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Juristische Reihe TENEA/ Bd. 82

TENEA

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Tenea (‘η Τενεα), Dorf im Gebiet von Korinthan einem der Wege in die → Argolis, etwas s. desh. Chiliomodi. Sehr geringe Reste. Kult des Apol-lon Teneates. T. galt im Alt. sprichwörtl. als glück-lich, wohl wegen der Kleinheit […]Aus: K. Ziegler, W. Sontheimer u. H. Gärtner(eds.): Der Kleine Pauly. Lexikon der Antike.Bd. 5, Sp. 585. München (Deutscher Taschen-buch Verlag), 1979.

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FRANK BUCHHOLD

Business to BusinessInternet-Marktplätze im Blickpunkt

des europäischen und deutschen Kartellrechts

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Frank Buchhold:

Business to Business.Internet-Marktplätze im Blickpunkt des europäischen und deutschen Kartellrechts.(Juristische Reihe TENEA/www.jurawelt.com; Bd. 82)

Zugleich Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt am MainDissertation 2004

© TENEA Verlag für MedienBerlin 2004

Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved.Digitaldruck und Bindung:

Bookstation GmbH · 78244 GottmadingenUmschlaggestaltung: nach Roland Angst, München

TENEA-Graphik: Walter Raabe, BerlinPrinted in Germany 2004

ISBN 3-86504-106-X

Gedruckt auf holzfreiem, säurefreiem,alterungsbeständigem Papier

D 30

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Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde an der Juristischen Fakultät der Johann Wolfgang

Goethe Universität Frankfurt am Main im Sommersemester 2004 als

Dissertation angenommen. Die Änderungen durch die EG-Kartellverfahrensver-

ordnung Nr. 1/2003 und die neue EG-Fusionskontrollverordnung sowie die bis

September 2004 neu erschienene Literatur wurden eingearbeitet.

Mein herzlicher Dank gilt all denen, die zum Entstehen der Arbeit beigetragen

und mich unterstützt haben. An erster Stelle möchte ich meinem Doktorvater

Herrn Prof. Dr. Theodor Baums für die Betreuung des Promotionsvorhabens

danken und für die wissenschaftliche Freiheit, die er mir gewährt hat. Herrn

Prof. Dr. Eckard Rehbinder danke ich vielmals für die äußerst zügige Erstellung

des Zweitgutachtens.

Dafür, dass sie die Mühen des Korrekturlesens auf sich genommen haben und

für ihre zahlreichen Anregungen, danke ich Frau Miriam Dress, Frau Dr.

Yvonne Kerth sowie Frau Maria Anstötz, LL.M. (Eur.).

Dank schulde ich schließlich meinen Eltern und meiner Verlobten Andrea für

den fortwährenden Zuspruch und die großartige Unterstützung in allen

denkbaren Belangen. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet.

Mainz, im Oktober 2004 Frank Buchhold

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Inhaltsübersicht

Einleitung und Gang der Untersuchung......................................................................... 23 1. Kapitel Technologische und ökonomische Grundlagen elektronischer B2B-

Marktplätze .............................................................................................................. 26 1. Teil Entstehung, Funktionsweise und wirtschaftliche Bedeutung............................. 27 A. Begriffsbestimmung: B2B-Internetmarktplatz ....................................................... 27 B. EDI als Vorläufertechnologie internetgestützter B2B-Marktplätze........................ 28 C. Aufkommen von B2B-Internetmarktplätzen .......................................................... 30 D. Technische Funktionsweise der B2B-Internetmarktplätze ..................................... 31 E. Wirtschaftliche Bedeutung der B2B-Internetmarktplätze ....................................... 33

2. Teil Marktplatztypen und Systematisierungskriterien .............................................. 36 A. Grundsätzliches ....................................................................................................... 36 B. Unterscheidung nach dem verwendeten Transaktionsmechanismus ...................... 36 C. Unterscheidung nach den angebotenen (Zusatz-) Leistungen................................. 41 D. Unterscheidung nach der Betreiberstruktur ........................................................... 42 E. Unterscheidung nach dem Einnahmenmodell ........................................................ 43 F. Unterscheidung nach der Integrationsrichtung ........................................................ 44 G. Unterscheidung nach der Integrationstiefe.............................................................. 44

3. Teil Wirtschaftliche Anreize für die Nutzung von B2B-Internetmarktplätzen ......... 46 A. Kostensenkung ....................................................................................................... 46 B. Strategisches Geschäftsbeziehungsmanagement..................................................... 49 C. Erschließung neuer Märkte ..................................................................................... 50

2. Kapitel Grundfragen der kartellrechtlichen Untersuchung von B2B-

Internetmarktplätzen.................................................................................................. 52 1. Teil Erste Reaktionen der Kartellbehörden .............................................................. 53 A. Einschätzung der Federal Trade Commission......................................................... 53 B. Einschätzung der EG-Kommission ......................................................................... 54 C. Einschätzung des Bundeskartellamts ...................................................................... 56 D. Einschätzung des Office of Fair Trading ................................................................ 56 E. Einschätzung der Australian Competition and Comsumer Commission ................ 57

2. Teil Rechtlicher Rahmen für die Beurteilung nach deutschem und europäischem

Kartellrecht ................................................................................................................ 58 A. Allgemeines ............................................................................................................ 58 B. Fusionskontrolle ..................................................................................................... 59 C. Kartellaufsicht ......................................................................................................... 71 D. Missbrauchsaufsicht ................................................................................................ 76

3. Teil Fragen der Marktabgrenzung ............................................................................. 79

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A. Problemstellung....................................................................................................... 79 B. Fragen der sachlichen Marktabgrenzung im Zusammenhang mit B2B-

Internetmarkplätzen ................................................................................................. 80 C. Fragen der geographischen Marktabgrenzung im Zusammenhang mit B2B-

Internetmarktplätzen .............................................................................................. 103 4.Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse des Marktes für B2B-

Internetmarktplätze ............................................................................................... 109 A. Fragestellungen im Zusammenhang mit der Marktanteilsbestimmung................ 109 B. In die kartellrechtliche Analyse einzubeziehende Eigenheiten des Marktes für

B2B-Internetmarkplätze ........................................................................................ 114 C. Berücksichtigung der Doppelrolle von Marktplatzeignern bei nutzerbetriebenen

B2B-Internetmarktplätzen ..................................................................................... 133 3. Kapitel Kartellrechtliche Untersuchung der einzelnen Marktplatztypen ................ 141 1.Teil Einführung......................................................................................................... 142 2. Teil Branchenmarktplätze........................................................................................ 144 A. Allgemeines........................................................................................................... 144 B. Austausch von Marktinformationen...................................................................... 148 C. Gemeinsamer Einkauf mit Hilfe von Branchenmarktplätzen ............................... 181 D. Gemeinsamer Verkauf mit Hilfe von Branchenmarktplätzen............................... 200 E. Zugangsverweigerung und Auferlegung nachteiliger Zugangsbedingungen........ 204 F. Auferlegung von Ausschließlichkeitsbindungen für die Marktplatznutzung........ 240 G. Entwicklung und Verwendung technischer Standards.......................................... 255 H. Ansätze zur materiellen Beurteilung von Branchenmarktplätzen in der

Fusionskontrolle .................................................................................................... 264 3. Teil Neutrale Marktplätze ........................................................................................ 269 A. Allgemeines........................................................................................................... 269 B. Verantwortlichkeit des Plattformbetreibers für Kartellrechtsverstöße der Nutzer 272 C. Austausch von Marktinformationen...................................................................... 279 D. Einkaufs- und Verkaufskooperationen.................................................................. 282 E. Zugangsverweigerung und Auferlegung nachteiliger Zugangsbedingungen........ 283 F. Auferlegung von Ausschließlichkeitsbindungen für die Marktplatznutzung........ 285 G. Entwicklung und Verwendung technischer Standards.......................................... 287 H. Ansätze zur materiellen Beurteilung von neutralen Internetmarktplätzen in der

Fusionskontrolle..................................................................................................... 289 4. Teil Private Markplätze............................................................................................ 291 A. Allgemeines........................................................................................................... 291 B. Austausch von Marktinformationen...................................................................... 294 C. Einkaufs- und Verkaufskooperationen.................................................................. 295 D. Zugangsverweigerung und Auferlegung nachteiliger Zugangsbedingungen ....... 295 E. Auferlegung von Ausschließlichkeitsbindungen für die Marktplatznutzung........ 297 F. Entwicklung und Verwendung technischer Standards .......................................... 297

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4. Kapitel Rechtstatsächliche Aspekte......................................................................... 300 1. Teil Technische und organisatorische Vorkehrungen für B2B-Internetmarktplätze

zur Verhinderung von Kartellrechtsverstößen ........................................................ 301 A. Notwendigkeit technischer und organisatorischer Sicherungen ........................... 301 B. Vorkehrungen zur Verhinderung unzulässigen Informationsaustausches ............ 301 C. Ausgestaltung der Nutzerverhältnisse ................................................................... 306 D. Gemeinsamer Einkauf und Verkauf...................................................................... 309 E. Festlegung und Nutzung technischer Standards.................................................... 309

2. Teil Herausforderungen hinsichtlich der Aufdeckung und Verfolgung von

Verstößen für die Kartellbehörden .......................................................................... 311 A. Problemstellung..................................................................................................... 311 B. Rechtliche Ermittlungsmöglichkeiten der Aufsichtsbehörden zur Aufdeckung von Kartellrechtsverstößen beim Marktplatzbetrieb ............................................. 312 C. Mögliche faktische Ermittlungsschwierigkeiten ................................................... 315

3. Teil B2B-Internetmarktplätze und Fragen der internationalen Rechtsanwendung

und –durchsetzung................................................................................................... 318 A. Problemstellung..................................................................................................... 318 B. Rechtsanwendungs- und Rechtsdurchsetzungsfragen für die Aufsichtsbehörden 318 C. Rechtsanwendungsfragen aus Unternehmenssicht................................................ 326 D. Zusammenfassung und Ausblick .......................................................................... 328

5. Kapitel Abschließende Würdigung mit Folgerungen für die künftige Kartellaufsicht über B2B-Internetmarktplätze ........................................................ 330 1. Teil Ebene der Marktanalyse ................................................................................... 331 A. Verbleibende Anwendungsunsicherheiten für die Marktabgrenzung................... 331 B. Einbeziehung spezifischer Eigenheiten von Informationsdienstleistungen.......... 331

2. Teil Tatbestandsebene.............................................................................................. 336 A. Grundsätzliche Anwendbarkeit und Angemessenheit der kartellrechtlichen

Maßstäbe................................................................................................................ 336 B. Wachsende Bedeutung der Aufsicht über den Marktplatzbetrieb ........................ 337 C. Verbleibende Notwendigkeit konkretisierender Normen?.................................... 339

3. Teil Ebene der Rechtsdurchsetzung......................................................................... 343

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung und Gang der Untersuchung......................................................................... 23 1. Kapitel Technologische und ökonomische Grundlagen elektronischer

B2B-Marktplätze ........................................................................................................ 26 1. Teil Entstehung, Funktionsweise und wirtschaftliche Bedeutung............................. 27 A. Begriffsbestimmung: B2B-Internetmarktplatz ....................................................... 27 B. EDI als Vorläufertechnologie internetgestützter B2B-Marktplätze........................ 28 C. Aufkommen von B2B-Internetmarktplätzen .......................................................... 30 D. Technische Funktionsweise der B2B-Internetmarktplätze ..................................... 31 E. Wirtschaftliche Bedeutung der B2B-Internetmarktplätze ....................................... 33

2. Teil Marktplatztypen und Systematisierungskriterien .............................................. 36 A. Grundsätzliches ....................................................................................................... 36 B. Unterscheidung nach dem verwendeten Transaktionsmechanismus ...................... 36 I. Überblick................................................................................................................. 36 II. Auktionen und Ausschreibungen........................................................................... 37 III. Börsen................................................................................................................... 38 IV. Kataloge ............................................................................................................... 39 V. Verhandlungsmodelle............................................................................................ 40 VI. Parallele Verwendung mehrerer Transaktionsmechanismen............................... 40

C. Unterscheidung nach den angebotenen (Zusatz-) Leistungen................................. 41 D. Unterscheidung nach der Betreiberstruktur ........................................................... 42 E. Unterscheidung nach dem Einnahmenmodell ........................................................ 43 F. Unterscheidung nach der Integrationsrichtung ........................................................ 44 G. Unterscheidung nach der Integrationstiefe.............................................................. 44

3. Teil Wirtschaftliche Anreize für die Nutzung von B2B-Internetmarktplätzen ......... 46 A. Kostensenkung ....................................................................................................... 46 I. Senkung der Such- und Transaktionskosten ........................................................... 46 II. Senkung der Einkaufskosten.................................................................................. 46 III. Lieferkettenmanagement und Senkung von Lagerkapazitäten ............................ 48 IV. Verbesserung unternehmensüberschreitender Entwicklungszusammenarbeit ... 48

B. Strategisches Geschäftsbeziehungsmanagement..................................................... 49 C. Erschließung neuer Märkte ..................................................................................... 50

2. Kapitel Grundfragen der kartellrechtlichen Untersuchung von

B2B-Internetmarktplätzen ......................................................................................... 52 1. Teil Erste Reaktionen der Kartellbehörden .............................................................. 53 A. Einschätzung der Federal Trade Commission......................................................... 53 B. Einschätzung der EG-Kommission ......................................................................... 54 C. Einschätzung des Bundeskartellamts ...................................................................... 56 D. Einschätzung des Office of Fair Trading ................................................................ 56

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E. Einschätzung der Australian Competition and Comsumer Commission ................ 57 2. Teil Rechtlicher Rahmen für die Beurteilung nach deutschem und europäischem

Kartellrecht ................................................................................................................ 58 A. Allgemeines ............................................................................................................ 58 B. Fusionskontrolle ..................................................................................................... 59 I. Mögliche Anwendungsfelder der Fusionskontrolle bei der Aufsicht über B2B-

Internetmarktplätze ................................................................................................. 59 II. Marktplatzgründung .............................................................................................. 59 1. Anwendbarkeit der EG-Fusionskontrollverordnung ............................................ 59

a) Gründung eines B2B-Internetmarktplatzes als Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen i.S.v. Art. 3 Abs. 2 FKVO .............. 59

b) Gemeinsame Kontrolle i.S.d. Art. 3 Abs. 1 FKVO............................................ 63 c) Kontrollerwerb in sonstigen Fällen .................................................................... 64 d) Übrige Anwendungsvoraussetzungen ................................................................ 64 e) Materieller Prüfungsmaßstab.............................................................................. 65 aa) Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung ............... 65 bb) Kooperative Gemeinschaftsunternehmen: Zusätzliche Prüfung am Maßstab des Art. 81 EG ...................................................................................................... 65

2. Anwendbarkeit der Fusionskontrolle nach dem GWB......................................... 67 a) Keine Unanwendbarkeit infolge Einschlägigkeit der FKVO............................. 67 b) Zusammenschluss nach § 37 GWB.................................................................... 68 c) Materieller Prüfungsmaßstab.............................................................................. 68

III. Kooperation mehrerer Marktplätze ..................................................................... 69 1. „Herkömmlicher“ Zusammenschluss mehrerer Internetmarktplätze ................... 69 2. Sonderproblem: Zusammenschaltung zu Meta-Marktplätzen.............................. 70

C. Kartellaufsicht ......................................................................................................... 71 I. Mögliche Anwendungsfelder des Kartellverbots bei der Aufsicht über B2B-

Internetmarktplätze ................................................................................................. 71 II. Anwendbarkeit des Kartellverbots nach Art. 81 EG ............................................. 72 1. Verhaltenskoordinierung ...................................................................................... 72 a) Marktplatzgründung............................................................................................ 72 b) Marktplatzbetrieb................................................................................................ 73

2. Übrige Anwendungsvoraussetzungen und Legalausnahme ................................. 74 III. Anwendbarkeit des Kartellverbots nach § 1 GWB .............................................. 74 1. Verhaltenskoordinierung ...................................................................................... 74 a) Marktplatzgründung............................................................................................ 74 b) Marktplatzbetrieb................................................................................................ 75

2. Übrige Anwendungsvoraussetzungen .................................................................. 75 3. Legalisierungstatbestände nach §§ 2ff. GWB ...................................................... 75

D. Missbrauchsaufsicht ................................................................................................ 76 I. Mögliche Anwendungsfelder des Missbrauchsverbots bei der Aufsicht über B2B-Internetmarktplätze..................................................................................................... 76 II. Anwendbarkeit des Missbrauchsverbots nach Art. 82 EG.................................... 77 III. Anwendbarkeit der Missbrauchsaufsicht nach § 19 GWB .................................. 78

3. Teil Fragen der Marktabgrenzung ............................................................................. 79

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A. Problemstellung....................................................................................................... 79 B. Fragen der sachlichen Marktabgrenzung im Zusammenhang mit B2B-

Internetmarkplätzen................................................................................................ 80 I. Bedeutung und Bestimmungsmethoden der Abgrenzung des sachlich relevanten

Marktes ................................................................................................................... 80 II. Bestimmung der in Betracht zu ziehenden sachlichen Märkte ............................. 82 1. Markt der durch Internetmarktplätze erbrachten Dienstleistungen...................... 82 2. Markt der über Internetmarktplätze gehandelten Güter ....................................... 83 3. Zwischenergebnis ................................................................................................. 84

III. Abgrenzung des Marktes der Marktplatzdienstleistungen................................... 84 1. Feststellungen der Kartellbehörden ...................................................................... 84 a) BKartA................................................................................................................ 84 b) EG-Kommission ................................................................................................. 85

2. Eckpunkte für die Abgrenzung des Marktes für Marktplatzdienstleistungen...... 86 a) Zugehörigkeit zu einem weiter zu fassenden Absatzmarkt? .............................. 86 aa) Einbeziehung herkömmlicher Vermittlungsdienste für zwischenbetriebliche

Transaktionen.................................................................................................... 87 bb) Einbeziehung anderer Online-Handelskanäle................................................. 91 cc) Zwischenergebnis .................................................................................. 92

b) Weitere Untergliederung des Marktes für Marktplatzdienstleistungen ............. 92 aa) Teilmärkte für elektronische B2B- und B2C-Internetmarktplätze ................. 93 bb) Teilmärkte für „vertikale“ und „horizontale“ Internetmarktplätze................. 94 cc) Teilmärkte für Internetmarktplätze nach der Art der gehandelten Güter........ 95 dd) Teilmärkte für einzelne Marktplatzdienstleistungen ...................................... 96

IV. Einfluss von B2B-Internetmarktplätzen auf die Bestimmung der Sachmärkte der über die Marktplätze gehandelten Güter ........................................................ 97

1. Problemstellung: Eigener Markt für online-gehandelte Güter oder nur Entstehung eines weiteren Vertriebskanals? ........................................ 97

2. Auswirkungen bei tangiblen Gütern..................................................................... 98 3. Auswirkungen bei nicht tangiblen Gütern.......................................................... 100 4. Herausbildung gänzlich neuer Märkte................................................................ 101 5. Ergebnis .............................................................................................................. 102

C. Fragen der geographischen Marktabgrenzung im Zusammenhang mit B2B-Internetmarktplätzen ............................................................................................. 103

I. Kriterien zur Bestimmung des räumlich relevanten Marktes ............................... 103 II. Bestimmung des räumlich relevanten Marktes für die durch B2B-

Internetmarktplätze erbrachten Dienstleistungen ................................................ 104 III. Einfluss von B2B-Internetmarktplätzen auf die Ausdehnung des räumlich

relevanten Marktes der über die Marktplätze gehandelten Güter ...................... 106 4.Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse des Marktes für

B2B-Internetmarktplätze ................................................................................... 109 A. Fragestellungen im Zusammenhang mit der Marktanteilsbestimmung................ 109 I. Bedeutung der Bestimmung von Marktanteilen und herkömmliche

Bestimmungsmethoden......................................................................................... 109 II. Abweichende Berechnungsgrundlagen für die Marktanteilsberechnung bei einzelnen Märkten für Internetdienstleistungen ............................................ 110

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III. Notwendige Modifikationen bei der Marktanteilsberechnung im Zusam-menhang mit B2B-Internetmarktplätzen? .......................................................... 111

1. Märkte der über B2B-Internetmarktplätze gehandelten Güter........................... 111 2. Markt der marktplatztypischen Dienstleistungen............................................... 112

B. In die kartellrechtliche Analyse einzubeziehende Eigenheiten des Marktes für B2B-Internetmarkplätze ........................................................................................ 114

I. Spezifische ökonomische Parameter des Marktes der Marktplätze...................... 114 1. Netzwerkexternalitäten ....................................................................................... 114 a) Begriff der Netzwerkexternalitäten .................................................................. 114 b) Wirkungen von Netzwerkexternalitäten auf den Wettbewerbsprozess............ 115 aa) Schneeballeffekte - „first-mover advantages“ .............................................. 115 bb) „Lock-in“-Effekte ......................................................................................... 116

c) Bedeutung von Netzwerkexternalitäten für die Untersuchung von B2B-Marktplätzen............................................................................................ 117

2. Bedeutende Größenvorteile auf der Angebotsseite ............................................ 120 a) Größe Skalenerträge als Kennzeichen von Informationsindustrien ................. 120 b) Relevanz angebotsseitiger Skalenerträge bei marktplatztypischen

Dienstleistungen................................................................................................ 121 3. Technische Standards ......................................................................................... 122 a) Relevanz für die Nutzung von Internetmarktplätzen........................................ 122 b) Aktuelle Entwicklungen ................................................................................... 125

II. Implikationen für die kartellrechtliche Analyse .................................................. 127 1. Konzentrationstendenzen.................................................................................... 127 2. Marktzutrittsschranken ....................................................................................... 129

a) Relevanz für die Entwicklung des Wettbewerbs zwischen B2B-Internetmarktplätzen ................................................................................ 129

b) Begriff der Marktzutrittsschranken .................................................................. 129 c) Strukturelle Marktzutrittsschranken ................................................................. 130 d) Strategische Marktzutrittsschranken ................................................................ 131 aa) Strategischer Einsatz von Standards ............................................................. 131 bb) Vertragliche Gestaltung der Marktplatznutzung .......................................... 132 (1) Exklusivitätsbindungen................................................................................ 132 (2) Ausgestaltung der Teilnahmegebühren ....................................................... 133

C. Berücksichtigung der Doppelrolle von Marktplatzeignern bei nutzerbetriebenen B2B-Internetmarktplätzen..................................................................................... 133

I. Problemstellung .................................................................................................... 133 II. Ressourcenbedingte Wettbewerbsvorteile nutzerbetriebener Internetmarkt-

plätze..................................................................................................................... 134 1. Zugriff auf branchenspezifisches Know-How.................................................... 134 2. Finanzkraft .......................................................................................................... 135

III. Zugang zu den Absatz- und Beschaffungsmärkten............................................ 135 1. Marktschließungseffekte durch Wechselwirkungen zwischen vertikal

verbundenen Märkten........................................................................................ 135 2. Verhältnis des Marktes der Marktplatzdienstleistungen zum Markt der

gehandelten Güter ............................................................................................. 136 3. Potenzial marktschließender Effekte für den Markt der gehandelten Güter ...... 138 4. Potenzial marktschließender Effekte für den Markt der Internetmarktplätze .... 140

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3. Kapitel Kartellrechtliche Untersuchung der einzelnen Marktplatztypen ................ 141 1.Teil Einführung......................................................................................................... 142 2. Teil Branchenmarktplätze........................................................................................ 144 A. Allgemeines ............................................................................................................ 144 I. Begriffsbestimmung - Das Modell „Branchenmarktplatz“ ..................................... 144

II. Beispiele für Branchenmarktplätze und Marktpositionierung ............................ 146 III. Generelle Einschätzung der kartellrechtlichen Implikationen ........................... 148

B. Austausch von Marktinformationen...................................................................... 149 I. Problemstellung .................................................................................................... 149 1. Bedeutung des Informationsaustauschs für den Betrieb von B2B-

Internetmarktplätzen........................................................................................... 149 a) Allgemeines ...................................................................................................... 149 b) Situationen des Informationsanfalls bei Gründung und Betrieb von

Branchenmarktplätzen...................................................................................... 150 aa) Informationsanfall bei der Marktplatzgründung und dem Beitritt von

neuen Nutzern............................................................................................... 150 bb) Informationsanfall bei der Abwicklung von Transaktionen......................... 150

2. Wettbewerbliche Auswirkungen der durch Internetmarktplätze induzierten Veränderung der Informationssituation ............................................................. 151

II. Behandlung des Austauschs von Marktdaten zwischen Konkurrenten nach deutschem und europäischem Kartellrecht .......................................................... 153

1. Vereinbarung des Austauschs wettbewerbsrelevanter Informationen als ergänzende Kartellabreden ................................................................................. 153

2. Beurteilung „reiner“ Marktinformationssysteme ............................................... 154 a) Begriff des Marktinformationssystems............................................................. 154 b) Europäische Kartellrechtspraxis ....................................................................... 155 aa) Abstellen auf die Qualität der ausgetauschten Informationen ...................... 155 bb) Berücksichtigung der Marktstruktur............................................................. 156

c) Deutsche Kartellrechtspraxis ............................................................................ 158 III. Kartellrechtliche Beurteilung des Informationsaustauschs über

Branchenmarktplätze .......................................................................................... 159 1. Einschätzung der Kartellbehörden...................................................................... 159 2. Aussagen der Literatur........................................................................................ 160 3. Stellungnahme .................................................................................................... 161 a) Übertragbarkeit des dogmatischen Anknüpfungspunktes ................................ 161 b) Übertragbarkeit der entwickelten Beurteilungskriterien .................................. 162 aa) Generell großzügigere Behandlung von Internetmarktplätzen? ................... 162 bb) Möglichkeit des Verzichts auf den „Geheimwettbewerb“? ......................... 165 cc) Kriterium der Qualität der ausgetauschten Daten ......................................... 166 dd) Berücksichtigung der Marktgegebenheiten .................................................. 168

IV. Tatbestandliche Verortung der entwickelten Grundsätze und übrige Tatbestandsvoraussetzungen .............................................................................. 169

1. Bezwecken oder Bewirken einer Wettbewerbsbeschränkung............................ 169 2. Mittel der Wettbewerbsbeschränkung ................................................................ 169

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3. Übrige Tatbestandsmerkmale ............................................................................. 170 4. Freistellungsmöglichkeiten................................................................................. 172 a) Legalausnahme nach Art. 81 Abs. 3 EG........................................................... 172 b) Freistellungsmöglichkeiten nach dem GWB.................................................... 173

V. Folgerungen für die Gründung und den Betrieb von Branchenmarktplätzen ..... 174 1. Gründungsstadium.............................................................................................. 174 2. Zugriff der Gründer auf Datenbestände des Marktplatzunternehmens .............. 175 3. Offenlegung von Daten bei der Transaktionsabwicklung .................................. 176 a) Allgemeines ...................................................................................................... 176 b) Online-Auktionsformen.................................................................................... 176 c) Online-Kataloge................................................................................................ 178 d) Online-Börsen................................................................................................... 179

VI. Zusammenfassende Würdigung......................................................................... 179 C. Gemeinsamer Einkauf mit Hilfe von Branchenmarktplätzen ............................... 181 I. Problemstellung .................................................................................................... 181 1. Anreize zur gemeinsamen Beschaffung über Internetmarktplätze..................... 181 2. Kartellrechtliche Risiken gemeinsamer Beschaffung ........................................ 182

II. Bisherige Stellungnahmen ................................................................................... 183 1. Aussagen der Kartellbehörden............................................................................ 183 2. Aussagen der Literatur........................................................................................ 184

III. Qualifizierung von Beschaffungsbündelungen über elektronische Markt plätze als Einkaufskooperation........................................................................... 185

1. Varianten gemeinsamer Beschaffung über Internetmarktplätze ........................ 185 2. Einordnung der einzelnen Bündelungsvarianten als Einkaufskooperationen

im Sinne des Kartellrechts .................................................................................. 185 a) Bündelung durch individuelle Nutzervereinbarung ......................................... 185 b) Automatische Bündelung von Nachfragen durch den Internetmarktplatz ....... 185 c) Ad-hoc-Anschließen an einen fremden Auftrag............................................... 187

IV. Kartellrechtliche Beurteilung der gemeinsamen Beschaffung über Branchenmarktplätze .......................................................................................... 189

1. Einkaufskooperationen im europäischem Kartellrecht ...................................... 189 a) Beurteilung nach Art. 81 EG ............................................................................ 189 aa) Grenzen der Zulässigkeit herkömmlicher Einkaufskooperationen

nach Art. 81 EG............................................................................................. 189 bb) Vorliegen eines Bezugszwanges beim gemeinsamen Einkauf über Branchenmarktplätze.................................................................................... 191 cc) Nachfragebündelung über Internetmarktplattformen ohne Bezugszwang.... 192 dd) Übrige Tatbestandsmerkmale ....................................................................... 193 ee) Legalausnahme nach Art. 81 Abs. 3 EG....................................................... 193

b) Beurteilung nach Art. 82 EG ............................................................................ 194 2. Einkaufskooperationen im deutschem Kartellrecht............................................ 194 a) Beurteilung nach § 1 GWB............................................................................... 194 aa) Einkaufskooperationen im Sinne des § 1 GWB............................................ 194 bb) Grenzen gemeinsamer Beschaffung über Branchenmarktplätze nach § 1 GWB.................................................................................................................... 196 cc) Freistellungsmöglichkeit nach § 4 Abs. 2 GWB........................................... 196 dd) Freistellungsmöglichkeit nach § 5 GWB...................................................... 197

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b) Beurteilung nach § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB........................................................ 198 V. Zusammenfassende Würdigung ......................................................................... 198

D. Gemeinsamer Verkauf mit Hilfe von Branchenmarktplätzen............................... 200 I. Problemstellung .................................................................................................... 200 II. Bisherige Stellungnahmen ................................................................................... 200 1. Aussagen der Kartellbehörden ........................................................................... 200 2. Aussagen der Literatur ....................................................................................... 201

III. Kartellrechtliche Beurteilung des gemeinsamen Verkaufs über Branchenmarktplätze ......................................................................................... 201

1. Beurteilung nach Art. 81 EG .............................................................................. 201 2. Beurteilung nach § 1 GWB ................................................................................ 203

E. Zugangsverweigerung und Auferlegung nachteiliger Zugangsbedingungen........ 204 I. Problemstellung .................................................................................................... 204 1. Anreize für eine Zugangsverweigerung oder Auferlegung ungünstigerer

Zugangsbedingungen bei Branchenmarktplätzen .............................................. 204 2. Wettbewerbswirkungen und potenzielle Adressaten einer Zugangser-

schwerung oder –verweigerung.......................................................................... 205 II. Bisherige Stellungnahmen ................................................................................... 207 1. Entscheidungen und Stellungnahmen der Kommission ..................................... 207 2. Entscheidungen und Stellungnahmen des BKartA............................................. 207 3. Aussagen der Literatur........................................................................................ 208

III. Anknüpfungspunkte für die kartellrechtliche Beurteilung................................. 209 IV. Kartellrechtliche Beurteilung von Zugangsbehinderungen zu

Branchenmarktplätzen nach dem Verbot missbräuchlicher Verhaltensweisen . 210 1. Anwendung der essential facilities doctrine....................................................... 210 a) Beurteilung nach Art. 82 EG ............................................................................ 210 aa) Entwicklung der essential facilities doctrine im EG-Recht .......................... 210 bb) Voraussetzungen eines Zugangsanspruchs zu einem B2B-Internetmarkt-

platz nach der essential facilities doctrine..................................................... 211 (1) Marktbeherrschende Stellung ...................................................................... 211 (2) Beschränkung auf „geschlossene“ Marktplatzsysteme?.............................. 212 (3) Branchenmarktplätze als wesentliche Einrichtung im Sinne der essential

facilities doctrine ......................................................................................... 213 (a) Einrichtung der Marktplatzgründer............................................................ 213 (b) Betrieb durch einen Wettbewerber ............................................................ 214 (c) Fehlende Substituierbarkeit........................................................................ 215 (d) Fehlende Duplizierbarkeit.......................................................................... 217 (e) Zumutbarkeit der Zugangsgewährung ....................................................... 219 (f) Zwischenergebnis ....................................................................................... 219

b) Beurteilung nach § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB........................................................ 220 aa) Normstruktur und Inhalt................................................................................ 220 bb) Voraussetzungen eines Zugangsanspruchs zu einem B2B-Internetmarkt-

platz nach § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB .............................................................. 220 (1) Markbeherrschende Stellung des Inhabers der Infrastruktureinrichtung .... 220 (2) Branchenmarktplätze als Infrastruktureinrichtungen im Sinne des § 19

Abs. 4 Nr. 4 GWB....................................................................................... 222 (3) Kontrolle des Branchenmarktplatzes durch die Marktplatzinhaber ............ 222

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(4) Wesentlichkeit ............................................................................................. 223 (5) Keine Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit des Zugangs .......................... 224 (6) Zwischenergebnis ........................................................................................ 224

2. Zugangsbehinderung als missbräuchliche Geschäftsverweigerung ................... 224 a) Beurteilung nach Art. 82 EG ............................................................................ 224 aa) Allgemeines................................................................................................... 224 bb) Zugangsverweigerung oder Benachteiligung von Wettbewerbern der

Marktplatzgründer ....................................................................................... 225 (1) Marktbeherrschende Stellung ...................................................................... 225 (2) Geschäftsverweigerung gegenüber einem Wettbewerber ........................... 226 (3) Missbräuchlichkeit der Zugangsbehinderung bei „offenen“ Marktplätzen. 226 (4) Missbräuchlichkeit bei „geschlossenen“ Marktplätzen............................... 227

cc) Ausschluss oder Benachteiligung von Unternehmen der Marktgegenseite.. 230 b) Beurteilung nach §§ 19, 20 GWB .................................................................... 230

aa) Ausschluss oder Benachteiligung von Wettbewerbern der Marktplatz- gründer .......................................................................................................... 230

(1) Gegenüber Wettbewerbern grundsätzlich „offene“ Marktplätze ................ 230 (2) Gegenüber Wettbewerbern „geschlossene“ Marktplätze ............................ 231

bb) Ausschluss oder Benachteiligung von Unternehmen der Marktgegenseite. 232 c) Zwischenergebnis ............................................................................................. 232

V. Kartellrechtliche Beurteilung von Zugangsbehinderungen nach dem Kartellverbot ....................................................................................................... 233

1. Beurteilung nach Art. 81 EG .............................................................................. 233 aa) Ausschluss von Wettbewerbern der Marktplatzgründer ............................... 233 bb) Ausschluss von Unternehmen der Marktgegenseite..................................... 236

2. Beurteilung nach § 1 GWB ................................................................................ 236 aa) Ausschluss von Wettbewerbern der Marktplatzgründer ............................... 236 bb) Ausschluss von Unternehmen der Marktgegenseite..................................... 237

3. Zwischenergebnis ............................................................................................... 237 VI. Zusammenfassende Würdigung......................................................................... 238

F. Auferlegung von Ausschließlichkeitsbindungen für die Marktplatznutzung........ 240 I. Problemstellung .................................................................................................... 241 1. Anreize zur Auferlegung von Ausschließlichkeitsvereinbarungen.................... 241 2. Wettbewerbsimplikationen................................................................................. 242

II. Bisherige Stellungnahmen ................................................................................... 242 1. Einschätzung der Kartellbehörden...................................................................... 242 2. Stellungnahmen der Literatur ............................................................................. 242

III. Kartellrechtliche Beurteilung von Ausschließlichkeitsbindungen und wirkungsgleichen Bindungssystemen bei Branchenmarktplätzen ..................... 243

1. Gestaltungsvarianten von Ausschließlichkeitsbindungen und wirkungs- gleichen Abreden ................................................................................................ 243

2. Beurteilung nach europäischem Kartellrecht ..................................................... 244 a) Bindung der Marktplatzgründer untereinander ................................................ 244

aa) Ausschließlichkeitsvereinbarungen als fusionskontrollrechtlich genehmigte Nebenabreden............................................................................ 244

bb) Beurteilung nach Art. 81 EG ........................................................................ 246 (1) Vorliegen der Verbotsvoraussetzungen des Art. 81 Abs. 1 EG .................. 246

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(2) Legalausnahme nach Art. 81 Abs. 3 EG ..................................................... 247 b) Ausschließlichkeitsbindungen zw. Marktplatzunternehmen und Nutzern ...... 248 aa) Beurteilung nach Art. 81 EG......................................................................... 248 (1) Vorliegen der Verbotsvoraussetzungen des Art. 81 Abs. 1 EG .................. 248 (2) Legalausnahme nach Art. 81 Abs. 3 EG ..................................................... 248

bb) Beurteilung nach Art. 82 EG ........................................................................ 249 3. Beurteilung nach deutschem Kartellrecht........................................................... 250 a) Bindungen der Marktplatzgründer untereinander............................................. 250 aa) Beurteilung nach § 1 GWB ........................................................................... 250 bb) Freistellungsmöglichkeit nach § 4 Abs. 1 und § 5 GWB ............................. 250

b) Ausschließlichkeitsbindungen zw. Marktplatzunternehmen und Nutzern....... 251 aa) Beurteilung nach § 16 GWB ......................................................................... 251 bb) Beurteilung nach §§ 19, 20 GWB................................................................. 252 (1) Anwendbarkeit der §§ 19, 20 GWB neben § 16 GWB ............................... 252 (2) Vereinbarkeit mit §§ 19, 20 GWB............................................................... 253

IV. Zusammenfassende Würdigung......................................................................... 254 G. Entwicklung und Verwendung technischer Standards.......................................... 255 I. Problemstellung .................................................................................................... 255 II. Bisherige Stellungnahmen ................................................................................... 256 1. Aussagen der Kartellbehörden............................................................................ 256 2. Stellungnahmen in der Literatur ......................................................................... 256

III. Kartellrechtliche Beurteilung der Vereinbarung technischer Standards und ihrer gemeinsamen Anwendung ......................................................................... 257

1. Beurteilung nach europäischem Kartellrecht ..................................................... 257 a) Beurteilung nach Art. 81 EG ............................................................................ 257 aa) Mitwirkung der Marktplatzgründer an nationalen oder internationalen

Standardsetzungsgremien............................................................................. 257 bb) Einseitige Standardsetzung durch die Gründer eines Branchenmarkt-

platzes........................................................................................................... 258 cc) Legalausnahme nach Art. 81 Abs. 3 EG....................................................... 259

b) Beurteilung nach Art. 82 EG ............................................................................ 260 2. Beurteilung nach deutschem Kartellrecht........................................................... 261 a) Beurteilung nach § 1 GWB............................................................................... 261

aa) Entwicklung und Verwendung technischer Standards als Anwendungs- fall des § 1 GWB........................................................................................... 261

bb) Freistellung nach § 2 GWB .......................................................................... 261 b) Beurteilung nach §§ 19, 20 GWB .................................................................... 262

IV. Zusammenfassende Würdigung......................................................................... 263 H. Ansätze zur materiellen Beurteilung von Branchenmarktplätzen in der

Fusionskontrolle ................................................................................................... 264 I. Problemstellung .................................................................................................... 264 II. Bisherige Stellungnahmen ................................................................................... 264 1. Entscheidungen des BKartA............................................................................... 264 2. Entscheidungen der Kommission ....................................................................... 265

III. Ansatzpunkte für die fusionskontrollrechtliche Prognoseentscheidung................ 265 3. Teil Neutrale Marktplätze ........................................................................................ 269

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A. Allgemeines........................................................................................................... 269 I. Begriffsbestimmung: Das Modell „neutraler Marktplatz“ ................................... 269 II. Beispiele für neutrale Internetmarktplätze und Marktpositionierung ................. 269 III. Generelle Einschätzung der kartellrechtlichen Implikationen ........................... 270

B. Verantwortlichkeit des Plattformbetreibers für Kartellrechtsverstöße der Nutzer 272 I. Problemstellung .................................................................................................... 272 II. Beurteilung nach europäischem Kartellrecht ...................................................... 273 1. Betreiberverantwortlichkeit für Verstöße von Nutzern gegen Art. 81 EG......... 273 a) Mögliche Beiträge des Marktplatzbetreibers zu Nutzerverstößen ................... 273 b) Kreis der nach Art. 81 EG Verantwortlichen ................................................... 274 aa) Notwendigkeit der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme................. 274 bb) Täterschaftliche Beteiligung des Marktplatzunternehmens an

Nutzerverstößen?.......................................................................................... 274 (1) Vergleich mit d. Kommissionspraxis zur Fallgr. sog. „Kartellwächter“..... 274 (2) Ansicht der Literatur.................................................................................... 275

(3) Stellungnahme und Folgerungen für die Verantwortlichkeit neutraler Internetmarktplätze...................................................................................... 276

2. Mitverantwortung für Verstöße von Nutzern gegen Art. 82 EG........................ 278 III. Beurteilung nach deutschem Kartellrecht .......................................................... 278 1. Beurteilung nach § 1 GWB ................................................................................ 278 2. Beurteilung nach §§ 19, 20 GWB ...................................................................... 279

C. Austausch von Marktinformationen...................................................................... 279 I. Austausch von Informationen auf der Betreiberebene.......................................... 280 II. Austausch von Informationen auf der Nutzerebene ............................................ 280 1. Ausgangssituation auf neutralen Internetmarktplätzen ...................................... 280 2. Kartellrechtliche Beurteilung ............................................................................. 281

D. Einkaufs- und Verkaufskooperationen.................................................................. 282 I. Ausgangsituation auf neutralen Internetmarktplätzen .......................................... 282 II. Kartellrechtliche Beurteilung............................................................................... 282

E. Zugangsverweigerung und Auferlegung nachteiliger Zugangsbedingungen........ 283 I. Ausgangssituation auf neutralen Internetmarktplätzen......................................... 283 II. Kartellrechtliche Beurteilung............................................................................... 284 1. Keine Anwendbarkeit der essential facilities doctrine ....................................... 284 2. Verstoß gegen das Diskriminierungs- und Ausbeutungsverbot ......................... 285

F. Auferlegung von Ausschließlichkeitsbindungen für die Marktplatznutzung........ 285 I. Ausgangssituation auf neutralen Internetmarktplätzen......................................... 285 II. Kartellrechtliche Beurteilung............................................................................... 286

G. Entwicklung und Verwendung technischer Standards.......................................... 287 I. Standardisierungsaspekte im Zusammenhang mit neutralen Marktplätzen ......... 287 II. Kartellrechtliche Beurteilung............................................................................... 288 1. Teilnahme an Standardisierungsgremien............................................................ 288 2. Einseitige Festlegung von Standards durch den Marktplatzbetreiber ................ 289

H. Ansätze zur materiellen Beurteilung von neutralen Internetmarktplätzen in der Fusionskontrolle ............................................................................................. 289

4. Teil Private Markplätze............................................................................................ 291 A. Allgemeines........................................................................................................... 291

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I. Begriffsbestimmung: Das Modell „privater Marktplatz“ ..................................... 291 II. Beispiele für private Internetmarktplätze und Marktpositionierung ................... 292 III. Generelle Einschätzung der kartellrechtlichen Implikationen ........................... 293

B. Austausch von Marktinformationen...................................................................... 294 C. Einkaufs- und Verkaufskooperationen.................................................................. 295 D. Zugangsverweigerung und Auferlegung nachteiliger Zugangsbedingungen ....... 295 I. Ausgangssituation auf privaten Marktplätzen ...................................................... 295 II. Ausschluss von Wettbewerbern........................................................................... 296 III. Ausschluss oder Diskriminierung von Unternehmen der Marktgegenseite....... 297

E. Auferlegung von Ausschließlichkeitsbindungen für die Marktplatznutzung........ 297 F. Entwicklung und Verwendung technischer Standards .......................................... 298 I. Standardisierungsaspekte im Zusammenhang mit privaten Internetmarktplätzen298 II. Einseitige Festlegung von Standards durch den Marktplatzbetreiber ................. 298

4. Kapitel Rechtstatsächliche Aspekte......................................................................... 300 1. Teil Technische und organisatorische Vorkehrungen für B2B-Internetmarkt-

plätze zur Verhinderung von Kartellrechtsverstößen........................................ 301 A. Notwendigkeit technischer und organisatorischer Sicherungen ........................... 301 B. Vorkehrungen zur Verhinderung unzulässigen Informationsaustausches ............ 301 I. Branchenmarktplätze ............................................................................................ 301

1. Verhinderung unzulässigen Informationsflusses zwischen Marktplatzunternehmen und Gründungsunternehmen ....................................... 301

2. Vermeidung unzulässigen Informationsflusses bei der Abwicklung von Transaktionen ..................................................................................................... 303

II. Neutrale und private Internetmarktplätze ............................................................ 305 III. Gewährleistung der Vertraulichkeit von Marktdaten als Daueraufgabe............ 305

C. Ausgestaltung der Nutzerverhältnisse ................................................................... 306 I. Branchenmarktplätze ............................................................................................ 306 II. Neutrale Marktplätze ........................................................................................... 308 III. Private Marktplätze ............................................................................................ 308

D. Gemeinsamer Einkauf und Verkauf...................................................................... 309 E. Festlegung und Nutzung technischer Standards.................................................... 309

2. Teil Herausforderungen hinsichtlich der Aufdeckung und Verfolgung von

Verstößen für die Kartellbehörden ................................................................... 311 A. Problemstellung..................................................................................................... 311 B. Rechtliche Ermittlungsmöglichkeiten der Aufsichtsbehörden zur Auf-

deckung von Kartellrechtsverstößen beim Marktplatzbetrieb............................... 312 I. Unspezifische Ermittlungen - „surfing days“ ....................................................... 312 II. Förmliche Ermittlungsmaßnahmen ..................................................................... 313

C. Mögliche faktische Ermittlungsschwierigkeiten ................................................... 315 3. Teil B2B-Internetmarktplätze und Fragen der internationalen Rechtsan-

wendung und –durchsetzung.................................................................................... 318 A. Problemstellung..................................................................................................... 318 B. Rechtsanwendungs- und Rechtsdurchsetzungsfragen für die Aufsichtsbehörden 318

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I. Räumliche Anwendbarkeit des deutschen und europäischen Kartellrechts auf Internetmarktplätze mit internationalem Fokus.................................................... 318

1. Auswirkungsprinzip als Bezugspunkt der Verantwortlichkeit für wettbewerbsbeschränkendes Verhalten.............................................................. 318

2. Anwendung auf B2B-Internetmarktplätze.......................................................... 320 II. Herausforderungen für Sachverhaltsaufklärung und Rechtsdurchsetzung.......... 321 1. Divergenz von extraterritorialer Anwendbarkeit und tatsächlicher geo-

graphischer Reichweite behördlicher Befugnisse .............................................. 321 2. Ermittlungsschwierigkeiten in Bezug auf Drittstaatsunternehmen .................... 321 a) Begrenztheit extraterritorialer Ermittlungsmöglichkeiten der Kartellaufsicht. 321 b) Folgen der territorialen Begrenztheit behördlicher Ermittlungstätig-keiten für

die Aufsicht über B2B-Internetmarktplätze...................................................... 323 aa) Unproblematische Konstellationen ............................................................... 323 bb) Schwierigkeiten bei der Ermittlung eventueller Kartellrechtsverstöße in

Drittstaaten angesiedelter B2B-Internetmarktplätze..................................... 324 cc) Probleme bei der Ermittlung eventueller Kartellrechtsverstöße von Nutzern

bei der Teilnahme an ausländischen Internetmarktplätzen........................... 325 3. Rechtsdurchsetzungsschwierigkeiten in Drittstaatssachverhalten ..................... 325

C. Rechtsanwendungsfragen aus Unternehmenssicht................................................ 326 D. Zusammenfassung und Ausblick .......................................................................... 328

5. Kapitel Abschließende Würdigung mit Folgerungen für die künftige Kartell-

aufsicht über B2B-Internetmarktplätze .................................................................... 330 1. Teil Ebene der Marktanalyse ................................................................................... 331 A. Verbleibende Anwendungsunsicherheiten für die Marktabgrenzung................... 331 B. Einbeziehung spezifischer Eigenheiten von Informationsdienstleistungen.......... 331 I. Notwendigkeit d. Berücksichtigung informationsgüterspezifischer Eigenheiten. 331 II. Keine Notwendigkeit einer grundlegenden Neuausrichtung der

Wettbewerbsanalyse ............................................................................................. 332 2. Teil Tatbestandsebene.............................................................................................. 336 A. Grundsätzliche Anwendbarkeit und Angemessenheit der kartellrechtlichen

Maßstäbe................................................................................................................ 336 B. Wachsende Bedeutung der Aufsicht über den Marktplatzbetrieb ........................ 337 C. Verbleibende Notwendigkeit konkretisierender Normen?.................................... 339 I. Vergleichspunkt: Kartellaufsicht über Computerreservierungssysteme nach

europäischem Kartellrecht.................................................................................... 340 II. Zur Notwendigkeit des Erlasses konkretisierender Normen für B2B-

Internetmarktplätze............................................................................................... 340 3. Teil Ebene der Rechtsdurchsetzung......................................................................... 343

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Abbildungsverzeichnis

(Schaubilder siehe Anhang)

Schaubild 1: Funktionale Betrachtung eines B2B-Marktplatzes

Schaubild 2: Funktional/technisches Schema elektronischer Beschaffung

über Internetmarktplätze

Schaubild 3: Potenziale für B2B-Internetmarktplätze in ausgewählten

Branchen

Schaubild 4: Neutraler Marktplatz

Schaubild 5: Nachfragerinitiierter Branchenmarktplatz

Schaubild 6: Nachfragerinitiierter privater Marktplatz

Schaubild 7: Durch einen B2B-Internetmarktplatz vermittelte

Kooperationen entlang mehrerer Wertschöpfungsstufen

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Abkürzungsverzeichnis

a.A. andere(r) Ansicht ABl. Amtblatt (der Europäischen Gemeinschaft) Abs. Absatz ACCC Australian Competition and Consumer Commission a.F. alte Fassung AG Aktiengesellschaft Art. Artikel BAnz Bundesanzeiger BB Betriebsberater BGH Bundesgerichtshof BKartA Bundeskartellamt BT-Drucks. Bundestagsdrucksache B2B Business-to-Business B2C Business-to-Consumer bzw. Beziehungsweise CELEX Datenbank der Rechtstexte der Europäischen Union CR Computer & Recht CRS Computer Reservation System d.h. das heißt DokNr. Dokumentennummer EbXML Electronic Business using eXtensible Markup Language ECLR European Competition Law Review EDI Electronic Data Interchange EDV Elektronische Datenverarbeitung EG Europäische Gemeinschaft EG-Kommission

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

EG-Recht Recht der Europäischen Gemeinschaft ERP Enterprise Ressource Planning etc. et cetera EuG Europäisches Gericht erster Instanz EuGH Europäischer Gerichtshof EUR Euro EuZW Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht EWG (Vertrag über die) Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWS Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht ev. Eventuell f. (ff.) Folgende FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung FIW Forschungsinstitut für Wirtschaftsverfassung und Wettbewerb e.V.

Köln

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FKVO (EG-) Fusionskontrollverordnung FTC Federal Trade Commission GD General Direktion gem. Gemäß GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung ggf. Gegebenenfalls g.h.M. ganz herrschende Meinung GU Gemeinschaftsunternehmen GWB Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen h.M. herrschende Meinung i.e.S. im engeren Sinne i.S. im Sinne i.S.d. im Sinne des/der IT Informations-Technologie i.V.m. in Verbindung mit KG Kammergericht KMU Kleine und mittlere Unternehmen Kommission Kommission der Europäischen Gemeinschaften Kom(Jahr) S. Kommissionsdokument(Jahr) Seitenzahl K&R Kommunikation & Recht lit. Buchstabe Mrd. Milliarden m.w.N. mit weiteren Nachweisen MMR Multimedia und Recht MRO Maintanance Operations Repair Nr. Nummer Nrn. Nummern NJW Neue Juristische Wochenschrift OASIS Organisation for Economic Co-operation and Development OECD Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit u. Entwicklung OFT Office of Fair Trading OLG Oberlandesgericht RIW Recht der internationalen Wirtschaft Rn. Randnummer Rs. Rechtssache Rspr. Rechtsprechung S. Seite Sec. Section Slg. Sammlung der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs sog. sogenannte/-r/-s TU Berlin Technische Universität Berlin UA Unterabsatz

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21

u.ä. und ähnliche UDDI Universal Description, Discovery and Integration protocol UK United Kingdom (Vereinigtes Konigreich) UN/CEFACT United Nations Centre for Trade Facilitation and Electronic

Business UrhG Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte USD US Dollar v. vom/von verb. Rs, verbundene Rechtssachen vgl. vergleiche Vol. Volume VO Verordnung Wbl Zeitschrift für österreichisches und europäisches

Wirtschaftsrecht WISU Das Wirtschaftsstudium WuW Wirtschaft und Wettbewerb XML Extensible Markup Language z.B. zum Beispiel ZHR Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht z.T. zum Teil

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Einleitung und Gang der Untersuchung

Wenige technische Neuerungen der letzten Dekade haben so tief greifende Verände-

rungen der Kommunikationsbeziehungen hervorgerufen wie das Internet. Als wohl

offensichtlichstes Zeichen des Eintritts in das sog. „Informationszeitalter“ gewinnt

dieses Medium nicht nur jährlich Millionen neuer Nutzer hinzu1, sondern bedingt

mehr und mehr nachhaltige Veränderungen gesellschaftlicher Strukturen. Während

das Internet in der ersten Phase seiner Nutzung durch die breite Öffentlichkeit vorran-

gig der nichtkommerziellen Bereitstellung und dem Abruf von Wissen diente, wird es

seit einigen Jahren zunehmend zur Abwicklung von Geschäften genutzt. E-Commerce

heißt das Stichwort, das in vielen Branchen zunächst eine wahre Goldgräberstimmung

auslöste. Trotz des darauf folgenden raschen Verblassens vieler sog. „dot.coms“ und

der zum Teil herben Ernüchterung um das Phänomen der „new economy“ insgesamt

steht fest, dass das Internet einen immer stärkeren Einfluss auf unternehmerisches

Handeln gewinnt2. Unternehmerisches Handeln ist im Begriff sich massiv zu verän-

dern3.

