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Transaminase-vermittelte Synthese β-chiraler Amine Inauguraldissertation zur Erlangung des akademischen Grades Doctor rerum naturalium (Dr. rer. nat.) an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Greifswald Vorgelegt von Miriam Anne Sowa geb. 22.02.1991 in Hoyerswerda Greifswald, den 02.11.2018

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Transaminase-vermittelte Synthese

β-chiraler Amine

Inauguraldissertation zur

Erlangung des akademischen Grades Doctor rerum naturalium (Dr. rer. nat.)

an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der

Universität Greifswald

Vorgelegt von Miriam Anne Sowa

geb. 22.02.1991 in Hoyerswerda

Greifswald, den 02.11.2018

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Dekan: Prof. Dr. Werner Weitschies 1. Gutachter: Dr. Matthias Höhne 2. Gutachter: Prof. Dr. Harald Gröger

Tag der Promotion: 08.03.2019

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“It's the questions we can't answer that teach us the most. They teach us how to think. If you

give a man an answer, all he gains is a little fact. But give him a question and he'll look for his

own answers.”

- Patrick Rothfuss, The Wise Man's Fear -

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Inhaltsverzeichnis

I

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungen .........................................................................................................................III

1. Einleitung .......................................................................................................................... 1

1.1 Enzyme und Biokatalyse .............................................................................................. 1

1.2 Chiralität und optische Reinheit .................................................................................... 3

1.3 Chirale Amine .............................................................................................................. 4

1.4 Chemische Aminsynthese ............................................................................................ 5

1.5 Enzymatische Aminsynthese ....................................................................................... 6

1.6 Transaminasen ............................................................................................................ 7

1.6.1 Mechanismus der Transaminierung ....................................................................... 7

1.6.2 Einteilung von Transaminasen ............................................................................... 8

1.6.3 Anwendung ........................................................................................................... 9

1.7 Amindehydrogenasen .................................................................................................11

1.8 β-chirale Amine ...........................................................................................................12

1.8.1 Pregabalin ............................................................................................................12

1.8.2 Baclofen ...............................................................................................................13

2. Ziel ...................................................................................................................................17

3. Ergebnisse .......................................................................................................................19

3.1 Pregabalin ...................................................................................................................19

3.1.1 Substratsynthese ..................................................................................................19

3.1.2 Analytik von Pregabalin ........................................................................................20

3.1.3 Screening der Amintransaminasen .......................................................................22

3.2 Revision der Modell-Verbindung .................................................................................24

3.3 Baclofen ......................................................................................................................24

3.3.1 Analytik .................................................................................................................24

3.3.2 Enzymscreening ...................................................................................................28

3.3.3 Biokatalytische Herstellung von Baclofen durch 3FCR_5M ..................................33

3.3.4 Up-Scaling ............................................................................................................42

4. Diskussion ........................................................................................................................47

4.1 Synthese der Substrate ...............................................................................................47

4.2 Analytik .......................................................................................................................47

4.3 Screening....................................................................................................................48

4.3.1 Amindehydrogenasen ...........................................................................................48

4.3.2 Transaminasen .....................................................................................................49

4.4 3FCR_5M ...................................................................................................................52

4.4.1 Optimierung der Reaktion mit gereinigtem Enzym ................................................52

4.4.2 Optimierung der Reaktion mit Zellextrakt ..............................................................53

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Inhaltsverzeichnis

II

4.5 Up-Scaling ..................................................................................................................56

5. Zusammenfassung ...........................................................................................................59

6. Material und Methoden .....................................................................................................61

6.1 Geräte .........................................................................................................................61

6.2 Chemikalien und Verbrauchsmittel ..............................................................................62

6.3 Bakterienstämme ........................................................................................................63

6.4 Primer .........................................................................................................................63

6.5 Plasmide .....................................................................................................................63

6.6 Enzyme .......................................................................................................................63

6.7 Medien und Zusätze ...................................................................................................65

6.7.1 Antibiotika und Induktoren ....................................................................................65

6.7.2 Wachstumsmedien und Zusätze ...........................................................................65

6.8 Puffer ..........................................................................................................................66

6.8.1 Agarose-Gelelektrophorese ..................................................................................66

6.8.2 Herstellung chemisch kompetenter E. coli Zellen[115] ............................................66

6.8.3 Zell- und Protein-Puffer.........................................................................................67

6.8.4 Proteinreinigung ...................................................................................................67

6.8.5 SDS-PAGE-Lösungen und -Puffer[116] ...................................................................68

6.8.6 Assay Lösungen ...................................................................................................69

6.9 Software .....................................................................................................................70

6.10 Methoden ..................................................................................................................70

6.10.1 Mikrobiologische und molekularbiologische Methoden .......................................70

6.10.2 Biochemische Methoden ....................................................................................73

6.10.4 Immobilisierung an EziG™-Trägermaterialien[103] ...............................................81

6.10.6 Chemische Methoden .........................................................................................81

7. Literatur ............................................................................................................................83

Eigenständigkeitserklärung ..................................................................................................89

Danksagung .........................................................................................................................91

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Abkürzungen

III

Abkürzungen

% v/v Volumenprozent IPA Isopropylamin % w/v °C

Gewichtsprozent Grad Celsius

IPTG Isopropyl-β-D-thiogalactopyranosid

α-MBA α-Methylbenzylamin IRED Iminreduktase α-EBA α-Ethylbenzylamin Kan Kanamycin Abs Absorption kDa Kilodalton ACN Acetonitril LB Luria Bertani A. dest Destilliertes Wasser LDH Lactatdehydrogenase AmDH Amindehydrogenase min Minute Amp Ampicillin M Mol pro Liter APS Ammoniumpersulfat MAO Monoaminoxidase ArR ATA aus Arthrobacter sp. KNK168

(V306I) MOPS 3-(N-Morpholino)-

propansulfonsäure ATA Amintransaminase MTBE Methyl-tert-butylether BSA CE

Rinderserumalbumin Kapillarelektrophorese

NAD Nicotinsäureamid-Adenin-Dinukleotid

CHES 2-(Cyclohexylamino)-ethansulfonsäure

NaPP NMR

Natriumphosphatpuffer Kernspinresonanzspektroskopie

Cvi ATA aus Chromobacterium violaceum

OD600

OPA Optische Dichte bei 600 nm o-Phthalaldehyd

D DC

Tag Dünnschichtchromatographie

PAGE Polyacrylamid-Gelelektrophorese

DCM Dichlormethan PCR Polymerasekettenreaktion DMSO Dimethylsulfoxid PDB Proteindatenbank DNA dNTP

Desoxyribonukleinsäure Desoxyribonukleosidtriphosphat

Pfu Polymerase aus Pyrococcus furiosus

ee Enantiomerenüberschuss PLP Pyridoxalphosphat E. coli Escherichia coli PMP Pyridoxaminphosphat EC Enzyme Commission Number rpm Umdrehungen pro Minute ECF Ethylchloroformiat rv reversed FID Flammenionisationsdetektor s Sekunde fw forward SDS Natriumdodecylsulfat g GABA

Gravitationskonstante γ-Aminobuttersäure

Taq Polymerase aus Thermus aquaticus

GC-MS GDH

Gaschromatographie-Massenspektrometrie Glucosedehydrogenase

TB TEMED

Terrific broth N,N,N',N'‐Tetramethylethylendiamin

h Stunde TFA Trifluoressigsäure HEPES 2-(4-(2-Hydroxyethyl)-1-

piperazinyl)-ethansulfonsäure Tris Tris(hydroxymethyl)-

aminomethan HPLC Hochleistungsflüssigkeitschromato-

graphie U UV

Units [µmol min-1] Ultraviolett

Vfl ATA aus Vibrio fluvialis Außerdem wurden SI-Präfixe und die übliche Codierung für Aminosäuren, Nucleotide und SI-Einheiten verwendet.

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1. Einleitung

1

1. Einleitung

1.1 Enzyme und Biokatalyse

In der Natur werden Enzyme für die Katalyse einer Vielzahl unterschiedlicher Reaktionen

benötigt. Ein geregelter Stoffwechsel wäre ohne die hohe Spezifität und Effizienz dieser

Biokatalysatoren gar nicht möglich. Enzyme können Reaktionen um Größenordnungen von

103 bis 1017 im Vergleich zur nicht-katalysierten Reaktion beschleunigen, beeinflussen dabei

jedoch nicht das Gleichgewicht der Reaktion[1], da sie lediglich die Aktivierungsenthalpie

herabsetzen. Zudem vereinigen Enzyme als Katalysatoren die meisten Kriterien „Grüner

Chemie“ und erlauben so die Entwicklung nachhaltigerer Syntheseprozesse. Bereits 2000

wurden von Anastas und Warner zwölf Prinzipien der grünen Chemie formuliert, an denen sich

die Industrie auch heute noch zur Vermeidung von Umweltbelastungen orientieren sollte[2].

Daher stellt die Biokatalyse häufig eine zu bevorzugende Alternative gegenüber chemischen

Katalyse-Verfahren dar.

Abbildung 1: Schematische Darstellung der Prinzipien der grünen Chemie und ihrer Verbindung zu den Vorteilen der Biokatalyse.[3,4]

Wie aus Abbildung 1 ersichtlich wird, erlaubt die Verwendung von Biokatalysatoren in der

Synthese die Etablierung effizienterer und umweltfreundlicherer Prozesse. Enzyme sind

beinahe nie toxisch und bilden weniger unerwünschte Nebenprodukte, da sie eine hohe

Chemo-, Regio- und Stereoselektivität aufweisen können, sodass weniger Abfall entsteht. Es

können zudem auch Substanzen produziert werden, die über chemische Synthesen nur

schwer zugänglich sind[5]. Biokatalysatoren ermöglichen Reaktionen bei deutlich milderen

Bedingungen als chemische Verfahren, zum Beispiel bei neutralem pH-Wert, in wässrigen

Lösungen und bei moderaten Temperaturen und Drücken. Die beiden letzteren Parameter

können zudem die Energieeffizienz eines Verfahrens verbessern[6]. Doch auch biokatalytische

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1. Einleitung

2

Verfahren unterliegen einigen Beschränkungen. Viele Enzyme sind nur in einem limitierten

Temperatur- und pH-Bereich stabil und tolerieren nur geringe Mengen bestimmter organischer

Lösungsmittel als Co-Solvenzien oder Alternativen zu Wasser. Zudem tritt häufig eine

Inhibierung durch Substrate oder Produkte auf. Des Weiteren werden für viele Reaktionen

teure Cofaktoren benötigt, die wiederum für eine effiziente Anwendung wiederaufbereitet

werden müssen[6]. Eine der häufigsten Einschränkungen ist die gegenüber dem chemischen

Verfahren vergleichsweise geringe katalytische Aktivität. Zur gezielten Optimierung von

Enzymen für eine bestimmte Anwendung können die Methoden des Protein-Engineerings

eingesetzt werden[7]. Diese werden nach gerichteter Evolution und rationalem Design

eingeteilt. Die gerichtete Evolution basiert auf der Kombination zufälliger Mutagenese und

anschließender Selektion auf eine bestimmte Eigenschaft und kann angewendet werden,

wenn wenig Informationen über die Struktur und den Reaktionsmechanismus des jeweiligen

Enzyms bekannt sind. Allerding ist ein hoher Screening-Aufwand erforderlich[8]. Sind genug

strukturelle und mechanistische Informationen verfügbar, so kann das Protein-Engineering

auch über rationales Design erfolgen, bei dem durch den gezielten Aminosäureaustausch an

bestimmten Positionen im Enzym die gewünschte Eigenschaft beeinflusst werden kann. Die

Vorhersage und Auswahl der entsprechenden Positionen erfolgt mit Hilfe des Molecular

Modellings, bei dem zunächst in silico Veränderungen der Enzymeigenschaften (zum Beispiel

die Akzeptanz eines bestimmten Substrats) durch den Austausch bestimmter Aminosäuren

berechnet werden. Anschließend können vielversprechende Varianten in vivo erzeugt und

durchmustert werden. Folglich ist der Screening-Aufwand beim rationalen Design im Vergleich

zur gerichteten Evolution deutlich verringert. In der Praxis werden häufig semi-rationale

Ansätze verfolgt. Dabei werden katalytisch relevante Reste basierend auf strukturellen

Informationen (wie Struktur- oder Sequenzhomologien) ausgewählt und es werden mittels

Zufallsmutagenese Bibliotheken erstellt, die anschließend zu durchmustern sind. Der

Screening-Aufwand ist in diesem Fall auch deutlich geringer als bei der gerichteten Evolution.

Zur Kategorisierung von Enzymen wird die Nomenklatur durch die Enzyme commission (EC)

verwendet. Dabei werden Enzyme entsprechend der jeweils katalysierten Reaktionsart durch

eine vierstellige EC-Nummer klassifiziert. Die sechs Haupt-Enzymklassen, in die

unterschieden wird, sind in Tabelle 1 zusammengefasst.

Tabelle 1: Enzymklassifikation:[9,10]

EC-

Nummer

Enzymklasse Reaktionsart Beispiel

1 Oxidoreduktasen Oxidation und Reduktion Amindehydrogenasen

2 Transferasen Übertragung funktioneller

Gruppen

Transaminasen

3 Hydrolasen Hydrolyse Lipasen

4 Lyasen Eliminierung und Addition Aldolasen

5 Isomerasen Isomerisierung Triosephosphat-Isomerase

6 Ligasen Bildung kovalenter

Verknüpfungen unter ATP-

Spaltung

Pyruvat-Carboxylase

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1. Einleitung

3

1.2 Chiralität und optische Reinheit

Chiralität, zu Deutsch „Händigkeit“, beschreibt in der Stereochemie eine Anordnung von

Atomen im Molekül, bei der keine interne Symmetrieebene vorliegt, also keine Deckung bei

Spiegelung möglich ist (Abb. 2). Es handelt sich um Verbindungen, bei denen ein zentrales

Kohlenstoffatom (Chiralitätszentrum) von vier verschiedenen Substituenten umgeben ist. Die

beiden möglichen Stereoisomere (Enantiomere) unterschieden sich lediglich durch ihre

räumliche Anordnung und weisen in achiraler Umgebung identische physikalische und

chemische Eigenschaften auf. Die Nomenklatur der Enantiomere erfolgt nach der

sogenannten CIP-Regel[11]. Dabei werden den Substituenten Prioritäten basierend auf deren

Ordnungszahl, bzw. Ordnungszahl und Bindungsordnung der nachfolgenden Atome

zugeordnet, sodass eine Reihenfolge festgelegt werden kann. Sind die Substituenten mit

sinkender Priorität im Uhrzeigersinn um das chirale Zentrum angeordnet, spricht man vom (R)-

Enantiomer, gegen den Uhrzeigersinn vom (S)-Enantiomer.[11,12]

Abbildung 2: Schematische Darstellung zweier Enantiomere. Angenommen wird, dass D die geringste Priorität hat.

Das Konzept der Chiralität ist in allen Bereichen des Lebens sowie den Bereichen der

organischen Synthese, Pharmakologie, Lebens- und Genussmittelindustrie und in der

Ökologie allgegenwärtig[13]. Pharmakokinetische, metabolische, toxikologische und physio-

logische Einflüsse einzelner Enantiomere auf den Organismus sind in vielen Fällen gut

untersucht und spiegeln sich in der hohen Nachfrage optisch reiner Wirkstoffe wider[14]. Da

auch Bioakkumulation und biologische Abbaubarkeit enantioselektive Prozesse sind, wird das

Augenmerk der Industrie in den letzten Jahren auch vermehrt auf die Bedeutung chiraler

Kontaminanten in Nebenprodukten und Abfall gelenkt[15].

Ein Maß für die optische Reinheit einer Substanz ist der Enantiomerenüberschuss (%ee),

dessen Berechnung in Abbildung 3 dargestellt ist.

Abbildung 3: Formel zur Berechnung des Enantiomerenüberschusses. R,S: Konzentrationen/Peak-flächen des (R)- bzw. (S)-Enantiomers.[16]

Wie aus der Formel ersichtlich wird, beträgt der Enantiomerenüberschuss für eine optisch

reine Substanz 100%ee. Bei 0%ee liegen beide Enantiomere zu gleichen Anteilen vor und

man spricht von einem Racemat. Zur Bestimmung des Enantiomerenüberschuss werden

hauptsächlich chromatographische Methoden mit chiralen stationären Phasen verwendet,

aber auch NMR, Massenspektrometrie, Infrarotspektroskopie und Kapillarelektrophorese.[17]

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1.3 Chirale Amine

Neben Aminosäuren erfüllen chirale Amine als Strukturbestandteile von Neurotransmittern,

Hormonen und Enzyminhibitoren der Zell-Zell-Kommunikation wichtige Funktionen in der

Natur. Chirale Amine machen außerdem ca. 40% aller optisch reinen aktiven pharma-

zeutischen Ingredienzien (APIs) aus[18]. Auch in der agrochemischen Industrie finden sie als

Herbizide und Insektizide breite Anwendung und werden in der Feinchemie als chirale

Auxiliare und für Deracemisierungen benötigt[19].

Abbildung 4: Beispiele für Medikamente, die Amine als chirale Bausteine enthalten (blau hervor-gehoben).[19,20]

Wie aus Abbildung 4 ersichtlich wird, werden APIs häufig in enantiomerenreiner Form benötigt,

da beide Enantiomere eine unterschiedliche Wirkung im Organismus erzielen können. Oftmals

entfaltet nur eines der Enantiomere die physiologische Wirksamkeit, aber es sind auch Fälle

bekannt, in denen das andere Enantiomer eine schädliche Wirkung auf den Organismus

haben kann. Während der erste Fall als lediglich ineffizient, aber harmlos betrachtet werden

kann, kann Letzteres schwerwiegende Folgen haben. Ein prominentes historisches Beispiel

aus den 1950er Jahren ist Thalidomid, welches unter den Markennamen Contergan® und

Softenon® unter anderem als Beruhigungs- und Schlafmittel, aber auch zur Behandlung der

morgendlichen Übelkeit von Schwangeren verschrieben wurde. Verabreicht wurde das

racemische Gemisch, wobei jedoch später festgestellt wurde, dass die sedative Wirkung von

(R)-Thalidomid ausgeht, wohingegen das (S)-Enantiomer zu Fruchtschädigungen führt. Dies

hatte einen deutlichen Anstieg an Fehlbildungen bei Neugeborenen zur Folge.[21] Dieser

extreme Fall zeigt, wie wichtig die Synthese enantiomerenreiner Präparate insbesondere für

deren medizinische Anwendung ist.

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1. Einleitung

5

1.4 Chemische Aminsynthese

Chemisch werden chirale Amine klassisch mittels einer Racematspaltung durch die

fraktionierte Kristallisation mit enantiomerenreinen Carbonsäuren hergestellt. Da in diesem

Falle eines der Aminenantiomere mit der Carbonsäure auskristallisiert und das andere in

Lösung verbleibt, kann die Ausbeute bei diesem Verfahren maximal 50% betragen[22]. Eine

höhere Ausbeute kann theoretisch durch eine asymmetrische Synthese erzielt werden. Für

chirale Amine stellen die asymmetrische Hydrierung von Iminen (Abb. 5 a und b) und die

asymmetrische Addition von Carbanionen (Abb. 5 c) die bedeutendsten Methoden dar. Bei der

asymmetrischen Hydrierung wird ausgehend von einem prochiralen Keton mit Hilfe eines

chiralen Auxiliars über ein Oxim das Enamid bzw. direkt das Ketimin gebildet. Anschließend

erfolgt eine stereoselektive Reduktion, die zum geschützten Amin führt[23,24]. Dies geschieht

mit Hilfe molekularen Wasserstoffs und eines entsprechenden Katalysators, der in der Regel

Platin, Palladium, Rhodium oder Nickel enthält. Die asymmetrische Addition geht

üblicherweise von Aldehyden aus, die zuerst in Imine überführt werden. Durch die Addition

eines Carbanions oder eines Radikals wird dann das geschützte Amin gebildet.

Abbildung 5: Mögliche chemische Verfahren zur Herstellung chiraler Amine durch asymmetrische Synthese[25].

Beide Methoden führen die Chiralität mit Hilfe chiraler Auxiliare oder Liganden ein, die die

Bildung eines Produktenantiomers gegenüber dem anderen begünstigen. Dabei ist die

Enantioselektivität der Prozesse oftmals nicht hoch genug, sodass weitere Reinigungsschritte

benötigt werden, insbesondere für pharmazeutisch relevante Produkte. Außerdem können die

gängigen chemischen Methoden nicht als besonders umweltfreundlich angesehen werden, da

organische Lösungsmittel, metall-organische Verbindungen und Schwermetalle benötigt

werden. Diese Substanzen sind nicht nur per se umweltgefährdend, ihr Einsatz erfordert

oftmals auch harsche Reaktionsbedingungen (Druck und Temperatur).[22] Daher werden

dringend nachhaltigere Methoden benötigt. Wie bereits in Abschnitt 1.1 erwähnt, können

Enzym-katalysierte Prozesse eine effiziente und umweltfreundliche Alternative darstellen.

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1.5 Enzymatische Aminsynthese

Für die biokatalytische Synthese optisch aktiver Amine kann ein breites Spektrum

verschiedener Enzymklassen genutzt werden (Abb. 6).

Abbildung 6: Beispiele für die enzymatische Synthese chiraler Amine.[26,27]

Je nach Ausgangsverbindung und gewünschter Produktstruktur kommen bestimmte Enzyme

nur für bestimmte Reaktionen in Frage.

Um ein chirales Amin durch Deracemisierung zu gewinnen, werden häufig Monoaminoxidasen

(MAOs) und Hydrolasen (Lipasen) verwendet. MAOs oxidieren selektiv eines der Enantiomere

aus dem racemischen Gemisch zum Imin, sodass das verbleibende Enantiomer in hoher

Reinheit gewonnen werden kann. Das Imin kann wiederum chemisch oder enzymatisch in situ

zum racemischen Amin reduziert werden, sodass eine höhere Ausbeute, theoretisch bis zu

100%, erzielt werden kann. Je nach MAO-Variante können primäre, sekundäre und tertiäre

optisch reine Amine gewonnen werden.[28,29] Die Racematspaltung mit Hilfe von Lipasen kann

prinzipiell durch eine Amidhydrolyse oder Acylierung von Aminen erfolgen. Letzteres wird

beispielsweise mit Hilfe der Lipase aus Burkholderia plantarii[30] industriell im großtechnischen

Maßstab in der BASF angewendet[31].

Ammoniak-Lyasen katalysieren die reversible Addition von Ammoniak und Aminen an die

Doppelbindung α,β-ungesättigter Carbonsäuren und werden daher zur Synthese optisch

reiner natürlicher und unnatürlicher Aminosäuren, auch β-Aminosäuren, verwendet[32].

Beispielsweise wird eine Phenylalanin-Ammoniak-Lyase (PAL) aus Rhodotorula glutinis zur

Synthese eines Intermediats bei der Herstellung von (S)-2-Indol-carbonsäure, einem ACE-

Hemmer, eingesetzt[33].

Bei Imin-Reduktasen (IREDs) und reduktiven Aminasen handelt es sich um NADPH-

abhängige Oxidoreduktasen, die in erster Linie zur Herstellung chiraler sekundärer Amine

verwendet werden können, allerdings sind auch Varianten für die Synthese primärer und

tertiärer Amine bekannt. IREDs katalysieren die Reduktion eines Imins zum Amin, wobei das

Imin unter den entsprechenden Reaktionsbedingungen (in Abhängigkeit vom pH-Wert) durch

Kondensation aus Ketonen und Aldehyden gebildet werden kann[34]. Dabei liegt das

Gleichgewicht jedoch stark auf Seiten der Carbonylverbindung. Kürzlich wurde ein IRED-

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1. Einleitung

7

analoges Enzym, eine reduktive Aminase aus Aspergillus oryzae beschrieben, das für die

reduktive Aminierung von Ketonen keine spontane Imin-Bildung benötigt, da das Imin-

Intermediat als Teil des katalytischen Zyklus im aktiven Zentrum des Enzyms gebildet

wird[27,35].

Da in der vorliegenden Arbeit Transaminasen und Amindehydrogenasen für die zu

untersuchende Synthese untersucht wurden, werden diese im Folgenden detaillierter

vorgestellt.

1.6 Transaminasen

Transaminasen (TAs) gehören zu den Pyridoxal-5'-phosphat (PLP)-abhängigen Enzymen. Sie

katalysieren die Übertragung einer Aminogruppe von einem Aminodonor auf einen Amino-

akzeptor.

1.6.1 Mechanismus der Transaminierung

Der katalytische Zyklus einer Transaminase folgt einem Ping-Pong-Bi-Bi-Mechanismus und

kann in zwei Halbreaktionen unterteilt werden. Während der ersten Halbreaktion erfolgt die

Übertragung der Aminogruppe von einem Aminodonor auf den Cofaktor PLP, wobei

Pyridoxaminphosphat (PMP) und ein Ketoprodukt entstehen. Die zweite Halbreaktion umfasst

den Transfer der Aminogruppe von PMP auf einen Aminoakzeptor, sodass das Aminprodukt

und PLP entstehen. [36,37]

Im Detail liegt zu Beginn der ersten Halbreaktion PLP in Form eines internen Aldimins vor:

Durch die Aminogruppe eines hochkonservierten Lysinrestes der Transaminase und die

Aldehydfunktion von PLP wird eine Schiff-Base gebildet, sodass der Cofaktor kovalent an das

Enzym gebunden ist. Im nächsten Schritt (Abb. 7 I) erfolgt eine nucleophile Substitution, wobei

das Aminodonor-Substrat den enzymatischen Lysinrest in der Schiff-Base ersetzt. Dieser

Zustand wird folglich als externes Aldimin bezeichnet. Der nun freie Lysinrest abstrahiert als

nächstes das Proton am α-Kohlenstoffatom des gebundenen Substrats, was die Bildung des

Chinoidintermediats zur Folge hat (Abb. 7 II). Durch die Umlagerung der Doppelbindungen

wird das entstehend Carbanion stabilisiert. Das delokalisierte Elektronensystem erlaubt

wiederum die Bindung des zuvor abstrahierten Protons an die C4'-Position des PLP, sodass

ein Ketimin entsteht (Abb. 7 III). Der Cofaktor PLP fungiert während der Katalyse also in erster

Linie als Elektronensenke[38]. Durch den nucleophilen Angriff eines Wassermoleküls auf das

α-Kohlenstoffatom des Ketimins entstehen PMP und ein Ketoprodukt, womit die erste

Halbreaktion beendet ist (Abb. 7 IV).

Zu Beginn der zweiten Halbreaktion bindet der Aminoakzeptor an PMP, wodurch wiederum

ein Ketimin entsteht (Abb. 7 V). Der weitere Zyklus verläuft quasi symmetrisch zur ersten

Halbreaktion. Durch die Freisetzung des Aminoprodukts wird aus dem externen Aldimin wieder

das interne Aldimin zurückgebildete, sodass ein neuer Zyklus beginnen kann.

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1. Einleitung

8

Abbildung 7: Mechanismus der Transaminierung.[37]

1.6.2 Einteilung von Transaminasen

Die Klassifizierung von Transaminasen kann sowohl basierend auf ihrer Substratspezifizität

als auch entsprechend ihrer dreidimensionalen Struktur erfolgen[39]. Reaktionsbasiert erfolgt

die Unterteilung in α-, ω- und Amintransaminasen (ATAs) (Abb. 8). Substrate mit einer

Carboxylfunktion in α-Position zur Aminogruppe werden von α-Transaminasen akzeptiert.

Dagegen setzen ω-Transaminasen Substrate um, bei denen mindestens ein Kohlenstoffatom

zwischen der Aminogruppe und der Carboxylfunktion steht. Amintransaminasen sind als

Untergruppe der ω-Transaminasen zu verstehen und benötigen keine Carboxylgruppe im

Substratmolekül, wodurch sie besonders interessant für die Synthese optisch reiner Amine

ausgehend von prochiralen Ketonen sind.

Des Weiteren ist eine Einteilung aufgrund von Strukturähnlichkeiten möglich. Die PLP-

abhängigen Enzyme werden zunächst in sieben Faltungsklassen unterteilt: I) Aspartat-

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1. Einleitung

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Aminotransferasen, II) Tryptophan-Synthasen, III) Alanin-Racemasen, IV) die D-Aminosäure-

Familie, V) Glycogen-Phosphorylasen, VI) D-Lysin 5,6-Aminomutasen und VII) Lysin 2,3-

Aminomutasen[40]. Transaminasen findet man in den Faltungsklassen I und IV. Zusätzlich dazu

werden auch die Transaminasen untereinander aufgrund struktureller Eigenschaften und

Sequenzhomologien in weitere sechs Klassen eingeteilt[41].

Abbildung 8: Klassifizierung der Transaminasen basierend auf der Distanz zwischen der transferierten Aminogruppe und der Carboxylfunktion.[42]

1.6.3 Anwendung

Im Allgemeinen werden bei der Synthese optisch reiner Amine mit Transaminasen zwei

Reaktionstypen unterschieden: Die kinetische Racematspaltung (Abb. 9 A) und die asym-

metrische Synthese (Abb. 9 B). Bei einer Racematspaltung liegt der Aminodonor als

racemisches Gemisch vor. Durch die Transaminase wird bevorzugt eines der Enantiomere

umgesetzt, sodass im Idealfall das verbleibende Amin optisch rein vorliegt. Dabei kann die

Ausbeute maximal 50% betragen. Allerding ist es möglich, das entstandene Keton wieder in

situ chemisch oder enzymatisch zum racemischen Amin umzusetzen, wodurch theoretisch

auch Ausbeuten von 100% zugänglich werden. In diesem Fall spräche man von einer

dynamisch kinetischen Racematspaltung. In der asymmetrischen Synthese kann ein optisch

reines Amin mit bis zu 100% Ausbeute ausgehend von einem prochiralen Keton gebildet

werden.

