hause Musaki, die Tochter des Andreas III. und Tante des Despoten geboren, und durch die sich Arianites mit Skanderbeg, drei Dukadschins, Georg Tschernovich von Montenegro, ferner mit dem geblendeten Prinzen Stephan von Serbien, einem Balscha (von Misien) und dem Moreoten Bocali ver­schwägerte.

Wir schliessen mit des Despoten Erzählung von dem tragischen Tode dreier Arianiten, sämmtlich Brudersöhne des geschichtlichen Arianites. Der eine war Moses Dibranus5), Sohn des Musaki Arianites, welcher bei Skanderbeg's unglücklicher Belagerung von Berat gefallen war6). Die Freundschaft und Treue dieses Moses zu seinem Schwager Skanderbeg war aber nach der im folgenden Abschnitte zu erwähnenden Darstellung des Despoten keineswegs so ungetrübt, als es nach Barletius S. 336 scheint. Der zweite war

3) Hiermit war die Kraft der südlich von der Woiussa wohnenden Albanesen noch nicht gebrochen, denn sie erhoben sich aber­mals, wir wissen nicht wann, unter einem Zenebesius, vielleicht einem Verwandten des Depas, und drangen bis Kastoria vor, wurden aber dort von Therizes, dem türkischen Statthalter von Werria, aufgerieben und Zenebesius selbst erschlagen. Dieses Ereigniss muss wohl gleichfalls vor Skanderbeg's Rückkehr gesetzt werden. Auch bei ihm wird des Arianites Name nicht genannt.

2) Fallmerayer II, S. 72. Auffallender Weise wird er schon hier als Andreas Topias, signor della provincia posta al fiume Atoo, che hoggi si chiama Virusa bezeichnet, und es mag h i e r die Quelle der falschen Vorstellung von der Lage seiner Besitzungen sein. Dass er hier Andreas genannt wird, begünstigt unsere Vermuthung, dass man damals Arianites gleichbedeutend mit Andreas ansah,

») Hopf. 4) Hopf dagegen kennt drei urkundliche Söhne des Arianites und der Despina Musakina (der Despot nennt sie Maria; beides

sind Namen der Mutter Gottes und wurden daher wohl neben einander gebraucht): Thomas, Constantin und Arianites, welchen 1461 ihr venetianisches Patriciat erneuert wird, und die 1466 (Todesjahr Skanderbeg's) ihr Land an die Türken verlieren. Die Musakis hielten sich also 7 Jahre länger als die Arianiten.

Thomas stirbt 1484 und hinterlässt einen zum Islam übergetretenen Sohn, Namens Zagan Pascha. Constantin lebt in Venedig, vermalt mit einer Marchese von Montferrat, verliert 1508 sein Patriciat als Anhänger des Papstes und wird 1531 ein­gekerkert. Sein Sohn Arianites stirbt 1551 als der letzte seines Stammes.

5) Nach dem Despoten i>esass Moses Dibranus folgende theils in Tschereminzia, theils in Mochino (Mokra) gelegene Städte , von denen wir noch keine einzige als vorhanden nachweisen können: Liborassi, Drago, Stubgna, Doresa, Zuchisi, Guri und andere. Den Zunamen Dibranus scheint er von seinen Eroberungen in Dibra erhalten zu haben, die ihm Skanderbeg entries, und wes­wegen er zu den Türken überging und Türke wurde, sich aber später mit Skanderbeg wieder versöhnte. Nach einer von Hopf gefundenen Urkunde war dieser Moses (wenigstens eine Zeit lang) sogar im Besitze von Kastoria. In einer andern Urkunde vom Jahre 1461 figurirt Moses Golem von Dibra n o c h als venetianischer Pensionär; die Katastrophe von Valchala muss also nach diesem Jahre, in Skanderbeg's letzte Lebenszeit (f 1466) fallen.

6) Barlet. pag. 230, welcher jedoch darin irrt, dass er ihm (pag. 239) Skanderbeg's Schwester Mamiza zur Frau gibt, während er pag. 211 eine Voisiava als solche nennt, gedenkt seiner Frau nicht. Möglicherweise könnte dieser Musaki Thopia unter dem in einer von H o p f aufgefundenen Urkunde von 1461 als quondam magnificus bezeichneten verstanden sein.

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114 «7. G. ν. Hahn

Musaki1), Sohn der Angelina Kastriota und des Vladino Arianites, welcher durch den Namen seiner Mutter Angelina von den vielen Musaki seiner Verwandtschaft unterschieden wurde, vielleicht weil er den Vater früher verlor, wie es noch heut zu Tage allgemein Sitte auf der Halbinsel ist, die Söhne nach ihren verwit­weten Müttern zu nennen, besonders wenn sie vornehmer Abkunft sind. Der dritte endlich war Georg oder Gjuriza (slav. Form) Vladeni, mithin ein Bruder des Vorigen.

Der Despot erzählt nämlich, dass Skanderbeg nach seiner Rückkehr in die Heimat um die älteste der Töchter des Arianites Golem angehalten, dieser aber seinen Schwager Ginno II. Musaki, den Vater des Despoten, darüber berathen und auf dessen Zuspruch in die Heirath gewilligt habe, wofür ihm jedoch Skan­derbeg damit vergolten, dass er2) dem Neffen des Arianites, Moses Dibranus, so lange zusetzte, bis er sich von Ginno's II. erstgebornen Tochter Suina oder Zanfina trennte und Skanderbeg's jüngste Schwester Mamiza [also seine eigene Tante) zur Frau nahm.

Von diesem Standpunkte aus muthet der weitere Bericht des Despoten über Moses* Tod wie ein Gottes­gericht für jenes von Moses und Skanderbeg an seiner Familie begangene Unrecht an, obgleich der Despot sich jeder Anspielung hierauf enthält. Er fährt nämlich fort: Musaki Comnino d'Angelina, der Vater der Donna Porfida Golem3) und Moses Comnino (Dibranus), so wie ein Herr Ginno Musaki4) waren tapfere Ritter und schlugen die Türken in einer Schlacht6); sie verfolgten aber ihren Sieg mit allzu grosser Hitze, bis sie in der Mitte des Thaies von Valcha in einen Hinterhalt fielen. Die Herren wehrten sich tapfer und zogen sich nach einem mitten im Thale liegenden Hügel , weil sie das auf dessen Gipfel stehende Fussvolk für christliches hielten. Hier wurden sie gefangen und vor den türkischen Feldherrn Balaban Bendera (Bairak-tari) gebracht, der sie zum Sultan schickte. Skanderbeg sandte zu diesem, um deren Auswechslung gegen türkische Gefangene und Lösegeld zu verlangen. Da aber dem Sultan die grosse Tapferkeit der Gefangenen durch Balaban bekannt war, so verweigerte er deren Auslieferung und liess sie grausamerweise βσ langsam schinden, dass sie erst nach vierzehn Tagen unter grossen Leiden endeten.

Neben der Hochlandlinie der Thopia Arianiten müssen wir nach den Andeutungen des Despoten noch einen Zweig der Thopia von Gora annehmen, denn er nennt gelegentlich den Sewastokrator Paul Thopia von Gora und drei Menschenalter später den Paul von Gora als Vater seiner Mutter Kyranna.

Diesen Thopias von Gora nahe verwandt scheinen die Herren des Seebeckens von Prespa gewesen zu sein. Vielleicht führten sie den Stammnamen Comnino. Von diesen nennt jedoch der Despot nur den Herrn Comnino6) und dessen Sohn Torri oder Torrichi mit dem Zusätze, dass sie bereits ausgestorben seien und daher „eure Grossmutter* Kyranna (d. h. seine eigene Mutter) deren Erbin wäre.

*) Nach dem Despoten besass Musachi d'Angelina das Castell Bieschka, vermuthlich der albanesische Name von Petrella, denn bjeschka heisst alb. steiler Berghang, so wie Gur-i-barth und Petraiba (weil gleichbedeutend), heut zu Tage Pertreila, ed altri casati assai in Zerminichi ed Amatia; ferner 4 ville Marguesi (?) bei Paglola (?). Wenn Barletius pag. 346 die Mamiza von dem Castell Petrella aus ihrem Bruder Skanderbeg von dem Anzüge Jakub Pascha's Nachricht geben lässt , so dürfte dies auf einer Verwechslung mit ihrer Schwester Angelina beruhen.

-) Non mirando a dio ne a cosa nulla, ne alli iiglioli, che quelli haveano. 3) Porfida Grande, wie sie der Despot hier übersetzt , geht mit ihrer Mutter und Grosstante, der Witwe Skanderbeg's, nach

Neapel und wird an dem dortigen Hofe erzogen. 4) E r ist ein Extravagant, s. Anhang der Stammtafel Nr. c. 5) Barletius S. 334 u. folg. erzählt diesen Vorfall ausführlich. E r nennt das Thal, in welchem Skanderbeg lagerte, Valchalia;

versetzt das türkische Lager dahin, wo dieses Thai in einen Engpass endet, und lässt die Türken die acht albanesischen Ritter in diesen locken. Er nennt die Gefangenen Moses von Dibra, der Skanderbeg besonders treu und theuer war, Giuriza Vladenius, Skanderbeg's Verwandter, und Musaki d'Angelina, sein Neffe, ferner Ginius Musakius, Johann Periatus, vielleicht ein Verwandter Skanderbeg's treuem Kriegshauptmann Peter von Perlat (über das an der Nordgrenze der Matia gelegene katholische Dorf Perlata'i s. oben), Nicolas Beresius (Berisch), (nach Barletius pag. 237 stammt er aus einem alten Geschlechte und besetzt mit seinem Bruder, der auch pag. 338 erwähnt wird, nach der Flucht des Moses Dibranus zu den Türken sogleich das Castell von Modrissa und bringt ihre Mutter dorthin), Georgius Chuoca (Barletius pag. 338 nennt auch einen Raianus Chucca) und Ginius Manusius.

Barletius schweigt von den verlängerten Todesqualen der Geschundenen. e) Doch wäre es möglich, dass dieser Name hier als Taufname stünde, wie bei Comnino, dem Bruder des Serbenkaisers Stephan

Duschan, bei Arianita und Musaki, dann bliebe eben nur die nahe Verwandtschaft der Gora mit der Prespa der einzige Grund, um die letztere zu dem Stamme der Thopia zu rechnen.

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3. D i e G r o p p a .

Sie sind die nördlichen Grenznachbarn der von uns angenommenen drei Zweige der Hochlandlinie der Thopia. Sie erscheinen unter den Namen Cropa und Groppa. Der Despot erwähnt ihrer nur gelegent­lich, wir stellen daher hier die von ihm und Hopf Genannten zusammen.

1. 1273 Sewasto Paul Cropa wird von Karl I. von Anjou in dem Besitze von verschiedenen in dem uns unbekannten Thale von Ebu gelegenen Dörfern bestätigt. (Hopf.)

1274 erscheinen er und Johannes Musaki als Abgesandte der Albanesen vor dem neuen neapolitani­schen Generalvicar. (Hopf.)

2. Groppa, Herr von Ochrida, Schwiegersohn Andreas' II. Musaki. 3. Zacharias Groppa wird vom Despoten nicht erwähnt, aber bei Barletius gegen Ende von Lib. XI,

pag. 345, kämpft er in der zweiten Schlacht im Walchalthai, in welcher Skanderbeg den Balaban in die Flucht schlägt, und nach einer von Hopf im Archive von Mailand aufgefundenen Urkunde wandert er im Jahre 1467 (also ein Jahr nach Skanderbeg's Tod) mit anderen albanesischen Edeln nach Sicilien aus1).

4. D i e K a s t r i o t e n 2 ) .

Wenn die Aufzeichnungen des Despoten über die beiden vorigen Geschlechter nur mehr locales als allgemeines Interesse haben, so gewinnen seine Angaben über die Kastrioten, verbunden mit Hopfs weiteren Funden, weltgeschichtliche Bedeutung, weil sie uns ganz neue Standpunkte zur Beurtheilung der Stellung Skanderbeg's zu seinem Lande eröffnen.

Von diesen scheint uns der wichtigste in der Angabe Constanstius Musaki zu liegen, dass Skanderbeg keinem uralbanesischen, sondern einem serbischen und mithin eingewanderten Geschlechte angehört habe3), wodurch eine den slavischen Namensformen des Geschlechtes der Kastrioten entnommene Vermuthung Fallmerayer's zur Gewissheit erhoben wird. Wenn jedoch von den Zeiten Skanderbeg's bis zur Gegenwart keine wesentlichen Veränderungen in den Sprachgrenzen eingetreten sind4), so lagen die ursprünglichen Besitzungen der Kastrioten nicht auf siavischem, sondern auf albanesischem Boden, denn in der Gegend von Skanderbeg's Stadt und von den beiden Dörfern von Sinje wird jetzt, wie auf dem linken Ufer des Drin überhaupt nicht bulgarisch, sondern nur albanesisch gesprochen. Es liegt somit die Vermuthung nahe,

*) Die Herren von Groppa und die Herren von Prespa dürfen wir wohl als die Grenzwächter Mittel-Albaniens gegen Osten ansehen. Wann die Türken das östliche Mittel-Albanien eroberten, ist noch gänzlich unbekannt. Monastir und Prilip wurden 1382 durch Timurtasch Pascha erobert. Chadschi Chalfa S. 97. Dem merkwürdigen Briefe Murad's II. an Bajesid aus dem Jahre 1385 zu Folge, in dem er dem Sohne, nur um etwas zu schreiben, Nachricht von den Kriegsvorfällen des Jahres 1382 gibt, wandte sich Tirmurtasch von Monastir nach Karli Jei , unterwarf die dortigen Ungläubigen der Kopfsteuer, streifte bis Salonik und machte dann Halt. Hier muss sowohl der Zeit als dem Orte nach Karli Jei etwas anderes bedeuten als das Land des Karl Tocco (f 1430). Nehmen wir an, dass der Sultan Mittel-Albanien darunter verstehe, könnte er sagen wollen, dass Timurtasch nach der Eroberung von Monastir auf der Via Egnatia westlich gegen Durazzo vordrang, sich dann nordwärts gegen Bosnien und die Herzegowina wandte, aber Halt machte, als er deren freiwillige Unterwerfung erfuhr. Dies ist jedoch sehr unsicher, und wir empfehlen nur Murad's Karli Jei der Forschung zur nähern Untersuchung. Mit mehr Sicherheit lässt sich annehmen, dass die Eroberung von Prespa und Ochrida durch Ha'ireddin Begier Bei von Rumelien erfolgt sei, als er 1385 wohl auf der Via Egnatia erobernd in Albanien eindrang und Balsch II. von Skodra auf der Saura-Ebene schlug, s. §. 13 der Balschen.

2) Wir vermögen die Heimatsendung -iot in diesem Namen weder für albanesisch, noch für neugriechisch zu erklären, denn im ersteren müsste die Endung in dem vorliegenden Falle -at heissen, nach dem Vorbilde der an das östliche Ufer des Sees von Skodra stossenden Kastr-aten, in deren Gebiet eine alte Festung liegt. Im Neugriechischen findet sich zwar die Heimats­endung -ιώτ-vjs, wie im Άνδρ-ιώτ-ης, Ναξ-ιώτν?ς, Ύριποΐιτζ-ιώτης von "Ανδρος, Νάξος, Ύριποΐίτζα, aber für den Stamm Κάστρον lautet sie Άρηνροχαστρίπης, ΠαΧαιοχαστρίτ-ης, Νεοχαστρίτης, 'Άηηελοχν.στρίτ-ης u. s. w.

3) Perche in Albania era entrato Scanderbeg uomo valente e per natura Serviano, le virtu del quale furono tante, ch'era estimato η on eolamente dalli Albanesi ma an che da ogni altra nazione. Aus dem Geiste dieser Worte ergibt sich, dass die Nationalitäts­angabe frei von allem Verdachte der Gehässigkeit ist.

4) Und hiefür spricht die Vermuthung, weil die Angaben des kaum 80 Jahre nach Skanderbeg lebenden Barletius über die zwischen Ober- und Unter-Diwra laufende albanesisch - bulgarische Sprachgrenze, wie wir oben sahen, mit den heutigen, Zuständen übereinstimmen.

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dass Skanderbeg aus einer serbischen Adelsfamilie stamme, die zur Zeit der serbischen Gewaltherrschaft mit den vorgenannten Landschaften belehnt wurde. Die slavischen Namensformen der Kastrioten dürften sogar zu der Annahme führen, dass deren Versetzung nach Albanien noch zu neu war, um sie vollkommen zu albanisiren.

Wenn nun, wie wir in der ersten Abtheilung dieses Werkes erwiesen zu haben glauben, die ursprüng­liche Besitzung dieses Geschlechtes in dem Grenzgebirge zwischen Diwra und Matja lag und dasselbe selbst slavischen Ursprungs war, so erklärt Skanderbeg's serbische Abstammung zwar einestheils den grossen Ein-fluss, welchen er nach Barletius Versicherung auf die slavisch sprechenden Bewohner von Ober-Diwra aus­übte; sie erschwert aber anderntheils die Antwort auf die Frage, wie es ihm gelingen konnte, sich an die Spitze der adelsstolzen Urgeschlechter von Mittel-Albanien zu schwingen, in nicht geringem Grade.

Doch wird durch Hopfs Funde auch diese Antwort einigermassen ermöglicht, denn als Enkel Helena's, der Erbtochter des mächtigen uralten Hauses der Topia Komnenen, kann er den Albanesen kein Fremder sein.

Wenden wir uns von diesen beiden Hauptthatsachen zu den Vorfahren Skanderbeg's, über welche man bis jetzt gar nichts wusste, so geben Hopfs Funde auch über diese einige Aufschlüsse.

Die von Hopf gefundenen Urkunden nennen Skanderbeg's Grossvater Constantinus Kastriota dominus Serinae und geben ihm den Titel Probistiti (Protovestiarius?). Die Aufzeichnungen des Despoten dagegen nennen ihn Paul und versichern ausdrücklich, dass er nur zwei Dörfer in der Matja, nämlich Gardi poschtere und Sinja, besessen habe. Der Leser dürfte sich aus unseren Reiseskizzen erinnern, dass es uns gelungen, dies Unter-Gardi (Schloss) in dem 4 St. östlich von Kula Matese gelegenen Kjutet Skanderbegut und den einige Stunden nordöstlich davon gelegenen Dörfern Ober- und Unter-Sinja wieder zu erkennen und somit die sehr bestrittene Wiege Skanderbeg's festzustellen. Statt der Lesart Serina der Urkunden haben wir £eruja, den Namen eines etwa 4 St. südlich von Kjutet gelegenen Dorfes, vorgeschlagen, was denkbarer Weise seiner warmen Lage wegen Constantin's Lieblingsaufenthalt nach seiner Verheirathung mit Helena Thopia gewesen sein konnte.

Hopf hält Constantin Skanderbeg's Grossvater für eins mit Constantin Kastriota, Sohn des Branilo Kastriota, Statthalters des Alexander Gioritsch in Kanina1). Ist dies der Fall, so wräre wenigstens der Name von Skanderbeg's Urgrossvater gefunden2).

Constantin heirathet, wie wir oben sehen, Helena, die einzige Enkelin des grossen Karlo Thopia und Erbtochter der Besitzungen ihres Vaters Georg Thopia, Erstgebornen des Karl Thopia. Gerade diese aber verursachen sein Verderben, denn er wird vermuthlich wegen der Ansprüche, welche er auf Kroja als Erbgut seiner Frau3) erhebt, im Jahre 1402 von den Venetianern als Rebell hingerichtet.

*) Dieser Alexander Herr von Kanina und Valona wird 1379 von dem berüchtigten Despoten Thomas von Epirus ermordet. Das Verhältnies dieses Alexander zu Mirtsche oder Morchisi von Kanina, Mannes der Regina Balscha, der 1414 stirbt, ist uns unbekannt. Hopf vermuthet, dass der Constantin Kastriotis des Textes in den Epiroticis Γαστεριτζιώτης genannt werde, was uns jedoch weiterer Bestätigung zu bedürfen scheint.

2) Hier wirft sich die Frage auf, ob etwa der dunkle Wrana-Konte des Barletius und Despoten einem Zweige des Geschlechtes der Kastrioten angehört habe; ein anderes Anzeichen weist, wie wir unten sehen werden, auf dessen Ver­bindung mit dem Geschlechte von Skanderbeg's Mutter hin.

3) In den Aufzeichnungen des Despoten weisen folgende Beispiele darauf hin, dass unter dem hohen Adel damaliger Zeit in Mittel-Albanien die Lex Salica nicht galt. Sie sprechen von der Herrschaft Terra Grabassa (Grabowa?) als Mitgift der Grossmutter des Despoten; von der (an sich gewiss sehr zweifelhaften) Ausstattung der Tochter Balscha II. von Skodra und Frau des Markisi von Awlona und Kanina mit der Landschaft Awlona und Kanina durch ihren Onkel Ginno I. von Musaki. Der Despot beansprucht daher diese Herrschaft für sein Geschlecht, weil Regina kinderlos starb. Von Presba sagt er ferner, dass es dem Herrn Komnino Presba und seinem Sohne Torri oder Torrichi gehört habe, „deren Erbin eure (zu seinen Söhnen redend) Grossmutter Kyranna ist; nach Hopfs urkundlichen Angaben bean­sprucht nicht nur Constantin Kastriota den Besitz von Kroja als Gatte von Helena Thopia, sondern Marko Barbarigo, der urkundlich ein Schwiegersohn des Thopia (Karls?) genannt wird, besitzt Kroja wirklich, was nur vermöge Erb­rechtes seiner Frau möglich war. Aus allen diesen Angaben ergibt sich mithin eine grosse Verschiedenheit im Erbrecht des hohen Adels von Mittel-Albanien von dem heutigen Erbrechte in Nord-Albanien, denn während in letzterem nicht nur die Lex Salica gilt, sondern auch in den meisten Gegenden die Frauen gänzlich erbunberechtigt sind, galten in Mittel-Albanien zu Skanderbeg's Zeiten, sowohl das Dotalsystem, als immobile Mitgiften und weibliches Erbrecht in Bezug auf Immobilien.

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Stammbaum der Eastriotae Scanderbegi. Karl Thopia, f 1378 = Vo'isava Balscha.

I. Geschlecht Georg, f 1392. Branilo Kastriota.

Π .

III.

IV.

.Helena = Constantin (Paul)!), f 1402.

.1. Alexius 2). 2. Iwan, f 1431 = Voisva Tripalda.

V.

VI.

VII.

1. Reposch. 2. Stanischa3). 3. Constantin3). 4. Georg = Andronica Arianita.

Amesa. Johann7) = Helena Palaeologa8).

1. Maria = Stephan Cernovich.

1. Georg. 2. Johann5).

2. Yella = Stresius Balscha4)?

1. Georg. 2. Johannes. 3. Goi'ko = Comita Arianita.

3. Angelina 4.Vla'ica= 5. Mamiza = = Vladino Balza 6). Moses Dibranus, Arianita. s. Thopia.

1. Musaki = Maria 2. Tanusius. 3. Georg. Musaki.

Adriana Aqua Viva = 1. Don Ferrante9)

2. Donna Maria Kastriota = Brana'i Antonio 1 2).

1. Giovanni. 2. Maria = Conte di Muro. Porfida Golem, s. Thopia.

Irene = Peter Anton St. Severino kinderlos n ) .

Zu Seite 121.

Stammbaum der Branai. Branilo ?

Ν . N.

1. Brana Conte 1 2) Crojne defensor = Maria Zardari 1 3 ). 2. Stanischa.

1. Giovanni 1 4). 2. Alfons 1 5). 3. Ferdinand 1 6). 4. Giovanna.

Maria. • 1. Anton Brana'i1 7) = Donna Maria Kastriota. 2. Giovanni 1 8) = Giovanna, kinderlos.

A n m e r k u n g e n . *) Constantin nach Urkunden, Paul nach dem Despoten, welcher auch dessen Frau nicht erwähnt. *) Wird von dem Despoten nicht erwähnt, wohl aber in Urkunden. Hopf. 3) Beide sterben jung sowohl nach dem Despoten als nach Barletius. Aber nach Hopf wird ein

Stanischa Kastriota noch 1445 urkundlich erwähnt (etwa ein Branai?). *) Nach Barletius pag. 39. Der Despot schweigt über den Mann der Yella, Barletius pag. 22 ver-

heirathet sie an Stresius. 5) Herr von Misia. Er scheint vor dem Fürstentage von Alessio gestorben, weil dort Skanderbeg's

Neffe, Georg Stresii, auch seine beiden noch unmündigeu Brüder vertritt. Barletius pag. 38. 6) Der Despot macht Vlai'ca zur Frau des Georg Stresius Balscha und gibt ihr blos zwei Söhne,

Johannes und Goiko. 7) Duca di San Pietro di Galalina. e ; Tochter des Sigr. Lazaro, despota di Serbia. ») Kastrioto, duca di San Pietro, mehrere seiner Geschwister starben jung. Mit ihm stirbt Skan­

derbeg's Linie im Mannsstamme aus.

Denkschriften der philos.-hist. Cl. XVI. Bd. Abhandl. von Ni<htmitgliedern.

W) Fürst von Visignano. u ) Skanderbeg's Linie ist sonach auch von weiblicher Seite ausgestorben. u ) Herzog von Ferrandino. Dies ist der Stammherr der heute noch blühenden Kastrioten, nach

Hopf Friedrich Kastriota, Appellationsrath in Neapel, und von weiblicher Seite ein Marchese di Auletta. Die Männer dieser Linie heissen meistens Pyrrhus.

13) Duca di Ferrandino. Ob der Mann der Maria Zardari nicht der Sohn des Defensors war, muss dahingestellt bleiben; sie heirathen nämlich (nach dem Despoten), nachdem beide i loro stati paterni verloren haben, und kurz nach der Heirath flieht Maria mit Skanderbeg's Witwe nach Neapel, also 1466.

,%) Duca di Ferrandino. 15) Marchese die Tripalda (Stammname der Mutter Skanderbeg's). , e) Marchese di St. Angelo. 17) Duca di Ferrandino, s. Note 12.

I 18) Marchese di St. Angelo.

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Seine Witwe und beide Söhne Alexius und Johann (Iwan) figuriren 1403 als Pensionäre Venedigs. Jobann wird 1406 Dominus satis potens genannt und figurirt 1407 als Vasall von Venedig. Im Jahre 1410 wird er adstrictus Turcis genannt, welcher proprium natum1) denselben zum Geisel ge­

geben habe. Soweit reichen Hopfs urkundliche Eranien. Der Despot erwähnt, wie gesagt, nur den Grossvater Skanderbeg's unter dem Namen Paul und sagt,

dass er nur zwei Dörfer, Signa und Gardi poschtere (d. h. Unter-Gard) besessen, sein Sohn Johann sich aber zum Herrn von ganz Mat gemacht habe; doch bemerkt er ausdrücklich, dass erst sein Sohn Skanderbeg sich in den Besitz von Kroja setzte, welches der Vater niemals besessen habe2).

Skanderbeg's Mutter wird von dem Despoten einmal Visava Tribalda3), ein andersmal Voisava Tripalda genannt, mit dem Zusätze, dass sie aus gutem Hause gewesen sei4). Sie gebar ihrem Manne neun Kinder, vier Söhne und fünf Töchter. Als ersten Sohn nennt der Despot Reposch, welcher ein heiliges Leben führte, nach dem Berge Sinai ging und dort als Mönch starb6).

Von Stanisch und Constantin sagt der Despot, dass sie mit Georg dem Sultan zu Geiseln gegeben wurden, aber früh gestorben seien6). Georg, den die Türken Skanderbeg nannten, war der jüngste der vier Brüder.

Von Iwan Kastriota's fünf Töchtern war die älteste, Maria7), an Stephan Czernovich, Herrn von Monte­negro, verheirathet. Der Despot schweigt von dem Manne der zweiten, Yela; Barletius gibt ihr den Stresius Balza, Herrn von Misia, zum Manne, wogegen der Despot die vierte Tochter, Wlaika, an diesen Stresius Balza

• gibt, welcher Barletius einen Ginno Musaki zuweist. Die dritte, Angelina, hatte Wladino Ara'initi zum Manne. Die fünfte und jüngste Tochter war Mamiza, welche Skanderbeg an Moses Dibranus, Neffen des Arianiti Golem, verheirathete, nachdem er ihn überredet hatte, sich von seiner ersten Gattin, der ältesten Schwester unseres Despoten, Suina Musaki8), zu trennen.

Nach dem Despoten war Skanderbeg der jüngste der vier Söhne 9 ) ; dass er aber auch das jüngste Kind gewesen sei, ist wegen der vorerwähnten Verheirathung seiner jüngsten Schwester unmöglich, denn da Skanderbeg erst in seinem 40. Jahre in die Heimat zurückkehrt und diese Heirath gewiss nicht in der ersten

1) Diese Einzahl ist auffallend, denn nach Barletius (edit. Argent. 1537, pag. 5, datus proinde cum fratribus Georgius est) wurden sämmtliche Söhne , nach dem Despoten wenigstens auch Stanisa und Constantin zugleich mit Georg ver-geiselt.

2) Ricupero la Matia stato paterno e sinsignori della Cittä di Croja ch'il padre non l'hebbe. Diese verneinende Wendung legt den Gedanken nahe, als wolle der Despot die schon zu seiner Zeit im Schwange gehende Ansicht widerlegen, dass Kroja der Stammsitz der Kastrioten und die Wiege Skanderbeg's gewesen sei, siehe oben Näheres über Kroja im Abschnitte Thopia.

3) Dieser Name mag vielleicht Anlass zu der sonderbaren Angabe des Barletius S. 4 gegeben haben, dass ihr Vater nobilissimus Tribalorum princeps gewesen sei.

4) Ε venne da parte buona. Da dem Despoten daran gelegen ist, seinen Söhnen zu erklären, in welcher Weise der Marchese della Tripalda mit ihnen verwandt sei, so folgt hieraus entweder, dass diese Familie sich nach Neapel geflüchtet und dort das Marchesat erhalten, oder dass dieser Titel vielleicht einem nachgebornen Kastrioten gegeben worden. In beiden Fällen zeugt er für das Ansehen der Familie, aus der Skanderbeg's Mutter stammte.

5) Barletius pag. 16 dagegen gibt ihm den berühmten Amesa zum Sohne: inter quos et Amesa nepos fuit egregiae indolis adolescens, quem Reposius, postea Coragusuis dictus a Turcis, ante i n s i d i a s Ottomani uxore ducta susceperat. Wie reimt sich das zu Barletius weiterer Annahme, dass er bei seiner Ankunft mit seinem Oheim Skanderbeg in Kroja weil als Türke geboren, getauft wurde? Der Caraguse (Schwarzauge?), dessen Barletius S. 94 gedenkt, ist, weil Barbarus genannt, offenbar ein geborner Türke. In dem griechischen Volksmärchen erscheint eine Karagisa als menschenfressendes weibliches Ungeheuer.

6) Hopf fand dagegen den Stanissa Kastriota noch nach 1445 urkundlich erwähnt. 7) Barletius nennt sie Mara, stimmt aber sonst in Bezug auf Namen und Zahl der Kinder Iwan's mit dem Despoten vollkom­

men überein. Er bemerkt ferner pag. 22, dass Iwan Kastriota alle seine Töchter, bis auf die jüngste, Mamiza, noch bei seinen Lebzeiten an die Grossen des Landes verheirathet habe.

Skanderbeg's Schwestersöhne , Musaki d'Angelina und Georg, und Johann Czernovich sind zur Zeit seiner Rückkehr bereits erwachsen, denn Musaki gehört zu den ersten, welche sich ihm bei der Rückkehr (1443) anschliessen, und die letzteren erscheinen zugleich mit ihrem Vater auf dem Fürstentage von Alessio. Schon hieraus ergibt sich naturgemäss, dass Skanderbeg nicht als Jüngl ing, sondern im reiferen Alter zurückkehrte.

8) Ob zu dieser zweiten Ehe die päpstliche Dispens eingeholt wurde, wird nicht erwähnt.

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Zeit seiner Rückkehr zu Stande bringen konnte, so hätte Mamiza zur Zeit ihrer Verheirathung eine starke Vierzigerin sein müssen, wenn sie älter als Skanderbeg gewesen wäre.

Hieraus ergibt sich mithin, dass der Vater Skanderbeg's durch die dem Sultan schuldige Heeresfolge nicht gänzlich von seiner Familie getrennt wurde, sondern wenigstens zeitweise nach Hause zurückkehrte. Uber die verschiedenen Lebensabschnitte Skanderbeg's ertheilt der Despot die genauesten Aufschlüsse:

Im Anfang seiner Abhandlung gibt er an, dass Skanderbeg sieben Jahre alt1) war, als er mit seinen zwei Brüdern den Türken zu Geisel gegeben wurde und dass er mit 40 Jahren wieder Christ wurde. Am Ende der Darstellung sagt er ferner: „Skanderbeg starb im Jahre 1466 am 4. December2); er lebte 23 Jahre, nachdem er zurückgekehrt und wieder Christ geworden war. Als er zurückkam, war er ungefähr 40 Jahre alt3), so dass er beiläufig 63 Jahre lang lebte."

„Der Kampf Skanderbeg's mit den Türken dauerte beiläufig 24 Jahre und nach seinem Tode mit den andern Herren von Albanien beiläufig sieben Jahre."

Nach den übereinstimmenden Zeugnissen des Despoten fällt also Skanderbeg's Geburt in das Jahr 1403, und wird dasselbe mithin um sechs Jahre gegen die äusserste bis dahin vorhandene Angabe zurückgerückt 4).

Bedenken wir nun, dass Skanderbeg als Iwan's jüngster Sohn 1403 geboren war, und es wohl nicht anzunehmen ist, dass alle seine fünf Schwestern nach ihm geboren wurden, so glauben wir nicht zu irren, wenn wir die Verheirathung seines Vaters Iwan jedenfalls vor 1398 verlegen. Geben wir nun. Iwan zur Zeit seiner Verheirathung auch nur 20 Jahre und bedenken wir, dass ihm wenigstens ein urkundlicher Bruder, der obenerwähnte Alexius vorgeht, so kann die Verheirathung der Helena Thopia mit Constantin Kastriota · nicht wohl nach 1375 erfolgt sein. Zu dieser Zeit lebte aber nicht allein ihr Vater Georg (f 1392), sondern auch ihr Grossvater, der grosse Karl Thopia (f 1387).

Da nun die Vermuthung dafür spricht, dass Helena Thopia nicht von Constantin geraubt, sondern von ihren Agnaten freiwillig an ihn verheirathet worden sei, so folgt hieraus, dass Constantin eine bedeutende Stellung unter den albanesischen Edeln eingenommen haben müsse, um der Ehre einer Verbindung mit der Erbtochter der Thopia's würdig erkannt zu werden.

In den Augen der Albanesen war also Skanderbeg, obgleich von slavischer Abstammung, der Enkel der letzten Erbin der älteren Thopia-Linie. Diese Stellung musste ihn der Hochlandlinie der Comnenen Thopia nahe bringen, an deren Spitze Arianites Golem, sein späterer Schwiegervater, stand. 1st nun Skan­derbeg 1403 geboren, so hatte er bei dem Tode seines Vaters (1431) bereits ein Alter von 28 Jahren und war also alt genug, um von Murad II. sein Vatererbe begehren zu können und von dessen Einziehung auf das empfindlichste berührt zu werden. Demnach hatte er zur Zeit von Arianites' Flucht vom grossherrlichen Hofe (1435) bereits 32 Jahre. Die Wahrscheinlichkeit spricht also dafür, dass er mit diesem seinem Ver­wandten bereits während dessen Aufenthaltes an dem kaiserlichen Hoflager in näherer Berührung gestanden, und dass er daher gleich bei seinem ersten Auftreten an Arianites eine kräftige Stütze fand. Nachdem nun Skanderbeg dessen Schwiegersohn geworden, fand er sich durch dessen Familie und die Heirathen seiner Schwestern mit den sämmtlichen grossen Dynasten von Nord- und Mittel-Albanien verschwägert, den Bal-schen, den Dukadschin, den Czernovich von Montenegro und den Musaki. Wenn endlich Skanderbeg erst in seinem 40. oder 41. Jahre nach Albanien zurückkehrte, so brauchen wir uns auch nicht mehr über den grossen Kriegsruhm zu wundern, welchen er sich durch seine persönliche Tapferkeit und seine Feldherrntalente während seines Aufenthaltes bei den Türken erworben hatte, weil dann dem gereiften Manne die nöthige Zeit zu dessen Erwerbung blieb.

Wenn wir Skanderbeg's Geburtsjahr auf 1403 verlegen und ihm nach den Angaben des Despoten zur Zeit seiner Vergeiselung sieben Jahre geben, so fällt dieselbe auf 1410; sie kann aber auch nicht später fallen, weil sie in einer venetianischen Urkunde aus diesem Jahre bereits erwähnt wird. Da nun Francis

1) Dagegen sagt Barletius pag. 6: vixdum nonum attingeret annum. 2) Barletius pag. 370: X V I calend. Februarias a. d. 1466 extremum diem suum obiit. Inauguratus est autem Skanderbegus

prima auspicia imperii sui quarto calend. decembris a. d. 1443. Wir glauben hier des Barletius Angaben vorziehen zu müssen und vermuthen, dass der Despot den Tag des Regierungsantrittes mit dem Todestage verwechselt hat.

3) Quando Venne, era di circa anni 40. *) Fallmerayer 1. c. II, S. 65.

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Lenormant, Deniers de Balsch S. 14 nach Vatslik's la souverainetd de Montdnogro eines Zuges gedenkt, welchen der fast hundertjährige Evrenos Pascha, der einzige noch lebende Gefährte Urchan's, im Jahre 1410 nach der Thronbesteigung Musa Tschelebi's unternahm und der von Balscha III. zurückgeschlagen wurde, so mag vielleicht die Unterwerfung Iwan's und die Vergeiselung seiner Söhne eine Folge dieses Feldzuges gewesen sein.

Das Jahr 1410 fällt übrigens in das nach Bajazet's Gefangennahme in der Schlacht von Angora 1402 eintretende eilfjährige Interregnum, und es mögen sich vielleicht mehr als einmal die albanesischen Herren während jenes Interregnums der Herrschaft des einen oder andern türkischen Kronprätendenten gebeugt und wieder losgerissen haben. Wie dem auch sei, so viel möchte nach dem obigen feststehen, dass Skanderbeg nicht im Jahre 1421 an Murad IL auf seinem ersten albanesischen Feldzuge vergeiselt worden sein kann. Denn Murad IL war 1403 geboren, also gleichen Alters mit Skanderbeg, und der letztere war bei Murad's Thronbesteigung 1421 bereits 17 Jahre alt. Die Zeit von Murad's Eroberungszug durch Albanien, auf dem sich ihm nach der Erzählung des Phranzes und Chalkokondylas Iwan Kastriota und Arianites unterwarfen, und welcher auf die vergebliche Belagerung Belgrads erfolgte, lässt sich chronologisch nicht genau bestim­men; er kann aber natürlich nicht früher als 1421 fallen. Skanderbeg muss also am Hofe Mohamed's I., des Vaters Murad's IL, erzogen worden sein.

Auffallender Weise stimmt jedoch der Despot mit Phranzes und Barletius in der Angabe überein, dass der Vater ihn mit zwei andern Brüdern, alle klein, an Murad zu Geiseln gegeben habe und fügt bei, dass jene beiden jung gestorben1) seien.

Skanderbeg aber, fährt der Despot fort, wuchs zu einem schönen (disposto), klugen und tapferen Mann heran und floh von den Türken nach dem Tode seines Vaters. Er begleitete nämlich den Pascha von Rumä­nien auf seinem Zuge gegen die Ungarn, und als derselbe geschlagen wurde und die Türken die Flucht ergriffen, floh auch Skanderbeg, und der Zufall wollte, dass der Kanzler des Paschas sich zu ihm fand. Skan­derbeg Hess ihn fassen und zwang ihn, im Namen des Paschas einen Auftrag an den Gouverneur von Kroja aufzusetzen, dass er ihm sein Land übergeben solle. Der Kanzler verstand sich nach vielem Sträuben dazu, und Skanderbeg erdolchte ihn hierauf, um nicht von ihm verrathen zu werden. Darauf machte sich Skanderbeg auf den Weg nach Albanien, kam nach Kroja und setzte sich zur grossen Freude aller albanesischen Herren in den Besitz dieser überaus starken Festung und nahm sogleich das Christenthum an. Darauf hielten die Herren von Albanien eine Berathung in Alessio; die einen erschienen persönlich, die andern schickten Be­vollmächtigte. Skanderbeg wurde zu ihrem Capitän in Albanien erwählt 2). Darauf erzählt er, wie Skanderbeg um seine (des Despoten) Cousine bei deren Vater Arianites Golem gefreit und wie diese Heirath auf den Rath von dessen Schwager Ginno IL von Musaki (Vater des Despoten und Oheims der Braut) stattgefunden3), wofür ihm dann Skanderbeg so schlecht gelohnt.

3) Questo (Giorgio) l'havea donato il padre al detto Amuratt con due altri fratelli tutti piccoli, Ii due morsero. Dies ist nicht der einzige Widerspruch in Murad's II. Lebensdaten. Hammer I, S. 311 gibt nach orientalischen Quellen 1451 als Todesjahr Murad's an, wonach er also nur 49 Jahre alt wurde. Barletius, der ihn fälschlich im Lager von Kroja sterben lä s s t , sagt S. 192, dass Niemand dessen Alter unter 85 Jahre angebe. Es wäre indessen mögl ich , dass Murad bei seinem wüsten Leben vor der Zeit gealtert war.

2) Talche il ditto Scanderbeg fu creato e fatto l o r capitano in Albania, e ciascuno contribuiva de gente e de danari pro rata. A anco alcuni figlioli de questi signori militavano sotto di lui , si per imprendere la guerra, come anco per difendere loro stati. Per essere detto Signore prattico alla guerra e valente, fu fatto Capitano et ognuno l'obediva. Diese Stelle und besonders das unterstrichene lor zeigt uns, wie die albanesischen Herren ihre Stellung zu Skander­beg auffassten.