Dabei wird das Internet nicht nur als neues Verkaufsmedium von Herstellern/Händlern

gegenüber ihren Endverbrauchern (sog. „Business to Consumer“ oder „B2C“ E-

Commerce) entdeckt, sondern in letzter Zeit immer stärker zum Abschluss und zur

Durchführung von Geschäften zwischen mehreren Unternehmen (sog. „Business to

Business“ oder „B2B“ E-Commerce) selbst genutzt. Ein hoher Stellenwert kommt bei

der Abwicklung dieser Business-to-Business-Geschäfte im Internet den elektronischen

Marktplätzen zu. Die Zahl dieser Plattformen, auf denen B2B-Internethandel betrieben

1 Ende des Jahres 1999 gab es weltweit 260 Millionen Internetnutzer, davon 111 Millionen in

den USA, 65 Millionen in Europa und 18 Millionen in Japan. Bereits Ende des Jahres 2000 hatten nach dem Computer Industry Almanac weltweit 400 Millionen Menschen Zugang zum Internet. Aktuelle Zahlen recherchierbar unter: http://www.c-i-a.com/pr_info.htm.

2 Vgl. hierzu etwa: Schlueter-Langdon, Elektronische Märkte und Netze ändern Industrie-strukturen, FAZ v. 11.1.2001, S. 22.

3 Vgl.: Lehmann, Electronic Business in Europa (2002), S. 1ff.; Ungerer, Access Issues under EU-Regulation and Anti-Trust Law - The Case of Telecommunications and Internetmarkets, abrufbar unter: http://europa.eu.int/comm/ competition/speeches/text/sp2000_012_en.pdf, S. 3.

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24

wird, stieg von 1999 bis Mitte des Jahres 2001 exponentiell an4. Mittlerweile ist der

Markt, wie vielfach vorhergesehen5, in eine Konsolidierungsphase eingetreten, so dass

zahlreiche Anbieter den Markt bereits wieder verlassen haben. Die Bedeutung des

zwischenbetrieblichen elektronischen Handels über Internetmarktplätze steigt nach

anfänglichen technischen Umsetzungsproblemen demgegenüber weiterhin steil an6.

Mit der Abwicklung von Beschaffungsvorgängen über derartige B2B-Internet-

marktplätze lassen sich zum Teil erhebliche innerbetriebliche Kosteneinsparungen er-

zielen. Ebenso können Effizienzgewinne durch ein verbessertes Lieferkettenmanage-

ment über die Unternehmensgrenzen hinaus erzielt werden. Zudem wird als Folge der

Verbreitung elektronischer Marktplätze vielfach eine deutliche Steigerung der Markt-

transparenz erwartet.

Eine differenzierte Betrachtung des Phänomens ergibt jedoch, dass neben wettbe-

werbs- und effizienzfördernden Wirkungen auch Konstellationen und spezifische

technische Ausgestaltungen möglich sind, in denen die Gründung oder der Betrieb

eines Internetmarktplatzes auf kartellrechtliche Bedenken stößt. Aus diesem Grund ist

die Frage nach der wettbewerbsrechtlichen Relevanz von elektronischen B2B-Markt-

plätzen in das Interesse der Rechtspraxis gerückt. Die US-Bundeskartellbehörde (Fe-

deral Trade Commission) hat zwei Workshops abgehalten, die sich mit dem Thema

befasst haben. Auch das Bundeskartellamt und die Generaldirektion Wettbewerb der

Europäischen Kommission setzten sich intensiv mit dem Aufkommen elektronischer

Marktplätze auseinander. Die mit der Thematik befasste Aufsatzliteratur ist eher kur-

sorischer Natur, zeigt aber immerhin auf, dass die kartellrechtliche Beurteilung von

Internetmarktplätzen eine Reihe von Fragen aufwirft, die eine vertiefte Erörterung

rechtfertigen.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die kartellrechtlichen Implikationen des Aufkom-

mens von B2B-Internetmarktplätzen zu untersuchen. Hierzu werden zunächst Funkti-

4 Report der FTC zum Workshop “Entering the 21st Century: Competition Policy in the World

of B2B Electronic Marketplaces”, Part I, S. 19, abrufbar unter: http://www.ftc.gov/os/ 2000/10/b2breport.pdf.; Vgl. auch: BKartA, Beschluss v. 29.6.2001, B 5 - 51522 - U 24/01 BuyForMetals und Steel 24-7, S. 13.

5 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 135.

6 Lampert/Michel, B2B-Marktplätze im Internet, K&R 2002, S. 505.

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25

onsweise und technische Ausgestaltung von B2B-Marktplätzen sowie die Anreize un-

tersucht, die für Unternehmen hinsichtlich der Nutzung solcher Marktplätze bestehen.

Die eigentliche kartellrechtliche Untersuchung wird dann auf drei gedanklichen Ebe-

nen vollzogen.

Nach einem kurzen Überblick über den kartellrechtlichen Rahmen und einer kursori-

schen Betrachtung der möglichen Berührungspunkte von B2B-Internetmarkplätzen

mit dem Kartellrecht werden diejenigen Fragestellungen herausgearbeitet, mit denen

die Kartellaufsicht bei der Marktanalyse im Kontext der B2B-Internetmarkplätze kon-

frontiert wird:

Dies betrifft einerseits die Frage nach den Auswirkungen des untersuchten Phänomens

auf die sachlich und geographisch relevanten Märkte. Die Neuheit des Phänomens

lässt es ferner notwendig erscheinen, anschließend heraus zu arbeiten, wie sich der

Wettbewerb zwischen den Internetmarktplätzen vollzieht. Es geht hierbei um die Be-

stimmung der für die Entwicklung des Marktplatzwettbewerbs maßgeblichen Faktoren

und die Form ihrer Berücksichtigung im Rahmen der kartellrechtlichen Marktanalyse.

Nach der Klärung dieser für die Anwendung aller kartellrechtlichen Verbotstatbestän-

de zentralen Vorfragen wendet sich die Arbeit den einzelnen denkbaren Konfliktfel-

dern zwischen B2B-Marktplätzen und dem Kartellrecht auf der Tatbestandsebene zu.

In diesem Teil, der den Schwerpunkt der kartellrechtlichen Untersuchung bildet, wer-

den die drei in der gegenwärtigen Marktplatzlandschaft vorrangig anzutreffenden

Marktplatztypen vorgestellt und die Grenzen aufgezeigt, die sich aus den Vorschriften

des Kartellrechts für ihre Gründung und ihren Betrieb jeweils ergeben.

Der letzte Teil der Arbeit befasst sich mit den Herausforderungen, die sich den Wett-

bewerbsbehörden bei der Aufsicht über Internetmarkplätze im Hinblick auf die Durch-

setzung des Kartellrechts, insbesondere bezüglich der Aufdeckung und Verfolgung

von Verstößen und der internationalen Rechtsdurchsetzung stellen. Ferner sollen eini-

ge Leitlinien für die konkrete technische und organisatorische Ausgestaltung von

Marktplatzsystemen zur Reduzierung des Konfliktpotenzials gegenüber dem Kartell-

recht zusammengetragen werden.

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1. Kapitel

Technologische und ökonomische Grundlagen elektronischer

B2B-Marktplätze

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1. Kapitel - 1. Teil Entstehung, Funktionsweise und wirtschafliche Bedeutung

27

1. Teil

Entstehung, Funktionsweise und wirtschaftliche

Bedeutung

A. Begriffsbestimmung: B2B-Internetmarktplatz

Als Märkte bezeichnet man gemeinhin ökonomische Orte des Austauschs, an denen

sich Angebot und Nachfrage treffen7 und sich ein Austausch durch Transaktionen

vollzieht. Märkte, auf denen Anbahnung und Abwicklung dieser Transaktionen elekt-

ronisch von statten gehen, bezeichnet man folglich als elektronische Märkte. Eine

konkrete Ausformung solcher Märkte sind die sog. B2B-Internetmarktplätze, die auf

der Technologie des Internets aufbauen. Für die Zwecke dieser Arbeit sind unter dem

Begriff der „B2B-Internetmarktplätze“ elektronische Märkte zu verstehen, auf denen

Unternehmen beider Marktseiten Handel miteinander treiben8. Der Untersuchungsge-

genstand umfasst nur „Internetmarktplätze“, also allein solche Transaktionsmedien im

Internet, auf denen eine Mehrzahl von Unternehmen Handel miteinander treibt. Davon

zu unterscheiden und an dieser Stelle nicht behandelt werden Absatzinstrumente im

Internet eines einzelnen Unternehmens, wie etwa Verkaufswebsites, und auch nicht

Softwarelösungen, die mittels Internettechnologie zur Koordinierung des Beschaf-

fungswesens zwischen verschiedenen Unternehmensteilen eines Unternehmens einge-

setzt werden. Der Begriff des „Internetmarktplatzes“ ist dabei doppelt belegt: Funktio-

nal im oben genannten Sinne als Mechanismus für das Zusammenführen von Angebot

und Nachfrage. Zugleich wird mit dem Begriff auch das Unternehmen bezeichnet, das

den Handelsplatz im Internet betreibt.

7 Woll, Wirtschaftslexikon (2000), S. 496. 8 Trotz großer technischer Fortschritte in den letzten Jahren ist eine durchgängige, alle Trans-

aktionsphasen umfassende elektronische Transaktionsunterstützung auch zum gegenwärti-gen Zeitpunkt noch selten auf elektronischen Märkten anzutreffen. Oft lassen sich auch Kommunikationsbeziehungen gar nicht vollständig auf elektronischen Märkten abbilden, weil etwa die beratende Kommunikation vor einem Einkauf persönliche Gespräche erfor-dert. Unter dem Begriff des B2B-Marktplatzes im Sinne dieser Arbeit sollen daher alle Sys-teme zur Unterstützung aller oder einzelner Transaktionsphasen verstanden werden.

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1. Kapitel - 1. Teil Entstehung, Funktionsweise und wirtschafliche Bedeutung

28

Als Synonyme für den genannten Begriff werden in der Literatur vielfach andere Be-

zeichnungen wie „Internethandelsplattform“, „E-Marketplaces“ oder „e-hub“ verwen-

det, auf die aus sprachlichen Gründen in dieser Arbeit ebenfalls zurückgegriffen wer-

den soll9.

B. EDI als Vorläufertechnologie internetgestützter B2B-Marktplätze

Die Abwicklung von Transaktionen zwischen Unternehmen erfolgt seit einigen Jahr-

zehnten zunehmend unter Nutzung der Datenfernübertragung. Neben die Einbindung

von Telefon, Telefax und verwandten Übertragungsmedien treten mehr und mehr mo-

derne Daten verarbeitende Medien, die zu einer höheren Automatisierung von Ge-

schäftsprozessen beitragen konnten10. Vergegenwärtigt man sich, dass der Anteil des

Handels zwischen Unternehmen nach Schätzungen bis zu 70% des Gesamthandels

ausmacht11, werden die massiven Bestrebungen nach einer möglichst effizienten Ab-

wicklung dieser Geschäfte einsichtig.

Seit etwa zwei Jahrzehnten beschränken vor allem Großunternehmen ihre Rationalisie-

rungsbemühungen nicht mehr allein auf den innerbetrieblichen Bereich, sondern ma-

chen Rationalisierungspotentiale verstärkt an den zwischenbetrieblichen Schnittstellen

aus12. Diese auszuschöpfen ermöglichten erst die technischen Neuerungen im Bereich

der Informationstechnologie. Entscheidende Bedeutung kam hierbei der Entwicklung

der sog. EDI (Electronic Data Interchange) Systeme zu. Diese ermöglichen es, ge-

schäftsrelevante Daten zwischen Unternehmen automatisiert auszutauschen.

Derartige Systeme können unter anderem computergestützte Module zur Bedarfs-

planung und -deckung und zur Automatisierung des Rechnungswesens enthalten. Sie

erlauben einem Unternehmen insbesondere, seinen Bedarf an bestimmten Gütern oder 9 Der sprachlichen Vereinfachung wegen werden im Folgenden daneben für den Begriff der

„B2B-Internetmarktplätze“ z.T. die Bezeichnungen „Internetmarktplätze“ bzw. „Marktplät-ze“ verwendet.

10 Zum Einsatz von Kommunikationsmedien zwischen Geschäftsbeziehungspartnern: Gersch, Vernetzte Geschäftsbeziehungen (1998), S. 48ff.

11 Report der FTC zum Workshop „Entering the 21st Century: Competition Policy in the World of B2B Electronic Marketplaces”, Part 1, S. 1.

12 Vgl. hierzu: Schüppler, Informationsmodelle für überbetriebliche Prozesse (1998), S. 1.

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1. Kapitel - 1. Teil Entstehung, Funktionsweise und wirtschafliche Bedeutung

29

Dienstleistungen unmittelbar einem weiteren an das System angeschlossenen

Unternehmen zu melden13. Dadurch ist es möglich, Bestellungen zeitnah zum

tatsächlichen Bedarf abzuwickeln und so Lagerhaltungskapazitäten und -kosten zu

minimieren. Durch die automatisierte Weiterleitung des Bedarfs an den jeweiligen

Lieferanten reduzieren sich die Transaktionskosten erheblich14.

Die vorrangige Koordinationsform des Datenaustauschs mittels EDI ist der bilaterale

Informationsaustausch15. Zwar unterstützen EDI-Systeme in begrenztem Umfang auch

zwischenbetriebliche Koordination in der Organisationsform multilateraler elektroni-

scher Märkte16, also die Möglichkeit einer gleichzeitigen Kommunikation einer Viel-

zahl von Anbietern und/oder Nachfragern miteinander. Doch verhalf erst das Internet

dem multilateralen zwischenbetrieblichen Datenaustausch zum Durchbruch.

Insbesondere wegen der erheblichen Kosten, die mit der Einrichtung von EDI-

Kommunikation in den Unternehmen verbunden sind, haben derartige Systeme bislang

vorwiegend in Großunternehmen Anwendung gefunden17. So nutzen derzeit höchstens

fünf Prozent der deutschen Unternehmen EDI-Systeme18.

13 Eine allgemeingültige Definition des Begriffs Electronic Data Interchange läßt sich in der

Praxis nicht ausmachen. Sehr allgemein lässt EDI sich beschreiben als der Austausch von Informationen mittels Informationstechnologie über die Grenzen einer bestimmten organi-satorischen Einheit hinweg. Vgl.: Brehm, Strategisches Management von Electronic Data Interchange (EDI) (1997), S. 3ff.

14 Vgl.: Report der FTC zum Workshop „Entering the 21st Century: Competition Policy in the World of B2B Electronic Marketplaces”, Part 1, S. 3.

15 Hierzu ausführlich: Arnold, Nutzung elektronischer Märkte für die Beschaffung, in: Na-gel/Erben/Piller, Produktionswirtschaft (2000), S. 290ff.

16 So Gersch, Vernetzte Geschäftsbeziehungen (1998), S. 70ff.; vgl. hierzu weiterhin: Arnold, Nutzung elektronischer Märkte für die Beschaffung, in: Nagel/Erben/Piller, Produktions-wirtschaft (2000), S. 294ff.

17 Harting (KPMG Consulting), Business Exchanges, S.7, abrufbar unter: http://www. ftc.gov./bc/ b2b/comments/ index.htm; Report des OFT, E-Commerce and its Implications for Competition Policy (2000), S. 20, abrufbar unter: http://www.oft.gov.uk/ News/ Publi-cations/Leaflet+Ordering.htm.

18 Dörflein, Electronic Commerce und EDI, in: Thome/Schinzer, Electronic Commerce (2000), S. 181.

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1. Kapitel - 1. Teil Entstehung, Funktionsweise und wirtschafliche Bedeutung

30

C. Aufkommen von B2B-Internetmarktplätzen

Während das Internet anfangs vornehmlich als reines Informationsmedium genutzt

wurde, trat gegen Ende der 1990er Jahre die Möglichkeit der Geschäftsabwicklung im

„virtuellen Raum“ verstärkt in das Bewusstsein von Unternehmen. Eine erste Phase

der Evolution des sog. E-Commerce war dadurch gekennzeichnet, dass Unternehmen

ihre Produkte im Internet gleich einem Schaufenster ausstellten19. Bald darauf ver-

wendete man Online-Bestellformulare und verlegte so die Geschäftsanbahnung bzw.

den Geschäftsabschluss ins Internet.

Elektronische B2B-Marktplätze schließlich erweitern die Möglichkeiten des Absatzes

und Bezugs von Gütern über das Internet ähnlich wie dies ein klassischer Markt ge-

genüber einem Einzelhandelsgeschäft tut: Auf einem Markt kann der Nachfrager zwi-

schen einer Vielzahl von Anbietern und Produkten wählen. Auf das Internet übertra-

gen bedeutet dies: Der Interessent begibt sich nicht gezielt auf die Homepage eines

einzelnen Anbieters, sondern kann über die Internetseiten eines B2B-Marktplatzes an

eine Mehrzahl von Anbietern herantreten, Angebote einholen, diese vergleichen und

ggf. Waren bestellen.

Gegenüber dem Einsatz von EDI-Systemen liegt - abgesehen von dem erheblich grö-

ßeren Funktionsspektrum von B2B-Internetmarktplätzen - ein entscheidender Vorteil

des internetgestützten zwischenbetrieblichen Online-Handels im deutlich geringeren

technischen Implementierungsaufwand und folglich niedrigeren Kosten. Dies lässt

sich daran ablesen, dass zunehmend auch kleine und mittlere Unternehmen von dieser

Technologie Gebrauch machen.20 Auch die erwartete Überwindung der mit den her-

kömmlichen EDI-Systemen verbundenen technischen Unzulänglichkeiten, die etwa

aus der Existenz verschiedener inkompatibler Datenstandards resultieren, tragen zur

Erklärung bei, warum für den Aufbau elektronischer B2B-Internetmarktplätze in na-

hezu allen Branchen erhebliche Investitionen getätigt worden sind. Die hohe

Geschwindigkeit der Verbreitung dieser Marktplätze mag durch die Annahme vieler

19 Jestaedt, Funktionalität, Effizienz und Wettbewerb: B2B-Marktplätze und das Kartellrecht,

BB 2001, S. 581. 20 Vgl.: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmens-

praxis (2002), S. 51f.

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1. Kapitel - 1. Teil Entstehung, Funktionsweise und wirtschafliche Bedeutung

31

Gründungsunternehmen angeheizt worden sein, ein möglichst rascher Auftritt sei mit

sog. „first-mover advantages“ verbunden, deren Existenz dem Markt für Internet-

marktplätze nachgesagt wird21.

D. Technische Funktionsweise der B2B-Internetmarktplätze

Elektronische Marktplätze dienen der Abwicklung von Transaktionen zwischen Han-

delspartnern auf elektronischem Wege. Ihre Stellung ist prinzipiell die eines Mittlers,

der Angebot und Nachfrage zusammenbringt und Transaktionen abwickelt22:

Ein Marktplatznutzer übermittelt z.B. an den Marktplatz die Information, ein bestimm-

tes Gut zu einem festgelegten Preis anbieten zu wollen. Die Nachfrager können dann

auf der Website des Internetmarktplatzes dieses Angebot und ggf. weitere Angebote

anderer Anbieter einsehen. Bei Interesse an dem fraglichen Gut wird eine an den An-

bieter adressierte elektronische Nachfrage abgegeben, die vom Computerserver des

Marktplatzes an den betreffenden Anbieter weitergeleitet wird. In der Folge kommt

dann unmittelbar oder nach weiteren über den Marktplatz erfolgten Verhandlungen der

Transaktionspartner ein Kontrakt zu Stande.

Im Gegensatz zur EDI-Technologie, die primär auf den bilateralen elektronischen Ge-

schäftsverkehr ausgerichtet ist, zielen Internetmarktplätze prinzipiell auf eine markt-

mäßige Organisation mit mehreren Akteuren auf jeder Marktseite. Es handelt sich also

um Netzwerke, in denen mehr als zwei Geschäftseinheiten gleichzeitig beteiligt sind23.

Die genaue Funktionsweise eines Internetmarktplatzes hängt in erster Linie von der

Ausgestaltung der verwendeten Marktplatzsoftware ab. Diese befindet sich in einem

zentralen24 Datenverarbeitungssystem des Marktplatzbetreibers. Die Unternehmen, die

21 Zur Frage der sog. first-mover advantages im Zusammenhang mit Netzmärkten und B2B-

Internetmarktplätzen siehe: Nouel, Competition Assessment of Vertical Mergers and Verti-cal Agreements in the New Economy, abrufbar unter: http://europa.eu.int/comm/enterprise/ library/lib-competition/doc/merger_agreement_study.pdf, S. 109ff.

22 Zur Veranschaulichung: Anhang, Schaubild 1. 23 Dolmetsch, eProcurement (2000), S. 37. 24 Systeme ohne Zentralserver (Peer-to-Peer Networks), wie sie etwa im Bereich der online

file-sharing-Systeme zum Austausch von Musik und Videodateien (etwa: kazaa, e-donkey

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1. Kapitel - 1. Teil Entstehung, Funktionsweise und wirtschafliche Bedeutung

32

den Marktplatz für ihren Handel nutzen wollen, benötigen hierfür eine Anbindung ei-

nes oder mehrerer ihrer Computer an das Internet25. Wegen der weiten Verbreitung

des Internetstandardprotokolls und der Möglichkeit seiner Nutzung auf einer Vielzahl

von Rechner- und Betriebssystemen werden in den Betrieben für die Teilnahme an

simplen Typen von Internetmarktplätzen26 kaum zusätzliche EDV-Ressourcen benö-

tigt. Dies gilt allerdings nur für einfache Transaktionsplattformen uneingeschränkt:

Zahlreiche elektronische Marktplätze im Internet erbringen heute vielfach komplexe

Leistungen. Neben der Hauptfunktion der Zusammenführung von Angebot und Nach-

frage bieten sie oft vielerlei zusätzliche Leistungen wie Logistik-, Zahlungsabwick-

lungsdienstleistungen, Lieferkettenmanagement und Bonitätsprüfung an27. Anders als

bei reinen Transaktionsplattformen lässt sich das Gesamtgebilde aus Internetplattform

und Nutzern dann organisatorisch weniger als reiner „Markt“, sondern eher als ein

Hybrid mit Elementen eines Marktes und - vor allem im Hinblick auf die Integration

gesamter Lieferketten - solchen einer Hierarchie beschreiben.

Zur Nutzung derartiger Funktionen elektronischer Marktplätze ist ein z.T. erheblicher

technischer Implementationsaufwand nötig28. Es müssen etwa gemeinsame Standards

für Produktbeschreibungen festgelegt bzw. durch die Nutzer adaptiert sowie die Pro-

dukte der Nutzer anhand von Produktklassifikationen katalogisiert werden.

u.ä.) genutzt werden, sind für den professionellen Einsatz im E-Commerce bislang nicht über ein erstes Experimentierstadium hinausgelangt.

25 Benötigt werden marktübliche Computerhardware und ein Internetbrowser sowie ein physi-scher Internetzugang. Zur Markplatzsoftware näher: Fricke/Gauder, Standardsoftware für elektronische Märkte - Softwareanalyse und Bewertung, abrufbar unter: http://www.is-frankfurt.de/personal/personaldetails.php?pernr=11.

26 Zur Veranschaulichung vgl.: Anhang, Schaubild 2. 27 Dazu sogleich unter: 1. Kapitel, 2. Teil, C. 28 Vgl.: Report der FTC zum Workshop “Entering the 21st Century: Competition Policy in the

World of B2B Electronic Marketplaces”, Part 1, S. 24.

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1. Kapitel - 1. Teil Entstehung, Funktionsweise und wirtschafliche Bedeutung

33

E. Wirtschaftliche Bedeutung der B2B-Internetmarktplätze

Die Zahl der Internethandelsplattformen ist in den letzten Jahren geradezu

explosionsartig angewachsen. Gab es 1995 weltweit nur 28 B2B-Marktplätze für den

Handel zwischen Unternehmen, waren es 1999 bereits 332 Marktplätze, im Juli 2000

nach Angaben des Bundeskartellamtes 109029 und im Juni 2001 insgesamt 1487,

davon 183 allein in Deutschland30. Gegenwärtig lässt sich auf dem Markt allerdings

eine deutliche Marktkonsolidierung ausmachen.

Gegenüber optimistischen Voraussagen, die für elektronische Marktplätze weltweit

insgesamt von einem Potenzial von bis zu 12 Billionen USD an umgesetzten Waren

und Dienstleistungen ausgehen31, nahmen sich die über Internethandelsplattformen

getätigten Umsätze in den vergangenen Jahren noch recht bescheiden aus. Auf den in

Deutschland betriebenen Internetplattformen wurden in den ersten Monaten des Jahres

2001 Transaktionsvolumina von jeweils durchschnittlich 4,4 Mio. EUR pro Markt-

platz erzielt32. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich die Mehrzahl der elektro-

nischen Marktplätze zu diesem Zeitpunkt noch in der Aufbauphase befand. Einige

Großunternehmen haben jedoch schon in dieser Frühphase der Entwicklung erhebliche

Umsätze über Internetmarktplätze abgewickelt. So hat DaimlerChrysler bereits im

Jahr 2001, dem ersten Jahr des Bestehens des von ihm mitbegründeten elektronischen

Marktplatzes Covisint, insgesamt 10 Mrd. EUR über 510 Online-Bietverfahren abge-

wickelt. Davon allein 3,5 Mrd. EUR in einem einzigen Online-Bietverfahren, das 43%

des Gesamtwertes der Teile einer künftigen Modellbaureihe von Chrysler umfasste33.

29 Zahlen entnommen aus: Beschluss des BKartA v. 25.9.2000 - B 5 - 34100 - U 40/00, S.11. 30 Zahlen entnommen aus: Beschluss des BKartA v. 29.6.2001, B 5 - 51522 - U 24/01, S. 13. 31 So die Studie von Credit Suisse First Boston Corporation, B2B evolution (2000), S. 5. Zu

beziehen über: http://www.competence-site.de/emarktplaetze.nsf/fbfca92242324208c1256 9e4003b2580/731b7b01b8e 77d8fc1256998005f6516!OpenDocument&Highlight=2,B2B, intelligence.

32 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 51.

33 Pressemitteilung, E-Business rechnet sich für DaimlerChrysler, Das Industrie Magazin 10/2002, S. 50.

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1. Kapitel - 1. Teil Entstehung, Funktionsweise und wirtschafliche Bedeutung

34

Insgesamt hat der Konzern damit bereits im Jahr 2001 rund ein Drittel des Jahresbe-

schaffungsvolumens über diese Plattform abgewickelt. Die Durchlaufzeiten im Ein-

kauf konnten nach Aussagen des Konzerns um rund 80% reduziert, Prozess- und Ein-

kaufskosten deutlich gesenkt werden34.

Im Einzelnen divergieren die Prognosen über die zukünftige wirtschaftliche Bedeu-

tung von Internethandelsplattformen nicht unerheblich35. Der Markt für Internetmarkt-

plätze befindet sich noch immer in einer Entwicklungsphase36, die von Markteintritten,

aber zunehmend auch Marktaustritten sowie Zusammenschlüssen gekennzeichnet ist.

Technische und organisatorische Weiterentwicklungen der Marktplätze verändern

permanent das Bild und erschweren zuverlässige Vorhersagen37. In nahezu allen Wirt-

schaftssparten haben sich mittlerweile Marktplätze für den elektronischen B2B-Handel

etabliert38.

Auch wenn sich das exakte Ausmaß des zukünftigen elektronischen B2B-Handels

noch nicht absehen lässt, vermuten Unternehmen und Kartellbehörden übereinstim-

mend, dass diese Entwicklung zu nachhaltigen Veränderungen des Geschäftslebens

führen wird39. Eine Vielzahl namhafter Beratungsfirmen hat sich vornehmlich aus be-

triebswirtschaftlicher Perspektive mit der Materie ausführlich befasst40. Die Anzahl

34 Pressemitteilung, E-Business rechnet sich für DaimlerChrysler, Das Industrie Magazin

10/2002, S. 50. 35 Vgl. die tabellarische Gegenüberstellung verschiedener Prognosen bei: http://www.ecin.de/

marktbarometer/b2b-umsatz/ und weiterhin http://www.ecin.de/news/2001/03/14/01687/; ferner unter: http://193.202.26.196/bmwi/abbildungen_2002 _04/266.jpg.

36 Vgl.: Anhang, Schaubild 3. 37 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis

(2002), S. 49. 38 Vgl. die Branchendatenbank von Berlecon Research: erreichbar unter: http://berlecon.

de/cgi/b2b/main; Vgl. weiterhin die Austellung unter: http://193.202.26.196/bmwi/ abbildungen_2002_04/308.jpg.

39 Vgl.: Böge, Ist das deutsche Kartellrecht für elektronische Marktplätze noch zeitgemäß?, in: Recht, Wettbewerb und e-Commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 39, 40f.

40 Statt vieler: Credit Suisse First Boston Corporation, B2B evolution (2000); accenture, The surprising success of European eCommerce (2000), abrufbar unter: http:// managementcon-sult.profpages.nl/man_bib/rap/accenture04.html; Berlecon Research, Vom Vermittler zum Dienstleister: B2B-Markplätze in Deutschland (2001).

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1. Kapitel - 1. Teil Entstehung, Funktionsweise und wirtschafliche Bedeutung

35

wirtschaftswissenschaftlicher Veröffentlichungen hierzu steigt seit 1999 ebenso in

bemerkenswerter Weise41.

41 Vgl. nur: Amor, Die E-Business-(R)Evolution (2000); Bogaschewsky, b2b-Marktplätze im

Überblick (2001); Kollmann, Virtuelle Marktplätze (2001); Nenninger, B2B-Erfolg durch eMarkets (2001); Raisch, The e-marketplace (2001); Schneider/Schnetkamp, E-Markets B2B Strategien im Electronic Commerce (2000); Wise/Morrison, Die zweite Revolution im Geschäft Business-to-Business, Harvard Business Manager 3/2001, S. 40.

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1. Kapitel - 2. Teil Marktplatztypen und Systematisierungskriterien

36

2. Teil

Marktplatztypen und Systematisierungskriterien

A. Grundsätzliches

Derzeit existiert eine Vielzahl von Gestaltungsvarianten für elektronische B2B-

Marktplätze. Grund für die unterschiedlichen Ausgestaltungen sind die Verschiedenar-

tigkeit der Leistungen, die durch den jeweiligen Marktplatz erbracht werden sollen,

sowie die unterschiedlichen mit dem Marktplatzvorhaben verfolgten Unternehmens-

strategien.

Auch wenn noch keine einheitliche Terminologie zur Unterscheidung der unterschied-

lichen Marktplatzvarianten existiert, haben sich allgemein einige Kriterien zur näheren

Beschreibung elektronischer Marktplätze durchgesetzt. Für das Verständnis der weite-

ren Betrachtung erscheint eine kurze Erläuterung dieser Begrifflichkeiten notwendig.

Auf sie wird in der anschließenden rechtlichen Untersuchung zurückgegriffen.

B. Unterscheidung nach dem verwendeten Transaktionsmechanismus

I. Überblick

Ein gängiges Kriterium zur Beschreibung elektronischer Marktplätze stellt die Diffe-

renzierung nach den von der Plattform zur Verfügung gestellten Preisfindungsmecha-

nismen dar42.

So arbeiten einige Plattformen ähnlich wie herkömmliche Auktionen oder Ausschrei-

bungen. Ebenso finden sich Marktplätze, auf denen der Marktpreis eines Gutes nach

dem Prinzip einer traditionellen Börse ermittelt wird. Daneben werden in einigen

Marktplätzen Waren oder Dienstleistungen zu Festpreisen angeboten. Hier kann der

Käufer aus Katalogen auswählen, die auf den Web-Seiten des Marktplatzes abgelegt

42 Eine Übersicht über die Häufigkeit der Verwendung der nachfolgend aufgeführten Transak-

tionsmechanismen findet sich unter: http://193.202.26.196/bmwi/abbildungen_2002_ 04/311.jpg.

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1. Kapitel - 2. Teil Marktplatztypen und Systematisierungskriterien

37

oder über dieselben erreichbar sind. Schließlich bieten einige Marktplätze die Mög-

lichkeit, den Preis frei auszuhandeln.

Jedes der genannten Modelle weist dabei spezifische Eigenschaften auf, die es für be-

stimmte Güter, Branchen oder Geschäftsbeziehungen geeigneter bzw. weniger geeig-

net erscheinen lässt.

II. Auktionen und Ausschreibungen

Die Form der Auktion als Preisfindungsmechanismus hat durch das Internet neue Po-

pularität erlangt43. Als Beispiel mag die bekannte Auktionsbörse ebay44 gelten. Die

Mehrzahl der B2B-Internetmarktplätze unterstützt eine oder mehrere unterschiedliche

Auktionsroutinen. Beobachten lassen sich drei Grundformen: herkömmliche verkäu-

ferinitiierte Auktionen, umgekehrte Auktionen mit fallenden Preisen und Ausschrei-

bungen. Die Preisfindung in einer Auktion lässt sich als dynamisch beschreiben45. Der

Preis für ein Gut steht erst mit Abschluss der Versteigerung bzw. Ausschreibung fest.

Er ergibt sich wie bei herkömmlichen Versteigerungen aus dem höchsten Gebot. Um-

gekehrt spezifiziert bei einer Ausschreibung der Kaufinteressent ein Gut und verschie-

dene Anbieter bemühen sich um den Auftrag. Der preisgünstigste Anbieter erhält den

Zuschlag. Typischerweise stehen einem Anbieter bei der Versteigerung bzw. einem

Nachfrager bei dem Ausschreibungsmodell mehrere Teilnehmer der anderen Marktsei-

te gegenüber46.

Auktionsmodelle und Ausschreibungen auf elektronischen Marktplätzen eignen sich

nach Einschätzung des Office of Fair Trade, UK47 insbesondere für den Handel mit

Produkten, die eine hohe Komplexität aufweisen, sich aber dennoch leicht spezifizie-

43 Hierzu: Fritz, Internet-Marketing und Electronic Commerce (2001), S. 139f.; Sas-

hi/O´Leary, The role of Internet auctions in the expansion of B2B markets, Industrial Mar-keting Management 31, 2002, S. 103ff; Für die technische Funktionsweise und Referenz-prozesse vgl.: Buchwalter/Brenner/Zarnekow, Referenzprozesse für elektronische Auss-schreibungen aus Sicht des industriellen Einkaufs, Wirtschaftsinformatik 2002, S. 345.

44 http://www.ebay.de. 45 Report des OFT, E-Commerce and its Implications for Competition Policy (2000), S. 25. 46 Sog. “one-to-many”-Preisfindung, vgl.: Report des OFT, E-Commerce and its Implications

for Competition Policy (2000), S. 25ff. 47 Report des OFT, E-Commerce and its Implications for Competition Policy (2000), S. 20.

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1. Kapitel - 2. Teil Marktplatztypen und Systematisierungskriterien

38

ren lassen48. Einzelauktionen erscheinen wegen der relativ aufwendigen Transaktions-

abwicklung für den Umsatz stark kommoditisierter Güter hingegen weniger geeig-

net49. Der gegenüber Online-Börsen und Katalog-Modellen regelmäßig höhere Zeit-

und Personalaufwand für die Transaktionsanbahnung lässt sich insbesondere dann

rechtfertigen, wenn es um die Anschaffung einzelner, nicht standardisierter Güter

geht50.

III. Börsen

Für elektronische Transaktionsmechanismen, bei denen die Preisfindung für Güter

dynamisch ist und bei denen die Verhandlungsmöglichkeiten beider Marktseiten prin-

zipiell symmetrisch angelegt sind51, hat sich der Begriff der Online-Börse durchge-

setzt. Der Preis für ein bestimmtes Gut verändert sich hier ständig mit der Anzahl der

Nachfragen und Angebote. Regelmäßig stehen sich mehrere Teilnehmer auf jeder

Marktseite gegenüber. Diese Internetbörsen dienen, ähnlich ihren klassischen Entspre-

chungen, der Zusammenführung von Angebot und Nachfrage nach determinierten Re-

geln. Der Internetmarktplatz übernimmt die sog. Matching-Funktion, prüft und aggre-

giert Angebote und Nachfragen und leitet sie an den passenden Handelspartner wei-

ter52. Zum Umsatz auf Online-Börsen sind typischerweise standardisierte Produkte

48 So auch die Stellungnahme von Baker & Mc.Kenzie, Comments Regarding B2B Electronic

Marketplaces, S. 7, zum Workshop der FTC “Entering the 21st Century: Competition Policy in the World of B2B Electronic Marketplaces”; abrufbar unter: http://www.ftc.gov./ bc/b2b/comments/index.htm.

49 Auch bei kommoditisierten Gütern lassen sich Online-Auktionen jedoch dann sinnvoll einsetzen, wenn eine große Stückzahl den Aufwand einer Auktion rechtfertigt oder wenn die Auktionsprozesse mittels Softwareagenten automatisiert werden können. Zu den techni-schen Realisierungsmöglichkeiten: Peters, Automatisierte Auktionen, Wirtschaftsinforma-tik 2002, S. 131.

50 Zum Ganzen ausführlich: Aust/Diener/Engelhardt/Lüth, ePurchasing - Im Internet ist der Kunde wieder König, 2000, S. 48. Andererseits müssen die in Frage stehenden Güter ein-deutig zu spezifizieren sein, Koenig/Kulenkampff/ Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 40f.

51 Derartige Mechanismen werden zuweilen auch mit dem Begriff “doppelte Auktionen” oder als mehrseitige Verhandlungsmechnismen umschrieben. Dazu: Peters, Elektronische Märk-te und automatisierte Verhandlungen, Wirtschaftsinformatik, 5/2000, S. 413, 419.

52 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 42.

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1. Kapitel - 2. Teil Marktplatztypen und Systematisierungskriterien

39

und Rohstoffe geeignet. Komplexe und hochspezifizierte Produkte eignen sich weni-

ger zum Handel auf Online-Börsen53.

IV. Kataloge

Anders als es bei den vorgenannten Modellen der Fall ist, enthalten Online-Kataloge

statische, durch die Anbieter festgesetzte Preise54. Einkäufer können mit Hilfe von Ka-

taloglösungen auf elektronischen Marktplätzen in der Regel auf die Angebote mehre-

rer Lieferanten zugreifen und Preise vergleichen. Die Online-Kataloge werden entwe-

der auf der Grundlage einer individuellen Geschäftsbeziehung zwischen Käufern und

Verkäufern aufgrund zuvor von diesen ausgehandelten Konditionen zusammengestellt

(sog. kundenspezifizierte Kataloge) oder als allgemeine Preislisten aufgeführt. Die

Vertragsanbahnung lässt sich auf diese Weise in hohem Maß automatisieren: Die Be-

stellung des Käufers wird über den Marktplatz an den jeweiligen Lieferanten weiter-

gegeben, die Transaktionssumme wird gutgeschrieben bzw. das Konto des Käufers

belastet55. Gegenüber herkömmlichen Papierkatalogen bieten Online-Kataloge in

technischer Hinsicht erhebliche Vorteile, wie z.B. die Möglichkeit der Einbindung

audiovisueller Medien. Zudem enthalten die einschlägigen Internetmarktplätze Such-

funktionen, die das Auffinden eines bestimmten Artikels erheblich vereinfachen.

Marktplatzkataloge, die die Angebote einer Vielzahl von Anbietern umfassen, verbes-

sern den Marktüberblick der Nachfrager56.

Kataloge eignen sich zum Handel mit einfachen wie auch mit komplexen Gütern. Ka-

taloge sind insbesondere für den Absatz von Gütern attraktiv, in denen ein individuel-

les Aushandeln des Preises Kosten erzeugen würde, die das potenzielle Einsparpoten- 53 Vgl.: Report des OFT, E-Commerce and its Implications for Competition Policy (2000),

S. 25. 54 Zu den verwendeten Kataloglösungen im elektronischen Geschäftsverkehr: Vgl.:

Aust/Diener/Engelhardt/Lüth, ePurchasing - Im Internet ist der Kunde wieder König (2000), S. 40ff.

55 Dies betrifft zunächst nur das „marktplatzinterne“ Konto des jeweiligen Nutzers. Zur Ver-buchung auf den externen Konten der Nutzer ist eine Einbindung der hausinternen ERP-Software erforderlich. Vgl.: Aust/Diener/Engelhardt/Lüth, ePurchasing - Im Internet ist der Kunde wieder König (2000), S. 40.

56 Allgemein zu diesem Aspekt: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 43.

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1. Kapitel - 2. Teil Marktplatztypen und Systematisierungskriterien

40

zial der genannten dynamischen Preisfindungsmodelle übersteigen würden57. Gegens-

tand des Handels über Kataloge sind aus diesem Grund häufig Güter des indirekten

Bedarfs, sog. MRO-Güter58, wie etwa Bürobedarf59.

V. Verhandlungsmodelle

Verschiedene Internethandelsplattformen bieten Teilnehmern neben Auktionen, Bör-

sen und Katalogen auch Routinen zur Durchführung freier Verhandlungsführung an.

Diese Mechanismen eignen sich insbesondere für die Online-Abwicklung von kom-

plexen Gütern, für die eine Automatisierung der Beschaffungsvorgänge nicht in Be-

tracht kommt.

VI. Parallele Verwendung mehrerer Transaktionsmechanismen

In der Praxis stellen zahlreiche elektronische Marktplätze ihren Kunden mehrere der

genannten Absatzroutinen zu Verfügung, um den unterschiedlichen Bedürfnissen der

einzelnen Nutzer gerecht zu werden60. So sieht die Internetplattform Covisint neben

Käufer- und Verkäuferauktionen zusätzlich die Verwendung von Online-Katalogen

vor61. Für die Beschaffung komplexer Güter stellt Covisint darüber hinaus spezielle

Werkzeuge zur Recherche, Anfrage und zum Preisvergleich zur Verfügung, die indi-

57 So der Report des OFT, E-Commerce and its Implications for Competition Policy (2000),

S. 25. 58 Unter MRO-Gütern (Maintenance Repair Operations) versteht man Produkte und Dienst-

leistungen, die jedes größere Unternehmen weitgehend unabhängig von der Branchenzuge-hörigkeit benötigt.

59 Vgl.: Aust/Diener/Engelhardt/Lüth, ePurchasing - Im Internet ist der Kunde wieder König (2000), S. 41.

60 So geht eine Studie von Morgan Stanley Dean Witter davon aus, dass die erfolgreichsten Plattformen diejenigen sein werden, denen es gelingt, die verschiedenen Modelle verbinden zu können: Morgan Stanley Dean Witter, The B2B Internet Report Collaborative Commer-ce, S. 28, abrufbar unter: http://www.ftc.gov./bc/b2b/comments/index.htm.

61 Vgl. hierzu die Informationen auf der Homepage von Covisint: abrufbar unter: http://www.covisint.com.

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1. Kapitel - 2. Teil Marktplatztypen und Systematisierungskriterien

41

viduelle Verhandlungen zwischen Anbietern und Nachfragern ermöglichen62. Ähnlich

vielfältig sind die Angebote einer Reihe weiterer Internetplattformen63.

Vor allem dann, wenn verschiedene komplexe Güter über eine Plattform angeboten

werden sollen, oder Unternehmen verschiedener Branchen teilnehmen, deren Bedarf

unterschiedlich strukturiert ist, erscheint es vorteilhaft, mehrere Abwicklungsmodelle

nebeneinander anzubieten64.

C. Unterscheidung nach den angebotenen (Zusatz-) Leistungen

Die Vielfalt der derzeit existierenden Geschäftsmodelle für B2B-Internetmarktplätze

lässt sich ferner anhand der unterschiedlichen angebotenen Leistungsspektren ablesen.

Man findet einerseits die zur ersten Generation von Internetmarktplätzen zählenden

„reinen“ Transaktionsplattformen65. Sie ermöglichen ihren Benutzern die elektro-

nische Angebotseinholung, Preisvergleiche und -verhandlungen sowie den Online-

Vertragsschluss66.

Daneben entstanden in jüngster Vergangenheit andererseits vermehrt Internetmarkt-

plätze, die neben den gerade genannten Leistungen vielfältige zusätzliche Dienstleis-

tungen, vor allem in den Bereichen Logistik und Systemintegration, Finanzdienstleis-

tungen, Datenbeschaffung und -verarbeitung, anbieten67.

Ein Beispiel hierfür ist wiederum der elektronische Marktplatz Covisint, der neben den

Software-Werkzeugen zur Abwicklung von Handelsgeschäften eine Fülle weiterer

62 Diese Funktionen werden bei Covisint unter dem Begriff „Quote Manager“ geführt.

Einzelheiten abrufbar unter: http://www.covisint.com. 63 Beispielhaft sollen für den Bereich horizontal ausgerichteter Marktplätze atradapro und für

vertikal ausgerichtete Markplätze Metalauctions.com genannt werden, die vor allem auf Nutzer aus Deutschland fokussiert sind.

64 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 99.

65 Beispiel hierfür ist etwa die Plattform CC-Markets. Vgl. dazu: BKartA, Beschluss v. 23.10.2000 CC-markets, B 3 - 72303 - U - 76/00, S. 5.

66 DeSanti, B2B Conference - Opening Remarks, S. 2, abrufbar unter: http://www.ftc. gov./bc/b2b/

67 Hierzu: Immenga/Lange, Elektronische Marktplätze: Wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen im Internet?, RiW 2000, S. 733.

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1. Kapitel - 2. Teil Marktplatztypen und Systematisierungskriterien

42

Funktionen zur Verfügung stellt. Dazu gehören unter anderem wertschöpfende Servi-

celeistungen für Bereiche wie Marketing, Werbung, Bewertung/Schätzung von Anla-

gegütern, Produkttests, Versicherungen, Garantien, Treuhand, Leasing, Renovierung

und Lagerverwaltung sowie Beratungsserviceleistungen für die Ermittlung des betrieb-

lichen Kapitalvermögensbedarfs der Teilnehmer.

Neben dem Beschaffungswesen liegt ein weiterer Tätigkeitsschwerpunkt vieler elekt-

ronischer B2B-Marktplätze in der Optimierung des Lieferkettenmanagements68. Es

wird versucht, bestehende Systembrüche zwischen den Unternehmen einer Lieferkette

und mangelnden Informationsaustausch zwischen Lieferanten und Abnehmern zu be-

seitigen69.

D. Unterscheidung nach der Betreiberstruktur

Die ersten elektronischen B2B-Marktplätze wurden mehrheitlich von Unternehmen

gegründet, deren Interesse nicht der eigenen Beteiligung am Güterhandel auf dem

Marktplatz galt. Es handelte sich vorwiegend um sog. „Internet-Start-Up“-

Unternehmen, die Dienstleistungen zur Geschäftsanbahnung und -abwicklung im In-

ternet gegen Entgelt für den Handel zwischen anderen Unternehmen bereitstellen70.

Die Betreiberunternehmen organisieren also den Marktplatzhandel ohne selbst auf

dem Marktplatz zu handeln (sog. neutrale Marktplätze71).

Seit dem Jahr 1999 entstehen daneben verstärkt Internethandelsplattformen, die von

traditionellen Industrieunternehmen betrieben werden. Die Marktplatzbetreiber gehö-

ren hier zugleich zu den Anbietern oder Nachfragern derjenigen Güter, die über die

Plattform gehandelt werden. Ein gängiges Modell stellt hierbei die Gründung eines

B2B-Marktplatzes durch mehrere Unternehmen einer bestimmten Branche dar. So

68 Vgl. hierzu wiederum die Homepage von Covisint: abrufbar unter: http://

www.covisint.com. 69 Zu dem genannten Optimierungsbedarf: Aust/Diener/Engelhardt/Lüth, ePurchasing - Im

B2B eCommerce ist der Kunde wieder König (2000), S. 25ff. 70 Alese, B2B exchanges and E.C. Competition Law: 2B or not 2B?, ECLR 2001, S. 325.

Arndt, Erfolgreich auf B2B-Marktplätzen (2002), S. 70f. 71 Für eine schematische Darstellung dieses Marktplatztyps vgl.: Anhang, Schaubild 4.

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1. Kapitel - 2. Teil Marktplatztypen und Systematisierungskriterien

43

fanden in einer ganzen Reihe von Branchen Unternehmen dieser Industriesparte zu-

sammen, um eine gemeinsame Handelsplattform (sog. Branchenplattform72) für den

Handel untereinander und/oder mit Dritten aufzubauen. Ein prominentes Beispiel ei-

nes solchen Branchenmarktplatzes bildet der von führenden Automobilherstellern ini-

tiierte Marktplatz Covisint73.

Neben den neutralen Plattformen und den Branchenplattformen bildet sich mit den

sog. privaten Marktplätzen74 eine dritte Kategorie elektronischer Marktplätze heraus.

Hierunter versteht man Internethandelsplätze, die von einem einzelnen Industrieunter-

nehmen gegründet werden und vorrangig dazu dienen, dessen Handelsbeziehungen zu

seinen Zulieferern und/oder Abnehmern effizienter zu gestalten und Einkaufspreise zu

senken75.

E. Unterscheidung nach dem Einnahmenmodell

Ein weiteres Kriterium zur Beschreibung elektronischer Marktplätze bildet die Art der

Einnahmenerzielung76. Eine Möglichkeit besteht in der Erhebung einer transaktions-

gebundenen Gebühr77, die an die Zahl der abgewickelten Transaktionen anknüpft oder

im Verhältnis zu den getätigten Umsätzen berechnet wird78.

Verwendung finden daneben feste Gebühren für die Benutzung des Marktplatzes in

Form von Mitgliedschaftsbeiträgen.

Darüber hinaus erheben einige Markplätze für die angebotenen Zusatz-Dienst-

leistungen weitere Gebühren. Auch die Bewerbung von Produkten für einen Teilneh-

72 Zur Veranschaulichung vgl.: Anhang, Schaubild 5. 73 http://www.covisint.com. 74 Zur Veranschaulichung vgl.: Anhang, Schaubild 6. 75 Zum Aufkommen von sog. privaten Internetmarktplätzen siehe Schmidt, Nach der Begeis-

terung über Branchenpalttformen konzentrieren sich die Unternehmen jetzt auf private On-line-Marktplätze, FAZ v. 1.03.2001, S. 29.

76 Eine Aufstellung der Anteile der verschiedenen Einnahmequellen für B2B-Internetmarkt-plätze findet sich unter: http://193.202.26.196/bmwi/abbildungen_2002_04/313.jpg.

77 Kerrigan/Roegner/Swinford/Zawada, B2B Basics, The McKinsey Quarterly, No. 1, 2001. 78 Zu den verschiedenen Modellen im Einzelnen siehe den Report der FTC zum Workshop:

„Competition Policy in the World of B2B Electronic Marketplaces“, Part 1, S. 14.

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1. Kapitel - 2. Teil Marktplatztypen und Systematisierungskriterien

44

mer, beispielsweise in Form von Banner- oder Email-Werbung, kann durch den

Marktplatzbetreiber gegen zusätzliche Gebühren erbracht werden.79.

Elektronische Marktplätze sind nicht zuletzt dazu geeignet, große Datenmengen über

Transaktionen, Konkurrenten, Abnehmer und Lieferanten zusammenzutragen. Der

Verkauf bzw. die Zugänglichmachung dieser Informationen kann eine weitere Ein-

nahmequelle darstellen. In der Praxis werden z.T. verschiedene Modelle der Gebüh-

renerhebung kombiniert.

F. Unterscheidung nach der Integrationsrichtung

Zur Beschreibung elektronischer B2B-Marktplätze wird häufig darauf abgestellt, ob

eine Plattform „horizontal“ oder „vertikal“ ausgestaltet ist. Als „horizontale“ Internet-

handelsplätze werden Marktplätze bezeichnet, die vornehmlich zur branchenübergrei-

fenden Optimierung des Beschaffungswesens von Unternehmen konzipiert sind. Ver-

tikale Strukturen weisen dieser Systematik entsprechend diejenigen Marktplätze auf,

deren primäres Anliegen es ist, Partner derselben Branche über mehrere Handelsstufen

hinweg zueinander zu führen. Die verschiedenen Konzepte schließen sich aber nicht

notwendig aus; die Übergänge sind fließend. Oft wird sich letztlich nur feststellen las-

sen, ob ein Marktplatz eher horizontal oder eher vertikal ausgerichtet ist80.

G. Unterscheidung nach der Integrationstiefe

Schließlich lassen sich die existierenden Marktplätze nach der durch sie erzielten „In-

tegrationstiefe“ einteilen: Horizontale Marktplätze zielen regelmäßig auf die effizien-

tere Gestaltung des Einkaufs. Sie zielen auf Transaktionskosteneinsparung durch Ver-

ringerung der Such- und Beschaffungskosten, verbesserte Marktübersicht und ggf.

auch auf Nachfrage- oder Angebotsbündelung.