Abbildung 9: Reaktionstypen der Transaminasen.

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1. Einleitung

10

Da die Transaminase-katalysierte Reaktion reversibel ist, wird für eine höhere Ausbeute eine

Möglichkeit zur Verschiebung des Gleichgewichts benötigt. Dafür kann bereits ein Überschuss

des Aminodonors ausreichend sein. Es ist jedoch zu beachten, dass es je nach Donor und

Enzym schon bei vermeintlich geringen Konzentrationen zur Substratinhibierung des Enzyms

kommen kann. Abhängig von der Art des Donors stehen noch weitere Optionen zur Verfügung:

Wird Alanin als Donor verwendet, so kann das entstehende Co-Produkt Pyruvat durch den

Einsatz einer Alanindehydrogenase[43], einer Pyruvatdecarboxylase[44] oder einer Lactat-

dehydrogenase[45] aus der Reaktion entfernt werden. Dadurch verschiebt sich das

Gleichgewicht in Richtung des Aminprodukts. Akzeptiert die verwendete Transaminase auch

Isopropylamin als Donor, so kann das Gleichgewicht noch leichter verschoben werden, da das

entstehende Aceton bereits aufgrund seiner Flüchtigkeit aus dem Reaktionsgemisch entfernt

wird[46]. Auch die Entfernung des Aminprodukts während der Reaktion würde das

Gleichgewicht in die gewünschte Richtung verschieben, sodass der Aminodonor nicht in

großem Überschuss benötigt wird und durch ihn keine Substratinhibierung auftritt. Eine

Möglichkeit dafür wäre in situ Produkt-Kristallisation[47].

Der Einsatz von Transaminasen in der asymmetrischen Synthese wird limitiert durch sterisch

anspruchsvolle Substituenten[48], die grundsätzlich eher geringe Reaktivität vieler Ketone[49]

und besonders durch das eingeschränkte Substratspektrum vieler Wildtypenzyme[50]. Bei der

Überwindung dieser Schwierigkeiten konnten die Methoden des Proteins-Engineerings (s. 1.1

Enzyme und Biokatalyse) einen erheblichen Beitrag leisten. Das wohl bekannteste Beispiel für

den erfolgreichen Einsatz einer ATA ist die Synthese von Sitagliptin®, einem Antidiabetikum.

Dabei wird die Reaktion von Prositagliptin zu Sitagliptin® durch eine Variante der (R)-selektiven

ATA-117 aus Arthrobacter sp. katalysiert (Abb. 10).[48] Durch gerichtete Evolution der

Transaminase sowie den Einsatz von Isopropylamin als Aminodonor können mit diesem

Verfahren 92% Ausbeute bei >99,95%ee an Sitagliptin® erzielt werden, was ausreichend war,

um den zuvor genutzten Rhodium-katalysierten Prozess ersetzen zu können.

Abbildung 10: Transaminase-katalysierte Reaktion zur Herstellung von Sitagliptin®.[48]

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1. Einleitung

11

1.7 Amindehydrogenasen

Amindehydrogenasen haben gegenüber anderen Biokatalysatoren, die zur Aminsynthese

verwendet werden können einen entscheidenden Vorteil: Sie erlauben die Verwendung der

günstigsten Stickstoffquelle, Ammoniak. Als Cofaktor benötigen sie NADH, wobei

Ameisensäure als Substrat für eine Formiatdehydrogenase zum Recycling eingesetzt werden

kann[18]. In der Natur vorkommende Amindehydrogenasen weisen jedoch oft eine viel zu

geringe Selektivität und Reaktivität für die reduktive Aminierung von industriell relevanten

Ketonen bzw. Aldehyden auf[51].

Das Reaktionsspektrum von Aminosäuredehydrogenasen ist normalerweise limitiert auf die

Reaktion von Ketosäuren zu Aminosäuren, jedoch konnten einige von ihnen in den letzten

Jahren durch Protein-Engineering zu Amindehydrogenasen für die Synthese chiraler Amine

weiterentwickelt werden[52–54]. In Abbildung 11 ist der vorgeschlagene Mechanismus für eine

Aminosäuredehydrogenase dargestellt. Essentiell sind dafür die Reste Lysin 68 und Lysin 80,

wobei Lysin 68 speziell für die elektrostatische Interaktion mit der Carboxylfunktion der

Aminosäure benötigt wird. Beim semi-rationalen Design der Leucindehydrogenase aus

Bacillus stearothermophilus zur Etablierung der Amindehydrogenase-Aktivität wurde daher

Lysin 80 unangetastet belassen, um die grundlegende katalytische Aktivität zu erhalten,

jedoch wurde Lysin 68 als Start für die Mutation des Enzyms gewählt. Tatsächlich enthielt die

finale Variante (LeuDH, K68S/E114V/N261L/V291C) nach mehreren Runden der Mutation an

dieser Position ein Serin.[52] Analog zur LeuDH wurde ebenfalls eine Phenylalanin-

dehydrogenase weiterentwickelt und durch Domain Shuffling konnten daraus noch zwei

weitere chimäre Amindehydrogenasen designt werden. Mittlerweile wurden weitere Enzyme

nach diesem Schema entwickelt und es wird versucht, das Substratspektrum durch Protein-

Engineering der bereits etablierten Enzyme noch zu erweitern[55].

Abbildung 11: Vorgeschlagener Mechanismus zur Desaminerung von L-Leucin durch eine Leucindehydrogenase. Farblich hervorgehoben sind die katalytisch relevanten Reste (Blau) und der Cofaktor NAD (Rot). I = L-Leucin; II = Iminiumion; III = Halbaminal; IV = Oxyanion; V = α-Ketoisocaproat. Modifiziert nach Sekimoto et al.[56]

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1. Einleitung

12

1.8 β-chirale Amine

In der Gruppe der β-chiralen primären Amine finden sich viele Stoffe mit physiologischer

Wirksamkeit oder deren Bausteine. Diese werden hauptsächlich, aber nicht ausschließlich, zur

Behandlung neurologischer Krankheitsbilder eingesetzt. Einige Beispiele für pharmazeutisch

relevante β-chirale Amine sind in Abbildung 12 dargestellt. Weitere Substanzen mit hohem

Marktwert sind die γ-Aminobuttersäure (GABA)-Derivate Pregabalin und Baclofen, die im

Folgenden noch im Detail vorgestellt werden (1.7.1 und 1.7.2).

Abbildung 12: Beispiele für pharmazeutisch relevante β-chirale Amine.

Bisher wurden nur sehr wenige Studien zur Herstellung β-chiraler Amine durch

Transaminierung publiziert. Ein Beispiel für den erfolgreichen Einsatz einer Transaminase in

einem solchen Prozess ist die Synthese von Niraparib, einem Anti-Tumor-Wirkstoff, der zur

Behandlung von Ovarialkarzinomen eingesetzt wird[57]. Dabei wurde ATA-301 aus dem

kommerziell erhältlichen Kit der Firma Codexis zur enantioselektiven (99%ee, 82% Ausbeute)

Bildung eines Intermediats verwendet (Abb. 13).

Abbildung 13: Transaminase-vermittelte Synthese von Niraparib.[57]

1.8.1 Pregabalin

Abbildung 14: (S)-Pregabalin.

Pregabalin (3-(Aminomethyl)-5-methylhexansäure) ist ein β-chirales Amin, welches seit 2004

als Lyrica® in den USA und der EU als Medikament zur Behandlung epileptischer Anfälle,

neuropathischer Schmerzen und generalisierter Angststörungen zugelassen ist[58]. Das von γ-

Aminobuttersäure (GABA) abgeleitete Molekül interagiert mit der α2δ-Untereinheit spannungs-

abhängiger Calcium-Kanäle, was zur reduzierten Freisetzung von Neurotransmittern und zu

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1. Einleitung

13

einer verlangsamten postsynaptischen Erregbarkeit führt[59]. Dies entspricht einer Rückkehr

zum „normalen“ physiologischen Zustand der Synapsen. Die alleinige pharmakologische

Wirkung wird dabei dem (S)-Enantiomer von Pregabalin zugesprochen[60]. Seit 2006 wird ein

durch das Unternehmen Pfizer entwickeltes, chemoenzymatisches Verfahren mit einer Lipase

aus Thermomyces lanuginosus zur Herstellung von (S)-Pregabalin in kommerziellem Maßstab

eingesetzt[61].

Abbildung 15: Von Pfizer etabliertes Verfahren zur Synthese von (S)-Pregabalin.[61]

Bei der in Abbildung 15 dargestellten Syntheseroute handelt es sich bereits um eine

Verbesserung des ursprünglichen Verfahrens bezüglich dessen Umweltfreundlichkeit durch

eine höhere Ausbeute bei geringerem Abfallaufkommen[62]. Die erste industriell angewandte

Synthese wurde durch die Firma Parke-Davis entwickelt. Dabei wurde der Cyanodiester zuerst

decarboxyliert, allerdings chemisch statt thermisch, und hydrolysiert, woraufhin ebenfalls eine

Reduktion mit Raney-Nickel erfolgte, die jedoch zu racemischem Pregabalin führte, welches

durch diastereomeres Umkristallisieren mit (S)-Mandelsäure aufgelöst werden konnte[63].

Durch die Etablierung einer effizienten Synthese, bei der Pregabalin ausgehend von einem

Aldehyd durch eine Transaminase oder Amindehydrogenase gebildet würde, könnte die

Route, die das Pfizer-Verfahren vorgibt, allerdings verkürzt und optimiert werden.

1.8.2 Baclofen

Abbildung 16: (R)-Baclofen.

Baclofen (4-Amino-3-p-Chlorophenylbuttersäure) wurde erstmals 1962 als Medikament zur

Behandlung von Epilepsie eingesetzt[64], wobei es jedoch aufgrund der geringen Wirksamkeit

zunächst wenig Beachtung fand. Erst 1992 wurde es erfolgreich unter dem Namen Lioresal®

für die Behandlung von Parkinson, Chorea Huntington, multipler Sklerose und spastischer

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1. Einleitung

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Lähmungen, die zum Beispiel durch Verletzungen des Rückenmarks verursacht werden,

verabreicht. Außerdem verringert es den anregenden Effekt von Benzodiazepinen,

Barbituraten und ähnlichen neurologisch aktiven Substanzen[65]. Des Weiteren wird derzeit

eine Erweiterung der Indikation zur Behandlung von Alkoholismus diskutiert[66]. Wie auch bei

Pregabalin handelt es sich um ein GABA-Analogon, welches als selektiver GABAB-Rezeptor-

Agonist wirkt[67]. Baclofen wird bisher immer noch als racemisches Gemisch eingesetzt,

obwohl bereits bekannt ist, dass das (R)-Enantiomer eine ca. 100-fach höhere biologische

Aktivität aufweist als das (S)-Enantiomer[68,69]. Zudem beeinträchtigt (S)-Baclofen die Bindung

des (R)-Enantiomers[70]. Die bisher gängig in industriellem Maßstab eingesetzten Routen (s.

Abb. 17) führen zu racemischem Baclofen.

Abbildung 17: Zwei klassische chemische Syntheserouten für racemisches Baclofen nach A) Mann et al.[71] und B) Uchimaru et al.[72]

Durch die Alkylierung von 4-Chlorophenylacetonitril mit t-Butylbromoacetat und anschließende

Nitrilreduktion sowie saure Hydrolyse des t-Butylesters kann im ersten Syntheseweg Baclofen

dargestellt werden (Abb. 17 A). Ein zweiter Weg beginnt mit der Michael-Addition von

Nitromethan an 4-Chloro-Zimtsäureethylester. Anschließend erfolgt eine durch Raney-Nickel

katalysierte Reduktion zum korrespondierenden γ-Butyrolactam, welches daraufhin zu

Baclofen verseift werden kann (Abb. 17 B). Aufgrund der unterschiedlichen Wirksamkeit der

Enantiomere und des breiten Anwendungsspektrums ist die Etablierung einer enantio-

selektiven Synthese von großem wirtschaftlichem Interesse. Dementsprechend sind bereits

diverse chemische und einige biotechnologische Methoden zur Desymmetrisierung

racemischen Baclofens bzw. asymmetrischen Synthese von (R)-Baclofen untersucht

worden[65]. Eine chemische asymmetrische Synthese kann beispielsweise durch Ruthenium-

katalysierte Reduktion von Ethyl-4-chlorophenyl-benzoylacetat erfolgen, womit 26% isolierte

Ausbeute bei 90%ee erhalten werden konnten (Abb. 18A)[73]. Biotechnologisch kann eine

Racematspaltung durch eine Fermentation mit Streptomyces halstedii Nr. 39 ATCC erreicht

werden, da dieser Stamm das (S)-Enantiomer von Baclofen verstoffwechselt (Abb. 18 B)[74].

So kann die Ausbeute jedoch maximal 50% betragen. Ein biologischer Ansatz, welcher zum

enantiomerenreinen korrespondierenden Nitril von Baclofen führt, verwendet eine Old Yellow

Enzyme Variante (W116L, aus Saccharomyces cerivisiae). Anschließend erfolgt eine

Reduktion unter Anwesenheit von Nickel und Natriumborhydrid (Abb. 18 C)[75].

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1. Einleitung

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Abbildung 18: Weitere Herstellungsverfahren für (R)-Baclofen.

Die in Abbildung 18 dargestellten Syntheserouten führen alle zu verbesserungswürdigen

Umsätzen und Enantiomerenüberschüssen. Bisher wurde kein biotechnologisches Verfahren

zur asymmetrischen Synthese von Baclofen mit Hilfe von Transaminasen oder durch reduktive

Aminierung mit Amindehydrogenasen entwickelt, sodass diese Optionen in der vorliegenden

Arbeit untersucht werden sollten, um dadurch höhere optische Reinheiten und im Idealfall auch

bessere Umsätze zu erzielen.

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1. Einleitung

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2. Ziel

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2. Ziel

Abbildung 19: Schema der angestrebten Synthese β-chiraler Amine.

Ziel der vorliegenden Arbeit war die Etablierung eines biokatalytischen Prozesses zur

Synthese β-chiraler Amine ausgehend von einem Aldehyd-Precursor durch asymmetrische,

reduktive Aminierung (Abb. 19). Als Modellverbindungen wurden Pregabalin und Baclofen

untersucht, die beide von hoher pharmazeutischer Relevanz sind. Jeweils eines der

Enantiomere – (S)-Pregabalin und (R)-Baclofen – weist nachweislich die höhere biologische

Aktivität auf, sodass der Bedarf für eine asymmetrische Syntheseroute besteht. In der

vorliegenden Arbeit sollte eine Synthese ausgehend von den freien Säuren sowie deren Ethyl-

und tert-Butylester berücksichtigt werden, da die Verwendung der Derivate die spätere

Aufarbeitung der Produkte aus dem Reaktionsgemisch deutlich erleichtern könnte.

Abbildung 20: Geplante Arbeitsschritte.

Eine kurze Übersicht der geplanten Arbeitsschritte ist in Abbildung 20 dargestellt. Für beide

Modellverbindungen war zunächst eine geeignete Methode für ein möglichst schnelles und

einfaches Hochdurchsatz-Screening der potenziellen Biokatalysatoren zu entwickeln. Dabei

sollte auch eine chirale Analytik etabliert werden, die im besten Fall zur Quantifizierung des

Umsatzes, der näheren Charakterisierung der gefundenen Enzyme und einer Optimierung der

Reaktionsbedingungen dienen sollte.

Ein Screening der verfügbaren Amintransaminase- und Amindehydrogenase-Varianten sollte

durchgeführt werden, um Enzyme zu identifizieren, die das jeweils gewünschte Produkt-

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Enantiomer selektiv und mit möglichst hohem Umsatz bilden. Dafür sollten dann die besten

Reaktionsbedingungen ermittelt werden, inklusive eines geeigneten Aminodonors und – falls

nötig – eines Systems zur Gleichgewichtsverschiebung in Richtung der Produkte. Da von einer

racemischen Aldehyd-Vorstufe ausgegangen werden sollte, wurden zur Steigerung des

Umsatzes ebenfalls Bedingungen benötigt, unter denen das verbleibende Enantiomer des

Substrats racemisiert, um so eine dynamisch kinetische Racematspaltung zu ermöglichen.

Da die zu untersuchende Reaktion langfristig als industrieller Prozess etabliert werden sollte,

wäre es wünschenswert, die Reaktion möglichst kosteneffizient zu ermöglichen, zum Beispiel

durch den Einsatz von Zellextrakt anstelle gereinigten Enzyms, da die gängigen

Reinigungsmethoden oft hohen Zeit- und apparativen Aufwand bedeuten, insbesondere im

präparativen Maßstab. In Hinblick auf eine Anwendung im industriellen Maßstab sollten im

Rahmen dieser Arbeit auch erste Experimente zur Steigerung der Enzymproduktion und

Produktkonzentration durchgeführt werden.

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3. Ergebnisse

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3. Ergebnisse

3.1 Pregabalin

Da Pregabalin gegenüber Baclofen den höheren Marktwert besitzt und das bestehende Patent

von Pfizer für die Pregabalin-Synthese zu Projektbeginn auslief, wurde die Untersuchung

dieser Substanz als Modell für β-chirale Amine priorisiert.

3.1.1 Substratsynthese

Für das initiale Screening der Enzyme konnte zunächst kommerziell erhältliches Pregabalin

verwendet werden. Da jedoch für die eigentlich angestrebte biokatalytische Aminierung zur

Synthese von Pregabalin 3-Formyl-5-methylhexansäure bzw. deren Ethyl- und tert-Butylester

als Substrate benötigt wurden, wurden zu Projektbeginn Experimente zu deren Synthese

unternommen. Als Ausgangsmaterial für diese Stoffe sollte 4-Methyl-1-pentanal dienen,

welches wiederum ausgehend von kommerziell erhältlichem 4-Methyl-1-pentanol durch

Oxidation mit Pyridiniumchlorochromat synthetisiert werden kann[76] (s. Abb. 21).

Abbildung 21: Schematische Darstellung der Synthese von 4-Methyl-1-pentanal.

Die Reaktion wurde in Dichlormethan bei 0°C unter Stickstoffatmosphäre für 3 h durchgeführt.

Anschließend wurde das Reaktionsprodukt nach Filtration mittels Dünnschichtchroma-

tographie (DC) und Gaschromatographie/Massenspektrometrie (GC-MS) untersucht.

Abbildung 22: A) DC-Karte von 4-Methyl-1-pentanol (1) und Syntheseprodukt (2) gefärbt mit Vanillin. B) DC-Karte gefärbt mit 2,4-Dinitrophenylhydrazin. C) GC-Chromatogramm des Syntheseprodukts, die Identifikation der gekennzeichneten Peaks erfolgte mittels MS.

Zur Färbung der Dünnschichtkarten wurde Vanillin und 2,4-Dinitrophenylhydrazin (DNP)

verwendet. Während Vanillin mit einer Vielzahl von Analyten reagiert, wird DNP für den

spezifischen Nachweis der Carbonylgruppen von Aldehyden und Ketonen verwendet. Daher

kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem Stoff mit dem höchsten

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3. Ergebnisse

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Retentionsfaktor (Rf=0,87) um 4-Methyl-1-pentanal handelt, da dieser mit beiden

Färbereagenzien detektiert wurde. Wie sowohl durch die mit Vanillin gefärbte DC- als auch die

GC-MS-Analytik ersichtlich wurde, enthielt das Rohprodukt noch starke Verunreinigungen von

mindestens zwei anderen Stoffen, die als nicht reagiertes Edukt bzw. weiter oxidiertes Produkt

(4-Methyl-1-pentansäure) identifiziert werden konnten (Abb. 22). Letzteres konnte durch einen

veränderten Versuchsaufbau zum Erhalt der Stickstoffatmosphäre mit Hilfe einer Schlenk-

Apparatur[77] im Gegensatz zu der Verwendung eines mit Stickstoff gefüllten Luftballons

deutlich verringert werden. Durch eine Verlängerung der Reaktionszeit um 2 h wurden

ebenfalls die Anteile des nicht-oxidierten Edukts verringert. Dennoch sollte das Produkt weiter

gereinigt werden, um störende Einflüsse bei nachfolgenden Synthesen zu minimieren. Eine

gängige Methode zur Reinigung von Aldehyden stellt die Fällung als Sulfit-Addukt dar (s. Abb.

23).

Abbildung 23: Bildung und Regeneration eines Aldehyd-Sulfit-Addukts.

4-Methyl-1-pentanal ließ sich mit Hilfe von Natriumhydrogensulfit als Sulfit-Addukt ausfällen.

Dabei entstand 1 g des kristallinen Addukts, was bezogen auf den reinen synthetisierten

Aldehyd ca. 15% Ausbeute entsprochen hätte. Allerdings konnten nach der Regeneration im

größeren Maßstab keine Spuren des Aldehyds mehr detektiert werden, sodass diese Methode

verworfen wurde. Da sich bereits die Synthese des Ausgangsstoffes für die eigentlich

benötigten Substrate als wenig effektiv und vor allem als sehr zeitaufwändig erwies, wurden

im Folgenden sämtliche Synthesen durch den Projektpartner als externe Aufträge vergeben,

sodass die Fokussierung auf die Etablierung analytischer Methoden und des Screenings

erfolgen konnte.

3.1.2 Analytik von Pregabalin

Um zukünftige Screening-Ergebnisse möglichst schnell qualitativ und quantitativ auswerten zu

können, wurde zunächst die Analytik des Reaktionsprodukts Pregabalin priorisiert. Zudem war

dieses auch leichter verfügbar als die später zu verwendenden Substrate, sodass für das

initiale Screening die Desaminierung von Pregabalin gewählt wurde. Wünschenswert war eine

Methode, die parallel die Bestimmung der Enantiopräferenz des jeweiligen Enzyms sowie die

Quantifizierung des Umsatzes erlauben würde. Die meisten in der Literatur beschriebenen

Ansätze betreffen die Quantifizierung aus therapeutischen Formulierungen[78] und waren

daher oder aus anderen Gründen (benötigte Geräte, hoher Aufwand[79]) für die Aufarbeitung

aus Biokatalysen größtenteils ungeeignet. Es wurde daher beschlossen, eine andere Methode

zu etablieren. Als mögliche Alternative wurde die Derivatisierung mit Hilfe von

Ethylchloroformiat und anschließender chiraler GC-Analytik untersucht (Abb. 24)[80].

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3. Ergebnisse

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Abbildung 24: Derivatisierung von Pregabalin mit Ethylchloroformiat (ECF).

Die in der Literatur beschriebene Methode zur Derivatisierung konnte nach geringfügigen

Modifikationen, wie zum Beispiel vorangegangenem Ansäuern der Probe und einer größeren

Menge Ethylchloroformiat, auf Pregabalin angewandt werden. Ohne diese Anpassungen

wurden ein bzw. zwei weitere Peaks (bei racemischem Pregabalin) festgestellt; dies ließ auf

eine unvollständige Derivatisierung schließen und konnte durch sukzessive Erhöhung der

Säuremenge und des Gehalts an Ethylchloroformiat während der Reaktion behoben werden.

Durch die Verwendung von Chloroform als Lösungsmittel und die Tatsache, dass das Derivat

kaum wasserlöslich war, konnte das Produkt direkt extrahiert und für die GC-Analytik

verwendet werden. Dazu wurden verschiedene chirale Säulen (CP-Chirasil-Dex DB, Hydrodex

β-TbdAc und Hydrodex β-3P) mit verschiedenen Temperaturprogrammen getestet. Eine

zufriedenstellende Trennung der Enantiomere bis auf Basislinien-Niveau konnte auf der Säule

Hydrodex β-3P erzielt werden (Methode s. 6.10.3.6). Da sowohl racemisches als auch (S)-

Pregabalin verfügbar waren, konnten die Peaks auch ohne großen Aufwand dem

entsprechenden Enantiomer zugeordnet werden (Abb. 25 A). Eine vermessene Kalibrierreihe

zeigte, dass die Methode sich auch zur Quantifizierung und damit zur späteren Bestimmung

des Umsatzes in Biokatalysen eignete (Abbildung 25 B). Die Methode sollte zudem auch

analog auf die Ester anwendbar sein, wobei eventuell die GC-Analytik hinsichtlich der Heizrate

hätte angepasst werden müssen. Dies wurde jedoch nicht weiter untersucht, da zu diesem

Zeitpunkt die entsprechenden Substanzen noch nicht verfügbar waren.

Abbildung 25: A) GC-Chromatogramm von ECF-derivatisiertem Pregabalin. Schwarz: rac-Pregabalin, blau: (S)-Pregabalin. B) Kalibrierkurve für ECF-derivatisiertes rac-Pregabalin.

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3. Ergebnisse

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3.1.3 Screening der Amintransaminasen

Aufgrund der zu Projektbeginn eingeschränkten Verfügbarkeit der Substrate, wurde zunächst

ein Screening in der Richtung der Desaminierung des gewünschten Produkts durchgeführt.

Dafür konnte günstiges, kommerziell erhältliches rac-Pregabalin verwendet werden. Für die

Untersuchung der internen Transaminase-Toolbox, welche hunderte Enzyme und daraus

erstellte Varianten umfasst, sollte zudem ein möglichst einfaches Screening-Verfahren

verwendet werden.

Als besonders effizient für das Screening wurde die Durchführung von Biokatalysen in kleinem

Maßstab (200 µL in 96-Well-Platten) mit Pregabalin und Pyruvat erachtet. Parallel zu diesen

Reaktionen konnten verbrauchtes Pregabalin und gebildetes Alanin leicht mittels Dünnschicht-

chromatographie und Ninhydrin-Färbung qualitativ analysiert werden, weil beide Stoffe mit der

gewählten Methode sehr unterschiedliche Retentionsfaktoren aufwiesen (Rf Alanin = 0,22 und

Rf Pregabalin = 0,74). Es wurde festgestellt, dass bei der Verwendung von Zellextrakt die

enthaltenen Aminosäuren die Farbreaktion als spezifischen Nachweis für Amine stören

(Abb. 26), daher musste eine Reinigung der Enzyme erfolgen, die ebenfalls möglichst effizient

im 96-Well Maßstab durchführbar sein sollte, sodass auch geringe Mengen gebildeten Alanins

detektierbar sein würden.

Abbildung 26: Dünnschichtkarte mit 1) 10 mg/mL Pregabalin in A. dest, 2) 10 mg/mL Pregabalin in ATA-Zellextrakt aus einer 1 mL-Kultivierung, 3) ATA-Zellextrakt aus einer 1 mL-Kultivierung. Als Laufmittel diente n-Butanol, Wasser und Eisesseig im Verhältnis 4:1:1, gefärbt wurde mit Ninhydrin.

Da alle zu screenenden Enzyme über einen His6-Tag verfügten, konnte dies mittels

immobilisierter Metallionen-Affinitätschromatographie (IMAC) erfolgen. Dafür wurden

kommerziell erhältliche His-Select®-Filterplatten (Sigma) verwendet. Damit konnten für alle

Enzyme zufriedenstellende Reinheiten erzielt werden, wie in Abbildung 27 exemplarisch in

einem SDS-PAGE-Gel für das Enzym 3HMU dargestellt ist. Trotz einiger Verluste in den

Durchflussfraktionen wurden auch annehmbare Ausbeuten von durchschnittlich 1 mg/mL

Proteingehalt erreicht.

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3. Ergebnisse

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Abbildung 27: SDS-PAGE-Gel der Reinigung der ATA 3HMU (Wildtyp) mit Hilfe von His-Select®-Filterplatten nach Expression im 1 mL-Maßstab. 1) Durchfluss, 2) Waschfraktion, 3) Eluat, M = Roti-Mark Standard.

Nach der erfolgreichen Reinigung wurden über 100 Transaminasen und deren vorhandene

Varianten in 24-stündigen Biokatalysen mit Pregabalin und Pyruvat eingesetzt. Bei der

anschließenden Analyse der Proben mittels DC wurden insgesamt sechs Enzyme identifiziert

(Tab. 2), bei denen die Bildung von Alanin festgestellt werden konnte (s. Abb. 28, beispielhaft

für 3HMU-Varianten).

Abbildung 28: Dünnschichtkarte mit Biokatalysen von 3HMU-Varianten nach 24 h. Biokatalyse-bedingungen s. 6.10.2.7. Als Positivkontrolle wurden Pregabalin und Alanin verwendet (Pgb Ala K). Als Laufmittel diente n-Butanol, Wasser und Eisesseig im Verhältnis 4:1:1, gefärbt wurde mit Ninhydrin.

Tabelle 2: Im Screening auf Umsatz von Pregabalin gefundene Transaminasen:

Enzym Ursprung Mutation

3HMU Ruegeria pomeroyi F92Y

Vfl Vibrio fluvialis L56A

V153G

A228C

A228G

F85L/V153A

Zunächst wurde das Enzym 3HMU F92Y näher charakterisiert. Dazu erfolgten Expression im

400 mL-Maßstab, Reinigung und Biokatalysen im 700 µL-Maßstab. Aufgrund der Substrat-

verfügbarkeit wurde weiterhin die Desaminierung untersucht. Dabei konnte festgestellt

werden, dass diese ATA-Variante scheinbar das unerwünschte (R)-Enantiomer von

Pregabalin bevorzugt (s. Abb. 29), sodass von weiteren Experimenten abgesehen wurde.

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3. Ergebnisse

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Abbildung 29: GC-Chromatogramm ECF-derivatisierter Proben von Biokatalysen mit 3HMU F92Y nach 2 h (schwarz) und 24 h (blau) Reaktionszeit.