3) Diese Verheirathung gibt viel zu denken. Skanderbeg kehrt, 41 Jahre alt, im Jahre 1443 zurück, und seine Heirath findet erst 8 Jahre später, im Mai 1451 (Barletius S. 199), also in seinem neunundvierzigsten Jahre statt. Warum wartet er so lange? Während doch noch heut zu Tage Ehelosigkeit in Albanien, namentlich unter den höheren Ständen, fast gar nicht vorkommt, ebensowenig bei den Türken. Man bedenke ferner, dass die erste Sorge der Türken dahin geht, die zu ihrem Glauben Übertretenden zu verheirathen, um sie durch Frau und Kind a n den neuen Glauben zu fesseln. Wir müssen endlich bedenken, dass das Haus des Arianites mit dem des Kastrioten bereits seit langem verschwägert war, als der letztere der Eidam des ersteren wurde, dennVladino, der Bruder des Arianites, muss die dritte Schwester Skander­beg's, Angelina, bereits geraume Zeit vor Iwan Kastriota's Tod (1331) geheirathet haben, weil beider Sohn, Musaki, meis

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Doch ist die Verstossung seiner Schwester Suina durch Musaki Comnino, welche er Skanderbeg zu­schreibt, nicht die einzige Beschwerde, die der Despot gegen Skanderbeg führt; denn er beschuldigt ihn auch, dass er seiner Familie nach dem Tode Ginno's II. die Landschaft Tomorizza entrissen habe. Es bezeichnet die massvolle Denkweise des Despoten, dass er diese Beschwerde nur in einer Charakterschilderung Skander­beg's berührt. Er sagt nämlich von ihm: Herr Skanderbeg war klug, tapfer und von schönem Ansehen (ben disposto) und von allen seinen Vorfahren der grösste, der mächtigste Herr. Denn nachdem er Matia, das väterliche Besitzthum, wieder erworben, setzte er sich in den Besitz von Kroja, das sein Vater nicht hatte, und nachdem er Generalcapitän der Herren von Albanien geworden war, fasste er bald darauf den Plan, sich des ganzen Landes zu bemächtigen. Er nahm die Brüder Giov und Coico Balsa gefangen (seine Schwestersöhne) und schickte sie an den alten König Ferdinand von Neapel, damit sie dieser gefangen halte, und nahm ihr Land weg, welches zwischen Kroja und Alessio lag und Misia1) genannt wurde. Er nahm auch dem Herrn Moses Comneno2) sein Land, welches in Dibra lag; der war ein Mann von Herz und wollte diese Gewaltthat nicht ertragen und ging zum Türken über. Der Türke machte ihn zum Anführer eines seiner Heere und schickte ihn gegen Skanderbeg. Dieser aber liess ihm sagen, er soll zu ihm zurückkehren und er würde ihn als seinen Bruder ansehen, und Moses kehrte zurück, weil er wusste, dass er bei dem Türken nicht sicher war und denselben nicht mit christlichem Blute noch grösser machen wollte.

„Als mein Vater gestorben war, nahm er auch uns die Tomorizza und die kleine Musakja, und ebenso andern Herren das Land von Commi und Randisi, und diese konnten es nicht wehren, weil er sich bereits auf das Kriegsvolk gestützt fand und der Türke zu jeder Stunde über uns war3). Seine Hoffnung stieg immer mehr, als der Papst Pius II. den Kreuzzug unternehmen wollte. Seit dem Tode dieses Papstes verlor er aber seine Hoffnungen, und endlich riss der Türke uns und ihn in's Verderben, denn so gefiel es Gott wegen unserer Sünden."

d' Angelina genannt, zur Zeit, als Skanderbeg zurückkehrte, bereits ein erwachsener Mann war und zu den ersten gehörte, welche sich seinem Oheim anschlössen (s. Barletius pag. 22). Auch sagt dieser Biograph an der angeführten Stelle ausdrücklich, dass Skanderbeg's Vater alle seine Töchter, bis auf die jüngste, Mamiza, noch bei seinen Lebzeiten an die Grossen des Landes verheirathet hatte. Warum zweifelt nun Arianites so sehr, ob er Skanderbeg seine eigene Tochter geben sollte, dass der Despot das Zureden Gino Musaki's seiner Familie als Verdienst anrechnen kann? Legen diese Bedenken nicht die Frage nahe, ob nicht Skanderbeg bei seiner Flucht etwa eine türkische Frau zurückliess? Indessen verdient hier auch Barletius gehört zu werden, welcher Skanderbeg's Heirathsfrage von einem sehr abweichenden Stand­punkt auffasst. Er lässt im Anfange des sechsten Buches (pag. 149) bei der, nach der Eroberung von Swetigrad durch die Türken, am Ende des Jahres 1449 eintretenden Waffenruhe, Skanderbeg's Verwandte und Nachbarn denselben v o n n e u e m bedrängen, sich zu verheirathen, indem er damals schon 40 Jahre alt und vielleicht noch älter gewesen sei (er war aber 1449 bereits 46 Jahre alt), und sie durch ihn auf die Wiedereroberung von Swetigrad vertrösten. — Im Anfange des siebenten Buches (pag. 199), nach dem Tode (Rückzüge) Murad's II. vor Kroja, im darauffolgenden Jahre, wiederholt sich dieses Drängen von Seite der Freunde und Verwandten, er lässt sich endlich bereden, und heirathet im Mai 1451 (also im 48. Lebensjahre); von Bedenklichkeiten seines Schwiegervaters ist keine Rede. — Im Eingänge zum neunten Buche (pag. 252) sagt Barletius endlich, Skanderbeg habe in seinem Lager keine Frauen geduldet, und auch den verheiratheten Soldaten nur ungern Urlaub nach Hause gegeben, indem er behauptete: nullum majorem hostem et animi et corporis viribus quam feminam esse — bekanntlich ein in den türkischen und andern orientalischen Heeren oft gehörtes Axiom. Auch unter den griechischen Klephthen herrscht der Glaube, dass Enthaltsamkeit vom Geschlechts-genusse nicht nur tapfer, sondern auch schussfest mache.

A) μίζε-α heisst auf albanesisch die Mücke , also Mückenland, und dies ist es in der That. „Eine eigenthümliche Erscheinung nach dem Übergange über den Mat sind die 15—20 und mehr Fuss hohen Logen, welche auf vier senkrecht in die Erde gerannten Balken ruhen und ein Laubdach über sich haben. Vor den weitschichtig über die Ebene zerstreuten, aus Weidengeflecht und Strohdächern bestehenden Hütten (Steine hat die Ebene nicht) finden sich oft drei und vier solcher Logen. Es sind dies die Schlafstätten der Einwohner, welche sich nur in dieser luftigen Höhe der unzähligen Mücken und Schnaken erwehren können, die der Sommer in diesen Ebenen erzeugt." Alban. Studien I, S. 92. Eines Sewasto Petrus Misia wird als Familienname bereits in einer von Hopf aufgefundenen neapolitanischen Urkunde aus dem Jahre 1274 gedacht. Derselbe hat aber wohl sicher nichts mit der anderthalb Jahrhunderte später blühenden Nebenlinie der Balschen zu thun. Die Vertreibung des Georg Stresius durch seinen Mutterbruder Skanderbeg legt auch Barletius im Anfange des neunten Buches (pag. 253) dem über seinen Oheim klagenden Amesa in den Mund.

2) D. h. Moses Dibranus. 3) An einer andern Stelle heisst es: Skanderbeg war nicht nur Herr von Matia, sondern eroberte auch Kroja, Dibra, Birina

d. h. Randisia (Rodoni?), Tomorizza, Misia und die Landschaft Guomini (?) bis an's Meer.

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Soweit der Despot. Es bleibt uns nur noch an dessen Aufzeichnungen über Skanderbeg die von Hopf aufgefundene urkundliche Angabe zu reihen, dass Skanderbeg im Jahre 1448 das von den Venetianern besetzte Durazzo belagert habe.

Nach den vorhandenen Quellen nahm man bis jetzt an, dass der Friede von Daina im Frühjahr 1446 alle Zwistigkeiten zwischen Venedig und Skanderbeg beigelegt habe. Die vorgefundene Urkunde zeigt aber, dass dieser K r i e g bis zu Murad's I I . grossem Zuge nach Albanien dauerte, der am 14. Mai 1449 mit der Be­lagerung von Sfetigrad begann. Möglich, dass nur die Furcht vor diesem sorglich vorbereiteten Zuge die streitenden Theile zur Aussöhnung nöthigte.

5. D i e B r a n a i o d e r B r a n a C o n t e .

Ü b e r die Abstammung des berühmten Vertheidigers von Kroja gewähren auch Hopfs Funde keine Aufklärung. Barletius sagt pag. 106 über Vranaconte's Abstammung nur: Vranacontem Epiro oriundum gratum et avorum meritis et propria virtute, und der Despot lässt uns hierüber so sehr im Dunkeln, dass wir nicht einmal zu bestimmen vermögen , ob Maria Zardari die Gattin oder die Schwiegertochter des defensor Crojae war. Doch dürfte vielleicht die Notiz, dass sie als kurz verheirathete Frau im Jahre 1466 mit Skan­derbeg's Wi twe nach Neapel geflohen sei, eher für die Annahme der Schwiegertochter sprechen. Der Despot erwähnt nur noch, dass sie geheirathet, nachdem beide i loro stati paterni verloren.

In Ermanglung bestimmter Angaben in das Reich der Vermuthung verwiesen, kamen wir schon oben bei E rwähnung Branilo's, des Vaters Constantin Kastriota's, Statthalters des Alexander Gioritsch, zu der Frage, ob die Branai etwa einer nach jenem Branilo benannten Nebenlinie der Kastrioten angehörten.

Bedenkt man auf der andern Seite, dass Skanderbeg's Mutter eine geborene Tripalda war und ein Nach­komme des Wrana Conte den Titel Marchese di Tripalda führte , so erscheint selbst die Frage erlaubt, ob nicht etwa Wrana Conte ein Blutsverwandter von Skanderbeg's Mutter war.

Brana Conte ist aber sicher Ahnherr der heute noch blühenden Nachkommen der Herzöge von Ferran­dino, und eben so sicher ist es, dass diese mutterhalb von Skanderbeg abstammen, weil dessen Enkelin den Antonio Brana'i heirathet; dass sie aber auch vaterhalb Kastrioten sind, beruht nur auf einer schwachen Ver­muthung.

6. D i e D u k a d s c h i n .

Der Despot erzähl t : Das Haus der Dukadschin, welchem euere Mutter entsprossen ist, stammt von den Trojanern, welche nach Frankreich wanderten. Von diesen gingen in den Zeiten der Kreuzzüge zwei Brüder

*) Rückblick auf Skanderbeg's Lebensdaten nach Giovanni Musaki: 1466 4. December, Skanderbeg's Todestag. (Barletius pag. 370, XVI . Kaiend. Februarias a. d. 1166. Auguratus est autem

Scanderbegus prima auspicia imperii sui quarto kalend. decembris a. d. 1443. 63 Lebensalter.

1403 Geburtsjahr. 40 oder 41 Jahr lebte er, seit er wieder Christ geworden.

144 3 Jahr der Rückkehr. 1403 Geburtsjahr Skanderbeg's.

7 Jahre alt bei seiner Geiselung. 1410 Abgang vom Vaterhaus. 1431 Todesjahr des Vaters. 1403

28 Jahre alt bei dem Tode seines Vaters. 1443 Rückkehr. 1431 Todesjahr des Vaters.

12 Jahre zwischen dem Tode des Vaters und der Rückkehr. 1451 Heirathsjahr (nach Barletius S. 199). 1403 Geburtsjahr.

48 Jahre alt bei seiner Heirath.

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nach Italien; der eine blieb dort und wurde Stammherr des Hauses der Este und Markgraf von Ferrara, der andere Bruder , Due Dagnino genannt, eroberte die Zadrima und ausserdem die Dörfer Fand i , Montagna negra (auf albanesisch Mali-ci) und Ii Flat i , erbaute dort ein Castell Flet i und hatte dort noch eine kleine, jetzt zerstörte Stadt Sati (?), i l quale tutto i l sopra detto paese al presente si chiama i l paese di Dugachini suntemente (unitamente?) La l la (?) del Drino fiumc.

Wenn wir im Hinblicke auf die jetzigen Zustände die verdorbene Stelle dahin ergänzen, dass sie: „ i m V e r e i n e m i t d e m S ü d u f e r l a n d e des D r i n " bedeutet, so ergibt sich genau der Umfang des heutigen Dukadschin und wir theilen des Despoten Ansicht , dass die Landschaft den Namen von ihrem Herrn erhielt, denn dieser dürfte sich am einfachsten als die Zusammensetzung der Namen Duka und Dscliin (ital. Ginno), also mit Duka , Sohn des Dschin , e rk lä ren , weil noch heut zu Tage die östlich und südlich angrenzenden Mireditten und die meisten nordalbanesischen Stämme ihrem Taufnamen stets den ihres Vaters zufügen. So heisst der jetzige Mireditenfürst Bib Doda und sein Bruder Mark Doda , und die Söhne des ersteren werden ihrem Taufnamen den Namen Biba beifügen. In dem mehrmals wiederkehrenden Landschaftsnamen Koladschin erblicken wir einen Beleg zu unserer Ansicht, welcher zufolge dasselbe Nicola, Sohn des Dschin, bedeutet.

So weit folgt der Despot den gelehrten Dichtungen, in welchen sich seine Zeit gefiel; dagegen scheint es uns, dass die Sage, welche er an den erwähnten Stammherrscher knüpft , dem ö r t l i c h e n Sagenkreise entnommen sei.

Ihr zufolge stellte der Bischof jener Diöcose der Frau des Stammherrn nach, und dafür erschlug ihn derselbe in der Kirche St. Maria von Fandi ; seine Vasallen aber rächten diesen Mord dadurch, dass sie ihn nebst seinem ganzen Hause ermordeten.

Diesem Blutbade entrann nur ein kleiner Sohn desselben, welcher von Stephan Progaz aus dem Dorfe Kalameri versteckt und erzogen wurde. Dieser Stephan gab ihm später seine Tochter zur Frau und verhalf ihm dann zum Besitze seiner väterlichen Herrschaft 1). Dies ist der Stammvater der Dukadschin, denn er hatte viele Söhne und Enke l , unter denen der Despot sich nur dreier Brüder erinnert. Von diesen war der eine Georg 2 ) , Her r von.Qadrima (Land jenseits d. h. südlich vom D r i n ) , der zweite Vuno (Vuko?) oder Ta-nusso, Herr von Fandi und des übrigen Landes, und der dritte Dukadschin 3) besass acht Dörfer in Qadrima und war der Stammherr des in der Stadt Skutari (Skodra) ansässigen Zweiges der Dukadschin, welcher zur Zeit des Despoten in Venedig lebte.

Georg, der älteste Bruder, hatte mehrere Söhne , von denen der Erstgeborene Nicolos Dukadschin der Al t e 4 ) war.

Ebenso Tanusso, dessen Altester Georg II . hiess und zahlreiche Nachkommen hinterliess, welche aber sämmtlich hinstarben oder im Kriege fielen, so dass davon nur der eine, Paul Dukadschin, Schwiegersohn des Ära'initis Golem, übrig blieb. Doch auch dieser ist sammt seinen Söhnen gestorben und somit das Haus der wahren Dukadschin erloschen 5).

!) Dem Leser dürfte die grosse Ähnlichkeit nicht entgehen, welche diese Sage mit der Geschlechtssage der Qogolj von Matja darbietet.

2) Urkundlich 1403. Hopf. 3) Also auch hier dient der Stammname als Personenname, wie bei Arianites. 4) Urkundlich 1409 und 1431. Hopf. 5) Die vorhergehende Stammtafel der Thopia gedenkt, nach anderweitigen Angaben des Despoten, dreier Dukadschin als

Schwiegersöhne Arianitis: Nicoiao, Georg und Tanusso; aber Paul fehlt. Im Eingang seiner Abhandlung gedenkt der Despot unter den vor Skanderbeg's Rückkehr nach Albanien noch

übrigen Grossen Nikolo's und Paul's Dukadschin, dieselben führt auch Barletius lib. II, pag. 38 als auf dem Fürstentage in Alessio erscheinend an, und nennt sie Herren von (Jadrima, das sich bis zur oberen Misia erstrecke; Paul zeichnete sich nacli ihm durch seine grosse Frömmigkeit aus, nicht so sein Sohn Leka, welcher aus reiner Habsucht nach den B e s i t z t ü m e r n seines kinderlosen Nachbarn Leka Zacharia von Da'ina (ital. Dagno) diesen ermordet habe (lib. III, pag. 75). Hierüber brach der Krieg zwischen Skanderbeg und den Yenetianern aus. Er wurde (vermuthlich im J . 1448) durch einen Vergleich zwischen beiden beigelegt, kraft dessen die Venetianer Da'ino , Skanderbeg den Landstrich Busegjarpeni (d. h. Schlangenmaui) erhielt. Barletius lib. IV , pag. 100. Dadurch scheinen jedoch die Venetianer noch nicht in den unbe­strittenen Besitz von Da'ina gekommen zu sein, denn nach Hopf wird im Jahre 1457 Paul, der Bruder von Nicolo Dukadschin, Mörder des Lech Zacharia, urkundlich Herr von Dayno und prineeps catholicus genannt, und erst 1458 cedirt Lech die Stadt Dayno an Venedig. Doch in demselben Jahre werden die Brüder Lech und Paul als perfidi,

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Doch gedenkt der Despot noch einer andern Familie dieses Namens, welche er die neuen Dukadschins nennt1), weil sie erst seit kurzem aufgekommen waren. Deren Stammvater, Paul, wurde mit dem Vater Skan­derbeg's erzogen, dessen einer Enkel Stephan, Lukas Sohn, flüchtete nach der Mark von Ancona, wo seine Söhne Lecca und Paul zu den Zeiten des Despoten lebten; der andere Progon, Sohn Nicolo's, wurde Türke und Pascha von Romanien2).

7. Die Dynasten von Daina (ital. Dagno).

Der Despot schweigt über den in der Note erwähnten Kokala, er erwähnt nur den Zacharias3) als Herrn von Dagno am Flusse Drin, enthält sich aber jeder Angabe über dessen Stammbaum und gedenkt nicht ein­mal seiner Ermordung durch Bih Dukadschin.

8. Die Czernovich.

Als gleichzeitig mit Skanderbeg gedenkt der Despot auch des Giovanni Czernovich, Herrn von Czer-nagora und Qedda, welchen wir oben bereits als Schwiegersohn von Arianites Golem und Schwestermann der Gattin Skanderbeg's kennen lernten. Dass die Abstammung der Czernovich von der französischen Fa­milie der Maramonte's in das Reich der Fabeln gehöre, braucht wohl keine besondere Auseinandersetzung,

dagegen ein anderer Dukadschin, Namens Draga, Sohn eines Nikolaos und Enkel des Georg von Baladrin von Kakarik, als fidelis bezeichnet. Alessio hatten die Dukadschin bereits 1393 gleichzeitig mit der Cession von Durazzo durch Georg Thopia an Venedig abgetreten. In den hierauf bezüglichen Urkunden aus den Jahren 1398 und 1401 werden genannt Progon und Tanusius, Söhne des Leka Dukadschin, und Progon und Tanusius, Söhne des Paul Dukadschin. Die beiden obgenannten Brüder Paul und Nicolos Dukadschin figuriren in den venetianischen Urkunden als Herren von Buba (alban. Laus), Salita, Gurikukji (alban. Rothenstein), Levruscko und Buschina, welch letzteres sie von Johann Buscati (Buschatli) geerbt haben. Da Buschat ein Dorf in der Nähe von Skodra ist und daher nur den Wohnort bezeichnet, so ist es nicht ausgemacht, dass dieser Johann ein Ahnherr der Buschatli genannten Erbpascha von Skodra sei.

2) Diese Wiederkehr desselben Namens bei verschiedenen Geschlechtern berechtigt zu dem Schlüsse, dass derselbe überhaupt kein Ges^hlechtsname, sondern ein Stammname ist, welcher aber im Falle der Auswanderung gleich unseren Familiennamen Franke, Sachse u. s. w. zum Geschlechtsnamen der ausgewanderten Familie wird.

2) Vielleicht eins mit Achmed Dukadschin, Grossvesir unter Selim I., Hammer I, S. 711. A. — Bei dem verunglückten Entsätze des von den Türken belagerten Kroja durch Francesco Contarini im Jahre 147 7 (ein Jahr vor der Eroberung) führte ein Fürst Nicolaus von Dukadschin 8000 albanesische Bogenschützen zu Pferd und zu Fuss, und die Venetianer schieben die Schuld des Misslingens namentlich auf das treulose Benehmen dieses Corps. Fallmerayer albanes. Element III pag. 104.

3) Cantakuzen lib. I. cap. 48 und 54 (nach Du Cange fam. aug. byz. pag. 209) gedenkt eines Cocala Magnus (Golem?) Logariasta und seiner Tochter Ν. N., welche mit dem Despoten von Epirus, Demetrius Angelus Comnenos Ducas, dem Sohne Michaels I., verheirathet war und demselben eine Tochter Ν . N. gebar, die den Herrn von Kastoria aus dem Geschlechte der Angeli zum Manne hatte. Der Despot Demetrius starb im Jahre 132G. Dieser Cocala Logariasta lebte folglich um das Ende des ΧΙΙΓ. Jahrhunderts. In dem von Hopf aufgefundenen und §. I verzeichneten Huldigungs­befehle an die Neapel unterworfenen albanesischen Stamme vom Jahre 1304 wird einer dieser Stämme Logorastae genannt. Hieraus ergibt sieh, dass Cocala diesem Stämme angehörte, und dessen hohe Verschwägerungen lassen annehmen, dass er dessen Häuptl ing war. Die Form Logorastae lä'sst auf einen Ortsnamen Logora schliessen, und wirklich hat Dr. Auer­bach eine Ortlichkeit Logora im Gebiete von Awlona aufgefunden (s. Note ad ann. 1304 in §. II). AVenn es feststände, dass Kokala (neugriech. Knochen) und Kaikali keine rein persönlichen Zunamen, sondern Geschlechtsnamen sind, so könnte man Contakuzen's Cocala vielleicht an die Spitze der Dynasten von Daina stellen, über welche Hopf mehrfache urkundliche Angaben gesammelt hat. Diesen zufolge erkennt er den urkundlichen Stammvater dieses Geschlechtes in Nicolaos Zacharias von Budua, Verwandten und Vasall der Balza, 1372. Er wird 13GG als venetianischer Patricier erwähnt, seine zwei Söhne, Koja und Radirsh Sakatai (der Krüppel), werden 1417 erwähnt.

Ersterer ist wohl identisch mit Goja, Statthalter von Sajada, der auch K a i k a l i genannt wird; sicher ist er ein Verwandter der Spatha und der Jurask (die späteren Pastrovitz), die in der obern Q'cdda sassen. Er wird 1396 und 1401 als türkischer Vasall erwähnt und occupirt das Land seines Bruders 1415. Von seiner Gemahlin Boxia oder Voglia hat er drei Kinder: Lech, eine Tochter Boglia, 1444 erwähnt, und einen Jüngern Sohn, Buxa, der vor 1444 stirbt. Dessen Sohn Goja wird 1450 als venetianischer Pensionair erwähnt.

Lech, Herr von Dagno 1431, Patricier 1442, von Dukadschin ermordet 1444. Seine Mutter Ν . N. tritt Dagno gegen Pension an die Venetianer ab, und lebt noch 1450. Der Ermordete dürfte der bei der Fürstenversammlung anwesende Lucas Zacharias, Herr von Dagno, sein. Barletius pag. 38.

α *

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weil es ebenso unglaublich ist, dass ein Fremder Montenegro zu seiner Niederlassung wählen, als dass sich dessen Bewohner unter eine fremde Dynastie fügen könnten 1).

9. D i e Z a r b i s s a Z e n e b i s i v o n A r g y r o k a s t r o n .

Aus dem südlichen Albanien gedenkt der Despot nur des Geschlechtes der Zenebises2) oder Zarbissa als Herren von Argyrokastron, welchem seine Grossmutter Kyranna, Gemahlin Andreas III. von Musakja, angehörte. Sie war die Tochter des Giovanni Sarbissa von Argyrokastron3), Ragwenegua oder Vagvenegua (sonst meist Vajenefia genannt) und Parakolo (heute Parakalamo) und hatte die Landschaft Grabassa (terra Grabassa, wahrscheinlich eines der vielen Grabowo) als Mitgift erhalten.

Das Manuscript des Despoten führt als Sohn des Giovanni Sarbissa unter der Form Amassa Ribisi auf, welche Dr. Auerbach gewiss richtig in Amas Saribisa verbessert. Der Sohn dieses Anias hiess Simon und besass ein in jener Gegend gelegenes, jetzt aber zerstörtes Schloss Astravilla4).

Stammbaum derer von Argyrokastron.

Giovanni Sarbissa Zenebisis = Ν. N., Tochter des Spathas.

1. Amas. 2. Kyranna = Andreas III.

Simon. Kvranna von Gora = Ο Ginno Musaki II. / - ^ ^ Ν Λ \

1. Lech. 2. Philipp. Q Giovanni, Autor.

*) Nach Hopf kommt Stephan Czernovitj als urkundlicher Vetter der Balschen vor. Bei Barletius pag. 39 erscheint er auf dem Fürstentage von Alessio 1443 mit seinen Söhnen Georg und Johann. Von Georg schweigen unsere Quellen. Johann heisst in einer venetianischen Urkunde von 1465 : magnificus et potens Jonnis, Dominus Centae superioris, wird 1475 venetianischer Patricier und stirbt 1480. Die abweichenden Angaben über seine Nachkommenschaft zu vereinigen, müssen wir Herrn Francois Lenormant in seinem demnächst erscheinenden Werke Turcs et Montenegrins überlassen. Ebensowenig vermögen wir das Verhältniss zu bestimmen, in welchem zu ihnen ein Georg Czernovich gestanden, von welchem die Zusätze zu Giovanni Musaki's Abhandlung erzählen , dass er eine edle Venetianer'm zur Frau gehabt, mit dieser nach Venedig gegangen und dort wegen allzu freier Äusserungen eingesperrt worden sei. Aus dem Gefängnisse entflohen, sei er zuerst nach Frankreich und dann nach Rom, endlich aber in der Verzweiflung zu Bajazet (vermuthlich dem zweiten von 1481 — 1512) gegangen und zum Islam übergetreten.

2) Sie werden zuerst 1304 in dem Huldigungsbefehle an die albanesischen Grossen erwähnt. Hopf fand eine Verleihungs­urkunde des Thurmes von Sajata (epirotische Scala für Corfu) und der dortigen Salinen an Gin, Herrn von Argyrokastron, durch Esati, Despoten von Jannina, aus dem Jahre 1387. Fragm. II. de rebus Epiri S. 236 erwähnt einer Niederlage und Gefangennahme dieses Esau durch Gioni, Sohn des Zenebises, im Jahre 1399, derselbe wird nach Argyrokastron gebracht und dort bis zu seiner Loskaufung festgehalten. Wir halten diesen Gin und Gjon für identisch und Zenebises für seinen Stammnamen, denn dasselbe Fragment erwähnt S. 227 des Stammes der Zenebisaer. Wahrscheinlich ist dieser Gino oder Gion der Schwiegersohn Spatha's und somit der Schwager des Despoten Esau, zugleich aber auch Grossoheim unseres Despoten, s. weiteres über ihn unter Nr. 11 „Die Spathas".

3) In welchem Verhältnisse zu Gion und dessen Sohn Amassa jener oben angeführte Depas, der sich als Erbherr von Argyrokastron betrachtet (Chakokondyl. lib. V, pag. 251 ed. Bonn.) und jener Zenebissas (lib. V I , pag 324) stehen, welche beide zu verschiedenen Zeiten Argyrokastron von den Türken befreien wollen, lässt sich aus dem vorhandene-i Material nicht bestimmen. Wenn der Letztere kurz vor der Schlacht von Warna durch Terizes von Werria fällt , dürfte er schwerlich mit dem Giovanni des Textes identisch sein, weil letzterer bereits 1387 urkundlich erwähnt wird.

Thunmann spricht die Vermuthung aus, dass unter der Form Δίπας der Name Topia stecken könne. Linguistisch ist zwar dieser Übergang schwerlich zu rechtfertigen, weil wir das i in letzterem Namen als lang annehmen; wenn aber das Haus Zenibisi wirklich ein Zweig der Thopia wäre, so würde dadurch die schon in der Chronik von Ragusa zu findende irrthümliche Annahme erklärlich, dass des Arianites Thopia Gebiet südlich von der Viussa liege. Man mochte gehört haben, dass Argyrokastron früher den Thopias gehörte und bezog nun diesen Namen auf die Thopias, welche zu Skanderbeg's Zeit um Elbassan sitzen.

4) Nach einer Urkunde aus dem Jahre 1443 erhält Simon vom venetianischen Statthalter in Corfu Ländereien auf dem Cap. von Vagenetia und baut die Festung Strovili. Venedig schützt ihn gegen Sguro, türkischen Statthalter von Argyro­kastron (schwerlich Spata's Bruder, denn dieser ist Simon's Grossoheim mütterlicher Seits). Er speculirt mit seinen Söhnen auf Butrinto 1456 und wird in einem Vertrage mit Venedig 14 58 türkischer Vasall genannt.

Nach seinem Tode wird Strovili von Janitscharen besetzt, Simor/s Söhne tödten den türkischen Statthalter von Strovili und cediren es nebst Rignassa 1473 an die Venetianer, und diese schleifen es 1479.

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10. D i e Z a r d a r i .

Diesem Geschlechte gehörte dem Despoten zufolge die uns noch unbekannte Landschaft Zardaria. E r nennt das Familienhaupt Kongo , anderwärts Zugo und Drugo, einen Signore da per se und gibt ihm zwei Söhne Paul und Karagnus (Karagjös?) Bei , welch letzterer zwei Söhne Hassam Bei und Abara Bei hat.

Paul Zardari heirathet die Theodora Musakina, Tochter des Blasius, des dritten Sohnes Ginno's I. Mu­saki, also eine Nichte Andreas I I I . und Geschwisterkind Ginno's I I . Sie haben eine Tochter Maria Zardari, Zeitgenossin unseres Despoten, welche einen Wrana Conte, Herzog von Ferrandino, heirathet; ob aber den Vertheidiger von Kroja oder dessen Sohn, ist unsicher, doch letzteres wahrscheinlicher, s. Brana'i.

Stammbaum der Zardari.

Ν . N.

Kongo Vugo oder Drugo. • Maria = Paul von Gora?

Theodora Musaki = Paul. Karagnus. • Kyranna = Ginno II. Musaki.

Brana Conte = • Maria. 1. Hassan Bei. 2. Abara Bei.

11. D i e S p a t h a s .

Weder die Aufzeichnungen des Despoten noch deren Anhänge gedenken dieses Namens. Arabantinos Χρονογραφία. zrtg '\\r.üpo\> I, pag. 160 nennt ohne Quellenangabe das unweit der epirotischen Küste gelegene F in ik i als seinen Geburtsort und macht ihn zum Erbherrscher von Delwino und Paramythia, von wo aus er Amphilochien und Akarnanien erobert.

Nach demselben pag. 152 entrissen die Venetianer seinem Sohne Paul Naupaktos im Jahre 1388, das er kurz vorher den Neapolitanern abgenommen hatte.

Seine Tochter Irene heirathet im Jahre 1397 den Despoten von Epirus, Esau Bondelmonte. Epirot pag. 236.

Ein Sendschreiben des Bathes von Florenz aus dem Jahre 1399, worin er die Vermittlung des Spatha zur Loskaufung des genannten Esau (eines geborenen Florentiners) aus der Gefangenschaft Gion's von Agyrokastron anspricht, zeigt, dass letzterer eine Tochter Spatha's zur Frau habe. Gion und Esau waren also Schwäger.

Epirot. pag. 228 gedenken eines Schwiegersohnes Spatha's unter dem Namen Myrsimakasianos, welcher mit hohen Ehren in Jannina einzog und den Spatha mit seiner Frau Helena, der Schwester des Despoten Thomas, aussöhnte und den Rückzug des Spatha von Jannina bewirkte. U m den folgenden Satz der Frag­mente verständlich zu machen, müssen wir die folgenden Worte suppliren: „und zum Dank für diesen Dienst* — nimmt der Despot die eingewanderten Zebembessaer (alias Zenebisier) auf, denn es heisst blos: „und er nimmt die Zebembassaer auf und verschreibt ihm (dem Myrsimakasianos) das Land, nämlich Belä Dryinopolis, d. h. Argyrokastron und Bagenetia, ja sogar den Malakassäern bis zu den Katunen." Der Name Myrsima­kasianos bedeutet der Herr aus Makasi 1 ). Die Erwähnung, dass er Spatha's Schwiegersohn, und die Aufnahme der Zenebisier, welche dem Zusammenhange nach sein Stamm sind, weisen darauf hin, dass Myrsimakasianos nicht ein vierter Schwiegersohn Spatha's, sondern G in oder Gjon Zenebisi ist, dem die wohl schon früher von seinem Stamm besetzten Gegenden um diese Zeit vom Despoten förmlich abgetreten wurden.

Hopf endlich fand in einer Urkunde den Grafen Niketas, einen geborenen Albanesen, welcher 1394 Kroja an die Türken cedirt, als Spatha's Schwiegersohn bezeichnet.

Spatha stirbt im Jahre 1400; sein Bruder Sguros besetzt sogleich A r t a , verliert es aber bald darauf an Wongo'i, welchen Epirot. Fragm. 11, in fine pag. 238 einen Serboalbanitobulgarowlachen nennen.

) Sollte dies Chadschi Chalfa's S. 131 Marasak sein? es liegt zwischen Argyrokastro Aidonat und Delwino, und am Kusse des unfruchtbaren Felsgebirges Marasak liegt Parga.

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126 G. ν. Hahn

Stammbaum des Spatha.

• Ν . N.

Ο Gion Spatha f 1400. Ο Sguros • - * 1 Ν

Ο Paulus 1. • Ν . Ν . = Gjon von Argyrokastron. 2. Irene f 1397 = Esau. 3. • Ν . N. = Niketas Graf von Kroja.

12. D i e T o c c o .

Uber K a r l Tocco enthalten die Aufzeichnungen des Andreas Angelo im Anhange zu denen des Des­poten mehrere von den übr igen Quellen abweichende Angaben. Ihm zufolge hatte Karl ' s Vater Ithaka und St. Maura mit dem Herzogstitel von dem König von Neapel gekauft.

Guino Spatha nimmt K a r l Tocco gegen die übermächt igen Zarbissa von Argyrokron unter grossen Versprechungen in Sold. Dieser und sein Bruder kommen mit einer Flotte und nehmen Argyrokastron für Spatha. Da ihn derselbe nicht zahlen kann, so behält K a r l die Stadt für sich, ver t rägt sieh aber später mit ihm und heirathet dessen einzige Tochter 1). Spatha stirbt bald darauf.

Nach Angelo hätte K a r l Tocco die Stadt Jannina nur kurze Zeit besessen, denn er sei von den Städtern, die des italienischen Regimentes überdrüssig wurden, vertrieben worden und aus Kummer darüber kurze Zeit darauf in Kefalonien gestorben 2). Nach Angelo ergibt sich Jannina (im Jahre 1431) freiwillig 3), und hiess der Bevollmächtigte, den Sultan Murad II . zur Übernahme der Stadt absendete, Zurocam B e i . Angelo gibt an, dass Murad dem Nachfolger und gleichnamigen Neffen K a r l Tocco Argyrokastron, Ar ta und andere Plätze entrissen habe und dieser nach St. Mauro geflohen sei und fügt hinzu, dieser erkannte noch die Venetianer als Oberherren.

13. D i e B a l s c h e n 4 ) .

Zur vollen Ubersicht des über die nord- und mittelalbanesischen Geschlechter bis jetzt vorhandenen Stoffes mag hier ein Auszug aus der quellenmässigen Abhandlung von Francois Lenormant: Deniers de Balscha I I I . in der Revue numismatique, nouvelle se'rie V I , 1861 Platz finden, welche ohnedem den meisten Lesern nur schwer zugänglich sein dürfte.

1) Wir fanden drei Töchter Spatha's, hier scheint Angelo den Karl Tocco mit Esau Bondelmonte, dem Despoten von Epirus zu verwechsein.

2) Arabantinos S. 163 lässt ihn dagegen 1430 in Jann'na sterben. Ihm zu Folge wird auch Jannina nach dem Tode Esau's 1403 von den Albanesen besetzt, und diese hausten wie in dem übrigen Despotate der Art, dass die Eingebornen Karl Tocco herbeirufen, und ihm die Herrschaft über das Despotat übertragen, welcher die Albanesen nach und nach aus dem Despotate vertrieb.

3) Mit den Epiroticis pag. 243 übereinstimmend; über Chalkokond. abweichende Angabe, der auch Arabantinos I, pag. 165 folgt; s. alban. Studien I, S. 322. Dass die belagerten Jannioten auch in eigenem Namen mit Murad II. capitulirten, schliesst die Abtretung der Stadt durch Karl Tocco, den Neffen, an den Sultan nicht aus, um so mehr, als die Epirotica die ganze Familie der Tocco mit gänzlichem und doch wohl nur absichtlichem Stillschweigen übergehen.

4) Der Taufname Balscha ist noch heut zu Tage in Nord-Albanien sehr häufig. Die Slaven schreiben und sprechen ihn auch Bulscha, oder, nach dem bei ihnen beliebten Ubergang von 1 in o, Baoscha. In der Nähe von Skodra trägt sogar ein Dorf den Namen Balsch. Vielleicht ist der Name eine Abkürzung von Balthasar. Den Hauptbeleg, dass die Familie keine aus Frankreich eingewanderte, sondern eine slavische oder albanesische war, finden wir in dem Ubertritt der drei Söhne des Balscha I. von der griechischen zur katholischen Kirche im Jahre 1368; Papst Urban V. nennt sie in einein deswegen an sie gerichteten Schreiben Nobilibus viris Strazimiro et Georgio ac Balse fratribus Zupanis Zente. Raynaldus Annal. eccles. X X X V I p. 169. Er würde gewiss ihren Geschlechtsnamen nicht ausgelassen haben, wenn sie einen solchen gehabt hätten, aber er f< hlte ihnen so gut, wie fast allen albanesischen Geschlechtsherren. Noch heut zu Tage nennen sich die Einzelglieder der nordalbanesischen Bergstämme, obwohl sie sich in Geschlechter gliedern und jeder die Namen dieser Geschlechter sehr gut kennt, nur nach dem ihnen gemeinsamen Stammnamen und Taufnamen, welchen der Tauf­name des Vaters unmittelbar zugefügt wird.

Dass die albanesischen Balzas oder Balschen, als sie mit der Lautähnlichkeit ihres Namens mit dem des fran­zösischen Hauses der de Beaux bekannt wurden, auch dessen Wappen annahmen, rinden wir noch begreiflicher, als dass die Bauern des Dorfes Kuluro auf Nord-Euböa behaupten, dass sie Golonisten der Insel Kulura (Salamis) seien, obgleich sie Griechen sind, wahrend die Insel von Albanesen bewohnt ist, und beide Namen einfach aus der runden Form der Hauptbay der Insel und des das Dorf einschliessenden Gebirgszuges hergeleitet werden müssen; denn Kuluri bedeute im Neugriechischen Kundpretzel.

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Stammbaum der Balscha von Skodra.

Balscha I., f 1367.

1. Georg I. l). 2. Irene Progon's • = Straschimir, f 1373 =

Militza2), des Georglliitz.

3. Komita Musakina3) = Balscha I L , f 1385 = Helena, des Klapenus.

Voieava Ο Katherina = Karl Thopia.

1. Georg. 2. Karl.

Ο Georg IL, f vor 1410 =3 Iuwelitza, Lazarus von Serbien. • Regina = Marko von Kannina.

1. Gregorius, alias Balscha III., f kinder­

los 1421.

2. Stephanus 4) = Angelina Arianiti.

1. Hielina 5) = Amurath II.

1. Giovanni.

• Ν . N. = Conte Frangipani.

2. Elisabeth Ο Militza = Alexius Spanus.

2. Maria = Bonifacio von Monferrato.

l.Guillelmo IX. 2. Lucio.

Mahomet II. 1. Marko. 2. Biasio. 1. Lucia 2. Demeter = Petro = Matthias. Angelo. r

5 Kinder.

3. Angela = Stephan Dukadschin.

5 Kinder.

4. Adriana = Michele von Venedig.

Viele Kinder.

A n m e r k u n g e n .

*) Verstösst 1371 seine erste Frau Militza, Tochter des Georg Iliitz, und heirathet Theodora, Tochter des Iarko Messeritz. Beide Ehen blieben kinderlos. Georg's I. Todesjahr unbekannt. 2) Militza liebt ihren Stiefsohn Georg so sehr, dass er sie für seine rechte Mutter hält. a) Wird von Constantin Musaki irrthümlich zur Frau Balscha's I. gemacht.

*) Bei dem Despoten ist dieser Stephanus ein Sohn Lazar's von Serbien, s. Stammbaum der Thopias. Wir folgen hier den vollständigeren Anhangen, welche in uns den Eindruck stillschweigender Ver­

besserungen der Angaben des Despoten machen. 5) Nach den Anhängen und wohl sicher falsch; denn die Geschichtsquellen reden von einer Verwandten, aber von keiner Tochter, welche Georg II. in Murad'e II. Harem sandte.

Denkschriften der philos.-histor. CI. XVI. Bd. Abhandl. von Nichtmitglicdoru.

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Die erste Erwähnung eines Balza (Balscha) in der Umgegend von Skodra geschieht 1356, wo er sich den gewaltsamen Übergriffen des Urosch V . , Sohnes des Serbenkaisers Duschans, in Nord-Albanien mit ge-waffneter Hand entgegenstellt.

Im Jahre 1365 kämpft er in Verbindung mit den Ragusanern zwei Jahre lang glücklich gegen Nikolaos Altoman von Uschitza 1).

Balscha stirbt 1367 und hinterlässt drei S ö h n e 2 ) : Straschimir, Georg und Balscha I I . , welche gemein­schaftlich regieren und 1368, wie bereits (Note 1) erwähnt worden, von der griechischen zur katholischen Kirche übergehen.

Nach der Ermordung Urosch's V . durch Vukaschin (1367) erklären sie sich gegen dessen Mörder fin­den legitimen Erben Lazar 3 ) und entreissen Skodra dem Ban von Bosnien, Twartko, welcher es nach Urosch's Tod besetzt und den Königstitel angenommen hatte. Sie erobern ferner die ganze Zenta (£edda) von Georg Il l i i t j , einem Anhänger VukaschinV) . Letzterer verträgt sich später mit den Brüdern , und Georg heirathet dessen Tochter Mi l i za , verstösst sie aber nach Vukaschin's Tod 1371, um sich mit Theodora, Tochter des Jarko Meressitj, der Schwester des Dragas und des Constantin, Schwiegervaters von Manuel Palaeologos, zu vermählen 5 ) .

Hierauf entrissen die drei Brüder dem K a r l Thopia das von ihm 0 ) erbaute Kroja . Sie vertragen sich später mit ihm, und K a r l Thopia heirathet Katharina 7), die Tochter Balsch I. und Schwester der drei Brüder .

In ihren darauf folgenden Händeln mit den Dukadschin, denen sie die Qadrima entreissen, rufen diese die Türken zu Hi l fe ; doch scheint ihnen diese nicht zu Theil geworden zu sein 8).

Straschimir stirbt 1373; er hinterlässt einen Sohn Georg II . Von diesem wissen wir nur, dass er bis zu dem Tode seines Oheims Balscha gefangen sass; doch wird der Zeitpunct, wann diese seine Einsperrung begann, nirgends angegeben.

U m diese Zeit hatte Ludwig , Prinz von Novarra, eine der Töchter der Königin Johanna von Neapel ge-heirathet und die Stadt Durazzo zur Mitgift erhalten und bereitete sich zu einem grossen Eroberungszug nach Albanien. E r hatte seine Vorhut bereits an der albanesischen Küste gelandet und war im Begriff, sich einzuschiffen, als er plötzlich starb (1373).

Seine in Durazzo gelandeten Truppen begannen auf eigene Faust mit dem albanesischen Heere und besonders mit K a r l Thopia K r i e g zu führen. Georg Balscha aber kommt seinem Schwager zu Hilfe und bestimmt die fremden Söldner gegen Auszahlung einer Geldsumme Durazzo zu räumen 9 J .