79 Vgl.: Report der FTC zum Workshop „Competition Policy in the World of B2B Electronic

Marketplaces“, Part 1, S. 14ff. 80 Zu diesem Aspekt siehe: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in

der Unternehmenspraxis (2002), S. 50.

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1. Kapitel - 2. Teil Marktplatztypen und Systematisierungskriterien

45

Vertikale Marktplätze intendieren daneben hingegen zunehmend eine verbesserte Ko-

ordinierung der Informations- und Materialflüsse entlang der Lieferketten sowie eine

Intensivierung der Zusammenarbeit bei der Produktentwicklung81. Die Prozessintegra-

tion wird hier über die Unternehmensgrenzen hinaus betrieben82. Bei jenen Internet-

handelsplätzen ist also die Integration der Marktplatznutzer intensiver als bei solchen,

die schlichte Transaktionsplattformen darstellen.

81 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis

(2002), S. 33f. 82 Zur Veranschaulichung vgl.: Anhang, Schaubild 7.

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1. Kapitel - 3. Teil Wirtschaftliche Anreize für die Nutzung von B2B-Internetmarktplätzen

46

3. Teil

Wirtschaftliche Anreize für die Nutzung von B2B-

Internetmarktplätzen

A. Kostensenkung

I. Senkung der Such- und Transaktionskosten

Primärer Anreiz zur Teilnahme am Handel über elektronische Marktplätze ist die Er-

wartung signifikanter Kostensenkungen83. Mit Hilfe von Internethandelsplattformen

sinken Zeit- und Personalaufwand für die Suche nach den benötigten Gütern84. Durch

den Zugriff auf die Angebote verschiedener Unternehmen sinkt für die Nachfrager

zugleich der Zeitaufwand für den Produkt- und Preisvergleich. Weiterhin werden er-

hebliche Kosteneinsparungen infolge der Automatisierung von Beschaffungsprozessen

mittels elektronischer Marktplätze erwartet85.

II. Senkung der Einkaufskosten

Die mit dem Einsatz von Internetmarktplätzen verbundene Erhöhung der Markttrans-

parenz führt nicht nur zur Erwartung niedriger Suchkosten. Aus der verbesserten Ver-

gleichsmöglichkeit resultiert die Möglichkeit, „zu teure“ Anbieter zu meiden. Einige

B2B-Marktplätze erlauben z.B. sog. comparison shopping: Einem Nachfrager werden

die seiner Nachfrage entsprechenden Angebote verschiedener Anbieter zusammen mit

83 Vgl. die Erhebung von Forrester Research, abrufbar unter: http://193.202.26.196/bmwi/

abbildungen_2002_04/313.jpg. 84 Report der FTC zum Workshop „Entering the 21st Century: Competition Policy in the

World of B2B Electronic Marketplaces”, Part 2, S. 4f.; Nouel, Competition Assessment of Vertical Mergers and Vertical Agreements in the New Economy, S. 105.

85 Kostenintensive persönliche Verkaufsgespräche können auf diese Weise ebenso entbehrlich werden, wie die zeit- und personalaufwendige Verwendung von manuellen Bestellungen mittels Telefon, Fax etc. Kosten können so teilweise auf einen Bruchteil reduziert werden. Vgl. hierzu: Report der FTC zum Workshop „Entering the 21st Century: Competition Pol-icy in the World of B2B Electronic Marketplaces”, Part 2, S. 3.

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1. Kapitel - 3. Teil Wirtschaftliche Anreize für die Nutzung von B2B-Internetmarktplätzen

47

den jeweiligen Preisen und sonstigen Vertragskonditionen aufgelistet86. Die Senkung

von Beschaffungskosten ist somit einer der vorrangigen Anreize der Nutzung von In-

ternetmarktplätzen87. Zur Senkung der Einkaufskosten stellt die Marktplatztechnologie

ferner Instrumentarien zur Nachfragebündelung durch gemeinsamen Einkauf zu Ver-

fügung88. Der potenziell weltweite Fokus eines Internetmarktplatzes erlaubt zudem

ggf. das Ausweichen auf geographisch weit entfernte, günstige Anbieter, die mittels

herkömmlicher Medien bislang nur schwer zu erreichen waren. Einsparungen in der

Beschaffung lassen sich ferner dadurch erzielen, dass die Einkaufsaktivitäten eines

Unternehmens zusammengefasst und zentral über einen B2B-Internetmarktplatz ab-

gewickelt werden. Auf diese Weise reduzieren sich „wilde“ Käufe (sog. maverick pur-

chasing) durch eigene Mitarbeiter des Unternehmens89. Es ist schließlich geltend ge-

macht worden, B2B-Internetmarktplätze könnten unter Umständen genutzt werden,

um einzelne Handelsstufen zu überspringen (sog. Disintermediation), indem etwa ein

Produkt direkt vom Hersteller unter Aussparung der Zwischenhandelsstufe bezogen

wird90.

86 Hierzu: Report der FTC zum Workshop „Entering the 21st Century: Competition Policy in

the World of B2B Electronic Marketplaces”, Part 2, S. 5. 87 Nouel, Competition Assessment of Vertical Mergers and Vertical Agreements in the New

Economy, S. 104f. 88 Report der FTC zum Workshop „Entering the 21st Century: Competition Policy in the

World of B2B Electronic Marketplaces”, Part 2, S. 8f. 89 Ineffizienzen in der Beschaffung entstehen z.T. dadurch, dass Einkäufe von unterschiedli-

chen Abteilungen, oft in Unkenntnis bezüglich der zuvor von einer anderen Abteilung aus-gehandelten günstigeren Bedingungen getätigt werden. Bündelungspotenziale bleiben so ebenfalls unausgeschöpft. Verschiedene Routinen zur Vermeidung sog. maverick purcha-sing können in die Kommunikationskanäle zwischen B2B-Marktplatz und der unterneh-mensinternen Beschaffungssoftware eingebunden werden und derartige Ineffizienzen ver-ringern. Siehe zu diesem Aspekt: Report der FTC zum Workshop „Entering the 21st Cen-tury: Competition Policy in the World of B2B Electronic Marketplaces”, Part 2, S. 8.

90 Bailey, Covisint - A Competitive Collaboration, Statement für den Workshop der FTC, Emerging Issues for Competition Policy in the World of E-Commerce, 7./8.5.2001, S. 6f., abrufbar unter: http://www.ftc.gov/opp/ecommerce/ comments/baileycovisint.pdf. Zum Phänomen der Disintermediation als Option zur Reduktion der Produktkosten: Schinzer/Thome, Electronic Commerce (2000), S. 7f.

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1. Kapitel - 3. Teil Wirtschaftliche Anreize für die Nutzung von B2B-Internetmarktplätzen

48

III. Lieferkettenmanagement und Senkung von Lagerkapazitäten

Weitere Einsparungen durch den Einsatz von elektronischen Marktplätzen ermöglicht

die Anbindung bereits bestehender unternehmensinterner, computergestützter Beschaf-

fungssysteme an Internetmarktplätze. Durch die Anbindung bereits im Unternehmen

installierter Enterprise-Ressource-Planning-Systeme an Marktplatzsysteme wird die

automatisierte Übermittlung von Informationen über den betriebsinternen Bedarf an

den Marktplatz und die vollständig elektronische Abwicklung der Bestellungen er-

möglicht, wodurch sich der Personaleinsatz reduzieren lässt91.

Viele vertikal ausgerichtete Internethandelsplätze zielen außerdem darauf ab, diese

Automation über mehrere Wertschöpfungsstufen hinaus entlang der Wertschöpfungs-

kette zu ermöglichen.

Marktplätze bieten vielfältige Potenziale zur Verbesserung des Lieferkettenmanage-

ments92. Die Teilnehmer jeder Wertschöpfungsstufe können beispielsweise in die Lage

versetzt werden, den Bedarf ihrer Handelspartner zu antizipieren, was deren Produkti-

onsmanagement erleichtert sowie Lagerhaltungskosten verringert93.

IV. Verbesserung unternehmensüberschreitender Entwicklungszusammenarbeit

Einige der komplexeren B2B-Internetmarktplätze stellen Softwarelösungen zur Onli-

ne-Zusammenarbeit für die gemeinsame Produktentwicklung zur Verfügung. So beab-

sichtigt Covisint im Bereich der gemeinsamen Produktentwicklung gemeinsame Stan-

dards zu entwickeln, aufgrund derer Pläne und Produktentwürfe zugänglich gemacht 91 Vgl.: Report der FTC zum Workshop „Entering the 21st Century: Competition Policy in the

World of B2B Electronic Marketplaces”, Part 2, S. 9. 92 Nouel, Competition Assessment of Vertical Mergers and Vertical Agreements in the New

Economy, S. 106; Aust/Diener/Engelhardt/Lüth, ePurchasing - Im Internet ist der Kunde wieder König (2000), S. 23ff.; Vgl. weiterhin: Ordanini/Pol, Infomediation and Competi-tive Advantage in B2b Digital Marketplaces, European Management Journal, Vol. 19, 2001, S. 276.

93 Report der FTC zum Workshop „Entering the 21st Century: Competition Policy in the World of B2B Electronic Marketplaces”, Part 2, S. 10f.; Boyd/Spekman, Internet Usage Within B2B Relationships and Its Impact on Value Creation: A Conceptual Model and Re-search Propositions, Darden Graduate School of Business Administration University of Virginia Working Paper No. 01-17, abrufbar unter: http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm? abstract_id=282521.

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1. Kapitel - 3. Teil Wirtschaftliche Anreize für die Nutzung von B2B-Internetmarktplätzen

49

und von kooperierenden Unternehmen genutzt werden können94. Die Produktentwick-

lungsteams sollen in die Lage versetzt werden, über den durch die Plattform vermittel-

ten Informationsaustausch interaktiv zusammenzuarbeiten und Produktionsdesign-

werkzeuge partnerschaftlich zu nutzen95.

B. Strategisches Geschäftsbeziehungsmanagement

Neben den erwarteten kurz - bis mittelfristigen Zielen der Kostenreduktion erhoffen

sich Unternehmen durch den Einsatz von elektronischen B2B-Marktplätzen zuweilen

ein zusätzliches Instrument für das strategische Management der Beziehungen zu ihren

Handelspartnern. Zumindest theoretisch bietet der Einsatz von Informationstechnolo-

gien zur elektronischen Transaktionsabwicklung, wie sie Internetmarktplätze darstel-

len, die Möglichkeit der Umsetzung ganz verschiedener Strategien im Bindungsmana-

gement: Diskutiert wurde in der Literatur das Potenzial elektronischer Marktplätze zur

Disintermediation96. Gerade vertikale Internetmarktplätze, die auf umfangreiche Integ-

ration der Prozessabläufe entlang der Wertschöpfungskette abzielen, verfolgen prinzi-

piell den gegenläufigen Ansatz, hin zu einer Verstärkung zwischenbetrieblicher Bin-

dungen. In der betriebswirtschaftlichen Literatur hat sich hierfür der Begriff der Wert-

schöpfungspartnerschaften etabliert97. Der umfangreiche Einsatz von Informations-

technologien im Bereich der unternehmensüberschreitenden Prozessintegration könn-

te, so wird z.T. befürchtet, bereits bestehende - d.h. nicht erst durch den Einsatz dieser

Technologien induzierte - Abhängigkeiten kleiner Unternehmen gegenüber markt-

94 Vgl. hierzu die Ausführungen des BKartA: Beschluss v. 25.9.2000 Covisint, B 5 - 34100 U

40/00, S. 4f. 95 Vgl.: BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisint, B 5 - 34100 U 40/00, S. 4. 96 Bailey, Covisint - A Competitive Collaboration, Statement für den Workshop der FTC,

Emerging Issues for Competition Policy in the World of E-Commerce, 7./8.5.2001, S. 6; Harbour, B2B Basics and Antitrust Risks, Stellungnahme zum Workshop der FTC, Emerg-ing Issues for Competition Policy in the E-Commerce Environment, 7./8.5.2001, abrufbar unter: http://www.ftc.gov/opp/ecommerce/comments/.

97 Vgl.: Gersch, Vernetzte Geschäftsbeziehungen (1998), S. 246ff.

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1. Kapitel - 3. Teil Wirtschaftliche Anreize für die Nutzung von B2B-Internetmarktplätzen

50

mächtigen Handelspartnern verstärken98. Die Möglichkeit der Moderation von Han-

delsbeziehungen durch Informationssysteme für die Abwicklung von Transaktionen,

wie sie elektronische Marktplätze darstellen, besteht nach Picot/Maier vor allem dann,

wenn diese Systeme von einem Partner aufgebaut und gepflegt werden99. Diese Situa-

tion trifft auf die nutzergeführten Internetmarktplätze zu. Auch wenn exakte Vorhersa-

gen, in welcher Weise sich Marktplatztechnologien auf die Beziehungsverhältnisse

zwischen Handelspartnern längerfristig auswirken werden, angesichts des frühen Ent-

wicklungsstadiums der Technologie kaum möglich sind, so lässt sich dennoch festhal-

ten, dass viele Unternehmen ihnen ein Potenzial zur gezielten Veränderung von Han-

delsbeziehungen beimessen100.

C. Erschließung neuer Märkte

Schließlich bildet die Erschließung neuer Kundenkreise ein mit der Teilnahme an

B2B-Internetmarktplätzen verfolgtes Ziel101. Die mit der Internet-Technologie einher-

gehende Möglichkeit, Informationen und damit Nachfragen und Angebote weltweit

auszutauschen, bietet für Unternehmen die Chance, ihren geographischen Aktionsra-

dius zu vergrößern. Zudem wird die Entstehung neuer Märkte für Güter beobachtet,

deren (organisierter) Austausch bislang nicht rentabel erschien. So bilden sich insbe-

98 Zu diesem Aspekt unter Heranziehung der Auswirkungen des Einsatzes von elektronischen

Datenübermittlungsmedien auf die Bindungen zwischen Automobilherstellern gegenüber ihren Vertragshändlern: Gersch, Vernetzte Geschäftsbeziehungen (1998), S. 246ff.

99 Picot/Maier, Informationen als Wettbewerbsfaktor, in: Preßmar, Informationsmanagement (1993), S. 44; Vgl. weiterhin: Fraunhofer Institut Arbeitswirtschaft und Organisation, Marktstudie Marktplätze (2000), S. 29.

100 So hatten Zulieferunternehmen in Stellungnahmen anlässlich der Gründung des von Automobilherstellern initiierten Marktplatzes Covisint die Befürchtung vorgetragen, durch die mit der Marktplatzteilnahme verbundene Offenlegung ihrer Lieferkette könnten sie in Zukunft von den Herstellern übergangen werden. Vgl.: BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisint, B 5 - 34100 U 40/00, S. 8. Bei der Gründung der Internetplattform Steel 24-7 wurde seitens der metallverarbeitenden Betriebe geltend gemacht, diese von den Stahlherstellern aufgebaute Plattform könnte von ihnen benutzt werden, ihr Übergewicht gegenüber den verarbeitenden Betrieben zu verstärken: BKartA, Beschluss v. 29.6.2001, B 5 - 51522 - U 24/01 BuyForMetals und Steel 24-7, S. 11.

101 So auch Lange, Virtuelle Unternehmen: Neue Unternehmenskoordination in Recht und Praxis (2001), S. 62.

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1. Kapitel - 3. Teil Wirtschaftliche Anreize für die Nutzung von B2B-Internetmarktplätzen

51

sondere neue Märkte für gebrauchte Maschinen oder für ungenutzte Transportkapazi-

täten heraus102. Ferner stellt der Betrieb einer Internetplattform selbst eine potenzielle

Einnahmequelle für Unternehmen dar.

102 So bilden sich Internetbörsen heran, die unwirtschaftliche Leerfahrten von LKW durch

Versteigerung der freien Transportkapazitäten verringern sollen. Zum ganzen: Report der FTC zum Workshop „Entering the 21st Century: Competition Policy in the World of B2B Electronic Marketplaces”, Part 2, S. 7f. Weiterhin: Bierwirth/Schneider/Kopfer, Elektro-nische Transportmärkte, Wirtschaftsinformatik 44 (200), S. 335.

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52

2. Kapitel

Grundfragen der kartellrechtlichen Untersuchung von B2B-

Internetmarktplätzen

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2. Kapitel - 1. Teil Erste Reaktionen der Kartellbehörden

53

1. Teil

Erste Reaktionen der Kartellbehörden

A. Einschätzung der Federal Trade Commission

Die Entstehung von Internetmarktplätzen hat bei den Kartellbehörden seit Mitte des

Jahres 2000 weltweit große Beachtung gefunden. Die US-amerikanische Federal Tra-

de Commission (FTC), die erste Behörde weltweit, die sich intensiv mit der Thematik

auseinander gesetzt hat, hielt im Sommer 2000 und Mai 2001 zwei Workshops ab, die

ausschließlich mit der Entstehung von B2B-Internetmarktplätzen befasst waren. Nach

eigenen Aussagen der Behörde war das Ziel, sich mit den technischen und ökonomi-

schen Hintergründen sowie den kartellrechtlichen Implikationen elektronischer Markt-

plätze vertraut zu machen und mit den Marktentwicklungen Schritt zu halten103. Paral-

lel dazu hatte sich die Behörde im Rahmen der Zusammenschlusskontrolle mit

Marktplatzvorhaben auseinander zu setzen. So wurde etwa die Internethandelsplatt-

form Covisint unter dem Vorbehalt späterer Nachprüfung genehmigt104. In einem Be-

richt zu der Thematik betont die FTC die mit dem Einsatz von elektronischen Markt-

plätzen verbundenen möglichen Effizienzsteigerungen, weist aber auch auf kartell-

rechtliche Risiken hin105.

Gefahren sieht die FTC zum einen in dem Aspekt des mit der Technologie verbunde-

nen Informationsaustauschs zwischen den Unternehmen106. Dieser könne zu Preisab-

sprachen sowie zu anderen Verhaltenskoordinierungen führen. Daneben wird das Ri-

siko der Erlangung und Ausübung von Nachfragemacht durch den Einsatz von Inter-

netmarktplätzen zum gemeinsamen Einkauf erörtert107. Untersucht wird zum anderen 103 So Pitofski, Remarks at B2B Electronic Marketplaces Workshop, abrufbar unter:

http://www.ftc.gov./bc/b2b/ b2bpitofsky.htm. 104 FTC Pressemitteilung v. 11.9.2000, FTC Terminates HSR Waiting Period for Covisint

B2B Venture. 105 Report der FTC zum Workshop „Entering the 21st Century: Competition Policy in the

World of B2B Electronic Marketplaces”, Part 2, S. 1ff. 106 Report der FTC zum Workshop „Entering the 21st Century: Competition Policy in the

World of B2B Electronic Marketplaces”, Part 3, S. 3ff. 107 Report der FTC zum Workshop „Entering the 21st Century: Competition Policy in the

World of B2B Electronic Marketplaces”, Part 3, S. 13f.

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2. Kapitel - 1. Teil Erste Reaktionen der Kartellbehörden

54

die vertragliche Ausgestaltung der Marktplatznutzung. Im Vordergrund steht hier die

Frage, inwieweit durch den Ausschluss von Wettbewerbern von einem Internetmarkt-

platz, der durch mehrere Unternehmen einer Branche gegründet wurde, die Wettbe-

werbsposition der ausgeschlossenen Wettbewerber verschlechtert werden kann.

Schließlich wird erörtert, welche Auswirkungen Exklusivbindungen der Nutzer an

einen Internetmarktplatz auf den Wettbewerb der Internetmarktplätze untereinander

haben108.

B. Einschätzung der EG-Kommission

Ähnlich der FTC steht die Europäische Kommission den Entwicklungen im Bereich

elektronischer Marktplätze grundsätzlich positiv gegenüber, wie aus Stellungnahmen

ihres Wettbewerbskommissars109, des früheren Generaldirektors der Generaldirektion

Wettbewerb110 sowie weiterer Mitarbeiter111 deutlich wird. Dies spiegelt sich in den

zahlreichen, bislang durchweg positiv beschiedenen Entscheidungen wider, die Inter-

netmarktplätze betreffen112. Positive Impulse für den Wettbewerb durch den Einsatz

108 Report der FTC zum Workshop „Entering the 21st Century: Competition Policy in the

World of B2B Electronic Marketplaces”, Part 3, S. 16ff. 109 Monti, Defining the boundaries competition policy in high tech sectors, UBS Warburg

Conference Europe 20/20, 11.9.2001; abrufbar unter: http://europa.eu.int/comm/ competition/speeches/index_2001.html; Monti, Competition in the New Economy, 10. In-ternationales Kartellrechtsforum, Berlin am 21.5.2001, abrufbar unter: http://europa.eu. int/comm/ competition/speeches/index_2001.html; Monti, Redebeitrag anlässlich der Konferenz „Barriers in Cyberspace“, Kangaroo Group, Brüssel, 18.9.2000, abrufbar unter: http://europa.eu.int/comm/competition/speeches/index_2000.html.

110 Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49.

111 Klotz, Ausgewählte Probleme des Internet-Rechts, S. 24, abrufbar unter: http://europa. eu.int/comm/competition/ speeches/index_2000.html; Lücking, B2B e-marketplaces and EC competition law: where do we stand?, Competition Policy Newsletter, 2001, Nr. 3, S. 14, 15, abrufbar unter: http://europa.eu.int/comm/competition/speeches/index_2001. html; Urrutia, Internet and its effects on competition, Beitrag zum Workshop der Univer-sidad Internacional Menendez Pelayo (UIMP), Barcelona, 10.7.2000, abrufbar unter: http://europa.eu.int/comm/competition/speeches/ index_2000.html.

112 Vgl. etwa: EG-Kommission, Fall Nr. IV/M. 2027 Deutsche Bank/SAP/JV emaro , CELEX-DokNr. 300M2027; EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.2096 Bayer/Deutsche Tele-kom/Infraserv/JV, CELEX-DokNr. 300M2096; EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.1969 UTC/Honeywell/i2/MyAircraft.com, CELEX-DokNr. 300M1969; Zu diesen und weiteren

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2. Kapitel - 1. Teil Erste Reaktionen der Kartellbehörden

55

elektronischer Marktplätze sieht die Europäische Kommission im erwarteten Zuwachs

an Markttransparenz, der Vergrößerung der Märkte und der Reduktion von Transakti-

onskosten113. Selbstverständlich fänden die allgemeinen Wettbewerbsregeln auch im

Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs Anwendung114, ihre Anwendung müsse

aber unter Umständen nachhaltig an die sich verändernden Umstände angepasst wer-

den115.

Als mögliche Problemfelder des B2B-Handels im Internet werden von der Kommissi-

on ebenfalls der Austausch sensibler Informationen, Exklusivitätspraktiken und Nach-

fragemachtbündelung genannt. Ferner stellten sich Herausforderungen in Bezug auf

die Abgrenzung der relevanten Märkte und die Identifikation und Beurteilung von

Netz(werk-)effekten116. Wettbewerbsrechtliche Bedenken könnten sowohl die Betrei-

berebene als auch das Verhältnis der Marktplatznutzer untereinander betreffen und bei

der Marktplatzgründung sowie später während des Marktplatzbetriebs eine Rolle spie-

len117.

durch die Kommission untersuchten Marktplatzvorhaben: Lücking, B2B e-marketplaces and EC competition law: where do we stand?, Competition News Letter, 2001, Nr. 3, S. 14ff.

113 Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49, 50f.; Monti, Defining the boundaries competition policy in high tech sectors, UBS War-burg Conference Europe 20/20, 11.11.2001.

114 Vgl.: Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49, 50.

115 Monti, Defining the boundaries competition policy in high tech sectors, UBS Warburg Conference Europe 20/20, 11.11.2001.

116 Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49, 52

117 Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49, 53ff, 56.

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2. Kapitel - 1. Teil Erste Reaktionen der Kartellbehörden

56

C. Einschätzung des Bundeskartellamts

Das BKartA schätzt die Auswirkungen der Verbreitung des E-Commerce als tief grei-

fend und längerfristig ein118. Das BKartA hatte sich nach Aussage seines Präsidenten

Böge allein bis zum März 2001 im Rahmen der Fusionskontrolle bereits mit ca. 40

Internetmarktplätzen zu befassen. Mehrere Fälle davon wurden in der Hauptprüfphase

abgeschlossen, alle bislang positiv beschieden119. Einzelne problematische Vorhaben

sind nach informellen Gesprächen durch die Anmelder zurückgezogen worden120.

Längerfristige Herausforderungen sieht das BKartA in diesem Kontext in der steigen-

den Bedeutung internationaler Zusammenarbeit der Wettbewerbsbehörden und in der

Fähigkeit zur rechtzeitigen Identifikation neuer Marktentwicklungen im dynamischen

Entwicklungsumfeld des elektronischen Geschäftsverkehrs auf sich zukommen121.

D. Einschätzung des Office of Fair Trading

Das Office of Fair Trading, UK (OFT) beschäftigte sich ebenfalls in mehreren Studien

mit den Auswirkungen des E-Commerce auf den Wettbewerb122. In Bezug auf B2B-

Internetmarktplätze werden insbesondere die Abgrenzung der Märkte und die Be-

stimmung und Behandlung von Netzwerkeffekten als Herausforderungen an die Kar-

118 Böge, Ist das deutsche Kartellrecht für elektronische Marktplätze noch zeitgemäß?, in:

Recht, Wettbewerb und e-Commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 39ff. 119 Im Hauptprüfungsverfahren abgeschlossen wurden bislang folgende Verfahren: BKartA,

Beschluss v. 25.9.2000 Covisint, B 5 - 34100 U 40/00; BKartA, Beschluss v. 23.10.2000 CC-markets, B 3 - 72303 - U - 76/00; BKartA, Beschluss v. 26.01.2001 RubberNet-work.com, B 3 - 25130 - U - 110/00; BKartA, Beschluss v. 29.6.2001 BuyForMetals und Steel 24-7, B 5 - 51522 - U 24/01. Vgl. zu den ersten drei der genannten Verfahren noch-mals: Böge, Ist das deutsche Kartellrecht für elektronische Marktplätze noch zeitgemäß?, in: Recht, Wettbewerb und e-Commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 39, 42ff.

120 So berichtet der Präsident des Bundeskartellamts Böge von einem Internetmarktplatz, der als Online-Mengenmeldesystem ausgestaltet war und keine Aussicht auf Genehmigung hatte: Böge, Ist das deutsche Kartellrecht für elektronische Marktplätze noch zeitgemäß?, in: Recht, Wettbewerb und e-Commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 39, 46.

121 Böge, Ist das deutsche Kartellrecht für elektronische Marktplätze noch zeitgemäß?, in: Recht, Wettbewerb und e-Commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 39, 46f.

122 Report des OFT, E-Commerce and its Implications for Competition Policy (2000).

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2. Kapitel - 1. Teil Erste Reaktionen der Kartellbehörden

57

tellaufsicht ausgemacht123. Das OFT geht davon aus, dass Märkte für Online-

Marktplätze aufgrund von Netzwerkeffekten und erheblichen Wechselkosten zu Kipp-

effekten und damit zur Beherrschung durch einen oder wenige Marktakteure neigen124.

Weitere Wettbewerbsprobleme im Zusammenhang mit Internetmarktplätzen sieht das

OFT in der Frage des Zugangs zu marktstarken Internetmarktplätzen, möglichen Kol-

lusionspraktiken, die durch die Technologie des Internets erleichtert werden könn-

ten125.

E. Einschätzung der Australian Competition and Comsumer Commission

Die Einschätzungen, die die Australian Competition and Comsumer Commission

(ACCC) bezüglich der Wirkungen von elektronischen Marktplätzen auf den Wettbe-

werb gewonnen hat, decken sich durchweg mit denen der vorgenannten Behörden126.

In einer von der ACCC in Auftrag gegebenen Studie wurde erstmals versucht, diffe-

renziert zu beleuchten, welche Faktoren bei der konkreten Ausgestaltung elektroni-

scher Marktplätze und welches Marktumfeld etwaige wettbewerbsrechtliche Konflikte

begünstigen127.

123 Stellungnahme des OFT im Rahmen des OECD Roundtable on Competition Issues in E-

lectronic Commerce, Oktober 2000, zusammenfassender Report, S. 101, 103ff. Abrufbar unter: http://www.oecd.org/EN/longabstract/0,,EN-longabstract-0-nodirectorate-no-22-15148-0,00.html; Report des OFT, E-Commerce and its Implications for Competition Pol-icy (2000), S. 30ff.

124 Report des OFT, E-Commerce and its Implications for Competition Policy (2000), S. 44f. 125 Stellungnahme des OFT im Rahmen des OECD Roundtable on Competition Issues in E-

lectronic Commerce, Oktober 2000, zusammenfassender Report, S. 105. 126 Vgl. dazu: Diskussionspapier der ACCC, E-commerce & Competition issues under the

Trade Practises Act (2001), abrufbar unter: http://www.accc.gov.au/docs/conference/ fra-meset.html; Stellungnahme der ACCC im Rahmen des OECD Roundtable on Competition Issues in Electronic Commerce, Oktober 2000, zusammenfassender Report, S.43ff.

127 Gans/King, Competition Issues Associated with B2B E-Commerce - A report on Behalf of the Australian Competition and Consumer Commission (2001), abrufbar unter: http://www.accc.gov.au//fs-search.htm.

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2. Kapitel - 2. Teil Rechtlicher Rahmen

58

2. Teil

Rechtlicher Rahmen für die Beurteilung nach europäischem und

deutschem Kartellrecht

A. Allgemeines

Dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist128, zählt mittlerweile zu den Gemeinplät-

zen juristischer Terminologie. Die grundsätzliche Anwendbarkeit des Kartellrechts auf

die mit dem Kommunikationsmedium Internet zusammenhängenden Sachverhalte

stellt daher beim gegenwärtigen Erkenntnisstand von Wissenschaft und Anwendungs-

praxis eine Selbstverständlichkeit dar. Elektronische Marktplätze im Internet erbrin-

gen, wie bereits im ersten Teil der Arbeit ausgeführt, gegen Entgelt informationstech-

nologische Dienstleistungen gegenüber anderen Unternehmen und sind daher prinzi-

piell als „Unternehmen“ im Sinne des Kartellrechts anzusehen129. Für die vorliegende

Untersuchung geht es folglich nicht um das „Ob“, sondern ausschließlich um das

„Wie“ der Anwendung des deutschen und europäischen Rechts zum Schutz gegen

Wettbewerbsbeschränkungen.

Die kartellrechtlichen Fragestellungen, die mit dem Aufkommen von Internetmarkt-

plätzen verbunden sind, lassen sich jedoch nicht allein auf die Marktplatzunternehmen

selbst beschränken, sondern betreffen auch die Ebene der Marktplatznutzer und die

möglichen Interaktionen zwischen Betreiberebene und Nutzerebene. Zielsetzung des

folgenden Abschnittes ist eine grundsätzliche Ortung der Schnittpunkte des Kartell-

rechts mit dem Aufkommen von Internetmarktplätzen.

128 Statt vieler: Lampert/Michel, B2B-Internetmarktplätze im Internet, K&R 2002, S. 505. 129 So jedenfalls nach dem funktionalen Unternehmensbegriff des deutschen und europäi-

schen Kartellrechts. Vgl dazu Rot/Ackermann, in: Frankfurter Kommentar, Art. 81 Grund-fragen, Rn. 13ff; für das GWB: Zimmer, in: Immenga/ Mestmäcker, GWB (2001), § 1 Rn. 24ff. Darüber hinaus verfügen die gegenwärtig auf dem Markt anzutreffenden Model-le elektronischer B2B-Marktplätze auch die Merkmale wirtschaftlicher Einheiten im Sin-ne eines materiellen Unternehmensverständnisses.

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2. Kapitel - 2. Teil Rechtlicher Rahmen

59

B. Fusionskontrolle

I. Mögliche Anwendungsfelder der Fusionskontrolle bei der Aufsicht über B2B-

Internetmarktplätze

Die Frage der Anwendung des Kartellrechts auf B2B-Internetmarktplätze stellte sich

den Wettbewerbsbehörden bislang in erster Linie bei deren Gründung. Viele Markt-

plätze wurden in den vergangenen Jahren als Gemeinschaftsunternehmen gegründet130,

so dass die Anwendbarkeit der Fusionskontrolle zu untersuchen war. Diese Sachver-

halte betrafen vor allem sog. Branchenmarktplätze131, die von mehreren Akteuren ei-

nes Industriezweiges initiiert wurden, aber auch sog. neutrale Marktplätze, soweit sie

von mehreren Unternehmen gemeinsam verwirklicht wurden132. Der Aufbau eines

Marktplatztochterunternehmens durch ein einzelnes Unternehmen kann mangels Zu-

sammenschluss denknotwendig nicht der Fusionskontrolle unterfallen. Denkbar ist die

Anwendung der Fusionskontrolle ferner bei einem Zusammengehen mehrerer Inter-

netmarktplätze. Es soll im Folgenden aufgezeigt werden, unter welchen Umständen

Internethandelsplattformen von der europäischen bzw. deutschen Fusionskontrolle

erfasst werden.

II. Marktplatzgründung

1. Anwendbarkeit der EG-Fusionskontrollverordnung

a) Gründung eines B2B-Internetmarktplatzes als Vollfunktionsgemeinschaftsun-ternehmen i.S.v. Art. 3 Abs. 4 FKVO133 Dreh- und Angelpunkt für die Frage, ob die Gründung eines Internetmarktplatzes

durch mehrere Unternehmen dem EG-Fusionskontrollregime unterfällt, ist die Qualifi-

130 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis

(2002), S. 202. 131 Vgl. die schematische Darstellung: Anhang, Schaubild 5. 132 Zu beobachten sind z.B. Kooperationen von Softwareunternehmen und Finanz-

dienstleistern, vgl. etwa: EG-Kommission, Fall Nr. IV/M. 2027 Deutsche Bank/SAP/JV emaro, CELEX-DokNr. 300M2027.

133 Art. 3 Abs. 4 der seit dem 1.5.2004 geltenden Fusionskontrollverordnung Nr. 139/2004 des Rates entspricht inhaltlich Art. 3 Abs. 2 der abgelösten Verordnung Nr. 4064/89 des Rates. Die Artikelangaben beziehen sich im Folgenden auf die VO Nr. 139/2004.

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2. Kapitel - 2. Teil Rechtlicher Rahmen

60

zierung des B2B-Marktplatzes als Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen134 im Sin-

ne des Art. 3 Abs. 4 FKVO135. Die Gründung derartiger Gemeinschaftsunternehmen

(GU) gilt nach Art. 3 Abs. 2 der novellierten Fusionskontrollverordnung generell als

Zusammenschluss nach Art. 3 Abs. 1 lit. b) FKVO, wenn das weitere Merkmal der

gemeinsamen Kontrolle erfüllt ist136. Teilfunktionsgemeinschaftsunternehmen unter-

liegen demgegenüber nicht der FKVO und sind daher nach EG-Recht ausschließlich

nach Art. 81 EG (und ggf. Art. 82 EG) zu untersuchen.

Als Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen gilt ein Gemeinschaftsunternehmen nach

Art. 3 Abs. 4 FKVO, wenn es auf Dauer alle Funktionen einer wirtschaftlichen Einheit

erfüllt137.

Von dem Vorliegen dieser Voraussetzungen ging die Kommission in den bislang ge-

mäß Art. 4 FKVO angemeldeten Marktplatzvorhaben aus. Sie stufte unter anderem die

Marktplätze Supralift, emaro, chemplorer und MyAircraft.com als Vollfunktionsge-

meinschaftsunternehmen ein138.

Die Maßstäbe für die Annahme des Vollfunktionscharakters von Gemeinschaftsunter-

nehmen sind einer Kommissionsmitteilung zu entnehmen139. Danach muss das Ge-

meinschaftsunternehmen auf einem Markt eine Funktion ausüben, die auch von den

134 Zur Qualifizierung von B2B-Internetmarktplätzen als Vollfunktionsgemeinschaftsunter-

nehmen nach EG-Kartellrecht: Alese, B2B exchanges and E.C. Competition Law: 2B or not 2B?, ECLR 2001, S. 325, 328f.; Tröller, Kartellrechtliche Probleme von elektro-nischen B2B-Marktplätzen, S. 149ff.; Gramlich/Kröger/Schreibauer, Rechtshandbuch B2B Plattformen, S. 116.

135 VO Nr. 139/2004, ABl. 2004, L 24, S. 1 (im Folgenden: FKVO). 136 Die Notwendigkeit der gemeinsamen Kontrolle ergibt sich aus dem Verweis von Art. 3

Abs. 4 FKVO auf Abs. 1 lit. b) derselben Norm. Vgl. zur alten FKVO Nr. 4064/89: Schröer, in: Frankfurter Kommentar, Art. 3 FKVO, Rn. 82.

137 Zu den Tatbestandsvoraussetzungen im Einzelnen: Deplazes, Gemeinschaftsunternehmen im europäischen und schweizerischen Wettbewerbsrecht (2000), S. 39ff.

138 EG-Kommision Supralift, Fall Nr. IV/M.2398 Linde/Jungheinrich/ JV, CELEX-DokNr. 301M2398, S. 2; EG-Kommission, Fall Nr. IV/M. 2027 Deutsche Bank/SAP/JV emaro, CELEX-DokNr. 300M2027, S. 2; EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.2096 Bay-er/Deutsche Telekom/Infraserv/JV chemplorer, CELEX-DokNr. 300M2096, S. 3; EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.1969 UTC/Honeywell/i2/MyAircraft.com, CELEX-DokNr. 300M1969, S. 2f.

139 EG-Kommission, Mitteilung über den Begriff des Vollfunktionsgemeinschaftsunterneh-mens, ABl. 1998, C 66, S. 1.

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2. Kapitel - 2. Teil Rechtlicher Rahmen

61

anderen Unternehmen in diesem Markt wahrgenommen wird140. Erforderlich ist es,

dass das GU über ein sich dem Tagesgeschäft widmendes Management und ausrei-

chende Ressourcen wie finanzielle Mittel, Personal, materielle und immaterielle Ver-

mögenswerte verfügt, um seine Tätigkeit langfristig ausüben zu können. Nicht ausrei-

chend ist es, wenn das GU nur eine bestimmte (Hilfs-) Funktion innerhalb der Tätig-

keiten der Mutterunternehmen ausfüllt.

In der Tat liegen diese Merkmale bei den derzeit gängigen Geschäftsmodellen für

neutrale Marktplätze und Branchenmarktplätze regelmäßig vor. Insbesondere konkur-

rieren die als Gemeinschaftsunternehmen gegründeten Internetmarktplätze in Bezug

auf die durch sie erbrachten Marktplatzdienstleistungen mit anderen, bereits bestehen-

den und von Internet-Start-Ups geführten neutralen Marktplätzen und erbringen daher

Tätigkeiten, wie sie auch andere Unternehmen auf diesem Dienstleistungsmarkt

erbringen141. Ihre finanzielle, technische und personelle Ausstattung ließ zumindest in

den bisher untersuchten Fällen ebenfalls den Schluss auf ihre Fähigkeit zu unabhängi-

gem Tätigwerden und der Dauerhaftigkeit ihrer Marktpräsenz zu142.

Die Stellung der Internetmarktplätze ist dabei die eines Intermediärs, der Angebot und

Nachfrage verschiedener Anbieter und Nachfrager zusammenbringt und je nach Aus-

richtung und technischer Ausgestaltung verschiedene Mehrwertdienste anbietet. Das

GU organisiert dabei den Handel der Marktplatznutzer, ohne selbst für die Mutterun-

ternehmen als Einkaufs- oder Verkaufsagentur tätig zu werden. Seine Stellung ähnelt

damit derjenigen eines Veranstalters von herkömmlichen Börsen, Auktionen oder

Verkaufsmessen143. Es führt damit nicht lediglich Hilfstätigkeiten oder Teilfunktiona-

140 EG-Kommission, Mitteilung über den Begriff des Vollfunktionsgemeinschaftsunterneh-

mens, ABl. 1998, C 66, S. 1, Rn. 12. 141 Dieser Aspekt wird von der Kommission in einigen Entscheidungen ausdrücklich

hervorgehoben: EG-Kommission, Fall Nr. IV/M. 2027 Deutsche Bank/SAP/JV emaro, CELEX-DokNr. 300M2027, S. 2; EG-Kommission, Fall Nr. IV/M. 2172 Babcock/Borsig/ MG Technologies/SA/ ec4ec, CELEX-DokNr. 300M2172, S. 2.

142 Vgl.: EG-Kommission, Fall Nr. IV/M. 2172 Babcock/Borsig/MG Technologies/SA/ ec4ec, CELEX-DokNr. 300M2172, S. 2; EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.2096 Bayer/Deutsche Telekom/Infraserv/JV, CELEX-DokNr. 300M2096, S. 2; EG-Kommission, Fall Nr. IV/M. 2027 Deutsche Bank/SAP/JV emaro, CELEX-DokNr. 300M2027, S. 2; EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.2398 Linde/Jungheinrich/ JV Supralift, CELEX-DokNr. 301M2398, S. 2.

143 Vgl. hierzu: EG-Kommision, Fall Nr. IV/M.2398 Linde/Jungheinrich/JV Supralift, CE-LEX-DokNr. 301M2398, S. 3.

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2. Kapitel - 2. Teil Rechtlicher Rahmen

62

litäten der Mütter aus, sondern bietet die marktplatztypischen Dienstleistungen als ei-

gene Geschäftstätigkeit an. Das Vorhandensein einer eigenen unabhängigen Marke-

ting- und Vertriebsorganisation wie im Fall MyAircraft.com144 ist ein weiteres Indiz für

den Vollfunktionscharakter145.

Der Annahme eines Vollfunktionsunternehmens kann jedoch im Einzelfall eine zu

große Abhängigkeit von den Mutterunternehmen entgegenstehen. Dies wäre zum Bei-

spiel dann der Fall, wenn bei einem von Nutzern initiierten (im Folgenden auch: „nut-

zergetriebenen“) Internetmarktplatz der Kreis der über den Markplatz handelnden Un-

ternehmen von vornherein auf die Mutterunternehmen beschränkt wird, nur diese also

die Dienstleistungen der Internetplattform in Anspruch nehmen146. Dann hingen die

Einnahmen des Gemeinschaftsunternehmens nämlich vollständig von den Einnahmen

ab, die von den Gründern herrühren. Bei den in großer Zahl von Unternehmen ge-

gründeten „offenen“ B2B-Marktplätzen, auf denen neben den Gründungsunternehmen

eine Vielzahl anderer Unternehmen Handel treibt, besteht die Gefahr einer derartigen

Abhängigkeit jedoch regelmäßig nicht. Darüber hinaus hindert während einer Anfang-

phase von bis zu drei Jahren das wirtschaftliche Angewiesensein auf die Transaktio-

nen, die die Mutterunternehmen über den Marktplatz abwickeln, nach der genannten

Kommissionsbekanntmachung nicht die Annahme eines Vollfunktionsgemeinschafts-

unternehmens147.

Unter den dargelegten Voraussetzungen ist für die derzeit gebräuchlichen Gestaltungs-

modelle für neutrale Marktplätze und Branchenmarktplätzen regelmäßig von einem

Vollfunktionscharakter auszugehen. 144 EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.1969 UTC/Honeywell/i2/MyAircraft.com, CELEX-

DokNr. 300M1969, S. 3. 145 Vgl. hierzu: Schröer, in: Frankfurter Kommentar, Art. 3 FKVO, Rn. 84. 146 Die Mitteilung der Kommission über den Begriff des Vollfunktionsgemeinschaftsunter-

nehmens, ABl. 1998, C 66, S. 4 stellt insofern darauf ab, welches Ausmaß die „Käufe“ bzw. „Verkäufe“ zwischen GU und Mutterunternehmen an der gesamten wirtschaftlichen Aktivität des Gemeinschaftsunternehmens einnehmen. Diese Terminologie ist auf das produzierende Gewerbe gemünzt. Der zugrunde liegende Rechtsgedanken greift gleich-wohl auch bei der Inanspruchnahme von durch das Gemeinschaftsunternehmen erbrachten Dienstleistungen seitens der Mütter, im vorliegenden Fall also hinsichtlich der entgeltli-chen Marktplatzdienstleistungen.

147 Zu der Abhängigkeit von Gemeinschaftsunternehmen von Geschäften mit den Müttern während der Anlaufphase vgl.: EG-, Mitteilung der Kommission über den Begriff des Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmens, ABl. 1998, C 66, S. 4.

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2. Kapitel - 2. Teil Rechtlicher Rahmen

63

b) Gemeinsame Kontrolle i.S.d. Art. 3 Abs. 1 FKVO

Für das Vorliegen eines Zusammenschlusses nach Art. 3 FKVO ist es ferner notwen-

dig, dass ein Kontrollerwerb des Vollfunktions-GU seitens der Mütter vorliegt148. Dies

ist dann anzunehmen, wenn ein oder mehrere Mutterunternehmen die unmittelbare

oder mittelbare Kontrolle über das Marktplatzunternehmen gewinnen. Für die Grün-

dung eines Internetmarktplatzes durch mehrere Unternehmen einer Branche kommt

vorrangig der gemeinsame Kontrollerwerb in Betracht. Dieser setzt voraus, dass jedes

der betreffenden Mutterunternehmen einen bestimmenden Einfluss auf das Grün-

dungsunternehmen hat149. Dies ist z.B. der Fall, wenn zwei Mütter jeweils die Hälfte

der Anteile an dem GU halten und/oder im Leitungsgremium des GU so vertreten

sind, dass sie nur gemeinsam die strategischen Unternehmensentscheidungen treffen

können. Möglich ist aber auch eine gemeinsame Kontrolle über ein GU von mehr als

zwei Anteilseignern, wenn diese jeweils nur Minderheitsanteile besitzen, soweit sie

etwa aufgrund von Vetorechten die wichtigen Entscheidungen des Gemeinschaftsun-

ternehmens einseitig blockieren können150. Abzustellen ist auf die Möglichkeit einer 148 Dies ergibt sich aus dem (Rechtsgrund-) Verweis in Art. 3 Abs. 4 auf Art. 3 Abs. 1 lit. b)

FKVO. Vgl. hierzu: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 207f.

149 Wiedemann, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 15, Rn. 49ff. 150 So weisen Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit darauf hin, dass an der Marktplatz-

gründung beteiligte Softwareunternehmen, die häufig geringe Minderheitsanteile an Marktplätzen halten und die Marktplatztechnologie liefern, ebenfalls dann einen bestim-menden Einfluss auf das GU ausüben können, wenn sie über die zu verwendende Techno-logie entscheiden könnten. Diese Meinung stützt sich auf die zentrale Bedeutung die der Software als Marktplatztechnologie zukommt. Der genannte Hinweis scheint unter Be-rücksichtigung der aktuellen Entwicklungen zumindest konkretisierungsbedürftig: Soweit es sich bei der eingesetzten Software um Standardsoftware handelt, die zudem eine Viel-zahl von gängigen und offenen Standards unterstützt, ist die Festlegung auf die Verwen-dung eines bestimmten Softwareproduktes nicht als „strategisch“ zu betrachten. In diesen Fällen ist die Nutzung des Marktplatzes nicht an die Verwendung dieser Software gebun-den und somit wird hinsichtlich des potenziellen Nutzerkreises noch keine strategische Entscheidung getroffen. Auch wird mit der Entscheidung für die Nutzung einer Standard-software regelmäßig noch keine Festlegung darüber getroffen, welche Leistungen und Funktionen der Marktplatz tatsächlich erbringen wird. Etwas anderes mag gelten, wenn die Marktplatzsoftware speziell auf den Marktplatz zugeschnitten ist und auch auf Seiten der übrigen Nutzer ihre Implementierung Nutzungsvoraussetzung ist. Vgl. zu der oben genannten Meinung: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 210f. Zu den verschiedenen verwendeten Software-Applikationen vgl.: Fricke/Gauder, Standardsoftware für elektronische Märkte - Soft-wareanalyse und Bewertung.

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2. Kapitel - 2. Teil Rechtlicher Rahmen

64

insgesamt bestimmenden Einflussnahme in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht151.

Zu den strategischen Unternehmensentscheidungen sind nach der Kommissionspraxis

zumindest die Budget- und Geschäftsplanung und Entscheidungen über die Zusam-

mensetzung der Unternehmensleitung zu zählen152.

Liegt eine Einzelkontrolle oder gemeinsame Kontrolle wie im Fall Covisint153 nicht

vor, unterfällt die Gründung des Markplatzes mangels Zusammenschlusstatbestand

nicht dem EG-Fusionskontrollregime154.

c) Kontrollerwerb in sonstigen Fällen

Außer in den Fällen, in denen Marktplätze als Vollfunktionsgemeinschaftsunter-

nehmen gegründet wurden, ist die Fusionskontrolle bei B2B-Internetmarktplätzen bis-

lang nicht relevant geworden. Anwendung fände die Fusionskontrolle etwa bei dem

Kontrollerwerb eines bestehenden B2B-Marktplatzes durch ein drittes Unternehmen

sowie bei der Fusion zweier Internetmarktplätze155.

d) Übrige Anwendungsvoraussetzungen

Der EG-Fusionskontrolle unterfällt die Gründung von Internetmarktplätzen nur bei

gemeinschaftsweiter Bedeutung, Art. 1 Abs. 2 FKVO, die anhand der Umsatzschwel-

len des Art. 1 Abs. 3 FKVO festzustellen ist. Ferner muss das Vorhaben sich innerhalb

des geographischen Anwendungsbereichs der FKVO auswirken156.

151 Vgl.: Art. 3 Abs. 3 FKVO. 152 EG-Kommission, Fall Nr. IV/M. 2027 Deutsche Bank/SAP/JV emaro, CELEX-

DokNr. 300M2027, S. 2; EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.1969 UTC/Honeywell/i2 /MyAircraft.com, CELEX-DokNr. 300M1969, S. 7.

153 Vgl. hierzu: BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisint, B 5 - 34100 U 40/00, S. 3. Infolge-dessen kann die Fusionskontrolle der EU-Mitgliedstaaten in diesen Fallgestaltungen An-wendung finden.

154 Zur Nichtanwendbarkeit der FKVO mangels Kontrollerwerb: Zimmer, in: Immenga/ Mest-mäcker, GWB (2001), § 1, Rn. 426ff.

155 Zum Zusammenschluss mehrerer Internetmarktplätze vgl. unten: 2.Kaptiel, 2. Teil, B., III., 2.

156 Vgl. zum Auswirkungsprinzip: 5. Kapitel, 3. Teil, B., !., 1..

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2. Kapitel - 2. Teil Rechtlicher Rahmen

65

e) Materieller Prüfungsmaßstab

aa) Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung

Materielles Untersagungskriterium im Rahmen der EG-Fusionskontrolle war bis zum

1.5.2004 gemäß Art. 2 Abs. 2, 3 FKVO die Prognose der Entstehung oder der Verstär-

kung einer marktbeherrschenden Stellung durch das angemeldete Vorhaben. Da die

FKVO den Begriff der Marktbeherrschung nicht definierte, waren die Grundsätze des

Art. 82 EG heranzuziehen.

Sind mit einer Marktplatzgründung sowohl Strukturverschlechterungen als auch Effi-

zienzsteigerungen verbunden, konnten letztere unter dem - allerdings restriktiv157 aus-

zulegenden - Merkmal des „technischen und wirtschaftlichen Fortschritts“ gemäß

Art. 2 Abs. 1 lit. b) FKVO Berücksichtigung finden.

Nach der novellierten Fusionskontrollverordnung ist für die materielle Beurteilung

nun darauf abzustellen, ob durch den Zusammenschluss eine wirksamer Wettbewerb

nicht erheblich behindert wird158, insbesondere durch Begründung oder Verstärkung

einer marktbeherrschenden Stellung. Die Prognose der Marktbeherrschung wurde

demnach zum Regelbeispiel herabgestuft. Inwieweit künftig Effizienzgesichtspunkte

schon bei der Frage der erheblichen Wettbewerbsbehinderung berücksichtigung finden

werden und gewissermaßen mit negativen Marktstrukturveränderungen „verrechnet“

werden können, bleibt abzuwarten159.

bb) Kooperative Gemeinschaftsunternehmen: Zusätzliche Prüfung am Maßstab des Art. 81 EG

Seit der Novellierung der Fusionskontrolle 1998 und auch weiterhin nach der Neufas-

sung zum 1.5.2004 hängt von der Qualifizierung eines Gemeinschaftsunternehmens

als kooperativ oder konzentrativ nicht mehr ab, ob die Fusionskontrolle oder die Kar-

tellaufsicht Anwendung findet. Vielmehr kommt für Gemeinschaftsunternehmen mit 157 Ebenso: Rösler, in: Frankfurter Kommentar, Art. 2 FKVO, Rn. 203. Eine instruktive Zu-

sammenstellung der abweichenden Ansichten findet sich ebenfalls bei Rösler, in: Frank-furter Kommentar, Art. 2 FKVO, Rn. 198ff.

158 Eine Erläuterung zu diesem Begriff findet sich im Erwägungsgrund 26 zur VO Nr. 139/2004, ABl. L 24, S. 1, 4.

159 Vgl. hierzu Erwägungsgrund 29 zur VO Nr. 139/2004, ABl. L 24, S. 1, 4.

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2. Kapitel - 2. Teil Rechtlicher Rahmen

66

Vollfunktionscharakter, die kooperativer Natur sind, die Verhaltenskontrolle nach

Art. 81 Abs. 1 EG neben der Strukturkontrolle der FKVO zusätzlich zur Anwendung,

vgl. Art. 2 Abs. 4 FKVO. Soweit die Gründung eines B2B-Marktplatzes eine Koordi-

nierung des Wettbewerbsverhaltens der Gründer bezweckt oder bewirkt, muss dass

Vorhaben daher auch am Maßstab der Art. 81 Abs. 1 und 3 EG gemessen werden160.