3.2 Revision der Modell-Verbindung

Im Laufe der experimentellen Arbeiten wurde ein neues von der Firma Pfizer eingereichtes

Patent publiziert[81]. In diesem wird unter anderem die Synthese von Pregabalin durch

Transaminase-vermittelte asymmetrische Aminierung beansprucht. Auch Syntheserouten für

die Aldehyd-Substrate sowie die mögliche Verwendung von Amindehydrogenasen fanden

Erwähnung, sodass von dem hier ursprünglich vorgesehenen Projekt abgewichen werden

musste. Letztendlich wurde eine ausschließliche Fokussierung des Projekts auf die alternative

Modellverbindung für β-chirale Amine, Baclofen, beschlossen, für die noch keine

entsprechende enzymatische Synthese gezeigt werden konnte. Dabei blieb die geplante

Vorgehensweise dieselbe wie zuvor. Alle weiteren Arbeiten an der Synthese von Pregabalin

wurden jedoch an diesem Punkt eingestellt.

3.3 Baclofen

Als weitere Modellverbindung für das Enzymscreening wurde Baclofen (4-Amino-3-(4-

chlorphenyl)buttersäure) verwendet. Wie im Fall von Pregabalin stand zunächst die

Etablierung einer geeigneten Analytik im Vordergrund, insbesondere für das zu bildende

Produkt. Des Weiteren wurden Amindehydrogenasen als mögliche Biokatalysatoren für die

gewünschte Reaktion untersucht, welche freundlicherweise von Prof. Bommarius (Georgia

Institute of Technology, USA) bereitgestellt wurden. Auch die zu durchmusternden

Transaminasen wurden um einige Varianten aus der Arbeitsgruppe von Prof. Bornscheuer

(Universität Greifswald) erweitert.

3.3.1 Analytik

3.3.1.1 Produkt

Um parallel mit dem Screening der Enzyme beginnen zu können, wurde zunächst untersucht,

ob sich die bereits für Pregabalin bewährte Dünnschichtchromatografie ebenfalls auf Baclofen

anwenden ließ. Auch in diesem Fall konnte unter identischen Bedingungen eine sehr gute

Trennung von Baclofen und Alanin erzielt werden (Rf Alanin = 0,32 und Rf Baclofen = 0,74).

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3. Ergebnisse

25

Diese Methode wurde wiederum verwendet, um Transaminasen in Richtung der

Desaminierung von Baclofen zu screenen.

Weiterhin wurde eine Methode zur chiralen Analytik von in Biokatalysen gebildetem Baclofen

benötigt. Auch dabei wurden zuerst Experimente zur Übertragung der Analytik für Pregabalin

durchgeführt. Eine Detektion mittels Gaschromatographie war nach der Derivatisierung mit

Ethylchloroformiat möglich. Allerdings konnten weder mit der für Pregabalin entwickelten

Methode noch mit allen anderen verfügbaren chiralen Säulen und verschiedenen

Temperaturprogrammen eine Trennung der Enantiomere erzielt werden. Daher wurde die

Gaschromatographie als Methode verworfen und weitere Untersuchungen zur möglichen

Trennung mittels Kapillarelektrophorese (CE) und Hochleistungsflüssigkeitschromatographie

(HPLC) vorgenommen. Dabei konnte mit Hilfe der CE relativ schnell eine einfache Methode

für reines Baclofen entwickelt werden, welche durch den Zusatz von hochsulfatierten

Cyclodextrinen (HS-CD) als chirale Selektoren auch eine Trennung der Enantiomere

ermöglichte. Untersucht wurden HS-α-CD und HS-β-CD, wobei 5% (w/v) dem Trennpuffer

zugesetzt wurden.

Abbildung 30: A) Überlagerte Elektropherogramme von Baclofen mit hochsulfatierten Cyclodextrinen: 1) HS-α-CD, 2) HS-β-CD. B) Elektropherogramm von rac-Baclofen versetzt mit 1 µL 10 mM (R)-Baclofen und HS-β-CD. Bedingungen: 10 mM rac-Baclofen; fused silica Kapillare, 30 cm (20 cm effektive Länge) x 50 µm ID; 25 mM TEA-Phosphat-Puffer (pH 3,0) mit 5% w/v HS-CD; UV-Detektion bei 200 nm; reverse Polarität; kathodische Injektion: 0,5 psi für 3 s; Trennung bei 10 kV für 15 min.

Wie in Abbildung 30 ersichtlich wird, konnte nur eine Antrennung mit HS-α-CD erreicht werden.

Jedoch ermöglichte die Verwendung von HS-β-CD eine hervorragende Auflösung der

Enantiomere. Durch Zusatz von reinem (R)-Baclofen konnte außerdem das erste der beiden

Signale dem gewünschten Enantiomer zugeordnet werden. Da hochsulfatierte Cyclodextrine

relativ kostenintensiv sind, wurden weitere Versuche zur benötigten Cyclodextrin-

Konzentration unter Berücksichtigung von Selektivität und Auflösung vorgenommen. Dabei

wurde festgestellt, dass bereits mit 2% HS-β-CD eine zufriedenstellende Trennung erzielt

werden konnte. Obwohl die entwickelte CE-Methode zuerst sehr vielversprechend erschien,

wurde festgestellt, dass die Methode für einen hohen Probendurchsatz nicht robust genug war.

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3. Ergebnisse

26

Daher wurden daraufhin weitere Experimente zu einer alternativen Analytik mittels HPLC

unternommen.

Wie bereits im Fall von Pregabalin, sind auch für Baclofen zahlreiche Methoden zur

Untersuchung pharmazeutischer Formulierungen publiziert, die keine Aufarbeitung aus

biologischem Material erfordern, oder aber mit den verfügbaren Instrumenten nicht realisierbar

waren. Daher wurden mehrere potenzielle Methoden getestet. Mit underivatisiertem Baclofen

konnte an keiner der getesteten chiralen Säulen eine Antrennung erzielt werden. Auch eine

publizierte Methode zum Vorsäulen-Ligandenaustausch mit anschließender Analytik über eine

achirale Säule führte nicht zum gewünschten Ergebnis[82]. Daraufhin wurden die Reaktionen

von Baclofen mit o-Phthalaldehyd (OPA) und Dansylchlorid, beides etablierte Methoden zur

Derivatisierung von primären Aminen (Abb. 31)[83], untersucht. Die OPA-Derivate erwiesen

sich dabei als sehr instabil, was bei einem hohen Probendurchsatz unvorteilhaft wäre.

Außerdem konnte auch hier keine gute Trennung der Enantiomere erreicht werden. Die

Derivatisierung mit Dansylchlorid erschien als vielversprechende Alternative, da damit eine

Trennung auf Basislinien-Niveau erzielt wurde (Abb. 31). Allerdings galt dies nur für reine

Baclofen-Proben. Bei der Vermessung von Proben mit simulierten, in Biokatalysen zu

erwartenden Umsätzen traten Überlagerungen mit den als Aminodonor geplanten Substanzen

(Alanin, Isopropylamin, α-Methylbenzylamin) auf, die nicht aufgelöst werden konnten.

Abbildung 31: A) Derivatisierung von Aminen mit Dansylchlorid (oben) und o-Phthalaldehyd (unten). B) Ausschnitt aus einem HPLC-Chromatogramm von Dansylchlorid-derivatisiertem rac-Baclofen. Bedingungen: ACN:H2O (mit 0,1% TFA) 30:70; 0,4 mL/min; Detektion bei 254 nm; Säule CHIRACEL OD-RH.

Eine erfolgreiche Methode konnte letztendlich mit Hilfe der für chirale Aminosäure-Analytik

konzipierten Säule Chirex 3126 (Phenomenex) erzielt werden (Abb. 32). Die vom Hersteller

vorgeschlagene Applikation konnte nach geringen Modifikationen an Baclofen angepasst

werden. Auch mit Biokatalyseproben, die lediglich durch Proteinpräzipitation (sauer oder mit

eiskaltem Acetonitril) aufbereitet wurden, konnte das Reaktionsprodukt qualitativ und

quantitativ ohne störende Einflüsse bestimmt werden. Nach einer sauren Hydrolyse, die

gleichzeitig die in der Probe enthaltenen Proteine ausfällt, konnten außerdem auch die Ethyl-

und t-Butyl-Derivate von Baclofen getrennt und quantifiziert werden, sodass diese Methode im

weiteren Projektverlauf zur näheren Charakterisierung der aus dem Screening erhaltenen

Enzyme und zur Untersuchung und Optimierung der Reaktionsbedingungen verwendet wurde.

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3. Ergebnisse

27

Abbildung 32: Ausschnitt aus einem HPLC-Chromatogramm einer simulierten Biokatalyse-Probe mit 10 mM rac-Baclofen, zusätzlichen 5 mM (R)-Baclofen und 100 mM Alanin. Bedingungen: Phenomenex Chirex 3126, mobile Phase: 2 mM CuSO4 in A. dest:Isopropanol 85:15, 1 mL/min Fluss, Detektion bei 225 nm.

In Tabelle 3 sind die untersuchten analytischen Methoden und die damit jeweils erhaltenen

Ergebnisse zusammengefasst.

Tabelle 3: Zusammenfassung der untersuchten Methoden zur chiralen Analytik von Baclofen:

Methode Ergebnis

GC Derivatisierung mit Ethylchloroformiat (4

chirale Säulen, variierte

Temperaturprogramme)

Schwache Antrennung

CE HS-CD als chirale Selektoren Gute Trennung, Methode

unzuverlässig für hohen

Durchsatz

HPLC Ohne Derivatisierung (3 chirale Säulen,

reversed phase)

Keine Trennung

Vorsäulen-Ligandenaustausch und achirale

Säule

Schwache Antrennung, nicht

quantitativ

OPA-Derivatisierung Unvollständige Derivatisierung

mit instabilen Derivaten, keine

gute Trennung

Dansylchlorid-Derivatisierung Stabile Derivate und sehr gute

Trennung, Überlagerung mit

Reaktionskomponenten

Chirex 3126 ohne Derivatisierung Gute Trennung, quantitativ,

auch bei hohem Durchsatz

zuverlässig

3.3.1.2 Substrat

Zur Steigerung des Umsatzes der Zielreaktion wurde eine in situ Racemisierung des

verbleibenden Substrat-Enantiomers angestrebt. Um dies überprüfen und optimieren zu

können, wurde ebenfalls eine chirale Analytik für das Substrat benötigt. Aus Gründen der

einfacheren Aufarbeitung von Substrat und Produkt aus der Reaktion wurde das tert-Butyl-

genauer untersucht. Dieses ließ sich mit Chloroform leicht aus der Biokatalyse extrahieren und

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3. Ergebnisse

28

konnte direkt ohne vorherige Modifikation in die GC injiziert werden. Nach Experimenten mit

den vorhandenen chiralen Säulen konnte eine Antrennung mit Hilfe der Säule Chirasil-Dex CB

(Agilent) erzielt werden, die als ausreichend erachtet wurde, um einzuschätzen, ob ein

racemisches Gemisch vorliegt (Abb. 33). Die Methode eignete sich außerdem zur

quantitativen Bestimmung des Substrat-Verbrauchs.

Abbildung 33: GC-Chromatogramm einer Biokatalyse-Probe mit 3-(4-Chlorphenyl)-4-oxo-buttersäure-t-butylester.

Da keine enantiomerenreinen Proben des Substrats zur Verfügung standen, konnten die im

GC-Chromatogramm aufgezeichneten Peaks nicht zweifelsfrei den Enantiomeren zugeordnet

werden. Da die in Abbildung 33 dargestellte Probe jedoch aus einer Reaktion unter nicht-

racemisierenden Bedingungen mit einem Enzym stammte, welches bevorzugt (R)-Baclofen

bildet, konnte angenommen werden, dass es sich beim ersten und kleineren der beiden

Signale um den (R)-Aldehyd handelte.

3.3.2 Enzymscreening

3.3.2.1 Amindehydrogenasen

Wie bereits erwähnt, wurden für die Synthese β-chiraler Amine neben Amintransaminasen

auch Amindehydrogenasen als Biokatalysatoren in Erwägung gezogen. Drei durch Protein

Engineering entwickelte Enzyme wurden von der Arbeitsgruppe von Prof. Andreas Bommarius

zur Verfügung gestellt: LeuDH, welche basierend auf einer Leucindehydrogenase (Bacillus

stearothermophilus) entwickelt wurde[52], PheDH, bei der von einer Phenylalanin-

dehydrogenase (Bacillus badius) ausgegangen wurde[53] und CFL1, ein aus den beiden

ersteren erstelltes chimäres Enzym[54]. Da sich CFL1 nur durch eine veränderte

Aminosäureposition (Asn271Leu) von einer weiteren Chimäre, CFL2, unterscheidet, wurde

diese vierte Amindehydrogenase mit Hilfe einer QuikChange™ erstellt. Nach Bestätigung der

Sequenz von CFL2 wurden alle vier Enzyme in Anlehnung an die publizierten Methoden[52,54]

exprimiert und gereinigt. Als Expressionsstamm wurde, wie beschrieben, E. coli BL21 (DE3)

verwendet, allerdings wurde die Expression in TB-Medium anstatt MagicMedia™ (Invitrogen)

durchgeführt, sodass manuell mit IPTG induziert werden musste. Außerdem erfolgte die

Inkubation nicht bei 37°C für 24 h, sondern bei 37°C bis zur Induktion mit 0,1 mM IPTG nach

etwa 2 h bis zum Erreichen von OD600~0,8 und anschließend für ca. 20 h bei 20°C. Die

nachfolgende Reinigung konnte mittels immobilisierter Metallionen-Affinitätschromatographie

(IMAC) erfolgen, da die Enzyme bereits mit einem C-terminalen His6-Tag modifiziert waren.

Dafür wurde zunächst ein Cobalt-haltiges Säulenmaterial (TALON®, Clontech, USA) in

Handsäulen verwendet. Dabei fielen jedoch Proteine aus dem Zellextrakt aus und verstopften

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3. Ergebnisse

29

die Säule, ein Problem, das bei der Reinigung anderer Enzyme mit dieser Methode in den

meisten Fällen nicht auftritt. Deshalb wurde die Reinigung im weiteren Verlauf automatisiert

mittels Ni-NTA-Säulen an der Äkta durchgeführt, wobei keine störenden Präzipitate

entstanden. Auch die Reinigungspuffer wurden im Vergleich zur Literatur leicht modifiziert (s.

6.10.2.2).

Abbildung 34: SDS-PAGE-Gel der mittels Äkta gereinigten Amindehydrogenasen. M = Roti-Mark Standard.

Das in Abbildung 34 dargestellte SDS-PAGE-Gel nach der Reinigung der Enzyme zeigt, dass

für alle vier Amindehydrogenasen eine moderate Reinheit erzielt werden konnte. Auch die

Ausbeuten waren zufriedenstellend, insbesondere für CFL1. Allerdings konnte nur eine

äußerst geringe Menge der CFL2 hergestellt werden, weshalb im SDS-PAGE-Gel nur eine

sehr schwache Bande bei ca. 40 kDa zu erkennen ist.

In einem photometrischen NADH-Assay wurde untersucht, ob die gereinigten Amin-

dehydrogenasen Aktivität gegenüber den drei Aldehyd-Vorläufern von Baclofen zeigten. Dabei

wurde davon ausgegangen, dass die Abnahme von NADH äquivalent der Bildung der

Aminprodukte ist.

Tabelle 4: Volumetrische Aktivitäten der gereinigten Amindehydrogenasen gegenüber den Modellsubstraten. Die Aktivitäten wurden mit Hilfe eines photometrischen NADH-Assays bestimmt (s. 6.10.3.2):

Aktivität [mU/mL]

Enzym Säure Ethylester t-Butylester

PheDH 5,2 2,1 -

LeuDH - 2,5 5,4

CFL1 - - -

CFL2 - 3,3 0,9

Bei der photometrischen Aktivitätsbestimmung der Amindehydrogenasen konnten zwar für

jedes der Modellsubstrate niedrige Aktivitäten festgestellt werden (s. Tab. 4). Da NADH jedoch

auch in Nebenreaktionen von Verunreinigungen durch andere Enzyme verbraucht werden

kann und die gemessenen Aktivitäten ausgesprochen gering waren, sollte die Produktbildung

ebenfalls untersucht werden. In den anschließend durchgeführten Biokatalysen konnte jedoch

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3. Ergebnisse

30

kein Produkt detektiert werden, selbst mit einem zusätzlichen System zur

Gleichgewichtsverschiebung mittels Formiatdehydrogenase in Ammoniumformiatpuffer[84]. Da

die Aktivität scheinbar unter der Nachweisgrenze des Produkts lag, wurden die

Amindehydrogenasen für die angestrebte Synthese als ungeeignet betrachtet, sodass in allen

weiteren Experimenten die Verwendung von Amintransaminasen vorgezogen wurde.

3.3.2.2 Amintransaminasen

Für das Screening der Amintransaminasen auf den Umsatz von Baclofen wurde zunächst

dieselbe Methode verwendet, wie bereits für Pregabalin: Expression im 1 mL-Maßstab,

anschließende Reinigung mittels IMAC im 96-Well-Format und Biokatalysen im 200 µL-

Maßstab mit paralleler Analytik durch Dünnschichtchromatographie. Dadurch konnten erste

aktive Enzyme detektiert werden. Abbildung 35 zeigt beispielhaft die Screening-Ergebnisse

einiger 3HMU-, 3FCR- und 3I5T-Varianten, bei denen für vier 3HMU-Varianten durch die

Desaminierung von Baclofen gebildetes Alanin detektiert wurde.

Abbildung 35: Dünnschichtkarten mit Biokatalysen von 3HMU-, 3FCR- und 3I5T-Varianten nach 24 h. Biokatalysebedingungen s. 6.10.2.7. Als Positivkontrolle wurde Alanin verwendet (Ala K). Als Laufmittel diente n-Butanol, Wasser und Eisesseig im Verhältnis 4:1:1, gefärbt wurde mit Ninhydrin.

Sobald die Aldehyd-Precursor zur Verfügung standen, konnte das Screening zudem auch in

Richtung der gewünschten Aminierungsreaktion erfolgen. Dafür wurden die gereinigten

Amintransaminasen in einem photometrischen Acetophenon-Assay[85] eingesetzt, bei dem als

Aminodonor je nach Präferenz der Enzyme α-Methylbenzylamin (α-MBA), α-Ethylbenzylamin

(α-EBA) oder α-Isopropylbenzylamin verwendet wurden. Dadurch konnte die Aktivität der im

DC-Screening aufgefundenen Enzyme bis auf 3HMU F92Y bestätigt werden. Auch einige

weitere Varianten, die erst im späteren Projektverlauf zur Verfügung standen, wurden mit Hilfe

des Acetophenon-Assays untersucht.

Insgesamt wurden bei dem Screening der Amintransaminasen 15 potenzielle Biokatalysatoren

für die Zielreaktion gefunden. Die aktiven Varianten waren auf fünf ATAs bzw. deren Varianten

begrenzt: Die Enzyme aus Chromobacterium violaceum (Cvi), Silicibacter pomeroyi (3HMU),

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3. Ergebnisse

31

Ruegeria sp. TM1040 (3FCR) und Vibrio fluvialis (Vfl), die alle für α-chirale Amine als (S)-

selektiv annotiert sind sowie aus Arthobacter sp. KNK168 (V306I) ((R)-selektiv). Zur

Untersuchung der Enantiopräferenz und des Umsatzes der Aminierungsreaktion wurden die

aktiven Enzyme im 400 mL-Maßstab exprimiert, mittels Äkta gereinigt und in Biokatalysen im

700 µL-Maßstab eingesetzt. Dabei wurden als Substrate 250 mM L-Alanin und 20 mM des

jeweiligen Aldehyds bei pH 8 verwendet. Zur Analyse wurde die in 3.3.1.1 beschriebene HPLC-

Methode verwendet, mit der sowohl die Produktbildung als auch der Enantiomerenüberschuss

des Produkts bestimmt werden konnten (s. Tab. 5).

Tabelle 5: Charakterisierung der aus dem photometrischen bzw. DC-Screening erhaltenen ATA-Varianten bezüglich des Umsatzes (Produktbildung) und des Enantiomerenüberschusses für die Modellsubstrate:

Enzym Säure Ethylester t-Butylester

Umsatz

[%]

%ee Umsatz

[%]

%ee Umsatz

[%]

%ee

Cvi WT 19,5 70,4 (S) - - - -

Cvi 88V 27,7 77,3 (R) 8,2 64,2 (R) - -

Cvi 88L 28,1 73,1 (R) 6,6 69,3 (R) 7,9 11,1 (S)

Cvi 88L 418L 18,5 91 (R) 5,6 86,3 (R) 5,1 34,1 (S)

Cvi 88L 418G 21,8 66,3 (R) 11,1 1,1 (R) 13,7 58,4 (S)

3HMU WT 26,3 42,7 (S) - - - -

3HMU 91 A 34,9 20,4 (S) - - - -

3HMU 233S 36,6 60,7 (R) - - - -

3HMU 419M 24,7 83,8 (S) - - - -

3FCR 59W 231A - - 8,1 72,6 (R) - -

3FCR 59W 87F

152F 231A

- - 5,9 55,3 (R) - -

3FCR 59W 87L

231A 382M 429A

- - 4,7 58,9 (R) 48,5 99 (R)

Vfl 56V 57C 153A

415F 417A*

62,5 97,6 (R) 35,3 64,6 (R) 21,4 85,3 (R)

Vfl 56V 57C 85V* 9,3 99 (R) 18,5 93,6 (R) 24,3 75,6 (R)

ArRmut11 117F

279A*

55,5 99 (R) - - - -

Die mit * gekennzeichneten Varianten wurden im Zellextrakt eingesetzt, alle anderen wurden

zuvor mittels Äkta gereinigt.

Unter den Varianten der Cvi konnten zwar Umsätze für alle drei der eingesetzten Substrate

gefunden werden, diese waren jedoch vergleichsweise gering und es wurde teilweise das

unerwünschte (S)-Enantiomer im Überschuss gebildet, weshalb keine weiteren Arbeiten mit

dieser Amintransaminase durchgeführt wurden. Für die ATA 3HMU wurde, wie bereits nach

dem Screening vermutet, festgestellt, dass ausschließlich die freie Säure umgesetzt wurde.

Des Weiteren wurde auch hierbei (S)-Baclofen bevorzugt gebildet. Hervorzuheben ist die

Variante 3HMU A233S, welche die gewünschte Enantiopräferenz aufwies und daher für

weitere Untersuchungen in Betracht gezogen wurde.

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3. Ergebnisse

32

Bis auf eine Fünffach-Variante (3FCR 59W 87L 231A 382M 429A; im Folgenden 3FCR_5M),

zeigten auch die 3FCR-Varianten nicht die erhofften Eigenschaften. 3FCR_5M hingegen wies

einen zufriedenstellenden Umsatz und einen hervorragenden Enantiomerenüberschuss für die

Bildung des tert-Butylester-Derivats auf. Da dieser Ester insbesondere in Hinblick auf die

Produktaufarbeitung aus einer wässrigen Reaktion durch Extraktion mit organischem

Lösungsmittel interessant ist, wurde dieses Enzym für weitere Experimente gegenüber allen

anderen bevorzugt. Die Vfl- und ArR-Varianten wurden später als die übrigen Enzyme zur

Verfügung gestellt, sodass nicht weiter mit ihnen gearbeitet wurde. Zwei von ihnen zeigten

jedoch vielversprechende Ergebnisse insbesondere für die Synthese der freien Säure.

Untersuchungen zur biokatalytischen Herstellung der freien Säure wurden ausschließlich mit

3HMU A233S durchgeführt. Getestet wurden unter anderem α-MBA und Isopropylamin (IPA)

als alternative Aminodonoren, um dadurch möglicherweise einen höheren Umsatz erzielen zu

können. Die dabei verwendeten Konzentrationen der Aminodonoren (100, 200 und 500 mM)

führten jedoch zu keiner Produktbildung. Des Weiteren wurde die Reaktion mit Alanin bei

verschiedenen pH-Werten untersucht, da einerseits die meisten Transaminasen ein pH-

Optimum im basischeren Bereich (pH 9-10) aufweisen und andererseits das verbleibendes

Aldehyd-Enantiomer bei höheren pH-Werten durch Keto-Enol-Tautomerie racemisieren

könnte, was sich auch positiv auf den Umsatz und den Enantiomerenüberschuss auswirken

würde.

Abbildung 36: Umsatz und Enantiomerenüberschuss (R) von Biokatalysen mit gereinigter 3HMU A233S, die bei unterschiedlichen pH-Werten durchgeführt wurden. Die Reaktionszeit betrug 20 h, es wurden 250 mM Aminodonor und 20 mM Aminoakzeptor eingesetzt (Bedingungen s. 6.10.2.7).

Wie aus Abbildung 36 ersichtlich wird, konnte der Umsatz nicht signifikant verbessert werden,

auch der Enantiomerenüberschuss nahm mit steigendem pH-Wert ab. 3HMU A233S bildet

das gewünschte (R)-Enantiomer von Baclofen zwar bevorzugt, aber nicht mit ausreichender

Selektivität oder die gewählten Bedingungen ermöglichten keine Racemisierung des

Substrats.

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100

pH 8 pH 9 pH 10

%

Umsatz Enantiomerenüberschuss

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3. Ergebnisse

33

3.3.3 Biokatalytische Herstellung von Baclofen durch 3FCR_5M

Da die ATA 3FCR_5M aus dem initialen Screening als vielversprechendste Variante

hervorging, wurden im Nachfolgenden die Untersuchungen zu geeigneten Reaktions-

bedingungen für die Herstellung von Baclofen auf diese Variante mit dem Aminoakzeptor 3-

(4-Chlorophenyl)-4-oxo-buttersäure-tert-butylester begrenzt.

3.3.3.1 Biokatalysen mit gereinigtem Enzym

Um die Ergebnisse aus dem Screening zu verifizieren und möglicherweise störende Einflüsse

bei der Suche nach den optimalen Reaktionsbedingungen zu vermeiden, wurden die ersten

Experimente zur näheren Charakterisierung der durch 3FCR_5M katalysierten Reaktion mit

gereinigtem Enzym durchgeführt. Die Reinigung erfolgte wie zuvor über IMAC unter

Verwendung des Äkta-Purifiers. Dabei wurde die Wahl des Aminodonors – im Screening

wurde L-Alanin verwendet – überprüft sowie der optimale pH-Wert für die Reaktion. Da eine

Racemisierung des verbleibenden Substrat-Enantiomers erreicht werden sollte und das pH-

Optimum der Amintransaminasen in der Regel im basischen Bereich liegt, wurden dabei pH

8, 9, 10 und 11 untersucht, wobei pH 8 ebenfalls bei der Durchmusterung der Enzym-Kollektion

verwendet wurde (s. 3.3.2.2). Als Aminodonoren wurden L-Alanin (Ala; 100 mM, 250 mM und

500 mM) sowie (S)-α-Methylbenzylamin (MBA; 100, 200 und 500 mM) und Isopropylamin (IPA;

50 mM, 100, 200, 500 mM und 1 M) eingesetzt. Des Weiteren wurde die Verwendung eines

Systems zur Gleichgewichtsverschiebung über Lactatdehydrogenase und Glucose-

dehydrogenase (LDH/GDH) in Kombination mit 250 mM L-Alanin und pH 8 getestet. Nach 20 h

Reaktionszeit wurden die Proben mittels HPLC analysiert, um den Umsatz (Produktbildung)

und Enantiomerenüberschuss bestimmen zu können (s. Abbildung 37 37).

Abbildung 37: Umsatz und Enantiomerenüberschuss (R) von Biokatalysen, die bei unterschiedlichen pH-Werten (pH 8: 50 mM HEPES-Puffer, pH 9,10 und 11 100 mM CHES-Puffer) und Aminodonor-Konzentrationen (Ala = L-Alanin, IPA = Isopropylamin, MBA = (S)-α-Methylbenzylamin) durchgeführt wurden. Die Reaktionszeit betrug 20 h und es wurden 20 mM Aminoakzeptor eingesetzt (Bedingungen s. 6.10.2.7).

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%

Umsatz Enantiomerenüberschuss

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3. Ergebnisse

34

Die dabei erhaltenen Daten vermitteln ein eindeutiges Ergebnis für die Wahl des optimalen

Aminodonors und pH-Werts. Mit MBA konnte bei keiner der eingesetzten Konzentrationen das

Produkt detektiert werden, sodass auch keine weiteren Untersuchungen zum optimalen pH-

Wert für diese Reaktion durchgeführt wurden. Während des Screenings wurde bei der

Verwendung des Acetophenon-Assays MBA zwar als Substrat von 3FCR_5M akzeptiert, da

das entstehende Acetophenon eindeutig photometrisch detektiert werden konnte, jedoch

wurden dabei deutlich geringere Konzentrationen sowohl des Aminodonors als

auch -akzeptors eingesetzt. Mit IPA als Aminodonor konnten nur für 50 und 100 mM sehr

geringe Umsätze von jeweils 1,8% beziehungsweise 10% detektiert werden. Bei der

Untersuchung verschiedener pH-Werte konnte der Umsatz mit 100 mM IPA bei pH 10 auf ca.