J) Medakovitj, Povjestnica Crne Gore. pag. 22. 2) Nach den Zusätzen zu Giovanni Musaki's Aufzeichnungen hatte dieser Balscha, der dort meist Re Balscha genannt wird,

mit seiner ersten Trau Komitza, Tochter von Andreas II. Musaki, nur eine Tochter Regina, und stammen die drei Söhne aus zweiter Ehe. Diese Angabe lässt sich aber nicht mit der Aussage des Despoten vereinigen, dass Balscha Re d. h. der Sohn dieses Balscha I., Komita, die älteste Tochter des Andreas II. Musaki, Despoten von Epirus. zur Frau gehabt, und ebensowenig mit Orbini's unten zu erwähnender Angabe, dass dieser Balscha II. die Tochter des Despoten von Berat Verstössen habe, um Helena, des Klapenos Tochter, zu heirathen.

8) In dem Geiste der damaligen Zeit kann jedoch in ihrem Ubertritte zur katholischen Kirche nur die Absicht erkannt werden, sich gänzlich von dem serbischen Reiche zu trennen. Ihr früherer Glaube und der Name Straschimir machen es wahrscheinlich, dass die Familie slavischen Ursprunges war, sich aber vollkommen albanisirt hatte.

4) Orbini, II regno degli Slavi (Pesaro 1G01). 5) Phrantzes I, 19. 6) Hopf im Jahre 1366. 7) Hopf. Sie wird auch Woisawa genannt. 8) Bei Lenormant fehlt die Belagerung des bosnischen Königs Stephan in Ragusa durch die drei Brüder und deren Friede

mit Ragusa auf die Narentagrenze (1371), Alban. Stud. I, S. 325. Hierauf belagerten sie den vorgeblichen bulgarischen Kaiser Sisman, welcher sich Durazzo's bemächtigt hatte, und zwangen ihn zur Flucht nach Bulgarien. Nach Constantin Musaki im Anhang zu den Aufzeichnungen seines Vaters hat Stratomir Balsch Irene, Tochter des Progan, zur Frau, und von ihr den Georg II.; nach deren Tod heirathet er Miliza, Tochter des Königs Lazar von Serbien (?), diese säugt ihren Stiefsohn und liebt ihn so, dass er sie für seine leibliche Mutter hält , sie hat von Stratomir eine Tochter Abba, welche einen Goiko oder Golem heirathet. In dem nach Constantin Musaki's Angaben zusammengestellten Stammbaum erscheint Georg Sohn des Stratomir, weit entfernt kinderlos zu sterben, als der Vater von drei Söhnen und zwei Töchtern an der Spitze eines zahlreichen Geschlechtes. Wir sind nicht im Stande dessen Zuverlässigkeit zu prüfen.

9) Beide belagern die Söldner in Durazzo, werden aber zurückgeschlagen. Alban. Stud. I, 325.

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Hieniuf nahmen die Balschen den Herren des Hauses Musaki die Musakja sammt Berat ab und eroberten sogar Avlona1).

Die Folge dieser Gebietserweiterungen war ein Bruch mit Karl Thopia. In den darauf erfolgenden Händeln wurde Georg gefangen und erhielt seine Freiheit nur gegen das Versprechen, der Alliirte Thopia's zu sein. Der Friede zwischen beiden Häusern kam 1376 durch Ragusa's Vermittlung zu Stande2).

Gegen Nicolaos Altoman von Uschitza hatte sich sein eigener Schwager Lazar von Serbien mit Twartko von Bosnien und Ludwig von Ungarn verbündet. Dieser flüchtete sich zu den Balschen und trat ihnen die ihm treu gebliebenen Districte von Trebinje, Canali und Dratschewiza ab3).

Twartko reizte diese Districte zum Abfall von den Balschen, und Georg rächte sich dafür, indem er mit seinem Schwager Karl Thopia an der Spitze eines Heeres von 10.000 Mann in Bosnien einfiel, die Festung Onogoschto eroberte, verheerend bis nach Nevesinie vordrang und mit Beute beladen nach Skodra zurück­kehrte, wo er drei Monate darauf starb (1379 Hopf).

Balscha II. blieb nun alleiniger Herrscher des gemeinsamen Erbes. Er war zwar ein tapferer Mann, aber bei weitem kein so gewandter Politiker als seine beiden älteren Brüder. In dem auf Georg's Tod fol­genden Jahre überlieferte Helena, die Frau des Marko Kraljevitj4), Sohnes des Vukaschin, an Balscha IL die Stadt Kastoria unter der Bedingung, dass er seine Frau, eine Tochter des Despoten von Berat, Verstösse 5) und sie heirathe.

Aber Helena führte einen so anstössigen Lebenswandel, dass sie Balscha schon nach einigen Monaten einsperren Hess und sie dann verstiess, ihre Mitgift aber behielt (S. 9).

Um dieselbe Zeit wurde Balscha IL für die Verdienste, welche sich die Herren der Qedda fortwährend um die Republik von Ragusa erworben, in deren goldenes Buch eingeschrieben6). Im Jahre 1385 benutzte Balscha II. die nach dem Tode des Königs Karl von Neapel ausgebrochenen Unruhen und eroberte Durazzo mit Sturm7). Er nimmt den Titel eines Herzogs von Durazzo an und bestätigt bei Gelegenheit seiner Besitz­ergreifung nicht nur die den Ragusanern von Kaiser Stephan Duschan ertheilten Privilegien, sondern stellt sie auch denjenigen gleich, welche ihnen sein Bruder Georg für die Qedda verwilligt hatte8).

Dies war der Gipfelpunkt der Macht der Balschen. Sie herrschten von der Narenta bis zu den akroke-raunischen Bergen. Denn einige Monate später schickte Murad I. den Begier Bei von Rumelien, Hai'reddin, mit einer Armee von 40.0U0 Türken zur Eroberung von Albanien aus. Balscha rafft alles, was ihm von Streit-

*) Ob dieser Kriegszug etwa mit der von dem Despoten Giovanni Musaki erwähnten Verheirathung von Komita, Tochter Andreas' II. Musaki, an Balscha zusammenhängt, müssen wir dahin gestellt sein lassen.

2) Orbini S. 290. Lenormant nimmt also zwei Kriege zwischen Karl Thopia und den Balschen, einen vor und einen nach Karl's Verheirathung mit deren Schwester Katharina oder Voisawa an.

3) Idem S. 291 — 292. Der jedoch 1376 als Georg's Todesjahr angibt. 4) Helena, die Tochter des griechischen Dynasten Klapenos, war von Marko ihres schlechten Lebenswandels wegen Ver­

stössen worden, hatte sich nach Kastoria begeben; sie gab die Stadt an Balscha und wurde dessen Frau. Marko besass unter türkischer Oberhoheit nicht nur Kastoria, sondern auch Lokris und das peloponnesische Argos, er versuchte es vergebens, Kastoria mit Hilfe eines türkischen Heeres dem Balscha wieder zu entreissen. Er fiel auf Bajezed's Feldzug gegen den ΛΥlachen-Fürsten Myrces bei der wlachischen Stadt Chraglienum, s. Du Cange fam. aug. byz. pag. 295 et ibi cit. — Der Despot nennt diesen Balscha II. Balscha Re und lässt ihn herrschen über Skutari, Antivari, Cattaro, Sebeniko und Trausi. — Hopf fand eine Abtretungsurkunde von Sebeniko an Venedig aus dein Jahre 1 120, also durch Balscha III., Sohn von Georg II., Neffen dieses Balscha II., während Georg II. Scutari bereits 1392 an Venedig cedirt hatte.

5 j Orbini p. 290. Nach den Aufzeichnungen des Despoten Musaki war dies die älteste Tochter Andreas' II., Namens Komita. Der Despot schweigt von ihrer Veratossung und lässt , wie wir oben sahen, Kastoria von diesem seinem Ahnherrn mit Unterstützung seiner beiden Schwiegersöhne Balscha und Gropa, Herren von Ochrida, erobern und bis zur Eroberung durch die Türken im Besitz seiner Familie verblieben- Wir müssen jedoch hier, wie bereits oben bemerkt, den Angaben Orbini's den Vorzug geben. Orbini pag. 290. Nach dem Chronisten ist dies vermuthlich Theodora.

6) Orbini S. 293. 7) Orbini S. 292. Dies setzt also eine abermalige Besetzung Durazzo's durch die Neapolitaner voraus, von der wir keine

nähere Kunde haben. Die Eroberung erfolgt noch zu Lebzeiten Karl Thopia's, der nach Hopf 1387 starb. Wir möchten annehmen, dass die d a u e r n d e vertheidigungsmässige Besetzung einer so ausgedehnten Stadt, wie Durazzo wohl damals war, die Kräfte eines albanesischen Häuptlings überstiegen habe.

8) Srbski spornen. Nr. 70. Monum. serb. Nr. 192.

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kräften zur Hand ist, zusammen und zieht im Vereine mit Iwanitsch, dem zweiten Sohne Vukaschin's, den Türken entgegen.

Beide Heere begegnen sich in der Nähe von Berat auf der Ebene von Saura 1). Balscha II. greift gegen den Rath seiner Freunde mit seinem kleinen Heere die überlegene Streitmacht der Türken an. Sein Heer wird vernichtet, er sowohl als Iwanitsch fallen in der Schlacht, und Ha'ireddin bringt seinen Kopf als Siegeszeichen zu rück 2 ) .

Balscha's Tod befreite seinen Neffen Georg , den Sohn des Straschimir, aus der Gefangenschaft, in welcher ihn sein Oheim aus Furcht vor seinen Ansprüchen auf die Regierung im Schlosse von Durazzo ge­halten hatte. Derselbe wurde Balscha's I I . Nachfolger und bestätigte als Herr von Oedda und Primorje (des Küstenlandes) die von seinem Vater und Oheim den Ragusanern verliehenen Privi legien 5 ) . E r hatte zuerst einen Aufstand der Herren der oberen Cedda zu bekämpfen, deren Mehrzahl sich gegen ihn erhoben und Twartko von Bosnien in das Land gerufen hatte. A n der Spitze dieser Bewegung stand Nikolaos und Andreas Zachet und ein Verwandter der Balschen, Stephan Czernojewich, Herr der Czernagora (Montenegro), welche sich ausser mit Twartko auch noch mit den Dukadschin's verbunden hatten. Georg II. überwand sie, verwilligte dem Stephan CzernojewTich den Frieden, liess aber die beiden Zachet blenden, die in seine Gewalt gerathen waren. U m sich eine tüchtige Stütze gegen die Dukadschin zu verschaffen, heirathete er hierauf Juweliza, Tochter Lazar's von Serbien, die Witwe Schischman's, Fürs ten der Wlachen. Gegen die Türken war Georg I I . nicht glücklicher als sein Oheim; denn als Ha'ireddin's Nachfolger, der Beglerbeg Timur-Tasch, ein neues Heer nach Albanien schickte, welches die Districte von Durazzo, Ant ivar i und Budua sengend und Sklaven machend verheerte und bis nach Ostrog (?) vordrang, konnte er nur durch die Abtretung von Kastoria, Berat, Durazzo und Skodra Friede erhalten. Doch verdankte er einer schönen Verwandten 4), welche er in den Harem Murad's I. schickte und die grossen Einfiuss auf denselben gewann, die sofortige Rückerstat tung der beiden letzten Städte .

In Folge dieser Ereignisse suchte Georg I L die Freundschaft Venedig's zu gewinnen, dessen Kaufleutcn er im Jahre 1388 verstattete, abgabenfrei in seinen Besitzungen Handel zu treiben 5). Georg II . soll sich in der Schlacht von Kossowo ausgezeichnet haben und von allen Theilhabern der einzige gewesen sein, welcher dem Sieger seine Unterwerfung nicht erklärte .

Doch wurde er bei den darauf folgenden Eroberungszügen der Türken nach Albanien von übermäch­tigen Heeren derart bedrängt , dass er gegen dieselben das Feld nicht behaupten konnte und im Jahre 1394

*) Sprich Sawra oder Qawra j dies "Wort ist kein Name, sondern ein Appellativ, welches sich etwa mit Salzsteppe übersetzen lässt, denn es bezeichnet zunächst die mit Salzausdünstungen belegten flachen Stellen angeschwemmter Meeresküsten, welche sich nicht zum Ackerbau eignen, dafür aber vortreffliche Viehweiden abgeben.

Etwa 1 St. oberhalb der Mündung des Beratino in den Dewol (der in der Musakja Deol ausgesprochen wird) führt eine von Kaplan Pascha erbaute Brücke über den erstgenannten Fluss, welche meist nach dem ihr nächstgelegenen Dorfe Zukasi (dschuka slav. Binse) Ure Zukasi genannt wird. Etwa 3 / 2 St. nordöstlich von dieser Brücke liegt das Dorf Kossowa auf einem Hügel , welcher der westlichste Ausläufer des waldigen Gebirgslandes von Dombrea ist. Von Kossowa dehnt sich die Ebene 3 St. weit gegen Norden bis zu dem Dorfe Luschna. Etwa in der Mitte zwischen beiden Orten liegt das Dorf Karbonates und nach diesem heisst die Ebene in genauerer Bezeichnung Sawr1 Karbonates.

Der südliche Theil dieser Ebene stösst gegen Osten an die waldige Gebirgslandschaft Dombrea, welche 18 Dörfer zählt und sich bis nach Elbassan hinzieht.

Der nördliche Theil der Sawraebene stösst gegen Osten an die 3 St. breite Ebene, welche Boschok (genau Βοσοκ) Elbassani genannt wird. Boschok ist gleichfalls ein Gemeinwort, weiches eine besondere Gattung von Ebenen bezeichnet, die sich nicht zum Getreidebau, wohl aber zur Weide eignen. A.

Die Geschichtschreiber verlegen die Sawraebene meist an die Woiussa; längs des mittleren Laufes dieses Stromes gibt es jedoch keine Ebene.

2) Orbini S. 292 und 293. Da das vorerwähnte, die Privilegien für Durazzo enthaltende Diplom vom 24. April 1385 datirt ist,- Ha'ireddin aber im Anfange 1386 stirbt, so setzt Lenormant diese Schlacht nicht wie Orbini auf 1383, sondern auf 1385.

3) Srbski spornen. Nr. 71. Monum. serb. Nr. 194. 4) Orbini p. 293 nennt sie Despina, welchen Namen Lenormant für ihren Titel (?) erklärt. Er vermuthet, dass ihr Name

Juvelitza einem serbischen Heldenlied entlehnt sei, in welchem jedoch der Fürst von Qedda und Schwiegersohn Lazar's von Serbien Georg Czernojevich genannt wird.

5) Medakowitj, Istorija Cme Gore (Zara 1856) p. 86. Monum. serb. Nr. 490.

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sich genöthigt sah, um den Preis der Abtretung von Skodra und Durazzo die Unterstützung von Venedig an­zurufen1).

Während des nach der Schlacht von Angora (1402) im türkischen Reiche eintretenden eilfjährigen Interregnums starb Georg II., und sein Sohn Balscha III. folgte ihm in der Herrschaft der Qedda. Dieser Regentenwechsel muss vor 1410 fallen, denn Balscha III. regierte bereits, als Evrenos Pascha, der Beglerbeg des Sultans Musa Tschelebi, der letzte der Gefährten Orchan's, als beinahe hundertjähriger Greis an der Spitze eines zahlreichen Heeres in die Qedda einfiel und zurückgeschlagen wurde2).

Dagegen ist es ungewiss, ob die Abtretung von Brondra (Budua?) und Antiwari von Seiten Venedig's an das Fürstenhaus von £edda im Jahre 1406 unter die Regierung Balscha's III. oder die seines Vaters Georg II. fällt 3).

Sicher steht ferner, dass Georg IL, stolz gemacht durch seinen Sieg über Evrenos Pascha, um das Jahr 1411 oder 1412 die Venetianer mit Krieg überzog und bis in die Stadt Skodra drang, aber an deren Citadelle scheiterte4). Auf diese Nachricht schickten die Venetianer Marino Caravello mit Truppen nach Albanien, welcher es durch Geld und Intriguen bald dahin brachte, dass alle Herren der Qedda v o r i Balscha III. ab­fielen und sich gegen ihn erklärten, so dass diesem kaum Zeit blieb, mit seiner Mutter das Land zu räumen. Benedetto Contarini verlor aber sehr bald die günstige Stellung, welche ihm sein Vorgänger hinterlassen hatte, durch willkührliche Hinrichtungen mehrerer Dynasten der £edda, s o d a s s Balscha 1413, also kaum ein Jahr nach seiner Flucht, von der ganzen Bevölkerung wieder gerufen wurde, in seine Erbstaaten zurück­kehrte und die venctianische Besatzung daraus verjagte5).

Im Jahre 1419 brach Balscha III. auf den Antrieb von Stephan Tschernovitj die traditionelle Allianz seiner Familie mit der Republik von Ragusa, indem er alle in der £edda sitzenden Ragusaner Kaufleute aus­plünderte und vertrieb6).

Zwei Jahre später, 1421, schickte Balscha seine Mutter nach Venedig um Hilfe gegen die Gefahr, mit welcher der grosse Eroberungszug Murad's durch Albanien ihn bedrohte7). Da jedoch die erwartete Hilfe ausblieb, so schlug er den Angriff der Türken mit seinen eigenen Kräften ab8) und starb bald darauf kinderlos auf einer Reise zu seinem Oheim Stephan Lazarevitj.

Mit ihm erlosch der Stamm der Balschen9); auf ihn folgten wohl nur in Montenegro die ihm verwandten Czernojewitj und, als auch diese im Jahre 1516 10) erloschen, wurden sie durch das Regiment der Bischöfe bis zum Regierungsantritt des Fürsten Daniel ersetzt11)-

l) Orbini pag. 294. Hopf fand eine Abtretungsurkunde Georg's, Sohnes des Andreas Topia, von Durazzo an die Venetianer vom Jahre 1392. Bei solchen Abtretungen dürfte es sich mitunter nicht sowohl um Besitzübertragungen, als um die Cedirung von Ansprüchen handeln.

-J Vatslik, L a souverainete de Montenegro pag. 13. Dieser Feldzug wird durch die oben angeführte venetianische Urkunde von 1410 bestätigt, welche Johann Kastrioti als Turcis adstrictus bezeichnet und erwähnt, dass er ihnen seinen eigenen Sohn zum Geisel gegeben habe.

3) Andritj, Geschichte des Fürstenhauses Montenegro p. 7. Sollte sich diese Angabe nicht auf ausdrückliche urkundliche Zeugnisse stützen, sondern nur der Tradition entnommen sein, so erinnert sie an die Rechtsansprüche der Dorier auf den Peloponnes, denn wir können die Gründe nicht begreifen, welche die Venetianer bestimmt haben könnten, die Scala von Skodra in fremde Hände zu geben.

l) Orbini p. 294. 5) Ibid. 6) Ibid. 7) Chronik Johann Bembo's zum Jahre 1421. Balscha's Mutter, welche die Herrin vieler Orte in Albanien gewesen war, kam

am 21. Juli nach Venedig und empfahl die Staaten und Völker ihres Sohnes dem Dogen und Senate, welche sie mit Ehren überhäuften.

8) Vatslik p. 13. 9) D. h. die Hauptlinie, denn die Nebenlinie in Misia blühte noch zu Skanderbeg's Zeiten. Deren Zusammenhang mit der

Hauptlinie bleibt jedoch noch zu bestimmen. 1 0) Nach Hopf 1522. n ) Da Skodra bereits 1394 an Venedig abgetreten und das Geschlecht der grossen Balschen bereits 1421 erloschen war, so

erklärt es sich, warum der ganze Norden des Landes auf dem albanesischen Fürstentage in Alessio im Jahre 1443 nur durch die Tschernojevitj vertreten wurde. Schwer erklärlich aber wäre es uns, wie die Aufzeichnung des Despoten Mu­saki die Familie der Angelo in Drivasto mit gänzlichem Stillschweigen übergehen und keiner einzigen Verschwägerung

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Wir zweifeln nicht, dass die Balschen von Misia eine Nebenlinie der Balschen von Skodra seien, denn die Aufzeichnungen des Despoten weisen darauf hin, dass die Balschen zu seiner Zeit noch Misia besessen hatten, aber wir konnten nirgends den Nachweis ihres verwandtschaftlichen Zusammenhanges finden.

Z W E I T E R ABSCHNITT .

M i t t h e i l u n g r e n über die

katholischen Bisthümer in Albanien und die wirtschaftlichen Zustände ihrer Bevölkerung.

Vorbemerkung.

In den Albanes. Studien I, S. 198 versuchte der Verfasser einen Uberblick über die katholische Kirche in Albanien und deren Einrichtungen zu geben.

In der Uberzeugung, dass nähere Mittheilungen hierüber von allgemeinem Interesse sein würden, wandte er sich an die einzelnen Kirchenfürsten und ersuchte sie nicht nur um diese, sondern auch um Beantwortung einer Reihe von volkswirthschaftlichen Fragen und die Angabe ihrer persönlichen Hauptdaten, weil ihm auch diese zur Beul theilung der kirchlichen Zustände von Bedeutung zu sein schienen. In diesem Abschnitte stellt er deren Aufschlüsse mit den einschlägigen ihm von andern Seiten gewordenen Mittheilungen zusammen und stattet hiemit allen Mitarbeitern für die freundliche Bereitwilligkeit, mit welcher sie seine Wünsche erfüllten, seinen wärmsten Dank ab.

x\lbanien zerfällt in kirchlicher Beziehung in die drei Erzbisthümer von Antivari, Durazzo und Skopia mit der Residenz Prisrend.

Im kirchlichen Style liegt das erstere in der Provinz Albania, das zweite in der Provinz Macedonia und Epirus, das dritte in dem Reiche Servia.

Nach neuerer Entscheidung bildet die Matmündung die Grenze zwischen den beiden Erzbisthümern von Antivari und Durazzo. Es steht mithin die Arbenia im engeren Sinne, welche in alten Zeiten zu dem Erz­bisthum von Antivari gehört hatte, nun unter dem von Durazzo.

Dem Erzbisthume von Antivari unterstehen die vier Suffraganbisthümer von Scutari, Sappa oder Ca-drima, Alessio und Pulati.

Die Erzbisthümer von Durazzo und Skopia haben keine Suffraganen, indem alle früher in ihren Diöcesen bestandenen Bisthümer denselben unmittelbar einverleibt wurden.

In früheren Zeiten bestanden in dem jetzigen Bereiche der Erzbisthümer von Antivari und Durazzo noch weitere Bisthümer, und wir müssen auf dieselben einen Blick werfen, weil sie für die Beurtheilung der Landesbevölkerung und ihrer Culturzustände massgebend sind.

Wir entnehmen hierüber den Mittheilungen von Monsgr. Pooten, dessen eingehende Forschungen über das kirchliche Albanien als würdige Fortsetzung von Farlati's Illyricum sacrum der Wissenschaft nicht länger vorenthalten bleiben sollten, folgende kurze Andeutungen.

derselben mit den übrigen albanesischen Herrengeschlechtern gedenken könnte , wenn dieselbe wirklich ein Zweig der byzantinischen Kaiserfamilie gewesen wäre. Ebensowenig wäre es unter dieser Voraussetzung einzusehen, wie Du Cange hist. byz. S. 350 den Andreas (Barletius pag. 38 nennt unter Peter's Söhnen keinen Andreas) Spanus, Sohn des Peter (der auf dem Fürstentag erschien) als Dux et Comes Driwastensis bezeichnen könnte , da Driwasto der Sitz der Angeli war. Von Peter sagt Du Cange, dass er der erste war, weicher den Beinamen Spanus annahm, vielleicht hatte er eben keinen Bart, denn wenigstens im Neugriechischen bedeutet στ:ανο£ bartlos, mithin Σττανόττ&υλος, der Sohn des Bartlosen. Nach Du Cange war des Peter Spanos Frau Agnes eine Schwester von Skanderbeg's Frau, Voisava, und beide Töchter des Fürsten Polog. Sowohl der Despot als Barletius schweigen hierüber.

r *

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132 e/. G. v. II ahn

Eingegegangene Bis thümer im jetzigen Bereiche des Erzbistliumes von Ant ivar i sind: 1. Dulcigno, 2. Scias (Schass), 3. Drivasto, 4. Balezzo, δ. Pulatum minus diesseits, 6. Sarda und 7. Dagno jenseits des Dr in .

In dem jetzigen Bereiche des Erzbistliumes von Durazzo liegen Episcopatus: 1. Arbanensis, 2. Crojen-sis, 3. Stephanensis, 4. Bendensis, δ. Priscensis, 6. Canoviensis.

Von den sieben erstgenannten Bisthümern wurden die vier ersten dem Bisthume Scutari, die zwei letzten dem von Sappa, Pulatum minus aber dem von Pulatum einverleibt.

A u c h das Bisthum von Budua unterstand dem Erzbisthume von Antivar i und wurde von 1δ71 in der Kegel von demselben administrirt, bis es 1828 dem Bisthume von Cattaro einverleibt wurde.

Dulcigno hat seit der Eroberung durch die Türken 1571 keine eigenen Bischöfe mehr. Man kennt deren 29.

Schass ist ein zerstörtes Stadtchen, drei Stunden westlich von Skodra, auf dem Wege nach Dulcigno (alb. U l k i n ) ; man kennt 22 Bischöfe, der letzte wurde 1530 erwählt .

Von dem jetzt noch blühenden Drivasto kennt man 3δ Bischöfe, deren letzter 1336 erwählt wurde. Balezzo, auch Balezio (Episcopatus Balezensis), ist wohl ohne Zweifel das von Barletius in dem Kriege

Skanderbeg's gegen Venedig 1448 erwähnte Balesium, welches bald nachher von den Venetianern geschleift wurde. Nach einem Schreiben von Innocenz V I . aus dem Jahre 13δ6 zerstörten die Serben die ecclesia Balazensis und verringerten die Einnahmen des Bischofs so sehr, dass er nicht leben konnte. Diese Schreib­weisen des Namens laden nicht dazu ein, hier etwa den Stammsitz des Dynastengeschlechts der Balzen (sprich Balschen) zu suchen, doch wäre die Frage darum nicht gänzlich aus den Augen zu lassen. Nach Barletius' genauen Angaben würde der Ort im Nord-Osten von Drivasto zu suchen sein. Man kennt nur acht Bischöfe; der letzte ist vom Jahre 1478.

V o n Dagno (s. Daina in Abtheilung I) kennt man 11 Bischöfe; der letzte wurde 1δ20 erwähl t ; doch hat weder er noch sein letzter Vorgänger Albanien gesehen. V o n Sarda (s. unter Wjerda , Abtheilung I), welches als Bisthum älter ist als Sappa, kennt man 17 Bischöfe; es wurde 1491, also kurz nach der türkischen Eroberung, Sappa einverleibt.

Von den im Bereiche des Erzbisthums von Durazzo eingegangenen Bisthümern beginnt das Episcopatus Arleancsis erst 1250 mit dem Ubertritte des griechischen Episcopus Arvanensis zur katholischen K i r c h e ; doch gab es bereits Katholiken in Albanien vor dem Jahre 1308, weil im vorigen Abschnitte, §. 1, ann. 1308 und 1309, dort liegender katholischer Ki rchengüter gedacht wird. S. über die allmähliche Ausbreitung der katholischen Kirche in Albanien die Note zu diesem Jahre.

Dass die heutige Ortschaft Arbanon in der Nähe von Tiranna möglicherweise die Residenz dieser B i ­schöfe war, haben wir bereits unter dem Abschnitte Tiranna (Abtheilung I) bemerkt. Einst standen auch Nderfandina und Orosch, also der östliche Thei l des heutigen Miredittenlandes, unter dem Episcopatus A r -banensis. Die Zahl der bekannten Arbanensischen Bischöfe ist von Monsgr. Pooten bis auf 28 gebracht worden. A l s der letzte im Jahre 1640 zum Erzbischof von Durazzo ernannt wurde, hatte er bereits fast alle eingegangenen Bisthümer unter seiner Leitung, und sie blieben seitdem mit dein Erzbisthume verbunden.

V o n Croja kennt man 14 Bischöfe; der letzte ist vom Jahre 1694; doch sah weder er noch sein Vor ­gänger Albanien, sondern führten nur den Titel .

Uber Benda s. den betreffenden Abschnitt I . Priscia erblickt Monsgr. Pooten gewiss ebenso richtig in dem heutigen Presa, als er den Episcopatus

Stephanensis in der Nachbarschaft von Cap Redoni sucht. Der Episcopatus Canoviensis betrachten wir nur als eine andere Namensform des älteren Chunavia, über

welches wir im vorigen Abschnitte, §. 2, ann. 1310, gehandelt haben.

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1. Das Erzbisthum Antivari1). Antivar i , lateinisch Antibaris, auch Antibarium und Antibarum, albanesisch Tivar , slavisch B a r , ist,

wie Pater Farlati sagt, den alten Geschichtschreibern und Geographen unbekannt und kommt zum ersten Mal in dem berühmten, in der jetzigen Herzegovina gegen das Jahr 877 abgehaltenen Concilium Delmitanum zum Vorschein, in welchem Ant ivar i dem neugeschaffenen Erzbisthum von Dioclea als Suffragankirche unter­worfen ward. Hieraus geht hervor, dass Antivar i im genannten Jahre entweder schon der Sitz eines Bischofs war oder wenigstens wurde, und mithin eine ziemlich ansehnliche Stadt sein musste. Gegen das Jahr 927, also nach einem Zei t räume von 50 Jahren, wurde Dioclea zerstört, das Erzbisthum verlor seine Existenz und die Suffraganbischöfe unterwarfen sich grösstentheils dem Erzbischof von Spalatro. A l s aber gegen das Jahr 1030 von dem damaligen Erzbischof jener Stadt die seiner Provinz untergebenen Bischöfe zu einem Provin­cial-Concilium berufen worden waren, und die nach Spalatro reisenden Bischöfe von Ant ivar i , Dulcigno, Svacia (alban. Schass) und Cattaro Schiffbruch litten und alle zu Grunde gingen, veranlasste dies den Papst Benedict I X . im Jahre 1034 oder, wie Andere wollen, den Papst Johann X X . im Jahre 1032, das Erzbis­thum Antivari einzusetzen, oder vielmehr die erzbischöfliche W ü r d e und Gerichtsbarkeit von Dioclea in A n t i ­vari wieder herzustellen; denn in früheren Zeiten wurden die Erzbischofe von Antivari in den päpstlichen Bullen und Schreiben Dioclenses et Antibarenses, zuweilen blos Dioclenses genannt, und auch jetzt noch nennt sich der Erzbischof von Antivari in seinen Urkunden Antivarensis et Dioclensis. Es gab eine Zeit, wo unter dem Erzbischof von Antivari zw^ölf Bischöfe standen; jetzt hat er nur vier unter sich, und dies sind die Bischöfe von Scutari, Sappa, Alessio und Pulati.

Die Rechte der Erzbischofe in den apostolischen ^Missionen von Albanien sind jenen der übr igen Erz­bischofe vollkommen gleich 2).

Der Erzbischof von Antivari führt auch den Titel eines Primas des Königreichs Servien, ein Titel, dessen Ursprung unbekannt ist, der aber vom Papst Clemens V I I . im Jahre 1523 bestätigt wurde. Es ist dies jedoch ein blosser Ehrentitel.

Der Umfang der Erzdiöcese war zu allen Zeiten k le in ; die Zahl der Katholiken war aber vor der durch die Türken im Jahre 1571 erfolgten Einnahme der Stadt weit grösser als jetzt. Die alte Domkirche, ein sehr gutes und festes Gebäude, existirt noch und ist wohl erhalten, aber türkische Moschee. Sie hatte ein Capitel von zwölf Domherren und überdies noch drei andere sogenannte Collegiatkirchen, jede mit fünf oder sechs Canonici. Leider ist alles dahingegangen.

Jetzt hat das Erzbisthum nur etwas über 3.000 Katholiken in sieben Pfarren: Antivari , Zubci, Susciani, Berza und Spizza, welche alle an das adriatische Meer, Scestani und Liva r i , welche an den See von Scutari grenzen. In den fünf ersten spricht man slavisch, nur in Antivari auch türkisch und albanesisch; in den zwei letzten wird albanesisch gesprochen, da sie von Albanesen bewohnt sind. Bei Monsgr. Pooten's Ankunft in diesen Gegenden im Jahre 1844 gab es weder eine erzbischöfliche Residenz, noch Kirchen; denn die damals exisürenden Kirchen verdienten diesen Namen nicht. Eine so ziemlich gute Residenz wurde nach ein paar Jahren hergestellt; aber an einen Kirchenbau konnte wegen der noch herrschenden Intoleranz lange Jahre hindurch nicht gedacht werden. Jetzt haben fünf Pfarren neue Ki rchen , freilich einfache, aber starke Ge­bäude, die zwei übrigen hinreichend grosse Capellen, und ausser diesen gibt es noch mehrere neue Capellen in den vorzüglichsten der zerstreuten Dörfer. Ebenso haben die meisten Pfarren neue Pfarrhäuser. Unter den Kirchen ist die von Antivari die grösste und beste; übrigens ist auch sie ein modestes Gebäude. Sie besteht aus drei kleinen Schiffen und ist auf Kosten Seiner Majestät des Kaisers von Mexico in den Jahren 1857 und 1858 erbaut worden.

1) Nach Mittheilungen von Monsgr. Karl Pooten, geboren 1807 in Teveren, vier Stunden von Aachen, studirte in Rom Theo logie und ging nach erhaltener Priesterweihe 18.')3 als apostolischer Missionär nach der Walachei, war 1834 — 184i General-Vicar der Walachei, übernahm hierauf das ausgedehnte General-Vicariat von Bosnien, wurde 1844 in Ragusa zurr Bischof von Maronia consecrirt und übernahm zugleich die Administration der Erzdiöcese von Antivari. Er bestieg be dem Tode seines Vorgängers am 31. August 1855 den erzbischöfl ichen Stuhl von Antivari.

2) Wonach die S. 19 der Albanesischen Studien enthaltene Angabe zu berichtigen.

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Der District von Antivari umfasst das ganze Erzbisthum nicht, denn Craja, wo die Pfarren von Scestani und Livari liegen, gehört zu Scutari.

Scestani (Schestani) wird ins obere und untere getheilt. Im obern sind die Dörfer: Gurza, Lukich (Lukitsch), Dedaj und Bardaj; im untern die Dörfer: Giuvace, Karolaj, Stankaj, Marnikaj, Buigheri. Scestani liegt an der montenegrinischen Grenze, die Einwohner zahlten nie Abgaben. Ihre Zahl betrug im Jahre 1857 579 Seelen. Ausser diesen Katholiken gibt es dort über 300 griechischgläubige albanesischer Nation. Nach der mündlichen Uberlieferung gab, als einer der ersten Scestaner eine Slavin griechischer Religion heirathen wollte, dieselbe nur unter der Bedingung ihre Einwilligung, dass er ihre Religion annehme, und er verstand sich dazu. Diese Angabe ist wohl nicht ohne Grund, denn es gibt nördlich vom Drin keine andern Albanesen griechischer Religion. Die Namen cier Scestanischen Dörfer Gurza, Bardaj und Buigheri findet man auch in andern Gegenden Albaniens: Bardaj nicht weit von Scutari, Gurza und Buigheri (l statt i) jen­seits Alessio. Es sribt auch mehrere muhammedanische Dörfer; in den katholischen wohnen nur zwei muham-medanische Familien.

Die Pfarre Livari besteht aus folgenden Dörfern: Livari, Pinci, Dobrazzi, Briscko (Brischko), in's obere und untere getheilt, und Ftiani. Die Seelenzahl war im Jahre 1857 440 Köpfe. Die Bewohner dieser Pfarre zahlen sehr kleine Abgaben, sie sind arm. Es gibt nicht wenige Muhammedaner in dieser Pfarre, und von ihrer Grenze an längs des Sees bis Scirocco bei Scutari wohnen nur Muhammedaner.

Die Stadt Antivari1) liegt auf einem Felsenvorsprung am Westfusse des Hauptgebirges etwa eine Stunde landeinwärts von der Küste. Sie ist von ziemlich hohen Mauern umgeben, durch die zwei Thore führen. Sie hat eine, wahrscheinlich von den Venetianern erbaute, durch Berge gesprengte Wasserleitung, welche das Wasser sechs Stunden weit nach der Stadt bringt. Zwei Moscheen, früher katholische Kirchen, eine auf Kosten Seiner Majestät des Kaisers von Mexiko von 1857—1858 erbaute katholische Kathedrale, einen Bazar von 114 Buden und ungefähr 200 Häuser. Die zwei Vorstädte haben vier Moscheen und 230 Häuser. Im Ganzen zählt also die Stadt 430 Häuser mit 610 Familien und 3200 Seelen, wovon 420 Katholiken, 370 Griechischgläubige, 56 Zigeuner und die übrigen Muhammedaner sind.

Die Stadt ist der Sitz eines Mudirs oder Civilgotiverneurs, der dem Pascha von Skodra untersteht und 2500 Piaster monatliche Besoldung bezieht. Unter seinen Befehlen stehen 35 Polizeisoldaten (Saftie), die 90 Piaster per Monat beziehen.

Der hiesige Kadi wird vom Kadi von Skodra ernannt und muss diesem von seinen Einnahmen monatlich 400 Piaster abgeben2).

In der Regel liegt in Antivari ein Bataillon Linie, welches Detachements an die verschiedenen Grenz-befestungen abgibt.

Das Mudirlik von Antivari besteht aus fünf Bezirken: 1. Tugemille 44 Häuser, 210 Seelen, nur Muhammedaner3). 2. Subci 83 „ 440 „ „ Katholiken. 3. Scuisciani 88 „ 420 „ 9 „

(137 Λ 665 „ 4 · S P i z z a i l 0 5 520 „ „ Griechischgläubige. 5. Mercovich 395 „ 2890 „ „ Muhammedaner.

Summa . 852 5145 In Mercovich gab es im Anfange des vorigen Jahrhunderts noch viele Griechischgläubige; nun ist die

ganze Bevölkerung (mit Ausnahme eines aus Schestani zugewanderten albanesisch katholischen Hauses von 20 Seelen) durchaus muhammedanisch; doch ist sie gegen die sonstige Art der Renegaten durchaus nicht strenggläubig, und möchten unter ihr keine 20 Individuen sein, welche die vorschriftlichen Gebete wissen.

*) Nach Mittheilungen des k. k. Consular-Agenten in Antivari, Herrn N. Bradasch. 2) Es möchte an der Zeit sein, dass dieser in fast allen andern Provinzen abgestellte Übelstand aufhöre, vermöge dessen der

ganze Bezirk Antivari von dem Kadi von Skodra besteuert und der von Antivari, um nicht zu verhungern, zu Missbräu­chen gezwungen wird. Auch hier sollte die Justiz von grossherrlichen Beamten und im Namen des Grossherrn gehand­habt werden.

3) 1702 gab es dort noch 12 katholische Häuser mit 98 Seelen.

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Doch sind dort drei Moscheen, auch gibt es noch einige griechische Kirchen, in welchen die Städter zweimal im Jahre Gottesdienst halten, und bei dieser Gelegenheit bringen die muhammedanischen Eingeborenen nach alter Gewohnheit Geschenke an Wolle, Käse u. s. w. dar.

Mit Ausnahme von Mercovich sind alle andern Bezirke zehentfrei. Die Spizzaner zahlen als Grenz­nachbarn von Montenegro nicht einmal Maktum, sondern nur ein altes Spahilik von 600 Piastern. Dieses Maktum, eine Art Häusersteuer, welches sowohl Muhammedaner als Christen zahlen, beträgt für das ganze Mudiriik nur 27.000 Piaster.

Die Kopfsteuer (Haradsch), welche bis zum Jahre 1850 die Christen zahlten, betrug im Ganzen 11.000 Piaster, die an deren Stelle getretene Steuer zur Ablösung vom Kriegsdienste beträgt 7.500 Piaster.

Im ganzen Mudiriik ist das Slavische die Landessprache. Die auch hier herrschende Blutrache abge­rechnet, ist der moralische Zustand der Bevölkerung, namentlich im Vergleiche mit den Nachbarländern, befriedigend.

Hier streckt nirgends ein Bettler die Hand aus. Jeder hat mehr oder weniger Grundbesitz und sein eigenes Haus. Doch gibt es auch nirgends ein reiches Dorf oder reiche Einzelne.

Im ganzen Kreise findet sich nur eine türkische Familie, die aus dem Ertrage ihrer Güter für 10.000 Pia­ster über ihren eigenen Bedarf verkaufen kann.

Zu den Reichen gehört ein Grundbesitzer, welcher jährlich producirt: Mais 5.000 Okka = 4.500 Piaster Weizen 1.500 „ = 1.700 „ Käse 200 „ = 1.600 „ Wolle 100 „ = 800 „

8600 Piaster. Dieser Betrag reicht aber kaum für Unterhalt und Kleidung einer starken Familie hin. Selten hält ein

Haus mehr als vier Stück Grossvieh und 50—60 Stück Kleinvieh. Es ist hier allgemein Sitte, dass die Dorfleute nach Constantinopel gehen, um, namentlich in türki­

schen grossen Häusern, als Hausdiener zu dienen. Was sie aber von dort schicken oder zurückbringen, geht in der Regel zur Zahlung der unterdessen von ihren Familien gemachten Schulden auf.

Der Taglohn ist im Durchschnitt acht Piaster für den Mann und halb so viel für Frauen und Mädchen. Der Jahreslohn für einen Knecht schwankt zwischen 50 bis 100 Silbergulden. Frauen und Mädchen gehen gleichfalls in ständigen Dienst.

Hauptnahrung ist der Mais, und die einzige Hülsenfrucht, welche gebaut wird, die Saubohne. Sie wird zwischen den Mais gesteckt und mit ihm gehackt, und gedeiht so vortrefflich. Man baut weder Hanf noch Baumwolle, Flachs eben nur für den Hausbedarf.

Die Hauptmahlzeit fällt nach Sonnenuntergang; sie besteht meist aus einer Suppe von Mehlspeise, Reis oder Bohnen, und in Kohl und andern Kräutern, Fleisch isst man selten in der Woche, ausser bei schweren Arbeiten; ausser frischem Schaffleisch wird auch gesalzenes Trockenfleisch (pasturma) und Schweinfleisch gegessen. Abends wird allgemein Ol gebrannt, denn der einzige Ausfuhrartikel des Kreises ist das Ol; man rechnet den mittleren Jahresertrag desselben auf 4.000 Baril, er liefert auch in den besten Jahren nicht über 10.000 Baril.

D a s B i s t h u m v o n Scutar i 1 ) .

Dieses Bisthum grenzt gegen Westen an das Erzbisthum von Antivari und an das Meer, im Süden und Südosten trennt es, mit geringen Abweichungen, der Drin von den Bisthümern von Alessio und Qadrima; i m

Osten stösst es an das Bisthum von Pulati und im Norden an die griechisch-gläubigen slavischen Aussenbezirke

*) Nach Mittheilungen von Monsignor Aloisius Ciurcia, geboren am 8. December 1818 in Ragusa, derselbe trat 1834 in den Orden des S. Franciscus von Assisi, empfing am 19. März 1854 von dem Erzbischof von Ragusa die bischöfliche Con­secration; 1858 zum Coadjutor von Monsignor Topich, Bischof von Scutari cum jure successionis ernannt, bestieg er nach dessen kurz darauf erfolgter Resignation den bischöflichen Sitz dieser Diöcese .