Ein Internetmarktplatz würde nach der Praxis der Kommission dann ein kooperatives

Gemeinschaftsunternehmen darstellen, wenn seine Gründung zu einer Koordinierung

zwischen den Gründern in Bezug auf Preise, Märkte, Produktion oder Innovation füh-

ren kann161. Die Kommission ging in ihren bisherigen Entscheidungen zu B2B-

Internetmarktplätzen implizit durchweg davon aus, dass es sich bei der Gründung die-

ser Unternehmen um GU mit konzentrativem Charakter handelt162. Gegen eine Quali-

fizierung dieser Unternehmen als kooperative GU spricht tatsächlich, dass Grün-

dungsunternehmen und Muttergesellschaften Tätigkeiten auf unterschiedlichen sachli-

chen Märkten - dazu unten ausführlich163 - (Markt der Marktplatzdienstleistung - evt.

als Segment eines größeren Vertriebsmarktes einerseits - und andererseits Markt der

gehandelten Produkte) entfalten. Für die Einordnung als kooperative GU kann man

allerdings ins Feld führen, dass die beiden genannten Märkte in enger Beziehung zu-

einander stehen und eine Präsenz von Gründer- und Gemeinschaftsunternehmen auf

benachbarten Märkten für das Entstehen eines Gruppeneffekts ausreichen kann164. Ei-

ne derartige Präsenz der Marktplatzinitiatoren besteht vor allem in der Konstellation

der Branchenmarktplätze165. Der Ansicht der Kommission ist dennoch zuzustimmen,

da sich zum Zeitpunkt der Gründung eine Koordinierung der Aktivitäten der Gründer

160 Zur Doppelkontrolle kooperativer Gemeinschaftsunternehmen vgl.: Schröer, in: Frank-

furter Kommentar, Art. 2 FKVO, Rn. 231. 161 Vgl.: EG-Kommission, Bekanntmachung der Kommission über die Unterscheidung zwi-

schen konzentrativen und kooperativen Gemeinschaftsunternehmen, ABl. 1994, C 385, S. 1, Rn. 17.

162 Vgl. hierzu: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unter-nehmenspraxis (2002), S. 223.

163 Zur Bestimmung der betroffenen Märkte ausführlich unten im 3. Teil dieses Kapitels. 164 Vgl.: Art. 2 Abs. 5 FKVO erster Spiegelstrich; weiterhin: Schröer, in: Frankfurter Kom-

mentar, Art. 2 FKVO, Rn. 253ff. 165 Anders - und insofern eindeutiger - ist die Situation bei neutralen Marktplätzen, deren An-

teilseigner auf dem Markt der gehandelten Güter nicht präsent sind. Hier scheidet die An-nahme eines Gruppeneffekts nach dem Gesagten jedenfalls aus.

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2. Kapitel - 2. Teil Rechtlicher Rahmen

67

durch die Gründung bei Internetmarktplätzen, die dem Muster der bisher entschiede-

nen Fälle entsprechen, nicht voraussagen lassen wird. Von Art. 2 Abs. 5 FKVO sollen

jedoch nur die unmittelbar eintretenden Koordinierungen der Mütter erfasst werden,

später eintretende Koordinierungen beim Betrieb der Internetplattform lassen sich wei-

terhin nach Art. 81 EG aufgreifen, so dass auch keine Anwendungslücke entsteht166.

Die Beurteilung fällt jedoch anders aus, wenn ein B2B-Marktplatz so ausgestaltet ist,

dass die Gründerunternehmen starken strategischen Einfluss auf die Entscheidungen

des GU nehmen können oder enge personelle Verflechtungen zwischen den Organen

des GU und denen der Mütter bestehen, oder das B2B-Marktplatz als identifizierende

Preismeldestelle der Gründer fungieren soll167. Diese Aspekte sprächen dann für eine

Gefahr der Koordinierung, weshalb eine Einstufung als kooperatives GU unumgäng-

lich und eine Prüfung anhand des Art. 81 Abs. 1 und 3 EG in der Folge notwendig

wäre.

2. Anwendbarkeit der Fusionskontrolle nach dem GWB

a) Keine Unanwendbarkeit infolge Einschlägigkeit der FKVO

Nach dem Prinzip des Anwendungsvorrangs des europäischen Rechts kommt die deut-

sche Fusionskontrolle nach dem GWB nur für Vorhaben in Betracht, auf die die euro-

päische Fusionskontrolle nach der FKVO keine Anwendung findet168.

Bei der Gründung von B2B-Internetmarktpläzen sind §§ 35ff. GWB dann anwendbar,

wenn ein Vorhaben die Schwellenwerte des Art. 1 FKVO bzw. § 35 Abs. 1 GWB

nicht überschreitet. Weiterhin sind die deutschen Bestimmungen anzuwenden, wenn

ein Vorhaben einen Zusammenschluss nach § 37 GWB, nicht aber nach Art. 3 FKVO,

begründet, weil es am Merkmal des Kontrollerwerbs als Anwendungsvoraussetzung

166 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis

(2002), S. 222f. 167 Zu den Abgrenzungskriterien der Einstufung von Gemeinschaftsunternehmen als koopera-

tiv oder konzentrativ im Einzelnen: Schröer, in: Frankfurter Kommentar, Art. 2 FKVO, Rn. 239ff.

168 Vgl.: Art. 21 Abs. 2 FKVO; § 35 GWB; hierzu: Gramlich/Kröger/Schreibauer, Rechtshandbuch B2B Plattformen, S. 118.

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2. Kapitel - 2. Teil Rechtlicher Rahmen

68

für die FKVO mangelt. Ferner muss sich das Vorhaben gemäß § 130 Abs. 2 GWB auf

den deutschen Markt auswirken.

b) Zusammenschluss nach § 37 GWB

Ein Zusammenschluss liegt nach deutschem Fusionskontrollrecht in allen der in § 37

Abs. 1 und 2 GWB genannten Fälle vor. Anders als im Rahmen der FKVO bildet der

Kontrollerwerb nach dieser Vorschrift nur eine Form des Zusammenschlusstatbestan-

des169. Dies hat zur Folge, dass selbst B2B-Internetmarktplätze, bei deren Gründung

die Umsatzschwellen der FKVO überschritten werden, der deutschen Fusionskontrolle

unterliegen können, soweit keine Kontrolle der Gründer über das GU besteht. Insbe-

sondere der Fall des Anteilserwerb der Gründer an dem neugegründeten GU wird nach

der Fiktion des § 37 Abs. 1 Nr. 3 S. 3 GWB zur Berücksichtigung eines eventuell auf-

tretende Gruppeneffektes auch als Zusammenschluss der Gründer untereinander er-

fasst170. So lag es im Fall Covisint171. Auf die Abgrenzung zwischen Vollfunktions-

oder Teilfunktionsgemeinschaftsunternehmen kommt es folglich für den Zusammen-

schlusstatbestand nach dem GWB nicht an.

c) Materieller Prüfungsmaßstab

Untersagungsgrund für ein Zusammenschlussvorhaben ist nach dem GWB wie im

Rahmen der alten FKVO die Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschen-

den Stellung, wobei der Marktbeherrschungsbegriff des § 19 GWB Anwendung fin-

det.

169 Neben dem Kontrollerwerb, § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB, werden auch der Vermögenserwerb,

§ 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB, der Anteilserwerb, § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB und sonstige Verbin-dungen, § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB erfasst.

170 Gegenstand der Zusammenschlussfiktion nach § 37 Abs. 1 Nr. 3 S. 3 GWB sind jedoch nach dessen Wortlaut nur die Märkte auf denen das GU tätig ist. Die Auswirkung auf die Märkte auf denen die Gründer tatig sind, sind gleichwohl einzubeziehen, da die Beteili-gung jedes Gründers an dem GU im Vertikalverhältnis ebenfalls einen Zusammenschluss (Wortlaut § 37 Abs. 1 Nr. 3 S. 3 GWB: „auch“) darstellt. Vgl Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 36, Rn. 79.

171 Vgl.: BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisint, B 5 - 34100 U 40/00.

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2. Kapitel - 2. Teil Rechtlicher Rahmen

69

Bei der Prognose einer derartigen Marktwirkung des Vorhabens lässt sich eine Ge-

nehmigung nur noch erreichen, wenn die Anmelder nachweisen, dass die mit dem Zu-

sammenschluss verbundenen Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen die Wett-

bewerbsnachteile überwiegen172. Hierbei sind die durch B2B-Marktplätze zu erzielen-

den Effizienzsteigerungen, soweit sie struktureller Natur sind, in die Prüfung einzube-

ziehen173.

Neben der Fusionskontrolle nach §§ 35ff. GWB ist das Kartellverbot nach § 1 GWB

parallel auf Zusammenschlussvorhaben anzuwenden174. Gemeinschaftsunternehmen

unterliegen einer derartigen Doppelkontrolle nur, soweit sie kooperativer und nicht

konzentrativer Natur sind175.

III. Kooperation mehrerer Marktplätze

1. „Herkömmlicher“ Zusammenschluss mehrerer Internetmarktplätze

Nach den herkömmlichen Grundsätzen, d.h. soweit die oben176 aufgeführten Tatbe-

standsmerkmale erfüllt sind, unterfallen auch Fusionen mehrerer Internetmarktplätze

dem deutschen oder europäischen Fusionskontrollsystem. Anzutreffen waren in der

Praxis bislang Übernahmen ehemals neutraler Marktplätze durch nutzergetriebene

Marktplätze sowie Zusammenschlüsse mehrerer nutzergetriebener Marktplätze, die

einen ähnlichen Nutzerkreis hatten177. Besonderheiten ergeben sich in diesem Zusam-

menhang nicht. Derartige Fusionen werden angesichts der bereits zu beobachtenden

172 Im Einzelnen: Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 36,

Rn. 282ff. 173 Zum Erfordernis der Verbesserung der Marktstruktur: Bechtold, GWB (1999), § 36,

Rn. 20. 174 Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § Rn. 403. Eine Anwendung von § 1

GWB scheidet ebenso wie die der §§ 35ff. GWB aus, soweit der Sachverhalt der FKVO unterfällt, Art. 21 Abs. 3 FKVO

175 Vgl.: Bunte, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht (2001), § 1, Rn. 262ff.; Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 1, Rn. 407ff.

176 Vgl. oben: 2. Kapitel, 2. Teil, B, II. 177 Zu der letzten Alternative: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in

der Unternehmenspraxis (2002), S. 140ff.

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2. Kapitel - 2. Teil Rechtlicher Rahmen

70

Tendenzen einer Konzentration von B2B-Märktplätzen für die Zukunft in erheblicher

Anzahl erwartet178.

2. Sonderproblem: Zusammenschaltung zu Meta-Marktplätzen

Die den B2B-Internetmarktplätzen zugrunde liegende Technologie erlaubt neben klas-

sischen Fusionen spezielle Formen der Kooperation, bei denen die Anwendbarkeit der

Fusionskontrolle fraglich erscheint179. So ist es technisch möglich, Internetmarktplätze

in einer Weise zusammenzuschalten180, die den Nutzern eines Marktplatzes erlaubt,

die Transaktionen auf assoziierten Marktplätzen mitzuverfolgen und ihnen erlaubt, mit

den Nutzern dieser Marktplätze Geschäfte zu tätigen. Die Zusammenlegung der ein-

zelnen Marktplatzressourcen kann so weit gehen, dass aus der Perspektive des Nutzers

ein Meta-Marktplatz entsteht, ein virtuelles Netzwerk verschiedener Marktplätze, das

gegenüber dem Nutzer als einheitlicher Akteur auftritt181. Gesellschaftsrechtlich und

organisatorisch bleiben die einzelnen Marktplätze hierbei jedoch unabhängig. Wirt-

schaftlich vielversprechend scheinen derartige Interoperabilitätsabkommen vor allem

deshalb, weil den Nutzern hierdurch ein Zugriff auf eine Vielzahl von Transaktions-

partnern geboten wird182.

Der Fusionskontrolle unterliegen Kooperationen der beschriebenen Art nicht. Die

Anwendbarkeit der Fusionskontrolle hängt vom Vorliegen des Zusammenschlusstat-

bestandes ab, der nach deutschem wie europäischem Fusionskontrollrecht durch die

178 So schlossen sich bereits im Jahre 2001 zwei der Marktplätze für die chemische Industrie,

CC-Markets und chemplorer, zusammen. 179 Vgl.: Ensthaler/Gesmann-Nuissl, Virtuelle Unternehmen in der Praxis - eine Herausforde-

rung für das Zivil-, Gesellschafts- und Kartellrecht, BB 2000, S. 2265, 2270f., die in Be-zug auf virtuelle Unternehmensnetzwerke insofern ungelöste Fragen sehen.

180 Zu den einzelnen technischen Gestaltungsvarianten: Hepp, Interoperabilität, Metamarkt-plätze und agentenbasierte Arbitrageure, in: Dangelmaier/Emmerich/Kaschula, Modelle im E-Business (2002), S. 475ff.

181 Insofern liegt der typische Fall eines „virtuellen Unternehmens“ im engeren Sinne vor. Hierzu: Lange, Virtuelle Unternehmen: Neue Unternehmenskoordination in Recht und Praxis (2001), S. 61.

182 Die Wettbewerbsimplikationen derartiger Kooperationen sind im Rahmen des Workshops der FTC Emerging Issues for Competition Policy in the World of E-Commerce, 2001 un-tersucht worden. Vgl.: Case Study 1, Variation 1, Transcript, abrufbar unter: http://www.ftc.gov/opp/ecommerce/.

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2. Kapitel - 2. Teil Rechtlicher Rahmen

71

genannten Formen gegenseitiger Ressourcennutzung nicht erfüllt wird. Weder liegt ein

Kontrollerwerb im Sinne von Art. 3 FKVO bzw. § 37 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 GWB vor noch

ein Vermögens- oder Anteilserwerb im Sinne des § 37 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 3 GWB oder

eine Verbindung mit wettbewerblich erheblichem Einfluss nach § 37 Abs. 1 S. 1 Nr. 4

GWB183. Es wird durch die Zusammenarbeit keine Fusion im Sinne einer Verschmel-

zung durch Aufnahme oder Neugründung unter dauerhafter Einbringung der Aktiva

und Passiva begründet. Die bloße Zusammenschaltung der Angebote mehrerer Inter-

netplattformen zu Plattformnetzwerken unterfällt nicht der Fusionskontrolle, allenfalls

der Kartell- und Missbrauchsaufsicht.

C. Kartellaufsicht

I. Mögliche Anwendungsfelder des Kartellverbots bei der Aufsicht über B2B-

Internetmarktplätze

Das Kartellverbot untersagt wettbewerbsbeschränkende Verhaltenskoordinierungen

mehrerer Unternehmen. Der Maßstab des Kartellverbotes kann für Internetmarktplätze

in mehrerer Hinsicht relevant werden. Bereits erläutert wurde die Heranziehung des

Kartellverbotes im Gründungsstadium als ergänzender Beurteilungsmaßstab für ko-

operative Gemeinschaftsunternehmen.

Beim Betrieb eines Internetmarktplatzes stellt sich ebenfalls die Frage der Anwend-

barkeit dieser Normen. In den Blick zu nehmen ist zum einen bei den als Gemein-

schaftsunternehmen betriebenen Plattformen das Verhältnis zwischen den Mutterun-

ternehmen zueinander und das Verhältnis der Mütter zum GU. Zum anderen ist zu un-

tersuchen, inwieweit mehrere Unternehmen (die ggf. nicht zum Kreis der Marktplatz-

gründer gehören) in ihrer Eigenschaft als Marktplatznutzer unerlaubte Absprachen

treffen.

183 Letztere Vorschrift soll sich nämlich nach dem Willen des Gesetzgebers ebenfalls nur auf

gesellschaftsrechtlich vermittelte Unternehmensverbindungen beziehen, woran es in rei-nen Zusammenschaltungssachverhalten mangelt. Zu § 37 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 GWB vgl.: Bechtold, GWB (1999), Vor § 37, Rn. 30ff.

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2. Kapitel - 2. Teil Rechtlicher Rahmen

72

II. Anwendbarkeit des Kartellverbots nach Art. 81 EG

1. Verhaltenskoordinierung

a) Marktplatzgründung

Von Art. 81 Abs. 1 EG erfasst werden Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Be-

schlüsse und abgestimmte Verhaltensweisen. Soweit die bei der Gründung eines B2B-

Internetmarktplatzes getroffenen Vereinbarungen nicht der EG-Fusionskontrolle unter-

liegen, findet Art. 81 EG im Verfahren nach der VO 1/2003 (bis zum 1.5.2004 nach

der VO Nr. 17) Anwendung184, etwa wenn der B2B-Internetmarktplatz als Gemein-

schaftsunternehmen mit Teilfunktionscharakter einzustufen ist. Dies kann der Fall

sein, wenn eine große wirtschaftliche Abhängigkeit des GU von den Gründungsunter-

nehmen besteht185. Art. 81 EG ist weiterhin anwendbar auf diejenigen als GU gegrün-

deten Marktplätze, die der Fusionskontrolle nicht unterliegen, weil keine Einzelkon-

trolle oder gemeinsame Kontrolle seitens der Markplatzeigner besteht186.

Schließlich erfolgt eine Überprüfung anhand von Art. 81 EG, wenn zwar die FKVO

einschlägig ist, in Bezug auf die untersuchten Vereinbarungen jedoch Wettbewerbsbe-

hinderungen in Frage stehen, die nicht unmittelbar mit der Gründung des GU verbun-

den sind und so nicht von Art. 2 Abs. 4, 5 FKVO erfasst werden und die außerdem

keine Nebenabreden darstellen, die von der fusionsrechtlichen Freigabeentscheidung

ebenfalls umfasst werden187.

184 Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates, ABl. 2003, L 1, S. 1, welche die bisher geltende

Verordnung (EWG) Nr. 17/62 des Rates, ABl. 1962, S. 264 ersetzt. 185 Zur Abgrenzung von Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen und Teilfunktionsgemein-

schaftsunternehmen vgl.: oben unter 2. Kapitel, 2. Teil, B., II., 1., a). 186 Vgl. zur Frage des Kontrollerwerbs: 2. Kapitel, 2. Teil, B., II., 1.,b), c). Ausgeschlossen ist

die Anwendung von Art. 81 EG nach Art. 21 Abs. 1, Art. 1 Abs. 2 FKVO auf die Markt-platzgründung, wenn die Fusionskontrolle nur deshalb keine Anwendung findet, weil die Umsatzschwellen nicht erreicht werden und kein kooperatives GU vorliegt. Aus rechtssys-tematischer Sicht bestehen gegen diesen Ausschluss der Anwendbarkeit des Art. 81, 82 EG durch die sekundärrechtliche Regelung des Art. 21 Abs. 2 FKVO allerdings ernst zu nehmende Bedenken. Zur inhaltsgleichen Regelung nach der bis zum 1.5.2004 geltenden FKVO: Rösler, in: Frankfurter Kommentar, Art. 22 FKVO, Rn. 4ff.

187 Vgl. zu genehmigungsfähigen Nebenabreden im Rahmen der Marktplatzgründung: Koe-nig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/ Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 232.

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2. Kapitel - 2. Teil Rechtlicher Rahmen

73

Die kartellrechtlich relevante Vereinbarung kann in diesen Fällen in der Grundverein-

barung188 über das GU liegen, die die Wettbewerbs- und Leistungsbeziehungen der

Gründer untereinander und zum GU festgelegt. Dies ist dann in Betracht zu ziehen,

wenn diese Grundvereinbarungen Regelungen etwa über die Verwendung technischer

Standards, den Ausschluss von Wettbewerbern oder Unternehmen der Marktgegensei-

te oder Verpflichtungen zur exklusiven Nutzung des Marktplatzes sowie Fragen der

Kontrolle über das Marktplatzunternehmen enthält.

Denkbar sind weiterhin Vereinbarungen oder Verhaltenskoordinationen, die bei Gele-

genheit der Markplatzgründung im Sinne einer verbotenen Fühlungnahme erfolgen,

insbesondere durch den Austausch wettbewerbsrelevanter Informationen - z.B. anläss-

lich bei der gemeinsamen Erstellung von Online-Katalogen - die in den Internetmarkt-

platz eingebunden werden sollen189.

b) Marktplatzbetrieb

Beim Marktplatzbetrieb getroffene Vereinbarungen, Beschlüsse oder abgestimmten

Verhaltensweisen zwischen den Gründern - z.B. bezüglich der Änderung der Satzung

des Marktplatzunternehmens - oder zwischen einem oder mehreren Gründern einer-

seits und dem Marktplatzunternehmen andererseits sind, soweit sie kartellrechtlich

relevant sind, am Maßstab des Art. 81 Abs. 1 EG zu messen.

Das Gleiche gilt, wenn Nichtgesellschafter als Nutzer des Marktplatzes untereinander

ihr Verhalten koordinieren. Derartige Vereinbarungen erfolgen zwar gewissermaßen

nur „bei Gelegenheit“ der Marktplatznutung. Der konkreten Ausgestaltung der elekt-

ronischen Marktplätze kann hier aber eine Katalysatorfunktion für solche Koordinie-

rungen zukommen190, weshalb diese Verhaltenskoordinierungen in der vorliegenden

Arbeit ebenfalls berücksichtigt werden sollen. Absprachen können hier insbesondere

den gemeinsamen Einkauf oder Verkauf sowie die gemeinsame Produktentwicklung

188 Zum Begriff der Grundvereinbarung über GU: Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB

(2001), § 1, Rn. 402ff. 189 Vgl. dazu ausführlich: 4. Kapitel, 2. Teil, B. dort insbesondere I., 1., b), aa) und V., 1. 190 So explizit: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unter-

nehmenspraxis (2002), S. 237.

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2. Kapitel - 2. Teil Rechtlicher Rahmen

74

mittels der vom Internetmarktplatz bereit gestellten Software-Entwicklungsumgebung

betreffen.

2. Übrige Anwendungsvoraussetzungen undLegalausnahme

Vom Kartellverbot nach Art. 81 EG untersagt werden nur Verhaltenskoordinierungen,

die geeignet sind, den Wettbewerb auf dem Gemeinsamen Markt oder einem wesentli-

chen Teil desselben zu beeinträchtigen. Ferner müssen die Auswirkungen auf den

Gemeinsamen Markt spürbar sein und den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten be-

einträchtigen. Schließlich ist eine Verhaltenskoordinierung nur dann untersagt, wenn

kein Fall einer Legalausnahme nach Art. 81 Abs. 3 EG gegeben ist. Eine solche setzt

das kumulative Vorliegen der vier in Art. 81 Abs. 3 EG aufgeführten Tatbestandsvor-

aussetzungen voraus191.

III. Anwendbarkeit des Kartellverbots nach § 1 GWB

1. Verhaltenskoordinierung

a) Marktplatzgründung

Verhaltenskoordinierungen zwischen den Initiatoren und/oder Markplatznutzern, die

den Tatbestand des § 1 GWB erfüllen, unterliegen auch nach deutschem Recht einer

präventiven Kartellkontrolle. Die §§ 1ff. GWB sind allerdings auf die Gründung von

elektronischen Marktplätzen nicht anwendbar, soweit ein Vorhaben einen Zusammen-

schluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung im Sinne der FKVO darstellt, vgl. Art. 21

Abs. 3 FKVO192. Dagegen bleiben die §§ 1ff. GWB neben der Fusionskontrolle nach

§ 35ff. GWB, wie bereits dargelegt, anwendbar193, soweit ein kooperatives GU ge-

191 Gegebenenfalls sind bei dieser Prüfung die möglichen Effizienzsteigerungen, die mit der

Einführung der Marktplatztechnologie einhergehen, im Rahmen des Merkmals „Beitrag zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des techni-schen oder wirtschafltichen Fortschritts“ nach Art. 81 Abs. 3 EG einzubeziehen.

192 Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift wird nicht nur die nationale Fusions-kontrolle, sondern das nationale Wettbewerbsrecht bei Vorhaben von gemeinschaftsweiter Bedeutung insgesamt ausgeschlossen.

193 Vgl.: 2. Kapitel, 2. Teil, B., II., 2., c).

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2. Kapitel - 2. Teil Rechtlicher Rahmen

75

gründet wird194. Aus dem Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts ergibt sich

ferner, dass eine Untersagung nach dem deutschen Kartellverbot nicht in Betracht

kommt, falls die Voraussetzungen des Art. 81 Abs. 3 EG gegeben sind.

b) Marktplatzbetrieb

Vereinbarungen, die während der Betriebsphase eines Internet-Marktplatzes zwischen

den Gründern oder auf der Ebene der Nutzer eingegangen werden, sowie entsprechen-

de abgestimmte Verhaltensweisen sind unter den Voraussetzungen des § 1 GWB ver-

boten. Im Gegensatz zu Art. 81 Abs. 1 EG ist § 1 GWB dabei von vornherein auf Ver-

haltenskoordinierungen von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen be-

schränkt. Vereinbarungen von Marktplatznutzern verschiedener Marktstufen, etwa zur

Verbesserung des Lieferkettenmanagements, werden nicht von § 1 GWB, sondern al-

lenfalls nach dem zweiten Abschnitt des GWB, von den §§ 14ff. GWB, erfasst.

2. Übrige Anwendungsvoraussetzungen

Neben dem Bestehen einer Vereinbarung, einem Beschluss oder einer abgestimmten

Verhaltensweise miteinander konkurrierender Unternehmen erfordert § 1 GWB das

Bezwecken oder Bewirken einer Wettbewerbsbeschränkung durch diese Verhaltens-

koordination. Die wettbewerbsbeschränkende Wirkung muss dabei spürbar sein195.

3. Legalisierungstatbestände nach §§ 2ff. GWB

Grundsätzlich gegen § 1 GWB verstoßende Vereinbarungen im Zusammenhang mit

der Gründung oder dem Betrieb von Internetplattformen können bei Vorliegen der

Voraussetzungen der §§ 2ff. GWB freigestellt werden. Im Falle etwaiger Wettbe-

194 Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 1 Rn. 407ff. 195 Nach allgmeiner Meinung ist das Merkmal der Spürbarkeit auch nach der 6.GWB Novelle

weiterhin tatbestandliches Element des § 1 GWB. Der Streichung der Formulierung, wo-nach die Vereinbarung geeignet sein müsse, „die Erzeugung oder die Marktverhältnisse für den Verkehr mit Waren oder gewerblichen Leistungen [...] zu beeinflussen“, kommt damit keine inhaltliche Bedeutung zu. Statt vieler: Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 1 Rn. 256.

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2. Kapitel - 2. Teil Rechtlicher Rahmen

76

werbsbeschränkungen zwischen den Marktplatzgründern ist vor allem zu prüfen, in-

wieweit durch die Kooperation im Rahmen des elektronischen Marktplatzes Rationali-

sierungseffekte eintreten, die zu etwaigen Wettbewerbsbeschränkungen in einem an-

gemessenen Verhältnis stehen und nicht zur Entstehung oder der Verstärkung einer

marktbeherrschenden Stellung führen. In diesem Fall ist eine Freistellung gemäß § 5

Abs. 1 GWB möglich. Hierbei sind die typischen Effizienzsteigerungen, die sich durch

B2B-Internetmarktplätze erzielen lassen196, in die Wertung einzubeziehen, wenngleich

diese nicht schlicht mit dem Begriff der Rationalisierungseffekte im Sinne der Norm

gleichgesetzt werden können: Denn § 5 Abs. 1 GWB erfasst nur innerbetriebliche

Verbesserungen auf Seiten der Kartellmitglieder, die zudem wesentlich sein müssen

und ebenfalls zu einer Verbesserung der Bedarfsbefriedigung für Abnehmer und

Verbraucher führen197.

Auf der Ebene der Marktplatznutzer sind die durch elektronische Marktplätze gebote-

nen Möglichkeiten der Nachfragebündelung durch Einkaufgemeinschaften in den

Blick zu nehmen. Für sie kann sich eine Freistellung in den Grenzen der § 4 Abs. 1

bzw. 2 GWB ergeben.

D. Missbrauchsaufsicht

I. Mögliche Anwendungsfelder des Missbrauchsverbots bei der Aufsicht über

B2B-Internetmarktplätze

Im Zusammenhang mit Internetmarktplätzen kann schließlich das Missbrauchsverbot

von Bedeutung sein. So ist es zum einen denkbar, dass ein marktbeherrschender Inter-

netmarktplatz seine Marktstellung missbraucht.

Daneben stellt sich bei den von Wettbewerbern betriebenen Internetmarktplätzen die

Frage, wie sich der gemeinsame Betrieb eines Internetmarktplatzes langfristig auf das

Verhältnis der Gründer zueinander und gegenüber ihren Handelspartnern auswirkt,

196 Hierzu zählen die oben unter 1. Kapitel, 3. Teil, A. genannten Aspekte, insbesondere

Such- und Transaktionskostensenkung, Senkung der Einkaufskosten, verringerte Ent-wicklungs- und Durchlaufzeiten.

197 Eingehend zu den Tatbestandsvoraussetzungen von § 5 GWB: Immenga, in: Immen-ga/Mestmäcker, GWB (2001), § 5 Rn. 14ff.

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2. Kapitel - 2. Teil Rechtlicher Rahmen

77

wenn die Marktplatzgründer über eine starke Marktstellung auf ihren Herkunftsmärk-

ten verfügen, also auf den Märkten der Güter, welche über den Marktplatz gehandelt

werden sollen.

So könnten sie versucht sein, den Internetmarktplatz als Hebel zu nutzen, um ihre Stel-

lung zu verstärken oder zu missbrauchen. Durch Zugangsverweigerungen gegenüber

Außenseiterwettbewerbern oder Lieferanten/Abnehmern zu einem von mehreren Kon-

kurrenten einer Branche initiierten Internetmarktplatz lassen sich möglicherweise

Verdrängungs- oder Marktmachtverlagerungsstrategien realisieren198. Marktmächtige

Akteure werden unter Umständen versuchen, die exklusive Nutzung einer bestimmten

Plattform vorzuschreiben.

II. Anwendbarkeit des Missbrauchsverbots nach Art. 82 EG

Voraussetzung für das Eingreifen der EG-Missbrauchskontrolle ist das Bestehen einer

marktbeherrschenden Stellung auf dem Gemeinsamen Markt oder einem wesentlichen

Teil desselben. Im Gegensatz zu § 19 GWB kennt das europäische Missbrauchsverbot

dabei keine starre Marktanteilsgrenze, ab der eine Vermutung der Marktbeherrschung

eintritt. Sowohl das Marktplatzunternehmen selbst als auch ein oder mehrere Gründer

kommen dabei als Marktbeherrscher in Betracht. Art. 82 EG erfasst neben der Einzel-

marktbeherrschung auch die gemeinsame Marktbeherrschung199. Wurde das Bestehen

einer marktbeherrschenden Stellung festgestellt, so muss ferner eine missbräuchliche

Ausnutzung dieser Stellung vorliegen.

Wie bei Art. 81 EG muss das missbräuchliche Ausnutzen der marktbeherrschenden

Stellung zu einer Beeinträchtigung des Handels zwischen dem Mitgliedstaaten führen.

198 Nouel, Competition Assessment of Vertical Mergers and Vertical Agreements in the New

Economy, S. 108ff. 199 De Bronnet, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 22, Rn. 25ff.

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2. Kapitel - 2. Teil Rechtlicher Rahmen

78

III. Anwendbarkeit der Missbrauchsaufsicht nach § 19 GWB

§ 19 GWB setzt wie Art. 82 EG das Bestehen einer marktbeherrschenden Stellung in

der Form der gemeinsamen oder Einzelmarktbeherrschung und ein missbräuchliches

Ausnutzen voraus, wobei jedoch die Vermutungsregeln des § 19 Abs. 3 GWB insge-

samt zu einer gegenüber dem EG-Kartellrecht tendenziell schärferen Anwendungspra-

xis führen200. Daneben ist § 20 GWB von Bedeutung, dessen Anwendung insbesonde-

re in Bezug auf den willkürlichen Ausschluss bestimmter Marktteilnehmer von einem

Internetmarktplatz zu untersuchen ist.

200 Vgl.: Bechtold, GWB (2002), § 19 Rn. 93.

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

79

3. Teil

Fragen der Marktabgrenzung

A. Problemstellung

Die Verbreitung des Internets als Kommunikationsmedium und „virtueller Raum“

wirft hinsichtlich der Abgrenzung der kartellrechtlich relevanten Produktmärkte und

deren geographischer Reichweite Fragen auf. Relevant wurde die Abgrenzung von

„Internetmärkten“ in der kartellrechtlichen Praxis bereits im Zusammenhang mit Sach-

verhalten, die den Zugang zum Internet betrafen201. Hier können sich wettbewerbs-

rechtliche Konflikte etwa bei der Vergabe der Domain-Namen-Kennungen, der Be-

herrschung des Browser-Marktes sowie der Marktbeherrschung über sog. Backbone-

Kapazitäten ergeben202. Eine zweite Serie von Entscheidungen betraf bestimmte

Dienste und Anwendungen, die das Internet als neues Absatzmedium nutzen203.

Mit der Entstehung von B2B-Internetmarktplätzen sind hinsichtlich der Marktabgren-

zung ebenfalls mehrere Fragenkomplexe verbunden, die angesichts der Aktualität des

Phänomens derzeit noch nicht abschließend geklärt sind.

Klärungsbedarf besteht zunächst hinsichtlich der Frage, welche Märkte bei der wett-

bewerbsrechtlichen Untersuchung von Internetmarktplätzen überhaupt relevant sein

können204.

Wirken sich diese Unternehmen auf die Abgrenzung der Märkte derjenigen Güter aus,

die über den B2B-Internetmarktplatz gehandelt werden? Es ist zu untersuchen, ob die-

se Güter noch demselben Markt angehören, wie ihre offline gehandelten Pendants.

201 Vgl. etwa zu der Frage, ob für verschiedene Internet-Zugangstechnologien wie Telefonlei-

tungen, Kabelnetz, Funkübertragung, Elektrizitätsnetz, unterschiedliche Märkte anzuneh-men sind: EG-Kommission Fall Nr. IV/M.1113 Nortel/ NORWEB, 18.3.1998, Rn. 22f.

202 EG-Kommission, Fall Nr. M.1741 MCI WorldCom/Sprint, 28.6.2000. 203 Vgl. etwa: EG-Kommission, Fall Nr. IV/M1407 Bertelsmann/Mondadori, CELEX DokNr.

399M1407, Rn. 15; EG-Kommission, Fall Nr. IV/M1112 Bertelsmann/Havas/BOL, CE-LEX DokNr. 398M112, Rn. 9ff.

204 Vgl. hierzu: Bahr, Das Erfordernis des freien Zugangs zu B2B-Internetmarktplätzen nach EG-Kartellrecht, WuW 2002, S. 230ff., Dethof, Anforderungen des deutschen und europäischen Kartellrechts an Business-to-Business-Internetmarktplätze, S. 69ff.

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

80

Zweitens ist zu beleuchten, inwieweit die von den Internetmarktplätzen erbrachten

Dienstleistungen einen neuen Produktmarkt, einen Markt der Marktplatzdienstleistun-

gen, begründen.

Im Anschluss hieran sollen die Kriterien zur genauen Abgrenzung dieser Märkte im

Einzelnen beleuchtet werden. Schließlich ist fraglich, welche Auswirkungen der Onli-

ne-Handel über Marktplätze auf die geographische Marktabgrenzung hat.

Ziel der folgenden Untersuchung ist es, diese Fragestellungen zu systematisieren und

soweit möglich einer Lösung zuzuführen.

B. Fragen der sachlichen Marktabgrenzung im Zusammenhang mit B2B-

Internetmarkplätzen

I. Bedeutung und Bestimmungsmethoden der Abgrenzung des sachlich relevan-

ten Marktes

Im Rahmen der kartellrechtlichen Bewertung eines Sachverhalts kommt der Bestim-

mung des sachlich relevanten Marktes eine herausragende Bedeutung zu. Die Abgren-

zung des sachlich relevanten Marktes ist der erste Prüfungsschritt innerhalb der kar-

tellrechtlichen Analyse205. Der sachlich relevante Markt ist Bezugsgröße für die Be-

rechnung der Marktanteile der von der Untersuchung betroffenen Unternehmen206. Der

Marktanteil wiederum ist ein maßgebliches Kriterium für die Bestimmung von Markt-

macht207. Vor allem in der Fusionskontrolle als Strukturkontrolle führt eine enge

Marktabgrenzung leicht zur Prognose einer marktbeherrschenden Stellung208 nach

§ 36 Abs. 1 GWB bzw. der erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs nach

Art. 2 Abs. 3 FKVO.

205 Bechtold, GWB (1999), Vor § 19, Rn. 3. 206 Vgl.: Bechtold, GWB (1999), Vor § 19, Rn. 20. 207 Vgl.: Lange, Handbuch zum deutschen und europäischen Kartellrecht (2001), S. 310f. 208 Zur Bedeutung des Abgrenzungsmaßstabes im Zusammenhang mit Märkten im Internet

allgemein vgl.: Gutachten des wissenschaftlichen Beirates des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technnologie, Wettbewerbspolitik für den Cyberspace, S. 25f, abrufbar unter: http://www.bmwi.de/Homepage/Politikfelder/Wirtschaftspolitik/Publikationen.jsp.

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

81

Bei der Bestimmung des sachlich relevanten Marktes geht es darum, eine Gruppe von

Anbietern oder Nachfragern so abzugrenzen, dass von anderen, außerhalb dieser

Gruppe stehenden Anbietern oder Nachfragern keine relevanten Einflüsse auf das

Wettbewerbsverhalten ausgehen209. In der deutschen wie auch der europäischen Kar-

tellrechtspraxis findet dabei in erster Linie das sog. Bedarfsmarktkonzept Anwen-

dung210. Dieses Konzept stellt auf diejenigen Güter ab, die geeignet sind, einen be-

stimmten gesellschaftlichen Bedarf zu decken211, und macht somit die funktionelle

Austauschbarkeit aus Sicht der Nachfrager zum Kern der Abgrenzungsfrage212. Geht

es hingegen um die Erfassung des sog. Nachfragerwettbewerbs, ist es notwendig, den

jeweiligen Beschaffungsmarkt in den Blick zu nehmen. Spiegelbildlich zum Bedarfs-

marktkonzept wird dann auf die funktionelle Austauschbarkeit (der Nachfrage) aus

Sicht der Anbieter (sog. Angebotsumstellungsflexibilität) abgestellt213. Wegen der wei-

testgehenden Übereinstimmung von deutscher und europäischer Kartellrechtspraxis im

Hinblick auf die Marktabgrenzung wird in den nachfolgenden Ausführungen nicht

zwischen beiden Rechtsordnungen unterschieden.

209 So etwa: Schmidt, Wettbewerbspolitik und Kartellrecht (1990), S. 46. 210 Andere Konzepte wie das sog. Konzept der Wirtschaftspläne oder das der Kreuzpreiselasi-

tizität haben sich demgegenüber nicht durchsetzen können. Der Aspekt der Kreuzpreis-elastizität wird aber im Rahmen der Anwendung des Bedarfsmarktkonzepts insbesondere im europäischen Kartellrecht häufig mit einbezogen. Vgl.: EG-Kommission, Bekanntma-chung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbe-werbsrechts der Gemeinschaft, ABl. 1997, C 372, Rn. 36; Zum ganzen ferner: Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 19 Rn. 32ff.

211 Vgl.: Schmidt, Wettbewerbspolitik und Kartellrecht (1990), S. 47f. 212 So stellte das KG in der Sache Handpreisauszeichner fest: „Sämtliche Erzeugnisse, die

sich nach ihren Eigenschaften, ihrem wirtschaftlichen Verwendungszweck und ihrer Preislage so nahe stehen, dass der verständige Verbraucher sie als für die Deckung eines bestimmten Bedarfs geeignet, in berechtigter Weise abwägend, miteinander vergleicht und als gegeneinander austauschbar ansieht, sind marktgleichwertig.“ Vgl.: KG v. 18.2.1969 WuW/E OLG, S. 995f.; seitdem ständige Rspr. vgl. etwa: BGH v. 24.10.1995 WuW/E, S. 3026, 3028.

213 Für die deutsche Rspr. vgl.: BGH v. 23.2.1988 Sondierungsverfahren, WuW/E BGH, S. 2483, 2487f.; für die Literatur vgl.: Bechtold, GWB (1999), Vor § 19, Rn. 16; Schmidt, Wettbewerbspolitik und Kartellrecht (1990), S. 52.

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

82

II. Bestimmung der in Betracht zu ziehenden sachlichen Märkte

1. Markt der durch Internetmarktplätze erbrachten Dienstleistungen

Zu untersuchen ist zunächst, ob die durch B2B-Internetmarktplätze erbrachten Dienst-

leistungen einem vom Markt der über die elektronische Handelsplattform gehandelten

Güter zu unterscheidenden Produktmarktmarkt angehören.

Internetmarktplätze nehmen nicht selbst als Einkäufer oder Verkäufer am Handel mit

den über sie gehandelten Gütern teil214. Ihre Stellung ist die eines Vermittlers: Ein e-

lektronischer Marktplatz etwa für gebrauchte Industriegüter kauft oder verkauft diese

Waren nicht selbst, sondern vermittelt lediglich die Transaktionen entsprechender An-

bieter und Nachfrager.

Der Internetmarktplatz erbringt damit eine Vermittlungsdienstleistung, für die er sei-

nen Nutzern regelmäßig Gebühren in Form von Transaktionsgebühren oder Mitglieds-

beiträgen in Rechnung stellt. Diese von den Nutzern nachgefragte Vermittlertätigkeit

stellt daher eine eigenständige Tätigkeit dar, die von dem Markt der gehandelten Güter

zu trennen ist215. Um die Erbringung dieser Tätigkeiten konkurrieren derzeit verschie-

dene Internetmarktplätze216. Es ist insofern vom Bestehen eines Dienstleistungsmark-

tes für marktplatztypische Dienstleistungen auszugehen217, ohne dass an dieser Stelle

schon entschieden werden kann, ob diesem Markt noch weitere Dienstleistungen wie

traditionelle Vermittlungsdienste in Form von Telefon, Fax etc. angehören.

214 Vgl. etwa die Sachverhalte RubberNetwork.com und CC-Markets: BKartA, Beschluss v.

23.10.2000 B 3 - 72303 - U - 76/00; BKartA, Beschluss v. 26.01.2001, B 3 - 25130 - U - 110/00;

215 Bahr, Das Erfordernis des freien Zugangs zu B2B-Internetmarktplätzen nach EG-Kartellrecht, WuW 2002, S. 230, 232.

216 Vgl. insofern die Ausführungen des BKartA im Beschluss v. 29.6.2001, B 5 - 51522 - U 24/01 BuyForMetals und Steel 24-7, S. 13f.

217 So auch im Ergebnis sämtliche Stellungnahmen in der Literatur zu der untersuchten The-matik. Vgl.: Ahlborn/Seeliger, EG-kartellrechtliche Probleme bei Unternehmenskoopera-tionen im Internet, EuZW 2001, S. 552, 554f.; Alese, B2B exchanges and E.C. Competiti-on Law: 2B or not 2B?, ECLR 2001, S. 325, 326; Gassner, Internet-Handelsplattformen im Spiegel des Kartellrechts, MMR 2001, S. 140, 142f.; Harbour, B2B Basics and Anti-trust Risks, Stellungnahme zum Workshop der FTC, Emerging Issues for Competition Po-licy in the E-Commerce Environment, 7./8.5.2001; DeSanti, Remarks before the Federal Trade Commission Public Workshop “Competition Policy in the World of B2B Electonic Marketplaces”, abrufbar unter: http://www.ftc.gov./bc/b2b/b2bdesanti.htm.

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

83

2. Markt der über Internetmarktplätze gehandelten Güter

Da Internetmarktplätze als Intermediäre dem Austausch von Waren und Dienstleistun-

gen dienen, beeinflussen sie potenziell die Art und Weise des Austauschs dieser Güter.

Es ergeben sich, wie FTC218 und BKartA219 deutlich gemacht haben, daher ggf. Rück-

wirkungen auf die zugrunde liegenden Märkte dieser Güter220. Der Handel mit diesen

Gütern kann über Internetmarktplätze möglicherweise effizienter abgewickelt werden

als über die traditionellen Handelskanäle, so dass Unternehmen, die am Handel über

B2B-Marktplätze teilnehmen, gegenüber Unternehmen, die diese neue Form der Ge-

schäftsabwicklung nicht nutzen, im Wettbewerb im Vorteil sind.

Der Untersuchung bedarf im Hinblick auf die kartellrechtliche Marktabgrenzung, ob

sich durch die Einführung von Internetmarktplätzen die Substitutionsbeziehungen zwi-

schen den einzelnen Gütern ändern: Bilden die über Internetmarktplätze gehandelten

Güter gegenüber ihren offline gehandelten Pendants einen eigenständigen Markt, etwa

weil sie wegen der transaktionskostensenkenden Nutzung von Internetmarktplätzen zu

einem erheblich niedrigeren Preis angeboten werden können und aus der Sicht der

Nachfrager daher nicht mehr mit auf herkömmlichem Wege bezogenen Gütern kon-

kurrieren? Oder entsteht nur ein weiterer Absatzkanal, der keine Auswirkung auf die

Marktabgrenzung hat?

Die Märkte der über den Marktplatz gehandelten Güter sind als sachlich betroffene

Märkte bei der Untersuchung von Internetmarktplätzen in die Analyse jedenfalls mi-

teinzubeziehen221. Aus Gründen der besseren Darstellung werden diese Märkte nach-

folgend unter dem Begriff „Markt der gehandelten Güter“ zusammengefasst.

218 Vgl. hierzu: Report der FTC zum Workshop „Competition Policy in the World of B2B

Electronic Marketplaces“, S. 3ff, 23ff. 219 Vgl.: BKartA, Beschluss v. 23.10.2000 CC-Markets, B 3 - 72303 - U - 76/00, S. 6 und

BKartA, Beschluss v. 26.01.2001 RubberNetwork.com, B 3 - 25130 - U - 110/00, S. 6.. 220 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis

(2002), S. 98ff., 194. 221 In der Mehrzahl der durch die Kartellbehörden bislang untersuchten Sachverhalte zu Inter-

netmarktplätzen ergab sich die Notwendigkeit, die Auswirkungen auf die Märkte der über den Marktplatz gehandelten Güter zu untersuchen, schon daraus, dass es sich bei den Marktplatzgründern zugleich um Unternehmen handelte, die zugleich Wettbewerber auf dem Markt der gehandelten Güter waren. Vgl. die Konstellationen in den Fällen: BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisisint - B 5 - 34100 U 40/00; EG-Kommission, Fall

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

84

3. Zwischenergebnis

Festzuhalten bleibt, dass bei der Bestimmung der sachlich relevanten Märkte im Zu-

sammenanhang mit Internetmarktplätzen zwischen zwei Ebenen unterschieden werden

muss: In Betracht zu ziehen sind die Auswirkungen des Entstehens von B2B-Internet-

marktplätzen auf die Märkte derjenigen Güter, die über den Marktplatz gehandelt wer-

den (im Folgenden: Markt der gehandelten Güter), und die Marktwirkungen eines

Vorhabens auf den Markt, der die Dienstleistungen umfasst, die von dem Marktplatz

als Vermittlungsleistungen erbracht werden (im Folgenden: Markt der Marktplatz-

dienstleistungen).

III. Abgrenzung des Marktes der Marktplatzdienstleistungen

Im Folgenden sollen nach einer Sichtung der bisherigen Aussagen der Kartellbehörden

Eckpunkte zur Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes der Marktplatzdienstleis-

tungen erarbeitet werden.

1. Feststellungen der Kartellbehörden

a) BKartA

Die Ausführungen des BKartA zur Bestimmung des sachlich relevanten Marktes in

den ersten Entscheidungen, die die Beurteilung von Internetmarktplätzen zum Gegens-

tand hatten, sind von dem Bestreben geprägt, keine vorschnellen Festlegungen zur

Marktabgrenzung zu treffen. Wegen der großen Entwicklungsdynamik des Markt-

platzhandels222 ließen sich zunächst noch keine festen Konturen der sich künftig her-

auskristallisierenden sachlichen Märkte erkennen223. Wie die Entscheidungen über die

Marktplatzvorhaben CC-Markets224 und Rubbernetworks.com225 belegen, geht das

Nr. IV/M.1969 UTC/Honeywell/i2/MyAircraft.com. CELEX-DokNr. 300M1969; EG-Kommission, Pressemitteilung v. 31.7.2000, IP/00/896, Volbroker.com.

222 BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 - B 5 - 34100 U 40/00 Covisint, S. 11. 223 BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 - B 5 - 34100 U 40/00 Covisint, S. 15. 224 BKartA, Beschluss v. 23.10.2000 B 3 - 72303 - U - 76/00 CC-Markets, S. 6f. 225 BKartA, Beschluss v. 26.01.2001, B 3 - 25130 - U - 110/00 RubberNetwork.com, S. 5ff.

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

85

BKartA jedenfalls von einem eigenständigen Markt für marktplatztypische Dienstleis-

tungen aus. Eine weitergehende Unterscheidung verschiedener Plattformmärkte unter-

bleibt in diesen Fällen wie auch in den Entscheidungen Covisint sowie BuyForMetals

und Steel 24-4226. Wettbewerbseinflüsse auf eine Branchenplattform wie Covisint gin-

gen dabei, so das BKartA, nicht nur von anderen Internetplattformen, die dieselbe

Branche bedienten, aus227, sondern auch von branchenspezifischen Plattformen für

andere Industriezweige, soweit es bei den gehandelten Gütern um Vorprodukte zu den

über Covisint gehandelten Produkten handele228, und zudem von branchenübergrei-

fenden (sog. horizontalen) Internetplattformen, soweit sich deren Angebot in Teilbe-

reichen mit dem von Covisint überschneidet229.

Allerdings ist der Markt nach der Entscheidung MB-Portal zu unterteilen in elektroni-

sche Märkte für das Endkundengeschäft sog. „business-to-consumer electronic com-

merce“ und elektronische Märkte für die zwischenbetriebliche Anwendung sog. „busi-

ness-to-business electronic commerce“230.

b) EG-Kommission

Die Kommission trifft in den ersten Freistellungsentscheidungen zu Marktplatzvorha-

ben ebenfalls keine endgültige Bestimmung der sachlich relevanten Märkte231. In dem

226 BKartA, Beschluss v. 29.6.2001, B 5 - 51522 - U 24/01 BuyForMetals und Steel 24-7. 227 Das BKartA verwies an dieser Stelle auf die ebenfalls im Aufbau befindlichen Plattformen

der Konkurrenten der Gründer von Covisint, VW und BMW, sowie auf verschiedene Marktplatzprojekte deutscher Zulieferer wie die Plattform supplyON. Vgl.: BKartA, Be-schluss v. 25.9.2000 - B 5 - 34100 U 40/00, S.11f.

228 Hierzu zählt das BKartA vor allem die Plattformen der Chemie-, der Stahl- und der Kunst-stoffindustrie, wie Chemoconnect und Chemodex, eMetra, eSteel, MetalSite und Me-talSpectrum und RubberNetwork. Vgl.: BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 - B 5 - 34100 U 40/00, S.12f.

229 Hier führt das BKartA unter anderem die Plattformen freemarkets, VerticalNet und My-SAP.com auf. BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 - B 5 - 34100 U 40/00, S. 13. Vgl. weiter-hin die entsprechenden Argumentationslinien in: BKartA, Beschluss v. 29.6.2001, B 5 - 51522 - U 24/01 BuyForMetals und Steel 24-7, S. 13ff.

230 BKartA, Beschluss v. 4.1.2001, B 5 14/01 MB-Portal, S. 6ff. 231 Vgl. etwa: EG-Kommission, Fall Nr. IV/M. 2027 Deutsche Bank/SAP/JV emaro, CELEX-

DokNr. 300M2027. Vielmehr werden in diesen Entscheidungen die von den Anmeldern vorgetragenen Abgrenzungen des relevanten Produktmarktes ohne explizite Stellungnah-me der Kommission wiedergegeben. Eine exakte Marktabgrenzung konnte bislang unter-

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

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Verfahren betreffend das Gemeinschaftsunternehmen emaro, einem Internetmarktplatz

für den Handel mit indirekten Gütern, hatten die Anmelder vorgetragen, der relevante

Produktmarkt erfasse all jene Produkte, die Unternehmen in die Lage versetzten, mit

anderen Unternehmen Handel zu treiben232. Die Kommission deutete demgegenüber

trotz des Verzichts auf eine genaue Marktabgrenzung an, dass es künftig nötig werden

könnte, eine detailliertere Markabgrenzung nach der Art der über die Plattform gehan-

delten Güter vorzunehmen233.

Etwas deutlicher wurde die Kommission in der Entscheidung Linde/Jungheinrich, wo

eine Unterteilung des Marktes für Marktplätze nach der Art der gehandelten Güter er-

wogen wird234. Für die Zukunft scheint die Kommission dieser Entscheidung zufolge

von der Notwendigkeit einer Unterscheidung verschiedener Plattformmärkte auszuge-

hen.