40% gesteigert werden. Der Einsatz verschiedener L-Alanin-Konzentrationen zeigte, dass

bereits mit 250 mM ein Umsatz von 45% erzielt werden kann. Da dies durch die erhöhte

Konzentration von 500 mM nur unwesentlich auf etwa 48% gesteigert werden konnte, wurden

für die weiteren zu untersuchenden Bedingungen 250 mM L-Alanin verwendet. Auch unter

Einsatz des LDH/GDH-Systems konnte der Umsatz nicht verbessert werden. Allerdings konnte

durch die Erhöhung des pH-Werts auf pH 10 ein Umsatz von 90,5% ohne zusätzliche

Verschiebung des Gleichgewichts erzielt werden. Dabei konnte ebenfalls ein hoher

Enantiomerenüberschuss (99%ee) festgestellt werden. Generell ist zu beachten, dass bei dem

Einsatz eines racemischen Substrats derartige Enantiomerenüberschüsse bei Umsätzen unter

50% nicht bemerkenswert sind, wenn das Enzym eines der Substrat-Enantiomere spezifisch

oder auch nur bevorzugt umsetzt. Dass bei pH 9 ein Umsatz von ca. 55% aber nur 95%ee

detektiert wurden, spricht einerseits dafür, dass 3FCR_5M auch in der Lage ist, das

unerwünschte (S)-Enantiomer zu bilden, andererseits impliziert dies in Kombination mit dem

hohen Umsatz und Enantiomerenüberschuss bei pH 10, dass tatsächlich die gewünschte

Substrat-Racemisierung durch die Erhöhung des pH-Werts eintritt. Basierend auf diesen

Ergebnissen wurde die Reaktion mit 250 mM L-Alanin und 20 mM 3-(4-Chlorophenyl)-4-oxo-

buttersäure-tert-butylester bei pH 10 als Standard-Bedingung zum Vergleich für alle folgenden

veränderten Reaktionsbedingungen verwendet.

3.3.3.2 Biokatalysen mit Zellextrakt

Da die untersuchte Reaktion langfristig als industrieller Prozess etabliert werden sollte, wurde

untersucht, ob die Variante 3FCR_5M auch im Zellextrakt zur Synthese von Baclofen

eingesetzt werden kann. Im großen Maßstab wäre eine Reinigung über IMAC sowohl

apparativ als auch finanziell sehr aufwendig. Deshalb wurden die Expression und Reaktion

zunächst analog zum bisherigen Vorgehen durchgeführt, abgesehen davon, dass der

Zellaufschluss bereits im Reaktionspuffer erfolgte und bis auf einmaliges Filtrieren der Probe

keine weiteren Reinigungsschritte vor dem Starten der Biokatalyse unternommen wurden.

Dabei wurde festgestellt, dass der hohe Umsatz nicht direkt reproduziert werden konnte. Dies

war zu erwarten, da die Probe im Laufe der Reinigung im Vergleich zum Enzym im Zellextrakt

konzentriert wird. Dies spiegelte sich auch in der photometrisch bestimmten Aktivität wider.

Allerdings wurde auch ein deutlich geringerer Enantiomerenüberschuss unter den für

gereinigtes Enzym als optimal bestimmten Bedingungen festgestellt. Dies trat auch beim

Wiederholen des Experiments auf. Um Fehler in den vorherigen Versuchen auszuschließen

und einen direkten Vergleich zu unternehmen, wurde das Zellpellet einer Kultivierung aufgeteilt

und 3FCR_5M aus derselben Charge einmal mittels Äkta gereinigt und als Zellextrakt

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3. Ergebnisse

35

vorbereitet. Die gereinigte Probe wurde nach der photometrischen Aktivitätsbestimmung

mittels Acetophenon-Assay durch Verdünnung mit dem Reaktionspuffer an die niedrigere

Aktivität des Zellextrakts (0,31 U/mL) angeglichen, um so in den Biokatalysen möglichst

vergleichbare Umsätze erzielen zu können. Abgesehen von Reaktionen mit gereinigtem

Enzym und Zellextrakt wurden ebenfalls gemischte Proben in den Verhältnissen 2:1 und 1:2

eingesetzt. Anschließend wurden Produktbildung und Enantiomerenüberschuss mittels HPLC

analysiert (s. Abbildung 38 38)

Abbildung 38: Umsatz und Enantiomerenüberschuss (R) von Biokatalysen, die gereinigtem Enzym (Äkta) und Zellextrakt (ZE) und beiden in unterschiedlichen Verhältnissen gemischt durchgeführt wurden. Die Reaktionszeit betrug 20 h und es wurden 20 mM Substrat eingesetzt (Bedingungen s. 6.10.2.7).

Nach Analyse der Proben wurde festgestellt, dass in allen Reaktionen ein Umsatz von ca. 62%

erzielt wurde, wodurch die Enantiomerenüberschüsse ebenfalls direkt miteinander verglichen

werden konnten. Wie erwartet, betrug der Enantiomerenüberschuss mit dem gereinigten

Enzym (Äkta) 99%ee (R). Mit dem Zellextrakt konnten wie in den zuvor damit durchgeführten

Experimenten jedoch nur 74%ee (R) erreicht werden. Auffällig war des Weiteren, dass in den

gemischten Proben der Enantiomerenüberschuss sukzessiv mit der Erhöhung des Anteils des

Zellextrakts abnahm.

Auf der Suche nach der Ursache dieses Problems wurde ein zweites vergleichendes

Experiment mit gereinigter 3FCR_5M und Zellextrakt durchgeführt. Dabei wurde insbesondere

innerhalb der ersten zwei Stunden der Reaktion eine sehr engmaschige Beprobung in 15-

Minuten-Intervallen durchgeführt. Es wurde außerdem nicht nur die Produktbildung mittels

HPLC analysiert, sondern ebenfalls die zu diesem Zeitpunkt neu etablierte chirale GC-

Methode zur Untersuchung des Substratverbrauchs und dessen Enantiomerenüberschuss

angewendet. Dadurch sollte unter anderem festgestellt werden, ob die Racemisierung des

verbleibenden Substrat-Enantiomers tatsächlich stattfindet und ob dies auch im Zellextrakt der

Fall wäre. Die Ergebnisse dieser Analyse sind in Abbildung 39 dargestellt.

0

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70

80

90

100

Äkta Äkta:ZE 2:1 Äkta: ZE 1:2 ZE

%

Umsatz Enantiomerenüberschuss

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3. Ergebnisse

36

Abbildung 39: Umsatz und Enantiomerenüberschuss (R) von Biokatalysen mit gereinigtem Enzym (Äkta) und Zellextrakt (ZE). Untersucht wurden der Substratverbrauch (A, analysiert mittels GC) und die Produktbildung (B, analysiert mittels HPLC). Die Gesamtreaktionszeit betrug 24 h und es wurden 20 mM Substrat eingesetzt (Bedingungen s. 6.10.2.7).

Bei der Betrachtung des Substrats (Abb. 39 A) wurde über den gesamten Reaktionsverlauf

sowohl mit gereinigter 3FCR_5M als auch mit dem Zellextrakt ein Enantiomerenüberschuss

von 10-15%ee festgestellt. Bei einem echten Racemat sollte der Enantiomerenüberschuss

theoretisch 0%ee entsprechen. Diese Abweichung könnte dabei der GC-Methode geschuldet

gewesen sein, da eine Trennung der Signale bis auf Basislinien-Niveau nicht möglich war.

Jedoch konnte, basierend auf diesen Daten angenommen werden, dass die Racemisierung

des unerwünschten Substrat-Enantiomers unter den gewählten Reaktionsbedingungen

möglich ist, da der Enantiomerenüberschuss auch bei höheren Umsätzen, wie zum Beispiel in

der 24-Stunden-Probe des gereinigten Enzyms bei etwa 70%, noch sehr niedrig war. Auch bei

der Untersuchung der Produktbildung (Abb. 39 B) ergab sich das erwartete Muster. Die

Enantiomerenüberschüsse sind dabei zu Beginn der Reaktion ähnlich hoch, allerdings lag der

Umsatz zu diesem Zeitpunkt auch vorerst nur bei 50%. Generell schien die Reaktion schneller

abzulaufen als zunächst angenommen wurde, da dieser Umsatz bereits nach 15 min erreicht

war. Wirklich auffällig sind die 24-Stunden-Proben, sowohl den Substratverbrauch als auch die

Produktbildung betreffend: Mit dem gereinigten Enzym wurde wie erwartet ein Umsatz um die

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3. Ergebnisse

37

70% mit hohem Enantiomerenüberschuss des Produkts erzielt, wobei der Substratverbrauch

mit diesem Ergebnis übereinstimmt. Jedoch wurde für den Zellextrakt nicht nur der bereits

zuvor festgestellte niedrige Produkt-Enantiomerenüberschuss ermittelt, zudem war das

Substrat komplett verbraucht, obwohl wie mit dem gereinigten Enzym ein Umsatz um 70%

bezogen auf das gebildete Produkt erreicht wurde. Dies sprach dafür, dass im Zellextrakt

möglicherweise Nebenreaktionen auftraten, die einerseits das Substrat verbrauchten,

andererseits auch in Zusammenhang mit dem niedrigen Produkt-Enantiomerenüberschuss

gestanden haben könnten. Auch eine Produkt-Racemisierung war zu diesem Zeitpunkt nicht

auszuschließen. Weitere Experimente, die zur Untersuchung dieser Problematik durchgeführt

wurden, sind in Tabelle 6 zusammengefasst.

Tabelle 6: Untersuchungen zum niedrigen Enantiomerenüberschuss und hohen Substratverbrauch in Reaktionen mit Zellextrakt:

Experiment Ergebnis

Reaktion nur mit Puffer unter

Biokatalysebedingungen

• Keine Veränderung des Substrats

über die Dauer der Reaktion

Biokatalyse mit dialysiertem Zellextrakt

1) dreimal 1:1000 dialysiert gegen 100 mM

CHES-Puffer, pH 10, 0,1 mM PLP

2) dreimal 1:1000 dialysiert gegen 50 mM

HEPES-Puffer, pH 8, 0,1 mM PLP

1) Kein Produkt, Enzym vermutlich

inaktiv

2) Niedrige Produktbildung und

Enantiomerenüberschuss,

Substratverbrauch höher als Pro-

duktbildung

Inkubation des Produkts (nur (R)-Enantiomer)

mit konzentriertem Dialysepuffer unter

Biokatalysebedingungen

• Keine Veränderung des Produkts

über den Reaktionsverlauf

Biokatalyse mit Zellextrakt des Leervektors

(pET22b(+)) unter Biokatalysebedingungen

• Kein Produkt detektiert

• Nach ca. 20 h Reaktion nur noch

70% des Substrats vorhanden

Inkubation des Produkts (nur (R)-Enantiomer)

mit Zellextrakt des Leervektors unter

Biokatalysebedingungen

• Keine Veränderung des Produkts

über den Reaktionsverlauf

Die in Tabelle 6 zusammengefassten Ergebnisse lassen darauf schließen, dass im Zellextrakt

eine oder mehrere Nebenreaktionen ablaufen, durch die das Substrat verbraucht wird, da auch

im Reaktionsansatz mit dem Zellextrakt des Leervektors ein Anteil des Substrats verbraucht

wurde. Dass die Substratkonzentration in der Probe, der ausschließlich weiterer

Reaktionspuffer zugesetzt wurde, nicht abnahm, deutete darauf hin, dass es sich um keinen

rein chemischen Effekt bzw. geringe Stabilität des Substrats handelte. Durch die Experimente

mit dialysiertem Zellextrakt, bzw. dem konzentrierten Dialysepuffer konnte ebenfalls eine

Reaktion mit niedermolekularen Substanzen des Extrakts ausgeschlossen werden, sowohl

den Substratverbrauch, als auch ein potenzielle Produkt-Racemisierung betreffend. Die

Biokatalysen, die mit dem Zellextrakt des Leervektors angesetzt wurden, wiesen darauf hin,

dass das Substrat möglicherweise durch andere enzymatische Bestandteile des Zellextrakts

umgesetzt wurde. Eine Erklärung für den niedrigeren Enantiomerenüberschuss konnte bisher

nicht gefunden werden. Scheinbar kam es im Zellextrakt jedoch nicht zur Racemisierung des

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3. Ergebnisse

38

Produkts, da dies nach Inkubation mit dem Zellextrakt des Leervektors weiterhin unverändert

enantiomerenrein vorlag.

3.3.3.3 Alternative Reaktionsbedingungen und Reinigungsmethoden

Da die Ursachen für die im Zellextrakt schlechter ablaufende Reaktion nicht zweifelsfrei geklärt

werden konnten, wurden verschiedene alternative Reaktionsbedingungen untersucht, in der

Hoffnung, dadurch Nebenreaktionen unterdrücken, die Zielreaktion begünstigen und den

Enantiomerenüberschuss erhöhen zu können. Des Weiteren sollte überprüft werden, ob eine

im Vergleich zur IMAC-Methode günstigere Reinigung erfolgreich auf 3FCR_5M angewendet

werden kann.

Im Rahmen der Bachelorarbeit von Iris Totkas wurde unter Anderem der Zusatz von

Ionenaustauschern untersucht, da Probleme mit der Substrat-Racemisierung nicht in Gänze

ausgeschlossen werden konnten und diese dadurch theoretisch positiv beeinflusst werden

könnten. Einige der dabei erhaltenen Ergebnisse sind in Abbildung 40 dargestellt, eine

vollständige Liste der getesteten Materialien ist in 6.10.2.7 aufgeführt.

Abbildung 40: Umsatz und Enantiomerenüberschuss (R) von Biokatalysen mit zugesetzten Ionenaustauschern nach 20 h (Bedingungen s. 6.10.2.7). 1 = Ohne Ionenaustauscher, 2 = Amberlyst 15 (sauer), 3 = Dowex Anion (basisch), 4 = Lewatit MP 62 (basisch).

Im Allgemeinen konnte keine Verbesserung der Reaktion durch den Zusatz von

Ionenaustauschern erreicht werden. Jedoch konnten in diesen Experimenten zwei Dinge

festgestellt werden: I) Da in der verwendeten Charge eine geringere Enzym-Aktivität

gemessen wurde, waren auch die Umsätze in den folgenden Reaktionen deutlich niedriger als

sonst. Überraschend war, dass auch bei Umsätzen unter 50% der Enantiomerenüberschuss

deutlich geringer war als mit gereinigtem Enzym (s. 3.3.3.1), bei dem auch in Biokatalysen mit

Umsätzen <50% jedes Mal 99%ee ermittelt wurden. II) Außerdem fiel auf, dass bei der

Inkubation mit sauren Ionenaustauschern (Amberlyst 15) anscheinend eine Produkt-

Racemisierung stattfand. Aufgrund dieser Ergebnisse sollte überprüft werden, ob ein

Zusammenhang zwischen Enantiomerenüberschuss und dem pH-Wert der Reaktion bestehen

konnte. Dazu wurden Biokatalysen mit gereinigter 3FCR_5M und Zellextrakt mit Hilfe des pH-

Stat durchgeführt, da einerseits der pH-Wert so permanent überwacht werden konnte und

andererseits durch Titration mit Natronlauge wieder angeglichen werden könnte. In beiden

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

1 2 3 4

%

Umsatz Enantiomerenüberschuss

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3. Ergebnisse

39

Fällen sank der pH-Wert zu Beginn der Reaktion leicht, jedoch maximal um 0,2 pH-Einheiten,

sodass davon ausgegangen wurde, dass keine pH-induzierte Racemisierung des Produkts

ablief. Auch Biokatalysen mit Zellextrakt bei höheren pH-Werten führten lediglich zu

niedrigeren (pH 11, 38%) bzw. keinen Umsätzen (pH 12) im Vergleich zur Standardbedingung

(pH 10, 63%).

Da die Enantioselektivität durchaus auch durch andere Rahmenbedingungen der Reaktion

beeinflusst werden kann, wurden auch Biokatalysen bei unterschiedlichen Temperaturen und

mit verschiedenen Anteilen von Co-Solvenzien durchgeführt. Untersucht wurden 15°C, 20°C,

30°C und 37°C sowie DMSO und DMF als Co-Solvenzien in den Anteilen 10%, 30% und

50% (v/v). Auch die möglichen Kombinationen aus Temperatur und Lösungsmitteln wurden

überprüft. Dabei wurde festgestellt, dass bei 15°C, 37°C sowie in den Reaktionen mit DMF

und 50% DMSO kein Produkt gebildet wurde. Weitere Ergebnisse sind in Abbildung 41

dargestellt.

Abbildung 41: Umsatz und Enantiomerenüberschuss (R) von Biokatalysen, die bei unterschiedlichen Temperaturen und DMSO-Anteilen (v/v) durchgeführt wurden. Die Reaktionszeit betrug 20 h und es wurden 20 mM Substrat eingesetzt (Bedingungen s. 6.10.2.7).

In den Proben mit etwas höherem DMSO-Gehalt (30%) konnte jeweils eine Verbesserung des

Enantiomerenüberschuss gegenüber den Proben mit 10% festgestellt werden, wobei

gleichzeitig auch der Umsatz leicht erhöht werden konnte. Des Weiteren konnte durch die

Verringerung der Reaktionstemperatur auf 20°C der Umsatz deutlich erhöht werden, was

vermutlich auf eine bessere Enzymstabilität bei niedrigeren Temperaturen zurückzuführen ist.

Daher wurden alle folgenden Reaktionen bei 20°C und mit 30% DMSO durchgeführt.

Da die Ursache für den schlechteren Enantiomerenüberschuss im Zellextrakt jedoch weiterhin

unklar blieb und mit einfachen Änderungen der Reaktionsbedingungen keine Verbesserung

erzielt werden konnte, wurden im Folgenden alternative Reinigungsmethoden untersucht.

Neben Hitzefällung und Reinigung durch kommerziell erhältliche Proteasen, mit denen

3FCR_5M jedoch nicht gereinigt werden konnte bzw. die eventuell störenden Proteine nicht

durch Proteolyse abgebaut wurden, stellt die Ammoniumsulfat-Präzipitation eine einfache und

vergleichsweise günstige Alternative dar. Um herauszufinden, bei welcher Ammoniumsulfat-

Konzentration 3FCR_5M gefällt wird und ob die Aktivität regeneriert werden kann, wurde

zunächst ein Vorversuch im 1 mL-Maßstab durchgeführt. Dabei wurden dem gekühlten Zell-

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

30 °C 10% 30°C 30% 20°C 10% 20°C 30%

%

Umsatz Enantiomerenüberschuss

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3. Ergebnisse

40

extrakt verschiedene Ammoniumsulfat-Mengen hinzugefügt, die einer prozentualen Sättigung

von 30-100% entsprachen. Anschließend wurden die Aktivitäten der dabei entstandenen

Überstände und wieder in Puffer aufgenommenen Pellets mittels Acetophenon-Assay

hinsichtlich der verbleibenden bzw. wiederhergestellten Enzymaktivität untersucht (Abb. 42).

Abbildung 42: Volumetrische Aktivität der Überstände und Pellets nach einer Fällung von 1 mL Zellextrakt bei unterschiedlichen Ammoniumsulfat-Konzentrationen.

Bei der Bestimmung der Aktivität wurde festgestellt, dass eine Verschiebung der Aktivität vom

Überstand zum wieder aufgenommenen Pellet zwischen 50% und 60% Ammoniumsulfat-

Sättigung stattfand. Dies impliziert, dass 3FCR_5M in diesem Bereich gefällt und die Aktivität

regeneriert werden kann. Im Anschluss wurde die Fällung in größerem Maßstab (10 mL)

wiederholt. Zudem wurde eine fraktionierende Fällung bei 40% und 60% vorgenommen, um

so möglichst viele Proteine des Zellextrakts abzutrennen und dadurch eine bessere Reinigung

erzielen zu können. Der Aktivitätsverlust im Vergleich zum Zellextrakt konnte bei dieser

Methode dadurch ausgeglichen werden, dass das Pellet in einem geringeren Puffer-Volumen

wieder aufgenommen und das Enzym somit konzentriert wurde. Zur Vergleichbarkeit mit zuvor

erfolgten Experimenten wurde der aus mehreren parallel durchgeführten Kultivierungen

gewonnene Zellextrakt zusammengeführt und anschließend gedrittelt, um über

Ammoniumsulfat-Fällung gereinigte 3FCR_5M, mittels Äkta gereinigtes Enzym und

unbehandelten Zellextrakt zur Verfügung zu haben. Von diesen Proben wurde unter anderem

eine SDS-PAGE durchgeführt (Abb. 43). Dabei zeigte sich, dass die Ammoniumsulfat-

Präzipitation nur eine leichte Vorreinigung im Gegensatz zur sehr reinen Äkta-gereinigten

Probe darstellte. Im Vergleich zum Zellextrakt war zu erkennen, dies die Konzentration der E.

coli eigenen Proteine zwar geringer schien, jedoch konnten kaum spezifische fehlende Banden

festgestellt werden. Lediglich eine Bande bei ca. 25 kDa schien bei der Ammoniumsulfat-

Fällung eindeutig zu fehlen.

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

1,2

0% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90%

Aktivität

[U/m

L]

prozentuale (NH₄)₂SO₄-Sättigung

Überstand Pellet

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3. Ergebnisse

41

Abbildung 43: SDS-PAGE-Gel mit 3FCR_5M-Zellextrakt (1), mittels Ammoniumsulfat-Präzipitation vorgereinigtem Zellextrakt (2) und mit Hilfe der Äkta gereinigtem Enzym (3). Die Proben wurden vor dem Auftragen zusätzlich 1:10 mit SDS-Probenpuffer verdünnt. M = Roti-Mark Standard.

Tabelle 7: Aktivitäten, Ausbeute und Reinigungsfaktoren der verschiedenen 3FCR_5M-Präparationen. Zur Aktivitätsbestimmung wurde ein Acetophenonassay (s. 6.10.3.1) verwendet:

Enzympräparation Gesamtaktivität [U]

Spezifische Aktivität [U/mg]

Ausbeute [%]

Reinigungsfaktor

Zellextrakt 11,2 0,09 100 1

Ammoniumsulfat-Präzipitation

7,5 0,35 67 3,9

Äkta 10,5 1,4 94 15,5

Nach der Bestimmung der Transaminase-Aktivität, konnten Ausbeuten und Reinigungs-

faktoren berechnet werden, die in Tabelle 7 dargestellt sind. Dabei konnte, wie zu erwarten

war, festgestellt werden, dass die Ammoniumsulfat-Präzipitation zu höheren Verlusten der

Enzymaktivität und einer deutlich schlechteren Reinigung als die Verwendung der Äkta führt.

Trotz der scheinbar optisch geringen Unterschiede im SDS-PAGE-Gel und dem geringen

Reinigungsfaktor wurden in den anschließend durchgeführten Reaktionen mit dem gefällten

Enzym annähernd die gleichen Umsätze und Enantiomerenüberschüsse wie mit der mittels

Äkta gereinigten Probe erzielt (Abb. 44), wodurch sich die Ammoniumsulfat-Präzipitation als

günstige Reinigungsalternative qualifizierte.

Abbildung 44: Umsatz und Enantiomerenüberschuss (R) von Biokatalysen, die mit Zellextrakt (ZE), Ammoniumsulfat-präzipitiertem Enzym ((NH4)2SO4) und IMAC-gereinigtem Enzym (Äkta) durchgeführt wurden. Die Enzymlösungen wurden auf die Aktivität des Zellextrakts normiert. Die Reaktionszeit betrug 20 h und es wurden 20 mM Substrat eingesetzt (Bedingungen s. 6.10.2.7).

0

20

40

60

80

100

ZE (NH₄)₂SO₄ Äkta

%

Umsatz Enantiomerenüberschuss

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3. Ergebnisse

42

Der Erfolg der Reaktion mit gereinigtem Enzym ließ vermuten, dass die Störungen im

Zellextrakt durch enzymatische Nebenreaktionen verursacht worden sein könnten. Daher

wurde auch ein Experiment zur Expression von 3FCR_5M in E. coli K12 MG1655 RARE

(reduced aromatic aldehyde reduction) durchgeführt. Dieser Stamm wurde so konstruiert, dass

sechs Gene, welche für Aldo-Ketoreduktasen und Alkoholdehydrogenasen codieren, deletiert

wurden. Dadurch konnten erfolgreich Nebenreaktion bei der biokatalytischen Synthese von

Aldehyden unterdrückt werden.[86] Allerdings konnten bei der hier untersuchten Reaktion keine

Unterschiede zur Reaktion mit Zellextrakt von E. coli BL21 festgestellt werden, sodass die

Ammoniumsulfat-Präzipitation weiterhin die beste Alternative zur Reinigung mittels IMAC

darstellte.

3.3.4 Up-Scaling

3.3.4.1 Vorversuche zur Erhöhung der Ausbeute

In Hinblick auf die Anwendung der biokatalytischen Synthese von Baclofen im industriellen

Maßstab, stellte sich die Frage, wie die Ausbeute der Reaktion erhöht werden könnte. Dazu

wurde zuerst eine Erhöhung der Substratkonzentration, also folglich der theoretisch möglichen

Produktkonzentration, bei gleicher Enzymmenge untersucht. Dazu wurde Ammoniumsulfat-

präzipitiertes Enzym verwendet und es wurden die Substrate L-Alanin und 3-(4-Chlorophenyl)-

4-oxo-buttersäure-tert-butylester in den Verhältnissen 250:20 mM, 500:40 mM und 750:60 mM

eingesetzt.

Abbildung 45: Umsatz, Enantiomerenüberschuss (R) und absolute Produktkonzentration von Biokatalysen mit unterschiedlichen Substratkonzentrationen bei gleicher Enzymmenge und Reaktionszeit. Als Biokatalysator wurde Ammoniumsulfat-präzipitierte 3FCR_5M eingesetzt. Die Reaktionszeit betrug 20 h (Bedingungen s. 6.10.2.7).

Wie in Abbildung 45 ersichtlich wird, konnte bei steigenden Substratkonzentration zwar eine

jeweils höhere absolute Produktkonzentration ermittelt werden, jedoch waren die prozentualen

Umsätze geringer. Auch der Enantiomerenüberschuss sank mit steigenden Substrat-

0

5

10

15

20

25

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

250:20 500:40 750:60

Pro

duktk

onzentr

ation [

mM

]

Um

satz

, E

nantiom

ere

nübers

chuss[%

]

Substratkonzentration (Alanin:Aldehyd) [mM]

Umsatz Enantiomerenüberschuss Produktkonzentration

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3. Ergebnisse

43

konzentrationen. Anscheinend ist die pH-induzierte Racemisierung des Substrats also durch

dessen Konzentration limitiert.

Des Weiteren sollte untersucht werden, ob niedrigere Umsätze, die im Projektverlauf des

Öfteren aufgrund expressionsbedingt schwankender Aktivitäten der Enzympräparationen

festgestellt wurden, der Gleichgewichtslage oder der Stabilität des Enzyms geschuldet waren

und wie sie behoben werden könnten. Dazu wurden jeweils Biokatalysen mit den drei bisher

verwendeten Präparationen (IMAC-gereinigt, Ammoniumsulfat-präzipitiert und Zellextrakt)

angefertigt, bei denen zum Vergleich die Standard-Bedingungen, Reaktionen mit doppelter

Enzymkonzentration und Reaktionen, bei der die Enzymkonzentration erst nach 2 h verdoppelt

wurde, durchgeführt wurden. Interessant dabei war, dass im Vergleich der Standardbedingung

mit der direkt verdoppelten Enzymmenge kein Unterschied in der Produktbildung festgestellt

werden konnte, was möglicherweise durch die geringe Stabilität des Enzyms bedingt war.

Jedoch konnte durch die versetzte Zugabe von 3FCR_5M der Umsatz mit allen Präparationen

entsprechend gesteigert werden (Abb. 46). Dies impliziert, dass die Produktausbeute in einem

Prozess durch kontinuierlichen Zusatz des Katalysators die Ausbeute gesteigert werden

könnte, wodurch ebenfalls expressionsbedingte Schwankungen der Enzymaktivität

ausgeglichen werden könnten.

Abbildung 46: Umsatz und Enantiomerenüberschuss (R) von Biokatalysen mit unterschiedlich

vorbereiteter Enzymlösung. Bei den mit „versetzt“ bezeichneten Proben wurden nach 2 h weitere 200 µL

der jeweiligen Enzymlösung hinzugefügt. Die Gesamtreaktionszeit betrug 20 h und es wurden 250 mM

L-Alanin und 20 mM Aldehyd eingesetzt (Bedingungen s. 6.10.2.7).

3.3.4.2 Expression

Um ausreichend Enzym für spätere präparative Biokatalysen produzieren zu können, musste

die Expression in einem größeren Maßstab etabliert werden. Dazu wurde die Expression von

400 mL im Schüttelkolben zunächst auf 1 L im Fermenter übertragen. Durch die Möglichkeit

pH-Wert, Sauerstoffgehalt und Temperatur im Gegensatz zum Schüttelkolben dabei

permanent messen und regulieren zu können, könnte die Ausbeute unter Umständen schon

durch die Kontrolle dieser Parameter optimiert werden. In einem initialen Experiment wurden

die Expressionsbedingungen im Schüttelkolben (Inkubation bei 37°C, Induktion bei

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Äkta Äkta versetzt (NH₄)₂SO₄ (NH₄)₂SO₄versetzt

ZE ZE versetzt

%

Umsatz Enantiomerenüberschuss

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3. Ergebnisse

44

OD600~0,8, dann Inkubation bei 20°C) einmal direkt übertragen, wobei parallel dazu

untersucht wurde, wie sich eine konstante Temperatur von 30°C auf die Expression auswirken

würde (Tabelle ).

Tabelle 8: Vergleich der Expression der 3FCR_5M bei unterschiedlichen Bedingungen. Die optische Dichte und volumetrische Aktivität wurden nach 20 h Expression in TB-Medium bei einer Induktion bei OD600~0,8 mit 0,5 mM IPTG bestimmt. Zur Ermittlung der Aktivität wurde ein photometrischer Acetophenon-Assay (s. 6.10.3.1) verwendet:

Expressionsbedingung OD600 Aktivität [U/L]

Schüttelkolben 20°C 16,8 31

Fermenter 20°C 17,4 20,1

Fermenter 30°C 25,8 162,8

Dabei wurde festgestellt, dass durch die Expression bei konstant 30°C eine deutlich höhere

Aktivität erzielt werden konnte, sodass alle weiteren Experimente zur Expression unter diesen

Bedingungen durchgeführt wurden. Als nächstes wurde die optimale Dauer der Expression

untersucht. Beim Erreichen hoher Zelldichten ist es möglich, dass die volumetrische Aktivität

des Zielenzyms abnimmt, da die Medienbestandteile als Nährstoffquelle nicht mehr

ausreichen sind und es zur Zelllyse kommen kann, sodass auch im Verlauf der Fermentation

produzierte Enzyme wieder abgebaut werden können[87].