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(Berdas) von Montenegro und den gleichartigen, aber mit Muhammedanern untermischten Bergbezirk von Gusinje.

Es ist das grösste Bisthum in Albanien und begreift die Territorien der früher neben ihm bestandenen, jetzt aber eingegangenen Bisthümer von Dulcigno, Scias, Drivasto und Balezzo. Es zählt 20 von einhei­mischen Weltgeistlichen verwaltete Pfarreien und begreift ausserdem die aus neun Stationen bestehende Mission der P. P. Minori Preformati di San Francesco von Kastrati, deren gegenwärtiger Praefectus Agostol. der in den albanesischen Studien oft erwähnte Pater Gabriel ist. Drei dieser Stationen wurden erst in dem letzten Jahrzehent errichtet.

Die Stadt Skodra besitzt an katholischen Instituten: 1. Ein päpstliches Collegium zur Erziehung des gesammten albanesischen Clerus. Dasselbe wurde zu 2 / 3

auf Kosten der k. k. Regierung und zu y s auf Kosten der Propaganda gebaut. Die Unterhaltungskosten wer­den mit 3000 Gulden von der k. k. Regierung bestritten. Dies Collegium steht unter der Leitung der P. P. Jesuiti.

2. Eine von der k. k. Regierung subsidiirte Realschule von drei Classen. Sie steht unter der Leitung der P. P. Francescani.

3. Ein provisorisches Officium der P. P. Missionarii. 4. Die Kathedrale, deren Bau 1856 begonnen, aber wegen seiner grossen Ausdehnung (über 2000

Quadratmeter) und der geringen Mittel nur sehr langsam vorschreitet. 5. Ein mit dem Pfarrsitze verbundenes ziemlich geräumiges Oratorium.

S t a t i s t i k d e s ß i s t h u m s v o n S c u t a r i . Ψί&ττ- u n d N e b e n o r t e .

Katholiken Muhamm.

Häuser Seelen Häuser

1· Skodra l i S T UsT 4 θ 5 ο ϊ ) { « ^ β ^ . 2. Kukli 22 109 — 1

3. Barbaiuschi 93 542 80 4. Buschati 102 631 100 5. Trunschi 1 4 3

Lagia Tschjarme 11 48 8 Lagia Kondit 11 99 —

Sirgi 13 78 — 36~ 229

6. Obotti 13 85 — 12 Zigeunerhäuser. Seregi 9 44 — Rena 6 38 —

28 167

7. Bria 3 23 \ Unter-Klesna 10 78 i 19 Ober-Klesna 7 57 J Qogai 2 18 — Mila 7 49 33

~~29 225 1602)

8. Klomza 28 130 — Saltschi 29 143 — Bratitza 27 159 — Krutza 15 92 50 Dulcigno (Ulkin) 8 35 400 j \ 2 . ^ 0 ^ '

& v 7 _ ( glaubige Hauser.

x) Nach verschiedenen Daten zu schliessen, zählt die ganze Stadt nicht mehr als 3000 Häuser und die Vorstädte Dragodschi, Mumlima, Oblika, Badschi leku, zusammen 500 Häuser.

2) In dieser Pfarrei liegen die muhammedanischen Dörfer Sassi mit 30, Krussa mit 50 und Gorana mit 80 Häusern, zusam­men 160 Häuser.

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Katholiken

9. S. Nikolo

11. St.

12.

13.

Luarsi . . . Krogi . . . Sutielli . . . Traskanjelli . Pistulie Qogai

Belai Unter- Sanirisciii Ober-Samrischi Ruschkuli . . . Goritza . . . . Gramschi . . . Skordula . . . Mustscbjani . . Sitoder . . . .

Wukatani . Ganjola . . Gawotschi Schpathari Komatschi

Gurici .

15. Scheldnia . Kruethii Rogamani

Dragjati. Alihebeit

17. Beltoja . .

18. Schiroka 19. Rioli 2) .

Loheja

ο

- {

Häuser Seelen Häuser

ίΓ ~ 3 l T ~ 1

12 41 — 13 89 — 25 130

16 122 — 11 103 — 12 109 —

5 41 — 4 28 — 2 17 — 5 36 —

12 83 100 67 539

20 157 — 6 32 6 3 57 5

10 73 — 2 8 6 1 6 — 4 25 — 6 26 —

14 130 — 1 8 —

67 522 4i)

55 355 4 2 17 17 7 47 15

11 74 13 5 22 5 9 44 8

89 559

20 135 — 10 93 — 14 113 1 14 130 18 58 471

28 219 — 1 17 7 1 5 10

30 251

18 156 13 13 90 35

7 32 8 4 28 —

52 306

25 147 — 15 76 — 40 223

00 429 6 51 424 26 35 199 7

236 — 120 859 180

3 griechisch-gläubige Häuser.

In Lima 4 muhammedanische Häuser. 2) Die Pfarreien 19 und 20 liegen im Gebirge und die Einwohner nennen sich, gleich denen der Mission von Kastrati, Hoch-

Skodraner. Es gibt nur einen Landstrich, aber keine Ortschaft, welche Schkrelli heisst. Denkschriften der philos.-hist. CI. XVI . Bd. Abhandl. von Nichtmitgliedern.

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Katholiken Muhamm.

Häuser Seelen Häuser

20. Schkrelli 1) : Bersceta 151 1202 -Writhi 8 8 750 -Dedai 8 4 785 — Qagora 55 675 62 Boga 6 5 659 1

443 4070

Gesammtsumme der 20 Pfarreien . 2726 16.987

S t a t i s t i k d e r M i s s i o n v o n K a s t r a t i d e s B i s t h u m s v o n S k u t a r i .

1. K a s t r a t i .

1. Ober-Kastrati:

Katholiken Muhamm.

Häuser Seelen Häuser

2. TJnter-Kastrati oder Baiza:

Gradetza . Pietronjani Bucanite .

-in *o / „ _

Dobrowoda ö 36 I g

Pula

2. K l e m e n t i . 3. Wukli:

Pep Gietz Eckt

Honassi: Peppuniani Braza'i Gjerka'i Schoppai* "Wotschinai ·

Nikschi Broja 3)

4. Seize: Nik Martinai.

Assanika'i Pepai Plumai Wuka Martina'i Rugna'i Nikthra'i

Fürtrag .

23 138 38 234 92 629

153 1001

31 186 18 124 4 37

24 147 14 103 10 52

8 36 10 36 35 217

154 938

60 379

49 287 37 207

7 36 4 36

10 49 4 30 6 47

33 235 36 240

246 1546

7 64 21 159 19 147

7 52 26 189

8 55 10 61 98 727

*) S. die vorige Note. 2) Sitz des apostol. Präfecten P. Gabriel. 3) Nur Nikschi und Broja sind Dorfnamen, alle übrigen Stammnamen. 4) Mehrere von diesen sind bereits wieder katholisch geworden.

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Katholiken

Haue er

Übertrag .

Ded

Nik

T r i e p s c h i .

Deiai

K o t s c h a i .

G r u d d a .

Kala . . . Prifti . . . Lafga . . Dinoschia2) Stana'i . .

H o t t i .

a) Traboina.

Go'idschi

bj Arapschina.

Laitschi

Ana'i

Seelen

98 727 \ ^ 22 139 I Ή

1 ° 19 98 1 3

/ 3 30 176 Γ 14 92 V ^ 26 140 / "3

7 64 , 'S

1 2 27 157 21 124 I *s

264 1717 . / *

12 80 32 132 16 91 19 118 7 39

25 133 111 593

11 87 10 41 22 130 20 150 einige 63 408

43 299 — . 28 182 —

27 176 — 21 136 — 3 20 200 3 22 —

26 169 — 10 65 1000

161 1069

95 595 _ 64 389 — 40 205 —

199 1189

74 421 5

50 286 — 73 475 --

7 71 — 204 1253

{ Einige griechisch­gläubige Häuser.

Die katholische Bevölkerung des Bisthumes von Skutari zählt hienach 4281 Häuser und 26.701 Seelen. Es kommen also im Durchschnitt 6 l/2 Seelen auf die Familie.

1) S. die vorige Note. 2) Podgoritza und sein Gebiet gehören nicht zu dem ethnographischen Albanien, denn dort spricht man nur slavisch. Auch

die 200 muhammedanischen Häuser an der Nordgrenze des Districtes von Dinoscha sind wahrscheinlich Slaven.

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Z u s a m m e n s t e l l u n g de r S k o d r a c r B e r g s t a m m e .

1. Kastrati 307 Häuser 1.939 Seelen 2. Kiementi 510 n 3.263 „ 3. Hotti 403 2.442 4. Die Übrigen 335 n 2.073 5. Die Pfarreien 19. Rioli und 20. Schkrelli 563 „ 4.629

Katholiken . . . 2113 Häuser 14.343 Seelen

Es kommen mithin 7 Seelen auf die Familie. Die muhammedanischen Hochländer dürften die Zahl von 1000 Seelen schwerlich überschreiten.

1. Bisthum von Sappa oder Qadrina1).

Dieses Bisthum grenzt gegen Nord und Nordost mit dem von Pulati und dem Erzbisthum von Prisrend (Seopia), gegen Süden mit dem von Alessio und im Norden und Nordwest mit dem von Skodra.

Die alte Stadt Sappa, von der keine Reste mehr vorhanden, lag am Fusse eines Vorsprunges des zur Weleschkette gehörenden Berges St. Michael, und auf dem Gipfel des Berges finden sich noch die Reste einer Kirche gleichen Namens mit einigen Häusern.

Die Residenz des gegenwärtigen Bisthums hegt eine halbe Stunde von jenem Vorsprunge, und die Stelle soll früher Barthai von Ndenschjati2) geheissen haben. Da aber dieser Stamm sich nach verschiedenen Rich­tungen des Bisthums zerstreut hat, so ist der Name nicht mehr gebräuchlich.

Die 18 Minuten von dem Bischofsitze entfernte und dem heil. Georg geweihte Pfarrkirche steht auf dem Hügel Schkress, welcher die ganze Ebene von £adrima beherrscht, und von dem man die Festungen von Skodra (5 St.) und Alessio (3 St.) erblickt. Kalameti oder Kalmeti ist der Sitz des Bischofs vor Alessio und liegt 2 St. südlich von dem von £adrima.

Vor Alters gab es noch zwei Bischofsitze im Bereiche dieses Bisthums, Sarda und Daina. Ersteres liegt in der Nähe von Wjerda, das andere in der Festung Dainat (ital. Dagno), wo die Ruinen einer dem heil. Ale­xander geweihten Kirche stehen, bei welchen am Festtage dieses Heiligen eine grosse Menschenzahl zusammen­kommt.

Am Westfusse des Festungshügels liegt eine der Mutter Gottes geweihte Kirche in gothischem Style; es ist die einzige Kirche, welche in diesen Gegenden die Zeiten der türkichen Eroberung überdauert hat.

Dieses Bisthum besteht aus 25 Pfarreien, welche von einheimischen Weltpriestern administrirt werden, mit Ausnahme einer einzigen, welche Troschiani heisst, und in der seit alter Zeit die Capuziner ein hochge­legenes Kloster hatten, das in der Nähe des Bergpasses liegt; doch gegenwärtig ist es in die Ebene verlegt, wo die Missionäre ein schönes Kloster bei einer alten gut gebauten Kirche, die sie wieder herstellten, erbaut haben. Dort residirt der Vice-Präsident von Epirus, welcher aus Mangel an Individuen auch die Seelsorge übernommen hat.

Von den Pfarreien liegen 15, mit Einschluss der von Wjerda und Giadri, in der Ebene und aus ihrer Menge lässt sich ein Schluss auf die frühere dichte Bevölkerung dieser Ebene ziehen.

Zwei andere Pfarreien, Schialagu (man hört meist nur Schlagu) und Massareku, liegen auf dem rechten Drinufer in der Landschaft Postriba, unterhalb des Berges Zukali, der auch Temalli genannt wird, und ge-

*) Von Monsgr. Pietro Severini, geboren 1806 in Barbara, Diöcese Sinigaglia, Profess im Orden von S. Francesco d'Assisi strenger Observanz, kommt 1831 an die Pfarrei Pulati, wird Präfectus Apostol. der Mission von Castrati und 1845 zum Bischof von Sappa consecrirt.

2) Der St. Michaelsberg springt sehr merklich von der Weljakette westwärts in die Ebene vor. Er ist daher der markan­teste Punkt ihrer Südgrenze. Das Volk nennt ihn meist nach dem Dorfe Nden Schiat, das heisst, unterhalb des Schiat; ich konnte nicht erfahren, was dieser Name bedeute. Das Volk spricht aber Nanschaat. Welch grosse Aufmerksamkeit die hiesige Nomenclatur erfordert, zeigt, dass ich lange Zeit Nante Sanat hörte und schrieb, was: neun Stunden bedeutet.

Den Barthai (Weissen) zu Liebe den Hauptort der alten Parthimi hieher zu verlegen, scheint uns zu gewagt.

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hören nebst dem ihnen auf dem linken Ufer gegenüberliegenden Dorf bezirke von Karma (es pfarrt nach Ko-mani) zu dem Bezirke von Skodra.

Zwei andere, Mnela und Wigu, liegen im Thale des Jadriflusses, östlich von der Welljakette, und ge­hören zu dem Gebiete der Mireditten.

Die sechs andern liegen in den Bergen von Puka und Ibalia und bilden das eigentliche Dukadschin. Das ganze Bisthum untersteht dem Pascha von Skodra und begreift die Verwaltungsbezirke (Mudirlik) von f adrima u n d Dukadschin. Der Mudir des ersteren residirt in Dai'tschi, der des letzteren in Kjutet (wörtlich Stadt, das Puka der Karten), welches zwischen Tscherret und Tschersii (?) liegt. Die Jurisdiction dieses letz­teren von Duschi bis Firza und Vau Spaschit.

Die Bevölkerung von Wigu, Mnela und Gojanni, welche zwischen Tschjaffa, Guri, Premese und Duschi im Gamesikjthal sitzt, untersteht dem Chef der Mireditten.

Die ganze Bevölkerung des Bisthumes lebt von Ackerbau und Viehzucht. Sie ist sehr faul und lässt daher ganze Ebenen unbebaut; sie ist vorzugsweise der Blutrache ergeben, und es ereignen sich daher viele Mordthaten, besonders in den Berggegenden, und die Regierung war noch nicht im Stande, sie an eine gesetz­liche Ordnung zu gewöhnen.

Das Klima ist gemässigt, besonders in der Ebene, so dass bei besserem Anbau jede Art Feld- und Gartenfrüchte, wie Oliven und Weine, gebaut werden könnte.

Das Klima der Bergstriche ist natürlich rauher, doch nicht in bedeutendem Grade, und es gibt nur wenige Dörfer, in welchen die Olive nicht reif wird.

Im Volke herrscht die grösste Unwissenheit; mit Ausnahme der Priester findet sich Niemand, der tür­kisch, albanesisch oder italienisch lesen könnte.

In Sitten und Gebräuchen unterscheiden sie sich nicht von den andern Albanesen. Sie essen und schlafen auf der Erde und wohnen in einstöckigen Häusern, an welchen in der Regel viereckige Thürme angebracht sind; die letzteren sind meistens aus Holz, nicht selten aber aus Stein und Kalk gebaut.

In Qadrima zahlt jeder Verheirathete seinem Pfarrer ein Koschik Mais und sonst nichts. Die Pfarrei von £adein (Don Angelo) bezieht von diesen Zehent genannten (von dem weltlichen Zehent, Spahiluk ge­nannten verschiedenen) Abgaben jährlich 15 Pferdelasten Mais, wozu noch weitere 12 Lasten als Ertrag von den Pfarrgütern kommen; denn fast alle katholische Kirchen von £adrima und Dukadschin haben mehr oder weniger Acker- oder Wiesengründe, einige auch Weinberge.

Flachs wird nicht blos zum Hausbedarf, sondern auch zum Verkaufe gebaut, aber weder Hanf noch Baumwolle; von Hülsenfrüchten nur die Saubohne, welche ein Hauptnahrungsmittel abgibt.

In der meist ebenen ^adrima dürfte ein Reicher etwa 200 Lasten Mais, 60 Lasten Korn, 150 Okka Wolle einherbsten und 300 Okka Käse erzeugen, in dem gebirgigen Dukadschin kaum die Hälfte.

In Dukadschin kann auch der Reiche nicht über 100 Stück Ziegen oder Schafe halten, weil es vorkommt, dass die Berge von November bis April fortwährend mit Eis und Schnee bedeckt sind und auch die Sommer­weide karg ist.

Den Sommer durch fehlt den Armen in Dukadschin und Mireditta häufig der Mais; sie leben dann von ihren Heerden, wilden Birnen und Kräutern; doch sind Hungerjahre selten und eigentlicher Hungertod sehr selten.

In Dukadschin gehen die Kinder auch im Winter völlig nackt, und sind die Erwachsenen gegen die Kälte nach unseren Begriffen nur sehr unvollkommen geschützt.

Der fruchtbarste Bezirk in Dukadschin ist die kleine Ebene von Iballia, von den anderen Strichen ziehen die wenigsten ihren eigenen Bedarf an Mais und müssen das Fehlende in den Nachbarstrichen gegen ihre Heerdenerträgnisse umtauschen.

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S t a n d o r t d e r D i ö c e s e v o n S a p p a i m J a h r e 1865 . Katholiken Muhamm.

Pfarrorte Andere Ortschaften *) Häuser Seelen Häuser

L In fadrima.

1. Ndenschjatti Zurga, K r a ' i n i , Β as c h i l i , S u m m a ' i Q , Scharomani . . , . 101 717 (787) 18 2. H a i m e l l i 60 508 8 3. T r o s c h j a n i . 64 556 20

52 434 — 17 120 —

6. D a i t s c h i 3 2 ) 70 607 6 (8) 55 366 4

8. goisi 49 404 — 9. B a b b a D r a g u s c h i , P a t s c h i r a m , F j e r s i Q ) , S u m m a ϊ . . . . , 50 360 18

10. S k j e s s i Q ) 41 370 14 11. P i s toü 21 127 6 12. M j e t t a Q ) 4 ) 57 383 71 13. Narasi 56 393 3 14. Grüka Gjadri 39 300 —

II. Zum Mireditten-Bairak von Dibri gehörend. 15. Mnella^) 58 500 (520) —

62 441 —

H L In Dukadschin7).

17. Kschira 60 500 30 (18) 18. Ober- u. Unter-Duscbi») 66 416 — 19. Tscheleca D e d a i , Buscbjala, Luruschi, K a b a s c h i Q ) , Dilbinischt,

250 1.689 106 20. Wjerda 34 320 30 (22) 21. Massareku 47 318 — 22. Schialagu 125 843 — 23. Komani 133 813 24. Alsitschia 162 1.000 — 25. Fjerza Groschi, Poravi, Appripa, Milischkau, Arsli, Msiu, I b a i i i a 3?

303 (363) 2.257 20

2032 14.742 354

4. Bisthum von Alessio Auch in der Ebene ist der Mais die Hauptfrucht, und geht viel davon ins Gebirge (Mireditta). Ausser­

dem baut man etwas Gerste und Roggen, dessen Stroh zur Dachdeckung dient. Hafer wird in der Diöcese nicht gebaut, und von Hülsenfrüchten fast nur Saubohnen, die im Gebirge von besonderer Güte sind.

*) Die gesperrten Orte sind auch von Muhammedanern bewohnt; die mit einem Halbmond bezeichneten haben eine Moschee.

2) Sitz des Mudirs von (Jadrima. 3) Sitz des Kadi. 4) Der Pfarrer residirt in £adain. — In Mjetta steht eine wegen ihrer Grösse berühmte Platane. 5) Die Einwohner gehören zum Stamm (Fis) der Spaschi. 6) Gehören zum Miredittenstamme der Katschinari.

7) Die Pfarreien 20. Wjerda, 21. Massareku, 22. Sehjalagu werden nicht zu dem eigentlichen Dukadschin gerechnet und gehören zum Kassa von Skodra.

8) Das Puka unserer Karten, Sitz des Mudirs von Dukadschin. 9) Ihr Stamm (Fis) heisst Dukadschin.

1 0) Die Einwohner sind Mireditten. 1 A) Nach Mittheilungen von Monsgr. Paulo Doddmassei, geboren am 17. Juni 1814 in Skodra, Zögling des Collegium Urbanum

de Propaganda Fide in Rom, wurde 1847 zum Bischof von Puiati ernannt und 1858 auf den bischöflichen Stuhl von Alessio versetzt.

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Kein Dorf lebt ausschliesslich von Viehzucht, dafür sind die Weiden nicht ergiebig genug. Im Gebirge reicht ein Paar Ochsen für mehrere Familien hin, in der Ebene hält der Reiche 2, 3, selbst

4 Paare. Häuser, die im Jahre 100—120 Lasten Mais verzehren, sind nicht selten. In der Ebene erntet ein Reicher 100— 150 Lasten Mais und 20 Weizen. Im Gebirge macht einer selten

mehr als 200 Okka Käse (er hat also etwa 150 Schafe). Man rechnet % Okka Wolle vom Schafe und 1 Okka vom Hammel.

In Bezug auf den Getreidezehnten und dessen Erhebung herrscht in dem Bisthume die grösste Ver­schiedenheit. Die Mireditten zahlen überhaupt weder Zehnten noch sonstige Abgaben. Die Acker der Bewohner von Gruka, Manalia, Trientschi, weichein dem Gebirge liegen, sind zehntfrei, dagegen zahlen sie den Zehnten von den Ackern, welche in der Ebene liegen.

In den längs des vereinten Matflusses gelegenen Dorfbezirken von Pedana und Soi'men ist der Zehnt zu einer festen Abgabe (Kesim, was nicht selten vorkommt), 2 Pferdelasten Mais für jedes arbeitende Ochsen­paar, fixirt.

In Merkinje, Gruka, Manatia, Trientschi und einem Theile der Ebene wird der Zehnt mit dem Getreide­masse abgemessen.

An andern Orten wird er von zwei Sachverständigen, von denen der Zehnpächter den einen, das gesetzpflichtige Dorf den andern stellt, auf dem Halme oder Stengel abgeschätzt; dies geschieht auch mit dem Weinzehnten.

Im ganzen Lande ist das am nördlichen Drinufer gelegene Dorf Kakariki wegen der Güte seines Weizens berühmt; doch ist die Luft der ganzen Ebene, namentlich wegen des ungeheuren Sumpfes des an Kakariki stossenden Dorfes Baldreni Fieber erzeugend, und bleiben grosse Strecken der fruchtbaren Ebene wegen Mangel an Händen unbebaut. In neueren Zeiten haben von den in der Küstenebene zwischen Mat und Drin vom September bis Juni weidenden Skodraner Hochländern, namentlich die Klementer, angefangen, dort Grundeigenthum zu erwerben, besonders am nördlichen Drinufer, Bregu Mati und bei St. Juan di Medua. Sie arbeiten dort bereits mit 170 Ochsenpaaren, welche von Pachtbauern geführt werden.

Die Verwaltungsgrenzen stimmen auf der Westseite des Bisthums durchaus nicht mit den kirchlichen, denn Kalameti, der Bischofssitz, zehntet an den District von Qadrima; Merkinje, Robosta, Gruka an Alessio, und Kakariki und Baldrini am rechten Drinufer an Skodra.

Ausser in Mireditta (s. dieses) wird auch in den übrigen Gebirgsstrichen des Bisthums guter Wein gebaut, d. h. in Welja Knie eece, Bulgjeri, ferner in Kalameti, Merkinje und Robosta.

Auch in dem Kirchenweinberge von Blinischt wächst vortrefflicher Wein. Keiner dieser Weine kommt zur Ausfuhr.

Die Traubenkrankheit dauerte 7 Jahre und vernichtete im Gebirge viele Weinberge gänzlich, besonders verderblich war sie den Spalierreben an den Häusern u. s. w. Seit 2 Jahren hat die Krankheit bedeutend abgenommen. Vor der Krankheit erntete Kalameti durchschnittlich 1000 Pferdelasten Trauben.

Der Boden von Merkinje, Kalameti, Robosta und Gruka eignet sich vorzüglich zur Olzucht; man kann in Kalameti nicht selten junge fünfjährige Ölbäume über und über mit Früchten bedeckt sehen. In guten Jahren macht dieser Ort 2—3000 Okka Ol, das in Skodra sehr gesucht ist.

In den genannten Orten und in Kakariki wird viel Flachs geringer Qualität gebaut. Manche Häuser verkaufen in guten Jahren 7 — 8 Pferdelasten Leinsamen. Hanf und Baumwolle werden im ganzen Bisthum nicht gebaut. Tabak wird überall zum Hausverbrauch gebaut; doch baute man früher auch, namentlich in der Ebene, viel zum Verkauf; die grosse Erhöhung der Tabaksteuer hat jedoch dessen Anbau bedeutend verringert.

In der ganzen Diöcese soll sich schwerlich ein Haus finden, dem ein jährlicher Barüberschuss von 10.000 Piastern aus dem Verkaufe aller seiner Erzeugnisse bliebe; denn in den Gebirgen herrscht eine sehr grosse Gastfreundschaft, dass die Reichen alle ihre Erzeugnisse selbst verzehren, so dass sie aus denselben kaum 2000 — 3000 Piaster bares Geld erlösen können, und in der Ebene beträgt allein die Geldsteuer eines wohlhabenden Hauses an 2000 Piaster.

Man isst dreimal des Tages, Morgens, Mittags und Abends. Man isst weder wilde noch zahme Kräuter (?). Die Hauptnahrung sind Mais und Milchspeisen, Fleisch wird nur an hohen Festtagen und bei feierlichen Ge­legenheiten gegessen, wo dann die Reichen auch Rinder schlachten. Auch essen die grossen Häuser (zu 30,

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40, 50 Köpfen) im Durchschnitt weniger Fleisch als die mittleren, weil sie zu grosse Massen brauchen. Bei starker Feldarbeit und strenger Kälte isst man wobl auch Schweinefleisch ohne besondere Veranlassung.

Die mehrere Jahre hindurch herrschende Rinderpest richtete namentlich in der Ebene grosse Verhee­rungen an. Mireditta und mehrere an die Ebene grenzende Gebirgsdörfer blieben verschont davon; andere Gebirgsstriche wurden um so härter mitgenommen.

Zu den verschonten gehörte Kalamet, welches noch 500 Stück besitzt. Vor der Pest rechnete man zwischen Drin und Mat 4000 Stück Rindvieh (sehr wenig). Die Zahl der in der ganzen Diöcese weidenden Schafe und Ziegen wird nur auf 20.000 Stück geschätzt. — In der Ebene zahlt man Viehsteuer (Tscheless).

V e r z e i c h n i s s d e r P f a r r e i e n i n d e r D i ö c e s e v o n A l e s s i o .

Pfarreien Familien Seelen

I. In M i r e d i t t a .

913 327

. . 240 3.000 1.150 4.200 1.380

944 650 792 698 442

. . 52 423

Summa. , . . 1534 14.919 i)

Pfarreien Familien Seelen

II. In S ö t t e K r u t a 2 ) .

672 577 800 450 226 294

7. Kakariki . 208 900

. , 87 785 80

Summa . . . 563 4.994 3) 1534 14.919

2097 19.913 4)

5. Mireditta. Die reichsten Striche des Bezirkes liegen in dem Bairak von Dibri. Der bei weitem grösste Theil von

Mireditta zieht jedoch seinen Bedarf an Mais nicht und tauscht das Fehlende durch Heerden- und Wald­erträgnisse ein. Weizen wird wenig und nur für Festtagsbrote gebaut.

Mit Ausnahme der Bezirke von Gross-Fandi und Tschiaffa Malit, deren Klima zu rauh ist, treibt man im ganzen Mireditta und den südlich anstossenden katholischen Pfarreien der Matja starken Weinbau, doch nur für den inneren Verbrauch, und kommt kein miredittischer Wein zur Ausfuhr. Die besten Weine sind die von Orosch, Spasch und Gojanni.

Um für wohlhabend zu gelten, muss ein Mireditte gegen 500 Ziegen oder Schafe haben; wer 1000 Stück besitzt, gehört zu den Reichen; doch hat auch der Reichste nicht über 1500 Stück.

Eine Familie von fünf Köpfen braucht wenigstens 200 Ziegen, um ausschliesslich von der Viehzucht zu leben, doch kommt das nirgends vor. Die Mireditten überwintern ihre Heerden auf ihrem Gebiete. Fehljahre sind sehr selten, weil die meisten Striche sehr quellenreich sind.

Hungertod ist unerhört. Man führt im Gebirge ein völlig patriarchalisches Leben; es gibt dort Familien von 50 und mehr Köpfen,

welche nur Salz und Eisen5) aus der Stadt kaufen, und nur dann von den Bergen herunterkommen. Jeder

J) Ergibt fast 10 Seelen auf die Familie. In ganz Mireditta leben nur Katholiken. 2) Verwaltungsbezirk des Mudir von Alessio. 3) Ergibt fast 9 Seelen auf die Familie.

4) Alban. Studien I, S. 19 geben bereits für das Jahr 1850 die katholische Bevölkerung des Bisthums in runder Summe auf 19.000 Seelen an.

5) Ilias XXIII, 832 und folgende: Wer von den Kämpfern diesen Eisenblock gewinnt und weit abgelegene Güter besitzt (et οι και μάλα πολλόν άποπρο^ι ττίονες άηροί), dessen Pfluger und Hirte braucht wohl an fünf Jahre nicht in die Stadt zu gehen, weil Eisen fehlt.

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sucht sich und die Seinigen zu nähren, so gut er kann, und hilft, wenn er etwas übrig hat, den Nachbarn aus. Sich durch Arbeit zu bereichern, daran denkt Niemand — wohl aber durch Raub, im Gegensatze zu den Culturvölkern.

Die reichste Pfarrei in Mireditta ist die von Kaliwaria; ihr Einkommen aus den Abgaben der Pfarrkinder, welches man Zehnt nennt, obwohl die Gaben fixirt sind, beträgt 60 Pferdelasten Mais, 2640 Okka Wein, 240 Okka Fleisch, 120 Okka Käse. Jedes Haus, gleichviel ob gross oder klein, gibt einen Koschik Mais, 10 Okka Wein, y 2 Okka Käse (wenn es Schafe oder Ziegen hält) und ein Okka Fleisch.

Auch die Pfarrer von Fanti und Kastanjeti haben gute, alle übrigen nur ärmliche Einnahmen. Fleisch wird nur an Festtagen, in den Zeiten harter Feldarbeit und im strengen Winter gegessen. Im

Winter isst man zweimal, im Sommer dreimal, etwa zwei Stunden vor Mittag und nach Sonnenuntergang; Abends wird stets warm gegessen. Zur Fastenzeit isst man mit Salz gekochte Saubohnen, Weisskohl, Kräuter, Zwiebeln, Nüsse und Kastanien, sonst meist Milchspeisen.

Gewöhnlich verrichtet jedes Haus seine ganze Arbeit für sich und spricht nur ausnahmsweise die Bei­hilfe von Verwandten und Nachbarn an, die unentgeltlich geleistet wird. Taglohn für Frauen und Mädchen ist unbekannt. Letztere dienen nie und die jungen Männer höchst selten.

Viele haben Steinhäuser, die meisten Holzhäuser, die Ärmsten strohbedeckte Hütten aus Flechtwerk. Sie sind über das ganze Land zerstreut und stehen meist weit von einander ab, daher kommen hier die Frauen weit seltener zu einander als anderwärts.

In Mireditta sollen sich grosse Kohlenlager finden (vermuthlich Braunkohlen), aber die Einwohner ver­schweigen ihre Standorte aus Furcht vor Behelligungen von Seiten der Regierung.

In dem Bezirke von Kaliwaria wächst eine ungeheuere Fichte, welche Arneri1) genannt wird; man zer­sägt sie mit der Hand zu 5—6 Spannen breiten Bretern, verarbeitet sie zu Truhen und führt diese aus.

Harz und Pech, auch Pottasche wird bis nach Skopia ausgeführt 2). Mireditta liefert vorzugsweise Sko-dra's Bedarf an Holzkohlen.

Ein Hauptausfuhrartikel sind endlich Schafe und Ziegen, deren Fleisch (besonders das von Fandi) seines grossen Wohlgeschmackes wegen bekannt ist.

Früher zogen die Mireditten aus dem Handel mit Seesalz beträchtlichen Gewinn. Sie kauften es an der Seeküste, führten es in die Metoja (Ebene von Prisrend) und vertauschten es gegen Mais, welcher dort durch­schnittlich um y 8 niedriger im Preise steht als in den Küstenlanden.

Seit aber der Preis des Salzes auf zwei Piaster per Okka gestiegen, hat dieser Handel sehr abgenommen, weil man nun dem Vieh kein Salz mehr gibt3).

6. D a s B i s t h u m v o n Pu la t i 4 ) .

Das Bisthum zählt 9 Pfarreien.

1. Dschioanni, bischöfliche Residenz, mit der Ortschaft Summa 2. Kiri . 3. Planti 4. Schjalla 5. Schjoechi (Zweig von Mireditta)

Fürtrag .

*) Vielleicht die auf dem Kandili in Euboea und mehreren andern hohen Gebirgen Griechenlands vorkommende Moschus­richte (Μουσχβ'λαΓο), welche sich auch einzelnstehend so stark abästeit, dass nur ein unseren Kirchweihbäumen ähnlicher Busch stehen bleibt; trotz ihrer ungemeinen Schlankheit ist sie zu Masten wenig beliebt, weil das Holz zu schwer und spröde ist.

-) Über die Summachausfuhr s. Alban. Studien I, S. 109. 3) Hecquart, Histoire et description de la Haute Albanie S. 221 und 222, enthält interessante Angaben über eine miredittische

Auswanderung. Diese, so wie die oben besprochenen Ansiedelungen der Klementer bei Alessio bestätigen die beiden Stammessagen der Skodraner Bergstämme in den Alban. Studien und die auf meiner Reise von Beigrad nach Salonik S. 35 gemachte Bemerkung über das allmälige Voisohreiten des albanesischen Elementes.

4) Von Monsgr. B. Berischia, Bischof von Pulati, geboren in Topezzo bei Prisrend am 28. Juni 1820, erzogen in dem Collegium der Propaganda in Rom. Pfarrer in Janjewo bei Pristina, 1865 zum Bischof von Pulati konsecrirt. Denkschriften der phüos.-hiator. CI. XVI. Bd. Abhandl. von Nichtmitgliedern. t

Katholische

Häuser Seelen Muhämm. Häuser

45 Ί ο Γ ~3(Γ 84 577 —

177 1.046 — 359 3.005 — 183 1.292 — 848 6.224

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Katholische

Häuser Seelen Muhamm. Haus er

Übertrag . . . 848" £ 2 2 4 381 —

1.176 — 1.649 —

— 7 — —

1554 12.196 4)

Jede Pfarrei hat ihr eigenes Bairak. Mit Ausnahme von Dschjoanni besteht in allen andern Pfarreien ein Hospitz der reformirten Minoriten von San Francesco, welche die Seelsorge versehen.

7. Erzbisthum von Skopia2). Bis zum J . 1680 war Skopia der Sitz des Erzbisthums; in diesem Jahre wurde dasselbe aber von den

Muhammedanern vernichtet, alle katholischen Geistlichen vertrieben, die Kirchen in Moscheen verwandelt und die Kirchengüter eingezogen. Der damalige Erzbischof flüchtete sich nach Jannjewo bei Pristina, und dieser versteckte Gebirgsort blieb die Residenz der Erzbischofe, bis endlich Monsgr. Matteo Grasnitsch im Jahre 1821 seinen Sitz nach Prisrend in Albanien verlegte.

Das ganze Erzbisthum begreift nur 6 mehr oder weniger von einander abliegende Pfarreien, von denen drei in den Städten Prisrend, Jakowa und Ipek, drei in den Dörfern Zumbi, Jannjewo und Tschernagora ihren Sitz haben, und von 6 eingebornen Weltgeistlichen und 5 Ordensbrüdern der Riformati Minori besorgt werden; letztere machen auch periodische Reisen bis Nisch, Kruschewo, Wuschintro und Skopia, um die sich an jenen Orten vorübergehend aufhaltenden Katholiken mit geistigem Tröste zu versehen.

Weit unter der gemeinen, um das Dreifache übertriebenen Schätzung wurde dem Verfasser auf seiner Reise von Belgrad nach Salonik3) im Jahre 1858 von Monsgr. Berisich die Zahl der in diesem Erzbisthum lebenden Kryptokatholiken nur auf etwa 3000 angegeben. Monsgr. Bucciarelli schätzt sie nur auf 2500 Seelen.

Die Zahl der in diesem Bisthum sich offen zum Katholicismus Bekennenden wird im Jahre 1850 in den Alban. Studien I, S. 19 auf 6.500 angegeben.

8. Erzbisthum von Durazzo4). Das Erzbisthum begreift 19 Pfarreien, von welchen die 17 ersten ein zusammenhängendes Ganze bilden. 1. Luria, 2. Seiita epere, 3. Perlata'i, 4. Kesella, 5. Biskasio, 6. Basia, 7. Skurai, 8. Kurbino, 9. Milotti,

10. Delbinischte, 11. Sebasti, 12. Heja, 13. Derwenni, 14. Mortechina, 15. Bisa, 16. Juba, 17. Tiranna, 18. Durazzo, 19. Prewesa.

Von diesen Pfarreien werden 6 von den Gliedern der macedonischen Mission der Minori riformati di S. Francesco, deren Prefetto Apostolico zugleich Pfarrer von Luria ist, und 13 von eingebornen Weltgeist­lichen verwaltet.

Sie begreifen zusammen 786 katholische Familien mit 8.909 Seelen5). Zur Ergänzung unserer bereits in den beiden vorhergehenden Abtheilungen dieses Werkes enthaltenen

Berichte über dies Erzbisthum bemerken wir noch Folgendes: Die namentlich in den Bergstrichen des Erzbisthums nicht selten vorkommende Miethe eines Joches

Ochsen beträgt für die ganze Acker- und Saatzeit 4—6 Schenik, also 200—300 Okka von der Ernte. Man pflügt meist mit eigener Zucht, und es werden nur wenig Pflugochsen von Monastir eingeführt.

*) Fast acht Seelen auf das Haus. 2) Nach Mittheilungen von Monsgr. J . Dario Bucciarelli, Erzbischof von Skopia, in Castelpiano im Römischen geboren,

trat als Jüngling in den Orden des heil. Franciscus von Assisi, diente 9 Jahre lang als Missionär in den albanesisehen Missionen, wurde 1860 Bischof von Pulati und 1864 Erzbischof von Skopia.

3) S. 83 seines Reiseberichtes finden sich nähere Angaben über diese Kryptokatholiken. 4) Nachträge zu den bereits in Abtheilung I, Abschnitt Delbinischt, und Abtheilung II, Abschnitt Luria, Seiita, Perlata'i,

Schkela, Biskasi und Kurbino enthaltenen Mittheilungen von Monsgr. Rafaele d'Ambrosio, geboren in Grotte Amare, im Königreiche Neapel, tritt in den Orden der reformirten Minoriten von St. Francesco.

5) Es kämen sonach l l l /3 Seelen auf die Familie.

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Fleisch isst der Reiche im Gebirge etwa zehnmal im Monat, der Arme etwa zwanzigmal im Jahre. Die Hauptmahlzeit fällt auf den Abend, wo warm gegessen wird, die gewöhnlichen Speisen sind: Polenta,

Bohnen, Milch, Kohl, Zwiebeln, Brennesseln und andere wilde Kräuter, je nach der Jahreszeit. Man schmelzt mit Fett und erleuchtet mit Kien.

Gänzliche Fehljahre, Hungersnoth und Hungertod sind unerhört.

Unsere bisherigen Studien über die katholische Kirche in Albanien führten ungefähr zu folgenden Ergehnissen:

Die factische Südgrenze der katholischen Bevölkerung wird durch die südliche Grenzlinie der folgenden aneinander stossenden Pfarreien gebildet: Luria, Seiita, Perlatai, Biskasi, Basia, Kurbino, Heja, Derweni, Mortekina und Juba an der Mündung des Ar^enflusses in das Meer. Sie ist auf dieser ganzen Grenzlinie mit Muhammedanern gemischt und wird durch eine aussschliesslich mit Muhammedanern bevölkerten Strich von der griechisch-katholischen Bevölkerung im Süden des Landes geschieden.

Ausschliesslich von Katholiken bewohnt sind nur die 5 Bairak der Mireditten. In dem nördlich an sie stossenden Dukadschin beträgt die muhammedanische Bevölkerung nur etwa ein Siebentheil der katholischen. Auch in allen übrigen Theilen der Erzbisthümer von Antivari und Durazzo leben die Katholiken mehr oder minder mit Muhammedanern untermischt.

Mit Ausnahme der dem Erzbisthume von Antivari unmittelbar untergebenen Diöcese, in der slavisch gesprochen wird, fällt im Norden die sprachliche Grenze im grossen Ganzen mit der kirchlichen zusammen; hier grenzen jedoch weit mehr griechisch-gläubige als muhammedanische Slaven mit katholischen Albanesen zusammen.

Im Erzbisthume Skopia bildet das katholische Element nur schwache, weit von einander getrennte Enclaven in einer muhammedanischen und griechisch-katholischen albanesisch-serbischen Bevölkerungsmasse.

Im Bereiche der hier vorliegenden Geschichtsquellen müssen wir das jetzt griechisch-gläubige Dioklea im Moratschagebiete und die dem Erzbisthum von Antivari unmittelbar untergebene Diöcese, also slavische Sprachgebiete, für die Ursitze der katholischen Kirche anerkennen.

Von der Mitte des 13. bis über die Mitte des 14. Jahrhunderts erhält sie bedeutenden Zuwachs; denn Albanien im engeren Sinne, Pulati und die Matja, und die Geschlechter der Kuschnari, Matterangi, Balschen u. s. w. kehren in ihren Schooss zurück, und da das Dynastengeschlecht der Musaki im Jahre 1318 katholisch ist, so kann man beim Beginne der türkischen Eroberung Nord- und Mittelalbanien bis gegen die Wojussa hin, mit Ausnahme der von Slaven bewohnten südöstlichen Landestheile von Diwra und Ochrida, im Ganzen wohl als katholisch betrachten. Vom Standpunkte des Glaubens angesehen, war also der Kampf unter Skanderbeg ein Kampf der katholischen Kirche gegen den Islam.

Seit der türkischen Eroberung ging das ganze Mittelland an den Islam verloren. Diese Verluste sind zum Theile sehr jung, denn die östlich von Elbassan gelegenen Bergstriche, Arianites' Heimat, gingen erst während der französischen Revolution zum Islam über 1 ) .