2. Eckpunkte für die Abgrenzung des Marktes für Marktplatzdienstleistungen

a) Zugehörigkeit zu einem weiter zu fassenden Absatzmarkt?

In Ermangelung eindeutiger Festlegungen beider Kartellbehörden hinsichtlich der Fra-

ge nach der Reichweite des Marktes, dem die von dem Marktplatzunternehmen er-

brachten typischen Marktplatzdienstleistungen zuzurechnen sind, muss zunächst un-

bleiben, weil nach Ansicht der Kommission auch bei der engsten möglichen Abgrenzung der Sachmärkte sich keine tief greifenden wettbewerbsrechtlichen Bedenken ergaben. Vgl. die Entscheidungen: EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.1969 UTC/Honeywell/i2 / MyAircraft.com, CELEX-DokNr. 300M1969, S. 4; Vgl. : EG-Kommission, Fall Nr. V/M. 2172 Babcock/Borsig/MG Technologies/SA/ ec4ec, CELEX-DokNr. 300M 2172, S. 2; EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.2096 Bayer/Deutsche Telekom/Infraserv/JV, CELEX-DokNr. 300M2096, S. 4; EG-Kommission, Fall Nr. IV/M. 2027 Deutsche Bank/SAP/JV, CELEX-DokNr. 300M2027, S. 4; EG-Kommision, Fall Nr. IV/M.2398 Linde/ Junghein-rich/JV Supralift, CELEX-DokNr. 301M2398, S. 3.

232 EG-Kommission, Fall Nr. IV/M. 2027 Deutsche Bank/SAP/JV emaro, CELEX-DokNr. 300M2027, S. 3.

233 EG-Kommission, Fall Nr. IV/M. 2027 Deutsche Bank/SAP/JV emaro, CELEX-DokNr. 300M2027, S. 4. Die Unterscheidung nach der Art der gehandelten Güter wurde demzufolge vor allem deshalb unterlassen, weil keines der beteiligten Unternehmen bisher in nennenswertem Umfang Handel mit Büroausstattung als den zu handelnden Gütern be-trieben hatte.

234 EG-Kommision, Fall Nr. IV/M.2398 Linde/Jungheinrich/ JV Supralift, CELEX-DokNr. 301M2398, S. 3f.

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

87

tersucht werden, ob diesem Produktmarkt neben den durch elektronische Marktplätze

geleisteten Diensten noch weitere Dienstleistungen zuzurechnen sind. Zu prüfen ist

hierbei zunächst, inwieweit eine funktionelle Austauschbarkeit der Marktplatzdienst-

leistungen mit herkömmlichen Mitteln der Unternehmenskommunikation wie Ge-

schäftsbriefen, Katalogbestellungen, Fax und Telefondienstleistungen besteht. Außer-

dem ist zu klären, inwieweit eine Substituierbarkeit mit anderen Medien der Online-

Transaktionsabwicklung, etwa der EDI-Technologie, besteht.

aa) Einbeziehung herkömmlicher Vermittlungsdienste für zwischenbetriebliche

Transaktionen

Denkbar scheint auf den ersten Blick eine funktionelle Austauschbarkeit der von In-

ternetmarktplätzen erbrachten Dienstleistungen mit herkömmlichen Mitteln zur Ab-

wicklung von Transaktionen im zwischenbetrieblichen Bereich. In Betracht kommen

alle Medien, die herkömmlicherweise zur Anbahnung und Abwicklung von Käufen

und Verkäufen durch Unternehmen Verwendung finden. Dies sind zumindest die ge-

nannten Kommunikationskanäle wie Briefpost, Katalogbestellungen, Fax und Tele-

fondienstleistungen oder E-Mail.

Elektronische Marktplätze werden zwar wie die genannten herkömmlichen Medien zur

zwischenbetrieblichen Kommunikation zwecks Anbahnung und Abwicklung von

Transaktionen genutzt. Die über diese Internetmarktplätze erfolgende Kommunikation

unterscheidet sich von klassischen Kommunikationskanälen jedoch in einigen Punkten

deutlich:

Über Internetmarktplätze lassen sich Beschaffungs- und Veräußerungsvorgänge in

einer Weise automatisieren, die bei der Verwendung herkömmlicher Medien nicht

möglich ist. Die eingesetzte Marktplatzsoftware erlaubt darüber hinaus prinzipiell eine

Integration der nutzereigenen „back-end“-Datenverarbeitungssysteme235. Wird die

nutzereigene Beschaffungs- und Planungssoftware mit der Marktplatzsoftware abge-

stimmt, ermöglicht diese Integration beispielsweise, dass ein Bedarf an einem Gut

235 Siehe dazu: Harbour, B2B Basics and Antitrust risks, Stellungnahme zum Workshop der

FTC, Emerging Issues for Competition Policy in the E-Commerce Environment, 7./8.5.2001.

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

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durch die Lagerhaltungssoftware festgestellt wird und der Bedarf per automatisierter

Bestellung über den Marktplatz gedeckt wird. Die Marktplatztechnologie fügt sich

somit in die unternehmenseigene Logistikkette ein und erfüllt damit eine Funktion, die

durch klassische Bestellmedien nicht erfüllt werden kann.

Zur Erfüllung dieser Funktionen werden zwischen dem Marktplatz und seinen Nutzern

Daten in einem vorher festgelegten Standard übermittelt. Die Automatisierung mittels

Datenfernübertragung setzt in einem hohen Maße eine exakte Strukturierung der

Kommunikation zwischen Internetplattform und Nutzern voraus. Das Maß der Struk-

turierung dieses Informationsaustauschs unterscheidet diese Art der Kommunikation

ebenfalls von den Offline-Medien236.

Marktplätze ermöglichen den Nutzern schließlich die Formalisierung des Informati-

onsgehaltes nicht nur einzelner Nachrichten, sondern erlauben auch den wechselseiti-

gen strukturierten Austausch von Nachrichten zwischen Handelspartnern in großem

Ausmaß. Geschäftsprozesse zwischen Unternehmen lassen sich so insgesamt über die

verwendete Software modellieren237.

Zudem beschränkt sich die Leistung eines Internetmarktplatzes nicht auf die bloße

Übermittlung einer vom Absender verfassten Nachricht an den Empfänger, wie dies

etwa beim Versand einer Bestellung per Briefpost, E-Mail oder Fax der Fall ist. Neben

der reinen Übermittlungsleistung bieten schon Internetmarktplätze mit geringer Kom-

plexität zahlreiche weitere Informationsdienstleistungen. Beispielsweise stehen den

Nutzern bei der Suche nach den gewünschten Produkten vielfältige Suchfunktionen

zur Verfügung. Echtzeit-Preisvergleiche sind ebenfalls möglich.

Diese Funktionen übertreffen die Leistungsfähigkeit traditioneller Transaktionsmedien

bei weitem. Die angeführten Faktoren sprechen insgesamt dagegen, B2B-Internet-

marktplätze als Teil eines umfassenden Marktes für zwischenbetriebliche Kommuni-

kationsprodukte zu sehen. Dieser Befund drängt sich auch vor dem Hintergrund der

236 Zu diesem Aspekt: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der

Unternehmenspraxis (2002), S. 190. 237 Vgl.: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmens-

praxis (2002), S. 191.

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

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traditionell engen Abgrenzung der sachlich relevanten Märkte in der deutschen wie

europäischen Kartellrechtspraxis auf238.

Insbesondere ein Vergleich mit der kartellrechtlichen Behandlung der verwandten

Technologie der Computer Reservation Systems (CRS) belegt die hier vertretene An-

sicht: Bei diesen rechnergestützten Reservierungssystemen für Flugdienstleistungen

handelt es sich um Datenverarbeitungssysteme, mit deren Hilfe die Reisevermittlungs-

agenturen die Fluglisten der beteiligten Gesellschaften, die Flugpreise und den Stand

der Buchungen abfragen und Reservierungen vornehmen können. Derartige Systeme,

die Frühformen elektronischer Märkte repräsentieren, wurden von verschiedenen

Fluggesellschaften aufgebaut und waren mehrfach Gegenstand kartellrechtlicher Ver-

fahren239. Die von diesen CRS erbrachte Dienstleistung wurde von der Kommission in

der Entscheidung Sabena/London Euopean240 einem eigenen Markt zugerechnet, der

zwischen dem Markt der Luftfahrtgesellschaften und dem der Reisebüros steht. Tradi-

tionelle Medien für die Flugbuchung wie die telefonische Buchung seien diesem

Markt hingegen nicht zuzurechnen, weil CRS wesentlich schneller seien, eine größere

Informationsdichte lieferten sowie zusätzliche Funktionen wie z.B. die sofortige Aus-

stellung des Flugscheins böten und außerdem fortlaufend aktualisierte Informationen

bereitstellten. Daher seien die herkömmlichen Reservierungsarten nicht gleichwer-

tig241. Die Existenz eines eigenen Marktes für CRS wurde in der Entscheidung Luft-

hansa/Amadeus/Start242 bestätigt.

Die Kartellbehörden hatten sich weiterhin mit der Abgrenzung der sachlich-relevanten

Märkte für sog. Corporate Networks auseinander zu setzen. Hierbei handelt es sich um

Telekommunikationsfestnetze zur Übertragung von Daten und Sprache innerhalb ge- 238 Kritisch hierzu im vorliegend untersuchten Kontext: Gutachten des wissenschaftlichen

Beirates des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technnologie, Wettbewerbspolitik für den Cyberspace, S. 25.

239 Zu den verschiedenen Verfahren in den USA und in Europa siehe Grabowski, Wettbe-werbsbeschränkungen in der Luftfahrtindustrie durch Computer Reservation Systems (1994).

240 EG-Kommission, Fall. Nr. IV/32.318, London European/Sabena, ABl. 1988, L 317, S. 47ff.

241 EG-Kommission, Fall. Nr. IV/32.318, London European/Sabena, ABl. 1988, L 317, S. 49f.

242 EG-Kommission Fall Nr. IV/M.1547, Lufthansa/Amadeus/Start, CELEX-DokNr. 399M1547.

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

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schlossener Benutzergruppen. Diese Netzwerke dienen etwa der Kommunikation zwi-

schen einem Hersteller und seinen Zulieferern, sind aber Dritten nicht zugänglich243.

Neben der reinen Datenübertragung werden auf diesem Wege von dem Betreiber wei-

tere Mehrwertdienste angeboten, etwa die Vermittlung von Videokonferenzen und

EDI. Die Kommission unterschied die erbrachten Dienstleistungen nach dem Grad

ihrer Komplexität und Funktionalität244. Auf einer Marktebene sah sie die reine Da-

tenübermittlung als Basis-Telekommunikationsdienst. Hiervon unterschied die Kom-

mission die komplexen Mehrwertdienste, wie EDI, Managed Workgroup Services245

etc.

Basis-Dienste und Mehrwertdienste hoher Komplexität gehören nach Ansicht der

Kommission jedenfalls nicht demselben Markt an246. Von einem eigenständigen Markt

für Mehrwertdienste gegenüber Übermittlungsdiensten ging die Kommission auch im

Fall Mannesmann/RWE/Deutsche Bank aus247.

In Bezug auf Internetmarktplätze lässt sich feststellen, dass diese wie CRS und Corpo-

rate Networks vielfältige Mehrwertdienste gegenüber der reinen Datenübermittlung

erbringen. Sie unterscheiden sich von herkömmlichen Transaktionsmedien mindestens

ebenso deutlich wie die genannten CRS und komplexeren Corporate-Network-

Dienste:

Internetmarktplätze erlauben eine deutlich schnellere Transaktionsabwicklung, liefern

eine höhere Informationsdichte und wirken transaktionskostensenkend. Neben der rei-

nen Transaktion erfüllen elektronische Märkte im Internet Informationsfunktionen,

Abwicklungshilfen und Funktionen der Prozessintegration. Verwendungszweck und

Art und Weise der über Internethandelsplattformen erfolgenden Kommunikation un-

terscheiden sich somit in aller Regel so signifikant von herkömmlichen Abwicklungs-

243 EG-Kommission, Entscheidung v. 22.12.1993, Fall Nr. IV/M.394, CELEX-DokNr.

39M0394, S. 4f. 244 EG-Kommission, Entscheidung v. 22.04.1999, Fall Nr. IV/M.1396, CELEX-DokNr.

399M1396, S. 3f. 245 EG-Kommission, Entscheidung v. 22.04.1999, Fall Nr. IV/M.1396, CELEX-DokNr.

399M1396, S. 3f. 246 EG-Kommission, Entscheidung v. 22.04.1999, Fall Nr. IV/M.1396, CELEX-DokNr.

399M1396, S. 4. 247 EG-Kommission, Entscheidung v. 22.12.1993, Fall Nr. IV/M.394, CELEX-DokNr.

39M0394, S. 5f.

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

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medien, dass diese druchweg Medien nicht demselben sachlichen Markt zugerechnet

werden können248.

bb) Einbeziehung anderer Online-Handelskanäle

Ist in Bezug auf traditionelle Transaktionsmedien aus den genannten Gründen nicht

von einer funktionellen Austauschbarkeit mit Internetmarktplätzen auszugehen, so

bleibt zu untersuchen, inwieweit eine Substituierbarkeit der Marktplatzdienstleistun-

gen mit anderen bereits existierenden elektronischen Transaktionskanälen für den zwi-

schenbetrieblichen Handel besteht. Gegenüber der Abwicklung von Geschäften mittels

EDI-Technologie unterscheiden sich elektronische Marktplätze deutlich hinsichtlich

der Implementationskosten. Diese sind bei EDI so hoch, dass ein Einsatz für kleine

und mittlere Unternehmen oft nicht in Frage kommt249. Bei der Teilnahme an Inter-

netmarktplätzen fallen wesentlich geringere Kosten an, weshalb diese auch zuneh-

mend von KMU genutzt werden250. Für diejenigen Nutzer, für die die Nutzung von

EDI-Systemen aus Investitionsgründen ausscheidet, besteht jedenfalls keine funktio-

nelle Austauschbarkeit der Systeme.

EDI unterstützt zudem hauptsächlich die bilaterale Geschäftskommunikation251. Zent-

rales Merkmal elektronischer Marktplätze im Internet ist hingegen die gleichzeitige

Kommunikationsmöglichkeit mit einer Vielzahl von Marktteilnehmern. Soweit für

fortgeschrittene Prozessintegration die Kommunikation von mehr als zwei Partnern

nötig ist, stellt EDI keine wirkliche Alternative zu Marktplatzstrukturen mehr da252.

Ferner unterscheiden Mehrwertdienste wie Softwareagenten für Preisvergleiche und

248 Davon geht auch das BKartA in den Fällen CC-Markets und RubberNetworks.com aus und

definiert den relevanten Markt als „Markt der Internetmarktplätze“: BKartA, Beschluss v. 26.01.2001, B 3 - 25130 - U - 110/00, S. 5ff.; BKartA, Beschluss v. 23.10.2000, B 3 - 72303 - U - 76/00, S. 6f.

249 Vgl. hierzu: Report der FTC zum Workshop „Competition Policy in the World of B2B Electronic Marketplaces”, Part 1, S. 3f.

250 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 51.

251 Vgl. dazu schon: 1. Kapitel, 1. Teil, B. 252 So im Ergebnis - mit Einschränkungen - auch: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit,

Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 192 und ferner Tröller, Kartellrechtliche Probleme von elektronischen B2B-Marktplätzen, S. 120.

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

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automatisierte Preisverhandlungen sowie diverse andere Funktionalitäten253 B2B-

Internetmarktplätze hinsichtlich des Angebotsspektrums deutlich von EDI.

Mindestens ebenso große Unterschiede bestehen gegenüber unternehmenseigenen

Verkaufsseiten im Internet. Diese ähneln in funktioneller Hinsicht klassischen Papier-

katalogen und erlauben weder die durch Internetmarktplätze mögliche Automation

und Prozessintegration, noch bieten sie vergleichbare Mehrwertdienste. Sie erfüllen

daher aus Sicht der Nutzer elektronischer Marktplätze nicht dieselben Funktionen.

Mit dem BKartA in den Entscheidungen CC-Markets254 und Rubbernetworks.com255

ist demnach von einem eigenständigen Markt für marktplatztypische Dienstleistungen

auszugehen (vom BKartA „Markt für Internetmarktplätze“ genannt), dem die anderen

aufgeführten Transaktionsmedien nicht angehören.

cc) Zwischenergebnis

Die Untersuchung hat ergeben, dass B2B-Internetmarktplätze im Hinblick auf die von

ihnen erbrachten Dienstleistungen einen eigenständigen Dienstleistungsmarkt, gleich-

sam einen „Markt der B2B-Marktplätze“, bilden.

b) Weitere Untergliederung des Marktes für Marktplatzdienstleistungen

Es wurde zuvor festgestellt, dass die von Internethandelsplattformen erbrachten

Dienstleistungen einen Produktmarkt im Sinne der kartellrechtlichen Marktabgren-

zung bilden. Im Folgenden soll nun untersucht werden, ob dieser Markt ggf. in weitere

Teilmärkte zu untergliedern ist.

253 Hierzu sind Funktionen wie Online-Preisvergleiche und Mehrwertdienste, z.B. zur Boni-

tätsprüfunge,n zu zählen. 254 BKartA, Beschluss v. 23.10.2000, B 3 - 72303 - U - 76/00, S. 6f. 255 BKartA, Beschluss v. 26.01.2001, B 3 - 25130 - U - 110/00, S. 5ff.

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aa) Teilmärkte für elektronische B2B- und B2C-Internetmarktplätze

Internetmarktplätze lassen sich nach ihrem Nutzerkreis kategorisieren. Wie anfangs

bereits ausgeführt, sind einige Plattformen auf den Handel von Unternehmen mit End-

kunden ausgerichtet (sog. Business-to-Consumer [B2C] Marktplätze). Andere dienen

dem Handel zwischen verschiedenen Unternehmen (sog. Business-to-Business [B2B]

Marktplätze). Wie bereits erwähnt256, geht das BKartA davon aus, dass B2B- und

B2C-Internetmarktplätze unterschiedlichen Produktmärkten angehören257.

Eine derartige Unterscheidung nach Nachfragergruppen ist konsistent mit der gängi-

gen Kartellrechtspraxis. Ähnliche Differenzierungen zwischen von im Hinblick auf

ihre Beschaffenheit vergleichbare Güter anhand von Nachfragergruppen wurden be-

reits in zahlreichen früheren Fällen getroffen. So gehört Mehl für die industrielle Ver-

wendung nicht zum selben Markt wie Haushaltsmehl, die Vermittlung von Geschäfts-

reisen nicht zum Markt der Vermittlung von Touristikreisen258.

Die Differenzierung ist auch sachlich geboten. Denn B2B-Marktplätze unterscheiden

sich von B2C-Marktplätzen typischerweise auch in funktioneller Hinsicht, da erstere,

anders als B2C-Marktplätze, vielfach zusätzliche Funktionen erfüllen, wie die Anbin-

dung der nutzereigenen Lagerhaltungs- und Bedarfsplanungssoftware, Bonitätsprü-

fungen oder gemeinsame Produktentwicklung. Für die Nutzer von B2B-

Internetmarktplätzen besteht deshalb keine funktionelle Austauschbarkeit, weshalb die

beiden Marktplatztypen nicht demselben Markt zuzuordnen sind.

256 Vgl.: 2. Kapitel, 2. Teil, III., 1., a). 257 Für einen eigenen Markt für B2C-Plattformen: BKartA, Beschluss v. 4.1.2001, B 5 14/01

MB-Portal, S. 6ff.; bei der Untersuchung von B2B-Marktplatzvorhaben wurde die Mög-lichkeit wettbewerblicher Einflüsse ebenfalls nur durch andere B2B-Plattformen als gege-ben erachtet: BKartA, Beschluss v. 26.01.2001, B 3 - 25130 - U - 110/00, S. 5ff.; BKartA, Beschluss v. 23.10.2000, B 3 - 72303 - U - 76/00, S. 6f.; BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 - B 5 - 34100 U 40/00, S. 11ff.

258 Vgl hierzu: Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 19, Rn. 34.

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

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bb) Teilmärkte für „vertikale“ und „horizontale“ Internetmarktplätze

Wie oben bereits dargelegt259, existieren B2B-Internetmarktplätze mit ganz verschie-

denen Ausrichtungen und unterschiedlichen Leistungsangeboten. Im Hinblick auf den

angesprochenen Nutzerkreis lässt sich zwischen horizontalen Marktplätzen, die sich an

Nutzer aus verschiedenen Branchen richten, und vertikalen Marktplätzen, die auf die

Bedürfnisse einer speziellen Branche zugeschnittenen sind, unterscheiden260.

Angesichts dessen stellt sich die Frage, ob diese verschiedenen Marktplatztypen dem-

selben sachlichen Markt zuzurechnen sind. Ganz ähnlich hatte die Kommission in Be-

zug auf kostenlos nutzbare Informationsportale im Internet eine Annahme von unter-

schiedlichen Märkten für horizontale, also an prinzipiell alle Nutzer gerichtete Portale

wie Yahoo, Excite oder AltaVista, und solchen vertikalen Portalen, die ausschließlich

Informationen zu ganz bestimmten Themenbereichen bereitstellen, wie etwa SportsLi-

ne.com, erwogen261.

Bei der Untersuchung des Marktes für B2B-Internetplattformen ist jedoch zum ge-

genwärtigen Zeitpunkt zu berücksichtigen, dass sich sowohl die Funktionen von hori-

zontalen und vertikalen Marktplätzen als auch die Nutzerkreise zumindest in Teilbe-

reichen überschneiden262. Zwar scheint es für die Zukunft möglich, dass vertikale, ge-

nau auf die Bedürfnisse einer Branche abgestimmte elektronische Marktplätze gegen-

über horizontal ausgerichteten Plattformen deutlich mehr Funktionen, was Automation

und Prozessintegration anbelangt, erbringen können. Im gegenwärtigen, frühen Ent-

wicklungsstadium von Internetmarktplätzen lässt sich eine fehlende Austauschbarkeit

jedoch noch nicht sicher feststellen263. Die Entscheidung des BKartA, gegenwärtig

259 Vgl. dazu: 1. Kapitel, 2. Teil. 260 Vgl.:1. Kapitel, 2. Teil, F. 261 Vgl.: EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.2050 Vivendi/Canal+/Seagram, CELEX-DokNr.

300M2050, Rn. 22ff. 262 BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 - B 5 - 34100 U 40/00 Covisint, S. 13f. 263 Beobachtungen des Marktes für Internetmarktplätze ergeben jedoch einen gegenüber hori-

zontalen Marktplätzen deutlich steigenden Anteil vertikaler Marktplätze. Vgl.: Koe-nig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 49ff. Als wichtig könnte sich für die zukünftige Marktentwicklung dabei erwei-sen, dass vertikale Marktplätze dieser Studie zufolge für ihre Nutzer auch bereits bei einer geringeren Größe von wirtschaftlichem Nutzen sein können.

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

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horizontale und vertikale Internetmarktplätze demselben Markt zuzurechnen, leuchtet

daher ein264.

cc) Teilmärkte für Internetmarktplätze nach der Art der gehandelten Güter

Eine mögliche Unterteilung des Markts für Internetmarktplätze in mehrere selbststän-

dige Teilmärkte ist weiterhin unter dem Gesichtspunkt der Ausrichtung der verschie-

denen Marktplätze auf verschiedene Produktgruppen denkbar. So scheint es fraglich,

ob aus der Sicht der Nutzer ein Internetmarktplatz, über den vorwiegend Flugzeugteile

gehandelt werden, mit einem Marktplatz im Wettbewerb steht, der dem Handel von

Konsumgütern für den täglichen Verbrauch oder Büromaterialien dient.

In der Entscheidung Linde/Jungheinrich befand die Kommission die von den Anmel-

dern vorgetrage Marktabgrenzung als zu weitgehend. Diese waren von einem Ge-

samtmarkt für Internetmarktplätze ausgegangen265. Die Kommission lehnte diese Ein-

schätzung ab, weil nach ihrer Ansicht ein Marktplatz für Werkzeugmaschinen nicht im

Wettbewerb mit einem Marktplatz für Flurförderzeuge steht, wie ihn die Marktplatz-

gründer geplant hatten266. Auf eine endgültige Marktabgrenzung verzichtete die Kom-

mission jedoch ebenso wie in den vorherigen Fällen267. Auch den Entscheidungen des

BKartA lässt sich zu dieser Frage nichts entnehmen.

Der Aussage der Kommission in der Entscheidung Linde/Jungheinrich ist prinzipiell

zuzustimmen. Da es sich bei den durch einen Internetmarktplatz erbrachten Leistungen

um Dienste für die Märkte der über den Marktplatz umgesetzten Güter handelt, sind

bei der Abgrenzung des Marktes für derartige Transaktionsleistungen diese Güter-

märkte auch mit in den Blick zu nehmen268. Da allerdings derzeit Internetmarktplätze 264 Das BKartA betont in diesem Zusammenhang die gegenwärtig hohe Entwicklungsdyna-

mik des Marktes für Internetmarktplätze: BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 - B 5 - 34100 U 40/00 Covisint, S. 15.

265 EG-Kommision, Fall Nr. IV/M.2398 Linde/Jungheinrich/ JV Supralift, CELEX-DokNr. 301M2398, S. 3.

266 EG-Kommision, Fall Nr. IV/M.2398 Linde/Jungheinrich/ JV Supralift, CELEX-DokNr. 301M2398, S. 3.

267 EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.1969 UTC/Honeywell/i2/MyAircraft.com, CELEX-DokNr. 300M1969, S.3f.

268 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 189.

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

96

mit ganz unterschiedlichem Produktfokus existieren, angefangen von solchen, die für

den Handel mit wenigen, ganz bestimmten Gütern konzipiert sind, bis hin zu Markt-

plätzen, auf denen ein ausgesprochen großes Sortiment an Gütern gehandelt wird, be-

stehen deutliche Überlappungen zwischen den verschiedenen Marktsegmenten. Zudem

sind im derzeitigen Entwicklungsstadium viele Marktplätze hinsichtlich ihres sachli-

chen Fokus noch nicht endgültig festgelegt. Eine Unterteilung des Marktes in selbst-

ständige Teilmärkte entsprechend ihrer Produktausrichtung erscheint für die Zukunft

folglich zwar wahrscheinlich, ist aber aufgrund der andauernden großen Dynamik des

Marktes, wie das BKartA zu Recht feststellt269, derzeit weder möglich und noch sach-

gerecht.

dd) Teilmärkte für einzelne Marktplatzdienstleistungen

Internetmarktplätze bieten ihren Nutzern regelmäßig ein Sortiment verschiedener

Dienstleistungen an. Denkbar ist daher, dass nicht von einem Markt marktplatztypi-

scher Dienstleistungen insgesamt auszugehen ist, sondern einzelne dieser Leistungen

jeweils einem eigenen Produktmarkt zugerechnet werden müssen270.

Dieser Gedanke findet sich in der Kommissionsentscheidung MyAircraft.com wieder.

Die Kommission erwog in dieser Sache, die durch den untersuchten Marktplatz ange-

botenen „zusätzlichen“, also über die reine Transaktionsvermittlung hinausgehenden

Zusatzleistungen wie Buchhaltungs- und Bedarfsplanungsroutinen, einem eigenen

Markt zuzurechnen271.

Eine aus der Sicht der Marktplatznutzer als Nachfrager der Marktplatzdienstleistungen

festzustellende funktionelle Austauschbarkeit einzelner Marktplatzdienstleistungen

bestünde jedoch ohnehin nur dann, wenn die Nutzer überhaupt die Möglichkeit hätten,

einzelne Marktplatzleistungen von verschiedenen Internetmarktplätzen zu beziehen.

Dies ist zu verneinen, soweit Marktplatznutzer durch Exklusivbindungen vollständig

an eine Plattform gebunden sind. Eine faktische Bindung könnte ferner dadurch ent- 269 BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 - B 5 - 34100 U 40/00 Covisint, S. 15. 270 Vgl. zu dieser Frage auch: Tröller, Kartellrechtliche Probleme von elektronischen B2B-

Marktplätzen, S. 128. 271 EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.1969 UTC/Honeywell/i2/MyAircraft.com, CELEX-

DokNr. 300M1969, S.3f.

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

97

stehen, dass für die Inanspruchnahme einzelner Marktplatzleistungen von konkurrie-

renden Internetmarktplätzen erhebliche zusätzliche Investitionen nötig wären. Davon

wäre beispielsweise dann auszugehen, wenn wegen der Verwendung divergierender

technischer Standards seitens der Marktplatzunternehmen Online-Produktkataloge

komplett neu erstellt werden müssten oder erhebliche Mehrfachaufwendungen für die

Anbindung der nutzereigenen Datenverarbeitungssysteme an die Marktplätze zu er-

bringen wären272. Da die diesbezügliche Entwicklung ebenfalls noch im Fluss ist,

muss sich die vorliegende Betrachtung mit dem Aufzeigen dieser Entwicklungsmög-

lichkeiten begnügen.

IV. Einfluss von B2B-Internetmarktplätzen auf die Bestimmung der Sachmärkte

der über die Marktplätze gehandelten Güter

1. Problemstellung: Eigener Markt für online-gehandelte Güter oder nur Entste-hung eines weiteren Vertriebskanals?

Auf einer ganz anderen gedanklichen Ebene steht die Frage, ob die Sachmärkte der

über Internetmarktplätze gehandelten Güter durch die Entstehung dieser neuen Inter-

mediäre Änderungen erfahren273.

Entsteht mit dem Aufkommen elektronischer Marktplätze ein eigenes Marktsegment

für Güter, die über diese Handelsplattformen gehandelt werden, oder ist lediglich von

der Entstehung eines zusätzlichen Vertriebskanals auszugehen, der auf die Bestim-

mung der sachlich relevanten Märkte der gehandelten Güter ohne Einfluss ist?

Für die Beantwortung dieser Frage scheint es ratsam, zwischen zwei Güterkategorien

zu unterscheiden: Digitalisierbare oder bereits digitalisierte Güter wie Software, Onli-

ne-Datenbanken, Videos oder Musik, Online-Finanzdienstleistungen und ähnliche Gü-

ter (nicht tangible Güter) können unmittelbar über das Internet an den Nachfrager ü-

bermittelt werden. Für diese Güter ist durch das Internet insgesamt ein neuer Ver-

triebsweg entstanden: So wie die Computerreservierungssysteme einen neuen Ver-

272 Vgl. zu diesem Aspekt auch: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen

in der Unternehmenspraxis (2002), S. 193. 273 Hierzu: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unterneh-

menspraxis (2002), S. 194.

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

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triebsweg für Flugreservierungen begründet haben274, stellt beispielsweise ein Inter-

netmarktplatz für Online-Währungsoptionen einen zusätzlichen Handelskanal neben

den bisher agierenden Voice-Brokern dar275.

Andere Maßstäbe werden hingegen bei tangiblen Gütern und Dienstleistungen anzule-

gen sein. Bei diesen erfolgen nur Kontaktaufnahme und Geschäftsschluss über das

Internet. Die Ware muss auch beim Online-Verkauf offline, z.B. per Post oder Spedi-

teur, zugesandt werden.

Im Folgenden wird daher hinsichtlich möglicher Einflüsse des Aufkommens von In-

ternetmarktplätzen auf die Ausdehnung der sachlichen Märkte zwischen diesen beiden

Güterkategorien unterschieden. Anschließend wird untersucht, ob durch Internethan-

delsplätze gänzlich neue Produktmärkte entstehen können.

2. Auswirkungen bei tangiblen Gütern

Die Beschaffenheit eines tangiblen Gutes ändert sich nicht dadurch, dass es über einen

elektronischen Marktplatz online gehandelt wird. Es entwickelt sich für diese Güter

mit der Entstehung von Online-Marktplätzen nur um eine weitere Möglichkeit der Ge-

schäftsanbahnung, ohne dass sich hieraus im Grundsatz Veränderungen für die Ab-

grenzung des betreffenden Produktmarktes ergeben276.

Eine engere Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes bei online vertriebenen Gü-

tern wurde von der Kommission bislang ausschließlich vor dem Hintergrund der Ei-

genschaft des Online-Handels als Distanzhandel erwogen: Im Fall Bertelsmann/Mon-

dadori deutete die Kommission an, dass sie geneigt ist, gegenüber dem stationären

Buchhandel einen eigenen Markt für solche Bücher anzunehmen, die per Versand,

also über Bücher-Klubs, Bestellung per Post oder dem Online-Handel erworben wer-

274 Dazu: EG-Kommission, Fall. Nr. IV/32.318, London European/Sabena, ABl. 1988, L 317,

S. 47ff. 275 So im Fall Volbroker.com. Hierzu: EG-Kommission, Pressemitteilung v. 31.7.2000,

IP/00/896. 276 Vgl.: Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der

EU-Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49, 51.; So auch einige Stellungnahmen im Rahmen des Workshops der FTC, Emerging Issues for Competition Policy in the World of E-Commerce, 7./8.5.2001, Transcript Vo-lume I, S. 15ff.

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

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den277. Die erwogene Unterscheidung knüpfte hier demnach an die Unterscheidung

zwischen stationärem Handel und Distanzhandel, aber nicht an spezifische

Eigenschaften des elektronischen Handels an.

Ein eigener selbstständiger Teilmarkt für die über Internetmarktplätze gehandelten

Güter wäre nur dann anzunehmen, wenn aus Sicht der Nachfrager ein Gut, welches

über einen derartigen Marktplatz bezogen wird, nicht mehr mit dem ansonsten identi-

schen Gut austauschbar sein würde. Davon ist beim gegenwärtigen Stand der Entwick-

lung nicht auszugehen278.

Für die Zukunft bleiben derartige Entwicklungen gleichwohl denkbar279. Würden etwa

die mit Hilfe elektronischer Marktplätze erzielbaren Transaktionskostensenkungen auf

die Preise online gehandelter Güter durchschlagen und zu einem gegenüber den tradi-

tionell gehandelten Gütern deutlich niedrigeren Preisniveau führen, spräche dies für

die Annahme unterschiedlicher Märkte280.

Ein eigener Markt für die über elektronische Märkte gehandelten Güter könnte

schließlich dann entstehen, wenn der Absatz dieser Güter derart mit zusätzlichen Bera-

tungs-, Sicherheits- oder Finanzierungsdiensten kombiniert würde, dass ein eigenes

277 EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.1407 Bertelsmann/Mondadori, CELEX-DokNr.

399M1407, S. 3ff. Diese Abgrenzung wird weiterverfolgt in EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.1459 Bertelsmann/Havas/BOL, CELEX Dok. Nr. 399M1459, S. 3ff.; vgl. auch: EG-Kommission, Fall Nr. IV/M1112 Advent International/EMI/WH Smith, CELEX-DokNr. 398M1112, S. 2ff.

278 Diese Sicht wird von den betroffenen Wirtschaftskreisen ebenso geteilt, wie Befragungen der Kartellbehörden ergaben - wie auch von den Behörden selbst: Vgl. etwa: EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.1969 UTC/Honeywell/i2/ MyAircraft.com, CELEX-DokNr. 300M1969, S.3f. Auch das BKartA geht in seinen Entscheidungen derzeit nicht davon aus, dass die betreffenden Gütermärkte danach zu unterteilen sind, ob die betref-fenden Güter über Internetmarktplätze oder über andere Kanäle gehandelt werden. Gleichwohl zeigt das BKartA auf, dass eine engere Marktabgrenzung nötig werden könn-te, wenn mit den über Internetmarktplätze gehandelten Gütern ergänzende Dienstleistun-gen verbunden wären und so Kombinationsgüter entstünden. Vgl. dazu die Entscheidun-gen: CC-markets, BKartA, Beschluss v. 23.10.2000, B 3 - 72303 - U - 76/00, S. 8.

279 Mögliche Szenarien finden sich im Transcript Vol. 1 des Workshops der FTC Emerging Issues for Competition Policy in the World of E-Commerce (2001), S. 13ff.

280 Zur Relevanz bestehender Preisdifferenzen zwischen traditionell und über das Internet gehandelten Gütern im Endkundenbereich für die Marktabgrenzung: Schaub, Kartellrecht-liche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49, 57f.

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

100

Koppelungsprodukt entstünde, welches mit dem ursprünglichen Produkt nicht mehr

vergleichbar wäre281.

Festzuhalten bleibt, dass der Handel über B2B-Internetmärkte gegenwärtig für tan-

gible Güter lediglich einen weiteren Absatzkanal bildet und, unbeschadet der genann-

ten möglichen Entwicklungen für die Zukunft, derzeit keinen eigenen Produktmarkt

darstellt.

3. Auswirkungen bei nicht tangiblen Gütern

Digitalisierbare Güter lassen sich unmittelbar über das Internet transferieren. Da die

Beschaffung über das Internet oftmals schneller und günstiger ist als über herkömmli-

che Transaktionsmedien, scheint die Heranbildung eines eigenen Marktes bei diesen

nicht tangiblen Gütern nicht unrealistisch. In der Tat hat die Kommission im Fall AOL

Time Warner erstmals einen eigenen Produktmarkt für Güter bzw. Dienstleistungen

angenommen, die über das Internet bezogen werden282. Sie geht davon aus, dass der

digitale Vertrieb von Musik über das Internet gegenüber dem herkömmlichen Vertrieb

von CDs einen eigenständigen Markt darstellt. Die Kommission begründet die An-

nahme eines separaten Produktmarktes mit spezifischen Eigenschaften der über das

Internet gehandelten Produkte gegenüber denjenigen im Offline-Handel vertriebenen

Waren283.

Ganz ähnlich untersucht das BKartA in den Fällen CC-Markets und RubberNet-

work.com, ob es sich bei den über die betreffenden Marktplätze umgesetzten Gütern

um solche handelt, die durch den Handel via Internet besondere Eigenschaften aufwei-

sen, etwa über das Internet ausprobiert werden können oder ob beim Bezug über elekt-

281 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis

(2002), S. 194. 282 EG-Kommission, Fall Nr. IV/M 1845 AOL/Time Warner, Rn.18ff., 21. 283 So könne der Nutzer die über das Internet bezogene Musik von jedem beliebigen Standort

ohne zeitliche Verzögerung beziehen, ggf. nur einzelne Musikstücke beziehen und belie-bige Stücke zusammenstellen. Vgl.: EG-Kommission, Fall Nr. IV/M 1845 AOL/Time Warner, Rn. 21.

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

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ronische Marktplätze besondere Beratungsleistungen erbracht werden284. Bejahenden-

falls sei eine engere Marktabgrenzung vorzunehmen.

Als Güter, die direkt über Internetmarktplätze bezogen werden, kommen im zwi-

schenbetrieblichen Handel vor allem Beratungs- und Finanzdienstleistungen in Be-

tracht. Zu untersuchen ist für solche unmittelbar über elektronische Marktplätze abwi-

ckelbaren Produkte, ob ihnen aus Nachfragersicht Eigenschaften zukommen, durch die

sie mit ihren offline Pendants als nicht mehr im Wettbewerb stehend betrachtet werden

können. Eine derartige Eigenschaft besteht in der echtzeitgenauen Abwicklung und

Auslieferung online angeforderter Produkte. Neben der schnelleren Abwicklung sind

die niedrigeren Distributionskosten ein weiterer zu berücksichtigender Faktor: Durch

die Internet-Technologie wird der Transfer großer Datenmengen äußerst kostengüns-

tig. Daneben können digitale Produkte vom Kunden oft zunächst über das Internet

ausprobiert werden.

Sollten diese Vorteile gegenüber dem traditionellen Handel im Einzelfall so groß sein,

dass dieser aus Nachfragersicht keine gleichwertige Alternative mehr darstellt, ist vom

Bestehen eines eigenen Produktmarktes auszugehen. Die Wahrscheinlichkeit hierfür

ist aus den genannten Gründen bei digitalisierbaren Gütern deutlich größer als bei tan-

giblen Gütern.

4. Herausbildung gänzlich neuer Märkte

Mit zunehmender Verbreitung des elektronischen Handels entstehen schließlich zum

Teil vollkommen neue Märkte. Die mit Internetmarktplätzen verbundene Erhöhung

der Markttransparenz sowie die Senkung der Such- und Transaktionskosten begünsti-

gen im Einzelfall die Entstehung von Märkten für Güter, deren Austausch zuvor aus

Wirtschaftlichkeitsgründen unterblieben war, weil etwa die Kosten für das Auffinden

eines geeigneten Kaufinteressenten den möglichen Gewinn überstiegen. Ein Beispiel

hierfür bilden Internetmarktplätze für bestimmte gebrauchte Maschinen oder für den

Handel mit ungenutzten Transportkapazitäten285. In diesen Fällen, in denen B2B-

284 BKartA, Beschluss v. 26.01.2001, B 3 - 25130 - U - 110/00, S. 6f.; BKartA, Beschluss v.

23.10.2000, B 3 - 72303 - U - 76/00, S. 8f. 285 So bilden sich sog. Fracht-Internetbörsen heran, die unwirtschaftliche Leerfahrten von

Lastkraftwagen durch Versteigerung der freien Transportkapazitäten verringern sollen.

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

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Internetmarktplätze die Entstehung eines Warenaustauschs erst ermöglichen, liegt ein

eigener Markt für diese Güter vor, ohne dass sich eine Abgrenzungsproblematik ge-

genüber traditionellen Handelskanälen stellt.

5. Ergebnis

Die Untersuchung hat gezeigt, dass für die von B2B-Internetmarktplätzen erbrachten

typischen Dienstleistungen ein eigener Produktmarkt entstanden ist. Eine Herausbil-

dung von Teilmärkten für bestimmte Gruppen von Marktplätzen oder einzelnen

Marktplatzleistungen erscheint für die Zukunft wahrscheinlich. Als mögliche Kriterien

einer Bestimmung solcher Teilmärkte können die Differenzierung nach der horizonta-

len oder vertikalen Ausrichtung der Marktplätze, ihre jeweiligen Nutzerkreise und die

unterschiedlichen durch sie erbrachten Dienstleistungen dienen.

Auswirkungen kann die Entstehung von B2B-Internetmarktplätzen daneben auch auf

die Produktmärkte der über Internetmarktplätze gehandelten Güter haben. Regelmäßig

wird der Handel über diese Marktplätze aber nur einen weiteren Absatzkanal begrün-

den und lediglich im Einzelfall könnte ein eigener Produktmarkt im Sinne des Kartell-

rechts für über B2B-Internetmarktplätze gehandelte Güter entstehen. Die Annahme

eines solchen eigenständigen Gütermarktes ist für tangible Güter deutlich weniger

wahrscheinlich als für digitalisierbare. Für einzelne Güter schließlich ermöglicht erst

das Aufkommen elektronischer Marktplätze die Entstehung eines Marktes.

Zum ganzen: Report der FTC zum Workshop „Entering the 21st Century: Competition Po-licy in the World of B2B Electronic Marketplaces”, Part 2, S. 7f.; Bierwirth/ Schnei-der/Kopfer, Elektronische Transportmärkte, Wirtschaftsinformatik 44 (2002), S. 335.

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

103

C. Fragen der geographischen Marktabgrenzung im Zusammenhang mit

B2B-Internetmarktplätzen

I. Kriterien zur Bestimmung des räumlich relevanten Marktes

Die räumliche Marktabgrenzung erfolgt, wie die Bestimmung des sachlich-relevanten

Marktes, in erster Linie anhand des Kriteriums der funktionellen Austauschbarkeit aus

Nachfragersicht286. Es ist das Gebiet zu ermitteln, in dem die angebotenen Produkte

nachgefragt werden287. Für das deutsche Kartellrecht folgern KG288 und BGH289 aus

dem Schutzzweck und der Systematik des GWB, dass der räumlich relevante Markt

maximal das Inland umfassen könne 290. Zu untersuchen sind nach dieser Praxis die

tatsächlichen Ausweichmöglichkeiten der inländischen Nachfrager291. Allerdings ist

seit der 6. GWB-Novelle die Marktwirkung ausländischer Unternehmen im Rahmen

der Marktbeherrschungsprüfung in § 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 GWB einzubeziehen.

Engere geographische Märkte werden zugrunde gelegt, wenn die Austauschbarkeit aus

der Sicht der Nachfrager aus objektiven Gründen regional oder lokal begrenzt ist292,

etwa wegen Konsumentenpräferenzen, aufgrund unterschiedlicher Vertriebssysteme,

stark verfestigter Markstrukturen oder aus Gründen der Transportdauer und -kosten293.

Anders als in der Anwendungspraxis des deutschen Kartellrechts nimmt die EG-

Kommission eine normative Begrenzung des räumlich relevanten Marktes auf das Ge-

biet des Gemeinsamen Marktes als dem räumlichen Bezugsrahmen des EG-

286 Für das deutsche Kartellrecht: Bechtold, GWB (1999), § 19, Rn. 13; Ruppelt, in: Lan-

gen/Bunte; Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht (2001), § 19, Rn. 25.

287 Vgl. etwa: Roth/Ackermann, in: Frankfurter Kommentar, Art. 81 Grundfragen, Rn. 290. 288 KG v. 28.6.1991 Hotellgeschirr, WuW/E OLG, S. 4865, 4880ff. 289 BGH v. 24.10.1995, Backofenmarkt, WuW/E BGH S. 3026. 290 Vgl. zum ganzen: Ruppelt, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäi-

schen Kartellrecht (2001), § 19, Rn. 26. 291 Vgl.: Ruppelt, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartell-

recht (2001), § 19, Rn. 25. 292 Ruppelt, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht

(2001), § 19, Rn. 27. 293 Bechtold, GWB (1999), § 19, Rn. 13.

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Kartellrechts nicht vor. Bei gegenseitiger Marktdurchdringung aller nationalen Märkte

und dem Fehlen von Marktzutrittsschranken kann es daher ggf. sogar zur Annahme

eines weltweiten räumlich relevanten Marktes kommen294. Andererseits bleibt auch

nach Vollendung des Binnenmarktes das Fortbestehen nationaler oder gar regionaler

oder lokaler Märkte im Sinne des EG-Kartellrechts nicht aus. Die Bestimmung wird

dabei nach Kriterien vorgenommen, die denen des deutschen Kartellrechts weitestge-

hend entsprechen295.

II. Bestimmung des räumlich relevanten Marktes für die durch B2B-

Internetmarktplätze erbrachten Dienstleistungen

Das Medium Internet ermöglicht den Betreiberunternehmen elektronischer Marktplät-

ze potenzielle Nutzer weltweit zu adressieren296. Dies könnte dafür sprechen, bei der

Bestimmung des Marktes für Dienstleistungen, die durch Internetmarkplätze angebo-

ten werden, vom Bestehen eines Weltmarktes auszugehen. In der Tat neigt die Kom-

mission in der Entscheidung MyAircraft.com wegen der „Eigenheiten des E-

Commerce“ 297 zur Annahme eines Weltmarktes. In der Entscheidung RubberNet-

work.com hielt das BKartA fest, der geographisch relevante Markt sei zumindest das

Inland. Vieles spreche jedoch - aus ökonomischer Sicht - für einen europäischen

Markt, wenn nicht für einen Weltmarkt298.

294 Immenga, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 2 FKVO, Rn. 96.

Diese Vorgehensweise wird zumindest für die Fusionskontrolle normativ durch Art. 2 Abs. 1 lit a) FKVO gestützt. Nach dieser Vorschrift hat die Kommission die Struktur aller Märkte unter Berücksichtigung auch der in Drittländern ansässigen Unternehmen zu un-tersuchen.

295 Zu den herangezogenen Kriterien: Immenga, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 2 FKVO, Rn. 77ff.

296 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 143; Gramlich/ Kröger/Schreibauer, Rechtshandbuch B2B Plattformen, S. 123.

297 EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.1969 UTC/Honeywell/i2/MyAircraft.com, CELEX-DokNr. 300M1969, S. 4.

298 BKartA, Beschluss v. 26.1.2001, B 3 -25130 - U - 110/00, S. 7; vgl. auch die Ausführun-gen in der Sache CC-markets: BKartA, Beschluss v. 23.10.2000, B 3 - 72303 - U - 76/00, S. 9.

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

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Tatsächlich zieht der Einsatz des Internets jedoch nicht automatisch weltweite Märkte

nach sich299. Zwar kann über das Internet auf Angebote weltweit zugegriffen werden,

die räumliche Marktabgrenzung erfolgt jedoch anhand der tatsächlichen Sicht der

Nachfrager. Gegen die Annahme eines Weltmarktes spricht unter anderem, dass Ab-

nehmer beim gegenwärtigen Entwicklungsstand des E-Commerce für viele Güter noch

in nennenswertem Umfang auf einen lokal verfügbaren Kundendienst angewiesen

sind300. Für bestimmte Dienstleistungen, insbesondere für solche der Zahlungsabwick-

lung, können auch rechtliche Aspekte wie steuerliche oder bankaufsichtliche Fragen

für eine engere geographische Marktabgrenzung sprechen301.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass einige Internetmarktplätze von vornherein nur

Nutzer in einem begrenzten geographischen Gebiet ansprechen wollen. Die Ausgestal-

tung eines B2B-Marktplatzes ausschließlich in deutscher Sprache ließe etwa vermuten,

der geographisch relevante Markt könne höchstens den deutschsprachigen Raum um-

fassen302, da nur deutschsprachige Unternehmen als potenzielle Nutzer angesprochen

werden. Bestimmen lässt sich das räumliche Aktivitätsfeld von Internetplattformen

also vor allem anhand der Lokalisation der über die Plattformen Handel treibenden

Unternehmen.

Existiert für ein Gut allerdings ein weltweiter Markt, kann dies zumindest ein Indiz

dafür sein, dass die diesen Gütermarkt bedienenden Internetmarktplätze ebenfalls ei-

nem weltweiten Markt angehören303.

299 Lange, Unternehmenskooperationen im Internet und EG-Kartellrecht, EWS 2000, S. 291,

292; Gounalakis/Lochen, Elektronische Marktplätze und Kartellrecht, ZHR 2003, S. 632, 643.

300 EG-Kommission, Fall Nr. IV/M. 2027 Deutsche Bank/SAP/JV emaro, CELEX-DokNr. 300M2027, S. 4;

301 EG-Kommission, Fall Nr. IV/M. 2027 Deutsche Bank/SAP/JV emaro, CELEX-DokNr. 300M2027, S. 4; der gleichen Ansicht waren auch die Anmelder im Fall EG-Kommission, Fall Nr. IV/M. 2172 Babcock/Borsig/MG Technologies/SA/ ec4ec, CELEX-DokNr. 300M2172, S. 3.

302 So von den Anmeldern in der Sache chemplorer vorgetragen: EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.2096 Bayer/Deutsche Telekom/Infraserv/JV chemplorer, CELEX-DokNr. 300M2096, S. 4.

303 So betont die Kommission im Fall MyAircraft.com, einiges spräche für die Annahme eines Weltmarktes für die betreffenden Internetplattformen, da für die gehandelten Flugzeugtei-le bereits ein weltweiter Markt bestehe. Vgl.: EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.1969 UTC/Honeywell/i2/MyAircraft.com, CELEX-DokNr. 300M1969, S. 4.

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III. Einfluss von B2B-Internetmarktplätzen auf die Ausdehnung des räumlich

relevanten Marktes der über die Marktplätze gehandelten Güter

Einflüsse auf die räumliche Ausdehnung der Produktmärkte der über Internetmarkt-

plätze gehandelten Güter werden durch den Einsatz elektronischer Marktplätze im In-

ternet erwartet, weil der geographische Standort durch die Verwendung des Internets

seine Bedeutung für die Kommunikation zwischen Käufer und Verkäufer verliert 304.

Die zugrunde liegende Internet-Technologie bedingt, dass eine weltweite Zugriffs-

möglichkeit auf Kaufgesuche und -angebote besteht. Das Internet schafft Möglichkei-

ten weltweiter Information und Geschäftskommunikation in bisher nicht gekannter

Intensität. In der Praxis spielen zudem sprachliche Barrieren eine geringe Rolle, weil

sich Internetplattformen mit geringem technischen Aufwand so gestalten lassen, dass

der Nutzer bei der Ansicht der Web-Sites des Internetmarktplatzes zwischen verschie-

denen Sprachen wählen kann305.

Die zunächst abstrakte Zugriffsmöglichkeit auf Angebote und Nachfragen einer Viel-

zahl anderer Untenehmen über das Internet führt durch den Einsatz von Internetmarkt-

plätzen als zentrale Anlauf- und Sammelstellen für den Austausch von Transaktions-

wünschen zu einer tatsächlichen Steigerung der Markttransparenz. Kartellbehörden

und Literatur erwarten deshalb tendenziell eine Erweiterung der räumlich relevanten

Gütermärkte306. Eine pauschale Ausweitung der räumlichen Märkte hin zu einem

Weltmarkt wurde bisher allerdings weder von den Kartellbehörden anerkannt noch

304 Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-

Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49, 51.

305 So z.B. auch Jestaedt, Funktionalität, Effizienz und Wettbewerb: B2B-Marktplätze und das Kartellrecht, BB 2000, S. 581, 583.

306 Für die EG-Kommission: Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Markt-platzes aus Sicht der EU-Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schrif-tenreihe Heft 184, S. 49, 51; so auch das Office of Fair Trading (OFT), UK. Vgl.: Report des OFT, E-Commerce and its Implications for Competition Policy (2000), S. 33. Für die Literatur: Ahlborn/Seeliger, EG-kartellrechtliche Probleme bei Unternehmenskooperatio-nen im Internet, EuZW 2001, S. 552, 554f.; Gassner, Internet-Handelsplattformen im Spiegel des Kartellrechts, MMR 2001, S. 140, 144; differenzierend: Lange, Unterneh-menskooperationen im Internet und EG-Kartellrecht, EWS 2000, S. 291, 293f.