Abbildung 47: Optische Dichte und Aktivität der Verlaufsproben (bestimmt mittels Acetophenon-Assay) bei der Expression der 3FCR_5M im Fermenter. Die Verlaufsproben wurden vor der Aktivitätsbestimmung auf 7/OD600 normiert.

Wie aus Abbildung 47 ersichtlich wird, wäre eine Expressionsdauer von sechs bis sieben

Stunden vorteilhaft. In diesem Zeitraum betrug die Gesamtaktivität ca. 300 U/L, wohingegen

nach 10 h nur noch ca. 41 U/L vorhanden waren. Des Weiteren war zu überprüfen, ob eine

spätere Induktion bei einer höheren optischen Dichte (OD600~3) zu einer zusätzlichen

Verbesserung der Expression führen könnte (s. Abb. 48).

0

0,05

0,1

0,15

0,2

0,25

0,3

0,35

0,4

0

5

10

15

20

25

30

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

Aktivität

[U/m

L]

OD

₆₀₀

t [h]OD₆₀₀ Aktivität

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3. Ergebnisse

45

Abbildung 48: A) Optische Dichte und Aktivität der Verlaufsproben (bestimmt mittels Acetophenon-Assay) bei der Expression der 3FCR_5M im Fermenter nach Induktion bei OD600~3. B) SDS-PAGE-Gel der Verlaufsproben. M = Roti-Mark Standard. 0 h und T0 bezeichnen den Zeitpunkt der Induktion. Die Verlaufsproben wurden vor der Aktivitätsbestimmung und der SDS-Gelelektrophorese auf 7/OD600 normiert.

Durch diese Optimierungen konnten insgesamt 629 U/L 3FCR_5M nach nur 7 h Expression

produziert werden. Das von den Verlaufsproben angefertigte SDS-PAGE-Gel weist ebenfalls

die intensivste 3FCR_5M-Bande (ca. 45 kDa) nach 7 h auf. Die unter diesen Bedingungen aus

1 L Medium gewonnene Aktivität der 3FCR_5M würde, bezogen auf die besten

Reaktionsbedingungen im kleinen Maßstab (700 µL mit Vorreinigung durch Ammoniumsulfat-

Präzipitation, 20°C und 30% (v/v) DMSO), theoretisch die Herstellung von ungefähr 2,8 g (R)-

Baclofen (>95%ee) ermöglichen.

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3. Ergebnisse

46

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4. Diskussion

47

4. Diskussion

4.1 Synthese der Substrate

In Hinblick auf die Beschaffung der für das Projekt benötigten Substrate wurden mehrere

Versuche unternommen, das als Vorstufe für 3-Formyl-5-methylhexansäure und deren Ester

benötigte 4-Methyl-1-pentanal zu synthetisieren. Ausgehend von kommerziell erhältlichem 4-

Methyl-1-pentanol konnte über eine Oxidation mit Pyridiniumchlorochromat tatsächlich das

gewünschte Produkt gebildet werden. Allerdings legten durchgeführte DC-, GC-MS- und NMR-

Analysen nahe, dass Teile des Aldehyds weiter zur Carbonsäure oxidiert wurden, während

auch noch Überreste des Ausgangsstoffs sowie weitere, nicht identifizierbare Verun-

reinigungen vorhanden waren. Diese könnten durch eine weiter Anpassung der Reaktionszeit

und des Aufbaus vermutlich noch optimiert werden. Möglicherweise hätten die

Verunreinigungen durch eine alternative Reaktionsroute vermieden werden können.

Die Aufarbeitung von Aldehyden als Sulfit-Addukt hat sich in der Vergangenheit als einfache

und effektive Methode bewährt[88]. Wie in 3.1.1 erwähnt, hätte die theoretische Ausbeute nach

der Präzipitation als Bisulfit ca. 15% betragen. Dies ist einerseits durch den relativ hohen Anteil

an weiteren Verbindungen im Reaktionsgemisch zu begründen. Andererseits ist auch ein

Verlust durch die zwischengeschaltete Filtration durch Celite® nicht auszuschließen. Dieser

Schritt ist jedoch zur Entfernung des Katalysators unerlässlich[76].

Da bereits die Synthese von 4-Methyl-1-Pentanal eine zeitaufwendige Herausforderung

darstellte und noch weitere Synthesen für die gewünschten Ester und sämtliche Produkt-

standards benötigt worden wären, wurde die weitere Herstellung der benötigten Substanzen

an einen externen Partner vergeben. Dieser Schritt war unerlässlich für das weitere

Vorankommen des Projekts, dessen Fokus die biokatalytische Reaktion sein sollte.

4.2 Analytik

Die Etablierung einer geeigneten chiralen Analytik für die β-chiralen Amine stellte eine gewisse

Herausforderung dar, da keine der bisher publizierten Methoden ohne Weiteres auf die

gewünschten Substanzen angewandt werden konnte. Allgemein ist zu vermerken, dass chirale

stationäre Phasen relativ einzigartig bezüglich des Bindungspotentials für chirale Moleküle

sind. Auch die mobilen Phasen können die Bindung der Enantiomere stark beeinflussen. In

beiden Fällen lassen sich die zu erwartenden Effekte jedoch kaum vorhersagen. Daher ist es

unerlässlich mit verschiedenen stationären und mobilen Phasen zu experimentieren.[89]

Für Pregabalin konnte durch die Derivatisierung mit ECF eine stabile und äußerst effiziente

Methode entwickelt werden. Die zur Trennung der Enantiomere benötigte GC-Methode war

zwar mit 75 min relativ lang, dafür erfolgte aber eine sehr saubere Trennung bis auf

Basislinien-Niveau und die ausgesprochen kurze Vorbereitungszeit der Proben (ca. 15 min,

bis zu 20 Proben parallel möglich) sprachen eindeutig für den Einsatz dieser Methode. Die

Derivatisierung mit ECF wird schon relativ lange erfolgreich für die Analytik von Aminosäuren

eingesetzt, jedoch war die Anwendung auf Pregabalin während der Methodenentwicklung im

Rahmen der vorliegenden Arbeit bisher nicht bekannt. Für die Ester-Derivate sowie die

entsprechenden Aldehyd-Vorläufer wurden keine Untersuchungen bezüglich deren Analytik

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4. Diskussion

48

unternommen, da durch das veröffentlichte Patent von Pfizer zu diesem Zeitpunkt die

vollständige Fokussierung auf Baclofen als Modellverbindung erfolgte.

Leider konnte die für Pregabalin erfolgreiche Methode nicht auf Baclofen angewendet werden.

Es wurde zwar eine Detektion mittels GC ermöglicht, was für eine erfolgreiche Derivati-

sierungsreaktion sprach, allerdings konnte auch nach zahlreichen Variationen der chiralen

stationären Phasen sowie des Temperaturprogramms keine ausreichende Trennung der

Enantiomere erzielt werden. Für einen der Aldehyd-Vorläufer der Baclofensynthese, 3-(4-

Chlorophenyl)-4-oxo-buttersäure-tert-butylester, konnte jedoch sogar ohne Derivatisierung

eine chirale GC-Methode etabliert werden, bei der die Enantiomere zwar nicht vollständig

getrennt waren, die aber dennoch Aufschluss darüber gab, ob ein Racemat vorlag oder nicht

und zudem eine Quantifizierung der Aldehyd-Konzentration ermöglichte.

Alternativ zur Gaschromatographie konnte mit Hilfe der Kapillarelektrophorese eine einfache

und schnelle Methode zur chiralen Analytik von Baclofen entwickelt werden. Diese erwies sich

jedoch als ungeeignet für einen hohen Probendurchsatz, da sie sich als nicht robust genug

erwies und damit keine Reproduzierbarkeit erlaubte, ohne jede einzelne Probe drei- bis

fünfmal zu vermessen. Bei der Kapillarelektrophorese handelt es sich um eine vergleichsweise

sehr sensible Methode, insbesondere Veränderungen des pH-Werts, der Temperatur und

Schwankungen der Elektrolyt-Konzentration, wie sie bei Biokatalyseproben durchaus

auftreten, können zu starken Abweichungen führen. Im Vergleich zu anderen Methoden, wie

zum Beispiel der HPLC, kann die Reproduzierbarkeit der Peakflächen auch aufgrund des

kleinen Injektionsvolumens (wenige Nanoliter) beeinträchtigt sein.[90] Auch erste Experimente

zur Analyse mit Hilfe der HPLC scheiterten. Derivatisierungen mit OPA und Dansylchlorid sind

gängige Methoden für die Untersuchung von primären Aminen[83], allerdings wurde deren

Einsatz in der vorliegenden Arbeit durch mangelnde Stabilität der Derivate sowie

Überlagerungen mit anderen Probenbestandteilen limitiert. Letztendlich wurde eine geeignete

HPLC Methode mit einer speziell für die chirale Analytik von Aminosäuren entwickelten Säule

etabliert[91].

4.3 Screening

4.3.1 Amindehydrogenasen

Die vier zu untersuchenden Amindehydrogenasen konnten erfolgreich exprimiert und gereinigt

werden sowie im Fall von CFL2 zuvor mit Hilfe der QuikChange™-Methode aus CFL1 erzeugt

werden. Insbesondere im Falle der CFL1 und LeuDH gelang eine deutliche Überexpression,

wohingegen CFL2 nur in sehr geringen Mengen produziert werden konnte. Dies kann auf das

gegenüber der ursprünglich publizierten Methode veränderte Expressionsprotokoll

zurückzuführen sein[52,53]. Allerdings sind dort auch keine Angaben zur erhaltenen Ausbeute

zu finden. Grundsätzlich wäre die Expression der CFL2 optimierungsbedürftig, wobei

verschiedenste Parameter variiert werden könnten, beispielsweise die Induktorkonzentration,

Expressionstemperatur und -dauer sowie der Expressionsstamm. Durch eine Auftrennung der

Probe nach dem Zellaufschluss in lösliche und unlösliche Proteinfraktion könnte zudem

ermittelt werden, ob dieses Enzym in Form von unlöslichen inclusion bodies vorliegt. Das Gen

unterscheidet sich zwar nur durch eine Punktmutation von der leicht exprimierbaren CFL1,

dies kann jedoch bereits ausschlaggebend für die Stärke der Expression oder die Löslichkeit

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4. Diskussion

49

des Enzyms sein[92]. Im Falle einer unlöslichen Expression könnten diverse Gegen-

maßnahmen, wie zum Beispiel die Co-Expression von Chaperonen untersucht werden[93].

Durch die Reinigung der Amindehydrogenasen über Ni-NTA-Säulen mit Hilfe der Äkta konnte

eine moderate Reinheit erzielt werden, jedoch enthielten alle vier Proben noch einige deutlich

erkennbare Verunreinigungen. Darin könnte die scheinbare Aktivität der Enzyme gegenüber

den gewünschten Substraten im NADH-Assay begründet werden. Da hier lediglich

angenommen wird, dass die Abnahme an NADH der Bildung der Amine äquivalent ist, diese

jedoch nicht explizit nachgewiesen werden, kann dieser Assay leicht zu falsch-positiven

Ergebnissen führen. NADH ist ein physiologisch bedeutsamer Cofaktor, der auch von

zahlreichen anderen Oxidoreduktasen in der Zelle benötigt wird, sodass die ermittelten

Aktivitäten, die zudem ausgesprochen niedrig waren (unterer mU-Bereich), durch

Verunreinigungen durch andere Enzyme entstanden sein könnten. Dies erklärt auch, wieso in

den anschließend durchgeführten Biokatalysen kein Produkt detektiert werden konnte. Hierbei

muss jedoch auch erwähnt sein, dass nur zwei verschiedene Reaktionsansätze (mit und ohne

Gleichgewichtsverschiebungssystem durch eine Formiatdehydrogenase) untersucht wurden.

Diese waren zwar in der Literatur für diese Enzyme beschrieben, jedoch ist es auch möglich,

dass damit nicht die optimalen Bedingungen für die hier erwünschte Reaktion getroffen

wurden. Es ist auch möglich, dass die Amindehydrogenasen die gewünschten Substrate

grundsätzlich nicht akzeptieren und daher nicht für die Synthese von Baclofen geeignet sind.

Der Einsatz von aus Aminosäuredehydrogenasen evolvierten Amindehydrogenasen ist bisher

noch wenig untersucht, es ist jedoch bekannt, dass auch relativ große Substrate wie

Acetophenon- und Phenylacetonderivate umgesetzt werden können[94]. Da parallel zu den

Arbeiten mit den Amindehydrogenasen vielversprechendere Ergebnisse mit Amin-

transaminasen erzielt wurden, wurde die Biokatalyse mit AmDHs nicht weiter im Detail

untersucht und optimiert. Dennoch könnten an dieser Stelle weitere Experimente durchgeführt

werden. Weil die Amindehydrogenasen erst nach der Refokussierung auf Baclofen als

Modellverbindung zur Verfügung standen, könnten in Zukunft noch Experimente zur Synthese

von Pregabalin durchgeführt werden. Zusammenfassend ist zu sagen, dass diese Enzyme

eine interessante Alternative zu anderen Enzymen für Aminierungsreaktionen darstellen, da

sie lediglich Ammoniak als Aminodonor benötigen.

4.3.2 Transaminasen

Im Verlauf der hier vorgestellten Arbeit wurden insgesamt ca. 150 Amintransaminasen und

deren Varianten hinsichtlich der Bildung von Pregabalin und Baclofen gescreent. Um das

Screening so schnell und effizient wie möglich abzuschließen, wurde eine Methode zur IMAC-

reinigung im 96-Well-Maßstab etabliert. Die so präparierten Enzyme wurden für beide

Modellverbindungen zunächst in Richtung der Desaminierung mit anschließender DC-Analytik

untersucht und sobald die Aldehyd-Substrate zur Verfügung standen ebenfalls in der

gewünschten Reaktionsrichtung in einem photometrischen Acetophenon-Assay eingesetzt.

Dabei konnten für Pregabalin sechs und für Baclofen 15 potenzielle Kandidaten identifiziert

werden.

Für Pregabalin wurde davon lediglich die Variante 3HMU F92Y untersucht, die allerdings eine

Präferenz für das unerwünschte (R)-Enantiomer aufwies, und erst nach fortgeschrittener

Reaktionszeit auch das (S)-Enantiomer bildete. Es gibt Studien zur erfolgreichen Umkehrung

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4. Diskussion

50

der Enantioselektivität von Enzymen, auch Amintransaminasen. Beispielsweise wurde durch

Skalden et al. gezeigt, dass die Variante 56V der Transaminase aus Vibrio fluvialis bevorzugt

das (R)-Enantiomer von 1-Amino-3-Methyl-Cyclohexan bildet, wohin gegen 56I eine

umgekehrte Präferenz für das (S)-Enantiomer aufwies[95]. Da zu diesem Zeitpunkt des

Projektverlaufs der Fokus auf Baclofen verschoben wurde, wurden keine weiteren

Experimente mit Pregabalin und 3HMU F92Y vorgenommen. Außerdem war das Neu-Design

eines geeigneten Biokatalysators zwar nicht ausgeschlossen, aber auch nicht das erklärte Ziel

der Arbeit. Aufgrund der relativ großen zur Verfügung stehenden Transaminase-Bibliothek

wurde davon ausgegangen, dass ausschließlich durch Screening ein geeigneter Kandidat

gefunden werden könne. Zu erwähnen ist im Fall von Pregabalin noch, dass die weiteren durch

das Screening identifizierten Treffer alle Varianten der ATA aus Vibrio fluvialis waren. Dieses

Enzym wurde ebenfalls in dem durch Pfizer veröffentlichten Patent verwendet, wobei die

letztendlich besten Varianten nach mehreren Mutagenese-Runden zehn bis zwölf Mutationen

aufwiesen. Daher ist anzunehmen, dass die in der vorliegenden Arbeit gefunden Vfl-Varianten

zwar ein guter Ausgangspunkt für die Synthese von Pregabalin gewesen wären, allerdings

nicht optimal dafür geeignet.

Für Baclofen wurden deutlich mehr potenzielle Biokatalysatoren ermittelt. In der vorliegenden

Arbeit wurden dabei fast ausschließlich nur Varianten von als (S)-selektiv annotierten ATAs

(Cvi, Vfl, 3HMU und 3FCR) aufgefunden, lediglich eine im späteren Verlauf erhaltene Variante

der ATA aus Arthrobacter sp. KNK168 (ArRmu11 117F 279A bezeichnet), die von der

Arbeitsgruppe von Professor Kroutil (Universität Graz) erstellt wurde[96], ist als (R)-selektiv

annotiert. Sowohl in der dazu veröffentlichten als auch in der hier vorgestellten Arbeit zeigte

sich, dass die für α-chirale Amine scheinbar so eindeutig definierte Enantiopräferenz von ATAs

sich nicht ohne Weiteres auf β-chirale Verbindungen anwenden lässt. Die Enantio-

selektivitäten sind in diesem Fall so schwer vorhersagbar und verhältnismäßig niedrig, da α-

chirale Aldehyde deutlich mehr strukturelle Flexibilität aufweisen als prochirale Ketone und so

wiederum andere Anforderungen an die Architektur des aktiven Zentrums bestehen. Nicht die

eindeutig definierte Anordnung großer und kleiner Substituenten bestimmt dabei die

Enantioselektivität, sondern nur allgemein die bessere Passform jeweils eines der bereits

vorhandenen Enantiomere (s. Abb. 49).

Abbildung 49: Schema des aktiven Zentrums einer (S)-selektiven ATA mit einer kleinen (schwarz) und einer großen Bindetasche (weiß). A) Bei der Bildung des Chinoidintermediats eines α-chiralen Amins wird der kleine (R1) bzw. große Substituent (R2) des Substratamins in der kleinen bzw. großen Bindetasche positioniert. B) Chinoidintermediat eines β-chiralen Amins mit zwei großen Substituenten. Durch das zusätzliche Kohlenstoffatom zwischen Aminogruppe und Chiralitätszentrum des Substrat-amins müssen beide Substituenten des Substrats in der großen Bindetasche platziert werden.

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4. Diskussion

51

Für eine enantioselektive Racematspaltung muss im aktiven Zentrum eine deutliche

Unterscheidung der beiden möglichen räumlichen Positionierung der Substituenten möglich

sein. Aufgrund der weniger eindeutigen geometrischen Anordnung, die bei α-chiralen

Aldehyden bzw. β-chiralen Aminen durch das zusätzliche Kohlenstoffatom nur in der großen

Bindetasche stattfinden kann (Abb. 49), ist es wenig überraschend, dass die für Baclofen

erhaltenen Treffer sich so stark in den Enantioselektivitäten unterscheiden, sodass teilweise

schon eine Mutation (z.B. 3HMU 233S) eine umgekehrte Selektivität im Vergleich zum Wildtyp

bedeuten kann. Zu beobachten war auch, dass sich die Präferenz je nach Substrat

unterscheiden kann, obwohl die Substrate eine relativ hohe strukturelle Ähnlichkeit aufweisen.

Beispielsweise bildet Cvi 88L 418L bevorzugt das (R)-Enantiomer der freien Säure und des

Ethylesters, jedoch entsteht für den t-Butylester hauptsächlich das (S)-Enantiomer.

Der erste vielversprechende Treffer aus dem Screening der ATAs auf die Synthese von

Baclofen war 3HMU 233S, welches das (R)-Enantiomer der freien Säure bevorzugt bildete.

Da der Enantiomerenüberschuss mit ca. 60%ee jedoch nicht ausreichend war, nicht ohne

Weiteres verbessert werden konnte und im parallel fortgesetzten Screening weitere

interessante Varianten auftraten, wurde diese ATA als Biokatalysator zur Baclofen-Synthese

verworfen. Im späteren Projektverlauf wurden insbesondere für die freie Säure noch zwei

weitere Varianten der ATAs aus Vibrio fluvialis und Arthrobacter sp. KNK168 gefunden, die

aus zeitlichen Gründen nicht detaillierter untersucht wurden. Da diese selbst im Zellextrakt

sehr gute Enantiomerenüberschüsse und moderate Umsätze erlaubten, sollten diese jedoch

in zukünftigen Experimenten nicht außer Acht gelassen werden.

Für den Ethylester konnten generell nur sehr niedrige Umsätze festgestellt werden. Dies kann

durch die verhältnismäßig niedrige Stabilität dieser Verbindung begründet sein. Sowohl das

Substrat als auch das Produkt können sich pH- und Temperatur-abhängig zum Lacton bzw.

Lactam umlagern. Das Lacton wäre für die meisten Transaminasen als Substrat vermutlich

unzugänglich, sodass dies eine mögliche Erklärung für die niedrigen Umsätze und Aktivitäten

wäre. Außerdem ist es auch möglich, dass der Ethylester einen höheren Dampfdruck als der

t-Butylester aufweist und dadurch flüchtiger ist[97]. Rein strukturell ist nicht klar, weshalb einige

ATAs sowohl die Säure als auch den t-Butylester akzeptieren, jedoch nicht den Ethylester.

Besondere Beachtung fanden Varianten, die in der Lage waren, den t-Butylester umzusetzen.

Dieser sollte theoretisch stabiler sein als der Ethylester und des Weiteren relativ einfach mit

Hilfe organischer Lösungsmittel aus einer wässrigen Reaktion aufzuarbeiten sein. Im Zuge

dieser Arbeit wurden dabei Chloroform, Ethylacetat und MTBE als potenzielle Extraktionsmittel

festgestellt. Die Aufarbeitung der freien Säure wäre deutlich komplizierter, zumal im

Reaktionsgemisch abgesehen von Bestandteilen des Zellextrakts auch noch Reste des im

Überschuss eingesetzten Co-Substrats Alanin vorhanden wären. Für den Umsatz des t-

Butylester fiel im initialen Screening insbesondere eine Fünffach-Variante der ATA 3FCR (59W

87L 231A 382M 429M, im Folgenden 3FCR_5M) ins Auge, da sie als einzige Variante einen

moderaten Umsatz von annähernd 50% mit einem sehr guten Enantiomerenüberschuss von

99%ee (R) erlaubte. Die damit erzielten Ergebnisse werden nachfolgend im Detail diskutiert.

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4. Diskussion

52

4.4 3FCR_5M

4.4.1 Optimierung der Reaktion mit gereinigtem Enzym

Mit gereinigter 3FCR_5M wurden Experimente zur Optimierung der Reaktion (Umsatz und

Enantiomerenüberschuss) durchgeführt. Einerseits sollte untersucht werden, welcher Amino-

donor in welcher Konzentration am besten geeignet wäre. Andererseits sollten Bedingungen

gefunden werden, bei der das verbleibende Substrat-Enantiomer racemisiert, sodass

bestenfalls enantiomerenreines (R)-Baclofen in hohen Ausbeuten hergestellt werden kann.

Also potenzielle Aminodonoren wurden L-Alanin, (S)-α-Methylbenzylamin (MBA) und

Isopropylamin (IPA) verwendet. Alanin und MBA fanden davor bereits im Screening

Anwendung, letzteres bei der photometrischen Aktivitätsbestimmung der ATAs. Obwohl dabei

festgestellt wurde, dass 3FCR_5M MBA als Aminodonor akzeptieren kann, konnte keine

Produktbildung mit MBA-Konzentrationen zwischen 100 mM und 500 mM detektiert werden.

Zu beachten ist dabei allerdings, dass das Verhältnis Aminodonor zu Enzymlösung im

photometrischen Assay deutlich geringer war als in der anschließend angesetzten Biokatalyse.

Selbst bei der geringsten MBA-Konzentration wurde im Vergleich zum Assay die 140-fache

Menge MBA auf nur das 10-fache der Enzymlösung eingesetzt, wohingegen nur etwa die

sechsfache Menge Aminoakzeptor eingesetzt wurde. Es ist also möglich, dass das Enzym

zwar die Kombination aus MBA als Donor und dem gewünschten Aldehyd akzeptiert, jedoch

eine Substrat-Inhibition durch den MBA-Überschuss auftritt. Über 3FCR_5M wurde zudem

berichtet, dass IPA sehr gut als Aminodonor in Konzentrationen um 200 mM akzeptiert wird[98].

Dies konnte in der hier vorliegenden Arbeit nicht bestätigt werden. Nur mit 100 mM IPA

konnten moderate Umsätze erzielt werden, diese waren jedoch gegenüber den mit Alanin

erzielten Resultaten nicht konkurrenzfähig. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die in

vorherigen Studien gewonnen Erkenntnisse über die IPA-Akzeptanz falsch sind, auch wenn

nahezu identische Reaktionsbedingungen untersucht wurden. Aufgrund der Erfahrung aus

dieser und anderen Arbeiten ist anzunehmen, dass nicht nur die Wahl des Aminodonors,

sondern auch die exakte Kombination aus Donor und Akzeptor eine Rolle für die Katalyse

spielt. Rückblickend müsste man diese Umstände auch für das Screening von Enzymen

berücksichtigen. Um keine positiven Ergebnisse zu übersehen, müsste man theoretisch alle

verfügbaren Aminodonor-Substrate mit dem gewünschten Akzeptor kombinieren und im

Prinzip auch alle möglichen begleitenden Paramater (Temperatur, pH-Wert, Puffer, Cofaktor-

Konzentration,…) in diversen Kombinationen variieren.

Unter den getesteten Aminodonoren scheint Alanin der geeignetste für die gewünschte

Reaktion zu sein, da bereits bei einem 12,5-fachen molaren Überschuss gegenüber dem

Akzeptor gute Umsätze um 50% erzielt werden konnten. Da der Enantiomerenüberschuss bis

dahin um 99%ee (R) betrug und darüber abnahm, ist davon auszugehen, dass 3FCR_5M zwar

hauptsächlich das (R)-Enantiomer bildet, aber auch in der Lage ist, (S)-Baclofen zu bilden,

sobald das (R)-Enantiomer verbraucht ist. Um dem entgegenzuwirken und parallel auch den

Umsatz zu erhöhen wurden Bedingungen zur in situ Racemisierung des (S)-Aldehyds gesucht.

Eine relativ unkomplizierte Option dafür wäre eine pH-vermittelte Racemisierung, bei der die

basisch katalysierte Keto-Enol-Tautomerie von Aldehyden ausgenutzt wird. Ein erhöhter pH-

Wert kann auch für die Aktivität des Enzyms förderlich sein, da viele Amintransaminasen ihre

pH-Optima um pH 9-11 aufweisen.

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Abbildung 50: Basisch katalysierte Keto-Enol-Tautomerie am Beispiel von 3-(4-Chlorophenyl)-4-amino-Buttersäure-Derivaten.[12]

Wie aus Abbildung 50 ersichtlich wird, kann aus dem (S)-Aldehyd unter basischen

Bedingungen ein achirales Enol werden. Da beide Isomere in einem dynamischen

Gleichgewicht stehen, können aus dem Enol wieder beide Enantiomere des Aldehyds gebildet

werden. Da nun in der Reaktion mit Alanin bei pH 10 ein Umsatz von ca. 90% festgestellt

wurde, der Enantiomerenüberschuss jedoch mit ca. 99%ee (R) gleichbleibend hoch war, kann

davon ausgegangen werden, dass die Racemisierung durch Keto-Enol-Tautomerie unter

diesen Bedingungen abläuft.

4.4.2 Optimierung der Reaktion mit Zellextrakt

Da die Reinigung von Enzymen mittels IMAC-Methode im industriellen Maßstab einen hohen

apparativen Aufwand sowie deutlich höhere Kosten bedeutet, sollte die Reaktion auch mit dem

3FCR_5M-enthaltenden E. coli Zellextrakt durchgeführt und wenn nötig optimiert werden.

Dabei wurde ein deutlich schlechterer Enantiomerenüberschuss, selbst bei Umsätzen unter

50% festgestellt. Im Folgenden soll nun diskutiert werden, welche Ursachen basierend auf den

erfolgten Untersuchungen ausgeschlossen werden konnten und welche Faktoren

hypothetisch zu diesem Ergebnis geführt haben könnten. Zunächst wurde festgestellt, dass

die mit Äkta-gereinigter 3FCR_5M erzielten Ergebnisse (in Abhängigkeit vom Proteingehalt

bzw. der Aktivität) stabil reproduzierbar waren. Dass das Phänomen tatsächlich durch die

Verwendung des Zellextrakts auftritt, wurde durch parallel unter ansonsten gleichen

Bedingungen durchgeführten Reaktionen überprüft, wobei auch beobachtet werden konnte,

dass sich bei sukzessiver Erhöhung des Zellextrakts in der Reaktion auch der

Enantiomerenüberschuss verschlechterte, wobei durch vorherige Normierung der

photometrisch bestimmten Aktivität jedoch annähernd gleiche Umsätze erzielt wurden.

Wodurch unterscheiden sich nun das gereinigte Enzym und der Zellextrakt? Einerseits

natürlich dadurch, dass kaum Verunreinigungen durch andere Proteine und verbleibende

Zelltrümmer vorliegen. Andererseits ist auch die Umgebung - niedermolekulare Substanzen

betreffend - völlig anders, da das gereinigte Enzym theoretisch ausschließlich vom späteren

Reaktionspuffer umgeben ist.