9. Volkswirthschaftliche Bemerkungen über den Bezirk von Awlona2). Der reichste Strich dieses Bezirkes ist die Umgegend der Stadt, deren meiste Dörfer neben Viehzucht

und Ackerbau auch Wein-, Ol- und Knoppernbau treiben. Um in dem Bezirke für reich zu gelten, muss einer etwa 10—20 Maulthiere, 300—400 Stück Rindvieh

und 50—70 Stuten (halb wild im Gebirge und auf den grossen Küstenweiden), 2000—3000 Stück Ziegen oder Schafe (in Waldgegenden mehr Ziegen als Schafe) und entsprechendes Grundeigenthum haben. Aus­schliesslich von Viehzucht lebt hier nur ein kleiner Theil der walachischen Bevölkerung.

Von den reichsten Gutsbesitzern zieht Karaman Pascha/von Berat 120.000 Piaster aus dem Körnerertrag seiner Güter, Selim Bey von Awlona/an 60.000 Piastern. Mehrere Agas in Awlona lösen durchschnittlich

J) Alban. Studien I, S. 81 und 82. 2) Nach Angaben des Herrn Dr. Auerbach, grossherrlichen Quarantäne-Arztes in Awlona.

t*

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50—60.000 Piaster im Jahre aue ihrem Öle. Das Gesammt-Grundeinkommen Ismael Bey Rsulli's, des Mufti von Berat, wird auf 200.000 Piaster, des Karaman Pascha auf 350.000, das des Selim Bey von Awlona auf 200.000 Piaster geschätzt.

Der jährliche Verbrauch eines reichen albanesischen Hauses von 10 Seelen auf dem Lande wurde an­gegeben:

Weizenbrod 2000 Okka, Butter 80, Käse 100, Fleisch 300; Caffee, Zucker und Öl nach Umständen. Etwa alle 7—8 Jahre kommen hier wahre Hungerjahre vor, welche durch Fehlernten des Maises aus

Mangel an Regen verursacht werden. Wenn der Ki^sd Mais 60 Piaster kostet, tritt Nahrungsmangel, wenn er über 90 kostet, Hungersnoth ein, wo dann in den Bezirken von Malakastro wilde, mit Salz gekochte Kräuter die Hauptnahrung bilden, der Hungertyphus auftritt und es selbst zum Hungertode kommt. In Awlona reichen die Heerden stets hin, um das Verhungern zu verhindern.

Die Pflugochsen der Ebene werden hauptsächlich aus der Walachei eingeführt und mit diesen auch die Rinderpest eingeschleppt, welche in Albanien nicht epidemisch ist. Nach der Landesmeinung ist ein von einem walachischen Stiere und einer einheimischen Kuh fallendes Rind für die Mutter zu gross und tödtet es bei der Geburt. Die Zucht eines walachischen Paares wird in der dritten Generation dem einheimischen Schlage vollkommen gleich. In den Gebirgsstrichen pflügt man mit einheimischen Ochsen.

Das Fleisch der Schafe, Hühner und Truthühner gehört in Awlona und Berat fast zur täglichen Kost. Auf dem Lande wird ohne bestimmte Veranlassung nie Fleisch gegessen; da aber Besuche, Feste und Fami-. lienschmäuse sehr häufig vorkommen, so kann man annehmen, dass der Reiche im Durchschnitte zweimal wöchentlich Fleisch isst.

Man isst dreimal des Tages: Morgens, Mittags und Abends; die Hauptmahlzeit ist Mittags. Bei dieser wird warm gegessen und das Maisbrot entweder frisch gebacken oder aufgewärmt. Man rechnet zur Mittags­mahlzeit der Mittelclasse auf die Person 300 Dramm Maisbrot, 40 Dramm Käse, 60—70 Dramm Zuspeise, namentlich Lauch, Zwiebeln u. s. w., und darauf ein Tässchen Caffee. Im Gebirge werden mehr wilde Kräu­ter, Sauermilch und frischer Käse gegessen als in der Ebene.

Man schmalzt mit Butter oder Ol, niemals mit Thierfett. Die reiche und mittlere Classe brennt Ol, die ärmere Kien.

Hanf wird gleich wie im ganzen übrigen Albanien nicht gebaut, seine Stelle vertritt der Ginster. Flachs, schlechter Qualität, und Baumwolle wird nur zum Hausbedarfe gebaut, wenigstens ist bis jetzt davon noch nichts zur Ausfuhr gekommen.

Tabak baut fast Jedermann zum Hausbedarf, aber es ist davon in Awlona bis jetzt nichts zur Ausfuhr gekommen.

Truthühner werden jetzt bedeutend mehr im Lande verzehrt, obwohl sich ihr Preis fast verdreifacht hat und daher ihre Ausfuhr abgenommen. Diese Thatsache dürfte für den steigenden Wohlstand des Landes sprechen.

Die früher bedeutende Ausfuhr von Blutigeln ist fast auf Null herabgesunken, theils weil die früheren Fundorte erschöpft sind, theils weil die jetzigen Angebote des Auslandes, 15 Piaster für die Okka (6—800 Stück), deren Fischerei nicht lohnen.

10. Preisliste. Dr. Auerbach hat mit der folgenden Preisliste der Haupterzeugnisse von Awlona eine sehr schätzbare

Vergleichung ihrer Preise vor 20 Jahren verbunden. Wir fügen denselben einige Bemerkungen aus andern Landstrichen bei.

A w l o n a . 1865 1845

P i a s t e r

Mais das Κίβέ 40 22 Hauptnahrung in ganz Albanien. Jetziger allgemeiner Mittel­preis 1 Okka = 1 Piaster.

Weizen „ „ 45—50 30—34 Gerste „ , 25—30 12—15 Hafer „ „ 18—22 8—10 Nur sehr wenig, meist gar nicht gebaut. Bohnen „ „ 40 50 20 25 Haupthülsenfrucht des Landes, ausserdem nur sehr wenig, meist

keine andern Hülsenfrüchte.

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1865 1845 P i a s t e r

Linsen die Okka V/2 1

Butter » » 9—12 6—8 Käse η η 4 2 ! / 2 Erzbisthum Durazzo 5 P., Antivari 7 P., Alessio 5 P. Eier das Stück y 6 i/ 1 0—1/ 8

Schöpsenfleisch die Okka 4 IV2— 2

Salz „ „ 1 y 6

Tabak „ „ 18—20 5—6 Wolle (ungewaschene) . . . . „ „ 6—7 2l/2—-'d1/2 Antivari 8 P., Alessio 8—10 P. Ziegenhaare durchschnittlich

10 P. Wallonea „ „ 1 1 Mutterschaf das Stück 50*) — Erzbisthum Durazzo 45 P., mit Lamm 60 P., Antivari 40 P.,

früher 15 P. Mutterziege „ „ 30 —

Dr. Auerbach findet die Ursache dieser ungemeinen Preissteigerung in folgenden Thatsachen: 1. Die Erhöhung der Besteuerung, 2. die Monopolisirung von Salz und Tabak, 3. die grosse Steigerung der Aus­fuhr; Hafer, Gerste, Roggen wurden vor 20 Jahren noch gar nicht ausgeführt. Diese Steigerung ist besonders in der Ausfuhr nach Italien seit den letzten 10 Jahren bemerklich; früher wurden dahin Schafe, Ziegen, Pferde, Esel, Brennholz, Linsen gar nicht ausgeführt, und die italienische Ausfuhr von Wolle, Felle und Cerealien ist in fortwährendem Steigen2).

Doch dürfte wohl auch der Krimmkrieg, mit welchem ein neuer Zeitabschnitt für die Volkswirthschaft der ganzen Halbinsel beginnt, auch grossen Einfluss auf den albanesischen Preiscurant gehabt haben.

In Awlona beträgt der Taglohn eines Mannes bei der Ernte und Weinlese 4—6 Piasteiy und 1 Okka^ Maisbrot. Bei der Olernte erhält der Arbeiter entweder den Naturlohn in % bis y s der gesammelten Oliven nach Abzug des Zehnten oder in Geld. Bei Miethen für die ganze Olcampagne erhalten Frauen und Kinder 2—3 Piaster, Männer 3—4 Piaster und 1 Okka Maisbrot per Kopf für jeden Tag, und am Ende der Mann 15 Okka O l , Frauen und Kinder die Hälfte per Kopf. Der Taglohn beim Bebauen der Ölbäume beträgt 3 Piaster und 1 Okka Maisbrot per Mann.

In der Küstenebene, südlich von Mat, beträgt der Taglohn in der Heuernte 6—8 Piaster, zur Hack- und Pflanzzeit 6 Piaster, im übrigen Jahre 3 Piaster. Die Frauen gehen selten auf Taglohn und erhalten die Hälfte, die Mädchen gehen sehr selten in Dienst.

Im übrigen Albanien lässt sich 5 Piaster per Tag ohne Brot als der Durchschnittstaglohn annehmen. Der Jahreslohn eines Arbeitsknechtes schwankt in Albanien zwischen 4—500 Piastern in Geld3), ferner

das zur Fussbekleidung nöthige Leder (cpinge, opange), eine rothe Wollkappe, ein Anzug oder statt dessen auch nur 12 Okka Schafwolle.

11. Getreidemasse. 1. In der Küstenebene von Skodra bis Tiranna in Dukadschin und Mireditta. Die in den Angaben aus den einzelnen Bezirken herrschende krause Verwirrung lässt sich bei näherer

Untersuchung auf eine so ziemlich gleichmässige Gliederung zurückführen. Das grösste räumliche Getreidemass ist die Barra, das albanesische Gemeinwort für Last, insbesondere

Pferdeladung. Dieses Mass wird aber in verschiedenen Bezirken, besonders an der Küste, auch Hü genannt. In dem Bisthume von Alessio wiegt die Barra guten Maises 100 Okka und die guten Weizens 80 Okka.

Ihre Unterabtheilungen spalten sich in Hälften. Die folgende volle Zweitheilung stammt aus Delbinischt, Sitz des katholischen Erzbischofs von Durazzo; nach dieser müssen streng genommen die einzelnen Unter­abtheilungen wiegen, wie folgt:

*) Der durchschnittliche Jahresertrag eines Schafes wird ausser dem Lamm zu 1 Okka Butter, i y 2 Okka Käse und 3 / 4 Okka Wolle berechnet.

*) Dasselbe hörten wir in Durazzo, ζ. B. Felle gehen nicht mehr wie früher nach Triest, sondern seit zwei Jahren (1863) eämmtlich nach der Pulja. Über den Handel von Awlona s. Alban. Studien I, S. 61.

3) In Alessio gibt es Knechte, die sogar 900 Piaster bekommen. In den meisten Fällen ist dort der Lohn auf Maislasten reducirt, die entweder in natura gegeben oder nach dem Tagpreise abgelöst werden.

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Mais Weizen

1 Barra = 2 Schenik 1 Schenik = 00 Okka 40 Okka 1 Schenik = 2 Koschik 1 Koschik = 25 „ 20 „ 1 Koschik = 2 Kjasso 1 Kjasse 1) = 12y 2 » 10 „ 1 Kjasse" = 2 Babune 1 Babune = 6y 4 „ 5 „

In Delbinischt rechnet man aber (ohne Angabe der Fruchtgattung) die Babuna gemeinhin zu 5 Okka, in Alessio zu 6 und in Mireditta zu 6% Okka.

In Dukadschin, wo sehr wenig Weizen, sondern fast nur Mais gebaut wird, heisst das höchste Getreide­maas Kawitze oder Rupi und wiegt 80 Okka. Dies zerfällt in 4 Koschik zu 20 Okka und das Koschik in 4 Babune. Der Name Kjasse scheint dort unbekannt, denn das im Verkehre gebräuchlichste Mass zu 10 Okka wird halbes Koschik, gjümes Koschik, genannt.

2. In Awlona rechnet die Mauth nach Kilo zu 20 Okka. Das dort übliche grössere Getreidemass heisst Kesse und hat 2y 2 Kile, also 50 Okka. Das Kessd von Berat2) hat 2 Kild und einen kleinen Uberschuss.

Das Kessd zerfällt in 8 Karokj. 3. In Elbassan ist das grösste Getreidemass das Schenik und wiegt 100 Okka Weizen; es zerfällt in

4 Tscherek, d. h. Viertel zu 25 Okka und das Tscherek in 4 Dume zu 50 Okka Weizen. Das Schenik entspricht mithin beiläufig der Barre, das Tscherek dem Koschik und das Dume der Babuna in Nr. 1. Doch ist das Gewicht etwa um 20 Procent schwerer.

4. In Dschordscha wiegt das grösste Getreidemass, Qikj, 120 Okka und zerfällt in 2 Kjild zu 60 Okka. 5. In dem von Slaven bewohnten Bezirke Antivari heisst das im Verkehr gebräuchliche Getreidemass

Bagasch und wiegt 13 Okka zu 400 Dramm.

12. Gewichtmasse. Wie in der ganzen Levante, so bildet auch in Albanien die Okka die Gewichtseinheit; wie es aber noch

jetzt in Deutschland Orte gibt, in denen ein leichtes und ein schweres Gewicht gebräuchlich, so wiegt man an vielen Plätzen in Albanien nach dreierlei Gewichten, ζ. B. in Elbassan, wo die leichte Okka 350, die mittlere 400 und die schwere 500 Dramm hat.

Die in Antivari gebräuchliche Okka zu 400 Dramm ist schwerer als die von Skodra, denn 100 öster­reichische Pfunde wiegen in Antivari 371/2 Okka, in Skodra aber 40 Pfund; die Skodraner Okka wiegt dem­nach in Antivari nur 375 Dramm. Dagegen werden in Antivari die Colonialwaaren ausnahmsweise nicht mit der einheimischen, sondern mit der Stambuler Okka gewogen, die noch leichter ist als die Skodraner.

D R I T T E R ABSCHNITT .

Beiträge zu den Rechtsbräuchen der Mireditten3).

Fami l i enrecht und v ä t e r l i c h e Gewalt . Wo die Familie für die Blutrache ihrer Glieder zu sorgen hat, muss sie auf den möglichsten Zusammenhalt ihrer Kräfte bedacht sein. Der Albanese trennt sich daher in der Regel nie vom Vaterhause und gehorcht seinem Vater so lange dieser lebt, und nach dessen

*) Oder auch Gjümes Koschik genannt. 2) Nach Alban. Studien II, S. 115 wiegt das Κ)'β88έ von Berat 30 Okka Weizen. Die obige Abgabe dürfte daher nach

Maisgewicht berechnet sein. — In Premeti wiegt aber das Kjasse* 45 — 50 Weizen, muss also ein weit grösseres Raum-mass sein.

3) Der Verfasser verdankt die Beantwortung seiner betreffenden Fragen dem miredittischen Pfarrer von Kaievaria, Don Mel-guschi, und der aufopfernden Unterstützung der Herren von Strautz und Webenau, Attacho's der k. k. Internuntiatur in Conetantinopel. Diese Notizen bilden einen Anhang zu den in den Alban. Studien I, S. 173 u. folg. gesammelten Rechts­bräuchen der Skodraner Gebirgsstämme.

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Tode seinem ältesten Bruder oder, wenn dieser zum Hausregimente unfähig sein sollte, dem hiezu Befähigtesten der Brüder. Theilung der Kinder in die väterliche Habe bei Lebzeiten des Vaters, Setzen auf den Altentheil, freiwillige Abtretung des Hausregiments von Seiten des Vaters an einen Sohn sind unerhört; wird der Vater unfähig, so übernimmt der älteste Sohn die Leitung des Hauses als dessen Stellvertreter.

Don Melguschi's Vaterhaus umfasst über 60 männliche Mitglieder. In Dibri zählt ein Haus deren 100. Nach der im vorigen Abschnitte gegebenen Liste von ganz Mireditta kommen gleichwohl nur durchschnitt­lich nicht volle 10 Seelen auf das Haus.

Trennung mehrerer Brüder nach dem Tode des Vaters ist sehr selten, noch seltener Ausstossung ein­zelner Söhne durch den Vater, wegen wiederholter schwerer Beleidigungen, doch auch in diesem Falle kehrt der Sohn in der Regel reuig ins Vaterhaus zurück.

Eine Verführte stirbt in der Regel durch die Hand des Vaters oder der Brüder. Doch hat das Volk einen solchen Abscheu vor ausserehlichen Verhältnissen, dass die Verführte der Lynch-Justiz verfällt, selbst wenn die Ihrigen Gnade üben wollten. Man kennt Fälle , in denen die Verführte gesteinigt, und andere, in denen sie sogar verbrannt wurde. Der Verführer verfallt der Blutrache der Verwandten der Verführten; und wenn diese vollzogen wird, so gibt dies nach der gemeinen Meinung den Seinen kein Recht, Blutrache für ihn zu nehmen.

Andere Fäl le , in denen der Vater sein Kind getödtet hätte, sind dem Berichterstatter nicht bekannt; aber wenn es geschähe, so könnte Niemand dem Vater etwas anhaben, weil er in seinem Rechte han­deln würde.

Aussetzung Neugeborener kommt nie vor, ebenso wenig Misshandlungen altersschwacher Eltern. In manchen Familien sind die jüngeren Glieder gehalten, dem Hausvater die Hand zu küssen, in seiner

Gegenwart aufzustehen; doch ist diese Sitte nicht allgemein. Aber dem Priester muss von Allen die Hand geküsst werden, und bei seinem Eintritte erheben sich alle Anwesenden. Der Geistliche tritt durch die Weihe aus dem Vaterhaus; er erhält häufig aus demselben den auf ihn fallenden Theil der Einkünfte, doch besteht hiezu keine rechtliche Verpflichtung.

Die Männer essen gemeinsam, die Frauen warten auf und essen später zusammen. Ehe. Die jungen Männer werden vom 18. Jahre an von ihren Vätern verheirathet. Das Verlöbniss

gilt als abgeschlossen, wenn das Kaufgeld für die Braut festgestellt ist, welches bei Begüterten bis zu 4000 Piaster (etwa 400 Gulden) steigen kann, und wenn die Mutter der Braut von dem Vater des Bräutigams einen in ein Schnupftuch gebundenen Ring angenommen hat. Weitere Geschenke sind nicht obligatorisch, und die Braut erhält nichts.

Die Oroschi, Kuschneni und Spaschi können nie unter einander heirathen, sondern müssen sich ihre Frauen von den Dibri und Fandi holen.

Die beiden letzteren Stämme können auch unter sich heirathen. Die Heirathen werden immer an den Festtagen der Heiligen geschlossen, welchen jeder der fünf

Stämme als Schutzpatron verehrt, also für die Oroschi an St. Alexander, die Dibri an St. Michael, die Fandi an St. Marcus, die Kuschneni an St. Stephan den Märtyrer und die Spaschi an St. Nicolaus.

An dem Donnerstag, welcher dem Festtage vorangeht, versammeln sich alle Freunde der Familie des Bräutigams im Hause seines Vaters, sie zählen nicht selten nach hunderten, und verweilen dort schmausend und zechend bis zum nächsten Montage. Am Sonnabend holen 12 vom Bräutigam gewählte junge Männer in Festkleidung die Braut aus ihrem Vaterhause und bringen sie, falls sie nicht des Nachts ankommen, in das Haus des Bräutigams, doch wird, besonders wenn die Braut einem Nachbarstamme angehört, der Zug meist so eingerichtet, dass die Braut sogleich in die Kirche geführt wird. Diese wird nur von einer Verwandten, ihrer Mutter oder Schwester begleitet; sie ist festlich geschmückt, aber dicht verschleiert. Vor dem Altare wird sie entschleiert, und dort sieht sie der Bräutigam oft zum erstenmal. Findet er sie dann nicht hübsch genug, so antwortet er auf die Frage des Priesters, ob er sie zur Ehefrau nehmen wolle, mit einem ein­fachen : Nein, und die Braut kehrt ruhig in ihr Vaterhaus zurück. Die aus solcher Weigerung zwischen beiden Familien entstehende Spannung wird in der Regel ausgeglichen.

' Während der Festlichkeiten bleibt die Braut bei den Frauen, und sitzt während der Tänze und Gelage abseits, erhebt sich aber, so oft ihr junger Ehemann oder einer seiner Verwandten vorübergeht. Erst am

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Ende des Festes treffen die jungen Leute zusammen. Nach dem ersten Honigmonate darf die junge Frau auf einen Monat zu ihren Verwandten gehen. Auch kann sie jedes Jahr für einige Wochen zu ihrer Familie gehen, ohne dass der Ehemann dagegen Einsprache thun darf.

Der Mann hat allerdings ein Züchtigungsrecht über seine Frau, doch verhindert die Einsprache des Hausherrn dessen Missbrauch. Uberhaupt aber sind Ehezwiste selten, weil die Frau von Kindheit an ihre untergeordnete Stellung gewohnt ist.

Auf der Untreue der Ehefrau steht der Tod; sie kommt jedoch fast niemals vor. Förmliche Eheschei­dungen sind nicht gebräuchlich, und Verstossungen wegen Unfruchtbarkeit, Unfolgsamkeit und schlechter Sitten sind sehr selten.

Ein Nicht-Mireditte kann niemals eine Miredittin heirathen. Einheirathen ζ. B. in ein Haus, das nur Töchter hat1), sind unbekannt, die Frau folgt stets dem Manne nach dessen Stammhaus. Auch Annahme an Kindesstatt kommt nicht vor.

Witwenehen sind selten. Die getödtete oder misshandelte Ehefrau zu rächen, ist zunächst Pflicht ihrer eigenen Agnaten, doch ist

ihr Ehemann auch dazu berechtigt. Bei den Mireditten wird also die Frau durch die Ehe ebenso wenig Agnatin der Agnaten ihres Mannes, als bei den Dukadschin und Malissor.

Erbrecht . Die Frauen sind unbedingt erbunfähig und haben nur Anspruch auf Unterhalt. Vormund ist stets der nächste Agnat des verstorbenen Vaters. Er verkauft auch für eigene Rechnung seine weiblichen Mündeln in die Ehe.

Die Erbfolge ist streng agnatisch. Nullum testamentum, weder mündliche noch schriftliche. Vermächtnisse an Kirchen oder zu frommen

Zwecken sind gebräuchlich 2 ). Sachen- und Obl iga t ionenrecht . Kauf und Tausch von Grundstücken sind äusserst selten.

Schriftliche Eigenthumstitel über dieselben finden sich nirgends, erst in neuester Zeit hat man hie und da angefangen, über Kauf und Tausch von Grundstücken schriftliche Erklärungen aufzusetzen.

Die Hut ist frei, kein Mireditte zahlt dem andern Weidegeld. Die Mireditten können mit ihrem Weide­vieh auf eigenem Boden überwintern und darum konnten sie sich auch in ihrer bisherigen Unabhängigkeit erhalten.

Jede Art Servituten, Bewässerungsordnungen, ja sogar Pachtungen sollen unbekannt sein. Ein Nicht-Mireditte kann in Mireditta niemals Grundstücke erwerben, und ebensowenig ein Mireditte in

dem Gebiete eines Stammes, in dem er nicht geboren ist. Die jüngeren Mitglieder zahlreicher und armer Familien verdingen sich hie und da bei Geistlichen und

in sehr reiche Häuser, stehen aber dann in Bezug auf Feld- und Hausarbeit mit den Familiensöhnen auf gleicher Stufe und essen mit ihren Herren an demselben Tische.

Das Darlehen soll immer unentgeltlich und jeder Art Zinsfuss unbekannt sein, doch Pfänder, meist Waffen, vorkommen.

Abläugnung der Schuld, Weigerung oder bösliche Verzögerung der Zahlung sollen unerhört sein. Schiedsger ichte . Alle Civilstreitigkeiten werden durch Schiedsrichter entschieden. Jede Partei

ernennt einen Schiedsrichter und verträgt sich mit ihm über die nach der Schlichtung des Streites zu leistende Geldbelohnung, welche von 5 bis 80 Piaster beträgt. Jeder der streitenden Theile deponirt in die Hand der Schiedsrichter ein dem Betrag des Streitobjectes entsprechendes Pfand. Können sich die Schiedsrichter nicht über den Spruch vereinigen, so wählen sie sich noch zwei oder selbst vier Gehilfen, welche jedoch keinerlei Entschädigung erhalten. Der schiedsrichterliche Spruch soll als unbedingt bindend betrachtet werden und keinerlei Rechtsmittel gegen denselben vorhanden sein.

Don Melguschi kennt weder das in den Bergen von Skodra gebräuchliche Institut des Kapuzar, noch das der Eideshelfer3).

1) Neugriechisch ίσώηοιμ.βρος. 2) Wie gelangten aber die Kirchen zu ihrem Grundbesitze? 3) S. Alban. Studien I, S. 179.

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Den Wo'iwoden als solchen steht keinerlei Civilgerichtsbarkeit zu, doch können sie so gut wie jeder andere zu Schiedsrichtern gewählt werden. Geistliche dagegen werden nie hiezu gewählt , ihr Einfluss beschränkt sich auf Aussöhnungsversuche bei Blutrache und Fehden.

Bei Streitigkeiten zwischen Gemeinden werden je sechs, mitunter selbst zwölf Schiedsrichter gewählt. Können diese keine friedliche Lösung finden, so kommt es in der Regel zwischen beiden Gemeinden zur Fehde.

F a m i l i e n r ä t h e sind häufig, besonders bei der Einleitung zur Aussöhnung in Blutrachefällen, bei Familiengrenzstreitigkeiten oder bei der Frage, ob das Haus des Brudermörders verbrannt werden soll.

Blutrache. Mord und absichtliche Verletzung begründen das Recht auf Talion. Zufällige Verletzungen werden entschädigt und der Frieden dadurch nicht gestört. Solche Entschädi­

gungen bestehen in Waffen oder Vieh und Geldleistungen. Je angesehener die in Blutrache verwickelten Familien sind, desto schwieriger wird die Aussöhnung,

in Bezug auf welche sich überhaupt keine Regel aufstellen lässt. Die Blutzwiste kleinerer Familien werden jedoch öfter dadurch beigelegt, dass man die von Zeit zu

Zeit über Einstellung der Blutrache für das übrige Albanien erlassenen Vezirialschreiben auch für Mireditta geltend betrachtet und sich denselben conformirt.

Die Aussöhnung wird durch Vertrauenspersonen, namentlich durch die Priester angebahnt1). Sobald dieselbe angenommen ist, tritt der Mörder al lein dem nächsten Blutsverwandten des zuletzt Gemordeten entgegen und übergibt ihm als Zeichen der Aussöhnung in der Regel ein Gewehr zum Geschenke, nie aber Geld oder Geldeswerth. Entehrende Gebräuche, wie Niederknien, Niederwerfen, sind unbekannt; doch wird vorher als Symbol der Aussöhnung ein Kreuz in die Hausthüre des Mörders geschnitten oder in einen Stein seines Hauses gemeisselt.

Nur das Haus des Brudermörders wird nach vorhergegangenem Familienräthe verbrannt. Die Woiwoden haben vermöge ihrer amtlichen Stellung auf die Aussöhnung keinerlei Einfluss. Vergehen. Alle Vergehen oder Übertretungen von Vorschriften werden mit Viehbussen bestraft.

Auch die Benutzung von Gegenständen und Grundstücken (also doch Pacht) wird meist mit Viehstücken vergütet. Die häufigsten Vergehen sind Viehdiebstahl, Verheimlichung von Gefundenem, Schlägereien aus Rohheit.

Der Dieb hat das Gestohlene oder dessen Werth dem Eigenthümer zu erstatten und ausserdem eine vom Volksbrauche in der Regel nach Stücken Hornvieh, seltener Borstenvieh bemessenen Busse zu zahlen, welche an sämmtliche Mitglieder der Dorfgemeinde vertheilt wird.

Die Mireditten leben nach dem Kanuni Lechi Dugadschini und behaupten auch, von den Dugadschin abzustammen2).

V o r s t ä n d e . An der Spitze jedes der 5 Stämme (Fis) steht ein Bai'raktar oder Fahnenträger als erb­licher Kriegsanführer. An der Spitze jeder einzelnen Gemeinde stehen drei erbliche Gemeindechefs, welche hier, nicht wie bei den Malissor plekjte, Alte, sondern Woiwoden heissen.

Im Falle der Unmündigkeit des Ba'iraktars oder Woiwoden wird dessen Stelle bis zu seiner Mündigkeit von seinem nächsten mündigen Agnaten als Vormund verwaltet. Im Falle der geistigen oder körperlichen Unfähigkeit des Erstgeborenen wird er übergangen, und tritt sein nachgeborener Bruder oder sein nächster Verwandter an dessen Stelle.

Don Melguschi gedenkt einer durch ihn bewirkten Aussöhnung der Blutrache zwischen zwei angesehenen Familien, welche über 80 Jahre gedauert und an 50 Männern das Leben gekostet hatte.

2) Nach der Oroschaner (nicht wie in den Alban. Studien I, 213 angegeben wird, nach Familiensage der heutigen Mirediten-chefs) war ihr Stammvater ein griechisch-gläubiger Bulgarenhäuptling, der mit seinen Heerden in den von den Oroschanern bewohnten Landstrich einwanderte und dort katholisch wurde. Hiezu stimmen die Thatsachen, dass die Mireditten unter zwei Gestalten communiciren, lange Zeit an dem griechischen Kalender festhielten und sich in der Kirche von Orosch ein uraltes griechisches Kreuz findet. Auch sollen noch in mehreren Kirchen byzantinische Malereien zu sehen sein, s. Note ad annum 1318, §. II, Abschnitt I, Abtheilung III.

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V I E R T E E ABSCHNITT .

Über die Bevölkerung von Salonik und die dortige Secte der Deunme*).

Eine im Jahre 1853 angestellte Häuserzählung ergab in: 49 türkischen Quartieren 2780 Häuser. 14 griechisch-katholischen Quartieren 1364 „ 16 jüdischen Quartieren 854 „ 1 fränkischen Quartiere 50 „

5048 Häuser.

Sie wird allgemein als unter dem wirklichen Betrage2), die damit verbundene Zählung der Einwohner aber (32.000 Männer und Frauen, ohne die Kinder) als gänzlich missglückt angesehen.

Man schätzt gegenwärtig (1863) die Einwohnerzahl auf 75.000 Seelen, wovon 35.000 Juden sind. Unter der muhammedanischen Bevölkerung befinden sich viele reiche Grundbesitzer von Dörfern und

Landgütern, Häusern, Kaufläden, Bädern, Gerbereien; der grösste Theil der Stadt gehört ihnen. Die Übrigen sind Kaufleute, Zehntpächtcr, Handwerker, namentlich Gerber, Sattler, Dreher, Weber, aber auch Taglöhner.

Die griechisch-katholische Bevölkerung zählt namentlich Kaufleute und Krämer, Garköche und Schenk-wirthe, Bäcker, Dienstboten, Arzte und Lehrer, aber verhältnissmässig wrenig eigentliche Handwerker.

3—400 Zigeuner, Tschengudnes oder Kyptians genannt, sind in dem Kataster als Muhammedaner ein­geschrieben. Sie sind grösstentheils Feuerarbeiter. Die herumziehenden taglöhnern bei der Ernte, betteln, prophezeien, leben aber vorzugsweise von Diebstahl und Raub. Die von Stadt zu Stadt ziehenden Musik­banden haben selten über, meist unter 6 Tänzerinnen 3). Für die besten gelten die von Tiranna und Serres. Sie werden bei Hochzeiten und Beschneidungen per Woche gemiethet.

Die jüdische Bevölkerung begreift Banquicrs, Gross- und Kleinhändler, Geldwechsler, Pfandleiher, Hausirer, Dolmetscher, Mäkler, Teppichweber, Wäscher, sehr viele Lastträger, aber nur sehr wenig Hand­werker, und diese sind meist Blechschmiede. Es gibt einige sehr reiche Familien von vollkommen europäi­scher Bildung unter ihnen; aber die Masse ist arm und lebt in schmutzigen Häusern und Kellergeschossen; Dutzende von Familien sind in einem Hause zusammengepresst. Sie betrachten sich als die besten Israeliten der Welt, und der hiesige Grossrabbiner steht dem Grade nach über dem von Constantinopel.

Sic halten sich sämmtlich für spanische Flüchtlinge, welche vor 292 (1863) Jahren eingewandert seien, und sprechen unter sich ein verdorbenes Spanisch. Von einer früheren jüdischen Gemeinde in Salonik wissen sie nichts mehr4).

Die Secte der Deunme' oder Mamini scheint jetzt Salonik eigenthümlich zu sein. Sie bekennen siel äusserlich zum Islam, im Geheimen aber zum Judenthum. Sie halten sich möglichst abgeschlossen und be­suchen die Moscheen nur so weit nöihig, um den äusseren Anschein zu bewahren; in dieser Absicht unter­nimmt auch wohl hie und da ein Deunme eine Pilgerfahrt nach Mekka5). Sie verheirathen sich weder mit Türken noch mit Juden, selbst zwischen den beiden Secten, in die sie zerfallen, finden keine Wechsel-heirathen statt.

*) Nach Mittheilungen des niederländischen Generalconsuls in Salonik, Herrn Cheval. L . Carboneri. 2) Man gibt den Mauern der Stadt und der Festung zusammen einen Umkreis von 4 Stunden; obgleich die den Hügel ­

rücken krönende Festung durch weite leere Räume von der sich um den Hafen ziehenden Stadt getrennt wird, so hält sie der Verfasser um wenigstens eine Stunde zu hoch gegriffen.

3) S. des Verfassers Reise von Belgrad nach Salonik S. 45. 4) Die Fortdauer der jüdischen Gemeinde durch das ganze Mittelalter lässt sich aus verschiedenen Erwähnungen derselben

annehmen; die letzte datirt von 1430, s. Tafel de Salonica ejusque agro S. 169 et passim. 5) S. über solche Verheimlichung des wahren Glaubens (Ketman) und die gemeine Ansicht darüber bei den Orientalen :

Les religions et les philosophies dans TAsie centrale par Mr. le Comte de Gobineau pag. 15.

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Man weiss nichts über ihre Glaubenslehre, doch consultiren sie in streitigen Fällen über Religions- und Rechtsfragen die Rabbiner ihres Vertrauens.

Man schätzt ihre Anzahl auf 3000. Sie zerfallen in zwei Secten, die Konjo und die Kovajero; sie ver­abscheuen einander in dem Grade, dass namentlich keinKavajero mit einem Konjo in demselben Hause woh­nen oder an demselben Tische essen, ja nicht einmal aus einem Glase trinken will, aus dem jener getrunken hat; er beschuldigt ihn einer ruchlosen Moral, welche sogar die Knabenliebe zulasse.

Die Kavajeros sind Kaufleute und Schriftgelehrtc; fast alle öffentlichen Schreiber und Bureaubeamten von Salonik gehören zu dieser Secte. Die Gelehrtesten verstehen auch hebräisch. Sie haben ihre Läden in der Missir Kjarsi genannten Gegend des Bazars und bewohnen ein eigenes bei der Porta Nuova gelegenes Stadtviertel. Die Konjo sind arme Handwerker, Taglöhner und Lastträger und leben in den höheren östlichen Stadtvierteln zerstreut.

Der Stifter der Deunmesecte ist ein gelehrter Rabbiner, Namens Sabetai Sevi, aus Adrianopel. Er trat dort vor 188 Jahren (1855), also etwa im Jahre 1667, als Prediger einer neuen jüdischen Lehre auf, und nachdem er nicht nur in seiner Vaterstadt, sondern auch in Skopia, Salonik, Smyrna u. s. w. grossen Anhang unter den Juden gewonnen hatte, erklärte er sich sogar für den Messias und siedelte von Adrianopel nach Damaskus über.

Die erschreckte Judenschaft erhob sich gegen ihn und verlangte von der Pforte die Beseitigung dieser Neuerung. Sie brachte es auch wirklich bei der Pforte dahin, dass ein eigener Mubasir mit einem Verhafts-befehle gegen Sabetai nach Damaskus gesandt wurde, welcher denselben nach Constantinopel brachte.

Als er dort vor den Grossvesir geführt wurde, flüsterte ihm ein in dessen Diensten stehender Jude zu, dass er sein Leben nur durch den Ubertritt zum Islam retten könne. Dem zufolge sprach Sabetai, als er vor dem Grossvesir stand und von diesem über sein Messiasthum befragt wurde, das muhammedanische Glaubens-bekenntniss aus und erklärte, dass sein ganzes Gebahren nur den Zweck gehabt habe, die Aufmerksamkeit der hohen Pforte auf sich zu ziehen. Auf diese Weise rettete er sein Leben und wurde reich beschenkt ent­lassen. Uber seine weiteren Schicksale ist nichts bekannt.

Auf die Nachricht von Sabetai's Ubertritt zum Islam folgte der grösste Theil seiner Anhänger in jenen genannten Städten, welcher auf 1000 Familien angegeben wird, dem Beispiele ihres Lehrers und nahm äusserlich den Islam an. Mit der Zeit kehrten jedoch viele zum Judenthume zurück und begaben sich unter fremdem Namen nach Palästina, um dort Busse zu thun. Der letzte Rest von Sabetai's Anhängern sind die Konjo von Salonik.

Zwölf Jahre nach Sabetai's Auftreten erhob sich einer seiner Schüler oder Studiengenossen, Namens Barzelai, und predigte ungefähr dieselbe Lehre wie jener. Er gewann viele Anhänger, trat aber später mit etwa 4 — 500 Familien ebenfalls zum Islam über. Näheres über seine Lebensschicksale ist nicht bekannt. Von ihm stammt die Secte der Kavajero.

Sie haben ein von allen Seiten mit Mauern umgebenes, streng verschlossenes Versammlungshaus, weiches HusniPascha, Gouverneur von Salonik, vor kurzem (1855) unter einem Vorwande durchsuchen liess. Man fand darin nur eine alte Frau, welche zu dessen Schliesserin bestellt zu sein erklärte. In dem grossen, rings von Divans umgebenen Saal hingen ein uraltes persisches Schwert und ein langes Messer an der Wand; in einem unterirdischen Räume fand man eine Geissei; sonst war alles leer.

Vor einigen Jahren erschien ein junger Deunme vor dem Kadi von Salonik und erklärte, dass er Mu­hammedaner werden wolle, weil er dies nur dem Scheine nach sei; der Kadi schickte ihn zum Pascha und dieser entliess ihn mit der Weisung, sich noch einige Tage über sein Vorhaben zu bedenken und, wenn er dann noch darauf beharre, wieder zu kommen.

Der junge Mann erschien nicht wieder und die Sache wäre vergessen worden, wenn sich der Kadi ihrer nicht nach einigen Wochen zufällig wieder erinnert hätte. Man stellte Nachforschungen an, und die Dcunme jehaupteten anfangs, der junge Mann habe die Stadt verlassen und sei auf Reisen gegangen. Als man aber lie Passregister nachschlug und seinen Namen nicht darin fand, gestanden die Deunnie, dass er gestorben sei.

un wurde die Leiche ausgegraben, und man behauptet, dass sie Spuren von Erdrosselung gezeigt habe; wie em auch sei, die Deunme mussten die grössten Anstrengungen machen, um die Sache beizulegen.

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156 t/. G. ν. Hahn

FÜNFTER ABSCHNITT .

Stud ien ü b e r die V i a Egna t ia .

Der Verfasser hat auf die Vergleichung der Distanzen der heutigen Strasse von Durazzo nach Salonik mit den alten Itinerarien der römischen Via Egnatia viele Mühe verwandt, weil sich nur auf diesem Wege einestheils die noch bestrittene Lage der an dieser Strasse gelegenen alten Städte feststellen liess und andern-theils bei dem heutigen Zustand unserer geographischen Kenntniss der betreffenden Gegenden eine Controle für die Richtigkeit der Zeichnung der genannten Weglinie gewonnen werden konnte.

Seine Mühe blieb nicht unbelohnt; denn es gelang ihm, die Identität von Skampae und Elbassan, Ligni-dus und Ochrida, Heraklea und Monastir, Edessa und Wodena zweifelfrei herzustellen, und die heutigen Distanzangaben mit denen der uns erhaltenen vier alten Itinerarien trotz des verschiedenen Längenmasses und nur mit verhältnissmässig kleiner Differenz in Bezug auf die Gesammtdistanzen zu vereinigen.

Sobald einmal eine feste Basis gewonnen war, machte sich die Verbesserung der verdorbenen Texte der Itinerarien gleichsam von selbst, indem auffallender Weise der Urtext überall durch die einfache Streichung eines, ja selbst von zwei X , welche schreibselige Copisten zugesetzt hatten, herstellen liess.

Um die Vergleichung der alten und neuen Angaben so übersichtlich als möglich zu machen, wurde die Strasse in fünf Sectionen zerlegt und die entsprechenden alten und neuen Einzelangaben in der Art unter­einander gestellt, dass die erste Zeile jedes Itinerars die Textzahlen nebst deren Gesammtsumme, die zweite Zeile aber "die vorgenommenen Correcturen nebst der Gesammtsumme der so corrigirten Section enthält. Die türkischen Wegstunden aber im Verhältniss von 1:3*) auf römische Meilen reducirt.

Diese Anordnung ergibt zugleich, dass jedem der vier Itinerarien selbständige Angaben zu Grunde liegen.

I. Von Dyrrachium nach Scampae. Itinerarien Summa \'erbess.

Hierosolvm. %/

vacat2) (XXVI?) Clodiana X X I Scampae (47) — Antonini I Dyrrachium XXIII Clodiana X X Scampae 43 — Antonini II vacat2) (XXVI?) Clodiana X X I I Scampae (48) — Tab. Peuting. Dyrrachium X X V I Clodiana3) X X Scampae 46 — Heutiger Weg Durazzo X X X Pekin3) XVIII Elbassan 48 —

II. Von Scampae nach Lignidus.

Hierosoljm. Scampae IX Trajectus IX Can davia IX Mut. in Tabernas IX Clau-danon IV Patrae XII Cledo 52 —

Antonini I Scampae XXVIII Tres Tabernae X X V I I Lignidus 55 — Antonini II Scampae X X X Tres Tabernae X X V I I Lignidus 57 —

*) Der ohnedem unsichere Unterschied zwischen dem altrömischen und rheinischen Fuss blieb dabei unberücksichtigt; 1 MP. = 4800 F. X 5 == 24.000 F . = l geogr. M. 4800 F. X 3 = 14.400 F. = l türk. St. 14.400 X 5 = 72.000 F. = 3 geogr. M.

2) Diese beiden Itinerarien laufen von Apollonia aus und treffen bei Clodiana mit der von Dyrrachium ausgehenden Strasse zusammen.

3) Den Distanzdifferenzen nach müsste Clodiana etwa 2 MP. westlich von dem heutigen Pekin zu suchen sein.

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Itinerarien Tab. Peuting. Scampae IX Seyesis fl.1) VII ad Dianam IX ίη Candavia IX Pons

Servilii2) X I X Lignidus

Heutiger Weg Elbassan IX Schkumbbrücke 1) VI Babje Han XII Kjükjüs 2) IX Domusowo XVIII Ochrida3)

Summa Verbess.

53 —

54 —

HI. Von Lignidus nach Heraclea.

Hierosolym. Cledo XIII Brucida X I X Parembole4) XII Heraclea IX

Antonini I Lignidus X X X I V X X I V

NiciV)

Antonini II Lignidus X X V I I Scirtiana X V Castra') XVII V

Tab. Peuting. Lignidus X V I Nicia5) NN. VII

XI Heraclea

XII Heraclea

X I Heraclea

Heutiger Weg Ochrida X V I Resnja VI Diavato4) XII Monastir oder XVIII

44

45

54

?