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

107

von den Anmeldern geltend gemacht und wäre auch nicht sachgerecht307. Vielmehr

muss der Einfluss dieser neuartigen Technologie auf die tatsächlichen Ausweichmög-

lichkeiten der Marktgegenseite nach den gängigen Abgrenzungsmethoden für jeden

Gütermarkt im Einzelfall bestimmt werden.

Zu untersuchen ist, ob z.B. hohe Transportkostenempfindlichkeit, mangelnde Trans-

portmöglichkeit oder regulative Hindernisse einer Erweiterung des räumlichen Mark-

tes entgegenstehen308. Es bleiben nämlich die für die räumliche Marktabgrenzung ein-

schlägigen Parameter, wie Transportkosten, rechtliche Ein- und Ausfuhrhindernisse

oder unterschiedliche industrielle Normungen, vom Einsatz elektronischer Marktplätze

grundsätzlich unberührt.

Hinsichtlich etwaiger tatsächlicher Transporthindernisse und Transportkosten ist wie-

derum zwischen tangiblen Gütern und solchen, die unmittelbar über das Internet ver-

sandt werden können, zu unterscheiden. Bei tangiblen Gütern können hohe Transport-

kosten eine Lieferung über große Distanzen unrentabel erscheinen lassen. Manchen

Gütern mangelt es schon an der Transportfähigkeit309. Eine Erweiterung des geogra-

phisch relevanten Marktes folgt aus dem Einsatz elektronischer Markplätze dann nicht.

Eine Erweiterung des geographischen Marktes kommt folglich vor allem in den Fällen

in Betracht, in denen bisher gerade Informationsdefizite einen Güteraustausch verhin-

derten, die mittels elektronischer Marktplätze beseitigt werden können. Unterblieb der

Handel in diesen Fällen aus anderen Gründen, streitet auch der Einsatz von B2B-

Internetplattformen nicht für einen ausgedehnteren Markt.

Bei digitalisierbaren Gütern erhöhen das Internet und der Einsatz von B2B-

Internetplattformen hingegen nicht allein die Markttransparenz. Transportkosten spie-

len hier angesichts vernachlässigbarer Kosten für die Datenübertragung praktisch kei-

ne Rolle mehr. Sinken die Transportkosten, so ist dies ein Argument für eine weite

307 Ebenso: Eilmannsberger, EG-Wettbewerbsrecht und das Internet, Wbl 2001, S. 501, 510;

Gramlich/Kröger/ Schreibauer, Rechtshandbuch B2B Plattformen, S. 123. 308 Vgl.: Lange, Unternehmenskooperationen im Internet und EG-Kartellrecht, EWS 2000,

S. 291, 293f. 309 Dazu siehe Lange, Unternehmenskooperationen im Internet und EG-Kartellrecht, EWS

2000, S. 291, 293.; vgl. auch: Report des OFT, E-Commerce and its Implications for Competition Policy (2000), S.33.

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2. Kapitel - 3. Teil Fragen der Marktabgrenzung

108

räumliche Marktabgrenzung310. Die Möglichkeit des unmittelbaren Vertriebs über das

Internet führt weiterhin zu einer drastischen Reduzierung der Transportzeit. Ein Gut

kann weltweit ohne Zeitverlust bezogen werden. Normative und tatsächliche Hinder-

nisse, etwa spezifische Kundenpräferenzen, bleiben jedoch auch bei diesen Gütern

weiterhin bestehen.

Insgesamt erscheint eine Erweiterung geographisch relevanter Märkte durch den Ein-

satz von Internethandelsplattformen bei digitalisierbaren Gütern nach alledem wahr-

scheinlicher als bei tangiblen Gütern. Eine exakte Bestimmung lässt sich jedoch wie-

derum nur für den Einzelfall treffen.

310 Vgl. hierzu: Lange, Unternehmenskooperationen im Internet und EG-Kartellrecht, EWS

2000, S. 291, 297.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

109

4. Teil

Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse des

Marktes für B2B-Internetmarktplätze

A. Fragestellungen im Zusammenhang mit der Marktanteilsbestimmung

Die bisherige Untersuchung hat ergeben, dass mit dem Aufkommen von B2B-

Internetmarktplätzen ein neuer Dienstleistungsmarkt entstanden ist. Angesichts der

Neuheit dieses Marktes soll nachfolgend untersucht werden, ob und ggf. welche Fra-

gen sich den Wettbewerbsbehörden auf der Ebene der Marktanalyse in diesem Kon-

text stellen. In den Blick genommen wird einmal, anhand welcher Kriterien die Markt-

anteilsbestimmung für B2B-Internetmarktplätze zu erfolgen hat und welche spezifi-

schen Eigenheiten, die aus der Eigenschaft der Marktplatzdienstleistungen als Infor-

mationsdienstleistungen folgen, dem Marktplatzwettbewerb zuzuschreiben sind, sowie

die Art und Weise der Berücksichtigung dieser Merkmale in der kartellrechtlichen

Prüfung.

I. Bedeutung der Bestimmung von Marktanteilen und herkömmliche Bestim-

mungsmethoden

Die Bestimmung von Marktanteilen bildet nach der Abgrenzung der sachlich und geo-

graphisch relevanten Märkte bei der kartellrechtlichen Untersuchung eines Sachver-

haltes den zweiten wichtigen Arbeitsschritt, der für alle Grundtatbestände der Wettbe-

werbsaufsicht von zentraler Bedeutung ist. Innerhalb der Kartellkontrolle entscheiden

die Marktanteile der an einer Verhaltenskoordinierung beteiligten Unternehmen über

die Spürbarkeit etwaiger Wettbewerbsbeschränkungen311, in der Missbrauchsaufsicht 311 Vgl.: EG-Kommission, Bekanntmachung der Kommission über Vereinbarungen von ge-

ringer Bedeutung, die den Wettbewerb gemäß Artikel 81 Abs. 1 des Vertrags zur Grün-dung der Europäischen Gemeinschaft nicht spürbar beschränken (de minimis), ABl. 2001, C 368, S. 13; EG-Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EG-Vertrag auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. 2001, C 3, S. 2; zur Kommis-sionspraxis: Emmerich, in Dauses, Handburch des EG-Wirtschaftsrechts, H I § 1, Rn. 125; Für das deutsche Kartellverbot vgl.: BKartA, Bagatellbekanntmachung Nr. 57/80 v. 8.7.1980, BAnz. Nr. 133.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

110

über das Bestehen einer marktbeherrschenden Stellung und im Rahmen der Fusions-

kontrolle über die Prognose der Entstehung oder Verstärkung einer derartigen Markt-

stellung durch das angemeldete Vorhaben.

Insbesondere für die Anwendung des Marktmachtkonzepts der Missbrauchsaufsicht

und der Fusionskontrolle hat die Bestimmung der Marktanteile der Marktakteure oft

vorentscheidenden Charakter312.

Marktanteile werden in der Regel nach Absatzmengen wie Stückzahl, Gewicht etc.

oder anhand des Absatzwertes berechnet313. Nach der deutschen Rspr. erfolgt die Kal-

kulation regelmäßig anhand von Absatzmengen314. Spiegelt dies die tatsächliche Be-

deutung der Wettbewerber nicht angemessen wider, kommt eine ergänzende Heran-

ziehung des Absatzwertes in Betracht315. Die Kommission neigt zumindest in der Fu-

sionskontrolle dazu, die Marktanteilsberechnung nach dem wertmäßigen Umsatz vor-

zunehmen316, zieht aber daneben auch die Berechnung anhand von Mengenumsätzen

heran317.

II. Abweichende Berechnungsgrundlagen für die Marktanteilsberechnung bei

einzelnen Märkten für Internetdienstleistungen

In Literatur und Rechtspraxis besteht grundsätzlich Einigkeit darüber, dass sich mittels

Wert- oder Mengenumsätzen für bestimmte Märkte im Internet kein zutreffendes Bild

312 Im deutschen Recht lässt sich dies bereits auf normativer Ebene an den Vermutungsregeln

des § 19 Abs. 3 GWB ersehen. Entsprechendes gilt jedoch für die Anwendungspraxis des europäischen Wettbewerbsrechts, vgl. hierzu etwa: EuGH Rs. 85/76, Hoffmann-La Ro-che/Vitamine, Slg. 1979, S. 461, Rn. 41; vgl. daneben: Dirksen, in: Langen/Bunte, Kom-mentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht (2001), Art. 82, Rn. 42ff.

313 Die Bezugsgröße bildet dabei nach deutschem wie europäischem Kartellrecht der Absatz im räumlich relevantem Markt ohne Ausfuhr einschließlich der Einfuhr. M.w.N.: Dazu Rösler, in: Frankfurter Kommentar, Art. 2 FKVO, Rn. 156.

314 Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 38, Rn. 56. 315 Etwa KG Urt. v. 16.12.1987, Kampffmeyer-Plange, WuW/E OLG, S. 4167, 4170. 316 Vgl. etwa: EG-Kommission, Entscheidung v. 22.7.1992 Nestlé/Perrier, WuW/E EV

S. 1903, 1917. Dazu Rösler, in: Frankfurter Kommentar, Art. 2 FKVO, Rn. 155. 317 EG-Kommission, Entscheidung v. 10.11.1992 Gilette, ABl. 1993, L 116, S. 21, Rn. 22.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

111

von den tatsächlichen Marktverhältnissen nachzeichnen lässt318. Insbesondere bei der

Berechnung der Marktanteile von Websites oder Internetportalen, die keine eigenen

Verkaufsaktivitäten haben und auf die der Nutzer kostenlos zu zugreifen vermag, hat

das Abstellen auf Umsätze prinzipiell keinen Sinn. In diesen Fällen stellt die Kommis-

sion auf andere Kriterien wie die Anzahl der Zugriffe auf die Website ab319. Sieht ein

Internetportal die Registrierung von Nutzern vor, so lässt sich auch die Anzahl der

Nutzer wie im Fall Telia/Oracle/Drutt in die Bewertung einbeziehen320. Die genannte

Fallpraxis erstreckt sich aber auch auf entgeltliche Internetdienstleistungen. Im Fall

Worldcom/MCI stellt die Kommission in Ermangelung allgemein gültiger Berech-

nungsgrundlagen für Internetmärkte auf das Ausmaß des Verkehrsflusses an Daten

und auf die Einnahmen der beteiligten Akteure ab321.

Im Lichte dieser Entscheidungen scheint es angebracht zu untersuchen, ob bei der Be-

stimmung der Marktanteile von B2B-Internetmarktplätzen entsprechende Modifikati-

onen bei der Bestimmung der Marktanteile vorzunehmen sind.

III. Notwendige Modifikationen bei der Marktanteilsberechnung im Zusammen-

hang mit B2B-Internetmarktplätzen?

1. Märkte der über B2B-Internetmarktplätze gehandelten Güter

Keine Besonderheiten ergeben sich hinsichtlich der über elektronische Marktplätze

gehandelten Güter. Für diese Güter stellt das Internet regelmäßig einen weiteren Ab-

satzkanal dar322, der in die Berechnung der Marktanteile der Unternehmen auf den ent-

318 Vgl. etwa für die Literatur: Nouel, Competition Assessment of Vertical Mergers and Verti-

cal Agreements in the New Economy, S. 164. Für die EG-Kommission, Entscheidung v. 8.7.1999, Fall Nr. IV/M.1069 WorldCom/MCI, Rn. 97ff.

319 Mit der Zahl der Zugriffe korrelieren in der Regel die Einnahmen derartiger Portale, die sich primär aus Werbeeinnahmen (für sog. Bannerwerbung) finanzieren. Denn mit stei-gender Nutzerzahl gewinnt ein Webportal an Attraktivität für werbende Unternehmen.

320 EG-Kommission, Entscheidung v. 11.9.2000, Fall Nr. IV/M.1982 Oracle/Telia/Drutt, S. 7; ebenso EG Kommission, Entscheidung v. 13.10.2000, Fall Nr. IV/M.2050Vivendi/ Ca-nal+/Seagram, S. 14ff.

321 EG-Kommission, Entscheidung v. 8.7.1999, Fall Nr. IV/M.1069 WorldCom/MCI, Rn. 97ff.; vgl. dazu: Vajda/Gahnström, EC Competition Law an the Internet, ECLR 2000, S. 102.

322 Vgl. oben: 2. Kapitel, 3. Teil, B., 4.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

112

sprechenden Angebots- oder Nachfragermärkten einzustellen ist. Soweit die im Wege

des E-Commerce abgesetzten Güter im Einzelfall einen eigenständigen Markt bilden,

ist dieser Grundlage der nach den herkömmlichen Grundsätzen durchzuführenden Be-

rechnungen der Marktanteile. In beiden Fällen ergibt sich kein Erfordernis der Heran-

ziehung alternativer Berechnungskriterien323.

2. Markt der marktplatztypischen Dienstleistungen

B2B-Internetmarktplätze erbringen ihre Dienstleistungen gegen Entgelt (in Form von

Transaktions- und/oder Teilnehmergebühren), weshalb sich hier die im Bereich der

Nutzung kostenloser Internetportale auftretenden Fragen324 für die Marktanteilsbe-

rechnung nicht stellen.

Dennoch wird in einzelnen Stellungnahmen vertreten, bei der Bestimmung von Mar-

kanteilen für Internetmarktplätze vermittelten andere als die gängigen Wert- oder

Mengenumsätze ein exakteres Bild der tatsächlichen Marktanteile325. Befürwortet wird

unter anderem die Heranziehung der Zahl der registrierten Nutzer und die Zahl der

Zugriffe auf die Plattform bzw. das Ausmaß des Datenverkehrsflusses326.

323 Vgl. die Ausführungen bei: Nouel, Competition Assessment of Vertical Mergers and Ver-

tical Agreements in the New Economy, S. 165ff. In diesem Kontext stellt sich allenfalls die Frage, ob bei der Konkurrenz von traditionellen Anbietern und Anbietern im Internet innerhalb desselben Produktmarktes bei der Umsatzberechnung der Internetanbieter zu-sätzlich erbrachte entgeltliche Dienstleistungen, wie die direkte Auslieferung des Produk-tes zu berücksichtigen sind, oder ob diese getrennt hiervon zu betrachten sind. Diese Problematik erstreckt sich jedoch insgesamt auf Märkte, in denen lokale Anbieter und Fernabsatz in Konkurrenz stehen und soll aus jenem Grund hier nicht vertieft werden. Ty-pischerweise wird diese Frage zudem eher im Endkundengeschäft (B2C) relevant. Hierzu eingehend: Report des OFT, E-Commerce and its Implications for Competition Policy (2000), Unterpunkt 5.10ff.

324 Vgl. hierzu oben 2. Kapitel, 4. Teil, A., II. 325 Vgl. etwa in Bezug auf offene Marktplätze: Nouel, Competition Assessment of Vertical

Mergers and Vertical Agreements in the New Economy, S. 150, 166. 326 So Nouel, Competition Assessment of Vertical Mergers and Vertical Agreements in the

New Economy, S. 166. Noch grundsätzlichere Herausforderungen für die Marktanteilsbe-stimmung sieht das Office of Fair Trading, UK. Es geht davon aus, dass schon die Ver-fügbarkeit von ausreichendem Datenmaterial für die Marktanteilsberechnung im Kontext neuartiger Geschäftsmodelle im E-Commerce fraglich ist. Vgl.: Report des OFT, E-Commerce and its Implications for Competition Policy (2000), Unterpunkt 5.8ff. Hierbei handelt es sich jedoch allenfalls um ein temporäres Problem, mit dem die Wettbewerbs-behörden bei der Entstehung neuer Märkte regelmäßig konfrontiert sind. Die Wettbe-

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

113

Ob aufgrund dieser Kriterien zuverlässige Aussagen über Marktanteile gewonnen

werden können, muss jedoch bezweifelt werden. Die Zahl der registrierten Nutzer ist

wenig aussagekräftig, wenn das Einnahmenmodell des elektronischen Marktplatzes -

wie häufig der Fall - an Transaktionsgebühren geknüpft ist. Oft übersteigt die Zahl der

registrierten Nutzer zudem die Zahl derjenigen Unternehmen, die tatsächlich aktiv am

Handel über den Marktplatz teilnehmen, bei weitem. Die Zahl der registrierten Nutzer

allein gibt dann noch keine Auskunft über den Umfang der über den Marktplatz abge-

wickelten Geschäfte und lässt somit keinen Rückschluss auf die Einnahmen von B2B-

Marktplätzen zu327.

Die Zahl der Zugriffe auf die Internetseiten des Marktplatzes oder die Anzahl der ab-

gewickelten Geschäfte mögen Indizien für die Nutzungsintensität einer Plattform sein,

vermitteln aber für sich genommen ebenfalls keine exakte Aussage zur wirtschaftli-

chen Bedeutung einer Plattform, weil sich Umfang und wirtschaftliche Bedeutung der

abgewickelten Transaktionen hieraus nicht ablesen lassen328.

Angemessen scheint daher eine kombinatorische Betrachtung der Umsatzwerte der

über die Plattform abgewickelten Transaktionen und des Umsatzes des Marktplatzun-

ternehmens selbst als heranzuziehende Messgröße. Das erste Kriterium reflektiert - in

Relation zur Gesamtheit aller Transaktionen auf dem betreffenden Gütermarkt gesetzt

- die tatsächliche Bedeutung eines Internetmarktplatzes für den Kreis der potenziellen

Marktplatznutzer, während sich mit Hilfe des zweiten Kriteriums die derzeit gängigen

verschiedenen Einnahmenmodelle der Internetmarkplätze berücksichtigen lassen329.

werbsbehörden tragen dem auch dadurch Rechnung, dass sie Marktanteilen in der Früh- und Experimentierphase eines Marktes im Rahmen der Marktmachtanalyse, insbesondere in der Fusionskontrolle, eine geringere Aussagekraft zumessen. Vgl. hierzu für die deut-sche Fusionskontrolle: BKartA, Auslegungsgrundsätze zur Fusionskontrolle, Oktober 2000, S. 35f.

327 Dies gilt umso mehr, als viele Unternehmen an mehreren Marktplätzen als „passive“ Nut-zer partizipieren, nur an einem aber aktiv Handel betreiben. Empirische Erhebungen hier-zu für die Automobilindustrie vgl. etwa: Fricke/Hoppen, Skeptische Automobilindustrie, Logisitk heute, 10/2002, S. 84ff.

328 So wickelte der Konzern DaimlerChrysler mit über 510 Online-Auktionen ein Einkaufsvo-lumen von 10 Mrd. Euro im Jahre 2001 ab. Vgl.: Logisitk heute, 10/2002, S. 84ff. Der Löwenanteil dieses Volumens wurde dabei allderding innerhalb von nur 3 Auktionen um-gesetzt.

329 Es handelt sich bei der hier vorgeschlagenen Lösung insofern um eine kombinierte Be-trachtung von Mengenumsätzen (in Bezug auf die Dienstleistungserbringung durch den Marktplatz) und Wertumsätzen (Einnahmen des Marktplatzes).

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

114

Es lassen sich Umsätze und Umsatzwerte für die Berechnung der Marktanteile also

auch für Internetmarktplätze sinnvoll heranziehen, weshalb kein Bedarf für eine He-

ranziehung alternativer Kriterien besteht. Nur in Ermangelung diesbezüglicher Daten

scheint daher der Rückgriff auf andere Kriterien, wie die Zahl der registrierten Nutzer

oder die Anzahl der getätigten Transaktionen, geboten. Prinzipielle Herausforderungen

an die Berechnung der Marktanteile stellen sich bei der Untersuchung von B2B-

Internetmarktplätzen daher nicht.

B. In die kartellrechtliche Analyse einzubeziehende Eigenheiten des Mark-

tes für B2B-Internetmarkplätze

I. Spezifische ökonomische Parameter des Marktes der Marktplätze

1. Netzwerkexternalitäten

a) Begriff der Netzwerkexternalitäten

Mit dem Begriff der (positiven) Netzwerkeffekte oder Netzwerkexternalitäten be-

schreibt die Wettbewerbstheorie das bei bestimmten Gütern auftretende Phänomen,

wonach der Nutzen dieser Güter für den Nachfrager nicht allein von deren Eigenschaf-

ten und persönlichen Nutzerpräferenzen, sondern auch davon abhängt, wie viele weite-

re Nachfrager dieses Gut nutzen330. Die Existenz dieses Phänomens wird heute in der

Wissenschaft und von den Wettbewerbsbehörden nicht mehr angezweifelt331. Beispie-

le solcher Güter, bei denen für jeden Nutzer der Nutzen mit der Anzahl der anderen

Nutzer steigt, sind Telekommunikationsmedien wie Telefon und Telefax, technische

330 Klodt, Und sie fliegen doch: Wettbewerbsstrategien für die Neue Ökonomie, in: Don-

ges/Mai, E-Commerce und Wirtschaftspolitik (2001), S. 31, 37f. 331 Vgl. etwa: Neumann, Wettbewerbspolitik (2000), S. 208; Beck, Zur wettbewerbspoliti-

schen Relevanz des Internet, WuW 1999, S. 460; zur Diskussion um die Wettbewerbspo-litischen Implikationen von Netzwerkeffekten statt vieler: Lemley/Mc Gowan, Legal Implications of Network Economic Effects, California Law Review, Vol. 86, S. 479ff.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

115

Standards und Normungen, bestimmte Computersoftware wie Betriebssysteme und

Textverarbeitungsprogramme332 sowie das Internet333.

b) Wirkungen von Netzwerkexternalitäten auf den Wettbewerbsprozess

aa) Schneeballeffekte - „first-mover advantages“

Netzwerkeffekte steigern den Nutzen eines Gutes aus Sicht der Nachfrager und sind

demnach prinzipiell effizienzsteigernd. Allerdings erhöhen Netzwerkeffekte anderer-

seits das Risiko, dass ein Anbieter eines Netzwerkgutes, dem es (zuerst) gelingt, eine

kritische Masse zu überwinden, eine nicht nur vorübergehende marktbeherrschende

Stellung erlangt334. Auch dieser Effekt von Netzwerkexternalitäten ist von den Kartell-

behörden grundsätzlich anerkannt335. Wird der Nutzen eines Netzwerkgutes nämlich

mit der Zahl seiner Nutzer - der Netzteilnehmer - aus deren Sicht größer, schlägt dies

regelmäßig auf die Angebotsseite durch: Nach der Überschreitung einer bestimmten

kritischen Masse vergrößert sich dank dieser Skalenerträge auf der Nachfragerseite der

Vorsprung des Marktführers ständig; alternative Systeme werden häufig marginalisiert

oder gar vollständig verdrängt336. Weil dem größeren Netz aus Nutzersicht ein höherer

332 Diese und weitere Beispiele bei: Klodt, Und sie fliegen doch: Wettbewerbsstrategien für

die Neue Ökonomie, in: Donges/Mai, E-Commerce und Wirtschaftspolitik (2001), S. 31, 38ff.

333 Vgl.: Nouel, Competition Assessment of Vertical Mergers and Vertical Agreements in the New Economy, S. 23.

334 Zum Begriff der “first-mover advantages”, Lemley/Mc Gowan, Legal Implications of Net-work Economic Effects, California Law Review, Vol. 86, S. 479, 495f.; Nouel, Competi-tion Assessment of Vertical Mergers and Vertical Agreements in the New Economy, S. 23f.

335 Für die FTC vgl. etwa: Balto, Standard Setting in a Network Economy, Beitrag zu den Cutting Edge Antitrust Law Seminars International am 17.2.2000 in New York. Abrufbar unter: http://www.ftc.gov/speeches/other/standardsetting.htm; zu dieser Frage vgl. weiter-hin für die ACCC: Stellungnahme des Präsidenten der ACCC, Fels zur 10 Internationalen Kartellrechtskonferenz am 20-22.5.2001 in Berlin, abrufbar unter: http://www.accc. gov.au/speeches/fs-speeches.htm. Vgl. auch für die EG-Kommission: Schaub, Kartell-rechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49, 51.

336 Dazu Neumann, Wettbewerbspolitik (2000), S. 208. Vgl. auch: Bailey, Covisint - A Com-petitive Collaboration, Statement für den Workshop der FTC, Emerging Issues for Com-petition Policy in the World of E-Commerce, 7./8.5.2001, S. 14ff.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

116

Nutzen beigemessen wird als einem kleineren, treten neue Nutzer regelmäßig dem

größeren Netz bei, was dessen Position weiter ausbaut.

bb) „Lock-in“-Effekte

Die Wirkung ausgeprägter positiver Netzwerkeffekte kann weiterhin die Entstehung

hoher Marktzutrittsbarrieren zur Folge haben337. Hat sich ein System oder Standard

einmal auf dem Markt durchgesetzt und aufgrund von starken Netzwerkeffekten einen

hohen Wert für die Nutzer entwickelt, vermindert dies zugleich die Chancen des

Markteintrittes neuer, konkurrierender Systeme. Ein neuer Konkurrent muss in diesem

Fall die Nutzer des bisherigen Systems davon überzeugen, dass der Mehrwert seines

Systems die Wechselkosten des Nutzers vom alten auf das neue System übersteigt und

dass das neue System sich ebenfalls am Markt durchsetzen und deshalb ebenso starken

Nutzen für die Konsumenten entwickeln wird338. Die hieraus resultierenden Marktzu-

trittshürden potenzieller Konkurrenten können zum Festhalten an führenden, selbst

suboptimalen Standards oder Technologien führen (sog. Pfadabhängigkeiten oder

„lock in“-Effekte). Es entsteht somit ein Konflikt zwischen dem Ausschöpfen von

Netzwerkvorteilen und der Innovation. Zum erfolgreichen Bestreiten der Marktstel-

lung des Marktführers benötigt der Konkurrent in der Regel eine erhebliche Verbesse-

rung der Qualität oder eine überlegene Preisstrategie339.

337 Nouel, Competition Assessment of Vertical Mergers and Vertical Agreements in the New

Economy, S. 23f. 338 Der Marktneuling muss demzufolge die sog. kollektiven Wechselkosten seiner potenziel-

len Kunden überwinden, vgl. dazu: Bailey, Covisint - A Competitive Collaboration, State-ment für den Workshop der FTC, Emerging Issues for Competition Policy in the World of E-Commerce, 7./8.5.2001, S. 17.

339 Vgl. hierzu: Gutachten des wissenschaftlichen Beirates des Bundesministeriums für Wirt-schaft und Technnologie, Wettbewerbspolitik für den Cyberspace, S. 13. Dazu: Grützma-cher, Ökonomische Analyse, Wettbewerb und Recht im Cyberspace, IT-Rechtserater 2001, S. 245.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

117

c) Bedeutung von Netzwerkexternalitäten für die Untersuchung von B2B-Marktplätzen Die Kartellbehörden340 und die weitaus überwiegende Anzahl der Stellungnahmen in

der Literatur341 gehen davon aus, dass der Markt der B2B-Internetmarktplätze zumin-

dest mittelfristig von ausgeprägten Netzwerkeffekten gekennzeichnet sein wird. Nur

vereinzelte Stimmen messen Netzwerkexternalitäten bei elektronischen Marktplätzen

keine Bedeutung zu342.

Die Argumente der Mehrheitsmeinung sind dabei grundsätzlich überzeugend: Der

Nutzen eines Internetmarktplatzes erhöht sich in der Regel aus der Perspektive der

Nutzer mit der Zahl der angeschlossenen Lieferanten und Abnehmer. Ein größerer

Marktplatz liefert eine größere Marktübersicht und die Möglichkeit, mit einer größeren

Zahl von Handelspartnern zu kommunizieren als ein kleinerer Marktplatz343. Ein

größerer Marktplatz wird dem Grundsatz nach folglich weitere Nutzer viel eher

anziehen können als ein kleiner Marktplatz. Dies führt zu positiven

340 Nach Marktplatztypen differenzierend: Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektroni-

schen Marktplatzes aus Sicht der EU-Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49, S. 52; ferner: Office of Fair Trading (OFT), UK: vgl.: Report des OFT, E-Commerce and its Implications for Competition Policy (2000), S. 2, 25; vgl. weiterhin: Report der FTC zum Workshop „Competition Policy in the World of B2B Electronic Marketplaces“, Part 2, S. 32f.

341 Vgl.: Ahlborn/Seeliger, EG-kartellrechtliche Probleme bei Unternehmenskooperationen im Internet, EuZW 2001, S. 552, 555f.; Bailey, Covisint - A Competitive Collaboration, Sta-tement für den Workshop der FTC, Emerging Issues for Competition Policy in the World of E-Commerce, 7./8.5.2001, S. 14ff.; Gans/King, Competition Issues Associated with B2B E-Commerce - A report on Behalf of the Australian Competition and Consumer Commission (2001), S: 27f.; Gutachten des wissenschaftlichen Beirates des Bundesminis-teriums für Wirtschaft und Technnologie, Wettbewerbspolitik für den Cyberspace, S. 13ff.;vgl. auch: Gutachten der WIK-Consult GmbH und des Zentrum für Europäische Integrationsforschung, Internetplattformen für den Geschäftsverkehr zwischen Unterneh-men - Eine wirtschaftspolitische und wettbewerbsrechtliche Beurteilung S. 19, abrufbar unter: http://www.wik.org/content/ kf_deut.pdf; Heil, Wettbewerb auf elektronischen Märkten (1999), S. 11ff.; Tröller, Kartellrechtliche Probleme von elektronischen B2B-Marktplätzen, S. 167.

342 Evans, Policing B2B Exchanges: Synchronity or Chosts in the Mashine?, Vortrag anlässlich des George Mason Law Review Symposium: Defining the Role of Antitrust in the High Technology Revolution, 27.10.2000.

343 Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49, 52.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

118

Rückkopplungseffekten344. Beobachtungen auf dem Markt der Consumer-to-Consu-

mer-Internetmarktplätze bestätigen die Existenz ausgeprägter Netzwerkeffekte bei

elektronischen Märkten. Insbesondere die Entwicklung der Auktionsbörse ebay

veranschaulicht diesen Effekt345. Netzwerkeffekte als nachfrageseitige Größenvorteile

sind zudem aus der Praxis traditioneller Börsen und organisierter Märkte bereits

bekannt.

Bei B2B-Internetmarktplätzen lässt vor allem die Notwendigkeit technischer Standar-

disierung für Software und Schnittstellen eine starke Neigung zu Netzwerkeffekten

erwarten346. Technischen Standards sind Netzwerkeffekte ebenfalls immanent347. Da

für die Implementierung technischer Standards wie Software und Schnittstellen Inves-

titionen erbracht werden müssen, ist eine Verwendung mehrerer paralleler Standards

kostentreibend. Eine Beteiligung an mehreren Internetmarktplätzen mit unterschiedli-

chen Standards ist daher prinzipiell kostenineffizient348. Hieraus kann sich eine ver-

stärkte Sogwirkung des marktführenden Marktplatzes ergeben349, mit dessen Hilfe sich

möglichst viele weitere Handelspartner ohne zusätzliche Investitionskosten erreichen

lassen. Hat sich ein Standard für Marktplatzsoftware und -schnittstellen einmal etab-

liert, steht der erfolgreichen Markteinführung konkurrierender Plattformen mit anderen

Standards das Wechselkostenargument als Markteintrittsbarriere entgegen350.

344 Ahlborn/Seeliger, EG-kartellrechtliche Probleme bei Unternehmenskooperationen im In-

ternet, EuZW 2001, S. 552, 555. 345 So erreichte die Endverbraucher-Börse ebay in den USA im Jahre 2001 einen Marktanteil

von ca. 80%. Ganz anders aber etwa in Japan, wo sich ebay im ersten Quartal 2002 zu-rückziehen musste, weil yahoo dort in wenigen Jahren seinen Marktanteil auf 95% gestei-gert hatte.

346 Dazu die Stellungnahme von Popofsky, Charting Anittrust´s new Frontier: B2B, George Mason Law Review 2001, S. 555ff.

347 Zur Bedeutung technischer Standards für die Ausprägung von Netzwerkeffekten siehe: Balto, Standard Setting in a Network Economy, Beitrag zu den Cutting Edge Antitrust Law Seminars International am 17.2.2000 in New York.

348 Vgl.: Report der FTC zum Workshop „Competition Policy in the World of B2B Electronic Marketplaces“, Part 1, S. 24.

349 Popofsky, Charting Anittrust´s new Frontier: B2B, George Mason Law Review 2001, S. 555.

350 Vgl. das Szenario bei Popofsky, Charting Anittrust´s new Frontier: B2B, für das Sympo-sium “Defining the Role of Antitrust in the High Technology Revolution”, abgedruckt in: George Mason Law Review 2001, S. 555ff.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

119

Hinsichtlich des Ausmaßes der Netzwerkeffekte bei B2B-Internetmarktplätzen muss

allerdings zwischen den verschiedenen Geschäftsmodellen und Zielrichtungen diffe-

renziert werden:

Einer der Anreize für die Teilnahme an Internetmarktplätzen liegt in der Möglichkeit

erheblicher Transaktionskostensenkungen351. Kostensenkungen werden unter anderem

durch eine verbesserte Marktübersicht der Anbieter erzielt, da Suchkosten und Such-

zeiten verringert werden. Dieser Effekt nimmt mit der Zahl und Bedeutung der an ei-

nem Marktplatz partizipierenden Akteure zu. Ein größerer Marktplatz vermag dabei

eine größere Transparenz zu vermitteln352 als ein Konkurrent mit weniger Teilneh-

mern. Internetmarktplätze, bei denen diese Einsparpotenziale im Vordergrund stehen,

lassen demzufolge das Aufkommen starker Netzwerkeffekte erwarten. Hier zeigt sich

eine deutliche Parallele zu traditionellen Börsen und den Endverbraucher-Internet-

marktplätzen, wie ebay353.

Bei B2B-Internetmarktplätzen, die zur Erfüllung komplexerer Funktionalitäten wie der

Integration der firmeneigenen Enterprise-Ressource-Planning-Systeme (ERP) konzi-

piert sind, steht die Bedeutung der klassischen Marktfunktion im Sinne des Zusam-

menführens von Anbietern und Nachfragern weniger stark im Vordergrund. Es treten

nämlich andere Treiber der Marktplatzteilnahme neben die oben genannten von den

Nutzern erwarteten Effizienzsteigerungen: Den Nutzern geht es insbesondere um Effi-

zienzgewinne durch Prozessintegration. Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit ist

daher zuzustimmen, wenn sie davon ausgehen, dass Netzwerkeffekte umso schwächer

sein werden, je mehr es den Teilnehmern an einem Marktplatz um eine bessere Pro-

zessintegration mit Lieferanten und Nachfragern geht und je weniger um Verbesse-

rung der Markttransparenz354. Streben die Nutzer mit der Teilnahme an einem B2B-

Markplatz vorrangig eine verbesserte vertikale Prozessabstimmung oder Entwick-

lungszusammenarbeit an, so stehen für sie die entsprechenden Softwareapplikationen

351 Kirchner, Internetmarktplätze, Markttransparenz und Marktinformationssystem, WuW

2001, S. 1030. 352 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis

(2002), S. 126. 353 http://www.ebay.de 354 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis

(2002), S. 120ff., insbsondere S. 132ff.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

120

etwa für die Entwicklungszusammenarbeit, das Lieferkettenmanagement, das Kunden-

bzw. Geschäftsbeziehungsmanagement oder das Produktzyklenmanagement355 im

Vordergrund. Das Ziel, möglichst viele Marktakteure erreichen zu können, tritt hinter

das Ziel der effizienteren Ausgestaltung bestehender Bindungen zurück356. Die klassi-

sche Marktfunktionalität des Internetmarktplatzes verliert demgegenüber an Bedeu-

tung und mit ihr die Anzahl der Nutzer als (vorrangiges) Kriterium der Attraktivität

eines Marktplatzes. Anders als bei reinen Transaktionsplattformen sind hier nur

schwache Netzwerkeffekte zu erwarten357.

2. Bedeutende Größenvorteile auf der Angebotsseite

a) Größe Skalenerträge als Kennzeichen von Informationsindustrien

Märkte von Informationsgütern sind außer durch Netzwerkeffekte regelmäßig von ho-

hen angebotseitigen Größenvorteilen gekennzeichnet, die darin gründen, dass die Re-

produktionskosten eines einmal hergestellten Informationsgutes oftmals vernachläs-

sigbar gering sind358. Durch die technischen Möglichkeiten der digitalen Datenverar-

beitung lassen sich Informationsgüter praktisch unbegrenzt und ohne Qualitätsverlust

355 Zu den Perspektiven der Prozessintegration über B2B-Internetmarktplätze vgl.: Neu-

ser/Ötschmann/Schulze, Value Chain Integration (1999), S. 1ff. 356 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit weisen darauf hin, dass vertikal ausgerichtete

Internetmarkplätze schon bei einer geringeren Größe für die Nutzer profitabel sein kön-nen, als dies regelmäßig bei horizontalen Marktplätzen der Fall sein wird: Koe-nig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 51.

357 Nach Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit tritt die eigentliche „Marktplatzfunktion“ immer mehr in den Hintergrund, je mehr ein Marktplatz auf die Prozessintegration ausge-richtet ist und je komplexer die erbrachten Marktplatzfunktionen sind. Bei Internetplatt-formen, die vorrangig auf die unternehmensübergreifende Prozessintegration abzielen, wird sogar die Herausbildung von „Insellösungen“, also Kooperationen einer sehr be-grenzten Anzahl von Unternehmen vorhergesagt: Koenig/Kulenkampff/Kühling/ Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 134. In dieselbe Richtung wie hier: Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49, 51ff.

358 Mai/Oelmann, Elektronischer Handel im Lichte der Bestreitbarkeit von Märkten, in: Don-ges/Mai, E-Commerce und Wirtschaftspolitik (2001), S. 49, 58.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

121

bei nur geringen variablen Kosten vervielfältigen359. Die Investitionen auf Informati-

onsgütermärkten liegen folglich zu einem großen Anteil in den fixen Entwicklungs-

kosten des Gutes. Entstehen mit steigender Verbreitung eines Gutes nur geringe zu-

sätzliche Kosten, kann der Anbieter des weiter verbreiteten Produktes sein Gut in der

Regel zu günstigeren Konditionen anbieten als ein Anbieter eine Gutes mit geringerem

Verbreitungsgrad, da die Fixkosten bei dem marktschwächeren Anbieter auf eine ge-

ringere Abnehmerzahl verteilt werden müssen360. Dieser Effekt lässt für Informations-

gütermärkte regelmäßig eine höhere Anbieterkonzentration erwarten361, wie sie in der

Praxis etwa auf Märkten für Standardsoftware beobachten werden kann.

b) Relevanz angebotsseitiger Skalenerträge bei marktplatztypischen Dienstleis-tungen

Die von Internetmarktplätzen angebotenen Dienstleistungen bestehen in der Bereitstel-

lung, dem Austausch und der Weiterleitung von Informationen sowie ihrer Weiterver-

arbeitung. Insofern handelt es sich um Informationsgüter, womit die Vermutung der

Existenz angebotsseitiger Größenvorteile nach dem oben Gesagten nahe liegt. Dieser

Befund wird durch die Betrachtung der im Zusammenhang mit dem Aufbau und dem

Betrieb eines Marktplatzes anfallenden Kosten bestätigt: Für das Betreiberunterneh-

men entstehen Kosten zur Beschaffung und Anpassung der Marktplatzsoftware und

der Datenverarbeitungshardware. Weitere Kosten fallen etwa für die Katalogisierung

der Güter der Marktplatznutzer einschließlich der Entwicklung von Formatstandards

an. Bei diesen Investitionen handelt es sich im Wesentlichen um Fixkosten: Ob über

eine Internetplattform später nur eine oder 100 Auktionen pro Teilnehmer und Tag

durchgeführt werden, hat praktisch keine Auswirkung auf die Kosten des Marktplatz-

unternehmens. 359 Vgl.: Gutachten des wissenschaftlichen Beirates des Bundesministeriums für Wirtschaft

und Technnologie, Wettbewerbspolitik für den Cyberspace, S. 15ff. 360 So in Bezug auf die Dienstleistung der Internetmarktplätze: Koenig/Kulenkampff/ Küh-

ling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 127. 361 So etwa Klodt, Und sie fliegen doch: Wettbewerbsstrategien für die Neue Ökonomie, in:

Donges/Mai, E-Commerce und Wirtschaftspolitik (2001), S. 31, 45; Gutachten des wis-senschaftlichen Beirates des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technnologie, Wett-bewerbspolitik für den Cyberspace, S. 34. Vgl. weiterhin: Nouel, Competition Assessment of Vertical Mergers and Vertical Agreements in the New Economy, S. 56ff.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

122

Wegen des hohen Fixkostenanteils sind für die Marktplatzdienstleistungen wie für

andere Informationsgüter enorme Skalenerträge zu erwarten362. Der Vorteil eines grö-

ßeren Marktplatzes gegenüber einem kleineren ergibt sich aus der Umlegung der fixen

Kosten auf eine größere Nutzer- bzw. Transaktionszahl. Dies versetzt ihn in die Lage,

bei ansonsten gleicher Kostenstruktur günstigere Preise anbieten zu können363.

3. Technische Standards

a) Relevanz für die Nutzung von Internetmarktplätzen

Die Verwendung einheitlicher technischer Standards ist eine zwingende Vorausset-

zung für die Abwicklung von Transaktionen über Internetmarktplätze. Die Wirkung

technischer Standards kann für die Marktmachtanalyse ebenfalls unter dem Stichwort

des „lock-in“-Effekts relevant werden364. Das Vorhandensein technischer Standards ist

geeignet, Netzwerkeffekte zu verstärken. Etablierte Standards begünstigen Verhar-

rungstendenzen bei den Abnehmern und korrelieren mit Markteintrittsbarrieren auf der

Anbieterseite: Mit einem Standardwechsel sind regelmäßig Zeit- und Kostenaufwen-

dungen für den Systemwechsel verbunden.

Im Zusammenhang mit B2B-Internetplattformen wird die Rolle technischer Standards

als besonders hoch eingeschätzt365. Es geht hierbei in erster Linie um Kompatibilitäts-

standards auf der Ebene der Software366. Die Kommunikation zwischen Internet-

marktplatz und Nutzern setzt die Verwendung kompatibler Softwaresysteme voraus.

362 So Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspra-

xis (2002), S. 127ff. 363 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis

(2002), S. 127ff. 364 Daneben kann die Vereinbarung gemeinsamer Standards im Rahmen der Kartellkontrolle

relevant werden und die Kontrolle über technische Standards ein Missbrauchspotenzial bergen. Vgl. dazu unten: 4. Kapitel, 2. Teil, G.

365 Vgl den Report der FTC zum Workshop „Competition Policy in the World of B2B Elec-tronic Marketplaces“, Part 1, S. 24.

366 Auf der Ebene der Hardware sind dagegen in der Regel keine besonderen Anforderungen zu erfüllen. Es können herkömmliche Datenverarbeitungssysteme verwendet werden.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

123

So müssen einheitliche Schnittstellen für die Datenübertragung und für die ausge-

tauschten Datenformate verwendet werden367.

B2B-Internetplattformen bauen zunächst auf dem offenen Internet-Standard-Protokoll

TCP/IP auf368. Bei simplen Marktplatzsystemen erfordert der Zugriff auf den Inter-

netmarktplatz neben der entsprechenden Hardware in technischer Hinsicht prinzipiell

nur einen Webbrowser, mit dem der Zugriff auf das Internet erfolgt369. Wesentlich be-

deutsamer sind indes die verwendeten Standards für die auszutauschenden Daten.

So erfordern automatisierte Transaktionsmechanismen wie elektronische Kataloge, die

auf Internetmarktplätzen abgelegt werden, einheitliche elektronische Produktklassifi-

zierungen. Durch sie wird sichergestellt, dass sich Anbieter und Nachfrager über

Produkte und Leistungen sicher und eindeutig verständigen können. Hierfür existieren

derzeit verschiedene Formate370. Auch für den Prozess der Abwicklung der Trans-

aktion selbst müssen Routinen und Standards festgelegt werden. Ferner beschreiben

Katalogstandards wie Produkt- bzw. Leistungskataloge aufgebaut sind371. Für sie

finden sich derzeit ebenfalls zahlreiche unterschiedliche Formate372. Transaktions-

standards schließlich ermöglichen den standardisierten Austausch von Geschäfts-

367 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis

(2002), S. 296ff. 368 Als „offen“ werden Standards bezeichnet, die von Dritten lesbar sind, also nicht in Binär-

codes oder ähnlichen Formaten abgelegt und daher nur unter erheblichem Aufwand nach-zuvollziehen sind.

369 Dies gilt z.B. für Marktplätze, die Standardsoftwarepakete verwenden, wie sie von Herstellern wie Ariba, CommerceOne, SAP, IBM, Oracle, Baan, JD Edwards angeboten werden. Vgl. hierzu: Fricke/Gauder, Standardsoftware für elektronische Märkte - Softwareanalyse und Bewertung, S. 7ff.

370 Dies sind unter anderem: eCl@ss, ETIM, UN/SPSC. Informationen hierzu unter http://www.eclass.de; http://www.etim.de; http://www.un-spsc.net.

371 Weit verbreitet für den Austausch von multimedialen Katalogdaten ist im deutschsprachi-gen Raum der vom Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e. V. (BME) herausgegebene und auf XML basierende Standard BMEcat. Informationen hierzu abruf-bar unter: http://www.bmecat.org/. Vgl. hierzu: Renner, Produktkatalkoge und der BME-Cat-Standard, in: Bogaschewasky, Elektronischer Einkauf (1999), S. 111, 130.

372 So bestehen herstellerunabhängige Formate wie BMEcat, ebXML, Rosettanet. Daneben aber auch Dialekte, die von einzelnen Softwareanbietern entwickelt werden, wie cXML von Ariba, CBL von Commerce One und Biztalk von Microsoft.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

124

dokumenten wie Bestellungen, Rechnungen, Auftragsbestätigungen, Mahnungen

etc373. Gängige Formate hierfür sind UN/EDIFACT und openTrans374.

Verwenden die Internetmarktplätze unterschiedliche Standards, kann dies einen einfa-

chen Wechsel der Nutzer zwischen den Systemen erschweren.

Der Wechsel wird dabei tendenziell umso kostenintensiver, je mehr Funktionalitäten

über elektronische Marktplätze abgewickelt werden können375. Stellt der Internet-

marktplatz neben den reinen Transaktionsmechanismen eine Koordination der Markt-

platzsoftware mit den nutzereigenen ERP-Systemen zur Verfügung, so muss auch für

diese Schnittstelle ein gemeinsamer Standard festgelegt werden. Je umfangreicher die

Leistungen des elektronischen Marktplatzes im Bereich der Prozessintegration sind,

desto mehr aufeinander abzustimmende Schnittstellen bestehen im System und desto

größer ist die Bedeutung technischer Standards für die Frage des Systemwechsels376.

Bestehen zwischen verschiedenen Marktplätzen für die einzelnen Schnittstellen je-

weils verschiedene Standards, so steigen die Anpassungs- und Wechselkosten der

Nutzer mit der Zunahme der Zahl der Schnittstellen. Bei großer Integrationstiefe eines

Marktplatzes lässt dies eine stark verminderte Wechselbereitschaft der Nutzer zu ei-

nem anderen Marktplatz erwarten. Dieses Risiko besteht nur dann nicht, wenn die

einmal vorgenommenen Spezifikationen für die Güter der Nutzer und die Beschrei-

bung der zu integrierenden Prozesse auch von anderen Internetmarktplätzen verwendet

werden können. Dies setzt die Verwendung einheitlicher, offener Standards voraus377.

Entscheidend ist insofern, ob proprietäre Standards, die ggf. zusätzlich durch Patent-

373 http://www.kecos.de/script/tree.php?actlev=7&alinro=356&unit_url=64editrans.htm. 374 Weiterführende Informationen zu Transaktionsstandards sind abrufbar unter:

http://www.kecos.de/script/ tree.php?actlev= 7&alinro=356&unit_url=64editrans.htm. 375 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis

(2002), S. 128ff. 376 So kann je nach Funktionsumfang des Markplatzes die Verständigung auf einheitliche

Standards für die elektronische Zahlungsabwicklung, für die gemeinsame Forschungs- und Entwicklungszusammenarbeit, das Lieferkettenmanagement und weitere Funktionen erforderlich sein.

377 Vgl. den Report der FTC zum Workshop „Competition Policy in the World of B2B Elec-tronic Marketplaces“, Part 1, S. 24f.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

125

rechte gesichert sind378, oder offen zugängliche und von Dritten lesbare Standards

verwendet werden379.

Zwar lassen sich vielfältige Bestrebungen zur Entwicklung solcher gemeinsamer Stan-

dards insbesondere im Zusammenhang mit der Metasprache XML beobachten380, doch

scheint die Einheitlichkeit von Standards und damit die Interoperabilität zwischen ver-

schiedenen B2B-Marktplätzen noch gering zu sein381.

b) Aktuelle Entwicklungen

Mit dem Aufkommen des elektronischen Handels entwickelte sich eine Vielfalt tech-

nischer Standards. Allein die Zahl der im Jahre 1999 verwendeten Datenformate für

elektronische Produktkataloge belief sich auf ca. 160382. Seither sind verstärkte Be-

strebungen festzustellen, die sich hieraus ergebenden Hindernisse für die Nutzung des

elektronischen Handels durch die Vereinheitlichung von Standards zu verringern.

Einige Initiativen, die auf die gemeinsame Entwicklung von technischen Standards für

den B2B-E-Commerce abzielen, werden von internationalen branchen- und hersteller-

übergreifenden Standardisierungsgremien betrieben, deren Teilnahme interessierten

Unternehmen grundsätzlich offen steht. Nahezu alle diese Initiativen greifen in ihren

Bemühungen auf die Grundlage der Extensible Markup Language (XML) zurück. Zu

378 Im Falle proprietärer Softwarestandards kann zwar die Dekompilierungsvorschrift des

§ 69e UrhG einschlägig sein. Diese Vorschrift des UrhG erlaubt prinzipiell die Dekompi-lierung von Software durch den Lizenznehmer, um die für die Interoperabilität mit ande-ren Programmen erforderlichen Informationen zu gewinnen. Die Vorschrift basiert nahezu wörtlich auf der Art. 6 der Richtlinie des Rates vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen (91/250/EWG), ABl. 1991, L 122, S. 42. Vgl. zum Ganzen: Fromm/Nordemann, Urheberrecht (1998), § 69e, Rn. 1ff. Die Norm kann aber keine Hilfe bieten, soweit zusätzlich ein Patentschutz besteht.

379 Der Aspekt der Offenheit der Standards wird auch von den Kartellbehörden hervorgeho-ben. Siehe dazu BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisint, B 5 - 34100 U 40/00, S. 7ff.

380 Vgl. etwa: Diskussionspapier des National Office for the Information Economy, Austalien v. 29.2.2002, Building the Business Case - eBusiness and Interoperability, abrufbar unter: http://www.noie.gov.au/projects/ebusiness/ Environment/interop/eBus_paper/index.htm.

381 Vgl. den Report der FTC zum Workshop „Competition Policy in the World of B2B Elec-tronic Marketplaces“, Part 1, S. 24f.

382 Vgl.: B2B-Marktplätze - Wer den Standard setzt, hat die Nase vorn, FAZ v. 7.5.2001.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

126

nennen ist hier an erster Stelle die EbXML-Initiative383, die das Ziel der Entwicklung

offener Standards für den Datenaustausch mittels XML verfolgt. Dieser von OASIS384

und UN/CEFACT385 getragene Ansatz dient zudem der Herstellung von Adaptertech-

nologien für die Konvertierung der Daten unterschiedlicher XML-Formate. EbXML

stellt somit zugleich einen Standard für die Herstellung von Kompatibilität zwischen

verschiedenen auf XML aufbauenden Formaten zu Verfügung386. Die Mitglieder des

Gremiums repräsentieren über 100 Unternehmen aus 14 Ländern sowie zahlreiche na-

tionale wie internationale Standardisierungsorganisationen.

Daneben existieren zahlreiche weitere Standardisierungsinitiativen von Unterneh-

mensgruppen und Verbänden wie etwa die von Microsoft, Ariba und IBM ins Leben

gerufene UDDI, der sich mittlerweile ebenfalls zahlreiche Unternehmen angeschlossen

haben387.

Bei XML handelt es sich nicht um eine Programmiersprache im eigentlichen Wortsin-

ne. Vielmehr definiert XML einen Standard, wie Informationen kodiert sind und wie

Softwareanwendungen auf XML-Dokumente zugreifen können. XML trennt dabei ein

Dokument auf in logische Struktur, Inhalt und Darstellung, so dass dasselbe XML-

Dokument mit unterschiedlichen Darstellungs-Anweisungen auf verschiedenen End-

geräten gelesen werden kann.

Die bei der Nutzung von Internetmarktplätzen auftretenden Kompatibilitätsprobleme

werden jedoch selbst im Falle eines universellen Einsatzes von XML nicht gänzlich

gelöst werden, da XML als Meta-Sprache lediglich eine gemeinsame Grammatik für

die Informationsspeicherung liefert388. In diese Rahmentechnologie können die Nach-

richteninhalte theoretisch in vielerlei Weise eingebunden werden, so dass sich auf der 383 http://www.ebxml.org; vgl. hierzu auch: Beimborn/Mintert/Weitzel, WebServices und

ebMXL, Wirtschaftsinformatik 3/2002, S. 277. 384 Organisation for the Advancement of Structured Information Standards, http://www.oasis-

open.org/. 385 United Nations Centre for Trade Facilitation and Electronic Business, http://www. un-

ece.org/cefact/. 386 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis

(2002), S. 300. 387 Weitzel/König, Zwischenbetriebliche Kooperationen und elektronische Märkte, in: FAZ v.