Die erste Annahme war, dass durch die veränderte Umgebung die Racemisierung gestört

werden könnte. Eine einfache Ursache dafür wäre ein Absinken des pH-Werts. Diese

Annahme wurde durch die Experimente mit Ionenaustauschern verstärkt, bei denen

beobachtet wurde, dass im Laufe der Zeit mit dem sauren Ionenaustauscher Amberlyst 15

eine Verringerung des Produkt-Enantiomerenüberschusses auftrat. Aufgrund dessen wurden

Reaktionen im pH-Stat durchgeführt, wobei der pH-Wert nicht nur kontinuierlich überwacht,

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4. Diskussion

54

sondern auch durch Titration mit Natronlauge konstant gehalten werden kann. Dabei wurde

jedoch festgestellt, dass es hinsichtlich des pH-Werts keine bedeutenden Unterschiede

zwischen Biokatalysen mit gereinigtem Enzym und Zellextrakt gab.

Ebenfalls wurden die Enantiomerenüberschüsse von Substrat und Produkt im Verlauf der

Reaktion mit beiden Enzympräparationen verglichen, um zu überprüfen, ob die Racemisierung

dennoch gestört werden könnte. Allerdings waren die Substrat-Enantiomerenüberschüsse mit

gereinigter 3FCR_5M und Zellextrakt über den Reaktionsverlauf ungefähr gleich (um 15%ee).

Dementsprechend müsste die Racemisierung auch im Zellextrakt wie gewünscht ablaufen.

Auffällig war jedoch, dass im Zellextrakt das Substrat nach 24 h Reaktion komplett verbraucht

war, wohingegen nur ca. 70% Produkt gebildet wurden. Bei der gereinigten 3FCR_5M

korrelierten die Werte allerdings. Außerdem wurde eine deutliche Abnahme des Produkt-

Enantiomerenüberschusses mit Zellextrakt erst im Verlauf der Reaktion zwischen zwei und 24

Stunden festgestellt, wobei der Umsatz nur noch leicht anstieg und die Werte bis zu zwei

Stunden Reaktionszeit noch annähernde denen mit gereinigtem Enzym entsprachen.

Diese Tatsachen warfen die Frage auf, auf welche Weise das restliche Substrat verloren geht

und ob das Produkt im Zellextrakt eventuell auch racemisiert. Letzterer Fall wurde durch eine

Reaktion des enantiomerenreinen Produkts unter Biokatalysebedingungen mit konzentriertem

Puffer, der zuvor für die Dialyse des Zellextrakts verwendet wurde, und durch Inkubation mit

dem Zellextrakt des Leervektors (pET22b) ausgeschlossen. Weder eine niedermolekulare

Verbindung, noch proteinogene Anteile des Zellextrakts scheinen eine Racemisierung des

Produkts zu bewirken. Umgekehrt wurde keine Produktbildung mit dem Zellextrakt des

Leervektors detektiert, sodass die Unterschiede auch nicht durch eine E. coli eigene ATA

ausgelöst werden können, allerdings wurde auch hier eine Substratabnahme verzeichnet.

Auch durch den dialysierten Zellextrakt wurde der Enantiomerenüberschuss nicht verbessert,

sodass auch das Substrat vermutlich nicht durch eine niedermolekulare Substanz beeinflusst

wird. Der Verlust des Substrats durch Instabilität wurde ebenfalls durch eine Reaktion ohne

Enzym, nur mit dem entsprechenden Reaktionspuffer ausgeschlossen.

Die wahrscheinlichste Option ist, dass das Substrat durch ein E. coli eigenes Enzym oxidiert

oder reduziert wird und daher nicht mehr für die Transaminase verfügbar ist. Möglicherweise

wird dabei sogar bevorzugt das (R)-Enantiomer der Zielreaktion entzogen, sodass ein

niedriger Produkt-Enantiomerenüberschuss zustande kommt. Leider konnten weder der

korrespondierende Alkohol noch die Carbonsäure bis zum Verfassen dieser Arbeit

nachgewiesen werden. Da keine Standards für diese Substanzen zur Verfügung standen bzw.

kommerziell erhältlich sind, konnten auch keine Experimente zur Etablierung einer

entsprechenden Analytik unternommen werden. Nebenreaktionen mit den Enzymen des

Wirtsstamms sind ein häufiges Problem bei der Verwendung von Zellextrakt bzw. ganzer

Zellen als Biokatalysator. Dies wurde unter anderem von Kunjapur et al. für die Synthese

aromatischer Aldehyde beobachtet, sodass sie einen E. coli Stamm entwickelten, in dem

jeweils drei Gene, die für Aldo-Keto-Reduktasen bzw. Alkoholdehydrogenasen codieren,

deletiert wurden. Dadurch konnte eine Akkumulation von Vanillin in Ganzzellbiokatalysen um

das 55-Fache gegenüber E. coli K12 MG1655, welcher als Wildtyp-Stamm für die Deletionen

verwendet wurde, gesteigert werden, ohne dass große Mengen des Produkts weiter zu

Vanillyl-Alkohol umgesetzt wurden.[86] Mit diesem Stamm, E. coli RARE (reduced aromatic

aldehyde reduction), wurden in der vorliegenden Arbeit jedoch lediglich dieselben Ergebnisse

erzielt wie mit dem Zellextrakt von E. coli BL21. Dadurch kann der Umsatz des Substrats durch

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4. Diskussion

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ein anderes Enzym jedoch immer noch nicht ganz ausgeschlossen werden. Die in E. coli

RARE deletierten Gene wurden basierend auf dem Umsatz von Benzaldehyd ausgewählt,

allerdings können noch weitere Aldehyd-Reduktasen bzw. Alkoholdehydrogenasen in E. coli

K12 gefunden werden[99]. Auch der Umsatz zur Carbonsäure durch eine E. coli eigene

Aldehyd-dehydrogenase ist mit dem aktuellen Kenntnisstand nicht auszuschließen[100].

In weiteren Experimenten wurde festgestellt, dass auch die Reaktionsbedingungen, die zu

sehr guten Ergebnissen mit dem gereinigten Enzym führten, nicht optimal für den Zellextrakt

zu sein schienen. Eine Verringerung der Reaktionstemperatur auf 20°C und Erhöhung des

DMSO-Anteils auf 30% konnten den Umsatz und geringerem Maße auch den

Enantiomerenüberschuss signifikant erhöhen. Der Einfluss der Reaktionstemperatur auf den

Umsatz beruht auf der höheren Stabilität der 3FCR_5M bei niedrigeren Temperaturen. Dass

das Enzym selbst bei 37°C nicht lange stabil ist (vollständiger Aktivitätsverlust nach zwei

Stunden) wurde durch Experimente zu einer möglichen Hitzefällung zur Reinigung beobachtet.

Daher lag eine Verringerung der Reaktionstemperatur nahe. Durch den erhöhten DMSO-

Gehalt konnte der Enantiomerenüberschuss leicht verbessert werden. Bereits in früheren

Studien konnte gezeigt werden, dass auch die Co-Solvenz-Konzentration einen maßgeblichen

Einfluss auf die Enantioselektivität des Enzyms haben kann. Zum Beispiel konnten Skalden et

al. in einer Enzymkaskade aus einer Enoatreduktase und Transaminase den Diastereomeren-

überschuss des Produkts von 66%de auf 89%de durch die Erhöhung der DMSO-

Konzentration von 1% auf 30% (v/v) steigern[95].

Da festgestellt wurde, dass mit gereinigtem Enzym zufriedenstellende Ergebnisse erzielt

werden konnten und die Hypothese aufgestellt wurde, dass eine enzymatische Nebenreaktion

die Synthese im Zellextrakt stört, wurde nach Alternativen zur Reinigung der 3FCR_5M

gesucht. Dafür wurden Experimente zur Hitzefällung[101], zu Protease-vermittelter

Reinigung[102], zur Immobilisierung an EziG-Beads[103] und zur fraktionierenden Ammonium-

sulfat-Fällung[104] vorgenommen. Aktive 3FCR_5M konnte jedoch lediglich mit Hilfe der

Ammoniumsulfat-Fällung gewonnen werden. Mit Hilfe des so vorgereinigten Enzyms konnten

annähernd dieselben Ergebnisse wie mit der Äkta-gereinigten 3FCR_5M erzielt werden, wobei

es sich um eine kostengünstige und einfach durchführbare Alternative handelt.

Interessanterweise konnte mit einer SDS-PAGE festgestellt werden, dass sich das

Bandenmuster nach der Ammoniumsulfatfällung kaum vom Zellextrakt unterscheidet und das

Enzym bei weitem nicht so rein vorliegt wie nach der Äkta. Deutlich erkennbare Unterschiede

waren ein verringerter Hintergrund sowie eine Bande bei ca. 25 kDa, die in der Spur mit dem

gefällten Enzym fehlt. Greift man nun die zuvor aufgestellte Hypothese einer enzymatischen

Nebenreaktion auf, so gäbe es tatsächlich zwei putative Oxidoreduktasen aus E. coli K12 mit

nachgewiesener Aldehydreduktase-Aktivität, YkgE und YgfF[105,106]. Rodriquez et al. unter-

suchten 2014 44 potenzielle endogene Aldehydreduktasen aus E. coli K12 auf den Umsatz

von Isobutyraldehyd zu Isobutanol vor dem Hintergrund, durch Deletionen die Synthese von

Aldehyden verbessern zu wollen, wobei auch die beiden genannten Enzyme die

entsprechende Aktivität aufwiesen[106]. Selbstverständlich kann durch diese Vermutung ein

Umsatz des hier verwendeten Substrats durch diese Enzyme noch nicht bewiesen werden,

jedoch könnte man mit diesem Wissen die beiden Enzyme gezielt exprimieren und reinigen,

um dann zu testen ob sie den verwendeten Aldehyd umsetzen können.

Zusammenfassend muss an dieser Stelle gesagt werden, dass der Auslöser für die veränderte

Enantioselektivität im Zellextrakt nach wie vor unklar ist. Möglicherweise handelt es sich auch

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4. Diskussion

56

um eine Kombination verschiedener Ursachen, zum Beispiel einer enzymatischen

Nebenreaktion und einer Beeinflussung der Enantioselektivität der 3FCR_5M selbst durch die

veränderte chemische Umgebung.

4.5 Up-Scaling

In einem Vorversuch zur Erhöhung der Ausbeute der Reaktion wurde untersucht, ob die

Substratkonzentration weiter erhöht werden kann. Dafür wurden Aminodonor- und Akzeptor-

Konzentration gleichzeitig verdoppelt bzw. verdreifacht. Dabei wurde allerdings festgestellt,

dass die erhaltene Produktkonzentration bei gleicher Enzymkonzentration und Reaktionszeit

nicht proportional dazu anstieg. Bei derartig hohen Substratkonzentrationen ist es möglich,

dass es zu einer Substratinhibierung des Enzyms kommt. Während des katalytischen Zyklus

der Transaminase kann ein Substrat an zwei Stellen an das Enzym binden (Mechanismus

s.1.6.1). Kommt es nun nicht am richtigen Punkt des Mechanismus zu einer Interaktion mit

einem der Substrate, kann die Reaktion nicht fortgesetzt werden, da ein sogenannter dead-

end Komplex entsteht. Im Falle der hier durchgeführten Reaktion würde dieser Fall eintreten,

wenn das Aldehyd-Substrat an das interne Aldimin (PLP-Form, E-PLP) bzw. Alanin an die

PMP-Form des Enzyms (E-PMP) bindet. Außerdem kann die Inhibierung auch in Abhängigkeit

vom jeweiligen Substrat-Enantiomer auf unterschiedliche Weise verlaufen. So wurde zum

Beispiel für die (S)-selektive Transaminase aus Vibrio fluvialis gezeigt, dass die Inhibierung

durch das (S)-Amin auftritt, da dieses an E-PMP bindet. Bindet das (R)-Amin jedoch an E-

PLP, kann das Proton am α-Kohlenstoffatom des Cofaktors aufgrund der Entfernung zum

enzymatischen Lysinrest nicht mehr abstrahiert werden, wodurch der katalytische Zyklus ab

diesem Punkt nicht mehr fortgesetzt werden kann[107]. In der vorliegenden Arbeit konnte der

Umsatz einer höheren Substratkonzentration auch nicht durch die Verwendung einer größeren

Menge Enzym verbessert werden, lediglich bei einer zeitlich versetzten Zugabe des

Biokatalysators konnte ein entsprechend höherer Umsatz erzielt werden. Durch zeitlich

versetzte Zugabe der Substrate konnte jedoch kein höherer Umsatz erzielt werden. In einem

zukünftigen industriellen Prozess wäre jedoch die kontinuierliche Zugabe von Substrat deutlich

praktikabler als die permanente Verfügbarkeit einer frischen Enzympräparation, die

kontinuierlich zugesetzt werden müsste. Der limitierende Faktor ist hier vermutlich die

Enzymstabilität, deren Optimierung ein notwendiger Schritt für die zukünftige Anwendung

wäre. Mit den Methoden des Protein-Engineerings könnte sowohl die Einschränkung durch die

Enzymstabilität als auch durch die eventuell auftretende Substratinhibierung beseitigt werden.

Die Transaminase-Variante 3FCR_5M wurde in einer Studie zur Entwicklung einer

Transaminase für die asymmetrische Synthese sterisch anspruchsvoller chiraler Amine

hergestellt. Während des rationalen Designs wurde unter anderem die Position Y152 als

relevant für die Katalyse ausgewählt, da dieser Rest im Wildtyp-Enzym an der Koordination

des Cofaktors beteiligt ist. Nach einem Austausch zu Phenylalanin wurde festgestellt, dass

diese 3FCR-Variante eine höhere Stabilität aufwies.[98] Das Erstellen einer Variante mit Y152F

könnte also durchaus auch die Stabilität der hier verwendeten 3FCR_5M verbessern.

Auch eine Produktinhibierung ist nicht auszuschließen. Sollte es ab einer bestimmten

Konzentration dazu kommen, bieten sich insbesondere Prozessoptimierungen als Lösung an.

ISPR- Methoden (in situ product removal) können dabei gleichzeitig auch zur Aufarbeitung der

Produkte dienen. Grundsätzlich wäre es vorteilhaft, eine derartige Technik für die hier

Page 65: Transaminase-vermittelte Synthese · benötigt. Ein geregelter Stoffwechsel wäre ohne die hohe Spezifität und Effizienz dieser Biokatalysatoren gar nicht möglich. Enzyme können

4. Diskussion

57

durchgeführte Reaktion zu entwickeln, da bisher nur die Extraktion des Produkts mit

organischen Lösungsmitteln untersucht wurde. Zu diesen Techniken zählen Beispielsweise

Zweiphasensysteme, membranvermittelte Produktentfernung oder die Entfernung des

Produkts durch selektive Kristallisation[47,108,109]. Auch eine enzymatische Entfernung des Co-

Produkts Pyruvat wäre denkbar, zum Beispiel durch eine Kombination als einer Lactat- und

einer Glukose-Dehydrogenase[45] oder durch eine Pyruvat-Decarboxylase[44]. Vorteilhaft wäre

daran außerdem, dass das Reaktionsgleichgewicht noch weiter in die gewünschte Richtung

verschoben werden würde. Dabei ist jedoch fraglich, ob alle beteiligten Enzyme unter den

bisher verwendeten Bedingungen (pH 10) stabil und aktiv wären, sodass nochmals die

optimalen Reaktionsbedingungen bestimmt werden müssten.

Um die Synthese in großem Maßstab durchführen zu können, muss ebenfalls die Expression

der 3FCR_5M optimiert und hochskaliert werden. Daher wurden Experimente zur Batch-

Fermentation im 1L-Maßstab vorgenommen. Durch verschiedene Optimierungen (konstante

Temperatur, spätere Induktion) konnte damit die ca. 20-Fache volumetrische 3FCR_5M-

Aktivität gegenüber der Expression im Schüttelkolben (400 mL-Maßstab) produziert werden.

Bei der Kultivierung im Bioreaktor können die für das Zellwachstum und die Expression

relevanten Bedingungen im Gegensatz zum Schüttelkolben-Experiment im Detail überwacht

und gesteuert werden. So können zum Beispiel durch die Kontrolle des pH-Werts und Titration

mit Natronlauge höhere Zelldichten erzielt werden, da während des aeroben Wachstums

gebildete saure Sekundärmetabolite neutralisiert werden, sodass sie das Wachstum nicht

inhibieren. Auch die Überwachung der Sauerstoffsättigung und deren Regulierung durch

Rühren und gezielte Zufuhr von synthetischer Luft begünstigen das Erreichen hoher

Zelldichten.[110]

Mit der im Bioreaktor hergestellten 3FCR_5M wurden erste Experimente zum Up-Scaling der

Biokatalyse vorgenommen. Unter anderem wurde die Ammoniumsulfat-Fällung in größerem

Maßstab (30 mL) durchgeführt. Dabei wurde allerdings festgestellt, dass mit der im kleineren

Maßstab erfolgreichen fraktionierenden Fällung mit 40 und 60% Ammoniumsulfatsättigung

ähnliche Enantiomerenüberschüsse wie mit dem Zellextrakt erzielt wurden. Die Fraktionierung

musste auf 50 und 70% korrigiert werden. Dies zeigte einen möglichen Nachteil dieser

Reinigungsmethode, deren Erfolg von der Zusammensetzung des Zellextrakts abhängig

ist[104]. Da diese durch die veränderten Kultivierungsbedingungen und Regulierungen im

Fermenter ebenfalls variieren kann, wäre zu überprüfen, ob die Reinigungsmethode auch bei

einer Enzymproduktion im industriellen Maßstab noch reproduzierbar angewendet werden

kann. Mit dem im Fermenter produzierten Enzym, welches fraktionierend mit Ammoniumsulfat

gefällt wurde, wurden auch Experimente zur Skalierung der Reaktion vom 0,7 mL in den 10 mL

Maßstab unternommen. Dabei wurden zwei Varianten untersucht, nämlich die Durchführung

im pH-Stat und im 500 mL-Schüttelkolben. Die daraus erhaltenen Daten sind nicht gezeigt

worden, da aus der Reaktion im pH-Stat kein Produkt detektiert werden konnte und im

Schüttelkolben nur 30% Umsatz mit 60%ee (R) erzielt wurden. Eine naheliegende Vermutung

ist, dass die Durchmischung im Vergleich zum kleinen Maßstab nicht ausreichend war. Im

Vergleich zum pH-Stat bot der Schüttelkolben eine größere Oberfläche, was die

Durchmischung verbessert haben müsste, jedoch auch nicht das hohe Schütteltempo der

Reaktionen im kleinen Maßstab ermöglichte. Optimal wäre sicherlich eine Reaktion im

Bioreaktor, da alle Parameter ganz gezielt eingestellt werden könnten und eine

gleichmäßigere Durchmischung gewährleistet wäre. Dafür wäre jedoch eine recht große

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4. Diskussion

58

Menge Material für mehrere Versuche nötig gewesen und zum Ende des Projekts konnten

keine größeren Mengen des Aldehyd-Substrats mehr bereitgestellt werden. Dennoch wurde

in der vorliegenden Arbeit eine solide Grundlage für die weitere Optimierung und das Up-

Scaling der Reaktion geschaffen.

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5. Zusammenfassung

59

5. Zusammenfassung

β-chirale Amine, wie zum Beispiel Pregabalin und Baclofen, sind Verbindungen von großem

Interesse insbesondere für die pharmazeutische Industrie. Biokatalytische Herstellungs-

verfahren, vor allem Aminierungsreaktionen, sind bisher nur geringfügig untersucht worden

und werden nach aktuellem Wissenstand bis auf die Synthese von Niraparib[57] noch nicht in

großtechnischem Maßstab eingesetzt. Wünschenswert ist die Etablierung einer Synthese,

welche (S)-Pregabalin bzw. (R)-Baclofen in hohen Ausbeuten liefert, da diese beiden

Enantiomere jeweils die höhere biologische Wirksamkeit aufweisen.

Ziel dieser Arbeit war die Synthese von Pregabalin und Baclofen als Modellverbindungen für

β-chirale Amine mit Hilfe einer selektiven Amintransaminase oder Amindehydrogenase.

Zunächst wurde erfolgreich mit Hilfe der Gaschromatographie bzw. HPLC jeweils eine chirale

Analytik für die beiden Reaktionsprodukte sowie die Baclofen-Derivate etabliert, die stabil

reproduzierbar und auch zur Quantifizierung geeignet war. Auch für 3-(4-Chlorphenyl)-4-oxo-

buttersäure-t-butylester konnte eine GC-Methode entwickelt werden, die Aufschluss über die

Konzentration und den Enantiomerenüberschuss gab.

Die vier zur Verfügung gestellten Amindehydrogenasen konnten erfolgreich exprimiert und

mittels IMAC-Methode gereinigt werden. Trotz geringer Aktivitäten in einem photometrischen

NADH-Assay konnte jedoch keine Produktbildung nachgewiesen werden. Eine Kollektion von

ca. 150 Amintransaminasen wurde bezüglich der Desaminierung von Pregabalin und Baclofen

mittels Dünnschichtchromatographie untersucht. In Richtung der Aminierung wurde ein

photometrischer Acetophenon-Assay verwendet. Dabei wurden für Pregabalin sechs und für

Baclofen 17 potenzielle Kandidaten ermittelt. Besonders vielversprechend war die Variante

3FCR 59W 87L 231A 382M 429A (3FCR_5M), welche 3-(4-Chlorphenyl)-4-oxo-buttersäure-t-

butylester als Substrat akzeptierte. Nach der Ermittlung eines geeigneten Aminodonors und

Optimierung der Reaktionsbedingungen konnten Umsätze bis zu 90% bei 99%ee (R) mit

IMAC-gereinigter 3FCR_5M erzielt werden.

Um Kosten für ein späteres großtechnisches Verfahren einzusparen, sollte die Reaktion

ebenfalls für den Einsatz von Zellextrakt optimiert werden. Dabei wurde beobachtet, dass

geringere Enantiomerenüberschüsse erzielt wurden als mit dem gereinigten Enzym und der

Substratverbrauch höher als die Produktbildung war. Als mögliche Ursachen wurden der

Umsatz des Substrats durch ein E. coli eigenes Enzym, beispielsweise eine Aldehydreduktase

oder Aldehyddehydrogenase, sowie eine Beeinflussung der Enantioselektivität durch die

veränderte chemische Umgebung oder den selektiven Entzug des gewünschten Substrat-

Enantiomers durch eine selektive Nebenreaktion hypothetisiert. Dieses Phänomen konnte

durch eine vorgeschaltete Reinigung mittels fraktionierender Ammoniumsulfat-Fällung jedoch

erfolgreich umgangen werden. Mit dieser Methode konnten vergleichbar hohe Umsätze und

Enantiomerenüberschüsse wie mit dem IMAC-gereinigten Enzym erreicht werden.

Bei ersten Vorversuchen zum Up-Scaling der Reaktion wurde festgestellt, dass eine höhere

Substratkonzentration nicht einen proportional höheren Umsatz zur Folge hatte, jedoch konnte

der Umsatz durch eine versetzte Zugabe der Enzymlösung gesteigert werden, sodass ein

Prozess mit diesem Biokatalysator in seiner aktuellen Form eine kontinuierliche Zugabe

erfordern würde. Praktikabel wäre einer Verminderung der Substrat-Inhibierung und Erhöhung

der Enzymstabilität durch weiteres Protein-Engineering. Auch zur Produktion von 3FCR_5M

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5. Zusammenfassung

60

im größeren Maßstab wurden Experimente vorgenommen. Dabei konnte gezeigt werden, dass

eine vielversprechende Expression im Bioreaktor bei einer kontinuierlichen Temperatur von

30°C und einer Expressionsdauer von sieben Stunden. Nach einigen Optimierungsschritten

konnte im Bioreaktor die zwanzigfache volumetrische Aktivität im Vergleich zur Expression im

Schüttelkolben erzeugt werden.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass in der vorliegenden Arbeit, trotz weiterem

Optimierungsbedarf, eine sehr gute Grundlage für die Transaminase-vermittelte Synthese von

(R)-Baclofen geschaffen wurde. In zukünftigen Arbeiten sollte die Optimierung der Reaktion in

großem Maßstab im Fokus stehen.

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6. Material und Methoden

61

6. Material und Methoden

6.1 Geräte

Gerät Bezeichnung Hersteller

Autoklav V-120 Systec, Wettenberg

Affinitätschromatographie-

Säule

5 mL His Trap HP GE Healthcare, Freiburg

Bioreaktor BioFlo 110 2 Liter New Brunswick Scientific

Co., Edison (USA)

Brutschrank Friocell

Incucell

MMM Medcenter-

Einrichtungen GmbH,

Planegg/München

DNA Elektrophorese Sub Cell G

Mini-Sub Cell GT

Biorad, München

Dampfkochtopf Varioklav® Medizintechnik GmbH,

Oberschließheim

Entsalzungssäule PD-10 GE Healthcare, Freiburg

Feinwaagen AC120S

BP110S

Ohaus Explorer

Sartorius AG, Göttingen

Ohaus Corp., Pine Brook

(USA)

Flourimeter Infinite® M200PRO Tecan Deutschland GmbH,

Crailsheim

GC GC-14A 5890 Series II Shimadzu, Duisburg

GC-MS GCMS-QP2010 Shimadzu, Duisburg

GC-Trennsäulen BPX-5

CP-Chirasil-Dex CB

Hydrodex β-3P

Macherey Nagel, Düren

Agilent, Santa Clara (USA)

Macherey Nagel, Düren

Homogenisator FastPrep®-24 MP Biomedicals, Solon

(USA)

HPLC Elite LaChrom

Column oven L-2300

Organizer

Autosampler L-2200

UV-Detektor L-2400

Pumpe L-2130

Hitachi High-technologies

Europe GmbH, Mannheim

HPLC-Säule Chirex 3126 D-Penicillamin

150 x 4,6 mm

Phenomenex Inc., Torrance

(USA)

Kapillarelektrophorese P/ACE™ MDQ Capillary

Electrophoresis System

Beckman Coulter (Krefeld)

Magnetrührer RCT Basic IKA® Werke GmbH & Co.

KG, Filderstadt

Netzgeräte Standard Power Pack P25 Biometra, Göttingen

Orbitalschüttler Polymax 1040 Heidolph Instruments GmbH

& co. KG, Schwabach

PCR-Geräte FlexCycler Analytik Jena, Jena

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6. Material und Methoden

62

Thermocycler Progene

Touchgene Gradient

Techne, Cambridge (UK)

pH-Meter Microprocessor HI 9321 HANNA Instruments GmbH

& Co KG, Kehl

pH-Stat Titrino Plus 877

Haake Fisons D8 mit Haake

Fisons G Wasserbad

Methorhm GmbH & Co. KG,

Filderstadt

Therme Haake GmbH,

Karlsruhe

Proteinreinigung ÄKTATM Purifier

UV-900

pH/C-900

Frac-95

GE Healthcare Europe,

München

Proteinelektrophorese Mini-PROTEAN 3

Minigel-Twin

BioRad, München

Biometra, Göttingen

Schüttelinkubatoren Unitron

Infors HT Minitron

Infors AG, Bottmingen-Basel

(Schweiz)

Sicherheitswerkbank HeraSafe KS15 Thermo Fisher Scientific,

Waltham (USA)

Thermomixer Thermomixer Comfort Eppendorf, Wessling-

Berzdorf

Ultraschallbad Sonorex Super RK512H BANDELIN electronic GmbH

& Co. KG, Berlin

Ultraschallgerät Sonoplus HD2070 UW 2070 BANDELIN electronic GmbH

& Co. KG, Berlin

Vortexer Vortex genie 2 Scientific Industries, Inc.

Bohemia (USA)

Zentrifugen Heraeus Labofuge 400R

Heraeus Multifuge 3S-R

Heraeus Biofuge pico

Heraeus Fresco 17

Thermo Fisher Scientific,

waltham (USA)

6.2 Chemikalien und Verbrauchsmittel

Sofern nicht anders aufgeführt, wurden Chemikalien und Verbrauchsmaterialien von Sigma

(Steinheim, Deutschland, mittlerweile Merck), EuRx (Danzig, Polen), Carl Roth (Karlsruhe,

Deutschland), Fermentas (St. Leon-Rot, Deutschland), Fluka (Buchs, Schweiz, mittlerweile

Merck), Thermo Fisher Scientific (Waltham, USA), Merck (Darmstadt, Deutschland),

ChiroBlock GmbH (Wolfen, Deutschland), New England Biolabs (Frankfurt am Main,

Deutschland) und EnginZyme (Stockholm, Schweden) bezogen.

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6. Material und Methoden

63

6.3 Bakterienstämme

Stamm Genotyp

E. coli TOP10 F- mcrA Δ(mrr-hsdRMS-mcrBC) φ80lacZΔM15 ΔlacX74

nupG recA1 araD139 Δ(ara-leu)7697 galE15 galK16

rpsL(StrR) endA1 λ-

E. coli BL21 (DE3) fhuA2 (lon) ompT gal (dcm) ΔhsdS λ (DE3)

E. coli K-12 MG1655 RARE

(AMK018)

F- λ- ilvG- rfb-50 rph-1 (DE3) ΔdkgB ΔyeaE Δ(yqhC-dkgA)

ΔyahK ΔyjgB

6.4 Primer

Die Primer wurden bei Invitrogen (Darmstadt, Deutschland) bestellt. Alle Primer lagen als

Lyophilisat vor und wurden in MilliQ-Wasser gelöst und bis zu einer Konzentration von

100 pmol verdünnt. Jede Primerlösung wurde vor dem Gebrauch nochmals 1:10 verdünnt.