34 36

34

35

34

34

1) Nach allen Schilderungen ist die heutige Schkumbbrücke der n o t h w e n d i g e Übergangspunkt über den Fluss; diese Station ergibt also den ersten festen Naturpunct für alle Zeiten. Aus der gleichen Entfernung dieses Naturpunktes von Scampae und von Elbassan folgt die Identität beider Städte.

2) Der alte zweite Ubergang über den Schkumb fällt sonach 3 türkische St. östlicher als der heutige. Dass aber Pons Servilii nie lit über den schwarzen Drin bei Struga führte, hat schon Tafel, De via militari Romanorum Egnatia IT, pag. 25 und 31 bewiesen. Wahrscheinlich lag eine Militärstation 2 St. nördlich von Struga, beim Ubergang der Strasse von Ochrida nach Diwra über den schwarzen Drin.

3) Darin, dass die Tab. Peuting. und der heutige Weg, trotz aller Abweichungen in den Zwischenstationen, in der Entfer­nung zwischen Scampae-Elbassan und Lignidus-Ochrida nur eine Differenz von 1 MP. ergeben, erkennen wir den Haupt­beweis der Identität von Lignidus und Ochrida.

4) Das Wachthaus beim heutigen Han von Diawato liegt auf der Wasserscheide der Schemnitza (respect, der Czerna) und des Seebeckens von Prespa. Die Bedeutung des griechischen Namens Diawato „Ubertritt" scheint hierauf hinzuweisen; ebenso wie der Diawato Han auf der Strasse von Salonik nach Welese (Köprülü) an der Stelle liegt, wo diese Strasse an das Rinnsal des Wardar tritt, oder umgekehrt, von ihm abbeugt. Auf der genannten Wasserscheide läuft die heutige Grenzlinie zwischen Albanien und Bulgarien, wie im Mittelalter zu den Zeiten des Andreas II. Musaki, s. Abtheilung III. Abschn.II, §. 4, Nr. 1. Wir zweifeln daher auch nicht an der Identität des Diawato-Hans mit Strabons Pylon, von dem er pag. 322 sagt, dass hier die Via Egnatia die Grenzlinie zwischen Illyrien und Macedonien kreuze. Wir rücken daher unbedenklich die Note, welche das Itinerar. Hierosolym. zur vorhergehenden Station Brucida macht: Finis Macedoniae et Epiri, zu der folgenden Station Parembole, welche auch sprachlich dasselbe bedeutet, wie die ihr entsprechende Station Castra des Itinerar. Antonini II. Beide Stationen liegen nun XII MP. von Heraclea, und ebenso weit liegt Diawato-Han von dem heutigen Monastir. Da nun aber, wie wir oben sahen, jene drei Stationen auf einem festen Naturpunct liegen, so folgt hieraus die Identität von Heraclea und Monastir.

5) Statt Parembole und Castra verzeichnen Itinerar. Antonini und Tab. Peuting. Nicea als letzte Station vor Heraclea; dies mag der eigentliche Name des Lagers gewesen sein und die um eine Meile geringer angegebene Entfernung etwa auf einer schärferen Messung beruhen, denn eine Verlegung der Station an den Ostfuss der Wasserscheide anzunehmen, erscheint uns zu gewagt; es sei denn, dass hier neben dem Castrum eine Stadt Nicaea entstanden sei, welche später verfiel und dadurch die Station nach dem Castrum rücken musste.

Auf der Peutingerischen Tafel bricht die mit X V I bezeichnete Weglinie wegen Raummangel ab, und beginnt dann unmittelbar mit dem Stadtzeichen von Nicea. Die Vergleichung mit den übereinstimmenden übrigen Itinerarien und dem heutigen Wege zwingt uns aber zu der Annahme, dass bei dieser Unterbrechung der Weglinie auf der Peutingerischen Tafel auch eine Station ausgefallen sein müsse, welche etwa der Station Scirtiana in dem Itin. Antonini II entsprochen haben mag, denn für die Distanz zwischen Lignidus und Monastir sind die 27 M P . , welche sie in ihrer gegenwärtigen Gestalt angibt, jedenfalls zu wenig. Um sie dem heutigen Wege anzupassen, mussten wir die ausgefallene Station auf VII MP. setzen.

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IV. Von Heraclea nach Edessa. Itinerarien " Summa Verbess.

Hierosolym. Heraclea XIII Melitonus1) X I V Mutatio grande X I V Cellae XVII VII ?

ad Duodec. XII Edessa 70 X X V I I Edessa 61

XVII 51 XXXIII Edessa 66 XIII 2) 46 X L V 3 ) Edessa 77 XIII 45

X X I V Wodena 48

Antonini I Heraclea X X X I V

Antonini II Heraclea XXXIII

Tab. Peuting. Heraclea XXXIII

Heutiger Weg Monastir X X I V

Cellae

Cellae

Cellae

Gornisehewo

Hierosolym.

Antonini I

Antonini II

Tab. Peuting.

V. Von Edessa nach Thessalonica. Edessa X V Scurio X V Pella X Gephyra X 4 ) ad Decimum X 4 )

Thessalonica X I X I

XXVIII Edessa

Edessa

Edessa

Heutiger Weg Wodena

XVIII

X X X X X

X L V XVIII 5 ) XXXIII G )

Pella

Pella

Pella

X X V I I

X X I X

X X V I I

War darbrücke X V

Thessalonica

Thessalonica

Thessalonica

Salonik

60

55

59

72

48

52

45

49

45

*) Diese Section ist die schwierigste von allen, weil die Zerrüttung sämmtlicher Itinerarien keine sichere Vergleichung mit dem heutigen Wege zulässt. Die Summe der Zwischenstationen von Heraclea bis Cellae des Itinerar. Hierosolym. beträgt 41 MP., und diese zeigt sich im Vergleiche zu den übrigen drei Itinerarien um 7—9 MP. zu gross. Da aber noch keine dieser Zwischenstationen bekannt ist, so wissen wir nicht, an welcher derselben eine Verbesserung möglich ist. Da die letzte Zwischenstation zwischen ad Duodecimum und Edessa feststeht, so können wir nur die vorhergehenden Stationen bis Cellae auf VII reduciren.

3) Hier müssen wir sogar zwei X streichen, um eine brauchbare Zahl zu erzielen. 3) Auf der Tabula Pcutinger. stehen zu beiden Seiten von Edessa die Zahlen X L V , und diese ergeben, zu den Zahlen der

anstossenden Stationen addirt, für die Distanzen Heraclea-Edessa und Edessa-Thessalonica durchaus unbrauchbare Masse. Hier muss sich also irgend ein Fehler eingeschlichen haben.

Bei seiner Reise von Belgrad nach Salonik (pag. 236) fand aber der Verfasser am Westende von Wodena einen neuen türkischen Meilenzeiger, auf dessen beiden Armen die Angaben standen: „von Wodena nach Monastir 16 Stunden Menzil" (Poststunden) und „von Wodena nach Salonik 16 Stunden Menzil", und dieser Meilenzeiger brachte den Ver­fasser schon damals auf die Vermuthung, dass irgend Jemand den Umstand, dass Edessa zwischen Heraclea und Thessa­lonica in der Mitte liege, auch auf der Peutingerischen Tafel dadurch anzeigen wollte, dass er rechts und links von Edessa über die Zahlen der nächsten Stationen die Zahl X L V als die Gesammtentfernung Edessa's von Heraclea und Thessalonica setzte, ein späterer Abschreiber aber diese Zahlen für Correcturen der darunter stehenden nächsten Stations­zahlen von Edessa hielt, und sie dem zu Folge an die Stelle dieser Stationszahlen einrückte.

Hienach würde man also den Urtext dadurch herstellen k ö n n e n , dass man von der Zahl 45 die Heraclea und Thessalonica zunächststehenden Stationszahlen abzöge, die Reste an die Stellen der Zahlen 45 rechts und links von Edessa setzte und jene beiden 45 wieder über sie notirte. Dies ist oben in der Zeile der Verbesserungen geschehen.

Diese Verbesserung würde jedoch zu dem Ergebnisse führen, dass die römische Meile zur Zeit der Abfassung der Peutingerischen Tafeln sich nicht, wie wir annehmen, zur türkischen Stunde wie 48 zu 16, sondern wie 45 zu 16 ver­halten habe, was für die türkische Reitstunde nur 14064 römische Fuss ergeben würde. Wir empfehlen diese Thateache den Sachverständigen zur weiteren Prüfung.

*) Der heutige Weg von Salonik bis zur Wardarbrücke beträgt nur 5 türk. St. oder 15 MP. ; doch wäre es nicht undenk­bar, dass der wankelmüthige Fluss damal um 5 MP. westlicher floss, als heut zu Tage.

5) Uber diese Verbesserung s. die vorige Section, Note 3. 6) Unsere Nachweise über die Stationen zwischen Wodena und der Wardarbrücke sind zu abweichend, um darauf fussen

zu können.

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Z u s a m m e n s t e l l u n g de r v e r b e s s e r t e n S u m m e n . Summa

Hierosolym. Dyrrachium (47) Scampae 52 Lignidus 34 Heraclea 60 Edessa 52 Thessalonica

Antonini I η 43 η 55 η 35 η 51 η 45 τι

Antonini II η (48) η 57 η 34 η 46 η 49 Τ)

Tab. Peuting η 46 η 53 η 34 r> 45 η 45 η

Heutiger Weg Durazzo 48 Elbassan 54 Ochrida 361) Monastir 48 Wodena 48 Salonik

Anhang I. I n s c h r i f t e n .

Α. In Ochrida. Nr. 1. Auf dem viereckigen Piedestal des Altars der Aussenkirche im Kloster der Θεοτόκου χοίμτ,βις des Dor­

fes Kaliötja, die beschriebene Fläche etwa Γ / 4 Fuss hoch und verkehrt aufgestellt. Nr. 2. In der Kirchenmauer der Αγίων Αναργύρων in Ochrida, rechts vom Eingange, auf der langen Seite ste­

hend, eingemauert, früher in der St. Achilleskirche daselbst. Die beschriebene Fläche etwa 2 Fuss lang und i y 2 Fuss breit, aber an sich ungleich gehauen und sehr schlecht beschrieben.

Nr. 3. Ebendaselbst auf der runden, rechten hinteren Säule des Vorbaues. Schöne, etwa zollhohe Schrift. Nr. 4. Metropole von Ochrida, viereckiges, etwa i y s Fuss langes und 3 / 4 Fuss breites Piedestal der der Kirche

zugewendeten Mittelsäule des einen Schulgebäudes als Knauf dienend. Die erste Zeile steht auf der Platte des Piedestals.

Nr. 5. Auf einer Stufe des Vorhauses des Schulgebäudes ebendaselbst. Länge der Inschrift 2y2 Fuss, Breite 2 Fuss, Länge der Buchstaben 1 Zoll.

Nr. 6. Auf einer andern Stufe ebendaselbst mit Γ / 2 Zoll grossen Buchstaben. Nr. 7. Hechts von der Thür, in die Aussenwand der Schule eingemauert ebendaselbst. — i y 4 Fuss hoch und

1 F . breit, schlechte, 1 / 2 Zoll grosse Schrift. Nr. 8. In die nördliche Aussenwand des nördlichen Stadtthores eingemauert. Nr. 9. In das Innere dieses Stadtthores eingemauert. Höhe der Buchstaben 15 Centimeter, Dicke über 2 Cen­

timeter. Das sorgfältig ausgearbeitete Innere der Buchstaben besteht aus zwei, einen flachen Winkel bil­denden Facetten. — Ein Anfangsstück.

Nr. 10. In die Südseite der neuen Kirche von Logotscherewi poschtere eingemauert. — Ein Anfangsstück. 77y2 Centim. lang und 6 — 8 Centim. breit, s. Abtheilung I, X X V , Ebene von Ochrida.

Nr. 11. In dem Hofe des von Tschelall Pascha bewohnten Serails, westlich von der Sofien-Moschee, s. Ab­theilung I, X X I V , Stadt Ochrida.

Nr. 12. Goldgestickte Inschrift auf der Decke des Epitaphions der Kirche des St. Clemens, s. 1. c. Länge der Decke 1 M. 60, Breite 1 M. 30.

Herr Professor Moriz Schmidt in Jena liest die Jahreszahl der Restauration der Kirche 6839 = 1331 p. Chr. und erklärt daher den Restaurator für AndronicusIIL; vermuthlich rührt auch diese Decke von ihm.

Nr. 13. Auf einem in der vorderen Frontmauer der rechten Kuppel der Sophien-Moschee, hart am Boden ver­kehrt eingemauerten Plattenfragmente mit Randleisten.

Nr. 14. Unterschrift auf dem Fusse der in der neuen Kirche von Logotscherewi poschtere stehenden Kinder­statue, s. Abtheilung I, X X V , Ebene von Ochrida.

Nr. 15. Meilenstein der Via Egnatia, im Hause des Herrn Robi im Viertel Warosch, s. Abtheilung I, X X V , Ebene von Ochrida.

J) Der Sommerweg über die Petrini ergab 34, mithin die Gesammtsumme 232 MP.

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160 e/. G. ν. Π all η

Β. In Resnja.

Nr. 16. Auf einer Platte in der Mitte des Fussbodens der neuen Kathedrale.

C. In Monastir. Nr. 17. Auf einer die Wasserleitung deckenden Platte in dem Hause von Sekerja EfFendi am linken Ufer

des Dragor. Nr. 18. Unter der Volute eines jonischen Capitals im Garten des Erzbischofs von Ochrida; schlechte Schrift,

ungleiche Zeilen. Nr. 19. Auf einer Rundsäule in demselben Garten. Hier finden sich auch zwei schlecht gearbeitete Basreliefs.

Auf dem einen Poseidon mit dem Dreizacke in der Rechten und mit einem Fische auf der vom Ellenbogen an ausgestreckten Linken; mit dem rechten Fusse in eine Barke steigend. Auf dem andern ein nackter Hermes mit seinem Schlangenstab in der Linken, in der Stellung eines Führenden.

Nr. 20. Im Hause des Muschon Calderon im Viertel Emin Tschelebi, mit einem beschädigten etwa 1 M. hohen und 2 / 3 M. breiten Postamente von weissem Marmor.

Nr. 21. In dem ehemaligen englischen Consulate unweit der grossen Caserne auf einem Grabstein, an dessen Fuss der Einlasszapfen erhalten. Höhe des Steins V/2 M v der Buchstaben 2 Zoll.

Nr. 22. Ebendaselbst auf einem Säulenstumpfe. Nr. 23. Ebendaselbst auf einer Steinplatte. Nr. 24. Ebendaselbst. Unterschrift unter einer Statue, deren Rest etwa 2 / 3 M. hoch ist. Die obere Hälfte ist

abgeschlagen. Das Gewand ist vom Oberkörper herabgeglitten. Die herabhängende Linke hält eine Trinkschale, unter ihr steht ein kleiner Adler mit ausgespreizten Flügeln; die nackten Füsse sind ohne Sandalen.

Nr. 25. Im Hause des englischen Consuls Calvert. Steinplatte, 2 Fuss hoch, Γ / 2 breit. Buchstaben 2 Zoll hoch.

D. In Prilip.

Nr. 26. Grabstein, der zur Decke des neuaufgegrabenen Abzugscanais benutzt ist, s. Abtheilung I, XXVIII , Prilip.

Nr. 27. Auf dem dritten behauenen Marmorblocke eines grösseren Gebäudes im Hofe des Taschli Hans.

E. In Iswor. Nr. 28. In der */4 St. von dem Dorfe auf dem Kamm der Anhöhe gelegenen zerstörten Kirche verkehrt auf

der der Mauer zugekehrten Seite, Säulenstumpf aus Granit, welcher der Altarplatte zum Postamente diente. Nr. 29. Auf einem links vom Wege von Iswor nach Welese, 1 / 2 St. von Iswor sanft ansteigenden H ü g e l , auf

einer Steinplatte, Γ / 2 Μ. lang, l / 2 M. breit. Nr. 30. Ebendaselbst auf einem 3 M. langen Steine, in dessen Aetoma ein sprengender Reiter mit fliegendem

Mantel en basrelief, darunter zwei Reihen Figuren; schlechte Arbeit und bis zur Unkenntlichkeit verwischt.

Nr. 31. Ebendaselbst auf einem fast 2 M. langen und 2 / 3 M. breiten Steine; sehr schöne aber fast verwischte Schrift.

Nr. 32. Ebendaselbst. Γ. In Stobi.

Nr. 33. Auf dem Gipfel der Anhöhe innerhalb des Stadtbereiches. Nr. 34. Etwas südlich unterhalb auf einem 2 M. hohen und l / 2 M. breiten Würfelpostamente.

Gr. In Woischan. Nr. 36. Auf einem Steinplattenfragmente im christlichen Kirchhofe; etwas westlich vom Dorfe.

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TL In Demir Kapu. Nr. 37. Auf einem 4 Fuss langen und kaum 6 Zoll breiten viereckigen Steinbalken, welcher beim Besuche

des Verfassers in die neue Kirchenmauer der St. Paraskewi, gegenüber von Budur Tschiftlik, 1 St. süd­westsüdlich von Hamam Tschiftlik, eingemauert wurde.

Nr. 38. Ebenso die Inschriftplatte, sie ist vq,n weichem gelblichen Sandsteine. Nr. 39. Unweit des Wardarufers am Eingange zum eisernen Thore, s. Abtheilung I, X X X I , Demir Kapu. Nr. 40. Nah bei der vorigen.

I. In Matschukewo. Nr. 41. In der Hauptkirche umgekehrt auf dem Postamente eines Pfeilers des Daches über der Kirchenthüre;

schlechte, fast ganz verwischte Schrift.

K. Mitgetheilte Inschriften Nr. 42. Auf einem 4 Spannen langen und 3 Spannen breiten Steine in der Kirche von Monastir. Nr. 43. Auf einem in die Kirche von Bela Zerkwa (5 St. nördlich von Monastir) eingemauerten Stein. Nr. 44. Ebendaselbst. Eine Ephebeninschrift, vermuthlich aus Deuriopus, wohl die nördlichste unter den

bis jetzt bekannten, s. eine ähnliche aus Wodena in des Verfassers Reise von Belgrad nach Salonik, S. 242, Nr. XXIII. W. Dittenberg, de Ephebis Atticis. Göttingen 1863.

Nr. 45. Ebendaselbst. Nr. 46. Ebendaselbst. Nr. 47. Im Kloster Treskawetz bei Prilip. In der, Reise von Belgrad nach Salonik, S. 241, mitgetheilten

Inschrift Nr. X V I liest die vorliegende Mittheilung Zeile 2 ΤΕΥΔΑΝΙΩ und in Nr. XVIII, Zeile 5 ΠΟΥΛΥΜ, Z. 6 OE statt ΣΕ, Z. 7 AI ztatt AN, Z. 8 TA statt NA, Z. 10 ΑΠΟΛΛ.

Nr. 48. In dem Dorfe Kriwogastani, 5 St. nördlich von Monastir. Nr. 49. Im unteren Garten von Wodena. Nr. 50. Im Garten des Erzbizehofs von Monastir, s. Abtheilung L X X V I I , Monastir, vermuthlich aus Deu­

riopus, s. Nr. 44. Die Inschrift ist bereits in der Έψημερις των φάομ<χ$ών vom 4. September 1864, Nr. 536, abgedruckt, doch bietet die vorliegende Abschrift mehrere Varianten. Leider gebrach dem Verfasser die Zeit, um sie mit dem Originale zu vergleichen.

N"r 51. ) ^ . η I Luxusdecrete der Gemeinde von Ochrida, s. Abtheilung I, X X I V , Stadt Ochrida.

Nr. 1. 2)

ΕΠΙΚΑΔΟΕΚΕΥ

ΜΑΧΑΤΑΕΓΕΝΘΙΟΥΚΑΙ

ΦΙΛΙΠΠΟΕΜΟΥΝΤΑ

ΝΟΥΑΝΕΘΗΚΑΝ

CTPATHPOINIK

Der Abdruck in dem Φιλολογικός ξυνέχδημος, Heft θ und I, April 1849, S. 298, liest die drei letzten Buchstaben der ersten Zeile ΛΥ und ergänzt Λυ(σι)μαχάτας; in der 3. Zeile sicher falsch MONTA (vgl. den Pomponius Muntanus in Nr. 41), und ergänzt den letzten Namen zu Νικία. Beachtenswerth ist das Vorkommen des Namens Genthios in so später Zeit.

*) Der Verfasser verdankt sie dem Herrn N. Demieta, Professor am Gymnasium von Monastir. 2) Die Inschriften sind genau so abgedruckt, wie sie von Herrn von Hahn vorgelegt worden sind. Miklosich.

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Nr. 2.

ΤΟΝΜΕΠΕΤΟΝ KAI ΘΕΙΟΤΑΤΟΝΑΥΤΟΚΡΑ ΤΟΡΑΚΑΙΕΑΡΑΛΟΥΚΙΟΝ ΕΕΠΤΙΜΙΟΝΕΕΥΗΡΟΝ

Π„ΞΡΤ„ΛΤΑΕ„ΠΗΕΛ\Ν.

ΘΕΟΥΝ.„.ΕΝΟΥΥΚΝΟΕ

ΟΥ ΛΡΙΟ

Die weiteren 7 Zeilen fast gänzlich verwischt, s. Φά. ξνν. 1. c.

Nr. 3.

ΚΑΙΡΟΝ ΛΕΥΦΡΟΙ

ΙΕΑΓΚΔλΙΕ

Nr. 4.

. „NIAKI^ei Λ\6ΓΙ0Τω Π>ΚΟΥ6ΙΝΤ ΑΝΟΥΤΟΥΛΥ ΟΜΑΧΟΥΠ €ΗΟΥ6ΙΟΟΦ noMneeioc

(DMAPXÜÜN Α Ν 6 θΗ Κ β Ν

Nr. 5.

ΑΓΑΘΙΙΠΎΧΗΙ ΑΕΕΑΡΙΤΙΟΙΔΡΥ

ΑΝΤΑΚΑΠΙΩΝΟ" ΝΠΡΟΕΤΑΤΗΝ

PEEBEYEANTA TONKYPION

OKPATOP* ι ν π ?

ΤΟΨΩΝΙΟ Ά γ α θ τ , τ ύ χ ι ρ (Δ)ασ<7£ΐφτ ; τ ίθ ! Δ ρ ύ α ν τ α Καπίωνος ( τ < 5 ) ν προστάτ-ην (π~)ρεοβεύσχντχ ( ε ι ς ) τ ό ν xv^ iov a v r s x j o a -

τ ο ρ ( « ) ( ά ) ν τ ' © ψ ώ ν ι ο .

Bemerkenswerth ist das späte Vorkommen des Namens der Dassaretier, was in dem Abdrucke im Φιλ. ξυν. 1. c. S. 297 übersehen wurde.

Nr. 6.

ΑΓΑΟ ΜΓ

ΠΤΟ ONA Ν<ΣΕΝ ΚΑΙΨ MW3E

Γ

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Nr. 7.

ANTICGKYAAAIMACAPGTACIIOAYHPATGKOYPA H£6NGICHAYCIONAYTOCANACKPONIAHC

(Auf dem oberen Simse der Platte.) THAYrGTHAVGTOKHGCANG

ΤΡ6φΟΝΑΛΔΚΟΝΤ60 ΑΠΤΥΡΙΝΗΙ060)ΝΠΑΝΠΑΝ

APGIOTGPHN ΑΛΛΑΜΟΙΡ6ΔΑΜ(Χ6Ν6Π6Ι

TOAGMOPCIMONHGN TYMBONAAIfArONHGCTGYlAN

ΟΔΡΟΜ6ΝΟΙ ZHXtJÜICMHTHPTGIIATHPTGOI

NGIKAG . „ Α Μ φ ω θ Υ Μ Ο Β Ο Ρ Ο ) Π 6 Ν Φ 6 1 Τ 6 0 Ι

t POMGNOI ΑΠΤΙΜΚΛ6ΙΝ°ΝΑΓΑΛΜΑΚΙ6Νφθ1Μ6ΝΟΙ(;ΐ

<J>ANGIHC ω0Π6Ρ6Ν Ιζωθ Ι0ΚΥΔΟ ( :θΠΑ(ΧΑΜ6ΝΑ

"Αντισε χνδάλίμας άρετάς ποίυϊ,ρατε κούρα ΓΗ£εν εις ήλύσιον Λυτός άνα(£) Κρονίδης.

Ύ-ηΙνγέτη με τοκήες άνέτρεψον άλο(ήσ)κοντε5 "Απτυριν, -ηι$έων πάμπαν άρειοτέρ-ην, Άλλα μοϊρ' έ5άμ(«)σ<7ίν, έπεί τό§ε μόρσιμον τ,εν, Ύίιμβον δ'αΓψα γονηες τεΰξαν οί(υ)ρόμενοι, Ζτ,νωις μ-ητ-ηρ τε, πατήρ τε οί Νεικλε « « » ,, "Αμψω 3υμοβόρω π£ν$ει τεοφόμενοι.

"Απτυρι, κλεινόν άγαλμα κ(α)ί εν ψ^ιμένοισι ψανείτ,ς, "Ωυπερ ivi ζωοϊς χΰδος όπααααμένα.

So schlecht diese Verse auch sind, so deutet die doppelte Mundart und der jetzt erstorbene Sinn für Quantität auf ein gelehrtes Zeitalter hin, während die in dem Abdrucke des Φιλ. ξνν. 1. c. S. 296 angebrachten Verbesserungen gegen die Quantität Verstössen.

Nr. 8.

APIITCDNOCTOYAAH *7 ΑΝΔΡΟ ΥΑΝΝΙΑΣΤΗΣ ΤΓΛΑΤ Ο ΡΟΣΚ AITCDNTE KNCDNAYTCDNNEIKO ? TTOAGiDCKAIAAGTAN

ΔΡΟΥΙΙΝΗϋβΙΟΝ

Nr. 10.

ΠΑ . ΓΡΙ

PATIGT OYGGK THGXA

Nr. 9.

ΑΥΡΔ ΔΟΥΚΙ ρ ω ο β CTOAG

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Nr. 11.

Α Ρ Τ Ε Μ Ι Δ Ω Ρ Α

ΖΩΖΑΕΑΥΤΗΣ

ΚΑΙΤΟΥΑΝΔΡ<ΣΝΕΙ

ΚΑΝ0Ρ<ΣΚΑ1ΉΣΘΥΡΑ

Π Ι Α Δ < Σ

Nr. 12.

E p i t a p h i o n d e r K i r c h e S t . C l e m e n s in O c h r i d a .

M 4 e ? I O C Λ.ΓΓ6 Θ K V \vtyQ Θ K V KÖ Engel. Engel. Engel. Adler.

I C Frohnleichnam. X C ΘΥ6ΤΛΙΟΑ eiCANMHi A T R Ä C

I r N O C T ^ O Y toO κυρίου χαί θεού Stier. O A I P C D N τήν Tempel. χαϊ ζωτϊιρος -ημών άμαρτίαν τοϋ Ίσου Χριστού χόσμου

+ M G R N H C O Π Ο Ι Η Γ Ν ΒΟΥΛΓΑΡΟΟΝ E W Y C I A I C

Ä N A K T O C ΑΝΔΡΟΝΊΚΟν ΠΑΛΑΙΟΛΟΓΟΥ . · .

Nr. 13.

D O M I N O N O S T R

Ε . Α θ C O N S T ΑΝ

N O B C . „ S A Ö I

F A _ H Y C I

P R

Nr. 14.

Π Α Ι Δ Ε Ι Ν Κ Α Λ Ο Ν

E T C D N · Β · U H C D N ^ ? β -

Nr. 15.

I N R .

Μ M A V R E L I V S A N T O N I N V S

P I V S F E L I X A V G V S

T V S . A E T H I C V S

M A X I M V S B R E T

TAN1CVS M A X I M V S

G E R M A N I C V S M A X I

M Y S P O N T I F E M A X I

M Y S T R I B Y N I T I A E

P O T E S T X X I M P R I I I

C O S I I I I P P P - R O S R L

S T I T V I T

Α Π Ο Λ Υ Χ Ν Ι Δ Ο Υ

H -

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Nr. 16.

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ΚΛΗΡΟΝΟΜΟΙ. ΙΑΔΟΜΕΤΙ ΚΑΙΔΟΜΕΤΙΑΦ . ZI „ f . ., .. . „

ΔΙΛΕΙ I ΠΟΥΑΙΛΙΟΥΔΙΟΝΥΕΙ... ΚΑΤΑΔ „

KAEEnOINL/I Γ / T L ΜΗΝΟΕΑΠΕ

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Nr. 17.

EN^AAEKTXEOTfNMITirPANMN'HNL ΝΕΝΑΤ·ΕΚ·Μ<·Δ·ΥΚΙΝΑΡΙ·ΕΓΕΝΑΜΕΝ·ΕΑ WPeEoEEBrEBPABEYTrEEIPINEXHPCDNANTI ΛΙΜΠΤωΡ'ΡφΑΝωΝΤΡ'φΕΥΕΠΕΝΗΤω Ν:ωΤΗΡΙΑΓΎΜ\ωΝ]ΚΕΠΑΕΤίΕ<>ΝΧΕΉΡ Ο0ΔΕ2ΑΜΕΝ»ΕΑΝΑΠ.,Μ>ΝΜΓΤΑΤα,Ν

An(DNEOfEK°IW°I.XENTEMJPFINAf'

Nr. 18.

AY · · ΑΚΓΑΝΟ ΕΚΑΤΗΕΔΙΟ ΠΑΙΟΝΌΙΙΟΟΑΟΝΟΜΑΤΙΟΥΡ,,ΝβΡ ωΝ,^ΤΝΙΓτΧΡίΕΙβΜΤΟΝΖα) ΟΥ IPEONOAMITATKGAG ΥΤ Μ

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Nr. 19.

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CYNBION ICAPTGUIN ANGOHKON KATAKGAGYCIN T H C O G O Y

Nr. 20.

ΝΙΑΑΡΓΎΙ ΓΟΝΕΥΕΙΝΜΙ MHEXAPINKA-O ΔΙΕΟ,,ΤΟΟΙΑΤΗ

AYTHE

Nr. 21.

C . IVLIVS · BASSVS · CEMAT» WICOMISVFTEFXIR VIIIAVGMILANNXXV-VIXITANNLXXV · Η • R · D · Γ · CIVLIVSCAFNIALISFT-• C . IVLIVS · OLVMPVS · FT-C · IVLIVSEXPFDITVS · FT CIVLIVSFELIX P X T A M D F N IX.

Nr. 22.

ETOYCZ ONT0DN Δ ΙΟΝΥαΟΥ CTYBKPPAIOC ΟΑΝΤΑΡΧωΝ ΔΙΟΝΥΟΙΟΥ T O Y Y O Y ΤΟΥΑΓΟΡΑΝΟΜΟΥ TOYGKEIONEC

ΕΠΟΙ . I

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Nr. 23.

ΟΥΛΙΑ ΑΛ62.ΑΝΔΡΑΠΟΥ ΛΛ62ΑΝΔΡΟ) Τ ω Υ ΐ ω

62.ΑΝΔΡΟ0ΑΝΤΙ ΝΟΥΙΟΥΛΙΑΑΛ62.ΑΝΔΡΑΤΗ

ΟΥΓΑΤΡΙ GKTCDX ΙΔΙ(Ι)Ν GCTHCAN

Nr. 24.

Μ . 1? AIAIOCO ΚΑΟΥΔΡ6Υ(:Α6Τ

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Nr. 25.

Ε Ν ^ Α Δ Ε Κ Ι Έ Ε Π & Ρ Κ

Ι Ι Ν Τ Γ Ρ Α Τ Ι Ι Ι Κ Α Λ Ι Ι Ε Π Γ Ρ Ε Υ

ΗΙΕΤΙΝΤΊΕΖΙΠΗ^ΠΡΕΓΚΕΡΟ

Χ Ρ Π Ο Ε Ε Μ Μ Γ . Δ Ε Ι Ι ; Γ Α Ι Γ Α Ι Τ Ο

EXEYH-fBIENHIIIIASntfltfAIS ΚΕΙΡ4ΕΕΝΠΡΙΕΔΕ5.ΑΜΕΝα ΧΕΑΝΑΠΑΥΕΠΕΥΧΕΕΤΰΐ APILLNSHOS

Nr. 26.

ΜΑΡΚΙΑΧ

Ν ΤΗΝΕΥΜΒΙΟΝ

Nr. 27.

Ν Τ Ρ Ο Φ Ο Ν

HXOXBAE? (DNOCAL

O Y C A N H Ü D

T O Y

Nr. 28.

^ωΐΛΟΟΚΑΙΓΑΙΟΟ ΟΙΔΙΟΝΥΟΙΟΥΟΙΗΡΟ INOOYXTGCIIOCG^ÜD

Ν Ι Ο Υ ? ΚΑΠΑΗΜΙΑΟοΡφΑ

Ν(1)Ν ÜOCCIAÜÜNCDKAI

TrVATIOICrOXGYCIN τ ω χ β κ τ ω χ 6 Κ 6 ΐ

Nr. 29.

ΑΛΕ3ΑΧΔΡΟΕΚΑΙΑΙ ΛΙΑΝ Ο Ε Ο ΙΑΔΕΛφ ΟI ζ ω ΐ Λ ω τ ω Π Α Τ Ρ ί TEAEYTCDXTIKAI ΟΥΑΛΙΑΤΗΜΜΤΡΙ ΕΚΤΟ)ΝΙΔΙΟ)ΝΜΝΕΙΛΙ ΧΑΡΙΝ

Nr. 30.

ΗΡΑΚΛ6(Ι)ΝφΙΛΙΠΠΟΥ nAYAGINACTHCPYNAI KOCKAIAOYKIOYYIOYKAI

OYrArPOCTGniACTG T?

ONIIKJÜNKAIYICDNAAG 5.ΑΝΔΡΟΥ KAI κ „ c . γ „ Τ Ο Υ ζ ω χ τ ω Ν GnOIHCGNUNHMHC ΧΑΡΙΝ

Nr. 31.

ΑΥΡΗΛΙΟΙΓΑ Gl „ ΛΙΗΤΟΥ „ AAGH

Α Ν Δ Ρ ω Τ ω Π Α Τ Ρ Ι Ο Τ ν

(JLLNHMHC) ΧΑΡΙΝ

Nr. 32.

ΟΕΠΟΕΕΙΔωΝΙΟΕ

OYETPANOEAEIKDN DTPA \ E N O ~ B I ΝΕΦΡΜΙΙΕ

ΕΠΟΙΙΙΕ ΝΕΑ. · «(JDKAIMEE Δ . ΕΥΜ . . , ΚΑΙ ΜΑΡΚΕΑ

EIN Η0ΥΓ,ΤΡΙΤΞ0ΝωΕ(>(Η) C Υ Λ IN

Nr. 33.

ΟΥΑΛΕΡΙ ΑΙ ΟΥΛΙΑ ΑΥΡΗΛΙΑΔΕΚΥΜΙΑΚΑΙ

ΟΥΑΛΕΡΙΑΓΑΙΑΤΟΙΣ ΤΕΚΝΟΙΣ ΕΚΤΩΝ ΙΔΙΩΝΜΝΕΙΑΣ

ΧΑ PIN

Nr. 34.

ΚΛΑΥΔΙΑΡ ί niGICToAI ΚΑΙΑΙΛΙΑΙΡΙ CKIAAJM? CTTAPNE

ΜΤΡΑ

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Nr. 35.

ΙΟΥ ΦΙΛΕ

Nr. 36.

ZÜÜNGTT JU.NHMF

ΧΑΡΙΝ

Nr. 37.

Φ „ ΛΙΠ ΠΩ" F ΜΕΑΗ

ΗΠΕΧΜ ΒΙΟΒΕ ΑΥΤΟ ΖΟΝ ΜΝΙΑΕ ΧΑΡΙΝ

Nr. 38.

ΗΠΟΛΙΕ ΙΟΥΜΗΝΙΟΝ

Ι1ΙΑΕΤΟΝ ΤΙΤΟΝΤΟΝ

~>ΓΥ11ΝΑ W A I

IN

Nr. 39.

STOB

Nr. 40.

ΒΙίίΙ ΑΤΗ ΑΥΤΗ

Ι*ΝΙΑΕ ΑΡΙΝ

Nr. 41.

IOCT,, ,,ΙΑΔΙΑΟΙ

THXnOIHCGN

Nr. 42.

Γ · APBGIANON CG ΚΟΥΝΔΟΝ · Τ6ΙΛ\1Ε GNGKGN ΟΙ ΥΠΟ Τ6ΓΡΑΜΜ6ΝΟΙ

ΦΙΛΟΙ

Γ · APBGIANOC KAHMHC CGYHPOC AOYCIOY AYPHAIOC CGKOYNAOY Γ · ΚΑΛΠΟΥΡΝΙΟ0 MAPKOC Λ· MHOYIOC COYKAGCCOC Γ · IPANIOC φ ΡΟΝΤωΝ Γ · IPANIOC nAYGPAC Γ · TITIMOC ΑΔΡΙΑΝΌΟ CGKOYNAOC Γ ΑΔΡΙΑΝΟΥ Π· KAnPGIMOC CGKOYNAOC Κ· ΦΟΥΡΙΟ0 ΗΓΗΤωΝ CGKOYNAOC OICMIOY KOGINTOC CGKOYNAOY TAIOC CGKOYNAOY Λ\. OYAAGPIOC Α0Π6Ρ TITOC ΛΟΥΚΙΟΥ C(1)TAC ΑΛΦΙΔΙΟ0 KPICnOY

KGAGP ΤΙΤΟΥ

Κ · IOYAIOC BAPBAPOC KOGINTOC IGPCÜNOC Γ · TYPPANIOC ΡΟΥΦΟΟ Γ · TYPPANIOC .OYAAHC Λ . TYPPANIOC MAHIMOC Γ · ΑΛφίΔΙΟΟ MAPYAAOC ΠΟΠΛΙΟ0 COYKKGCCOY Μ · KOYTIOC MAPTIAAHC Λ IOYAIOC ΛΟΝΓ6ΙΝΟ0 Λ · ANOOCTIOC BACCOC MAPKOC OYHPOY IOYAIOC OYHPOY ANTinATPOC 0 6 0 Φ Ι Λ Ο Υ CGKOYNAOC ΓΑΙΟΥ AOYKIOC ΛΟΥΚΙΟΥ GIC nGNHC HPATOPOY TIBKOYTIOC nPGIMOC nOMnO)MOC MOYNTANOY

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168 /. G. ν. Hahn

Ο 6 Ο φ Ι Λ Ο 0 Α ΝΤ Ι Π Α ΤΡΟΥ Λ · ΦΑΒΙΟΟ O N H C I M O C Γ · K O P N H A I O C C 6 Y H P O C Γ · IOYNIOC O Y A A H C Π· K O Y T I O C Μ Α Κ 6 Δ Ι Ο ) Ν

K O G I N T O C Μ Α Ρ Κ Ο Υ T I T O C C G K O Y N A O C

Nr. 43.

Α Γ Α Θ Η ΤΥΧΗ E T O Y C Μ · Τ · 9 . . KEICAIOC AIPECTIA ( D C K Y T I A N O C eXAPICA Ρ Ο Υ Α · IhPIOl I H C 6 N T H . . .

. . . IGNSIÜÜN . . (DMHTAIC Α Ν Δ Ρ Ι . . XGIAIAINA Ν Α Υ Τ Ο Υ HICGPANKA

6 Κ Π ω Ν Τ Ο Τ β Ρ . . ΙΝΑΗ Λ Η Ο · ΝΚΥΟΗΔΗ

(DKAinPACIC ΠΙΝΑ N C O N ΚΑΙ ΟΡΝΙΝ M G

CIPANCDN KAI|CXA*OKA ICYOPAIN'CDNTAEGN

AIAGACIIPAITEGK AIGNKAYCÜÜCIXGKACTH

. . . . X O N K A I O P N I N M G T A R C KAPYODN T H A Y P A T I K O C B l D M O N G N M .

A O N A Y T O C e n O I H C A . . . C T P A Y A Κ Α ΙΟΥΦΙΔΝΟ Ι . . . . . T A I P . . C T . . CDB(DM(DCAN

TÜÜCIN THNIUIGPANKA . . C r . APTAICCTAITOXHI

ONOMCDN M O Y . ΠωΝ . . ONCDNIIKAHPO

Τ ω Ν · T H C IGKOP mc mo.. i . A M e N H C THNAXA

PIN Ο ΙΟΕΟΝΟΤΗΜΟΓΡΑφΗ ΠωΗΑΙΜΡΙΙΝΟΤΙΙΑ ΙΝΤΙΤΙΑΝΟΥ· Α Υ Τ Ο Υ Π Ο Ι Ο Υ Ν

T e c

Nr. 47.

E T O E <ί>ΞΣ φ Λ Α Ο ν ί Α ΝΕΙΚΗΦΝΕΙΚΑΝ

Δ Ρ Ο Υ Α Π Ο Λ AOÜNI E T E V A ΑΝΙΕ KOJEVXHN

Π ω Λ Λ ί ω Ν C I A O Y A N O Y r A I O C Μ Α Ξ Ι Μ Ο Υ Μ · C H O Y I O C n A Y A O C PAIOC Π Α Υ Λ Ο Υ M A H I M O C Μ Α Ρ Υ Λ Λ Ο Υ A Y C I M A X O C Α Ν Τ Ι Γ Ο Ν Ο Υ

Nr. 44.

ΕΤΟΥΕ OHE ΑΛΕΙΦΟΥΕΗΕ THE ΠΡ ΩΕΕΚΤΩΝΥΠΟΜ · ΒΕΠΙΟ φΙΛ \ \νθ€ Δ Ε Δ Ο ^ Λ Λ / Ή Δ Η

NAPIW ΙΝΕΙΟΕ ΚΑΕΕΙ ΑΝΟΕ φΙΛΟΞΕΝΟΕΟΕφΗ Β Α Ρ Χ Ο Ε ANETAEENTSEE ΠΑΥΤΥΕΝΟΜΝίίΕ ΕφΗ Β^ΕΔΙΑΤΕ ΤΟ ΠΑΤΡΟΕ Ε ΠΙΜ^ΛΕΙΑΕ ΜΙΓΕΤΙΟ ΟΡΕ ΕΤ$ ΠΡωΤΟΕ TATffi EnirVWHE nAWUONOY ΤΟΥ ΜΕΝ5ΔΗΜΟΥ ΠΑΡΑΜΟΝΟΕ EWTAAOY. ΛΥΕΙΕ EWEIETRATOY. EYHMEPOE ZWIAOY Μ· ΙΝΕΤΕΙΟΕ ΔΟΜΕΤΙΧΟΕ Τ · φΛΑΟΥΙΟΕ ΠΟΟΟΕ Τ · ΦΛΑΟΥΙΟΕ ΜΕΙΔΗΕ ΑΛΥΕ ΑΛΥΟΕ ·

Nr. 45.

MGCTYAAC—ΔΟΥΛΟ-OC 6ΑΥΤω ΚΑΙ C- YNRGKJÜ MiDMAKEMCCTPIU) Τ ω Υΐω MNHMHC ΧΑΡΙΝ

Nr. 46.

. . . ΜΜΙΑ

. . . . (JDCAC

. . . . ΟΝΙΔΗΛ

. . . . AYTHC ΑΝΡ . .