26.03.2001, S. 32. 388 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis

(2002), S. 297.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

127

Basis von XML derzeit verschiedene „Dialekte“ entwickeln389. Der Aspekt der Stan-

dardisierung bleibt vom Blickwinkel des Kartellrechts folglich auf dieser Ebene rele-

vant, zumal zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossenen werden kann, dass

bestimmte Anbieter bewusst abweichende Standards verwenden werden oder sich auf

XML basierende proprietäre Subsets herausbilden könnten.

Im Blickpunkt des Kartellrechts dürften längerfristig jedoch weniger diese von den

genannten Initiativen entwickelten offenen Standards, sondern eher Standardisie-

rungsbemühungen einzelner marktmächtiger Unternehmen oder weniger Akteure ei-

nes Wirtschaftszweiges stehen, die gemeinsam einen Branchenmarktplatz aufbauen.

Bei ausreichender Marktmacht könnten diese Standards entwickeln, die geeignet sind,

die Marktplatznutzer technisch an ihren Marktplatz zu binden und gegenüber anderen

Internetmarktplätzen durch fehlende Standardkompatibilität abzuschotten. Strengge-

nommen handelt es sich bei den möglichen Problemfällen nicht um Standards im her-

gebrachten Sinne, sondern um einseitig gesetzte De-Facto-Standards390.

II. Implikationen für die kartellrechtliche Analyse

1. Konzentrationstendenzen

Es wurde festgestellt, dass für den Markt der Internetmarktplätze sowohl von - je nach

Plattformtyp mehr oder minder großen - Netzwerkeffekten als auch von bedeutenden

Skalenerträgen auf der Angebotsseite ausgegangen werden kann. Insbesondere die

Kombination beider Effekte stärkt die Position etablierter Anbieter weiter und führt

tendenziell zur Marginalisierung kleinerer Konkurrenten. Die Stellungnahmen in der

389 Noch ist nicht endgültig absehbar, ob zukünftig die betreffenden Daten zwischen diesen

„Dialekten“ problemlos mittels Adaptertechnologien konvertiert werden können, auch wenn es hierzu bereits Ansätze gibt. Vgl. dazu: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 297, die hierzu eine recht opti-mistische Einschätzung abgeben.

390 Herkömmlicherweise definiert man den Begriff des Standards als eine üblicherweise öf-fentlich zugängliche, technische Spezifikation, die im Konsens oder zumindest in Koope-ration der betroffenen Kreise von einem hierzu anerkannten Gremium verabschiedet wur-den und die dem Vorteil aller dient. Allerdings werden in der ökonomischen und kartell-rechtlichen Literatur zu sog. „Software-Standards“ gängigerweise auch proprietäre techni-sche Spezifikationen unter den Begriff des Standards gefasst. Vgl.: Koenig/Kulenkampff/ Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 293.

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128

Literatur gehen daher von starken Konzentrationstendenzen auf diesem Markt aus391.

Es wird erwartet, dass in jedem Marktsegment nur wenige Internetmarktplätze dauer-

haft bestehen werden können. Diese Entwicklung wird gemäß dem oben392 Ausgeführ-

ten in denjenigen Sparten eine größere Rolle spielen, in denen Internetmarktplätze

primär originäre Marktfunktionen ausüben und die Transaktionskostensenkung primä-

res Ziel der Marktplatzteilnahme ist. Mit zunehmender Ausrichtung von Internet-

marktplätzen auf Leistungen der Prozessintegration nimmt die Bedeutung von Netz-

werkeffekten und Größenvorteilen tendenziell ab.

Kartellrechtlich relevant sind Konzentrationstendenzen unter dem Aspekt der Markt-

beherrschung. Die genannten Effekte begünstigen die Entstehung einer marktbeherr-

schenden Stellung eines Marktplatzes. Im Rahmen der Missbrauchsaufsicht bildet das

Vorliegen einer solchen Stellung nur das Aufgreifkriterium. Ein marktbeherrschender

Internetmarktplatz unterliegt den Verhaltenspflichten der Art. 82 EG bzw. § 19ff.

GWB.

Die Berücksichtigung einer durch Netzwerkeffekte und Skalenerträge bedingten prog-

nostizierten Konzentration ist insbesondere im Rahmen der Fusionskontrolle von zent-

raler Bedeutung, weil die Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden

Stellung hier bereits das Untersagungskriterium darstellt. Hieran ändert auch die Neu-

fassung des Untersagungskriteriums in der novellierten europäischen Fusionskontroll-

verordnung Nr. 139/2004 des Rates wenig. Denn auch hier bildet der Fall der Markt-

beherrschung nach wie vor in Art. 2 Abs. 2 FKVO den zentralen Untersagungstatbe-

stand, wenngleich gesetzestechnisch nunmehr zu einem Regelbeispiel herabgestuft.

Die Wettbewerbsbehörden haben in die Untersuchung daher einzubeziehen, inwieweit

die erläuterten Effekte bei der Gründung eines neuen B2B-Marktplatzes oder der Fu-

sion mehrerer Marktplätze zur Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung beitra-

gen.

391 Mai/Oelmann, Elektronischer Handel im Lichte der Bestreitbarkeit von Märkten, in: Don-

ges/Mai, E-Commerce und Wirtschaftspolitik (2001), S. 65, 74; Picot, Die Transformati-on wirtschaftlicher Aktivität unter dem Einfluß der Informations- und Kommunikations-technik, Freiberg Working Papers 98/2, S. 12f.

392 Vgl.: 2. Kapitel, 4. Teil, B., I.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

129

2. Marktzutrittsschranken

a) Relevanz für die Entwicklung des Wettbewerbs zwischen B2B-Internetmarktplätzen

Die bisherige Entwicklung des Marktes für Internetmarktplätze legt nahe, dass für den

Aufbau von Internethandelsplätzen derzeit keine Marktzutrittsschranken existieren.

Die Zahl der B2B-Plattformen hat sich innerhalb weniger Jahre vervielfacht393. Markt-

zutrittsbarrieren spielen in der Expansionsphase eines Marktes regelmäßig eine gerin-

ge Rolle. Vor dem Hintergrund der Erwartung einer baldigen und deutlichen Konsoli-

dierung des Marktes und der Aussicht einer Konzentration der Nutzer auf wenige

Plattformen scheint es allerdings notwendig zu untersuchen, inwieweit sich die be-

schriebenen Charakteristika von Internetmarktplätzen, wie Netzwerkeffekte, ausge-

prägte Skalenerträge und technische Standardisierung auf die Möglichkeit des Markt-

zutritts neuer Mitbewerber im Laufe der weiteren Marktentwicklung auswirken wer-

den.

b) Begriff der Marktzutrittsschranken

Als Marktzutrittsschranken bezeichnet man alle Faktoren, die den Eintritt potenzieller

Wettbewerber in den Markt erschweren. Am Ausmaß der Marktzutrittsschranken lässt

sich die Bedeutung des potenziellen Wettbewerbs für einen Markt ablesen394. Bestehen

geringe Marktzutrittsschranken, ist also der Eintritt weiterer Unternehmen in einen

Markt möglich und wahrscheinlich, geht von diesen potenziellen Konkurrenten ein

Wettbewerbsdruck aus, der selbst auf marktanteilsstarke Unternehmen disziplinieren-

de Wirkung hat. Hohe Marktzutrittsschranken können dagegen ein wichtiges Indiz für

eine überragende Marktstellung eines marktstarken Unternehmens sein, da sie dessen

Marktstellung absichern395. Man unterscheidet drei Unterkategorien von Marktein-

trittsbarrieren, gesetzliche/institutionelle, strukturelle und strategische Marktzutritts-

schranken.

393 Zahlen nach: BKartA, Entscheidung v. 29.6.2001, B 5 - 51522 - U 24/01, S. 13. 394 BKartA, Auslegungsgrundsätze zur Fusionskontrolle, Oktober 2000, S. 26, abrufbar un-

ter: http://www.bundeskartellamt.de/Auslegungsgrundsatze.pdf. 395 BKartA, Auslegungsgrundsätze zur Fusionskontrolle, Oktober 2000, S. 26.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

130

c) Strukturelle Marktzutrittsschranken

Während gesetzliche Barrieren für B2B-Internetmarktplätze regelmäßig irrelevant

sind, weil keine diesbezügliche staatliche Reglementierung besteht396, können struktu-

relle Marktzutrittsschanken für Internetmarktplätze von Bedeutung sein. In die Kate-

gorie der strukturellen Marktzutrittsschranken werden technologische und ressourcen-

bedingte Eigenheiten eines Marktes und Faktoren wie Skalenerträge, Transportkosten-

nachteile sowie sortimentsbedingte Vorteile eingeordnet, soweit sie einen Marktzutritt

potenzieller Wettbewerber erschweren397. Prinzipiell ist bei Internetmarktplätzen, je

nach den Umständen des Sachverhaltes, das Auftreten jedes einzelnen dieser Hinder-

nisse denkbar398, ohne dass dies die Kartellrechtsanwendung vor neue Fragen stellen

würde.

An dieser Stelle sollen daher allein die Auswirkungen der oben399 aufgeführten spezi-

fischen Merkmale des Wettbewerbs zwischen den Internethandelsplätzen auf die Mög-

lichkeit des Marktzutritts untersucht werden.

Internetplattformen, die als reine Transaktionsplattformen konstruiert sind und hin-

sichtlich der Integration innerbetrieblicher Prozesse nur geringe Leistungen erbringen,

lassen im Falle des Überschreitens der kritischen Masse erhebliche Netzwerkeffekte

erwarten, die insbesondere im Zusammenwirken mit ausgeprägten Größenvorteilen

gegenüber Marktneulingen als Markteintrittsbarrieren wirken können400. Andererseits

396 Dies gilt zumindest für den Geltungsbereich des in dieser Arbeit im Vordergrund stehen-

den deutschen und europäischen Rechtskreises. So auch Koenig/Kulenkampff/Kühling/ Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 119.

397 BKartA, Auslegungsgrundsätze zur Fusionskontrolle, Oktober 2000, S. 25ff. 398 Für den Aufbau vertikal ausgerichteter Internetmarktplätze kann die Verfügbarkeit von

branchenspezifischem Wissen eine wichtige Vorbedingung für einen erfolgreichen Markteintritt sein, was den Kreis potenzieller Betreiberunternehmen im Einzelfall stark einschränkt. Vgl.: Mai/Oelmann, Elektronischer Handel im Lichte der Bestreitbarkeit von Märkten, in: Donges/Mai, E-Commerce und Wirtschaftspolitik (2001), S. 65, 75.

399 Vgl.: 2.Kaptiel, 4. Teil, B., I. 400 Zur Wirkung des gemeinsamen Auftretens von Skalenerträgen und Netzwerkeffekten vgl.:

Mai/Oelmann, Elektronischer Handel im Lichte der Bestreitbarkeit von Märkten, in: Don-ges/Mai, E-Commerce und Wirtschaftspolitik (2001), S. 49, 58. Auch Koe-nig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit sehen hierin eine potenzielle strukturelle Marktzu-trittsbarriere zum Markt für B2B-Internetmarktplätze: Koenig/Kulenkampff/Kühling/ Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 127.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

131

spielen Standardisierungsaspekte hier eine geringere Rolle als bei Marktplätzen, die

umfangreiche Funktionen der Prozessintegration bieten.

Bei komplexeren Plattformen hingegen spielen Fragen der technischen Standardisie-

rung für die Höhe der Wechselkosten eine größere Rolle. Je weiter fortgeschritten die

Prozessintegration der Nutzer mit Hilfe des Marktplatzes ist, desto größere Verhar-

rungstendenzen lassen sich wegen des Wechselkostenarguments erwarten. Neuen In-

ternetmarktplattformen gegenüber stellt sich dies als Markteintrittsbarriere dar401. An-

dererseits spielen Netzwerkeffekte und Größenvorteile in einem solchen Umfeld eine

geringere Rolle.

Festzuhalten bleibt, dass die Strukturmerkmale des Marktes für Internetmarktplätze

längerfristig typische Markteintrittsbarrieren in Form von Netzwerkeffekten, großen

Skalenerträgen und technischen Standards erwarten lassen, wobei das Gewicht dieser

Effekte von Marktplatz zu Marktplatz unterschiedlich sein kann und sich noch nicht

genau abschätzen lässt.

d) Strategische Marktzutrittsschranken

aa) Strategischer Einsatz von Standards

Strategische Marktzutrittsschranken sind Erschwerungen des Marktzutritts, die ein

etabliertes Unternehmen gezielt aufbaut, um potenzielle Konkurrenten vom Marktein-

tritt abzuhalten402.

Für den Betrieb von B2B-Internetmarktplätzen ist die Verwendung einheitlicher Stan-

dards für den Datenaustausch notwendig. Die Verstärkung von Marktzutrittshindernis-

sen durch den gezielten Einsatz bzw. die konkrete Ausgestaltung von Standards ist

bereits in anderen Bereichen Gegenstand kartellrechtlicher Verfahren gewesen403.

Das Potenzial eines strategischen Einsatzes technischer Standards hängt entscheidend

davon ab, ob es sich um sog. „offene“ oder „proprietäre“ Standards handelt. Offene

401 Ähnlich: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unterneh-

menspraxis (2002), S. 120ff. 402 Mai/Oelmann, Elektronischer Handel im Lichte der Bestreitbarkeit von Märkten, in: Don-

ges/Mai, E-Commerce und Wirtschaftspolitik (2001), S. 49, 52. 403 Zu dieser Problematik vgl. etwa eingehend: Glanz, Ökonomie von Standards (1993), ins-

bes. S. 55ff.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

132

Standards sind für Dritte „lesbar“, d.h. die Definition des Standards lässt sich von die-

sen unschwer nachvollziehen. Proprietäre Standards zeichnen sich demgegenüber in

der Regel dadurch aus, dass nur der Standard-Setzer Zugriff auf die Standarddefinition

hat404.

Der Einsatz proprietärer Standards kann daher hohe Kosten für den Fall des System-

wechsels erzeugen405. So entstehen im Falle eines Systemwechsels hohe Wechselkos-

ten, wenn der Nutzer etwa Investitionen für die Anfertigung von Produktspezifikatio-

nen und Online-Produktkatalogen erneut aufbringen muss. Der Einsatz proprietärer

Standards kann daher als strategische Marktzutrittsschranke dienen, wie von der

Kommission schon früher im Fall MSG Media Service anerkannt wurde406.

bb) Vertragliche Gestaltung der Marktplatznutzung

Weitere strategische Marktzutrittsschranken gegenüber Newcomern können durch die

konkrete Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen einem Internetmarktplatz

und seinen Nutzern aufgebaut werden.

(1) Exklusivitätsbindungen

Durch die langfristige Bindung von Kunden bzw. den Abschluss von Ausschließlich-

keitsbindungen ist es möglich, den Zutritt von potenziellen Konkurrenten zu erschwe-

ren407. Strategische Marktzutrittsschranken durch einen marktmächtigen Internet-

marktplatz können folglich dadurch erzeugt werden, dass dieser seine Nutzer ver-

404 Dritte können den Standard zwar verwenden, ihn aber nicht verstehen, weil er z.B. ver-

schlüsselt ist. Ferner ist es denkbar, dass es Dritten zwar gelingt, einen proprietären Stan-dard zu durchschauen, dieser aber dem Patentschutz unterliegt. Der Nutzer darf den Stan-dard dann nur in Verbindung mit einem bestimmten Produkt oder der Inanspruchnahme von Leistungen eines bestimmten Anbieters verwenden. In Bezug auf die durch Internet-marktplätze verwendeten Standards: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internet-plattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 296.

405 Vgl.: Report der FTC zum Workshop „Competition Policy in the World of B2B Electronic Marketplaces“, Part 1, S. 24f.

406 EG-Kommission, Entscheidung v. 9.11.1994 MSG Media Service, ABl. 1995, L 364, S. 1. 407 BKartA, Auslegungsgrundsätze bei der Prüfung von Fusionen vom Oktober 2000, S. 30f.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

133

pflichtet, keine alternativen B2B-Plattformen zu nutzen408. Insbesondere im Zusam-

menwirken mit Netzwerkeffekten können Exklusivitätspraktiken zu erheblichen

Markteintrittbarrieren führen409.

(2) Ausgestaltung der Teilnahmegebühren

Eine ähnliche Wirkung wie durch Exklusivbindungen lässt sich durch die geschickte

Staffelung von Nutzungsentgelten erzielen. Etwa das Zugestehen von Treuerabatten

etablierter elektronischer Marktplätze an ihre Kunden kann Sogwirkungen verursa-

chen, die den Markteintritt anderer Marktplätze erschwert. Derartige Praktiken etab-

lierter Marktplatzunternehmen können daher schon bei der Untersuchung der Markt-

zutrittschancen potenzieller Wettbewerber relevant werden.

C. Berücksichtigung der Doppelrolle von Marktplatzeignern bei nutzerbe-

triebenen B2B-Internetmarktplätzen

I. Problemstellung

Anders als Unternehmen, die als unabhängige Internet-Start-Ups neutrale Marktplätze

betreiben, üben die Betreiber nutzergetriebener Internetmarktplätze eine Doppelrolle

aus. Sie sind gleichzeitig Eigner des Internetmarktplatzes und - als Akteure auf dem

Markt der über den Marktplatz gehandelten Güter - Nutzer zugleich. Angesichts der

mittlerweile großen Zahl derartiger nutzerinitiierter, insbesondere der von Industrie-

konsortien geführten Internetmarktplätze, soll untersucht werden, inwieweit das Enga-

gement dieser Industrieunternehmen auf ihren Herkunftsmärkten und zugleich dem

Dienstleistungsmarkt für elektronische Marktplätze bei der kartellrechtlichen Markt-

analyse zu berücksichtigen ist.

408 Vgl. hierzu: Report der FTC zum Workshop „Competition Policy in the World of B2B

Electronic Marketplaces“, Part 3, S. 29. 409 Shapiro, Exclusivity in Network Industries, George Mason Law Review 1999, S. 673.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

134

II. Ressourcenbedingte Wettbewerbsvorteile nutzerbetriebener Internetmarkt-

plätze

1. Zugriff auf branchenspezifisches Know-How

Im Rahmen der kartellrechtlichen Marktstrukturanalyse des deutschen und des europä-

ischen Kartellrechts werden Verhaltensspielräume, die auf ressourcenbedingten Vor-

teilen bestimmter Unternehmen gründen, berücksichtigt410.

Es stellt sich die Frage, inwieweit spezifische Kenntnisse des Marktumfeldes des

Marktes der über den Markplatz umgesetzten Güter für den Aufbau eines Internet-

marktplatzes notwendig sind411.

Horizontale Marktplätze, also solche, die mehrere Industriezweige bedienen, dienen

dem Handel mit einer Vielzahl verschiedener Güter. Zahlreiche dieser Plattformen

wickeln vornehmlich den Handel mit MRO-Produkten ab. Wegen des geringen Spezi-

alisierungsgrades, den diese Plattformen aufweisen, besteht ihre Hauptfunktion in der

Abwicklung tendenziell wenig komplexer Beschaffungsprozesse. Branchenspezifi-

sches Wissen spielt in diesem Umfeld für den Markplatzbetrieb nur eine untergeordne-

te Rolle412.

Anders ist die Situation bei vertikal ausgerichteten Marktplätzen, soweit sie komplexe

Funktionen der Prozessintegration und ggf. weitere Dienstleistungen zur Steuerung der

Zusammenarbeit verschiedener Unternehmen erfüllen. Der Wert dieser Markplätze für

die Nutzer liegt vor allem in der Optimierung längerfristiger Geschäftsbeziehungen.

Der Aufbau vertikaler Marktplätze, die meist auf eine Branche zugeschnitten sind,

erfordert folglich genaue Kenntnisse der Bedürfnisse dieser Branche413. Der Aufbau

von Plattformen durch neutrale Außenseiter ist in einem solchen Umfeld demnach

unwahrscheinlicher. 410 Für das deutsche Kartellrecht vgl.: Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB

(2001), § 36, Rn. 133ff. 411 Dies ist für branchenspezisch ausgerichtete Marktplätze in viel größerem Umfang der Fall

als bei horizontalen Marktplätzen. Vgl.: Mai/Oelmann, Elektronischer Handel im Lichte der Bestreitbarkeit von Märkten, in: Donges/Mai, E-Commerce und Wirtschaftspolitik (2001), S. 65, 75.

412 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 34.

413 Hepp/Schinzer, Business-to-Business-Marktplätze im Internet, WISU 2000, S. 1513, 1516.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

135

2. Finanzkraft

Ein weiterer ressourcenbedingter Wettbewerbsvorteil eines Marktplatzes, der durch

einen oder eine Gruppe wichtiger Akteure eines Produktmarktes betrieben wird, liegt

in der regelmäßig größeren Finanzkraft seiner Gründer gegenüber sog. Internet-Start-

Up-Betreibern414. Dieser Aspekt ist bei Internetmarktplätzen insofern von besonderer

Bedeutung, als von der Gründung bis zum Zeitpunkt des Erreichens der Wirtschaft-

lichkeitsgrenze oft mehrere Jahre vergehen. Regelmäßig steht für Industriekonsortien

als Betreiberunternehmen nicht das Erzielen von Gewinn durch den Marktplatzbetrieb

selbst im Vordergrund, sondern vielmehr die Einsparungen für die Mütter durch die

Marktplatznutzung. Von Internet-Start-Ups betriebene neutrale Marktplätze sind dem-

gegenüber auf die Erzielung von Gewinn ausschließlich durch den Marktplatzbetrieb

angewiesen415.

Im Rahmen der Ressourcenbetrachtung des deutschen und europäischen Kartellrechts

ist dies unter dem Aspekt des Zugriffs auf Finanzkraft zu berücksichtigen416.

III. Zugang zu den Absatz- und Beschaffungsmärkten

1. Marktschließungseffekte durch Wechselwirkungen zwischen vertikal verbun-denen Märkten

Um die Marktstellung eines Marktakteurs zutreffend einzuschätzen, berücksichtigt die

Kartellrechtspraxis ferner die Aktivität der untersuchten Unternehmen in vertikal mit-

einander verknüpften Märkten417. Den normativen Anknüpfungspunkt im GWB hier-

für bilden die Merkmale des Zugangs zu den Absatz- oder Beschaffungsmärkten, § 19

414 Dies gilt zumindest gegenüber denjenigen neutralen Internetmarktplätzen, die über keine

externen Kapitalgeber verfügen. 415 Hierzu Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmens-

praxis (2002), S. 35f. 416 BKartA, Auslegungsgrundsätze zur Fusionskontrolle, Oktober 2000, S. 16ff. 417 Es geht an dieser Stelle also nicht um die Frage, inwieweit sich aus der Präsenz von Grün-

dern und Internetmarktplatz auf sachlich benachbarten Märkten ein Gruppeneffekt zwi-schen den Gründern einstellen kann, sondern vielmehr um die Frage, welche Auswirkun-gen diese Konstellation auf die Marktstellung von Drittunternehmen hat.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

136

Abs. 2 S. 1 Nr. 2 GWB418 (ggf. i.V.m. §§ 35 ff. GWB). Kommissionspraxis und

Rechtsprechung des EuGH zu Art. 82 EG berücksichtigen diese Aspekte in gleicher

Weise419. Im Rahmen der EG-Fusionskontrolle ist der Aspekt in Art. 2 Abs. 1 lit. b)

FKVO ebenfalls angesprochen.

Mit dem Merkmal des Zugangs zu den Beschaffungs- und Absatzmärkten beziehen

deutsches wie europäisches Kartellrecht marktstrategische Vorteile mit ein, die sich

aus der gleichzeitigen Tätigkeit eines Unternehmens auf mehreren, vertikal benachbar-

ten Märkten ergeben können420. Durch die Präsenz eines Unternehmens auf mehreren

zueinander vertikal vor- bzw. nachgelagerten Märkten sind nachhaltige Beeinträchti-

gungen von Wettbewerbern möglich, bis hin zu Marktschließungseffekten durch die

Kontrolle von Bezugsquellen oder Absatzkanälen421. Derartige Vorteile vertikal integ-

rierter Unternehmen gegenüber Unternehmen, die nur auf einer Marktstufe tätig sind,

waren vielfach Gegenstand kartellrechtlicher Verfahren422. Für Internetmarktplätze,

die von einem oder mehreren Nutzern aufgebaut wurden, stellt sich die Frage, ob aus

dieser Doppelstellung der Marktplatzeigner, die zugleich als Nutzer auftreten, eben-

falls Effekte eintreten können, die den Zugang zu den Absatz- oder Beschaffungs-

märkten anderer Unternehmen beeinflussen.

2. Verhältnis des Marktes der Marktplatzdienstleistungen zum Markt der ge-handelten Güter

Der Klärung bedarf zunächst das Verhältnis des Marktes der Internetmarktplätze zu

demjenigen der über den Marktplatz gehandelten Güter. Wechselseitige Wettbe-

werbseinflüsse, die im Rahmen des Merkmals des Zugangs zu den Absatz- und Be-

schaffungsmärkten bei der Marktanalyse des Marktes der Internetmarktplätze in Rech-

nung zu stellen sind, können sich aus der parallelen Aktivität von Unternehmen auf

418 Hierzu: Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 19, Rn. 65ff. 419 Zu dieser Rspr. sowie zur Praxis der Kommission: Möschel, in: Immenga/Mestmäcker,

EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 86, Rn. 91. 420 Richter, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 20, Rn. 60. 421 Vgl.: Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 19, Rn. 66; Richter, in: Wiede-

mann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 20, Rn. 60. 422 Zur Entscheidungspraxis für das deutsche Kartellrecht siehe etwa Mestmäcker/Veelken, in:

Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 36, Rn. 225ff.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

137

beiden Märkten nämlich nur dann ergeben, wenn diese einander sachlich benachbart

sind423.

In der Literatur wurde diese Frage bislang kaum beleuchtet. Nouel etwa geht implizit

davon aus, dass es sich im Verhältnis von Marktplatzdienstleistungen und den Märk-

ten der gehandelten Güter um vor- bzw. nachgelagerte Märkte handelt424. Gleiches

hatten die Anmelder im Fall Linde/Jungheinrich vorgetragen: Die Leistungen des ge-

gründeten B2B-Marktplatzes seien gegenüber den Flurförderzeugen und Gabelstap-

lern, die über den Marktplatz gehandelt werden sollten, einem vor- oder nachgelager-

ten Markt zuzurechnen425. Die Kommission selbst hatte bereits in anderen Fällen er-

wogen, dass die beiden Märkte zueinander vor- oder nachgelagert oder aber zumindest

eng miteinander verknüpft seien, ohne sich jedoch weiter festlegen wollen426. Explizit

anerkannt wurde eine enge vertikale Beziehung zwischen dem Markt der durch Inter-

netmarktplätze erbrachten Dienstleistungen und den zugrunde liegenden Produktmärk-

ten von der Kommission im Fall MyAircraft.com427. Die Entscheidungen des BKartA

zu Internetmarktplätzen geben zu dieser Frage keine Auskunft.

Einander vor- bzw. nachgelagert sind die Märkte der verschiedenen Fertigungs- und

Absatzstufen innerhalb einer Wertschöpfungskette. Für die Einordnung von elektroni-

schen Marktplätzen kann insoweit auf Bekanntes zurückgegriffen werden: Mit der Zu-

sammenführung von Angebot und Nachfrage sind Internetmarktplätzen ihren her-

423 Vgl. dazu: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unterneh-

menspraxis (2002), S. 148. 424 So untersucht Nouel mögliche Interdependenzen einer starken Marktstellung auf dem

Markt der Plattformen und den seiner Auffassung nach vor- bzw. nachgelagerten Märkten der über die Plattformen gehandelten Güter. Nouel, Competition Assessment of Vertical Mergers and Vertical Agreements in the New Economy, S. 114ff. Von einem vertikalen Verhältnis dieser beiden Märktebenen zueinander scheinen auch Koenig/ Kulen-kampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 148ff., auszugehen.

425 EG-Kommision, Fall Nr. IV/M.2398 Linde/Jungheinrich/ JV Supralift, CELEX-DokNr. 301M2398, S. 3ff.

426 EG-Kommission, Fall Nr. IV/M. 2027 Deutsche Bank/SAP/JV emaro, CELEX-DokNr. 300M2027, S. 4f., insbes. Rn. 21; EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.2096 Bay-er/Deutsche Telekom/Infraserv/JV chemplorer, CELEX-DokNr. 300M2096, S. 4f.

427 EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.1969 UTC/Honeywell/i2/MyAircraft.com, CELEX-DokNr. 300M1969, S. 4. Die gehandelten Produkte für die Luftfahrtindustrie gehören nach dieser Entscheidung einem dem Markt der Internetmarktplätze vorgelagerten Markt an.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

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kömmlichen Pendants, den Börsen, Auktionen und Messen, vergleichbar428, die eben-

falls oft von Unternehmensvereinigungen betrieben werden. Wie diese bilden Inter-

netmarktplätze ein Forum für den Umsatz von Gütern. Sie schaffen damit aus der Per-

spektive der Marktplatznutzer ein Beschaffungs- oder Absatzmedium im weiteren

Sinne, das dem Markt der umgesetzten Güter benachbart ist. Die von der Kommission

und in der Literatur vorgeschlagene Einordnung des Marktes der Marktplatzdienstleis-

tungen und desjenigen der über den Internetmarktplatz gehandelten Güter als vertikal

benachbarte Märkte erscheint daher zutreffend429.

3. Potenzial marktschließender Effekte für den Markt der gehandelten Güter

Um die Doppelstellung der Eigner nutzerbetriebener Internetmarktplätze hinsichtlich

möglicher Marktschließungseffekte zutreffend einzuschätzen, muss zunächst berück-

sichtigt werden, dass die Kapitalbeteiligung solcher Industrieunternehmen an einem

Branchenmarktplatz oder einem privaten Marktplatz, auf dem sie selbst als Nutzer auf-

treten, regelmäßig nicht der Finanzanlage, sondern den Wettbewerbsinteressen dient:

Die betreffenden Unternehmen suchen ihre Wettbewerbsposition hierdurch zu stärken;

den Beteiligungen kommt daher Marktbezug zu430.

Es stellt sich folglich die Frage, ob durch Gründung und Betrieb eines Marktplatzes in

diesen Fällen der Zugang zu den Absatz- und Beschaffungsmärkten der über den

Marktplatz gehandelten Güter für andere Unternehmen erschwert werden kann.

Ein Internetmarktplatz, auf dem Anbieter und Nachfrager Handel mit einem Gut trei-

ben, bildet einen Teilausschnitt des Gesamtmarktes dieses Gutes. Das Potenzial markt-

schließender Effekte durch nutzergesteuerte elektronische Marktplätze wird z.T. darin

gesehen, dass dieser Marktausschnitt durch einige Marktakteure selbst moderiert

428 Diesen Vergleich zogen ebenfalls die Anmelder im Fall: EG-Kommision, Fall

Nr. IV/M.2398 Linde/Jungheinrich/ JV, CELEX-DokNr. 301M2398, S. 3. 429 Vgl.: EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.1969 UTC/Honeywell/i2/MyAircraft.com, CELEX-

DokNr. 300M1969, S. 4; vgl. weiterhin nochmals: Koenig/Kulenkampff/Kühling/ Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 148 letzter Absatz.

430 Zur Frage des Marktbezugs bei Kapitalbeteiligungen vgl.: Mestmäcker/Veelken, in: Im-menga/Mestmäcker, GWB (2001), § 36, Rn. 113ff.

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wird431. Dies birgt Anreize zur Disziplinierung bestimmter Abnehmer und die Mög-

lichkeit der Behinderung oder Verdrängung von Wettbewerbern432.

Eine Erschwerung des Zugangs zum betreffenden Produktmarkt ergibt sich aus dem

Betrieb eines solchen nutzergetriebenen Internetmarktplatzes jedoch nur dann, wenn

ein Internetmarktplatz sich für den zugrunde liegenden Produktmarkt zu einer Art

„Flaschenhals“ für andere Anbieter und Abnehmer der über den Marktplatz gehandel-

ten Güter entwickelt hat433.

Denkbar ist dies, wenn der elektronische Marktplatz die wichtigsten Akteure einer

Branche vereinigt und folglich über eine starke Marktstellung verfügt. Die Erschwe-

rung des Zugangs zu einem Beschaffungs- oder Absatzmarkt steht weiterhin von

vornherein nur im Raum, wenn die Marktplatznutzung nicht ohnehin für alle Interes-

senten offen ist, bestimmten Unternehmen der Zugang zum B2B-Marktplatz also ver-

weigert oder erschwert wird und zusätzlich die Ausweichmöglichkeiten der ausge-

schlossenen Unternehmen auf andere Internetmarktplätze oder herkömmliche Absatz-

kanäle beschränkt sind. Die bei nutzergetriebenen B2B-Internetmarktplätzen poten-

ziell auftretenden Marktschließungseffekte entsprechen demzufolge prinzipiell denje-

nigen, die im Zusammenhang mit der Reglementierung der Teilnahme an klassischen

Warenterminbörsen434, Messen435 und Auktionen436 durch die Kommission bereits un-

tersucht wurden. Auf Einzelheiten zu den hier genannten Aspekten wird noch einge-

gangen437.

431 Zu den einzelnen Bedenken Nouel, Competition Assessment of Vertical Mergers and Ver-

tical Agreements in the New Economy, S. 108. 432 Vgl.: Nouel, Competition Assessment of Vertical Mergers and Vertical Agreements in the

New Economy, S. 108ff. 433 Zum Begriff: BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisint, B 5 - 34100 U 40/00, S. 15f.;

Nouel, Competition Assessment of Vertical Mergers and Vertical Agreements in the New Economy, S. 26ff.

434 EG-Kommission, Entscheidung v. 10.12.1986 The London Grain Futures Market, ABl. 1987 L 19, S. 22; EG-Kommission, Entscheidung v. 10.12.1986 The London Meat Fu-tures Exchange Limited, ABl. 1987, L 19, S. 30; EG-Kommission, Entscheidung v. 10.12.1986 The London Potato Futures Association Limited, ABl. 1987, L 19, S. 26, Rn. 20; EG-Kommission, Entscheidung v. 10.12.1986 GAFTA Soya Bean Meal Futures Association, ABl. 1987, L 19, S. 18, Rn. 20.

435 Vgl.: Bellamy/Child, Common Market Law of Competition (1994), 4-115, S. 218f. 436 Vgl.: Bellamy/Child, Common Market Law of Competition (1994), 4-084, S. 208f. 437 Vgl. 4. Kapitel, 2. Teil, E.; 3. Teil, E.; 4. Teil, D.

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2. Kapitel - 4. Teil Spezifische Aspekte der kartellrechtlichen Marktanalyse

140

4. Potenzial marktschließender Effekte für den Markt der Internetmarktplätze

Rückwirkungen auf den Markt der Internetmarktplätze, die aus einer marktmächtigen

Stellung der Eigner einer nutzergesteuerten Internethandelsplattform resultieren, kön-

nen sich ferner auch als Erschwernisse des Zugangs zu diesem Markt auswirken. Be-

schließen die wichtigsten Akteure in einer Branche, ausschließlich über den von ihnen

gemeinsam aufgebauten Internetmarktplatz zu handeln, wird der Aufbau konkurrie-

render Marktplätze zur Bedienung dieser Branche erschwert, weil sich ohne Zugriffs-

möglichkeit auf die wichtigsten Handelspartner kein rentabler Plattformbetrieb errei-

chen lassen wird. Das Potenzial marktschließender Effekte auf dem Markt der Inter-

netmarkplätze hängt somit wesentlich vom Bestehen einer marktstarken Stellung der

Marktplatzgründer438 und davon ab, ob es Gründungsunternehmen gelingt, bedeutende

Akteure einer Branche an den Internetmarktplatz zu binden und von der Nutzung an-

derer Internethandelsplattformen auszuschließen439.

438 Auf diesen Aspekt ebenfalls abstellend: Nouel, Competition Assessment of Vertical Merg-

ers and Vertical Agreements in the New Economy, S. 114, 115. 439 In diesem Sinne und zu den möglichen Strategien die auf eine solche Hebelwirkung abzie-

len: Koenig/Kulenkampff/ Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmens-praxis (2002), S. 151ff. Nouel, Competition Assessment of Vertical Mergers and Vertical Agreements in the New Economy, S. 109ff.

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3. Kapitel - 1. Teil Einführung

141

3. Kapitel

Kartellrechtliche Untersuchung der einzelnen

Marktplatztypen

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3. Kapitel - 1. Teil Einführung

142

1.Teil

Einführung

Im weiteren Verlauf der Arbeit werden drei Marktplatzmodelle unterschieden. Es han-

delt sich dabei um typische Konstellationen, denen sich die Mehrzahl der gegenwärtig

existierenden Internetmarktplätze zuordnen lässt440.

Differenziert wird in der weiteren Untersuchung zwischen Branchenmarktplätzen,

neutralen Internetmarktplätzen und privaten Internetmarktplätzen. Die genannten

Marktplatztypen reflektieren jeweils unterschiedliche Geschäftsstrategien. Die vorge-

stellte Klassifizierung der Marktplätze nach ihrer Betreiberstruktur erscheint deshalb

geboten, weil sich für die drei genannten Marktplatztypen unterschiedliche kartell-

rechtliche Implikationen und Gefahrenpotenziale ergeben.

Bei den untersuchten Fragestellungen handelt es sich um diejenigen Einzelprobleme,

die im Rahmen der bisherigen Beurteilung von B2B-Internetmarkplätzen durch die

Kartellbehörden im Vordergrund standen und denen im gegenwärtigen Stadium der

Entwicklung dieser Geschäftsplattformen die höchste Bedeutung zukommt. Eine um-

fassende Darstellung aller denkbaren Verstöße ist angesichts der Vielgestaltigkeit po-

tenzieller Fallgestaltungen unmöglich441. In den Kartellbehörden442 wie in der Litera-

tur443 besteht weitestgehende Einigkeit darüber, dass die zentralen kartellrechtlichen

440 Gleichwohl sind auch Zwischenformen zwischen den hier vorgestellten Modellen oder

gänzlich andere Konstellationen grundsätzlich denkbar. 441 Vgl.: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmens-

praxis (2002), S. 243. 442 Vgl.: Report der FTC zum Workshop „Competition Policy in the World of B2B Electronic

Marketplaces“, Part 3; Report des OFT, E-Commerce and its Implications for Competition Policy (2000); ferner für das BKartA: Böge, Ist das deutsche Kartellrecht für elektronische Marktplätze noch zeitgemäß?, in: Recht, Wettbewerb und e-Commerce, FIW Schriftenrei-he Heft 184, S. 39, 44ff.; für die Kommission: Schaub, Kartellrechtliche Probleme des e-lektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49.

443 Ahlborn/Seeliger, EG-kartellrechtliche Probleme bei Unternehmenskooperationen im In-ternet;, EuZW 2001, S. 552ff.; Eilmannsberger, EG-Wettbewerbsrecht und das Internet, Wbl 2001, S. 501, 506ff.; Gassner, Internet-Handelsplattformen im Spiegel des Kartell-rechts, MMR 2001, S. 140ff.; Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces:

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3. Kapitel - 1. Teil Einführung

143

Fragstellungen im Zusammenhang mit B2B-Internetmarktplätzen auf der Tatbestands-

ebene den Austausch wettbewerbsrelevanter Informationen, die Frage des Marktplatz-

zugangs, den Abschluss exklusiver Nutzungsbedingungen, die Bündelung von Nach-

frage- oder Angebotsmacht sowie Standardisierungsabreden betreffen444. Diese ge-

nannten Problembereiche werden auch in der anschließenden Betrachtung der einzel-

nen Marktplatztypen im Vordergrund stehen. Bei der Untersuchung der Branchen-

marktplätze, die die meisten kartellrechtlichen Fragen aufwerfen, erfolgt eine ausführ-

liche Darstellung des jeweiligen Fragenkreises. In Bezug auf die beiden anderen

Marktplatztypen beschränkt sich die Darstellung jeweils auf die Abweichungen, die

sich in der Beurteilung gegenüber derjenigen der Branchenmarktplätze ergeben.

die Rahmenbedingungen des europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569ff., Dethof, Anforderungen des deutschen und europäischen Kartellrechts an Business-to-Business-Internetmarktplätze, S. 47ff.

444 Vgl.: 2. Kapitel, 1. Teil.

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3. Kapitel - 2. Teil A Branchenmarktplätze - Allgemeines

144

2. Teil

Branchenmarktplätze

A. Allgemeines

I. Begriffsbestimmung - Das Modell „Branchenmarktplatz“

Bei Branchenmarktplätzen handelt es sich, anders als bei den sog. neutralen Markt-

plätzen, um nutzergetriebene Internetmarktplätze, die von mehreren konkurrierenden

Unternehmen einer Wirtschaftsbranche gegründet werden445. Der Internetmarktplatz

wird dabei als Joint Venture gegründet, über den die Mutterunternehmen Transaktio-

nen mit Unternehmen der Marktgegenseite vornehmen. Während die Gründung eines

privaten Marktplatzes vornehmlich der effizienteren Anbindung eigener Handelspart-

ner des Gründungsunternehmens dient446, ist es das Ziel der Gründer eines Branchen-

marktplatzes, einen möglichst großen Ausschnitt des Marktes der gehandelten Güter

auf dem elektronischem Marktplatz abzubilden447. Nachfragerinitiierte Branchen-

marktplätze sind dabei häufiger anzutreffen als Marktplätze, die auf die Initiative eines

Anbieterkonsortiums zurückgehen448. Die meisten der seit dem Jahr 2000 gegründeten

Branchenmarktplätze lassen auch auf der Marktseite der Gründungsunternehmen wei-

tere Konkurrenten als Nutzer zum Handel über den Marktplatz zu. Diese sollen in Ab-

grenzung zu den sog. geschlossenen Internetmarktplätzen, die nicht kapitalmäßig be-

445 Vgl.: 1. Kapitel, 2. Teil, D. 446 Schmidt, Nach der Begeisterung über Branchenplattformen konzentrieren sich die Unter-

nehmen jetzt auf private Online-Marktplätze, FAZ v. 1.3.2001, S. 29; Arndt, Erfolgreich auf B2B-Marktplätzen (2002), S. 59f.

447 Bei privaten Marktplätzen stehen sicht die Nutzer beider Marktseiten im Verhältnis one-to-many einander gegenüber. Bei Branchenmarktplätze sind auf beiden Marktseiten je mehr als ein Unternehmen zum Handel zugelassen (sog. Many-to-many-Kommunikation).

448 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 36ff.

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3. Kapitel - 2. Teil A Branchenmarktplätze - Allgemeines

145

teiligten Außenseiter-Konkurrenten generell keine Marktplatznutzung gewähren, als

„offene“ Branchenmarktplätze bezeichnet werden449.

Beobachten lässt sich weiterhin, dass bei der Gründung einiger Branchenmarktplätze

IT-Unternehmen, die die Marktplatztechnologie zur Verfügung stellen, zuweilen in

geringem Umfang am Kapital des gegründeten Gemeinschaftsunternehmens beteiligt

wurden450. Kooperationen - zumeist ohne kapitalmäßige Beteiligungen - wurden von

großen Branchenmarktplätzen ferner mit externen Dienstleistungsanbietern zur Ab-

rundung des Leistungsangebots des Marktplatzes geschlossen. Insbesondere Dienst-

leistungen für die elektronische Zahlungsabwicklung oder Logistikdienstleistungen

werden z.T. von Drittanbietern „eingekauft“. Zahlreiche Branchenmarktplätze sind in

ihrer Entwicklung schon derzeit über das Stadium reiner Einkaufsplattformen hinaus-

gelangt und bieten eine Vielzahl weiterer Leistungen im Logistik- und Prozessintegra-

tionsbereich oder elektronische Werkzeuge zur gemeinsamen Produktplanung und -

entwicklung an451.

Die Nutzer können sich dabei regelmäßig aussuchen, welche Marktplatzleistungen sie

aus dem Sortiment des Marktplatzes im Einzelnen nutzen wollen; ob sie den Bran-

chenmarkplatz z.B. ausschließlich zur elektronischen Abwicklung des Einkaufs oder

etwa zu einer weitergehenden Prozessintegration mit ihren Zulieferern einsetzen

möchten. Die Vertragsbeziehungen zwischen Marktplatzunternehmen und Nutzer set-

zen sich daher häufig aus einem Rahmenvertrag, in dem die grundlegenden Bedingun-

449 Zur Unterscheidung zwischen „offenen“ und „geschlossenen“ Plattformen siehe die Studie

der Pixelpark GmbH und der TU Berlin: „Chancen und Risiken für Logistikdienstleister durch neue Beschaffungskonzepte - Endbericht Teil 1“, Unterpunkt 2.3.3, abrufbar unter: http://www.logistikaustriaplus.at/download/elaplus_studie_20_5_2002_teil1.pdf.

450 So wurden die Softwareunternehmen CommerceOne Inc. und Oracle Corp. mit jeweils 2 % an dem durch DaimlerChrysler AG, der Ford Motor Company und der General Motors Corporation sowie Renault/Nissan gegründeten Marktplatz Covisint beteiligt. Vgl. hierzu: BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisint, B 5 - 34100 U 40/00, S. 2. Am Marktplatz My-Aircraft.com hielt das IT-Unternehmen i2 Technologies, Inc. sogar anfangs einen Anteil von 20% Vgl.: EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.1969 UTC/Honeywell/i2/MyAircraft.com, CELEX-DokNr. 300M1969, S. 2.

451 So z.B. die bereits mehrfach erwähnten Marktplätze Covisint und MyAircraft.com. Auch Markplätze, die anfangs als reine Transaktionsplattformen konstruiert waren, integrieren in jüngster Vergangenheit zusätzliche Funktionalitäten. Ein Beispiel hierfür ist der Markt-platz cc-chemplorer.com. Zu diesem generellen Trend Koenig/Kulenkampff/Kühling/ Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 82f.

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3. Kapitel - 2. Teil A Branchenmarktplätze - Allgemeines

146

gen der Marktplatzteilnahme geregelt werden, und weiteren Kontrakten über die ein-

zelnen vom Nutzer in Anspruch genommenen Marktplatzleistungen zusammen452.

Der geschäftliche Fokus von Branchenmarktplätzen bestimmt sich nach den spezifi-

schen Bedürfnissen der Unternehmen der jeweiligen Branche, weshalb es sich bei

Branchenplattformen um den typischen Fall vertikal ausgerichteter Marktplätze han-

delt453.

II. Beispiele für Branchenmarktplätze und Marktpositionierung

Innerhalb der Gruppe der Branchenmarktplätze lassen sich vereinfacht zwei Unterka-

tegorien ausmachen. Ein typisches Beispiel für das erste dieser Modelle bildet die be-

reits mehrfach erwähnte Plattform Covisint, die von den Automobilherstellern Daim-

lerChrysler, Ford, Generalmotors und Renault/Nissan initiiert wurde. Zu den vielfälti-

gen Funktionen, die Covisint erfüllen soll, zählt neben der Automatisierung der Be-

schaffungswege für den Einkauf direkter und indirekter Güter auch die Verbesserung

des Lieferkettenmanagements (gemeinsame Lieferkettenplanung, Bestandsmanage-

ment, Logistik) und der Produktentwicklung (interaktive Produktentwicklung, ge-

meinsame virtuelle Produktentwicklung, Erstellung von Marktprognosen)454.

Daneben existiert eine Reihe von Branchenmarktplätzen mit einem wesentlich engeren

Wirkungsbereich. Sie sind mit der Erbringung derjenigen Funktionen betraut, die sich

in den letzten Jahren kurzfristig mittels Internetmarktplatztechnologie realisieren lie-

ßen, wie z.B. die Optimierung der C-Teile-Beschaffung455. Ein repräsentatives Bei-

spiel hierfür bilden die mittlerweile fusionierten Internetmarktplätze cc-markets und 452 Vgl. dazu etwa die vertragliche Ausgestaltung des Nutzungsverhältnisses bei SupplyOn,

einzusehen über die Homepage des Marktplatzes unter: http://www.supplyon.com. 453 Zum Begriff sowie zu Beispielen vertikaler Internetmarktplätze in den verschiedenen In-

dustriezweigen: Schneider/Schnetkamp, E-Markets (2000), S. 104ff. Vgl. weiterhin die Branchendatenbank von: Berlecon Research: erreichbar unter http://www.berlecon.de/ cgi/b2b/main.

454 Im Einzelnen: Schneider/Schnetkamp, E-Markets (2000), S. 104ff. 455 Als „C-Artikel“ werden Güter bezeichnet, die einen hohen Mengenanteil, aber nur einen

sehr geringen Wertanteil an der Gesamtbeschaffung ausmachen. Sachlich deckt sich der Begriff daher weitgehend mit dem der MRO-Güter. Vgl.: Möhrstedt/Bogner/Paxian, E-lectronic Procurement (2001), S. 193.

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3. Kapitel - 2. Teil A Branchenmarktplätze - Allgemeines

147

chemplorer456, die von führenden Unternehmen der chemischen Industrie als reine

Transaktionsplattformen für die Beschaffung von MRO-Gütern realisiert wurden457.

Gegenüber dem Aufbau einer Branchenplattform mit umfassenden Funktionalitäten

wie Covisint ist der Realisierungsaufwand derartiger auf das C-Teile-Management

reduzierter Marktplätze deutlich geringer. Allgemein wird jedoch erwartet, dass auch

diese einfachen Marktplätze zukünftig bestrebt sein werden, ihre Marktfunktionalitä-

ten nach und nach auszuweiten, so dass es zu einer Annäherung der beiden vorgestell-

ten Gruppen kommen dürfte458.

Von Industriekonsortien geführte Branchenmarktplätze bringen über ihre Gründer ein

höheres Maß an branchenspezifischem Wissen ein und verfügen anders als Start-Up-

Marktplätze durch die Mitgliedschaft der Gründungsunternehmen regelmäßig über

einen gesicherten Grundstock an Transaktionsvolumen. Diese strategischen Vorteile

mögen dazu beigetragen haben, dass der Anteil von Branchenmarktplätzen seit den

Jahren 1999/2000 stark zugenommen hat459 und die umsatzstärksten Marktplätze meist

Branchenmarktplätze sind460.

456 Nunmehr fusioniert zu: „cc-chemplorer“; http://www.cc-chemplorer.com. 457 Vgl. hierzu: BKartA, Beschluss v. 23.10.2000 CC-Markets, B 3 - 72303 - U - 76/00 und

EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.2096 Bayer/Deutsche Telekom/Infraserv/JV, CELEX-DokNr. 300M2096.

458 So Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspra-xis (2002), S. 143ff., 146.

459 Zur Bedeutung branchenspezifischer Kenntnisse für den Aufbau vertikaler Marktplätze vgl.: Abrahms/Uhr, B2B-Marktplätze – Phänomen und organisatorische Implikationen (2001), S. 14. Zu den Startvorteilen nutzergetriebener Marktplätze weiterhin: Koe-nig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 36.

460 Vgl. etwa zur Marktstellung von Covisint: http://www.ecin.de/spotlight/2002/08/07/ 04616/.

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3. Kapitel - 2. Teil A Branchenmarktplätze - Allgemeines

148

III. Generelle Einschätzung der kartellrechtlichen Implikationen

Unter den verschiedenen Marktplatztypen kommt nach einhelliger Ansicht Branchen-

marktplätzen aus kartellrechtlicher Perspektive die höchste Relevanz zu461. Auch wenn

sich die negative Einschätzung einzelner Stimmen, das Kartellrecht könne zum Hin-

dernis für die weitere Entwicklung derartiger Marktplätze werden, bislang nicht be-

wahrheitet hat, weil die Marktplatzgründer bislang die Übereinstimmung mit den Kar-

tellbehörden gesucht haben, ist nicht zu verkennen, dass diesem Typus des Branchen-

marktplatzes das größte kartellrechtliche Missbrauchspotenzial innewohnt462.

Für diese Einschätzung lassen sich zumindest drei Gründe anführen. Zum einen sind

bei Branchenmarktplätzen, anders als bei neutralen Internetmarktplätzen, die Anteils-

eigner zugleich auch Nutzer des Marktplatzes. Es besteht also eine Überschneidung

von Nutzer- und Betreiberebene. Zweitens handelt es sich bei den Marktplatzinhabern

um Unternehmen, die auf den traditionellen Warenmärkten im Wettbewerb miteinan-

der stehen. Schließlich sind es oft gerade die führenden Unternehmen eines Sektors,

die sich zur Gründung eines gemeinsamen Marktplatzes zusammenfinden. So vereini-

gen etwa die an der Plattform Covisint beteiligten Automobilhersteller ca. die Hälfte

der Einkaufskraft der Automobilproduzenten weltweit463.