Name Sequenz 5‘-3‘ Verwendung

CLF2_fw gtgatcgccggctcggcgttgttgcag QuikChange™

CFL2_rv catggcgcggctctttcagctgcaacaac QuikChange™

pET_fw taatacgactcact Sequenzierung

pET_rv gggttatgcttattgcrcag Sequenzierung

6.5 Plasmide

Plasmid Resistenzmarker Induktor Einklonierte Gene codieren für

pET22b Ampicillin IPTG ATAs: AspFum, GibZea, NeoFis,

JanSp, MesLoti, RosSp, ArR, 3GJU,

3FCR, 3HMU, 3I5T

pET24b Kanamycin IPTG ATA: Vfl, Cvi

pET28a Kanamycin IPTG AmDHs: LeuDH, PheDH, CFL1, CFL2

pET28b Kanamycin IPTG ATA: 2YKY

pGASTON Ampicillin Rhamnose ATAs: AspOry, AspTer, MycVan,

PenChr, BurSp, RhiEtli, HypNep,

GamPro, LabAle, MarSp, MesLot,

RhoFer

6.6 Enzyme

Enzym Spezies GeneID/PDB Varianten

AmDHs[52–

54]

LeuDH Bacillus

stearothermophilus

PheDH Bacillus badius

CFL1

CFL2

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6. Material und Methoden

64

TAs

AspFum Aspergillus

fumigatus

70986662 WT

AspOry Aspergillus oryzae 169768191 WT

AspTer Aspergillus terreus 115385557 WT

GibZea Gibberella zeae 46109768 WT

MycVan Mycobacterium

vanbaalenii

120405468 WT

NeoFis Neosartorya fisheri 119483224 WT

PenChr Penicillium

chysogenium

211591081 WT

BurSp Burkholderia sp. 78059900 WT

RhiEtli Rhizobium etli 190895112 WT

HypNep Hyphomonas

neptunium

114797240 WT

GamPro Gamma

proteobacterium

219677744 WT

LabAle Labrenzia

alexandrii

EEE43073 WT

JanSp Jannashia sp. 89053613 WT

MarSp Marimonas sp. 87122653 WT

MesLoti Mesorhizobium loti

(13)

13471580 WT

MesLot Mesorhizobium loti

(14)

20804076 WT

RosSp Roseobacter sp. 86137542 WT

RhoFer Rhodoferax

ferrireducens

89899273 WT

ArR[48,96,111] Arthobacter sp.

KNK168 (V306I)

3WWJ ATA 117;

ArRmut 11 279A; ArRmut11 117f

279A;

ArRmut11 60V 117F 279A

3GJU Mesorhizobium loti

maff303099

3GJU WT

3FCR Ruegeria sp.

TM1040

3FCR WT; 19F; 59W; 59W 231A; 59W 420A;

59F 420A; 59W 87F 152F 231A; 59W

87L 231A 382M 249A (3FCR_5M);

59F; 87F; 88F; 231A; 231A 420A;

231A 422V; 420A; 422V

3HMU Ruegeria pomeroyi 3HMU WT; 25S; 63Y; 63Y 233S; 91Y; 91A;

92Y; 92V; 233S; 233T; 419M

3I5T Rhofobacter

sphaeroides

3I5T WT; 60L; 89F; 90F; 418A; 418M

3N5M Bacillus anthracis 3N5M WT; R162A; I315G; R410A

2YKY Mesorhizobium sp.

Strain LUK

2YKY WT

Vfl Vibrio fluvialis 4E3Q WT; 19A; 19A 56V 57F 85V 86S; 19C;

19V; 19Y

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6. Material und Methoden

65

56V 57C 85V; 56A; 56A 57L 86A

415C 417V; 56A 57F 86S 415C 417A;

56F; 56I; 56M; 56S; 56 V; 56V 57C;

56C 57F; 56V 57C 417V; 56V 57C

153A 415F 417A; 56V 415C; 56W;

56Y; 57C; 57F; 57F 153A 415L; 57F

415L; 57F 415L 417V; 57F 417V; 63Y;

85A; 85L; 85L 150F; 85L 150M; 85L

150M 153A; 85L 153A; 85V; 86A; 86S;

86V; 91Q; 91Q 85A; 91Q 85L;130Y;

150F; 150M; 150M 153A; 153A; 153I;

163S; 177L; 179T; 228C; 228G; 228I;

228S; 228T; 228V; 232V; 239W;

255A; 284F; 415L; 415F 417A

Cvi Chromobacterium

violaceum

4A6T WT; 71L; 71L 133H; 71L 133H 181V;

88V; 88L; 88L 418L; 88L 418G; 133H;

181V

PigE Serratia sp. FS14 4PPM WT

Kat Cloacimonas

acidaminovorans

B0VH76 WT

Kommerzielle Enzyme Hersteller

T4-DNA-Ligase Thermo Fisher Scientific

OptiTaq-DNA-Polymerase EuRx

Pfu+-DNA-Polymerase Thermo Fisher Scientific

DNaseI Sigma

Lysozym Sigma

Proteinase K Sigma

Trypsin Sigma

6.7 Medien und Zusätze

6.7.1 Antibiotika und Induktoren

Ampicillin 100 mg/mL Stammlösung in A. dest

Kanamycin 50 mg/mL Stammlösung in A. dest

IPTG 1 M Stammlösung in A. dest

Rhamnose 20% (w/v) Stammlösung in A. dest

6.7.2 Wachstumsmedien und Zusätze

LB-Medium[112]/LB-

Agar

Hefeextrakt

Trypton

NaCl

Agar

5 g

10 g

10 g

15 g

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6. Material und Methoden

66

A. dest Auf 1 L auffüllen

Autoklavieren

10 x SOC[113] KCl

MgCl2

MgSO4

Glucosemonohydrat

A. dest

Steril filtrieren

100 mg

1 g

1 g

2 g

Auf 50 mL auffüllen

TB-Medium[114] Hefeextrakt

Pepton/Trypton

Glycerol

A. dest

24 g

12 g

5 mL

Auf 900 mL auffüllen

Autoklavieren und 100 mL 10 x TB-Salze

hinzufügen

10 x TB-Salze[114] KH2PO4

K2HPO4 x 3 H2O

A. dest

Autoklavieren

23,2 g

164,4 g

Auf 1 L auffüllen

6.8 Puffer

6.8.1 Agarose-Gelelektrophorese

50 x TAE-Puffer,

pH 8,0

Tris

Essigsäure

0,5 M EDTA

A. dest

242 g

57,1 mL

100 mL

Auf 1 L auffüllen

pH mit Essigsäure oder NaOH einstellen

6x DNA-Auftrage-

Puffer

Bromphenolblau

Glycerol

10 x TAE-Puffer

250 mg

300 µL

Auf 1 mL auffüllen

6.8.2 Herstellung chemisch kompetenter E. coli Zellen[115]

TfB1-Puffer CH3COOK

KCl

CaCl2

Glycerol

A. dest

Autoklavieren

1,47 g

3,73 g

0,55 g

65 mL

Auf 500 mL auffüllen

TfB2-Puffer KCl

CaCl2

3-(N-Morpholino)-

propansulfonsäure (MOPS)

Glycerol

A. dest

Autoklavieren

0,37 g

5,55 g

1,05 g

65 mL

Auf 500 mL auffüllen

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6. Material und Methoden

67

1 M MgCl2-

Lösung

MgCl2 x 4 H2O

A. dest

Steril filtrieren

4,76 g

Auf 50 mL auffüllen

6.8.3 Zell- und Protein-Puffer

50 mM

Natriumphosphat-

Puffer, pH 7,5

Na2HPO4 x 12 H2O

NaH2PO4 x H2O

A. dest

14,49 g

1,31 g

Auf 1 L auffüllen

(NaPP) pH mit HCl oder NaOH einstellen

50 mM HEPES-

Puffer, pH 8

2-(4-(2-Hydroxyethyl)-1-

piperazinyl)ethansulfonsäure

(HEPES)

A. dest

pH mit HCl oder NaOH einstellen

11,9 g

Auf 1 L auffüllen

100 mM CHES-

Puffer, pH 10

2-

(Cyclohexylamino)ethansulfonsäure

(CHES)

A. dest

pH mit HCl oder NaOH einstellen

10,36 g

Auf 1 L auffüllen

1 M

Ammoniumformiat-

Puffer, pH 8,5

NH4(HCOO)

A. dest

pH mit NH3 einstellen

63 g

Auf 1 L auffüllen

6.8.4 Proteinreinigung

6.8.4.1 HisSelect®-Filter-Platten

Equilibrierungspuffer:

50 mM

Natriumphosphat-

Puffer, pH 8, 0,3 M

NaCl

Na2HPO4 x 12 H2O

NaH2PO4 x H2O

NaCl

A. dest

14,49 g

1,31 g

17,52 g

Auf 1 L auffüllen

Waschpuffer: 50 mM

Natriumphosphat-

Puffer, pH 8, 0,3 M

NaCl, 5 mM Imidazol

Na2HPO4 x 12 H2O

NaH2PO4 x H2O

NaCl

Imidazol

A. dest

14,49 g

1,31 g

17,52 g

0,34 g

Auf 1 L auffüllen

Elutionspuffer: 50

mM

Natriumphosphat-

Puffer, pH 8, 0,3 M

NaCl, 250 mM

Imidazol

Na2HPO4 x 12 H2O

NaH2PO4 x H2O

NaCl

Imidazol

A. dest

14,49 g

1,31 g

17,52 g

17 g

Auf 1 L auffüllen

pH jeweils mit HCl oder NaOH einstellen

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6. Material und Methoden

68

6.8.4.2 ÄKTA

ATAs

Waschpuffer: 100 mM

Natriumphosphat-

Puffer, pH 7,4, 0,3 M

NaCl, 15 mM Imidazol

Na2HPO4 x 12 H2O

NaH2PO4 x H2O

NaCl

Imidazol

A. dest

23,5 g

4,75 g

17,52 g

1,02 g

Auf 1 L auffüllen

Elutionspuffer:

100 mM

Natriumphosphat-

Puffer, pH 7,4, 0,3 M

NaCl, 0,3 M Imidazol

Na2HPO4 x 12 H2O

NaH2PO4 x H2O

NaCl

Imidazol

A. dest

23,5 g

4,75 g

17,52 g

20,4 g

Auf 1 L auffüllen

AmDHs

Waschpuffer: 20 mM

Natriumphosphat-

Puffer, pH 7,4, 0,3 M

NaCl, 15 mM Imidazol

Na2HPO4 x 12 H2O

NaH2PO4 x H2O

NaCl

Imidazol

A. dest

11,75 g

0,95 g

17,52 g

1,02 g

Auf 1 L auffüllen

Elutionspuffer: 20 mM

Natriumphosphat-

Puffer, pH 7,4, 0,3 M

NaCl, 0,3 M Imidazol

Na2HPO4 x 12 H2O

NaH2PO4 x H2O

NaCl

Imidazol

A. dest

11,75 g

0,95 g

17,52 g

20,4 g

Auf 1 L auffüllen

pH jeweils mit HCl oder NaOH einstellen

6.8.5 SDS-PAGE-Lösungen und -Puffer[116]

10 x SDS-

Laufpuffer

Tris

Glycin

SDS

A. dest

30,3 g

144 g

10 g

Auf 1 L auffüllen

Probenpuffer 0,5 M upper Tris

10% SDS

0,5 % Bromphenolblau

β-Mercaptoethanol

Glycerol

A. dest

1,25 mL

2 mL

0,2 mL

0,5 mL

2,5 mL

3,35 mL

Upper Tris (0,5 M

Tris-HCl, pH 6,8)

Tris

SDS

A. dest

6 g

0,1 g

Auf 100 mL auffüllen

pH mit HCl oder NaOH einstellen

Lower Tris (1,5 M

Tris-HCl, pH 8,8)

Tris

SDS

A. dest

18,2 g

0,1 g

Auf 100 mL auffüllen

pH mit HCl oder NaOH einstellen

APS-Lösung Ammoniumpersulfat 10% (w/v) in A. dest

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6. Material und Methoden

69

Acrylamid-Lösung

(Roth)

Acrylamid

Bisacrylamid

A. dest

30%

0,8%

Coomassie brilliant

blue

Coomassie Brilliant Blue R250

Eisessig

Ethanol

A. dest

1 g

100 mL

300 mL

600 mL

Entfärber Eisessig

Ethanol

A. dest

100 mL

300 mL

600 mL

6.8.6 Assay Lösungen

Acetophenon-Assay Aminodonor (α-MBA/α-EBA)

Aminoakzeptor (Na-

Pyruvat/Aldehydsubstrat 1-3)

DMSO

In 50 mM HEPES, pH 8

2,5 mM

1 mM

1,9% (v/v)

Biokatalysen in 96-

Well-Platten,

Desaminierungs-

reaktion

Aminodonor (rac-

Pregabalin/rac-Baclofen)

Aminoakzeptor (Pyruvat)

Gereinigtes Enzym

4 mM

2 mM

100 µL, 0,05-0,2 mg

Enzym

In 50 mM HEPES, pH 8, 0,1 mM PLP; Gesamt-

volumen 200 µL

Biokatalysen in Glas-

Vials,

Aminierungsreaktion

Aminodonor (L-Alanin)

Aminoakzeptor

(Aldehydsubstrat 1-3)

Gereinigtes Enzym/Zelllysat

250 mM

20 mM

200 µL, ca. 0,8 mg

Enzym

In 50 mM HEPES, pH 8, 0,1 mM PLP oder 100 mM

CHES, pH 9-11, 0,1 mM PLP; Gesamtvolumen 700 µL

Biokatalysen AmDHs Aldehydsubstrat 1-3

DMSO

NAD+

Formiatdehydrogenase

Gereinigte AmDH

20 mM

10% (v/v)

1 mM

1, 25 U

200 µL, ca.

0,2-0,6 mg Enzym

In 1M Ammoniumformiatpuffer, pH 8,5, Gesamt-

volumen 700 µL

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6. Material und Methoden

70

6.9 Software

Zur Betrachtung von Gensequenzen und die Bearbeitung von Primern wurde das Programm

GeneiousPro verwendet (Biomatters Ltd., Auckland, Neuseeland). Für Docking- und

Modelling-Experimente wurde YASARA (YASARA Biosciences GmbH, Wien, Österreich)

verwendet, zum Betrachten und Vergleichen der damit erstellten Strukturen wurde zusätzlich

PyMol (DeLano Scientific LLC Schrödinger, New York, USA) verwendet. Mit Hilfe des

ACD/NMR Processor (Advanced Chemistry Development Inc., Ontario, Knanada) wurden

NMR-Spektren bearbeitet und ausgewertet.

6.10 Methoden

6.10.1 Mikrobiologische und molekularbiologische Methoden

6.10.1.1 Stammhaltung

Zur längeren Aufbewahrung der E. coli-Stämme wurden Glycerinkulturen angefertigt. Dazu

wurden Übernachtkulturen mit sterilem Glycerin (80% v/v in A. dest, Endkonzentration in der

Glycerinkultur 36% v/v) vermischt und bei -80°C gelagert. Alle Stämme wurden außerdem auf

entsprechenden LB-Agarplatten (Kanamycin 50 mg/L bzw. Ampicillin 100 mg/L)

ausgestrichen, bei 4°C aufbewahrt und alle 6-8 Wochen auf frische Platten überimpft.

6.10.1.2 Herstellung chemisch kompetenter Zellen

Die Herstellung chemisch kompetenter E. coli-Zellen erfolgte nach der TfB-Methode[117]. Dafür

wurden 100 mL LB-Medium mit E. coli Zellen aus einer Übernachtkultur (5 mL) inokuliert. Die

Zellen wurden bei 37°C und 200 rpm inkubiert bis eine OD600 von 0,4 - 0,5 erreicht war. Die

Kultur wurde dann 15 min, bei 4000 g und 4°C zentrifugiert. Der Überstand wurde verworfen,

das Pellet wurde in 30 mL Tfb1 und 3,2 mL 1 M MgCl2 resuspendiert und für 15 min auf Eis

inkubiert. Anschließend wurde für 10 min, bei 4°C und 4000 g zentrifugiert. Der Überstand

wurde verworfen, das Pellet wurde mit 4 mL Tfb2 resuspendiert und für 15 min auf Eis

inkubiert. Die Lösung wurde zu je 50 µL aliquotiert und mit Flüssigstickstoff schockgefroren.

Die kompetenten Zellen wurden bis zur Verwendung bei - 80°C gelagert.

6.10.1.3 Transformation

Zu 50 µL chemisch kompetenten Zellen wurde 2 µL Plasmid-DNA-Lösung gegeben und 30 min

auf Eis inkubiert. Nach einem Hitzeschock für 45 s bei 42°C wurden die Zellen erneut für 2 min

auf Eis gekühlt und mit 250 µL LB-SOC (hergestellt aus LB-Medium und 10 x SOC-Lösung)

versetzt. Anschließend wurde für 1 h bei 37°C inkubiert und jeweils 100 µL des Trans-

formationsansatzes wurden zur Selektion auf LB-Agarplatten mit einem entsprechenden

Antibiotikum ausgestrichen und über Nacht bei 37°C inkubiert.

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6. Material und Methoden

71

6.10.1.4 Plasmidisolation

Für die Plasmidisolationen wurde das innuPREP Plasmid Mini Kit von Analytik Jena

verwendet, wobei der Anleitung des Herstellers gefolgt wurde. Die Plasmide wurden

anschließend bei -20°C gelagert.

6.10.1.5 Positionsgerichtete Mutagenese

Für die positionsgerichtete Mutagenese zur Herstellung der Amindehydrogenase CFL2

ausgehend von CFL1 wurde die QuikChange™-Methode verwendet. Dabei wurden Primer,

die den gewünschten Nukleotidaustausch trugen, in einer PCR eingesetzt. Der Ansatz setzte

sich wie folgt zusammen:

Komponente Volumen [µL]

DNA-Matrize 1

Primer fw/rv 1/1

dNTPs 1

Pfu+-DNA-Polymerase

(1:5 vorverdünnt)

0,5

Pfu+-Puffer (10x) 5

A. dest 40

Gesamtvolumen 50

Anschließend wurde das im Folgenden beschriebene Programm durchgeführt:

Schritt Zeit [min:s] Temperatur [°C]

Initiale Denaturierung 01:00 95

Schmelzen 00:45 95

Primer-Anlagerung 00:45 55

Verlängerung 06:25 72

Finale Verlängerung 10:00 72

Die Schritte zwei bis vier wurden in 25 Zyklen wiederholt

Im Anschluss erfolgte ein Verdau durch DpnI, um die methylierte DNA-Matrize zu entfernen.

Dazu wurde 1 µL DpnI zu dem PCR-Ansatz gegeben, dieser für 2 h bei 37°C inkubiert,

anschließend erfolgte eine Hitzeinaktivierung für 20 min bei 80°C. Schließlich erfolgte die

Transformation in chemokompetente E. coli TOP10-Zellen.

6.10.1.6 Agarose-Gelelektrophorese

Für die Agarose-Gelelektrophorese wurde zunächst 1%ige Agarose in TAE-Puffer erhitzt. Zu

30 mL dieser Lösung wurden nun 1,5 µL Roti®-Gelstain von Roth (Karlsruhe, Deutschland)

hinzugefügt und dieses in eine Form gegeben. Nach der Polymerisation wurde das Gel in eine

Elektrophoresekammer mit TAE-Puffer gegeben. Es wurden 3 µL des 1 kbp DNA Ladder von

New England Biolabs (Ipswich, England) aufgetragen. Je 5 µL Probe wurde mit 2 µL Proben-

puffer versetzt und aufgetragen. Anschließend erfolgte die Elektrophorese bei 90 V, 400 mA

und 150 W für 40-50 min. Die DNA wurde mit UV-Licht sichtbar gemacht.

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6. Material und Methoden

72

6.10.1.7 Sequenzierung

Alle Sequenzierungen wurden durch Eurofins MWG Operon (Ebersberg) und GATC Biotech

AG (Konstanz) durchgeführt.

6.10.1.8 Expression von ATAs im 96-Well-Maßstab

Zur Vorbereitung einer Übernachtkultur wurde eine Mikrotiterplatte mit 200 µL LB-Medium pro

Vertiefung und einem entsprechenden Antibiotikum zur Selektion mit Hilfe eines 96-Spitzen-

Replikators aus einer Glycerinkultur beimpft. Diese Vorkultur wurde für ca. 18 h bei 30°C und

600 rpm inkubiert. Für die Expression wurde eine Deep Well Block mit jeweils 1 mL TB-Medium

(mit Antibiotikum versetzt) pro Vertiefung vorbereitet, die anschließen mit jeweils 100 µL aus

der Übernachtkultur inokuliert wurde. Nach einer vierstündigen Inkubation bei 30°C und

600 rpm wurde entweder mit 0,2% Rhamnose (w/v) oder 0,1 mM IPTG induziert. Die

Expression erfolgte für etwa 18 h bei 20°C und 600 rpm. Die Zellen wurden anschließend

mittels Zentrifugation bei 4369 g und 4°C für 40 min geerntet. Die so erhaltenen Pellets

konnten bei Bedarf mit einer semi-permeablen Membran (Thermo Fisher Scientific) versiegelt

und bei -20°C gelagert werden.

6.10.1.9 Expression im 400 mL-Maßstab

Die Expression der im Screening gefundenen ATAs und der zu untersuchenden AmDHs

erfolgte im 400 mL-Maßstab in 2 L-Erlenmeyerkolben mit Schikanen. Dazu wurden 400 mL

LB- (AmDHs) oder TB-Medium (ATAs), die das jeweils zur Selektion benötigte Antibiotikum

enthielten, mit einer Übernachtkultur (5 mL) inokuliert und anschließend für etwa 2,5 h bis zu

einer OD600 ~ 0,8 bei 37°C und 160 rpm inkubiert. Die Induktion der Expression erfolgte mit

einer Endkonzentration von 0,5 mM IPTG, woraufhin die Kulturen für weitere 20 h bei 20°C

und 160 rpm inkubiert wurden. Zur Zellernte wurden die Kulturen für 30 min bei 4°C und 4369 g

zentrifugiert. Die erhaltenen Pellets wurden in je 20 mL 50 mM NaPP pH 7,5 (AmDHs) oder

50 mM HEPES, pH 8, resuspendiert und erneut unter den oben genannten Bedingungen

zentrifugiert.

6.10.1.10 Expression der ATA 3FCR_5M im 1 L- Maßstab (Bioreaktor)

Für Fermentationsexperimente wurden zunächst zwei 5 mL Übernachtkulturen in LB-Medium

(versetzt mit Ampicillin, 100 µg/mL) aus einer Glycerinkultur inokuliert und bei 37°C und

180 rpm inkubiert. Diese wurden dann in zwei 50 mL Vorkulturen in TB-Medium (Amp) in

250 mL Schikanekolben überimpft und bei 30°C bis zu einer optischen Dichte von OD600 ~1

bei 160 rpm geschüttelt. Ein 2 L Bioreaktor wurde bereits tags zuvor mit 900 mL TB-Medium

befüllt, autoklaviert und nach dem Abkühlen mit Ampicillin (100 µg/mL) versetzt. Nach

Erreichen der gewünschten optischen Dichte, wurde die Vorkultur dem vorbereiteten

Bioreaktor zugesetzt. Während des gesamten Experiments, vor und nach der Inokulation und

Induktion wurden folgende Parameter automatisch durch die Fermenter-Software reguliert:

pH 7,5; O2 30%; 30°C; 300-800 rpm. Der Sauerstoffgehalt wurde zuerst über die Rühr-

geschwindigkeit, dann durch die Zufuhr synthetischer Luft gewährleistet. Zur Einstellung des

pH-Wertes wurden 15% Natronlauge (w/v) und 15% Phosphorsäure (v/v) verwendet. Um die

Schaumbildung zu unterdrücken, wurden zu Beginn des Experiments (später nach Bedarf) je

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6. Material und Methoden

73

2 Tropfen Antifoam A Konzentrat (Sigma) zugesetzt. Verlaufsproben konnten durch eine

Probenschleife in zuvor ebenfalls autoklavierte Glasgefäße entnommen werden. Bei einer

OD600 ~ 3 wurde die Expression mit IPTG (0,5 mM) induziert. Als optimale Expressionszeit für

3FCR_5M konnten ca. sieben Stunden festgestellt werden. Die Ernte erfolgte in

Zentrifugenbechern für 1 h bei 4°C und 4369 g. Die Pellets wurden anschließend nochmals

mit 50 mM HEPES, pH 8,0, 0,1 mM PLP gewaschen. Zur weiteren Verwendung wurden die

Pellets in 5 mL Reaktionspuffer (z.B. 100 mM CHES, pH 10, 0,1 mM PLP für Biokatalysen)

pro Gramm Biofeuchtmasse resuspendiert und mittels Ultraschall aufgeschlossen (zweimal

10 min bei 30% Pulsrate und 50% Leistung auf Eis). Verlaufsproben wurden auf 7/OD600

normiert und mittels Fastprep®-Homogenisator aufgeschlossen.

6.10.2 Biochemische Methoden

6.10.2.1 Zellaufschluss

Lysozym

Zum Aufschluss der in Deep-Well-Blöcken kultivierten Zellen wurde jedes Mal ein Lysepuffer

frisch hergestellt. Dafür wurde 50 mM HEPES, pH 8, mit 0,1 mM PLP, 1 mg/mL Lysozym und

1µg/mL DNaseI versetzt. Pro Vertiefung wurden die Pellets in 300 µL Lysepuffer resuspendiert

und anschließend für 1 h bei 30°C und 800 rpm inkubiert. Nach einer 40-minütigen

Zentrifugation bei 4°C und 4369 g wurden jeweils 200 µL des erhaltenen Überstandes zur

weiteren Verwendung in eine frische Mikrotiterplatte transferiert, welche bis zur

Weiterverarbeitung der Lysate bei 4°C gelagert wurde.

FastPrep®-Homogenisator

Der Zellaufschluss im Homogenisator erfolgte in einem Volumen von 0,5 mL des Zielpuffers.

Zu den suspendierten Zellen wurden etwa 200 µL Glaskugeln (0,2 mm Durchmesser)

gegeben. Die Zellen wurden im Homogenisator mit 4 m/s für 30 s homogenisiert und im

Anschluss für 5 min auf Eis gekühlt. Für jede Probe wurde dabei eine Wiederholung

durchgeführt. Nach einer Zentrifugation für 20 min bei 10000 g und 4°C wurde der Überstand

bis auf Weiteres auf Eis gelagert.

Ultraschall

Die Zellpellets wurden in einem auf der Biofeuchtmasse basierten Volumen 100 mM CHES-

Puffer pH 10 bzw. Waschpuffer (zur späteren Reinigung mittels Äkta) resuspendiert

(2-5 mL/g WCW). Anschließend wurde zweimal für 5 min bei 30% Pulsrate und 50% Leistung

auf Eis aufgeschlossen. Zwischen den Wiederholungen ruhten die Proben für mindestens

5 min auf Eis. Anschließend wurde bei 10000 g und 4°C zentrifugiert. Der verbleibende

Überstand wurde filtriert (Filter mit 0,45 μm Porengröße) und auf Eis gelagert.

6.10.2.2 Proteinreinigung

IMAC mit Handsäulen

Nach dem Zellaufschluss durch Ultraschall wurden die Überstände der Zelllysate aus 200 bzw.

400 mL Kultivierungen durch 0,4 µm Sterilfilter filtriert. Pro Säule wurden 4 mL Roti®garose-

His/Co-Beads (Roth) verwendet, die mit jeweils 30 mL Waschpuffer equilibriert wurden. Jede

Säule wurde mit 8-10 mL filtriertem Zellextrakt beladen und für eine Stunde unter leichtem

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6. Material und Methoden

74

Schwenken bei 4°C inkubiert. Nach Ablaufen des Durchflusses wurde die Säule nochmals mit

30 mL Waschpuffer gewaschen. Dann wurde mit insgesamt 12 mL Elutionspuffer eluiert, wobei

jeweils 1 mL-Fraktionen gesammelt wurden, die direkt in einem BCA-Assay verwendet

wurden, um festzustellen, welche Fraktionen den höchsten Proteingehalt und folglich das

gewünschte Protein enthielten. Diese Fraktionen wurden dann zusammengeführt und über

eine PD10-Säule (GE Healthcare) mit Natriumphosphatpuffer (50 mM, pH 7,5) entsalzt.

IMAC an der Äkta

Nach dem Zellaufschluss durch Ultraschall wurden die Überstände der Zelllysate aus 400 mL

Kultivierungen zur Vorbereitung der Injektion in den Äkta-Purifier durch 0,4 µm Steril-Filter

filtriert. Vor dem Auftragen der Probe wurde die 5 mL Ni-NTA Histrap HP-Säule (GE

Healthcare) mit 30 mL Waschpuffer equilibriert. Daraufhin wurden je 8-12 mL des filtrierten

Lysats injiziert. Zunächst wurde die nun beladene Säule mit 20 mL Waschpuffer gewaschen,

woraufhin die Elution mit 20 mL Elutionspuffer erfolgte. Die Flussrate betrug während des

gesamten Programms 3 mL/min. Das Eluat wurde in 1 mL Aliquote fraktioniert. Die Fraktionen,

welche das Zielprotein enthielten, wurden zusammengeführt und anschließend noch zur

Entfernung des Imidazols über PD10-Säulen (GE Healthcare) entsprechend der

Herstellerangaben entsalzt. Zur Equilibrierung und Elution wurde jeweils der für die spätere

Verwendung benötigte Puffer verwendet (50 mM HEPES, pH 8, 0,1 mM PLP oder 100 mM

CHES, pH 10, 0,1 mM PLP).