. TOYC ΚΟΝΤΟΝ . . .

. . NEAYTC MNHMHC ΧΑΡΙΝ

Nr. 48.

ΙΟΐΛΙΑΑΙΛΙΑ ΝΙΚΗ ΚΑΠ . . ΟΠΟΛΕΙ

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Nr. 49.

D Μ EPICTETO NVTRICIO MVIVIA CEPIA CIDA PATRON A TADI- NEPOTISIE PRO- PR- PROVING MACEDONIAE

Nr. 50.

ΠΑΡΑ ΦΙΛΙΠΠΟΥ ΤΟΥ ΠΟΣΙΔΙΠΠΟΥ ΟΡΕΣΤΟΥ Τ Ο Υ ΟΡΕΣΤΟΥΙΡΑΜΟΥ ΤΟΥ ΙΟΥΛΙΑΝΟΥ ΤΩΝΑΠΟΚΛΗ ΡΩΟΕΝΤΩΝ ΠΡΟΕΔΡΩΝ ΔΟΓΜΑΤΟΣ ΑΝΑΓΡΑΦΗ ΤΗ ΤΟΥΔΑΙΣΙΟΥΜΗΝΟΣ Τ Ο Υ ΕΝΈΣ- ΕΤΟΥΣ ΤΩΝ ΠΕΡΙ ΒΑΡΙΔΡΟΝ ΦΙΛΙΠΠΟΥ ΕΝΔΕΡΡΙΟΠΩ ΠΟΛΙ ΤΑΡΧΩΝ ΣΥΝΑΓΑΓΟΝΤΩΝ ΤΟ ΒΟΥΛΕΥΤΗΡΙΟΝ ΚΑΙ ΦΙΛΩΝΟΣ ΤΟΥ ΚΟΝΩΝΟΣ ΠΟΙΗΣΑΜΕΝΟΥ ΛΟ ΓΟΥΣ ΠΕΡΙ ΟΥΕΤΤΙΟΥ ΦΙΛΩΝΟΣ ΤΟΥ ΟΕΙΟΥ ΚΑΙ ΠΡΟΣΑΝΤΕΙΛΑΝΤΟΣ ΟΤΙ Κ-(Αϊ) ΠΡΟΤ(ΕΡΟΝ) ΤΗΝ ΕΑΥΤΟΪ ΠΑ ΤΡΙΔΑ ΕΤΕΙΜΗΣΕ ΜΕΓΆΛΩΣ Κ (Αϊ) ΤΕΛΕΥΤΩΝ ΟΥΔΕ ΤΗΣ ΚΑΤΑ ΤΗΝΒΟΥΛιΝ ΤιΛ\ΗΣ ΗΜΕΛΗΣΕΝ ΑΛΛΑφΗΚΕΝ ΑΥΤΊ ΚΑΤΑΔΙΑΟΗΚΗΝ Λ Ά φ ; ΕφΩΕΚΤΩΝ ΚΑΤ Ε ΜΑΥΤΟΝ ΕΞΑΥΤΩΝ ΓΕΙΝΟΜΕΝΩΝ ΤΟΚΩΝ ΤΗΝ ΗΜΕΡΑΝ ΑΓΟΥΣΑ ΟΥΕΤΤΙΟΥ ΒΩΛΑΝΟΥ ΕΟΡΤΑ ΣΙΜΟΝ ΕΥΩΧΗΤΑΥ ΤΗ ΠΡΟΔΕΚΑΤΕΣΣΑΡΩΝ ΚΑΛΑΝΔΩΝ ΝΟΕΜΒΡΙΩΝ ΕΔΟΞΕ Τι ΒΟΥΛΗ ΤΗΝ Τ Ο Υ ΑΝΔΡΟΣ ΣΕΜΝΌΤΗΤΗΤΑ ΚΑΙ ΒΟΥΛΗΣΙΝ ΑΠΟΔΕΞΑΣ-ΟΑΙ ΕΠΙ ΤΕΤΑΙΣ ΥΠ ΑΥΤΟΥ ΚΑΤΑ ΤΗΝ ΔΙΑβΗΚΗΝ ΓΕΓ'ΡΑΜΜΕΝΑΙΣ ΑΙΡΕΣΕΣΙΝ ΤΟ ΤΑΡΓΥΡΙΟΝ ΛΑΒΕΙΝ ΚΑΙ ΚΑΤ ΕΜΑΥΤΟΝ ΑΓΕΙΝ ΤΗΝ ΤΟΥ ΟΥΕΤΤΙΟΥ ΒΩΛΑΝΟΥ ΕΟΡΤΑΣΙΜΟΝ ΕΚ ΤΩΝ ΤΟΚΩΝ ΗΜΕΡΑΝ ΚΑΙ ΜΗΤΕ ΤΟΥ ΠΡΟΓΕΓΡΑΜΜΕΝΌν ΚΕΦΑΛΑΙΟΥ ΔΑΠΑΝΑΙΣ ΚΕΙΝΤΙ ΕΙΣ ΕΤΕΡΑΝ ΧΡΕΙΑΝ ΜΗΤΕ Τ Ο Υ ΚΑΤ ΕΜΑΥΤΟΝ ΓΙΝΟΜΕΝΟΥ ΤΟ ΚΟΥ ΑΛΛΩΣ ΟΔΟΥΣ ΦΙΛΩΝ ΗΘΕΛΗΣΕ T O TAP ΓΥΡΙΟΝ ΗΡΙΟΜΗΣΑΤΟ ΚΑΙ ΠΑΡΕΛΑΒΕΝ Ο ΕΠΙΜΕΛΗ ΤΗΣ ΤΩΝ ΤΗΣ ΒΟΥΛΗΣ ΔΗΝΑΡΙΩΝ ΛΟΥΚΙΟΣ ΛΟΥΚΡΗΤΙΟΣ ΠΡΟΥΔΗΣ

Nr. 51.

Σελίς 87 τοϋ Κώδιχος τϊ,ς Άγοιδος. —*— <ι> -

« ψ ν 5 ψευρουαρι χ ν

Ί σ ο ν άπαράλλαχτον τοϋ χωλυτιχού γράμματος.

"Τ Λιά τοϋ παρόντος συμψωναιχοϋ και ίμολογητοϋ γράμματος δτηλοποιούμεν άπαντες ήμεΐς oi ύποχάτω$ί·* ξεγραμμένοι τ-ης ποΧιτίας "Αχριδος, οτι χοινγ γνώμη χαΐ αύτοπροαιρέτω εχλογγ, στογαζόμενοι χοινώς το συμψέρον τί,ς

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πολιτίας ημών, κ α ι προβλέποντες τά δσα προς βλαβών καί ζημίαν, διωρίσαμεν συμψώνως, καί άπεψασίσαμεν βεβαίως άπό τού ν υ ν ν ά μ ή εχη κάμμία άπό ταϊς γ υ ν α ί κ ε ς ττ,ς πολιτίας μας νά ψτιάση χηταΐ1), μήτε ψτιασμένον ν ά ψορέση, μήτε γούναν, μήτε έζουμπεί, μ ή σ κ ο υ ^ ί α ν , μήτί ά λ ί κ ο ν / 5 ο ΰ χ ο , μήτε λουλούδια κ ε ν τ η τ ά ν ά βάνουν είς ταΧς σκούψιαις καί σείψιλα. Έτι μήτε ψλοριά νά κρεμάσουν εις ταις σκούψιαις ή ε ι ς ά λ λ ο re εΓοΌς ε ι ς τ ο κ ε φ ά λ ι α π ά ν ω ή ε ι ς τ ά σ τ ή θ ι α

κ ά τ ω , μετά μαργαριτάρια δπου βαστούν, όλότερα νά μ ή εύρεση εις αύταις μήτε άκαίριον ψλορί, μήτε μισό, μήτε κλαμποδάνι2) ε ι ς βρακιά δπου κεντούν. ΙΙροσέτι κοινώς $εσπίζομεν οι πατέρες και οι μητέρες εις τάς προικοδοσίας νά μήν έ χ ο υ ν ν ά δώκουν παράνω άπό πέντε κ ο υ λ α κ λ ή κ ι α κ α ι 3 ) £ ε κ α πέντε μανδηλια, ω σ ά ν δπου τά τοιαύτα εί$ίσματα μας βλάπτουν. Kai λοιπόν δποια άπό ταϊς γυναίκες ή$ελεν έναντιω$η είς την κ ο ι ν ή ν μας προσταγής και τολμηση ν ά

βαστά ή γηταϊ ή λουλούδια κεντητά εις την σκούψιαν και σεϊρμα ή ψλορία, ή εις την προικοδοσίαν νά δίδη παράνω άπό τι διωρίσαμεν, ει μεν ε χν } αυτού τον άνδρα της νά πλήρωση έζεριμέν αυτός, διά τι δεν την εμποδίζει, άσλάνια είκοσι, ει δε και λείπη 6 άνηρ α υ τ ή ς , νά πλήρωση μοναχή τ ο έζεριμέν. Δ ι ά τούτο λοιπόν έγένετο και το παρόν κωλυτικόν γράμμα της κοινότητος, και κατεστρω$η τω ίεροκώδικι της εκκλησίας ε χ ο ν τ ο κύρος εν παντι τόπω κ α ι χ ρ ό ν ω .

Von 9 Priestern und 50 Laien unterschrieben.

Nr. 52.

Σελίς 98 τού Κωδικός της "Αγριδος.

jx. ψ - η άπριλίου α

7\σον άπαράλλακτον τού κωλυτικού γράμματος.

Τ Αιά τού παρόντος συμφωνητικού καί όμολογητού γράμματος δηλοποιούμεν έμπροσθεν τού Ά ρ χ ι ε ρ έ ω ς

άπαντες ημείς οι ύποκάτω^εν γεγραμμένοι της πολιτίας " Α χ ρ ι ο ο ς , δτι κοινή γνώμη καί αύτοπροαιρέτω εκλογή σ τ ο χ α -

ζόμενοι κοινώς το συμφέρον της πολιτίας ημών και προβλέποντες τά δσα προς βλάβην και ζημίαν, διωρίσαμεν σ υ μ ­

φ ώ ν ω ν κ α ι άποψασίσαμεν βεβαίως, άπό τού ν υ ν έζεκόψαμεν έκεϊνα τά είρημένα πέντε κουλακλήκια και τά δέκα πέντε μαντίλια, δπου έδίδωνταν, νά μην δίδωνται άπό τ ο μέρος τού γαμβρού, αν ε χ γ } πατέρα καί μητέρα καί τον κουμπάρον, μόνον εις αύτουνούς νά δίδηται τό κατά τ ο πρώην σ υ ν ή θ ι ο ν , ει δε καί δέν εχτρ πατέρα, και μόνον μητέρα, μόνον εις την μητέρα, αν δεν ε ΐ χ α ι καί μητέρα, ουδέν ου όμοιος καί είς τό μέρος της νύμψης ώς κ α θ ώ ς γράψομεν άνωθεν τοιουτο­τρόπως καί είς αυτό τό μέρος, καί η ε υ χ ή είς τά μνηστρα ήγουν τού άραβώνος νά μην πηγένη ούτε άνδρας ο ύ τ ε

γυναίκα, μόνον είς τον ιερέα νά δίδηται τό μαντίλι, καί ε υ χ ή είς την έκκλησίαν νά διαβασ$η τούς μπρατίμους, καί μάγειραν καί κ ι λ ε ρ ψ ΐ ν καί γαϊδαψίν, και τ ω ν προικοψόρων άλογων ο λ α α υ τ ά ν ά δίδωνται * κ α ί ο ιά τούτο λοιπόν έγένετο και το παρόν κωλυτικόν καί άψορεστικόν γράμμα της κοινότητος έμπροσθεν τού ά ρ χ ι ε ρ έ ω ς , κληρικών τ ε ιερέων καί πάντων τ ω ν χριστιανών · κ α ί κατεστρώ$η τω ίεροκώδικι της εκκλησίας, ί χ ο ν τό κύρος έν παντι τόπω καί χ ρ ό ν ω .

ι) Rother Atlas. 2) Goldene Tresse.

3) Weisse Schleiertücher.

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Anhang II. Bemerkungen über die Kartenskizze.

Von dem beigegebenen Croquis lässt sich nur so viel behaupten, dass es weniger unrichtig ist, als alle bis jetzt vorhandenen Karten; dass es aber auf ohartographische Genauigkeit keinen Anspruch hat.

Der Versuch, durch Längen- und Breitenbestimmungen der Hauptpunkte der hier verzeichneten Land­striche feste Anhaltspunkte für deren Darstellung zu gewinnen, ist nämlich nur insofern geglückt, als alle ver­messenen Orte ihre richtigen Breitenpunkte erhielten; was aber die Längenmessungen betrifft, so muss der Verfasser sie durch die den Instrumenten zugestossenen Unfälle zum grössten Theile als missglückt betrach­ten. Die Erschütterungen und Stösse während des Transportes zu Pferde, namentlich aber verschiedene Stürze, wirkten sehr nachtheilig auf deren Gang. Bei einem der letzteren sprang der Büchsenbarometer um 5 Minuten vorwärts; in Ochrida vergass der Verfasser während der Abwesenheit des Herrn von Spaun die Chronometer aufzuziehen und als er daran dachte, fand er nur noch den Büchsenchronometer im Gange, den Taschenchronometer aber abgelaufen. Bei solchen Unfällen ist es wohl nicht auffallend, wenn der Verfasser ausser Stand war, die meisten der gefundenen Punkte mit seinen Erhebungen und den vorhandenen Quellen in Ubereinstimmung zu bringen. In solchen Fällen war er dann genöthigt, zu den Bestimmungen der grossen Kiepert'schen Karte selbst dann zurückzukehren, wenn er von deren Ungenauigkeit überzeugt war. So wird ζ. B. der Weg von Tiranna nach Dibra allgemein auf 18 türkische Stunden angegeben; er misst auch genau so viel auf der Kiepert'schen Karte. Nun führt aber dieser Weg zum grössten Theile durch zerrissene Ge­birgsgegenden; alle seine senkrechten und wagrechten Curven erscheinen also hier gerade gelegt, und die Entfernung ist nothwendig zu gross; da ihn aber unsere Vermessung noch um einen halben Grad verlängert, so musste der Verfasser, um nicht ganz ausser Rand und Band zu kommen, seinem einmal gewählten Vor­bilde folgen.

Die einzige, allerdings nicht zureichende, Längencontrole für seine Arbeit ergab sich dem Verfasser aus der mit möglichster Sorgfalt ausgearbeiteten Vergleichung der über die Distanzen der römischen Via Egnatia erhaltenen vier alten Itinerarien mit den heutigen Distanzangaben, deren Vereinigung ihm bis auf geringe Differenzen gelungen ist. Es ist dies nicht das erste Mal, dass er in seinen Untersuchungen über die Geographie der europäischen Türkei an römische Quellen als die einzigen bis jetzt vorhandenen verwiesen war1).

Seiner Arbeit liegt, wie bereits erwähnt, die grosse Kiepert'sche Karte in dreifacher Vergrösserung zu Grunde, welche bekanntlich unter den vorhandenen die weitaus beste ist. Diese auf 9 Blätter vertheilte Ver­grösserung erhielt ein Netz von zu 50 auf den Breitegrad, so dass (die türkische Wegstunde zur geographi­schen wie 5:6 angenommen) jedes Quadrat beiläufig einer halben türkischen Quadratstunde entsprach. In die so vorbereitete Zeichnung wollte nun der Verfasser seine Wahrnehmungen und Correcturen einzeichnen. Was jedoch im Zimmer recht praktisch erschien, zeigte sich im Freien meist als unausführbar; denn nur allzu­oft standen die Wahrnehmungen des Verfassers mit seiner Vorlage in solchem Widerspruche, dass Verbesse­rungen nicht ausführbar waren und er, so gut es gehen wollte, seine eigenen Wege gehen musste.

Der Verfasser muss aber ausdrücklich bemerken, dass er einestheils in der Chartographie nur Dilettant ist, und anderntheils, dass er bei seiner Reise nicht, wie ζ. B. Dr. Barth, wesentlich chartographische Zwecke verfolgte, sondern allgemeinere ethnographische und nationalökonomische Fragen vorzugsweise im Auge hatte. So versteht er ζ. B. wohl, wie man bei einer Winkelmessung vorzugehen hat, aber es fehlt ihm an der nöthi-gen Übung , um damit rasch und sicher vorzugehen. Durch die Erfahrung gegen seine eigenen Messungen misstrauisch gemacht, peilte er daher nur da, wo er es mit der nothwendigen Ruhe thun konnte, und das war nicht oft der Fall. Nicht selten hätte auch in gleicher Lage selbst dem Mann vom Fache die Möglichkeit zu Messungen gefehlt. Wenn ζ. B. der Leser das nachlesen will, was der Verfasser in den beiden Abtheilungen des Werkes über die Matia beibringt und dabei bedenkt, dass er nur drei regnerische Tage dort war und am

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ersten Tage 4, am zweiten 15 und am dritten 14 türkische Stunden zurücklegte, dass er also seine meisten Notizen reitend (vieles beruht auch auf Nachträgen) machen und dabei bedacht sein musste, seine Schreib­tafel vor dem Regen zu schützen, so wird er nicht von ihm verlangen, dass er auch noch Winkel nach den verhängten Bergspitzen schlagen sollte. Oder wäre es vernünftig gewesen, während er sich den Drin aufwärts quälte, sein Boot anzubinden und nach einem Tausende von Fussen hohen Orientirungspunkte herum-zuklettern?

Unter diesen Umständen begnügte er sich daher meistentheils mit Richtungsangaben nach den 32 Stri­chen der Windrose. Bei der Zeichnung nahm er da, wo dies möglich war, die Abweichung der Magnetnadel auf 11 Grade an.

Wenn sich der Leser nun auch noch an das erinnert, was der Verfasser in der Einleitung zu den chrono­graphischen Notizen über die Stundenkenntniss der Eingebornen oder vielmehr deren Mangel gesagt hat, so erhält er einen ungefähren Massstab zur Beurtheilung der chartographischen Genauigkeit seiner auf eigener Anschauung beruhenden Angaben.

Der Verfasser unternahm es aber sogar, auch nach fremden Angaben Gegenden zu skizziren, die er nie gesehen hat. Bei dem primitiven Stande unserer gegenwärtigen geographischen Kenntniss der Türkei pflegt nämlich der Verfasser sich nicht auf das unmittelbare Gesichtsfeld der durchwanderten Räume zu beschränken, er ist stets bestrebt, auch über das jenseits desselben Gelegene so viel Stoff als möglich zu sammeln, um sich ein möglichst allgemeines Bild über die Gegenden zu bilden, in denen er sich befindet. Er sammelte daher auch diesmal so viel Angaben, als in seinen Kräften lag. Sollte nun die Karte ihre H a u pt b estirara u ng erreichen und dem Leser durch eine graphische Darstellung den Einblick in die Erhebungen des Verfassers erleichtern, so musste sie sich auch über das blos Erfragte verbreiten, und hier leidet dann die Zeichnung an allen Mängeln der erhaltenen Auskünfte. Auch war der Verfasser zu dessen Aufnahme um so mehr verpflich­tet, als die grossen Widersprüche seiner Erhebungen mit den vorhandenen Karten den Leser bei jedem andern Verfahren statt ihn zu unterstützen, nur verwirrt haben würden.

Hier ergaben nun seine während der Reise gemachten Erhebungen grosse Lücken, und um diese zu füllen, blieb ihm kein anderes Mittel, als der briefliche Verkehr mit Bewohnern der betreffenden Gegenden. Er trat zu dem Ende mit 21 Personen (meistens katholischen Geistlichen) in Verbindung und wechselte mir etwa der Hälfte von ihnen so lange dünnere und dickere Hefte mit Fragen und Antworten und grössere und kleinere Kartenskizzen, bis ein einigermassen befriedigendes Resultat erzielt wurde. So unvollkommen dieses aber auch ausfiel, es ist immer noch besser als das bis dahin Vorhandene.

Nachdem der Verfasser somit treuen Bericht über den chartographischen Werth seiner mühseligen Arbeit abgestattet, glaubt er es sich selbst schuldig zu sein, auch einen Blick auf die durch dasselbe erzielten Hauptverbesserungen zu werfen.

Im Vergleiche mit der Kicpert'schen Karte erscheint das Gebiet des Arc.cn um mehrere Stunden ver­kürzt. Nach den Erhebungen des Verfassers in seinen albanesischen Studien hatte diese Karte bereits den Archen von dem Ischmi geschieden und ihm eine besondere Mündung ins Meer gegeben. Die vorliegende Skizze verzeichnet den von dem Verfasser auf dieser Reise entdeckten Bogen des Aryen gegen Norden, wel­cher zeigt, wie entschuldbar dessen Verschmelzung mit dem Arc.cn auf den älteren Karten ist.

Sie verzeichnet das entdeckte Quellgebiet des Ischmi in der Landschaft Bena und rückt das sich auf der Kiepert'schen Karte über diese Landschaft erstreckende Quellengebiet der Hurdassa nach Norden. Die Krojabcrge erscheinen hier von der Bergkette getrennt, welche die Wasserscheide zwischen dem Ischmi und Mati bildet.

Sie deutet die entdeckte Hauptquelle des Mati an und dehnt dadurch dessen Gebiet um etwa 4 Stunden gegen Süden aus. Sie ordnet einigermassen die Zuflüsse des Mati (hier bleibt noch viel zu thun).

Sie verlegt die entdeckten Quellen des grossen Fandi in den Bogen, welchen der Drin gegen Norden beschreibt, und verändert dadurch seine bisherige Richtung von Ost nach West und die von Nordost nach Südwest.

Sie gewinnt hierdurch Raum für die 5 Bairak der Mireditten, weicher auf den früheren Karten fehlte, und gibt die erste Darstellung der Miredittenlandschaft.

Sie trennt die beiden südlichsten Zuflüsse des Drin, den Gjadri und die Gamsitschja, welche früher zu einem Bache verschlungen waren.

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Sie dehnt den schon von der Kiepert'schen Karte verzeichneten Bogen des Drin noch weiter gegen Nor­den, deutet die entdeckten Zuflüsse von Norden her an und berichtigt die bereits angegebenen so gut es gehen wollte.

Sie deutet an, dass das Thal des schwarzen Drin von der Hauptkette des Schar durch die Gebiete der Ljuma und Rjeka getrennt ist, von denen das erstere kaum, das letztere gar nicht bekannt war, und zeigt hierdurch, dass die Scharkette noch eine vollkommene terra incognita ist, welche ihrem Entdecker noch ent­gegensieht. Auch deutet sie die Zuflüsse des schwarzen Drin, so gut es gehen wollte, an, von denen meh­rere neu sind.

Sie erweiterte die Entfernung zwischen den Städten Dibra und Kritschowo von 6 auf 12 Stunden, eine Folge des streng nordsüdlichen Laufes ihres Wardar, konnte jedoch trotzdem keine befriedigende Stelle für die letztere Stadt finden.

Sie erweitert die Breite des Sees von Ochrida um ein Drittel, verbessert die Lage der um denselben liegenden Ortschaften und verzeichnet dessen Zuflüsse. Sie erweitert den Zwischenraum zwischen den Seen von Ochrida und Melik und gibt einen, wenn auch sehr unsicheren, so doch der Wahrheit entsprechenderen Umriss der Seen des Beckens von Prespa als die vorhandenen Karten.

Sie dehnt auf der Strasse von diesem Becken nach dem von Monastir das Gebiet der Schemnitza gegen das des Dragor noch weiter gegen Osten au?>, als dies der Verfasser auf seinem zweiten Croquis zur Reise von Belgrad nach Salonik gethan hat, welches in das vorliegende ohne wesentliche Veränderungen aufgenommen wurde; er kann daher in Bezug auf diesen Theil auf das erwähnte Reisewerk verweisen.

Das vorliegende Croquis der langen und hohen, bis jetzt unbekannten Gebirgskette von Moglena an, welche das Bachgebiet dieser Landschaft von dem der Czerna trennt, gibt eine verbesserte Darstellung dieser Landschaft.

Der Stromlauf des Wardar wurde, namentlich oberhalb des Passes des eisernen Thores, wesentlich ver­ändert, ohne dass darum dessen vollkommene Sicherstellung gelungen wäre. Die von den Karten bisher ver­zeichnete Stadt Demir Kapu, in der Nähe der gleichnamigen Wardarenge, wurde als nicht vorhanden gestrichen, alle an den beiden Ufern dieses Flusses gelegenen Ortschaften wurden verzeichnet und dessen Engen angegeben, und sein unteres Rinnsal erhielt streng nordsüdliche Richtung.

Die Küstenlinie des Golfes von Salonik wurde der zweiten Karte zur Reise durch das Innere der euro­päischen Türkei von Dr. Barth entnommen, welcher Cap. Grares Seekarte von 1850 zu Grunde liegt.

Der Fahrweg von Salonik nach Kumanowo wurde nach den in den chorographischen Notizen ent­haltenen Angaben gezeichnet, nach welchen Doiran mit seinem See nicht 16, sondern nur 12 St. von Salonik und Awret Hissar nicht V/2J sondern 3 St. vom Wardar entfernt sind.

Die Küstenlinien des adriatischen Meeres folgen der grossen Kiepert'schen Karte, mit Ausnahme einer kleinen, nach einer neueren englischen Seekarte vorgenommenen, Verlängerung des Cap Rodoni.

Endlich wurden sämmtliche theils selbstbereiste, theils erfragte Weglinien und sonstige Angaben der chorographischen Notizen, so gut es gehn wollte, in die vorliegende Skizze eingezeichnet. Sie sind zum grössten Theile neu. Doch enthält dieselbe nur das, was der Verfasser entweder selbst gesehen oder erfragt hat, daher mussten eine Masse Namen der Kiepert'schen Karte ausfallen, denn der Zweck des Verfassers beschränkte sich darauf, ein graphisches Bild seiner eigenen Erhebungen zu geben.

Durch die angegebenen Verbesserungen wird der Gesammtanblick der betreffenden Landstriche wesentlich verändert, und so lange dies möglich ist, bleibt die chartographische Genauigkeit der Details noch Nebensache. Von diesem Standpunkte wünscht der Verfasser seine Arbeit beurtheilt. Möchten sich nur recht bald Nachfolger finden, welche die hier angebahnten Wege verbessern, möchten sie aber auch bedenken, dass es ebenso verführerisch als unbillig ist, auf den Schultern des Vorgängers stehend, nur ein Auge für dessen Verstösse zu haben. Wer Schleussen durch den Urwald zu schlagen hat, darf nicht an deren Glättung denken, sonst kommt er nicht weit, und ultra posse nemo tenetur.

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Inhalts-Verzeichniss der ganzen Abhandlung.

E i n l e i t u n g

Seite

(Band X V , 2. Ahth.j I

Erste Abtheilung. Reiseskizzen.

I. Durazzo (Bd. X V , 2. Abth.) II. Nderrenje

III. Tiranna IV. Bena V. Matja

VI. Bischkasi VII. Delbinischt 30

VIII. Leech 33 IX. Skodra 35

X. WauDeise 36 XI. Wjerda 42

Seite 1

3 7

15 16 27

XII. Karma XIII. Komana XIV. Bukurischt . . . . X V . Ende der Schifffahrt

XVI . Merturi XVII. Firza

44 52 57 60 64 67

XVIII. Spasch 75

Seite

XIX. Prisrend 79 X X . Radomir 81

XXI. Diwra 90 XXII. Struga 97

XXIII. Der See von Ochrida . 100 XXIV. Die Stadt Ochrida 112

X X V . Geschichtliches über Ochrida 123 X X V I . Resnja 135

XXVII . Monastir 141 XXVIII. Prilip 145

XXIX. Welesa 151 X X X . Stobi 158

X X X I . Demir Kapu . 1 6 0 XXXII . Gradetz 173

XXXIII. Tempelreete beim Zigeunerschlosse 175 X X X I V . Gjewgjeli 178

X X X V . Die Wardarbrücke 180

Zweite Abtheilung. Chorographische Notizen.

Seite

V o r b e m e r k u n g (Band XVI, 2. Abth.) 1

Ad I. Durazzo. — Kürzester Weg von Durazzo bis Alessio längs der Küste, 12 Stunden 3

Ad II. Nderrenje. — Der Arcenfluss.

I. Quellengebiet 3

Π . Dörfer von Mul4t bis zur Beschirbrücke. a. Rechtes Ufer 4 b. Linkes Ufer 4

III. Dörfer von der Beschirbrücke bis Nderrenje. a. Linkes Ufer 4 b. Rechtes Ufer 5

IV. Dörfer von Nderrenje bis zum Meere. a. Rechtee Ufer 5 b. Linkes Ufer 5

Seite

Ad IV. Bena. —- Reise von Tiranna nach Bena. Beschrei­bung der Benamulde 5

Ad V. Matja.

a. Quelle des Matflusses und Reise von Bazar Matese nach Kula Matese 10

b. Weg von Kula Matese nach Tiranna 11 c. Von Kula Matese nach Diwra 11 d. Weg von Kula Matese bis zur Wecirbrücke des

Drin 11 e. Weg von Kula Matese nach Lesch 12 f. Perlatai . . . 12 g. Kethella 12 h. Seiita 13 i . Der Weg von Seiita nach Burgajet 13 k. Weg von Seiita nach Lurja 13

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Seite

Ad VI. Bischkas.

a. Kurbino und seine Nachbarschaft . . . 14 b. Weg von Kurbino bis Kroja 14 c. Die Bäche Droja und Schen-Liu . . . . 15 d. Mal-i-barth (Weisser Berg) 15

Ad VII. Delbinischt. — Reise von Kula Matese über Bischkas nach Delbinischt . . . . . . . 15

Ad VIII. Lesch.

a. Reise von Delbinischt nach Lesch . . . 16 b. Weg von Lesch nach Wau-De'ise . . . . 16 c. Der Gjadribach 16

Ad IX. Skodra.

a. Dörfer an der Strasse von Skodra nach Wigu, von Skodra bis Naroschi . . 18

b. Beschaffung des Drin von Skodra bis zum Felsen von Brica 18

c. Fussreise von Merturi nach Firza . . . . 23 d. Dörfer längs des Drin von Firza bis

Spasch 24 e. Reise von Firza nach dem Han Wau

Spaschi 24 f. Reise von Spasch zum Wecir Han . . . 26 g. Reise von Wecir Han nach Prisrend . . 26 h. Die südlichsten Zuflüsse des weissen Drin.

1. Rjeka von Prisrend . . . . . . . . 28 2. Topiuscha 28

i. Strasse von Spasch nach Wau De'ise. 1. Goska-Gebiet 29 2. Fandi-Gebiet 30 3. Drin-Gebiet 31 4. Gamsikja-Gebiet 32

Ad XVII. Firza.

a. Strasse von Firza nach Djakova . . . . 33 b. Quellen der Walbona und Buschteritza . 33 c. Hauptstrassen im Dukadschin 34 d. Bergketten von Merturi bis Kunare Darese 34

Ad XX. Radomir.

a. Von Prisrend bis Radomir und von da bis Diwra 35

1. Von Prisrend über Radomir . . . . 35 2. Von Radomir nach Diwra 36

b. Beschreibung von Lurja 38 c. Bach von Lurja, Ljum Molla 38 d. Weg von Lurja nach Orosch 39 e. Weg von Lurja nach Radomir 39 f. Weg von Lurja nach Delbinischt . . . . 39

Ad XXI. Diwra.

a. Umgegend von Diwra 40 b. Der Radikabach.

Bericht 1 41 Bericht 2 41

c. Weg von Diwra nach Kritschowo . . 42 d. Witto-i-cece 42 e. Weg von Diwra nach Gur-i-barth in Matja 43 f. Weg von Diwra nach Elbassan . . . . 43 g. Die westliche Fortsetzung des Korab . . 43

Seite

Ad XXII. Struga.

a. Reise von Diwra nach Ochrida . . . . 44 b. Verzeichniss der an dem Westrande der

Ebene von Struga von Nord nach Süd gelegenen Dörfer 45

c. Gerader Weg von Struga nach Monastir, welcher Ochrida und Lesnja südlich lässt 46

Ad XXIII. See von Ochrida.

a. Orte am See von Ochrida 46 b. Weg von Starowa am See von Ochrida

nach Gordscha 47 c. Der Dewol-Fluee · 48 d. Weg von Biglista nach Florina . . . . 49 e. Weg von Gordscha nach Ljubanitza . . 49 f. Weg vom Kloster Sweti Naum nach Resnja 49

Ad XXIV. Stadt Ochrida.

a. Weg von Ochrida nach Elbassan . . . . 50 b. Weg von Ochrida nach Kritschowo oder

Krtschawa und der Satezkabach . . . 51 c. Sommerweg von Ochrida nach Resnja

über die sogenannte Petrina . . . . 52

Ad X X V . Ebene von Ochrida 52

Ad X X V I . Resnja.

a. Ebene von Resnja oder Ober-Presba . . 53 b. Die Seen von Presba und Wentrok . . . 53 c. Dörfer der Nord- und Ostseite der Seen

von Presba und Wentrok 55 d. Weg von Resnja nach Gordscha . . . . 56

Ad XXVII . Monastir. — Reise von Resnja nach Monastir 56

Ad XXVIII. Prilip. — Wege von Prilip nach Ochrida über Diawato . . . . 57

Ad XXIX. Welesa. — Reise von Welesa nach Demir Kapu 58 Orte am Wardar von Welesa bis Demir Kapu 58 Orte von der Tschernamündung bis Demir

Kapu 59

Ad X X X . Stobi. — Einige Notizen über das untere Tscherna-Gebiet 60

Ad X X X I . Demir Kapu.

a. Beschreibung von Demir Kapu . . . . 01 b. Boechowabach 62 c. Weg von Prilip nach Kawadar 63

Ad XXXII . Gradetz.

Dörfer länge des Wardar südlich von Demir Kapu 63

Dörfer abwärts von Dawidowo 64 Dörfer jenseits des mit dem linken Ufer paral­

lelen Höhenrückens 67

Anhang I.

1. Weg von Welesa (Köprülü) nach Salonik . . . 69 2. Fahrweg von Salonik bis Kumanowa 69 3. Reitweg von Salonik nach Doiran 70 4. Fahrweg von Salonik nach Do'iran 71 5. Der Salzsee Atzi Gjöl 71 6. Do'iran und sein See 71

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176 J G. ?\ Hahn Seite

Anhang II.

Die Landschaft Moglena 72

Weg von Wodena nach Kawadar 74

I. Weg über Sborsko . . 74 II. Weg über Notje und den Berg Boule . . . 75

III. Weg über Petrowo 75

Anhang III.

Über den Quellsumpf des Karakajariusses . . . . 76

Anhang IV.

Bemerkungen über die geographischen Ortsbestim­mungen von J . F . Julius Schmidt, Director der Sternwarte zu Athen . . 76

Ortsbestimmungen 77

Anhang V. Berechnung der Höhenmessungen von J . F. Julius

Schmidt, Director der Sternwarte zu Athen . . 78 a. Die Instrumente . . . 78 b. Die Reisebeobachtungen 79 c. Die correspondirenden Beobachtungen . . . 79 d. Berechnung der Beobachtungen 80 e. Sicherheit der Resultate (Seehöhen in Toisen) 80 f. Höhenverzeichnise 81

Anhang VI. Wassertemperaturen 82

a. Temperatur des Drin (1863) 82 b. Temperatur des schwarzen Drin 82 c. Temperatur des Wardar 83 d. Temperatur des Sees von Ochrida 83 e Temperatur von Quellen 83

Dritte Abtheilung. Geschichtliches, Volkswirthschaftliches, Statistisches.

Seite

Erster Abschnitt. Beiträge zur Geschichte von Mittel-Albanien. Nach den Funden des Herrn Prof. Dr. Karl Hopf 84

Überblick 85

§. 1. Auszüge aus venetianischen und genuesischen • Urkunden 87 |

§. 2. Auszüge aus neapolitanischen Urkunden. — Die Zeit der neapolitanischen Herrschaft in I Albanien 88

§. 3. Auszüge aus Urkunden des Archives von j Mailand 95

§. 4. Über die Aufzeichnungen Giovanni's Musaki, Despoten von Epirus . . . 96

I. Die Musaki 97 Besitzungen des Geschlechtes der Musaki 102

II. Die Thopia 106 A. Küstenlinie 106 | B. Hochlandlinie 109 !

ι III. Die Groppa 115 j

IV. Die Kastrioten 115 |

V. Die Branai oder Brana Conte 121

VI. Die Dukadschin 121

VII. Die Dynasten von Daina (ita'. Dagno) . . 123

VIII. Die Czernovich 123

IX. Die Zarbissa Zenebisi von Argyrokastron . 124

X. Die Zardari 125

XI. Die Spathas 125

XII. Die Tocco 126

XIII. Die Balschen 126

Zweiter Abschnitt. Mittheilungen über die katholischen Bisthümer in Albanien und die wirtschaftlichen Zustände ihrer Bevölkerung 131

Vorbemerkung 131 1. Das Erzbisthum Antivari . . 133 2. Das Bisthum von Skutari 135 3. Bisthum von Sappa oder (Jadrina 140 4. Bisthum von Alessio 142 5. Mireditta 144 6. Das Bisthurn von Pulati 145 7. Erzbisthum von Skopia 146 8. Erzbisthum von Durazzo 146 9. Volkswirtschaftliche Bemerkungen über den

Bezirk von Awlona 147 10. Preisliste 148 11. Getreidemasse 149 12. Gewichtmasse 150

Dritter Abschnitt. Beiträge zu den Rechtsbräuchen der Mireditten 150

Vierter Abschnitt. Über die Bevölkerung von Salonik und die dortige Secte der Deunme 154

Fünfter Abschnitt. Studien über die Via Egnatia . . . . 156 I. Von Dyrrhachium nach Scampae 156

II. Von Scampae nach Lignidus 156 III. Von Lignidus nach Heraklea 157 IV. Von Heraklea nach Edessa 158 V. Von Edessa nach Thessalonica 158

Anhang I. Inschriften 159

Anhang II. Bemerkungen über die Kartenskizze 171

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Verbesserungen. Erster Thei l .

S. 1, Zeile 7, statt reiche — schiffbar sei — C. pag. 310 Δρίλων ποταμός άνάττλουν εχων μέχρι της Λοφοανικν; Zeile 10, vergeblich auf berufenere Unternehmer.

S. 17, Zeile 5, Matjakette auf 3000 Fuss schwerlich zu tief. S. 34, Zeile 5, vorüberführt. S. 41, Zeile 31, statt gesehen 1. gelesen.

Zeile 34, die Anführungszeichen von GrisebaclTs Worten sind an das Ende des Absatzes zu rücken. S. 43, Zeile 13, fortfuhren. S. 49, Zeile 38, Fuchsspuren. S. 80, Zeile 30, Zerna Gora. S. 124, Zeile 27, zu unserer. S. 135, Zeile 2, (ta kapna). S. 138, Zeile 7, sieben, fusshohe, ö . 169, Zeile 5, Paulus.

Zeile 6, Epirus zu streichen.

Zweiter und dritter Thei l .

S. 112, Zeile 13, statt Wrener 1. Wrenes. Zeile 34, statt Myrna 1. Myrxa.

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Bemerkungen über die Construction der Karte.

Ton H. Kiepert«

Das wesentlichste Verdienst der beiden grösseren von Herrn v. H a h n in der europäischen Türkei 1858 und 1863 ausgeführten Reisen, besonders der zweiten, gegenüber den Berichten anderer Forscher, besteht in der durch Erkundigungen bei landeskundigen Bewohnern gesammelten Masse topographischer Details über ausgedehnte, vom Reisenden nicht unmittelbar berührte Landstriche, wie sie in den chorographi­schen Abschnitten beider Reisewerke niedergelegt sind. Diese Menge sich gegenseitig ergänzender und con-trolirender, glücklicherweise nur in seltenen Fällen einander widersprechender Entfernungsangaben zu einem einigermassen wahrscheinlichen Kartenbilde zu combiniren, war eine der nächsten Aufgaben, welcher der Herr Verfasser selbst sich unterzog; doch, indem er dabei zur Erleichterung dieses überaus mühseligen Geschäftes das Verfahren anwendete, das vergrösserte Netz und die Positionsbestimmungen meiner, in den betreffenden Theilen äusserst unvollkommenen, weil aus wenig verlässlichem Material hervorgegangenen Karte der Türkei zu Grunde zu legen, also das neugewonnene, reichhaltigere und zuverlässigere Material nur im Detail zu verwerthen, in der Hauptsache aber dem älteren und ungenaueren zu accommodiren, so konnte er, wie er selbst aufrichtig ausspricht (Reise von Belgrad nach Salonik, Β . X I dieser Denkschriften, S. 130) nur zu einer unsicheren und unbefriedigenden Construction gelangen. Diese Erfahrung liess für die zweite Reise den hohen Werth gesicherter Positionsbestimmungen für einzelne Hauptpunkte im Inneren (während bisher für diese Gegenden nur die Küstenpunkte durch Marineaufnahmen fixirt waren) um so mehr erkennen, als die neue Route sich noch weniger als die erste in einer annähernd geraden Linie, sondern in vielfachen scharfen Wendungen bewegt und die unterwegs gemachten Aufzeichnungen über Wegerichtungen und Distanzen zu einer leidlich genauen Construction der Route nicht ausreichen. Eine schärfere Fixirung der Hauptpunkte der Route zu bewerkstelligen, sollten die von dem seemännischen Begleiter der Reise, Herrn von Spaun, an 16 Orten ausgeführten a s t ronomischenBeobachtungen dienen, gegen deren Zuverlässig­keit, was die Breitenbestimmungen betrifft, kein gegründeter Zweifel obwaltet. Anders verhält es sich mit den bekanntlich bei weitem schwieriger mit der für topographische Zwecke erwünschten Genauigkeit aus­zuführenden L ä n g e n b e s t i m m u n g e n ; dass dieselben wenigstens zum Theil erhebliche Fehler enthalten mussten, war Herrn ν. Η a h η schon beim ersten Versuche einer Combination seiner itinerarischen Daten aufgefallen. Es lag auf der Hand, dass zwei fast unter gleicher Breite am Südufer des Ochrida-Sees liegende, auf dem geraden Landwege nur etwa l i / a Stunden von einander entfernte Punkte, wie Bogradetz und S. N a u m , nicht einen Längenunterschied von 27 Minuten, wie ihn die Beobachtung herausstellte, haben konnten; dass die beobachteten Differenzen von 42' und 15 V«' zwischen Ochrida-Resnja und R.-Bitolia den mehrfach gleichlautend bezeugten Weg distanzen von 5 und 6 Stunden nicht im entferntesten entsprachen, und ähnliches. Es fragte sich daher nur, ob einzelne der Spaun'schen Längenbestimmungen und welche? in der That Vertrauen verdienten, oder ob sie sämmtlich zu verwerfen seien, eine Frage, die mit einiger Bestimmt­heit nur beantwortet werden konnte, wenn noch andere und wo möglich genauer verzeichnete itinerarische Hülfsmittel, als die Aufzeichnungen des Herrn v. H a h n ; wenn überhaupt die ganze, bis jetzt leider immer noch unzureichende Summe aller in diesen Regionen gemachten und veröffentlichten oder auf anderem Wege zu unserer Kenntniss gekommenen Distanzbestimmungen in Rechnung gezogen wurden. Mit dieser Aufgabe wurde Unterzeichneter auf Herrn v. Hahn's Wunsch von der kais. Akademie der Wissenschaften betraut, und er konnte sich derselben mit desto grösserer Aussicht auf Erfolg unterziehen, als ein günstiger Zufall in dem, gleichfalls seiner Bearbeitung anvertrauten Nachlasse seines 1865 unmittelbar nach der Rückkehr von seiner letzten, dieselben Gegenden betreffenden Reise so frühzeitig der Wissenschaft entrissenen Freundes, Dr. H . B a r t h , ihm ein reichhaltiges Material von erheblichem Werthe für die in Rede stehende Unter­suchung zugeführt hatte. In der That ergänzen sich die Itinerare beider genannten Reisenden *) auf eine für

*) Völ l ig zusammen fallen sie zu erwünschter gegenseitiger Controle nur auf den Strecken Durazzo-Tiranna, Diwra-Ochrida-Resnja und Bitolia-Prilip und schneiden sich ausserdem an drei Punkten dee unteren Wardarlaufes.