Proteasen[102]

Für den Verdau durch Proteasen erfolgte der Zellaufschluss mittels Ultraschall in 50 mM Tris-

HCl-Puffer, pH 8, 10 mM CaCl2. Zu 500 μL Zellextrakt wurden 50 μL Tris-HCl-Puffer, 50 μL

Trypsin-Lösung (Endaktivität 147 U/mL laut Herstellerangaben) oder 50 μL Proteinase K-

Lösung (Endaktivität 2 U/mL laut Herstellerangaben) gegeben. Die Proben wurden jeweils für

1 h, 2 h oder 3 h bei 750 rpm und 37°C inkubiert. Anschließend erfolgte ein Abbruch der

Proteolyse durch Zugabe von Phenylmethansulfonylfluoridlösung, bis zu einer

Endkonzentration von 5 mM. Alle Ansätze wurden für 10 min bei 16000 g zentrifugiert, die

Überstande abpipettiert und bis zur Aktivitätsmessung mittels Acetophenon-Assay auf Eis

gelagert.

Hitzefällung

Der Aufschluss durch Ultraschall fand in 50 mM Natriumphosphatpuffer pH 7,5 statt. 2 mL

Zellextrakt wurden für 10 min bei 600 rpm und 50°C, 60°C, 70°C bzw. 80°C inkubiert sowie

anschließend für 20 min bei 16000 g und 4°C zentrifugiert. Es wurden die Überstände

abpipettiert, deren Aktivitäten mittels Acetophenon-Assay bestimmt.

Ammoniumsulfatfällung

Um die benötigte Ammoniumsulfat-Sättigung für eine Fällung des Zielproteins (3FCR_5M) zu

ermitteln, wurde zunächst ein Vorversuch im 1 mL Maßstab durchgeführt. Dafür wurde jeweils

die entsprechende Menge Ammoniumsulfat-Salz vorgelegt, um 30, 40, 50, 60, 70, 80 oder

90% Sättigung zu erreichen. Dem Salz wurde je 1 mL Zelllysat bei 4°C hinzugefügt. Zum Lösen

des Salzes und Fällen der Proteine wurden die Ansätze für 45 min bei 1200 rpm und 4°C

inkubiert. Anschließend erfolgte eine Zentrifugation bei 13300 g und 4°C für 5 min. Die Pellets

wurden daraufhin in 1 mL Puffer (100 mM CHES, 0,1 mM PLP, pH 10) resuspendiert. Um

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6. Material und Methoden

75

festzustellen, welche Fraktion das Zielenzym enthielt, wurde eine photometrische

Aktivitätsbestimmung mittels Acetophenon-Assay durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass

das Enzym bei 50%iger Sättigung gefällt wird, sodass eine fraktionierende Fällung bei 40 und

60% durchgeführt wurde.

Für die fraktionierende Fällung im 10 mL-Maßstab wurden die Pellets wie bereits beschrieben

mittels Ultraschall aufgeschlossen und anschließend filtriert. Dann wurden 10 mL davon bei

4°C unter langsamem Rühren in einem Becherglas im Verlauf von 10 min mit 2,29 g

Ammoniumsulfat (entspricht 40% Sättigung). Das Gemisch wurde weitere 20 min gerührt,

bevor Überstand und Pellte durch Zentrifugation für 30 min bei 8000 g getrennt wurden. Den

10 mL Überstand wurden anschließend wie im ersten Schritt weitere 1,37 g Ammoniumsulfat

hinzugefügt (Erhöhung auf 60% Sättigung), wobei die Lösung anschließend wieder für weitere

20 min unter Rühren inkubiert wurde. Das Pellet wurde durch Zentrifugation für 30 min bei

8000 g abgetrennt und nach Verwerfen des Überstandes langsam in 2,5 mL NaPP

resuspendiert. Dadurch wurde die Lösung konzentriert, um so einen eventuellen

Aktivitätsverlust direkt kompensieren zu können.

6.10.2.3 Dialyse

Zelllysate, hergestellt wie in 6.10.2.1 (Ultraschall) beschrieben, wurden gegen 50 mM HEPES

pH 8 (0,1 mM PLP) dialysiert. Für die Dialyse wurde ein Zellulose-Schlauch (12 kDa MWCO,

Medicell Membranes Ltd) genutzt, der kurz vor dem Befüllen für ca. 10 s in A. dest gekocht

und anschließend im Dialysepuffer gelagert wurde. Die Dialyse wurde 9 h durchgeführt, wobei

der Puffer zweimal erneuert wurde. 1 mL Enzymlösung wurde dabei jeweils gegen 1 L Puffer

dialysiert.

6.10.2.4 Proteingehaltsbestimmung

Der Proteingehalt wurde mit dem BCA-Assay-Kit (Uptima/Interchim, Montluçon, Frankreich)

nach den Angaben des Herstellers bestimmt. Als Standard wurde in HEPES-Puffer gelöstes

BSA verwendet.

6.10.2.5 Polyacrylamid-Gelelektrophorese (SDS-PAGE)[116]

Zur Überprüfung von Reinigungsschritten und zur besseren Bewertung der Expression wurden

Polyacrylamid-Gelelektrophoresen durchgeführt. Wie in der Literatur beschrieben erfolgte die

SDS-Page in einem diskontinuierlichen System. Es wurden 12,5%ige Trenngele und 4%ige

Sammelgele verwendet.

Lösung Trenngel 12,5% Sammelgel 4%

Lower Tris, pH 8,8 2 mL /

Upper Tris, pH 6,8 / 1 mL

Acrylamid-Lösung 3,33 mL 0,53 mL

A. dest 2,67 mL 2,47 mL

APS 40 µL 40 µL

TEMED 4 µL 4 µL

TCE[118] 80 µL 7

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6. Material und Methoden

76

Es wurden jeweils 20 μL Probe mit 10 μL Probenpuffer versetzt und für 10 min bei 95°C

denaturiert. 20 μL Probenmischung und 10 μL des Proteinstandards wurden auf das Gel

aufgetragen. Die Elektrophorese fand bei 200 V und 25-40 mA je Gel für ca. 1 h in einer mit

1x SDS-Laufpuffer gefüllten Elektrophoresekammer statt. Zur Auswertung der Gele wurden

sie zunächst mit Hilfe eines UV-Transilluminators betrachtet, um die TCE-Färbung sichtbar zu

machen[118], und dann über Nacht unter leichtem Schütteln mit Coomassie-Brilliantblau-

Lösung gefärbt: Daraufhin wurden sie mit Entfärber behandelt, bis der Hintergrund wieder

nahezu farblos war und nur noch die Proteinbanden deutlich zu erkennen waren.

6.10.2.6 Biokatalysen mit AmDHs[94]

Zur Charakterisierung der Umsätze und Enantiomerenüberschüsse wurden nach der

photometrischen Aktivitätsbestimmung Biokatalysen im 700 µL-Maßstab durchgeführt. Die

Zusammensetzung der Biokatalysen ist Abschnitt 6.8.6 zu entnehmen. Auch wenn

photometrisch keine Aktivität detektiert werden konnte, wurden alle AmDHs mittels Äkta

gereinigt und in Reaktionen mit jeweils jedem der Aldehydsubstrate eingesetzt. Die

Biokatalysen wurden für 20 h bei 30°C und 600 rpm inkubiert.

6.10.2.7 Biokatalysen mit ATAs

Qualitatives Hochdurchsatz-Screening – 96-Well-Maßstab

Für das Hochdurchsatz-Screening der Amintransaminasen in Richtung der

Desaminierungsreaktion, wurden die Enzyme im 96-Well-Maßstab exprimiert und

anschließend mittles HisSelect®-Filterplatten gereinigt. Die so hergestellten Enzyme wurden

dann in Biokatalysen in Mikrotiterplatten eingesetzt, wobei die Reaktionen jeweils in Duplikaten

durchgeführt wurden. Für beide Modellverbindungen wurde dabei die racemische freie Säure

eingesetzt (rac-Baclofen und rac-Pregabalin). Ein Ansatz für das Screening nach Umsatz von

Baclofen setzte sich aus 100 µL gereinigtem Enzym, 2 mM Natriumpyruvat und 4 mM rac-

Baclofen in 100 µL 50 mM HEPES, pH 8,0, 0,1 mM PLP zusammen. Für Pregabalin wurden

20 µL gereinigtes Enzym mit 4 mM Natriumpyruvat und 4 mM rac-Pregabalin in 180 µL HEPES

verwendet. Die Ansätze wurden bei 30°C und 600 rpm für 24 h inkubiert. Die qualitative

Analyse erfolgte anschließend mit Hilfe einer Dünnschichtchromatographie.

Quantifizierung von Umsatz und Enantiomerenüberschuss – 700 µL-Maßstab

Zur weiteren Charakterisierung der im Screening gefundenen ATAs wurden Biokatalysen im

größeren Maßstab durchgeführt. Dafür wurden folgende Ansätze verwendet:

Komponente Konzentration

L-Alanin 100-500 mM

Aminoakzeptor 10-60 mM

DMSO 10-30% (v/v)

ATA 0,8 mg bzw. 62 mU (s. 6.10.3.1)

gereinigtes Enzym oder 200 µL Zelllysat

Gesamtvolumen 700 µL

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6. Material und Methoden

77

Je nach den zu untersuchenden Reaktionsbedingungen wurden die Substratkonzentration

und der DMSO-Gehalt variiert. Zur Bestimmung des pH-Werts wurden verschiedene

Reaktionspuffer getestet: 50 mM HEPES, 0,1 mM PLP (pH 7-8) und 100 mM CHES, 0,1 mM

PLP (pH 9-11). Als Aminodonoren wurden zudem Isopropylamin (0,1-1 M) und α-(S)-

Phenylethylamin (100-500 mM) untersucht. Außerdem wurden Reaktionstemperaturen

zwischen 20-37°C analysiert. Für eine mögliche Gleichgewichtsverschiebung wurde das

LDH/GDH-System in Betracht gezogen. Dafür wurden einer Reaktion in 50 mM HEPES,

0,1 mM PLP, pH 8, noch zusätzlich 150 mM D-Glucose, 1 mM NADH sowie 90 U/mL LDH und

15 U/mL GDH hinzugefügt. Die Biokatalyse wurde dann bei 30°C durchgeführt.

Alle Reaktionen wurden in Glassvials durchgeführt und für 20 h bei 900 rpm inkubiert.

6.10.3 Analytische Methoden

6.10.3.1 Acetophenon-Assay[85]

Zur photometrischen Bestimmung der Enzymaktivität der Amintransaminasen wurde ein

Acetophenon-Assay durchgeführt. Dafür wurde eine Lösung wie in 6.8.6 beschrieben

hergestellt. In UV-durchlässigen Mikrotiterplatten wurden pro Vertiefung 190 µL dieser Lösung

mit 10 µL Enzym (gereinigt und entsalzt oder Zelllysat, bei Bedarf entsprechend im

Reaktionspuffer verdünnt) vermischt. Die Messung wurde bei 245 nm, 30°C über 8 min in

Triplikaten durchgeführt. Als Kontrollen wurden Ansätze mit Reaktionspuffer statt

Enzymlösung mitgeführt. Die Berechnung der Aktivität pro mL Enzymlösung erfolgte nach

folgender Formel:

0,2 mL × Absorptionsänderung [ΔAbsmin

]

Ɛ [ΔAbs × mL

µmol] × Probenvolumen [mL]

Als Extinktionskoeffizienten Ɛ wurden für α-MBA 3,6 ΔAbs*mL*min-1 und für α-EBA

4,25 ΔAbs*mL*µmol-1 verwendet.

6.10.3.2 NADH-Assay

Da die Reaktion der Amindehydrogenasen NADH-abhängig ist, konnte deren Aktivität

photometrisch indirekt über den NADH-Verbrauch festgestellt werden. Dabei wurde

angenommen, dass der NADH-Verbrauch äquimolar zur Produktbildung ist. Folgende

Reaktionsansätze wurden verwendet:

Komponente Konzentration/Volumen

NADH 0,25 mM

Aminoakzeptor 1-3 5 mM

NH4Cl 5 mM

Gereinigte AmDH 20 µL

Puffer Auf 200 µL aufgefüllt

Die Messung erfolgte in Mikrotiterplatten bei 340 nm und 30°C. Es wurden jeweils Triplikate

vermessen. Als Kontrollen wurden Ansätze mit Reaktionspuffer statt Enzymlösung mitgeführt.

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6. Material und Methoden

78

Die Berechnung der Aktivität pro mL Enzymlösung erfolgte entsprechend der in 6.10.3.1

dargestellten Formel. Als Exktinktionskoeffizient wurde 3,32 ΔAbs*mL*µmol-1verwendet.

6.10.3.3 Dünnschichtchromatographie

Um die Biokatalysen im 96-Well-Maßstab (Desaminierung) schnell und effizient qualitativ

analysieren zu können, wurde davon eine Dünnschichtchromatographie durchgeführt. Als

mobile Phase wurden n-Butanol, Wasser und Eisessig im Verhältnis 4:1:1 verwendet. Die

Proben konnten direkt und ohne weitere Vorbereitung aus dem Reaktionsansatz entnommen

und mit Hilfe einer Kapillare aufgetragen werden (ca. 0,5 µL). Als Kontrolle wurde auf jeder

Dünnschichtkarte eine Probe mit Alanin und eine mit Pregabalin bzw. Baclofen mitgeführt.

Anschließend wurde mit Ninhydrinlösung gefärbt, wodurch nach Erhitzen Amine, wie

Pregabalin bzw. Baclofen und Alanin detektiert werden konnten.

Für die DC-Analyse der Ausgangsstoffe und Produkte aus der Synthese von 4-Methyl-1-

pentanal wurden Hexan und Dichlormethan im Verhältnis 1:1 als Laufmittel verwendet. Gefärbt

wurde mit Vanillin- oder DNP-Färbelösung (2,4-Dinitrophenylhydrazin), anschließend wurden

die Platten erhitzt.

Nachfolgend sind die Zusammensetzungen für alle verwendeten Färbelösungen aufgeführt:

Ninhydrin-

Färbelösung

Ninhydrin

Eisessig

n-Butanol

1,5 g

0,3 mL

100 mL

Vanillin-

Färbelösung

Vanillin

Ethanol

Konz. H2SO4

6 g

100 mL

1 mL

DNP-Färbelösung

DNP

H2O

Ethanol (95% v/v)

Konz. H2SO4

6 g

40 mL

100 mL

30 mL

6.10.3.4 Kapillarelektrophorese

Biokatalysen, die mit Hilfe der Kapillarelektrophorese analysiert werden sollen, wurden

zunächst 1:1 (v/v) mit eiskaltem Acetonitril (bei -20°C gelagert) versetzt, um die enthaltenen

Proteine zu fällen. Als Elektrolytpuffer wurde 25 mM Triethylammoniumphosphatpuffer

(pH 3,0) versetzt mit 5% (w/v) hochsulfatiertem β-Cyclodextrin, welches zur chiralen

Erkennung und folglich Trennung von Enantiomeren diente, verwendet. Zur Trennung wurde

eine 30 cm lange fused silica Kapillare bei 20 cm effektiver Länge verwendet. Die Analyse

wurde bei reverser Polarität durchgeführt, detektiert wurde mit Hilfe eines UV-Detektors bei

200 nm. Nach der kathodischen Injektion bei 0,5 psi für 3 s, erfolgte die Trennung bei 10 kV

für 15 min.

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6. Material und Methoden

79

6.10.3.5 HPLC

Für die HPLC-Messung zur Analyse von Baclofen wurden 150 μL der Biokatalyse-Ansätze 1:1

mit 5 M HCl versetzt, um sowohl die enthaltenen Proteine zu denaturieren als auch die

Estergruppen durch saure Esterhydrolyse zu entfernen. Die Proben wurden dann für 1,5 h bei

70°C und 900 rpm inkubiert. Nachdem Abkühlen erfolgte eine zehnminütige Zentrifugation bei

13300 g. 150 µL des Überstandes wurden vor der Injektion in die HPLC durch Filterspitzen

filtriert. Injiziert wurden jeweils 10 µL Probe. Als mobile Phase wurde ein Gemisch aus

Isopropanol (HPLC-rein) und 2 mM wässriger CuSO4-Lösung (in MilliQ-Wasser gelöst, filtriert

und 15 min im Ultraschallbad entgast) im Verhältnis 15:85 bei 1 mL/min Flussrate verwendet.

Die Trennung erfolge an einer Chirex 3126 D-Penicillamin- Säule (150 x 4,6 mm,

Phenomenex) für 50 min. Zur Erfassung der Analyten wurde ein UV-Detektor bei 210 nm

verwendet. Alle Proben, auch zur Erfassung einer Kalibrierkurve, wurden auf dieselbe Weise

vorbereitet und jeder Ansatz wurde in Triplikaten untersucht.

Vor der Etablierung der genannten Methode, wurden Experimente zur Derivatisierung mit OPA

und Dansylchlorid durchgeführt. Die verwendeten Protokolle werden im Folgenden

beschrieben.

OPA-Derivatisierung

Zur Derivatisierung wurden die zu untersuchende Lösung mit Natronlauge auf einen pH-Wert

von 10 eingestellt und 1:1 mit dem OPA-Reagenz versetzt (16 mg OPA, 4 µL β-

Mercaptoethanol, 1 mL Methanol). Die Derivatisierung erfolgte bei 30°C für 30 min und

700 rpm. Die Trennung erfolgte an der Säule Chiracel OD-RH mit einem Fluss von 0,8 mL/min

bei 30°C mit einer Mischung von Acetonitril (0,01% TFA) und saurem Wasser (0,01% TFA) im

Verhältnis 25:75 als Laufmittel bei einer Wellenlänge von 338 nm.

Dansylchlorid-Derivatisierung

Der pH der Proben wurde mit Natronlauge auf 9 eingestellt und 1:3 mit der Dansylchloridlosung

(1,5 mg/mL in Acetonitril) versetzt. Die Inkubation erfolgte im Dunkeln über 45 min bei 22°C

und 800 rpm. Die Trennung an der HPLC wurde bei einem Fluss von 0,4 mL/min in einem

Laufmittel aus ACN:H2O(mit 0,1% TFA) im Verhältnis 30:70 an der Säule Chiracel OD-RH

durchgeführt. Die Detektion erfolgte bei 254 nm.

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6. Material und Methoden

80

6.10.3.6 GC/GC-MS

Es wurde jeweils 1 μL Probe in die GC injiziert. Als Trägergas diente Stickstoff (GC) bzw.

Helium (GC-MS).

Analyt ECF-Derivat von

Pregabalin

3-(4-Chlorophenyl)-4-oxo-buttersäure-tert-

butylester

4-Methyl-1- pentanal

Gerät GC GC GC-MS

Säule Hydrodex β-3P CP-Chirasil-Dex CB BPX-5

Methode T [°C]

Rate [°C/min]

t [min] T

[°C] Rate

[°C/min] t [min]

T [°C]

Rate [°C/min]

t [min]

120 - 30 120 - 10 65 - 10

160 1 - 140 10 2 300 10 15

200 10 3 200 2 5

Pressure 86,6 kPa 61,5 kPa 38,3 kPa

Total Flow 39,8 mL/min 26,8 mL/min 13, 2 mL/min

Column Flow

2 mL/min 1,3 mL/min 0,93 mL/min

Linear Velocity

61,1 cm/s 43,9 cm/s 38,5 cm/s

Purge Flow 3 mL/min 3 mL/min 3 mL/min

Split ratio

17,4 17,4 10

Ion source Temp.

250°C

Interface Temp.

310°C

Solvent cut 3 min

Scan 33-600 m/z

Scan speed 1250

Probenvorbereitung Pregabalin[80]

Um das in den Biokatalysen entstandene Pregabalin extrahieren und mittels GC analysieren

zu können, wurde eine Derivatisierung mit Ethylchloroformiat (ECF) durchgeführt (s. Abb. 24).

Dafür wurden 100 µL Probe mit 30 µL 0,1 M HCl gemischt. Dazu wurden 40 µL eines Ethanol-

Pyridin-Gemisches (Verhältnis Ethanol:Pyridin 4:1) und 10 µL ECF gegeben und die Lösung

wurde 30 s gevortext. Daraufhin wurden 100 µL mit 1% ECF (v/v) versetztes Chloroform

hinzugefügt und wiederum 30 s gevortext. Nach einer Zentrifugation für 1 min bei 13300 g

wurde die wässrige Phase verworfen und das Lösungsmittel der organischen Phase mit

Stickstoff evaporiert. Die Probe wurde wieder in 200 µL Chloroform aufgenommen und konnte

dann in die GC injiziert werden.

Probenvorbereitung 3-(4-Chlorophenyl)-4-oxo-buttersäure-tert-butylester

100 µL Probe wurden zweimal mit 100 µL Chloroform extrahiert (30 s vortexen, 1 min

Zentrifugation bei 13300 g). Die organische Phase wurde anschließend mit wasserfreiem

Natriumsulfat getrocknet. Nachdem dieses Gemisch für 1 min bei 13300 g zentrifugiert wurde,

konnte der Überstand für die GC-Analytik verwendet werden.

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6. Material und Methoden

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6.10.4 Immobilisierung an EziG™-Trägermaterialien[103]

250 mg der Trägermaterialien EziG 1™ (LCAA CPG), EziG 2™ (HybCPG VBC) und EziG 3™

(HybCPG copo) wurden mit 5 mL 50 mM HEPES pH 8 (0,1 mM PLP) fünfmal gewaschen.

Nach dem Ultraschall-Aufschluss in 50 mM HEPES-Puffer pH 8 (0,1 mM PLP) wurden je 5 mL

Zelllysat 20 h bei 4°C unter Verwendung eines Orbitalschüttlers mit den Trägermaterialien

inkubiert. Anschließend wurde für 10 min bei 4500 rpm und 4°C zentrifugiert und die Aktivität

der Überstände mit Hilfe des Acetophenon-Assays bestimmt. Nach dem Verwerfen der

Überstände wurden die Trägermaterialien dreimal mit 50 mM HEPES pH 8 (0,1 mM PLP)

gewaschen und direkt in Biokatalysen eingesetzt.

6.10.6 Chemische Methoden

6.10.6.1 Synthese von 4-Methyl-1-pentanal[76]

4-Methyl-1-pentanal sollte ausgehend von 4-Methyl-1-pentanol synthetisiert werden. Der

entstehende Aldehyd wurde als Ausgangsstoff für weitere Synthesen benötigt. Dafür wurden

unter Stickstoff-Atmosphäre, die mit Hilfe einer Schlenk-Apparatur erzeugt wurde, 6,1 mL 4-

Methylpentanol in 150 mL wasserfreiem Dichlormethan gelöst. Bei 0°C wurden 15,8 g

Pyridiniumchlorochromat (PCC) langsam hinzugefügt. Die Reaktion wurde für ca. 2 Stunden

bei 0°C gerührt. Das entstandene Rohprodukt, welches eine zähflüssige Konsistenz und

schwarze Farbe aufwies, wurde anschließend durch Celite® filtriert, um den Katalysator zu

entfernen. Gewaschen wurde mit wasserfreiem Dichlormethan. Nach der Filtration lag eine

schwach gelbe Flüssigkeit vor. Das Lösungsmittel wurde abrotiert. Anschließend erfolgte die

Analytik des Gemisches mittels 1H-NMR, GC-MS und DC. Zur Reinigung des Produkts wurde

eine Fällung mit Natriumhydrogensulfit (ca. 39 % in H2O) vorgenommen.

Dabei entsteht mit den meisten Aldehyden ein Sulfit-Addukt, welches zwar in Wasser, aber

nicht in unpolaren Lösungsmitteln löslich ist. Zuerst wurde in kleinem Maßstab untersucht, ob

sich ein festes Addukt bildet. Nachdem dies verifiziert war, wurde das Sulfit vom übrigen

Reaktionsgemisch über Filtration getrennt, mit Diethylether gewaschen und getrocknet. Es

wurde etwa 1 g des Sulfit-Addukts erhalten, was ca. 15% Ausbeute (bezogen auf den reinen

Aldehyd) entsprechen würde. Dieses wurde mit Hilfe von verdünnter Schwefelsäure wieder in

den Aldehyd überführt.

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6. Material und Methoden

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7. Literatur

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Eigenständigkeitserklärung

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Eigenständigkeitserklärung

Hiermit erkläre ich, dass diese Arbeit bisher von mir weder an der Mathematisch-

Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Greifswald noch einer anderen

wissenschaftlichen Einrichtung zum Zwecke der Promotion eingereicht wurde. Ferner erkläre

ich, dass ich diese Arbeit selbständig verfasst und keine anderen als die darin angegebenen

Hilfsmittel und Hilfen benutzt und keine Textabschnitte eines Dritten ohne Kennzeichnung

übernommen habe.

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Eigenständigkeitserklärung

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Danksagung

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Danksagung

Mein größter Dank gilt Dr. Matthias Höhne, der mir dieses spannende und herausfordernde

Thema zur Verfügung gestellt hat und mir somit eine tolle Möglichkeit geboten hat, mich

sowohl fachlich als auch persönlich weiterzuentwickeln. Ich möchte dir nicht nur für deinen

wissenschaftlichen Rat, sondern auch die persönliche Betreuung sowie für deine unermüdlich

positive und motivierende Art danken.

Bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) bedanke ich mich für die Finanzierung des

Projekts, die mir diese Doktorarbeit erst ermöglicht hat.

Großer Dank geht auch an unsere Kooperationspartner von der Herbrand PharmaChemicals

GmbH, Dr. Martin Erhardt und Dr. Torsten Sehl sowie Dr. Ulf Menyes und Philipp Süss von

der Enzymicals AG. Ohne die zahlreichen konstruktiven Besprechungen und unterhaltsamen

Projekttreffen wäre die Arbeit nicht dieselbe gewesen. Prof. Dr. Andreas Bommarius danke ich

für die Bereitstellung der Amindehydrogenasen.

Prof. Dr. Uwe T. Bornscheuer möchte für die Möglichkeit, die Laborräume und -geräte mit zu

nutzen danken sowie für das hilfreiche Feedback im Rahmen der Gruppenseminare.

Ganz allgemein möchte ich den Arbeitskreisen Höhne und Bornscheuer für die angenehme

Arbeitsatmosphäre, die gegenseitige Unterstützung und die schöne Zeit auch außerhalb des

Labors danken (Ja, liebe Freunde aus der Kaffeeküche, ihr dürft euch angesprochen fühlen).

Dominique, Frau Großmann und Angelika: Danke, dass ihr für einen reibungslosen Ablauf im

Labor sorgt. Meinen Bachelorstudenten Stefan, Iris und meinem Hiwi Basti möchte ich für die

Unterstützung während meiner Arbeit danken. Ich konnte durch die Betreuung eurer Arbeiten

viele Erfahrungen sammeln und hoffe, dass ihr noch mehr dabei gelernt habt als ich. Dr. Maika

Genz, Dr. Lilly Skalden, Dr. Ioannis Pavlidis, Dr. Alberto Nobili, Dr. Hannes Kohls und Dr.

Martin Weiß möchte ich besonders für ihre Hilfe bei meinem Einstieg in die Welt der

Transaminasen danken. Nicht vergessen möchte Nina und Nettie, die mir während meiner

Bachelor- und Mastarbeit alle nötigen Grundlagen an die Hand gegeben haben. Vielen Dank

dafür!

Vishnu, I want to thank you for plenty of funny moments in our office as well as for your patience

and support when helping me to operate the fermenter.

Liebe Ina, gefühlt die Hälfte meiner Doktorarbeit habe ich in deinem Labor zugebracht und

ohne deine Hilfe wäre es sicher noch viel länger gewesen. Vielen Dank auch für die moralische

Unterstützung und die vielen persönlichen Gespräche.

Isabel, thank you for your friendship, support and advice in and outside of the lab. Thanks for

being the wonderful nerdy person you are.

Thomas, ohne dich und unsere legendären Ausflüge ins Küstenkind und zu Edeka wäre ich

vermutlich komplett an meinem Schreibtisch versumpft. Vielen Dank für das Korrekturlesen,

für all die lustigen Momente und dein offenes Ohr für mich bei leckerem Kuchen.

Dir, Ayad, möchte ich für all die tiefgründig durchgequatschen Nächte, die horizonterweiternde

Filmauswahl, guten Schuhgeschmack und die lustigen SMS danken. Außerdem bin und bleibe

ich die Nummer Eins. Und das ist alles, was ich darüber sagen kann.

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Danksagung

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Liebe Katja, wir haben schon das ganze Studium zusammengehalten und nun auch diesen

Schritt beide so gut wie geschafft. Ich danke dir für deine Freundschaft, tolle Büro-

Nachbarschaft, therapeutisches Flummi-Spielen, Fasching, Feiern, Filmabende und den

unermüdlichen Enthusiasmus, wenn es darum ging, mich unter Menschen zu bringen.

Lisa, was bin ich froh, dass du mich damals zum Sport geschleppt hat und uns das so

zusammengeschweißt hat. Das gibt bestimmt Karma-Pluspunkte für dich. Was hätte ich nur

gemacht, wenn du nicht immer ein paar motivierende Worte und genug Geduld für meine

Sorgen aufgebracht hättest? Vielen Dank für deine Freundschaft.

Natürlich möchte ich auch die ehemaligen Gruppenmitglieder, meine Kommilitonen und

Freunde nicht vergessen. Martin und Claudi, Sten und Christin, liebe Vivien, liebe Mini: ich bin

wirklich froh, dass ich euch meine Freunde nennen darf, selbst nachdem ihr mich auch in

schwierigen Phasen ertragen musstet. Ihr konntet mich immer zum Lachen bringen und mir

helfen, neue Kraft zu schöpfen. Noch ein extra Dankeschön geht an Mini für ihre Korrekturen

und Verbesserungsvorschläge.

Von ganzem Herzen möchte ich mich bei meiner Familie, besonders meinen Eltern und

Großeltern bedanken, die mich immer ermutigt und in allen erdenklichen Arten und Weisen

unterstützt haben. Vielen Dank, dass ich mich immer auf euch verlassen kann!