Denkschriften d. phil.-hist. CI. XVI . Bd. Abhandl. von Nichtmitgliedern. *

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unsern Zweck höchst erwünschte Weise: wenn B a r t h , der Landessprachen fast ganz unkundig und nur auf die zweifelhafte Hülfe des Dolmetschen angewiesen, nur weniges nicht selbst beobachtetes erfragt und die Namen häufig unrichtig aufgefasst und niedergeschrieben hat, in diesen Dingen also Berichtigung aus Herrn v. Hahn's Notizen verlangt, so ist er dafür um so eifriger bestrebt gewesen, durch genaueste Aufzeichnung der zurückgelegten Wegdistanzen und ihrer wechselnden Richtungen, bis zu den kleinsten Abschnitten herab, sowie vieler hunderte von gemessenen Compassrichtungen auf die von der Route aus sichtbaren Objecte, eine in hohem Grade zuverlässige topographische Grundlage zu gewinnen, so dass nur einzelne kürzere Strecken durch ihre Hochgebirgsnatur (wie besonders zwischen Diwra und Elbassan) einer gewissen Fehlergrenze in der Construction unterliegen und die grosse Ausdehnung der in vielfachen Wendungen weite Räume durchziehenden Routen, deren mangelnder Zusammenschluss nicht überall durch Winkel­messungen ersetzt werden konnte, die Gesammtorientirung nicht in gleich hohem Grade wie das Detail der Construction sicher erscheinen lässt. Wenigstens würde jene in höherem Masse gesichert werden durch Verfolgung einer möglichst geraden westöstlichen Linie in nicht allzu gebirgigem Terrain zwischen zwei beiderseits in ihrer absoluten Lage ausreichend genau bestimmten Punkten der adriatischen und ägäischen Küsten, wie etwa Durazzo und Saloniki in der Richtung der alten Römerstrasse, welche bisher noch nicht in ihrem vollständigen Tract recognoscirt worden ist. Da nun glücklicherweise mehrere Haupt­stationen dieser Via Egnatia in ihrer Identität mit heutigen Hauptorten — zum Theil schon längst, zum Theil erst durch die Ergebnisse dieser letzten Reise des Herrn v. Hahn — ausreichend gesichert sind (Scampa= Elbassan, Lychnidus=Ochrida, Heraclea = Bitolia, Edessa= Wodena), die antiken Distanzangaben aber, wie sie uns in den römischen Itinerarien überliefert sind, nicht wie die Schätzungen der heutigen Reisenden, auf wechselndem Zeitmass, sondern auf wirklicher Messung längs einer fahrbar hergestellten Strasse beruhen und selbst die durch das Terrain bedingten kleineren Biegungen der Strasse auch schon bei unserer jetzigen unvollkommenen Terrainkunde dieser Linie wenigstens innerhalb leidlicher Fehlergrenzen abgeschätzt werden können, so ist es wohl gestattet, selbst jene anderthalb Jahrtausende alten Massbestimmungen zur Ver­gleichung heranzuziehen. Allerdings gewährt die vierfache Überlieferung jener Masse in drei unabhängigen Quellen (der Peutingerschen Tafel, dem Jerusalemer Itinerar und an zwei Stellen des sogenannten Antoni-nischen) in den Ziffern keine vollkommene Ubereinstimmung; aber die Abweichungen sind, neben der gegen­seitigen Controlle der verschiedenenRecensionen, wodurch einzelne, offenbare Schreibfehler eliminirt werden, so geringfügig, dass sie für den vorliegenden Zweck keine wesentliche Störung zur Folge haben.

Die Gesammtentfernungen zwischen den angegebenen Punkten summiren sich in römischen Millien (75 auf den Grad) wie folgt: Dyrrhachium 53 Scampa, 55—57 Lychnidus, 43—44 Heraclea. 60—62 Edessa, 58—60 Thessalonica. Hievon lassen sich zunächst die den Endpunkten zunächstgelegenen (Scampa und Edessa) genauer fixiren, da die Distanz zur Küste durch die fast vollkommen ebene Beschaffenheit des Weges nicht alterirt wird, der Breitenunterschied gegen die Küstenendpunkte aber auf anderem Wege mit hinreichender Schärfe zu ermitteln ist; derjenige zwischen Edessa (Wodena) und Thessalonica durch Barth's unmittelbare Azimuthbeobachtung innerhalb eines mit dem Fernrohr vollkommen zu beherrschenden Rayons, der zwischen Durazzo und Elbassan durch Barth's auf dem Umwege über Tiranna genommenes, aber sehr genau entwickeltes Routier. Die aus diesen Werthen für meine Kartenconstruction ermittelten Längenunter­schiede von 421/a' für Dur.-Elb. und 54' für Wod.-Sal. dürfen mithin für innerhalb höchstens einer Längen­minute richtig, also, bei der Unbestimmtheit des genauen Ausgangspunktes der Messung bei ausgedehnteren Ortschaften, für den Massstab unserer Karte ausreichend genau gelten. Mit dem ersten Werthe stimmt auch die auf dem Routier des Herrn v. Spaun beruhende Annahme des Hahn'schen Entwurfes (im Durchschnitte 43_44') genau genug, während die darin für den zweiten angenommenen 49' erheblich zu kurz ausfallen. Der in der Mitte erübrigende Längenunterschied von circa 1° 54' (in Herrn v. Hahn's Skizze 2°) vertheilt sich auf drei nach Länge und Terrainbeschaffenheit nur wenig verschiedene Hauptstücke, deren Grenzpunkte O c h r i d a und B i to l ia zum Glück wenigstens ihrer Brei te nach durch Herrn v. Spaun jetzt genau bestimmt sind. Jedes dieser Stücke enthält neben grösseren und kleineren Thalebenen (von denen jedoch nur die grosse Ebene des Tschernabeckens von Bitolia und die nördliche Uferebene des Ochrida-Sees der Strasse ein fast geradliniges Durchschneiden gestatten) zwei massig hohe Bergpässe ; darunter müssen die nach aussen gelegenen wegen des bedeutenderen Niveauunterschiedes zwischen den Küstenebenen und den inneren Hochebenen, verhältnissmässig die grösste Steigung und dadurch bedingte Abweichungen von der

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geraden Weglinie enthalten, namentlich der Pass von Gornitschowo am Nidschegebirge an der östlichen, der am oberen Schkumbi an der westlichen Seite. Leider sind gerade diese beiden Wegstücke in ihren Details noch nicht darstellbar aus Mangel specieller Wegbeschreibungen; das letztere (zwischen Struga und Elbassan) ist nach Herrn v. Spaun's flüchtiger Recognoscirung, welche unsere Karte getreu wiedergibt *), wenigstens im allgemeinen fixirt, das erstere in dem Stück zwischen Banitza und Ostrowo noch etwas unsicher2), so dass nur die von B a r t h zurückgelegten Strecken Wodena-Ostrowo und Resnja-Ochrida-Struga und das aus des­selben, v. Hahn's und Heuzey's Routen combinirte Routendreieck zwischen Banitza, Florina und Bitolia als ganz zuverlässig verzeichnet, das Stück Bitolia-Resnja (v. Hahn's Route, controlirt durch Barth's Winkelmessungen von verschiedenen Punkten auf den Peristerigipfel) als ziemlich genau gelten können. Mit Rücksicht auf diese im Verhältniss zu dem Massstabe unserer Karte immerhin nur geringfügigen Ungleich­heiten wird für die aus Vergleichung der alten und neuen Wegemasse und der beobachteten Breiten berech­neten Längen von Ochrida (Mittelpunkt 18° 28') und Bitolia (Mittelpunkt 19° 3') eine Fehlergrenze von 2 bis 2 1/ 2' zuzugeben sein, während die aus den Beobachtungen des Herrn v. Spaun ermittelten Wert he um 15' resp. 7*/2' abweichen, mithin für die Construction der Karte ausser Acht gelassen werden mussten. Im Allgemeinen brauchte ich bei der definitiven Zeichnung, die von H . von H a h n in seinem ersten Entwürfe angenommenen Entfernungen (oder was bei dem durchschnittlich westöstlichen Verlauf der Strasse ziemlich dasselbe besagt, die Längenunterschiede) auf den von ihm selbst zurückgelegten Wegestrecken Ochrida-Bitolia und Bitolia-Wodena nur sehr unbedeutend zu modificiren; nur die nach Herrn v. Spaun's Skizze verzeichnete Strecke Ochrida-Elbassan war um etwa 6' (i/ 8 ihrer Länge) zu verkürzen, und somit der ganze mittlere Theil des auf der Karte dargestellten Gebietes um einen nicht unerheblichen Betrag nach Westen zu verrücken, indem die vom Autor allein noch festgehaltene Spaun'sehe Längenbestimmung von Bitolia ver­lassen wurde»).

Südlich der nunmehr ausreichend festgelegten Via Egnatia liegen die beiden grossen Seebecken, von denen nur das westliche, das von Ochrida von Herrn v. H a h n zu Schiffe bereist worden ist. Die von ihm vorlaufig entworfene Form des Sees, deren nördliche und südliche Grenzen durch die Strasse Ochrida-Struga und die Spaun'schen Breitenbeobachtungen am Südufer zu Bogradetz und S. Naum gegeben waren, konnte in der Richtung ihrer Längenerstreckung, namentlich was die Lage der Vorsprünge von Lin am westlichen, von Trapesitza am östlichen Ufer betrifft, schärfer festgestellt werden durch die von Ochrida und Goritza aus von Bar th gemessenen Compassrichtungen. Der östliche, gewöhnlich nach der Landschaft Presba genannte See, der in unserer Karte zum erstenmal in seiner wirklichen Ausdehnung, dem andern an Grösse fast gleichkommend erscheint, war von Herrn v. Hahn nur aus der Ferne gesehen, aber nach der Skizze des griechischen Schulmeisters G. P o t l i , der ihn ganz umwandert hatte, in seinen Entwurf eingetragen worden. Wir geben ihn nach dieser Quelle im Ganzen getreu wieder, nur an seiner Nordseite, die dort etwas spitzer zusammengezogen erscheint, und längs des westlichen Ufers etwas modificirt nach den Resultaten von Barth's Route, deren Festlegung durch wiederholte Winkelmessungen gegen den Gipfel des Peristeri

t) Auch in dem unteren Thalwege zwischen Elbassan und der Wezirb rücke, den B a r t h durchwandert hat, dessen, wie uns scheint, genauere Detailangaben einige unbedeutende Modificationen in der Richtung des Weges und Flusses, aber ohne Einfluss auf Gesammtrichtung und das Längenmass, ergeben.

2) Allerdings hat Herr v. H a h n schon 1858 diesen Weg genommen, aber unter den ungünstigsten Umständen einer Winter­reise, und G r i s e b a c h 1843 einen nördlichen Umweg durch das Hochgebirge ohne genaue Localbeobachtungen verfolgt; so bleiben uns für die Länge jener Strecke nur ältere nicht ganz bestimmte Schätzungen, für ihre mittlere Richtung nur secundäre Hülfsmittel in den zwischen der Bitoliaebene, den Nidschegipfeln und Wodena durch B a r t h , G r i s e b a c h und H e u z e y ' s Begleiter L a l o y gemessenen Winkeln.

5 j B a r t h hatte in Folge seiner ersten Reise von 1862 nach blosser Construction seiner langgestreckten Wegelinie zwischen den damals allein fixirten Endpunkten Rustschuk und Saloniki (s. seine Reisekarte in der Berl. Zeitschr. f. allg. Erdk. Bd. X V I , 1864 j Bitolia im Mittel auf 40° 55' 2" Br., 19° Lg. bestimmt. Bei der Länge jener mehrfach, auch gerade noch in dem kürzeren Stück zwischen Bitolia und der ägäischen Küste auf Hochgebirgswegen sich bewegenden Linie darf eine Abweichung von 6' in der Breite gegen den jetzt direct beobachteten Werth nicht auffallen, ein schönes Zeugniss für die Schärfe seiner Winkelmessungen auf dem, in günstiger Weise von Bitolia aus nahezu in der Richtung des magnetischen Meridians gegen den Olymp fortgesetzten Wege ist aber die dadurch relativ mehr gesicherte Längenbest immung, welche nur um 2y 8 bis 3 Minuten von dem oben festgestellten Resultate differirt.

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gesichert ist i) und die anfangs so auffällig erscheinenden, auch den Besteigern des Peristeri (Boue*, V i q u e s n e l , G r i s e b a c h , B a r t h auf seiner ersten Reise) entgangenen grossen Dimensionen dieses bisher ganz unbeachtet gebliebenen Seebeckens vollkommen bestätigt. Das sich südlich daran schliessende kleinere Becken des Wentroksees , in jener Skizze nach weniger bestimmten Distanzangaben der Uferorte etwas zu lang und gerade gegen Süden gedehnt, musste mit seiner Südspitze einigermassen beschränkt und westlich umgebogen werden mit Rücksicht auf die nahe daran vorbeigehende von L e a k e und Boud bereiste Strasse zwischen Kastoria und Gordscha (resp. S. Naum), Orte, deren Lage jetzt durch Barth's letzte Reise aus­reichend gesichert ist. In Folge der Fixirung von Gordscha mussten dann auch die von Herrn v. H a h n aus einheimischen Berichten mitgetheilten Routiers zwischen diesem Orte und dem Ochridasee*) gegen den ersten Entwurf in ihrer Richtung etwas verändert und verkürzt werden.

Von den wichtigeren Punkten des westlichen Stückes im Norden der grossen Strasse konnte zunächst T i r a n n a nach Barth's Routier genauer festgelegt werden (6 Längenminuten oder um etwa */4 der Wege­länge weiter von Durazzo entfernt, als in Herrn v. Hahn's Entwurf); eben darauf beruht die Zeichnung der Strasse von da nach Elbassan, welche Herr v. H a h n nur auf einer frühern Reise flüchtig recognoscirt und in seiner Karte um */7 zu lang verzeichnet hatte, und die richtigere Ansetzung des Dorfes Ipia (gegen S. 4, Ende von §. I). Die Routen zwischen Tiranna und Ljesch, besonders im oberen Matithale schärfer zu con-struiren, reichten leider die vom Herrn Autor aufgezeichneten Wegebeobachtungen nicht aus; das Resultat eines neuen, aus allen in der obigen Sammlung enthaltenen Distanzangaben zwischen dem Küstenstriche und dem obern Drinthale combinirten Entwurfes war aber eine erhebliche Zusammenziehung des ursprünglichen in westöstlicher Dimension, bedingt vor allem durch die Fixirung der Lage von Diwra . Dieses kann jetzt als einer der am besten bestimmten Punkte gelten, da seine Breite unmittelbar astronomisch, seine Länge in Bezug auf Ochrida und Struga durch den zweifach, von Herrn v. H a h n und mit noch schärferer Beob­achtung der Richtungen von B a r t h bereisten 3 ) , fast genau in magnetischer Meridianrichtung, also für diesen Zweck sehr günstig laufenden Weg im Drinthale festgestellt ist; die Differenz der Sp a un'schen Längenbeobach­tung beträgt hier nicht weniger als 22 Minuten. Von Diwra nordwärts wird die Richtung des nächsten Striches des Drinthales noch durch Barth's Winkelmessungen (etwas westlicher als in v. Hahn's Entwurf) gegeben, aber der weitere Weg längs und auf der hohen östlichen Thal wand erlaubt der ausserordentlichen Terrain­schwierigkeiten und der vom Herrn Verfasser selbst (S. 37, Note 3) anerkannten Unsicherheit vieler seiner Notate wegen, keine irgend befriedigende Zeichnung; nur eine ungefähre Anknüpfung an den auf anderem Wege bestimmten nördlichen Anschlusspunkt bei der Mündung der Ljuma in den Drin. Um die hervor­ragendste Spitze der östlichen Bergseite, den K o r a b , dessen Lage die von Herrn v. H a h n gesammelten Angaben nicht recht bestimmt und offenbar zu weit östlich bezeichnen, etwas genauer, wenn auch immer nur ganz vorläufig, einzutragen, benutzten wir die beiden von G r i s e b a c h auf diesen Punkt gerichteten Com-passpeilungen (vom Ljubatringipfel und von Han-Sakatit bei Spasch aus).

Im östlichen Theile der Karte werden durch Barth's Route von Saloniki über Kilkitsch und Do'iran nach Strumdsche und wieder rückwärts über Gjewgjeli und Notje nach Wodena in einem Dreieck, dessen Grundlinie Saloniki-Wodena schon fixirt ist, nicht allein die Spitze Strumdsche und die zwei verbindenden Seiten unmittelbar für die Construction gegeben, sondern auch durch die von der zweiten Seitenlinie aus in

*) Nach Barth's Angaben, die für die von seiner Route unmittelbar berührten Punkte grösseres Vertrauen zu verdienen scheinen, wurde auch die relative Lage von Goritza und Besmischte am westlichen Ufer gegen die oben S. 56 gemachten Angaben t vgl. Note 3) verändert.

*) Ich kenne keinen andern europäischen Reisebericht über diese Strecke, als den der Miss W a l k e r (Through Macedonia to the Albanian lakes, London 1864, p. 223 ff.), der aber die Topographie weder bereichert, noch fester stellt, da er gar keine Distanzen enthält und zwischen S. Naum und Gortscha keine anderen Punkte am Wege erwähnt, als die Brücke über den Dewol, den Maliksee und das Dorf Sowiani; p. 242 erwähnt sie unter den von dem Berge über Gortscha gesehenen Objecten auch den See S w r i n a , der k l e i n e r als der Malik sei, vielleicht nur der grösseren Entfernung wegen so erschien.

8) Eine Differenz , welche jedoch auf das Gesammtresultat keinen Einfluss ausübt, findet sich im Detail beider Berichte in Beziehung auf die Lage der Drinbrücke im Boghas; B a r t h setzt die engste Stelle etwas nördlicher, zwischen Modrischt und Tre-bischte und geht von Süden kommend erst an der Mündung des Thaies von Trebischte, dem er östlich gegenüber das Thal von S e l i s t a (Seize oben S. 45 südlicher) angibt, über die Brücke auf das rechte Ufer; in unserer Karte sind natürlich die Hahn'echen Angaben beibehalten.

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der Nähe der Wardarpassage (bei Perdeitza und Diawato) gegen NW. genommenen Peilungen, die Richtung der den Wardarengpass Demirkapu beherrschenden Bergkuppe Kirästepd, wodurch auch die absolute Lage dieses Passes, d. h. da dessen Breite astronomisch bestimmt worden, die Länge bis auf circa 2' genau (und ziemlich 20' westlicher als durch von Spaun's astronomische Beobachtung) ermittelt wurde. Der Stromlauf von hier abwärts bis zur langen Brücke der Saloniki-Wodenaer grossen Strasse — eine auf allen bisherigen Karten rein hypothetisch eingetragene Linie — konnte mit Ausnahme der ebenerwähnten kurzen Strecke, wo Barth's Route ihn kreuzt und begleitet, nur nach Herrn v. Hahn's Originalzeichnung und Distanz­angaben, jedoch mit der durch die Positionsberichtigungen erforderten bedeutenden nordwestlichen Ver­schiebung, eingetragen werden *).

Zwischen den Positionen von Demirkapu und Bitolia, wie sie sich aus unsern Combinationen ergeben, differirt die Luftlinie nur um */ 2 2 der ganzen Länge, das Azimuth nur um etwa 3° von dem Resultate der Routenconstruction Barth's zu seiner ersten Reise; es hätte somit neben dieser ausgezeichnet genauen Arbeit kaum der Breitenbeobachtung in P r i l i p bedurft, um diesen Punkt, sowie im weitern Verlauf der Route Kawadar, Negotin und den Wardarübergang bei Pepelischta sehr genau niederzulegen. Das Detail des Wardarlaufes weiter nordwestlich bis zur Mündung der Bregalnitza, sowie den ganzen Unterlauf der Tscherna (des alten Erigon) durch die Engschluchten des Gebirges von Mariofze oder Morihowo (von denen nur noch ein kürzeres Stück unerforscht bleibt, während bisher dieser ganze Flusszusammenhang auf den Karten nur hypothetisch angedeutet werden konnte) bis zur Ebene von Bitolia hinauf, hatten wir das Glück, einer aus­gezeichneten Aufnahme entlehnen zu können, von welcher Herr L . H e u z e y in Paris, unter dessen Auf­sicht sie von dem Ingenieur L a l o y im doppelten Massstab unserer Karte ausgeführt worden ist, eine Copie uns mit liebenswürdigster Zuvorkommenheit zu Gebote stellte2); dieselbe enthält noch manche in andern Quellen nicht enthaltene Details über die Ebene von Bitolia bis Florina und Prilip, die wir jedoch, sowie mehrere Ortsnamen im Tscherna-Engthal nicht aufgenommen, sondern uns mit der Berichtigung der Orts­lagen und Thalformen dankbar begnügt haben, sowohl um Herrn lleuzey's Publication nicht vorzugreifen, als um in der Nomenclatur die Fülle der von Herrn v. H a h n eingezogenen Nachrichten ausschliesslich her­vortreten zu lassen.

Von der Vereinigung der Tscherna und Bregalnitza mit dem Wardar stromaufwärts bis Welese ist die Entfernung so gering und auch zwischen Wardar und Prilip nicht zu erheblich, um auch ohne genaue Rich­tungsangaben in den Routiers des Herrn Autors (sowie Grisebach's) mit Hülfe der astronomisch bestimmten Breite die Lage von Welese erträglich bestimmen und ihre Länge (von der die Berechnung des Herrn v. Spaun hier nur um etwa 11—12' abweicht) bis auf circa 3' verbürgen zu können. Um vieles unsicherer wird die Grundlage unserer Construction weiter nördlich, wo uns die Hülfe der Breitenbeob­achtungen entgeht; eine solche würde sogleich zur Fixirung des nächsten Hauptnetzpunktes, Skoplja oder Üsküb, von grösster Wichtigkeit gewesen sein, welchen die bisherigen Kartens) auf Autorität der Combi­nation älterer und unvollkommener Routiers um mehrere Minuten nördlicher, als die von mir jetzt ange­nommene Position, ansetzen und damit dem Wardarlaufe mehr die Richtung NNW.-SSO., als die in unserer Karte erscheinende NW.-SO. geben. Solche Differenzen treffen das ganze nordöstliche Viertel unserer Karte, welches mit der Fülle seiner grösstente i l s erst durch die Ermittelungen der ersten Reise

*) Die untere Thalebene zwischen Diawato und Jenidsche zu beiden Seiten des Wardar hat kürzlich auch Herr G. L e j e a n bereist und die Güte gehabt, mir das kartographische Resultat seiner Beobachtungen in einer handschriftlichen Skizze mitzutheilen, die in der Umgegend von Gjewgjeli mit unserer Zeichnung nahe übereinstimmt; in anderen Punkten, ζ. B. der Lage von Kumlyköi (über eine Stunde landeinwärts vom Wardar, statt nach v. Hahn's und Barth's übereinstimmender Angabe unmittelbar am Flusse), der Längenerstreckung des Rzansees von 4—5 Stunden (statt 1 Stunde, oben S. 68, "Note 1), u. a. so erheblich abweicht, dass irgend eine Modification unserer Karte danach bedenklich erschien; auch für die Orte zwischen Boemitza und Jenidsche sind die erkundeten, S. 67 unten und 68 abgedruckten Angaben massgebend geblieben, wiewohl auf dieser von dem französischen Reisenden selbst zurück­gelegten Route seine Daten mehr Vertrauen zu verdienen scheinen; die Gesammtentfernung beträgt nach ihm gleichfalls circa 6 Stunden, aber G u r b e ts c h (wie er schreibt) liegt halbwegs (3 Stunden statt 1 Stunde von Jenidsche) an einem gegenüber von Wardarofze dem Wardar zufliessenden Bache, Dambowo fast 1y 2 Stunden von Boemitza und Gurgop westlich von letzterem.

2) Jetzt veröffentlicht in der letzterschienenen, im Sommer 1869 ausgegebene Lieferung seines Prachtwerkes „ Voyage en Mac£doine a .

*) L a ρ ie's Karten zu V i qu esneTs Reiseberichten in den Memoires de la soci6te* geologique de France und danach meine eigene Karte der Türkei in 4 Bl. von 1853, der wieder Herr v. H a h n gefolgt ist.

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des Herrn ν. H a h n in die Topographie eingeführten Ortschaften und Flussläufe, als Ergänzung der neuen Routenkarte um somehr neu ausgearbeitet werden musste, als die ganze Orientirung jener Gebiete in den der „Reise von Belgrad nach Salonik 1861" beigefügten Kartenskizzen, eine durchaus verfehlte ist; sie konnte nicht richtig ausfallen bei dem vom Herrn Verfasser zur Erleichterung seiner Arbeit gewählten Verfahren (a. a. 0. S. 130), das auf älteren und weniger zuverlässigen Materialien beruhende Netz meiner Karte von 1853 zu vergrössern und darin nur die Details einzutragen, und es ist nur zu verwundern, dass auch der militärische Gehülfe des Autors, Herr Major v. Z a c h , sich demselben irrationellen Verfahren anbequemt hat. So stehen denn dort Karte und Text an vielen Stellen in offenbarem Widerspruch (man vgl. ζ. B. die Angaben über die vorherrschend nördliche, wenig nach Westen geneigte Wegrichtung von Katschanik nach Prischtina zu, S. 159—161, mit der fast genau nordwestlichen Richtung auf der Karte , wodurch denn auch alle südlichen Zuflüsse des obersten Laufes der Morawa in diesen naturwidrigen Parallelismus gezwungen wer­den), und selbst so detaillirt beschriebene Routiers, wie das des Majors v. Z a c h von Janjewo nachNowobrdo (S. 166), ermangeln in der Karte der entsprechenden speciellen Construction, des völligen Fehlen der Terrain­zeichnung ganz zu geschweigen. Die Neuconstruction nach den im Texte des angeführten Werkes ent­haltenen Angaben i), deren reducirtes Resultat die vorliegende Karte zeigt, war allerdings bei der Fülle der mitunter einander widersprechenden Details in solchen Routiers, welche nur auf den Aussagen Einheimischer beruhen, und der Lückenhaftigkeit der Richtungsbezeichnung eine überaus mühselige, für manche Theile immer neu wiederholte Versuche fordernde Arbeit, die sich aber schliesslich durch allmählige Elimination der als irrig befundenen Daten und gegenseitige Controlle der verschiedenen Wegeradien, zu einem weit über Erwartung befriedigenden und gewiss der Wirklichkeit wenigstens näher kommenden, also auch für künftige Erforscher nützlichen Bilde gestaltete; sie speciell zu discutiren und die Festlegung der Hauptpunkte zu motiviren aber kann ich mich hier, bei einer ohnehin nicht innerhalb des Hauptinhaltes der neuen Karte liegenden Ergänzung, um so mehr enthalten, als die massgebenden Anschlusspunkte im Norden: Nisch und Nowipazar, ausserhalb des Randes unseres Blattes fallen.

*) Es wird hoffentlich nicht ganz überflüssig erscheinen, wenn ich die mir bei jener Arbeit im Texte des v. Hahn'schen Buches aufgestossenen offenbaren Druck- und Schreibfehler, sowie die Differenzen in den Namen zwischen Text und Karten in zweifelhaften Fällen (indem für das von Herrn v. Z a c h entworfene Blatt seine genaueKenntniss der betreffenden Sprachen allerdings eine Garantie bietet, deren Autorität jedoch durch das leichtere Übersehen von Stichfehlern der Lithographie eingeschränkt wird;, hier zur beliebigen Berichtigung für andere Benutzer und zur Rechtfertigung meiner Redaction der Karte anführe. (Die von M. v .Zac h durchgeführte neuslavische Orthographie der Karten ist auf die deutsche des Textes zurückgeführt, die Zeilen zur Erleichterung de? Aufsuchens meist nach den numerirten Abschnitten oder den Alineas des Textes gezählt.) S. 133, No. 7, Ζ. 7, Barbatorze, 1. -tovze. S. 134, al. 2, Z. 3, Bacastitscha, 1. Bajastitscha. S. 135, §. 2, al. 2, Z. 3, Harnik, Karte Glawnik. Die mit 4) bezeichnete letzte Zeile dieses Abschnitts gehört an den Schluss des ersten. Note, letzte Zeile, Bradwik, Karte Bratowitsch. S. 136, C, alin. 3, Z.4, Kalimouse, I. -monse. alin. 4, Z. 4, Parastika, Karte Pavastika. S. 137, Ζ. 1, Grudas, K. Grudas (sch). Ε Ζ. 8, Salinze, 1. Lalinze. Z. 10 Vi St. nordlich Miroschina, in der Karte südlich. Z. 11, Belajutsche, K. Belalnee. Die Angaben serbischer Häuser in Orljan und Schablinza, Z. 4 u. 1. v. u. differiren von S. 144, 145, wo sich ein ganzer Abschnitt wiederholt, worin dieselben Orte bulgarisch genannt werden. S. 138, alin. 3, Z. 5, Bratofzi, Karte Brastowetz. Z, 11, Britweritz, K. Pridworitz. al. 4, Lapalinza, K. -tinza. S. 139, Z. 13 v. u. Dukat am rechten Ufer, 1. linken. Z. 7 v. u. Grabonitza, K. Grabownitza. S. 140, Text Z. 9 v. u. Lugari, K. Zitoglawa. Z. 3 v. u. Tonitschew, K. Toketschew. S. 141, §. V, Z. 8, Gradiija 1. Gradnja. Z. 10 u. 16, Salinze 1. Lalinze. S. 143, al. 4, Z. 4, Radownitza, K. Radonitza. al. 5, Z. 3 nördlichen Abfall 1. westlichen. Z. 5, Besnje 1. Resnje. al. 6, Text,Z. 2 v. u. Salhuofze, K. Sahinowetz. S. 143, Z. 2, Sutschitza, I. Suschitza. §. VI, Z. 6, Priboi am linken Ufer der Weternitza, auf der Karte steht es an der Jablanitza; ob Schreib- oder Zeichen­fehler? S. 147, §. III, al. 4, Ζ. 1, aus Nordosten und Nordnordosten, I. beidemal Westen, al. 5, Ζ. 1. Gotowischta, 1. Ljot. wie weiter oben richtig steht S. 148, Z. 5 v. u. hat Jeleschnitza 100, S. 149, Cap. II, Z. 4, dasselbe nur 10 bulgarische Häuser; welches ist richtig? S. 149, V, 4, West-Defile, 1. Ost. Note, Ζ. 1, Vrska, 1. Vrtska. S. 145, Z. 5, Teresi, l. Deressi (das Wort ist türkisch, der Name also nicht ganz echt), al. 8 ist bei Topanofze die fehlende Distanzangabe durch (?) angedeutet, da ohne dieselbe die Summe 3 h 25' beträgt und S. 152 für dieselbe rund 5 St. angegeben werden, so wäre etwa 1 y 2 St. zu ergänzen. S. 155, Note, Z. 5, Ljuhanofze. I. Ljubanofze. S. 156, al. 5, letzte Z. Brnjarza, K. Brnjanza. al. 6, Z. 2, südostlichem Abfall. 1. südwestl. al. 7, Kamlefk, 1. Kamenik ; nordlicher Richtung, 1. westlicher (genauer WNW.). S. 157, al. 8, Z. 2, Lepowatz, 1. Lepenatz. al. 9, Ζ. 1, östlich, 1. westlich vom Wege. al. 4, Z. 4 und Karte Tschutschera, Z. 19 v. u. u. 9 v. u. Tschitscheri ; welches ist richtig? S. 158, al. 7, Z. 4, stromabwärts, 1. aufwärts, al. 14, Z. 4, Kruwa, 1. Kriwa. S. 159, die Angaben al. 3 und §. III, über den Lauf der Neredimka in oder bei Katschanik widersprechen sich. al. 4, Z. 3, Dschurdschedele, K. -dschewdol, al. 5, Ζ. 1, nordwestliche Thalwand, 1. südöstliche. S. 160, al. 8, Z. 4, Wata, im Stich der Karte deutlich corrigirt, Tlata. al. 12, Z, 4. Baltjak, K. Babljak. Z. 5, Gadime südöstl. v. Babusch. K. nordöstlich, al. 14, Sitnitza von SW. nach NO., 1. SO. — N W . , wie die Karte richtig hat. S. 161, al. 2, Rupofze, 1. Rubofze. al. 3, Vi St. nördlich von Gadime, 1. Rubofze. S. 165, §. VII, Z. 4, Mobischan, wohl Malitschan (wieS. 162, Z. 12 steht), al. 6, Sutschenitza, wohl = Susche-watz und Suschitza (S. 161, Z. 6 v. u.). S. 166, al. 10, Z. 4 Patalog, heisst S. 170, al. 9, Z. 4, Paralok. S. 169, cap. IV, al. 5, Siuira,

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Die Strasse von Kumanowa über Istib und Do'iran nach Saloniki, welche bei Gelegenheit der ersten Η ahn'schen Reise von Major v. Zach allein zurückgelegt wurde, ist nach einer von demselben auf Grund der (wie schon bemerkt, in dieser früher fast ganz unerforschten Partie besonders unzuverlässigen) Positions­bestimmungen meiner älteren Karte entworfenen handschriftlichen Skizze eingetragen worden, natürlich unter Berichtigung der Distanzen nach den von Herrn v. Hahn mitgetheilten Angaben und dem in der Südhälfte nahe damit zusammentreffenden Barth'schen Routier; auch konnte der Abstand von der Wardarlinie an ver­schiedenen Punkten durch die Routen von Barth (erste Reise, Negotin-Radowitsch), Bouu (Negotin-Istib), Nikolai'dis (Istib-Skoplja) und die türkische Poststrasse Welese-Istib regulirt werden. Es versteht sich, dass diese etwas eilig recognoscirte und im Original nur in kleinerem Massstabe verzeichnete Route durchaus nicht den Grad von Genauigkeit beansprucht, wie die von Herrn v. H a h n aus Autopsie besehriebenen Wege.

Zur Bestimmung der westlich von Skoplja und Prischtina nach dem oberen Drin zu und weiter west­lich gelegenen Punkte, namentlich der topographisch überaus wichtigen Position von Pr i s rend stehen die Hülfsmittel an Werth hinter den bisher angeführten, zumal die Terrainbeschaffenheit vielfache, der genaueren Schätzung sich entziehende Unregelmässigkeiten der Wege bedingt. Einer der topographisch am leichtesten zu verwerthenden, weil durch vorherrschend ebenes Terrain führenden Wege ist der von Barth I860 verfolgte, von Prischtina nach Ipek *), dessen westliche Fortsetzung bis an die Grenze von Montenegro aller­dings wieder im Gebirge liegt, aber nur auf etwa die Hälfte jener Distanz und dabei den Vortheil hat, west­lich an einen festen Punkt anzuknüpfen, seitdem ganz Montenegro viel genauer, als früher durch die inter­nationale Grenzberichtigungs-Commission, von neuem durch russische Officiere aufgenommen worden ist, eine höchst schätzbare Berichtigung der bisher so sehr im Argen liegenden Topographie dieser Gegenden (namentlich der Position des Komgipfels), deren Mittheilung ich der zuvorkommenden Güte des k. russischen Generalstabes verdanke. Die Compassrichtungen, welche B a r t h von jener Strasse auf hervorragende Punkte des Schargebirge3, namentlich von sechs Orten aus auf die Ljubatrn, dann auf Kobelitza, Gjalitsche und Baschtrik gemessen hat, waren von erheblichem Nutzen für die Orientirung dieses Gebietes, wiewohl noch weit grösseren Vortheil sein Itinerar von Djetschani über Djakowa, Prisrend, Kalkandele, Katschanik, Gilan, Kumanowa, Karatowa gewährt haben würde, wenn nicht unglücklicherweise dieser Theil des Tagebuches unterwegs verloren gegangen wäre, und sich davon nur eine von dem Reisenden aus dem Gedächtniss herge­stellte flüchtige Skizze erhalten hätte.

So blieben zur ungefähren Bestimmung der Länge von Prisrend, da die Breite jetzt zum Glück durch v. Spaun's astronomische Beobachtung gesichert ist, nur die itinerarischen Angaben von drei Seiten her: aus NO. von Prischtina durch Boue und V i q u e s n e l , aus SO. von Skoplja über Kalkandele durch dieselben und G r i s e b a c h , aus W. von Skodra durch dieselben und v. H a h n ; das Resultat der Combination kann nicht wohl auf mehr als 3 Minuten verbürgt werden, weicht jedoch von dem der astronomischen Rechnung um nicht weniger als einen Drittelgrad ab. Nicht einmal der westliche Anschlusspunkt S k o d r a , obwohl in so

fällt Dach Combination der Itinerarien an dieselbe Stelle, wie Slatina, S. 173. al. 5. ist also wohl ein Schreibfehler. S. 170, Z. 5 v. u., Pokrakj am rechten Ufer, nach der Karte am linken. (Die hier angegebenen Distanzen längs der Morawa sind für die Kartenzeichnung massgebend gewesen, während Boue's Routier an derselben Stelle um l * / 2 Stunden zu kurz ausfällt.) S. 171, letzte Z., bachabwärts, I. aufwärts. S. 17δ , Z. 4 statt δ Stunden, 1. 5 Minuten. S. 180, VI, al. 3, Z. 2, Arschanitschewo 3 St. von Haradschina, passt zu keiner der übrigen Angaben; es kann kaum über eine Stunde sein. S. 181, al. 5, Taor - Taurinium, 1. Tauresium. Z. 7 v. u. Inisbegabo, 1. -begowo. S. 182, Ζ. 1, westlich, 1. östlich. (Die hier zusammengestellten Angaben über das Quellgebiet der Ptschinja, welche wohl wegen ihrer Unbestimmtheit in der Hahn'schen Karte unbenutzt geblieben waren, habe ich jetzt, wiewohl natürlich ohne irgend eine Gewähr der Richtigkeit, auch kartographisch zu benützen versucht.) Z. 2 v. u. in §. VII, Baze, die Karte Blaze. S. 185, §. II, Z. 4. statt Dschowan von Djuani, l. oder Djuani. Text, Z. 2 v. u., Tepoltschan, 1. Topoltschan, Ζ. 1 v. u., rechts, 1. links. S. 187, Z. 2, Lemnischta, 1. Lemischta. al. 3, Z. 3, Radikoi, l. Kadikoi (beide Namen richtig S. 190). Text, Z. 8 v. u. 1 / 3 St. westlich, 1. östlich. Note 4, Tschelenik, 1. Tscheiepik. S. 188, §. V, Z. 3 v. u., Adalschani, 1. Aladschani. S. 189, Z. 6, Mogil rechts, 1. links. S. 190, Z. 13 v. u. (Text) Kanadlar unmöglich, da -lar türkische Pluralendung ist und Kanad im Türkischen keine Bedeutung hat, vielleicht Konak-Lar? (Kanakle bei Viquesnel). S. 192, Z. 9 u. 11, Ruff. 1. Buf (so die Karte, auch B a r t h undHeuzeyj . S. 193, Z. 5 v. u., Sela Petka, I. Sveta.

*) Hierdurch wurde auch die in dem früheren Routier von B o u e und V i q u e s n e l nicht unmittelbar berührte und ungenau orientirte Lage des Dorfes Komoran an der Drenitza bestimmt und damit die Eintragung des ganzen Laufes dieses Zuflusses der Sit-nitza und der längs desselben gelegenen Ortschaften, nach den von Herrn v. H a h n (R. v. Belgr. n. Sal. S. 164; gegebenen, in seiner Karte aber nicht benutzten Distanzangaben ermöglicht.

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grosser Nähe der Küste gelegen, ist bis jetzt seiner absoluten Position nach fixirt und die von zahlreichen Europäern beständig besuchte Strasse nach dem Hafenorte Antivari einigermassen befriedigend recognoscirti), da auch B a r t h in der irrigen Voraussetzung hier bereits alles abgethan zu finden, auf dieser seiner ersten Tagereise sich der gewohnten Genauigkeit seiner Beobachtungen überhoben hat; jedoch erhellt aus seinen und zahlreichen andern Angaben über das zur Zurücklegung dieses Weges erforderliche Zeitmass von 7 bis 8 Stunden, dass Skodra wenigstens so weit östlich liegen muss, wie ich es angesetzt habe, wenn nicht noch um 2—3' östlicher und dass die in der österreichischen Seekarte des adriatischen Meeres (Foglio XI. Auf­nahme von 1822, aber auch in dem neuesten mir von Herrn v. H a h n mitgetheilten Abdrucke unver­ändert gelassen) angegebene Position: Lat. 41° 58', Long. 17° i y a ' für den Mittelpunkt, wodurch die Länge des Bojanalaufes von der Stadt bis zur Mündung geradezu auf ihre Hälfte verkürzt wird — absolut unrichtig ist, wie es denn auch für die Breite die um 5—6' nördlicher ausfallende Beobachtung v. Spaun's con-statirt hat.

Schliesslich sei bemerkt, dass für absolute Correctheit der Namen durch mehrfache Revision des Stiches der Karte seitens des Herrn v. H a h n , so wie meinerseits Sorge getragen worden ist, dass aber meine Zeichnung es nicht verschuldet, wenn die lithographische Ausführung des Flussnetzes und der Terrain-schraffirüng leider weniger sorgfältig und bestimmt und selbst die der Schrift weniger deutlich und elegant ausgefallen ist, als für das Ergebniss einer so mühsamen Arbeit zu wünschen gewesen wäre.

1) Eine von einem Ragusaner etwas flüchtig aufgenommene Zeichnung dieser Strasse wurde mir, nachdem vorliegende Karte längst dem Stiche übergeben war, durch die Güte des Herrn v. L i c h t e n b e r g , nordd. Consuls zu Ragusa, mitgetheilt; zu meiner Befriedigung ergab sie genau dieselbe Weglänge , die ich bereits nach Massgabe älterer Quellen angenommen hatte. Eine neue genaue Recognoscirung von verschiedenen Küstenpunkten, ausser Antivari namentlich von Dulcigno, Medua und Allessio, nach Scutari hin bleibt eines der wichtigsten Desideraten für die Topographie dieser Gegend, dessen Erledigung — nur die Arbeit weniger Tage! — wir wohl von der so thätigen k. österreichischen Marine bald erwarten dürfen.

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