Wegen der zusammengefassten Marktmacht der an einem Branchenmarktplatz betei-

ligten Gründungsunternehmen ergibt sich gegenüber den von Internet-Start-Ups be-

triebenen neutralen Marktplätzen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit der Entstehung ei-

ner (gemeinsamen) marktbeherrschenden Stellung. Vor allem könnten die Marktplatz-

gründer in Versuchung geraten, durch das konkrete Design des Marktplatzes oder über

die strategische Ausgestaltung der Bedingungen zur Teilnahme an der Plattform ihre

Stellung auf ihren Herkunftsmärkten gegenüber nicht am Marktplatzprojekt beteiligten

461 So etwa Alese, B2B exchanges and E.C. Competition Law: 2B or not 2B?, ECLR 2001,

S. 325, 326; Vgl. auch: Böge, Ist das deutsche Kartellrecht für elektronische Marktplätze noch zeitgemäß?, in: Recht, Wettbewerb und e-Commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 39, 45.

462 So auch: Alese, B2B exchanges and E.C. Competition Law: 2B or not 2B?, ECLR 2001, S. 325, 326. Zu den unterschiedlichen Gefahren der verschiedenen Betreibermodelle Vol-lebregt, E-Hubs, syndication and competition concern, ECLR 2000, S. 437, 439ff.

463 Vgl.: BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisint, B 5 - 34100 - U 40/00, S. 9.

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3. Kapitel - 2. Teil A Branchenmarktplätze - Allgemeines

149

Außenseiter-Wettbewerbern oder Zulieferern und/oder Nachfragern weiter auszubau-

en. Außerdem besteht die Gefahr, dass die Inhaber des Branchenmarktplatzes ihre

starke Marktstellung auf den Markt der Branchenplattformen transferieren und den

Aufbau oder die Existenz konkurrierender Internetplattformen damit behindern.

Daneben besteht auf der Betreiberebene eines Branchenmarktplatzes aufgrund der

Konkurrentenstellung der Gründer zueinander das Risiko unzulässiger Kooperationen.

B. Austausch von Marktinformationen

I. Problemstellung

1. Bedeutung des Informationsaustauschs für den Betrieb von B2B-Internetmarktplätzen

a) Allgemeines

Internetmarktplätze erbringen Informationsdienstleistungen. Der Austausch von Daten

steht demnach im Mittelpunkt der Aktivitäten dieser Handelsplattformen.

Bei der Abwicklung von Geschäften über eine Internethandelsplattform werden über

die Plattform zahlreiche Informationen wie die Identität der am Geschäft Beteiligten,

der Kaufpreis, Informationen über den Kaufgegenstand, Liefer- und Zahlungs-

modalitäten übermittelt. Bei umfangreicheren Transaktionen oder wenn mit Hilfe der

Marktplatztechnologie unternehmensüberschreitende Prozessintegration ermöglicht

werden soll, wird der Austausch zahlreicher weiterer Informationen über den Markt-

platz erforderlich. Der Austausch wettbewerbsrelevanter Daten über Internetmarkt-

plätze ist insoweit für deren Funktionieren notwendig464. Berücksichtigt man nun, dass

die Aufgabe eines elektronischen Marktplatzes gerade in der Abwicklung einer Viel-

zahl von Transaktionen besteht, lässt sich die große Menge verschiedener wettbe-

werbsrelevanter Daten, die einen Marktplatz durchlaufen, erahnen. Die zugrunde lie-

gende Marktplatzsoftware ist zudem in aller Regel in der Lage, alle über die Plattform

464 Kirchner, Internetmarktplätze, Markttransparenz und Marktinformationssystem, WuW

2001, S. 1030, 1031; Gounalakis/Lochen, Elektronische Marktplätze und Kartellrecht, ZHR 2003, S. 632, 653

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

150

erfolgten Transaktionen zu registrieren und zu archivieren und nach den unterschied-

lichsten Merkmalen zu ordnen465.

b) Situationen des Informationsanfalls bei Gründung und Betrieb von Bran-chenmarktplätzen

aa) Informationsanfall bei der Marktplatzgründung und dem Beitritt von neuen Nutzern

Schon bei der Gründung eines Branchenmarktplatzes kann es zu einem Austausch

wettbewerbsrelevanter Informationen zwischen den Gründungsunternehmen kommen.

Diese müssen sich über die Marktplatzgestaltung und die Modalitäten der technischen

Umsetzung einigen. Im Rahmen dieser Kommunikation kann es beispielsweise bei der

gemeinsamen Erstellung von Online-Produktkatalogen auch zum Austausch von Ge-

schäftsdaten kommen.

Wettbewerbsrelevante Daten fallen sodann später bei der Aufnahme neuer Nutzer an.

Die Zulassung zur Plattform erfolgt vielfach über eine Anmeldeprozedur, in deren

Verlauf das Marktplatzunternehmen vom Beitrittswilligen die Angabe verschiedener

unternehmensbezogener Daten verlangt466.

bb) Informationsanfall bei der Abwicklung von Transaktionen

Wettbewerbsrelevante Daten fallen im Zusammenhang mit Internetmarktplätzen in

erster Linie im Rahmen der Marktplatznutzung an. Alle für die Transaktionen notwen-

digen Informationen durchlaufen die Handelsplattform. Betriebsinterne Daten der

Nutzer können zudem für das Marktplatzunternehmen in einem noch größeren Um-

fang einsehbar sein, wenn die Nutzer ihre unternehmensinterne Lagerhaltungssoftware

465 Vgl.: Eilmannsberger, EG-Wettbewerbsrecht und das Internet, Wbl 2001, S. 501, 506. 466 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis

(2002), S. 248; Vgl. weiterhin: Fraunhofer Institut, Marktstudie: Elektronische Marktplät-ze (2000), S. 66. Die erfragten Informationen dienen unter anderem dazu, Bonität, Zuver-lässigkeit und Lieferfähigkeit des Nutzungsinteressenten einschätzen bzw. überprüfen zu können.

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

151

mit dem Internetmarktplatz vernetzen oder über den Internetmarktplatz das Lieferket-

tenmanagement mehrerer Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette steuern467.

2. Wettbewerbliche Auswirkungen der durch Internetmarktplätze induzierten Veränderung der Informationssituation

Der Einsatz von Internetmarktplätzen zieht vielfach eine Verbesserung der Marktüber-

sicht nach sich468. Den Marktakteuren wird der Zugriff auf Marktinformationen er-

leichtert. Grund für die Teilnahme vieler Akteure an einem Internetmarktplatz ist ge-

rade die Erwartung einer verbesserten Markttransparenz. Der Nutzer kann Preise einer

großen Anzahl verschiedener Anbieter in Echtzeit vergleichen469. Häufig wird damit

einhergehend eine Intensivierung des Wettbewerbs prognostiziert470. Gelegentlich

wird auch vorhergesagt, durch den Einsatz von Internetmarktplätzen würden Zustände

geschaffen, die einem vollkommenen Markt sehr nahe kämen471.

Eine Veränderung der Informationssituation auf einem Produktmarkt kann jedoch

Auswirkungen auf die Wettbewerbsintensität des betreffenden Gütermarktes nach sich

ziehen472, die ambivalent sind. Wirkt die Steigerung der Markttransparenz im Aus-

tauschverhältnis, also zwischen Anbieter und Nachfrager, regelmäßig wettbewerbsin-

tensivierend, so ist für gezielte Veränderungen der Marktübersicht im Verhältnis der

Unternehmen derselben Marktseite zueinander zu differenzieren: Letzteres ist aus

wettbewerbspolitischer Sicht dann problematisch, wenn den Marktakteuren durch den

Austausch wettbewerbsrelevanter Daten die Unsicherheit über das zukünftige Verhal-

467 Dazu auch: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unter-

nehmenspraxis (2002), S. 248ff. 468 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis

(2002), S. 243ff. 469 Vgl. dazu: Sibbel/Hartmann, Potenziale elektronischer Marktplätze für das Beschaffungs-

management, WISU 2002, S. 497, 500. 470 Zum ganzen: Kirchner, Internetmarktplätze, Markttransparenz und Marktinformationssys-

tem, WuW 2001, S. 1030ff. 471 Asschenfeldt, B2B-Marktplätze: Aktuelle wettbewerbsrechtliche Problemstellungen, MMR

Beilage 9/2001, S. 5, 6. 472 Kirchner, Internetmarktplätze, Markttransparenz und Marktinformationssystem, WuW

2001, S. 1030.

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

152

ten der Konkurrenten genommen und so der Anreiz für die einzelnen Marktteilnehmer

zur Vornahme von Marktvorstößen vermindert wird473.

Auf damit verbundene kartellrechtliche Problemfelder im Zusammenhang mit Inter-

netmarktplätzen ist in der Literatur474 wie auch in den Einschätzungen der Behörden475

hingewiesen worden. Es stellt sich die Frage, inwieweit die den Internetmarktplatz

durchlaufenden wettbewerbsrelevanten Informationen zu einem wettbewerbsmindern-

den Informationsaustausch unter Konkurrenten missbraucht werden können. Gerade

für sog. Branchenplattformen wird das Risiko eines kartellrechtlich problematischen

Austauschs von Marktdaten unter Wettbewerbern als hoch eingeschätzt476.

Potenzielle Problemfelder bei Branchenmarktplätzen liegen

- in der Ausgestaltung der Transaktionsmechanismen („Marktplatzdesign“), da die

den Branchenmarktplatz gemeinsam gründenden Konkurrenten versucht sein

könnten, diese technisch so zu gestalten, dass sensible Daten zwischen ihnen bei

der Vornahme von Transaktionen offen gelegt werden477,

- weiterhin in der Möglichkeit, sich seitens der Gründer einen Zugriff auf die Daten-

bestände des Marktplatzes zu sichern, um das gegenseitige Marktverhalten antizi-

473 Siehe hierzu: Aberle, Ökonomische Bewertung von Transparenz oder Geheimhaltung von

Marktdaten als Wettbewerbsparameter, in: Bewertung und Zulässigkeit von Marktinfor-mationsverfahren, FIW Schriftenreihe Heft 150, S. 1ff.; zur Dämpfung individueller Preisvorstöße als Folge eines Informationsaustauschs unter Wettbewerbern: Bunte, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht (2001), § 1 Rn. 288.

474 Vgl. etwa: Stroud, B2B E-Marketplaces – The Emerging Competition Law Issues, World Competition, 2001, S. 125, 131.

475 Böge, Elektronische Marktplätze und Kartellrecht, Vortrag beim 9. St. Gallener Kartell-rechtsforum 26.4.2002, S. 9; abrufbar unter: http://www.bundeskartellamt.de/ diskussi-onsbeitrage.html; Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49, 53f.

476 Vgl. etwa: Ahlborn/Seeliger, EG-kartellrechtliche Probleme bei Unternehmenskooperatio-nen im Internet, EuZW 2001, S. 552, 556.

477 Stroud, B2B E-Marketplaces – The Emerging Competition Law Issues, World Competiti-on, 2001, S. 125, 131.; ausführlich zum Ganzen: Krone, Horizontale Markttransparenz im Zeitalter einer Informationsgesellschaft, S. 119ff.

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

153

pieren zu können oder sich einen Informationsvorsprung gegenüber anderen Kon-

kurrenten zu verschaffen, die keinen Zugang zu diesen Informationen haben478,

- und schließlich in der Gefahr des „Anzapfens“ der Datenbestände des Marktplatzes

durch einzelne Marktplatznutzer479.

Um die Grenzen der Zulässigkeit des Austauschs wettbewerbsrelevanter Daten im

Kontext von Branchenmarktplätzen auszuloten, wird die kartellrechtliche Bewertung

des Austauschs von Wettbewerbsinformationen durch das Kartellrecht anhand der bis-

lang ergangenen Entscheidungen verdeutlicht und anschließend die Übertragbarkeit

dieser Kriterien für die Beurteilung von Branchenmarktplätzen untersucht werden.

II. Behandlung des Austauschs von Marktdaten zwischen Konkurrenten nach

deutschem und europäischem Kartellrecht

1. Vereinbarung des Austauschs wettbewerbsrelevanter Informationen als ergän-zende Kartellabreden

Das Gros der Fälle, in denen sich Kartellämter und -gerichte mit der Problematik des

Austauschs wettbewerbsrelevanter Informationen zwischen Wettbewerbern zu befas-

sen hatten, betraf Sachverhalte, bei denen der systematische Austausch von Marktda-

ten der Sicherung oder Durchführung einer anderweitig getroffenen Kartellabsprache

diente480. Soweit solche Marktinformationsverfahren als ergänzende Abreden zu Ab-

sprachen über Preise oder Konditionen eingesetzt werden, um die Einhaltung der zu-

vor getroffenen wettbewerbsbeschränkenden Verabredungen abzusichern, besteht kar-

tellrechtlich eine eindeutige Wertung: Das Verbot wettbewerbsbeschränkenden Ver-

haltensweisen nach Art. 81 Abs. 1 EG erfasst auch alle ergänzenden Abreden zur Si-

478 Dies könnte sich insbesondere zu Lasten von Unternehmen auswirken, die am Marktplatz

als Konkurrenten der Marktplatzeigner teilnehmen, aber selbst nicht Miteigner sind [im Folgenden: „Außenseiter-Konkurrenten“].

479 Vgl.: Eilmannsberger, EG-Wettbewerbsrecht und das Internet, Wbl 2001, S. 501, 506. 480 Vgl. hierzu etwa: Emmerich, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997),

Art. 85 Abs. 1 EGV, Rn. 26.

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

154

cherung und Durchführung des Kartells481. Das Gleiche gilt für das Kartellverbot nach

§ 1 GWB482.

Diese Grundsätze lassen sich ohne weiteres auf Internethandelsplätze übertragen. Soll

durch den Informationsaustausch über einen Internetmarktplatz eine schon bestehende

Kartellabsprache abgesichert werden, so unterfällt diese und mit ihr das Marktplatz-

system den Verboten der § 1 GWB und/oder Art. 81 EG483. Neue kartellrechtliche

Fragestellungen ergeben sich in diesem Zusammenhang folglich nicht.

2. Beurteilung „reiner“ Marktinformationssysteme

a) Begriff des Marktinformationssystems

Abgesehen von den Fällen, in denen der Austausch von Marktdaten zwischen Wett-

bewerbern der Sicherung und Durchführung zuvor getroffener Kartellabreden diente,

blieb die Beurteilung eines solchen Austauschs ohne eine solche zusätzliche Koordi-

nierungsabrede längere Zeit offen. Die Vorschriften des europäischen Wettbewerbs-

rechts, wie die auch des GWB, geben für ein Verbot derartiger Praktiken zumindest

ihrem unmittelbaren Wortlaut nach nichts her. Die Europäische Kommission484 und

das BKartA485 beanstandeten aber dennoch einige Sachverhalte, denen sog. reine

Marktinformationssysteme zugrunde lagen. Als solche bezeichnet man Verfahren zum

Austausch von Marktinformationen unter Wettbewerbern, bei denen der Informations-

austausch den eigentlichen Gegenstand der Abrede darstellt486, zumeist in der Gestalt

481 Hierzu: Emmerich, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 85

Abs. 1 EGV Fallgruppen, Rn. 26. 482 Zur Meldepflicht als Hilfspflicht in Kartellabsprachen: Huber/Baums, in: Frankfurter

Kommentar, § 1, Rn. 362. 483 In Bezug auf Art. 81 EG vgl.: Ahlborn/Seeliger, EG-kartellrechtliche Probleme bei Unter-

nehmenskooperationen im Internet, EuZW 2001, S. 552, 556. 484 Dazu: Falkenstein-Meyer, Die wettbewerbliche Behandlung von europäischen Marktin-

formationssystemen (1995), S. 51. 485 Zur deutschen Anwendungspraxis: Bunte, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen

und europäischen Kartellrecht (2001), § 1, Rn. 285ff. 486 Vgl.: Emmerich, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 85 Abs. 1

EGV, Rn. 27.

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

155

eines vertraglich organisierten Meldeverfahrens487. Die Daten werden hierbei über eine

Meldestelle gesammelt, ausgewertet und den Beteiligten automatisch oder auf Anfor-

derung weitergegeben488. Die Begründung des Wettbewerbsverstoßes erweist sich bei

solchen „reinen“ Marktinformationsverfahren als nicht einfach, weil die Folgen der

gemeinsamen Beschaffung, Auswertung und Weitergabe von marktrelevanten Infor-

mationen durchaus ambivalent sind489. Sie können sich sowohl wettbewerbsfördernd

als auch -beschränkend auswirken490.

b) Europäische Kartellrechtspraxis

aa) Abstellen auf die Qualität der ausgetauschten Informationen

Das erste von der Kommission untersagte reine Marktinformationssystem betraf den

Fall Fettsäuren491, bei dem die betreffenden Unternehmen detaillierte Umsatzinforma-

tionen untereinander austauschten. Die Kommission beanstandete dieses Verhalten,

weil auf diese Weise jedem Teilnehmer am System ermöglicht worden sei, die Ver-

käufe der Wettbewerber im Einzelnen zu identifizieren. Diese Marktkenntnis habe den

Teilnehmern erlaubt, schneller auf das Wettbewerbsverhalten der anderen zu reagie-

ren, wodurch das Marktverhältnis der Beteiligten zueinander gefestigt worden und

eine Wettbewerbsbeschränkung eingetreten sei492.

Als „identifizierend“ werden Marktinformationssysteme von der Kommission seither

angesehen, wenn sie den Austausch zeitnaher und wesentlicher Wettbewerbsparameter

in einer Weise zulassen, die Rückschlüsse auf die Auftragslage, Preise, Umsätze, In-

487 Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 1 Rn. 390. 488 Stockmann, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 8 Einzelfragen,

Rn. 237. 489 Hierzu: Emmerich, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 85

Abs. 1 EGV, Rn. 27. 490 Stockmann, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 8 Einzelfragen,

Rn. 237ff. 491 EG Kommission, Entscheidung v. 2.12.1986 Fettsäuren, ABl. 1987, L 3, S. 17 ff. 492 EG Kommission, Entscheidung v. 2.12.1986 Fettsäuren, ABl. 1987, L 3, S. 17 ff., Rn 37f.

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

156

vestitionen oder Geschäftspolitik der einzelnen beteiligten Unternehmen erlaubt493.

Den dogmatischen Anknüpfungspunkt für diese Sichtweise bildet das in der Recht-

sprechung des EuGH entwickelte Selbstständigkeitspostulat, nach dem die Unterneh-

men die Ungewissheit über das Marktverhalten der Konkurrenten nicht durch eine

unmittelbare oder mittelbare Fühlungnahme beseitigen dürfen494. Der unzulässige

Austausch marktrelevanter Informationen zwischen Wettbewerbern stellt sich also als

ein Fall der Verhaltensabstimmung „par excellence“ dar495. Als normative Grundlage

für die Begründung des Verstoßes werden sowohl Art. 81 Abs. 1 lit. a), b) als auch

lit. c) EG herangezogen496.

Demgegenüber wurden nicht identifizierende Marktinformationssysteme von der

Kommission regelmäßig als kartellrechtlich unbedenklich erachtet. Ausgetauscht wer-

den können daher allgemeine statistische Informationen, allgemeine Kalkulationshil-

fen sowie Daten zu Zwecken der Marktforschung497.

bb) Berücksichtigung der Marktstruktur

Neben der Qualität der ausgetauschten Informationen berücksichtigt die Kommission

für die Frage der Zulässigkeit des Austauschs von Wettbewerbsinformationen in neue-

ren Entscheidungen auch die Marktstruktur des zugrunde liegenden Produktmark-

tes498. Dies hatte sie schon in ihrem VII. Wettbewerbsbericht499 und in der genannten

493 Stockmann, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 8 Einzelfragen,

Rn. 237. 494 EuGH Verb. Rs. 40 bis 48, 50, 54 bis 56, 111, 113 und 114/73 Suiker Unie, Slg. 1975,

S. 1663, Rn. 173/175. 495 So: Schröter, in: GTE (1999), Art. 85 Abs. 1 EGV, Rn. 62. 496 Vgl.: Emmerich, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 85 Abs. 1

EGV, Rn. 28. 497 Friden/Jorna, in: GTE (1999), Art. 85 EGV Fallgruppen, Rn. 58; v. Stoephasius, in: Lan-

gen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht (2001), Art. 81 Fallgruppen, Rn. 15ff.

498 Vgl. hierzu: Sedemund, Entwicklung der kartellrechtlichen Bewertung von Marktinforma-tionsverfahren, in Festschrift Lieberknecht, S. 571, 578f.; Falkenstein-Meyer, Die wett-bewerbliche Behandlung von europäischen Marktinformationssystemen (1995), S. 65ff.

499 EG-Kommission, VII. Bericht über die Wettbewerbspolitik, 1977, § 2, S. 21.

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

157

Fettsäuren-Entscheidung angedeutet500. Schädlich sei der Austausch wettbewerbs-

relevanter Daten zwischen Wettbewerbern insbesondere in oligopolistischen Märkten,

weil hier die Neigung zu wettbewerbsbeschränkendem Verhalten besonders stark aus-

geprägt sei501.

Noch deutlicher nahm die Kommission im Fall UK Agricultural Tractor Exchange502

Bezug auf die Marktstruktur. Im zugrunde liegenden Sachverhalt wurden mittels eines

Datenverarbeitungsbüros detaillierte Marktdaten für die Teilnehmer an dem Informa-

tionssystem tagesaktuell bereit gestellt503. Die durch das System bewirkte Erhöhung

der Markttransparenz wurde von der Kommission gerade deshalb als wettbewerbsbe-

schränkend erachtet, weil sie in einem hochkonzentrierten Oligopolmarkt erfolgte504.

Auf einem derartigen Markt bestünden, so die Kommission, die Wettbewerbsreserven

gerade in der Geheimhaltung und Ungewissheit über die Marktbedingungen und das

Marktverhalten der Konkurrenten, während andererseits in einem nicht-oligopolis-

tischen Markt der Austausch wettbewerbsrelevanter Daten wettbewerbsförderlich wir-

ken könne505.

Diese Sichtweise ist durch das EuG und den EuGH in derselben Sache nicht nur bestä-

tigt, sondern noch verstärkt worden. So hebt das EuG hervor, dass auf einem „wirklich

vom Wettbewerb geprägten Markt“ hohe Markttransparenz unter den Wettbewerbern

den Wettbewerbsdruck steigere506. Andererseits führe auf oligopolistischen Märkten

ein Austausch marktrelevanter Daten zu einer spürbaren Wettbewerbsbeschränkung,

wenn hierdurch die Marktpositionen und Strategien der einzelnen Wettbewerber of- 500 EG Kommission, Entscheidung v. 2.12.1986 Fettsäuren, ABl. 1987, L 3, S. 17 ff., Rn. 45. 501 Vgl. hierzu: Falkenstein-Meyer, Die wettbewerbliche Behandlung von europäischen

Marktinformationssystemen (1995), S. 51. 502 Vgl.: EG-Kommission, Entscheidung v. 17.2.1992 UK Tractor Exchange, ABl. 1992,

L 68, S. 19ff. 503 EG-Kommission, Entscheidung v. 17.2.1992 UK Tractor Exchange, ABl. 1992, L 68,

S. 19ff, Rn. 35ff. Im zugrunde liegenden Sachverhalt hatten die britischen Hersteller und Importeure von Landwirtschaftsmaschinen ein System aufgebaut, das sie gegenseitig über den Absatz und die Marktanteile der Konkurrenten informierte.

504 EG-Kommission, Entscheidung v. 17.2.1992 UK Tractor Exchange, ABl. 1992, L 68, S. 19ff., Rn. 37.

505 EG-Kommission, Entscheidung v. 17.2.1992 UK Tractor Exchange, ABl. 1992, L 68, S. 19ff., Rn. 37.

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

158

fengelegt würden. Die Auffassung des EuG ist im Rechtsmittelverfahren durch den

EuGH bestätigt worden507.

c) Deutsche Kartellrechtspraxis

Nach anfänglich großzügiger Behandlung von Marktinformationssystemen stellte das

BKartA im Jahre 1976 durch eine Bekanntmachung klar508, dass identifizierende

Marktinformationssysteme zum Austausch von Preisen und Rabatten gegen § 1 GWB

verstoßen. In späteren Verfahren wurden vom BKartA auch Angebotsmeldestellen

angegriffen509. Den Grund für den Verstoß identifizierender Marktinformationsverfah-

ren gegen § 1 GWB sieht das BKartA in der damit verbundenen Aufhebung des Ge-

heimwettbewerbes510. Preismeldesysteme, die Einzelgeschäfte offen legen oder Rück-

schlüsse auf diese zulassen, sind nach dem BKartA per se verboten511, ohne dass es

darauf ankommt, ob mit dem Marktinformationsaustausch weitere wettbewerbsbe-

schränkende Abreden verbunden sind512. Auch identifizierende Meldeverfahren, die

die Teilnehmer über die Identität der Bieter in einer Ausschreibung informieren, unter-

fallen dem Kartellverbot513. Nichtidentifizierende Meldesysteme sind hingegen prinzi-

piell unbedenklich514.

506 EuG Rs. T-34/92 UK Tractor Exchange, Slg. 1994, S. II-905, 949. 507 Vgl.: EuGH Rs. C-7/95 John Deere, Slg. 1998, S. I-3111ff. 508 BKartA, Bekanntmachung über die Behandlung von Marktinformationsverfahren v.

24.1.1977, BAnz 1977, Nr. 22, S. 8. 509 Zum Ganzen: Bunte, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kar-

tellrecht (2001), § 1, Rn. 290. 510 Zur Praxis des BKartA: Bunte, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäi-

schen Kartellrecht (2001), § 1, Rn. 288. 511 Vgl. dazu: Huber/Baums, Frankfurter Kommentar, § 1 GWB a.F., Rn. 358. 512 Vgl.: Stockmann, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 8 Einzelfragen,

Rn. 241. 513 Vgl.: Bunte, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht

(2001), § 1, Rn. 290. 514 Vgl.: Stockmann, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 8 Einzelfragen,

Rn. 241f.

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

159

Der BGH hat sich in der Aluminium-Halbzeug Entscheidung der ablehnenden Ansicht

des BKartA hinsichtlich identifizierender Marktinformationssystem angeschlossen515.

In der Verpflichtung der Teilnehmer zur Meldung von Geschäftsabschlüssen sah das

Gericht durch eine recht weite Auslegung des Begriffs der Wettbewerbsbeschränkung

einen unzulässigen Verzicht auf den Geheimwettbewerb. Die Geheimhaltung von Ge-

schäftsabschlüssen wurde also als Teil der Handlungsfreiheit im Wettbewerb angese-

hen, die von § 1 GWB mitumfasst sei516. Im Fall Baumarktstatistiken, dem ein Ange-

botsmeldungsverfahren zugrunde lag, bestätigte der BGH seine grundsätzlich ableh-

nende Haltung gegenüber identifizierenden Marktinformationsverfahren517. Nach die-

ser Entscheidung erfasst § 1 GWB auch Systeme mit freiwilligen Angebotsmeldun-

gen, obwohl hierdurch zwar nicht die formale Handlungsfreiheit, jedoch die materielle

Entschließungsfreiheit der Teilnehmer beeinflusst werde518.

III. Kartellrechtliche Beurteilung des Informationsaustauschs über Branchen-

marktplätze

1. Einschätzung der Kartellbehörden

Die Europäische Kommission wie auch das BKartA gingen in den bisherigen Anmel-

deverfahren, die Branchenmarktplätze betrafen, auf die Problematik eines möglichen

Austauschs wettbewerbsrelevanter Daten ein, gaben sich jedoch mit den Erklärungen

der Parteien zufrieden, eine ausreichende Abschirmung sensibler Informationen werde

durch technische Vorkehrungen auf dem Marktplatz gesichert519. Einer Stellungnahme

von Generaldirektor der GD Wettbewerb, Schaub zufolge möchte die Kommission für

die materielle Beurteilung des Informationsaustauschs über Internetmarktplätze die

515 BGH Aluminium-Halbzeug, WuW/E BGH 1975, S. 1337, 1342. 516 BGH Aluminium-Halbzeug, WuW/E BGH 1975, S. 1337, 1342f. 517 BGH Baumarktstatistik, WuW/E BGH 1986, S. 2313ff. 518 BGH Baumarktstatistik, WuW/E BGH 1986, S. 2313, 2317. 519 Vgl.: BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisint, B 5 - 34100 - U 40/00, S. 11; BKartA,

Beschluss v. 23.10.2000 CC-Markets, B 3 - 72303 - U - 76/00, S. 10; EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.2075 cofunds, CELEX-DokNr. 300M2096, S. 4; EG-Kommission, Volbro-ker.com, Pressemitteilung v. 31.7.2000, IP/00/896.

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

160

Marktstruktur der relevanten Produktmärkte berücksichtigen520. Die Möglichkeit eines

Verstoßes gegen das Kartellverbot wird vor allem für den Austausch aktueller, detail-

lierter Daten in oligopolistischen Märkten gesehen521. Die Aussagen des BKartA ge-

hen in dieselbe Richtung522.

2. Aussagen der Literatur

Die überwiegende Zahl der Stimmen in der Literatur geht davon aus, dass die zu den

Marktinformationssystemen in der Kartellrechtspraxis entwickelten Kriterien auch für

die Beurteilung des Informationsaustauschs über Internetmarktplätze grundsätzlich

heranzuziehen sind523. Recht pauschal wird darauf verwiesen, die Betreiber eines e-

lektronischen Marktplatzes müssten sicherstellen, dass dieser nicht zu einem Aus-

tausch über aktuelle Preise oder andere Konditionen führe524. Die Notwendigkeit des

Austauschs von Informationen zur Abwicklung des Handels über Internetmarktplätze

sei andererseits in gewissem Umfang vom Kartellrecht anzuerkennen525.

Eine abweichende Ansicht vertritt Jestaedt: Seiner Meinung nach sind die Grundsätze

für die Beurteilung des Informationsaustauschs im Hinblick auf B2B-Internetmarkt-

plätze zu modifizieren. So sprechen nach Jestaedt gute Gründe dafür, den Schutz des

Geheimwettbewerbs im Internethandel einzuschränken526. Er weist zunächst auf das

520 Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-

Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49, 53f.

521 Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49, 53f.

522 Vgl.: Tätigkeitsbericht des Bundskartellamts 1999/2000, BT-Drucks. 14/6300, S. 48. 523 So etwa: Asschenfeldt, B2B-Marktplätze: Aktuelle wettbewerbsrechtliche Problemstellun-

gen, MMR Beilage 9/2001, S. 5, 7; Gassner, Internet-Handelsplattformen im Spiegel des Kartellrechts, MMR 2001, S. 140, 142.

524 Immenga/Lange, Elektronische Marktplätze: Wettbewerbsbeschränkende Verhaltenswei-sen im Internet?, RiW 2000, S. 733, 737.

525 Statt vieler: Alese, B2B exchanges and E.C. Competition Law: 2B or not 2B?, ECLR 2001, S. 325, 327.

526 Jestaedt, Funktionalität, Effizienz und Wettbewerb: B2B-Marktplätze und das Kartell-recht, BB 2001, S. 581, 583.

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

161

effizienzsteigernde Potenzial der erhöhten Markttransparenz hin. Weiterhin schütze

das Kartellrecht den Geheimwettbewerb nicht als „absolutes Rechtsgut“, sondern nur

soweit dies zum Schutz der Marktgegenseite der am Informationsaustausch beteiligten

Unternehmen notwendig sei527. Die Wettbewerbsfeindlichkeit herkömmlicher Markt-

informationssysteme ergebe sich in erster Linie aus der Informationsasymmetrie, die

durch diese Systeme hervorgerufen werde. Die durch den Informationsaustausch be-

dingte verbesserte Marktransparenz bleibe dabei der Marktgegenseite regelmäßig vor-

enthalten. Diese Asymmetrie des Zugangs zu Marktinformationen sei beim Internet-

handel gerade nicht vorhanden528. Daher müsse der Austausch von Informationen über

Internetmarktplätze insgesamt großzügiger gehandhabt werden als bei klassischen

Marktinformationssystemen. Bei der Abwicklung von Transaktionen über Internet-

marktplätze möchte Jestaedt das Eingreifen des Kartellverbotes zur Disposition der

potenziell gefährdeten Marktgegenseite stellen529: So solle etwa im Rahmen einer On-

line-Versteigerung der Verkäufer entscheiden können, in welchem Ausmaß Informati-

onen über das Geschäft auf dem Internetmarktplatz offen gelegt werden530.

3. Stellungnahme

a) Übertragbarkeit des dogmatischen Anknüpfungspunktes

Den dogmatischen Ansatzpunkt für die Begründung der wettbewerbsbeschränkenden

Wirkung des Austauschs marktrelevanter Daten zwischen Wettbewerbern bildet nach

der Diktion der deutschen Kartellrechtspraxis der unzulässige Verzicht auf den

„Geheimwettbewerb“ als Bestandteil des nach § 1 GWB geschützten Wettbewerbs531

bzw. im europäischen Kartellrecht das von Art. 81 Abs. 1 EG aufgestellte 527 Jestaedt, Funktionalität, Effizienz und Wettbewerb: B2B-Marktplätze und das Kartell-

recht, BB 2001, S. 581, 583. 528 Jestaedt, Funktionalität, Effizienz und Wettbewerb: B2B-Marktplätze und das Kartell-

recht, BB 2001, S. 581, 583. 529 Jestaedt, Funktionalität, Effizienz und Wettbewerb: B2B-Marktplätze und das Kartell-

recht, BB 2001, S. 581, 583. 530 Jestaedt, Funktionalität, Effizienz und Wettbewerb: B2B-Marktplätze und das Kartell-

recht, BB 2001, S. 581, 583, 584. 531 Vgl. etwa: BGH Aluminium-Halbzeug, WuW/E BGH 1975, S. 1337, 1342.

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

162

im europäischen Kartellrecht das von Art. 81 Abs. 1 EG aufgestellte „Selbstständig-

keitspostulat“. Gedanklich liegt beiden Begründungsansätzen die Beobachtung

zugrunde, dass die Steigerung von Markttransparenz unter Wettbewerbern dazu führen

kann, diese in die Lage zu versetzen, ihre Aktions-Reaktionsverbundenheit zu identifi-

zieren532. In dieser Abstraktheit ist der Gedanke nicht allein auf klassische Marktin-

formationssysteme gemünzt und lässt sich folglich auch auf den Informationsaus-

tausch im Zusammenhang mit B2B-Internetmarktplätzen übertragen533. Er liefert eine

Begründung für die Schädlichkeit, die ein Austausch wettbewerbsrelevanter

Informationen unter Konkurrenten nach sich ziehen kann, gibt jedoch für sich

genommen noch keinen konkreten Beurteilungsmaßstab an die Hand534.

b) Übertragbarkeit der entwickelten Beurteilungskriterien

aa) Generell großzügigere Behandlung von Internetmarktplätzen?

In der Literatur ist, wie bereits erwähnt, vereinzelt vorgetragen worden535, gegenüber

herkömmlichen Marktinformationssystemen sei für Internetmarktplätze hinsichtlich

des Austauschs von Marktdaten eine großzügigere kartellrechtliche Beurteilung ange-

zeigt.

532 Vgl. hierzu: Aberle, Ökonomische Bewertung von Transparenz oder Geheimhaltung der

Marktdaten als Wettbewerbsparameter, in: Bewertung und Zulässigkeit von Marktinfor-mationsverfahren, FIW Schriftenreihe Heft 150, S. 1, 7.

533 Hinsichtlich der Übertragbarkeit des genannten Rechtsgedankens auf den hier untersuch-ten Kontext besteht im Grundsatz Einigkeit. Vgl. etwa die Darstellung von: Gassner, In-ternet-Handelsplattformen im Spiegel des Kartellrechts, MMR 2001, S. 140, 142; Jestaedt, Funktionalität, Effizienz und Wettbewerb: B2B-Marktplätze und das Kartell-recht, BB 2001, S. 581, 582; Ahlborn/Seeliger, EG-kartellrechtliche Probleme bei Unter-nehmenskooperationen im Internet, EuZW 2001, S. 552, 556f.

534 Insofern ist Jestaedt zuzustimmen, der eine differenzierte Betrachtung für geboten hält: Jestaedt, Funktionalität, Effizienz und Wettbewerb: B2B-Marktplätze und das Kartell-recht, BB 2001, S. 581, 583. Auch Kirchner sieht durch den Geheimschutzgedanken für die Praxis recht wenig gewonnen: Kirchner, Internetmarktplätze, Markttransparenz und Marktinformationssysteme, WuW 2001, S. 1030, 1031, 1035.

535 Vgl.: 3. Kapitel, 2. Teil, B, III., 2.

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

163

Diese von Jestaedt vorgebrachte These, wonach beim Handel über Internetmarktplätze

der Austausch von Informationen weniger bedenklich sei, weil hier anders als in den

Fällen der Meldeverfahren keine asymmetrischen Informationsverhältnisse zugrunde

lägen536, überzeugt in dieser Pauschalität nicht:

Richtig ist zwar, dass in den bisherigen Untersagungsentscheidungen zu herkömmli-

chen Marktinformationssystemen deren wettbewerbsbeschränkende Wirkung auch mit

der Einseitigkeit der hervorgerufenen Erhöhung der Markttransparenz begründet wur-

de537. Den Meldeverfahren, die durch die europäischen wie durch die deutschen Kar-

tellbehörden und Gerichte untersagt wurden, war gemeinsam, dass sie die Markttrans-

parenz nur für die Akteure einer Marktseite - den Gründern des Marktinformationsver-

fahrens - erhöhten, während die Marktgegenseite von der verbesserten Marktübersicht

gerade ausgeschlossen wurde538.

Entgegen Jestaedt ist allerdings auch bei Internetmarktplätzen eine derartige asymmet-

rische Verbesserung der Markttransparenz nicht auszuschließen. Dies wäre dann der

Fall, wenn ein elektronischer Marktplatzes so ausgestaltet ist, dass einzelnen Teilneh-

mern Zugang zu mehr Informationen gewährt wird als anderen539.

Doch selbst die Unterstellung einer symmetrischen Verbesserung der Markttranspa-

renz ändert nichts an der potenziellen Wettbewerbsschädlichkeit des Austauschs von 536 Jestaedt, Funktionalität, Effizienz und Wettbewerb: B2B-Marktplätze und das Kartell-

recht, BB 2001, S. 581, 583. Von einer regelmäßig symmetrischen Informationssituation auf Internetmarktplatzen geht auch Kirchner aus: Kirchner, Internetmarktplätze, Markt-transparenz und Marktinformationssysteme, WuW 2001, S. 1030, 1035.

537 Vgl. etwa: WuW/E BGH Aluminium-Halbzeug, S. 1337, 1342: „Indem die vertragsbetei-ligten Unternehmen [...] die Transparenz von wesentlichen Marktinformationen,[...], nur für ihre Marktseite eröffnet haben, beeinträchtigen sie die wirtschaftliche Position der Marktgegenseite“. Dieser Effekt ist auch gemeint, wenn in der Entscheidung Baumarkt-statisktiken, WuW/E BGH 1987, S. 2313, 2314, davon gesprochen wird, dass es sich um eine „künstliche Markttransparenz“ handele die „die Nachfrager einseitig benachteiligen würde“.

538 Vgl. nochmals: Aluminium-Halbzeug, WuW/E BGH 1975, S. 1337, 1342; so lag es auch bei der sog. Baumarkt-Statisktik, WuW/E BGH 1987, S. 2313ff.

539 Bei Branchenmarktplätzen kann es nämlich auf die Gründungsunternehmen durchaus ver-lockend wirken, sich durch den Zugriff auf die Datenbestände des Marktplatzes Informa-tionen über die Marktgegenseite oder Konkurrenten, die nicht zu den Gründern zählen, zu verschaffen, um so einen Informationsvorsprung zu gewinnen. Vgl. zu diesem Apsekt auch: Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49, 54.

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

164

Marktdaten. Die wettbewerbstheoretische Grundlage für diese Erwartung fußt nämlich

in der Einsicht, dass ein hohes Maß an Markttransparenz dazu führen kann, dass Wett-

bewerber ihr jeweiliges Marktverhalten untereinander besser identifizieren können und

es zwischen ihnen zu einer erhöhten Aktions-Reaktions-Verbundenheit kommt540: Den

Kontrahenten eröffnet sich die Möglichkeit, jeden Vorstoß eines Wettbewerbers so-

gleich zu kontern, ohne dass dieser in der Zwischenzeit einen nennenswerten Ertrag

aus seinem Vorstoß erzielen konnte. Da diese Aktions-Reaktions-Verbundenheit von

den Mitbewerbern antizipiert wird, verringert sich der subjektive Anreiz zu Wettbe-

werbsvorstößen zunehmend. Die Erkenntnis der Unfähigkeit zur Gewinnerzielung

durch individuellen Parametereinsatz führt so zu individueller Handlungsunfähigkeit

(sog. Morgenstern-Paradox) mit der Folge der Schwächung des Wettbewerbs541. Das

Bestehen einer Aktions-Reaktions-Verbundenheit der Konkurrenten untereinander ist

somit nicht zwingend von der Informationslage der Markgegenseite abhängig542. Eine

gegenüber der bisherigen Rechtspraxis generell großzügigere Behandlung von Inter-

netplattformen lässt sich mit dem von Jestaedt vorgebrachten Argument folglich nicht

rechtfertigen.

Weiterhin wird in der Literatur vorgetragen, eine Verhaltenskoordinierung sei durch

den Austausch sensibler Marktinformationen bei den üblichen Formen der Geschäfts-

abwicklung im Internet in praktischer Hinsicht kaum zu erreichen: Vor allem im Fall

der Online-Auktionen seien wegen der hohen Abwicklungsgeschwindigkeit Preisko-

540 Oberender/Väth, Markttransparenz und Verhaltensweise, WISU 1986, S. 191ff. 541 Vgl. hierzu: Aberle, Ökonomische Bewertung von Transparenz oder Geheimhaltung der

Marktdaten als Wettbewerbsparameter, in: Bewertung und Zulässigkeit von Marktinfor-mationsverfahren, FIW Schriftenreihe Heft150, S. 1, 11; eine wettbewerbstheoretische Durchdringung des Komplexes der Markttransparenz rät unter anderem auch Kirchner zur Beantwortung kartellrechtlicher Fragestellungen des Informationsaustauschs beim Betrieb von Internetmarktplätzen an: Kirchner, Internetmarktplätze, Markttransparenz und Markt-informationssysteme, WuW 2001, S. 1030, 1031ff.

542 Dies ist bereits früher von Schmidt aufgezeigt worden. Vgl.: Schmidt, Markttransparenz als Voraussetzung für Wettbewerbsbeschränkungen, WuW 1963, S. 97, 104. Werden der Marktgegenseite die ausgetauschten Daten ebenfalls zugänglich gemacht, so mag dies zwar dazu führen, dass bestehende Preiskartelle durch die Marktgegenseite besser aufge-deckt werden können. Die Gefahr einer gegenseitigen Anpassung des Wettbewerbsverhal-tens insbesondere in oligopolistischen Märkten wird jedoch nicht beseitigt. Vgl. in Bezug auf B2B-Internetmarktplätze: Eilmannsberger, EG-Wettbewerbsrecht und das Internet, Wbl 2001, S. 501, 507 (FN. 55).

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

165

ordinationen in der Form eines sog. price-signalling schwer zu erreichen und zudem

stünde einer Koordinierung entgegen, dass es für die Teilnehmer äußert schwierig sei,

die Vorteile ihres antikompetitiven Verhaltens unter sich aufzuteilen543. So erhalte et-

wa der „Gewinner“ einer Online-Auktion schließlich den gesamten Kontrakt544.

Auch dieses Argument führt in die Irre. Das behauptete Problem der Gewinnaufteilung

besteht zwischen den Teilnehmern an traditionellen Submissionskartellen in gleicher

Weise. Dennoch ist deren Vorkommen in der Praxis durch zahlreiche Entscheidungen

belegt545. Die Abwicklung von Auftragsvergaben über Internetmarktplätze ändert an

dieser Problematik nichts. Vielmehr bietet die Möglichkeit, das Angebotsverhalten der

Konkurrenten in Echtzeit zu verfolgen, einen idealen Mechanismus der Überwachung

einer Preisabsprache oder einer Verhaltensabstimmung über Preise.

Überzeugende Argumente für eine generell großzügigere Behandlung des Austauschs

von Marktdaten über Branchenmarktplätze lassen sich demnach nicht finden546.

bb) Möglichkeit des Verzichts auf den „Geheimwettbewerb“?

Fraglich ist, ob sich Kartellrechtsverstöße durch den Austausch von Marktinformatio-

nen bei der Nutzung von Internetmarktplätzen allein dadurch vermeiden lassen, dass

den Marktteilnehmern das Maß der Offenlegung ihrer Daten bei der Abwicklung von

Geschäften zur Disposition gestellt wird. So wurde in der Literatur vorgeschlagen, ein

unzulässiger Informationsaustausch lasse sich verhindern, indem der Internetmarkt-

platz sicherstelle, dass die potenziell gefährdete Marktseite über das Maß der Offenle-

gung von Informationen entscheiden kann547. Dies wäre im Rahmen einer Internetauk-

543 Correia, Antitrust Issues in Creating and Joining E-Commerce “B2B” Exchanges, S. 3. 544 Correia, Antitrust Issues in Creating and Joining E-Commerce “B2B” Exchanges, S. 3. 545 Zur großen praktischen Relevanz von herkömmlichen Submissionskartellen vgl.: Zimmer,

in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 1, Rn. 224ff. 546 So im Ergebnis auch: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der

Unternehmenspraxis (2002), S. 246f. 547 Vgl.: Jestaedt, Funktionalität, Effizienz und Wettbewerb: B2B-Marktplätze und das Kar-

tellrecht, BB 2001, S. 581, 583f.; auch Gassner hält es für „vorbildlich“, wenn wie beim Marktplatz Covisint vorgesehen, jedes teilnehmende Unternehmen den Kreis der Nutzer festlegen kann, das Zugriff auf die von ihm gelieferten Daten haben soll. Vgl.: Gassner, Internet-Handelsplattformen im Spiegel des Kartellrechts, MMR 2001, S. 140, 142; ähnli-

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

166

tion etwa der Versteigerer, der vor einer Abstimmung zwischen den Bietern geschützt

werden soll; im Rahmen einer Ausschreibung wäre dies der Ausschreibende.

Diese Ansicht kann sich darauf stützen, dass der Schutz der Marktgegenseite ein tra-

gender Gedanke für die Untersagung bestimmter Marktinformationssysteme war548.

Hieraus ableiten zu wollen, der Schutz des Geheimwettbewerbs nach § 1 GWB bzw.

das Selbstständigkeitspostulat nach Art. 81 Abs. 1 EG sei aus diesem Grund insofern -

für die schutzbedürftige Seite - dispositiv, geht jedoch fehl. Das europäische Kartell-

recht sieht im Informationsaustausch nämlich nicht nur eine Beeinträchtigung der

Marktgegenseite, sondern daneben eine Dämpfung des Wettbewerbs unter den Aus-

tauschenden549. Für das deutsche Kartellrecht ist die Wertung ebenfalls eindeutig: Der

Geheimwettbewerb ist Bestandteil des von § 1 GWB geschützten Wettbewerbs550 und

so vom Schutz der Institution Wettbewerb umfasst und steht daher von vornherein

nicht zur Disposition der Marktteilnehmer.

Allein durch die Ausgestaltung eines Internetmarktplatzes in einer Weise, die das Maß

der Offenlegung der den Marktplatz durchlaufenden Daten der typischerweise gefähr-

deten Marktseite überlässt, wird das Risiko der kartellrechtlichen Unzulässigkeit des

Informationsaustauschs also nicht beseitigt.

cc) Kriterium der Qualität der ausgetauschten Daten

Da keines der für eine abweichende Behandlung von Internetmarktplätzen gegenüber

herkömmlichen Marktinformationssystemen vorgebrachten Argumente durchzudrin-

gen vermag, ist zu untersuchen, inwieweit die in der Praxis entwickelten Bewertungs-

kriterien auf Branchenmarktplätze angewendet werden können.

che Konzepte sehen auch andere Marktplätze vor, vgl.: EG-Kommision, Fall Nr. IV/ M.2398 Linde/Jungheinrich/JV Supralift, CELEX-DokNr. 301M2398, S. 4.

548 Vgl. etwa: BGH Aluminium-Halbzeug, WuW/E BGH 1975, S. 1337, 1342. 549 EuG, Rs. T- 34/92 UK Tractor Exchange, Slg. 1994, S. II- 905, 949ff. 550 BGH Baumarktstatistiken, WuW/E BGH 1986, S. 2313, 2314f.

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

167

Wie bereits erwähnt, ist den bisherigen Entscheidungen551 zu Marktinformationssys-

temen gemeinsam, dass eine Steigerung der Markttransparenz als problematisch erach-

tet wird, wenn sie den Marktteilnehmern einen solchen Überblick über die Marktver-

hältnisse verschafft, der ihnen erlaubt, Rückschlüsse auf das gegenwärtige oder zu-

künftige Marktverhalten der Konkurrenten zu ziehen552. Die Anwendung dieser abs-

trakten Wertung auf Internetmarktplätze bedeutet, dass die Zulässigkeit des bei Markt-

platzgründung und -betrieb zwischen Konkurrenten erfolgenden Austauschs von

Marktdaten in erster Linie von der Qualität der ausgetauschten Informationen abhängt.

Grundsätzlich sind allgemein gehaltene, statistische Informationen weniger problema-

tisch als detaillierte553. Bedenklich ist insbesondere die Offenlegung von Preisen, Um-

satz- und Absatzmengen und Angaben über die künftige Geschäftspolitik. Legt ein

Internetmarktplatz, etwa im Rahmen einer aktuellen Online-Versteigerung, Daten un-

ter Wettbewerbern offen, die Rückschlüsse auf das Angebotsverhalten einzelner Mit-

bieter zulassen, so liegt hierin ein kartellrechtlich problematischer, identifizierender

Informationsaustausch. Die Gefahr einer Verhaltensabstimmung ist in Bezug auf ver-

altete („historische“) Daten hingegen geringer, weshalb die Offenlegung solcher In-

formationen weniger bedenklich ist554.

551 Vgl.: 3. Kapitel, 2. Teil, B, II, 2., b), c); bei der Beurteilung von Marktinformationsverfah-

ren stand der Austausch von Preisinformationen in den meisten Verfahren im Vorder-grund, wenige Verfahren betrafen reine Angebotsmeldeverfahren und Umsatzmitteilun-gen. Zur Anwendungspraxis nochmals: Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 1, Rn. 240ff.; Bunte, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht (2001), § 1, Rn. 290ff.; v. Stophasius, Art. 81 Fallgruppen, Rn. 11ff. Vgl. weiterhin: BKartA, Bekanntmachung über die kartellrechtliche Behandlung von Marktin-formationsverfahren v. 24.1.1977, BAnz Nr. 22, S. 8.

552 Vgl. hierzu im Kontext der Internethandelsplattformen: Immenga/Lange, Elektronische Marktplätze: Wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen im Internet?, RiW 2000, S. 733, 737.

553 Vgl. hierzu die von Stroud entwickelten Leitlinien für den Umgang mit sensiblen Informa-tionen durch Internetmarktplätze: Stroud, B2B E-Marketplaces – The Emerging Competi-tion Law Issues, World Competition, 2001, S. 125, 133.

554 So auch der Report der FTC zum Workshop „Competition Policy in the World of B2B Electronic Marketplaces“, Executive Summary, S. 2f. Der regelmäßige Austausch von Da-ten ist dabei problematischer als der einmalige. Dazu: Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49, 54.

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

168

dd) Berücksichtigung der Marktgegebenheiten

Eine Beschränkung des Wettbewerbs entsteht durch den identifizierenden Informati-

onsaustausch am ehesten auf - zumindest latent555 - oligopolistischen Märkten mit ho-

mogenen Gütern556. Denn, wie gezeigt557, ist für die wettbewerbsdämpfende Wirkung

des Austauschs von Marktdaten unter Wettbewerbern, soweit keine zusätzliche Kar-

tellvereinbarung vorliegt, die Erwartung entscheidend, ein eigener Wettbewerbsvor-

stoß werde unverzüglich, d.h. ohne die Chance der Gewinnabschöpfung, gekontert

werden. Eine derartige Aktions-Reaktions-Verbundenheit besteht allein unter diesen

Marktvoraussetzungen. Da im Polypol das Konkurrenzbewusstsein schwächer ausge-

prägt ist, d.h. der eigene Markterfolg weniger stark durch einzelne Aktionen der Kon-

kurrenten beeinflusst wahrgenommen wird, kommt es dort grundsätzlich zu keiner

Aktions-Reaktions-Verbundenheit558. Für den Handel mit Gütern über Internetmarkt-

plätze bedeutet dies, dass die Offenlegung von Daten umso problematischer erscheint,

je konzentrierter der Markt für dieses Gut ist559. 555 Die Einbeziehung der subjektiven Erwartungshaltung der Marktteilnehmer in die Betrach-

tung offenbart, warum die wettbewerbsbeschränkende Wirkung des Informationsaus-tauschs etwa in Form von identifizierenden Preismeldestellen nicht ausschließlich auf Märkte beschränkt ist, die objektiv, also gemessen an der Zahl der Anbieter, oligopolis-tisch strukturiert sind: Es kommt für die Aktions-Reaktions-Verbundenheit nämlich in ers-ter Linie auf das subjektive Konkurrenzbewusstsein und nicht allein auf die Zahl der Marktteilnehmer an, weshalb, wie Hoppmann belegt hat, wettbewerbsbeschränkende In-formationssysteme auch in Märkten zu beobachten sind, die nur latent oligopolistisch strukturiert sind, also Polypole darstellen, die sich leicht in Oligopole transformieren las-sen. Dazu: Hoppmann, Preismeldestellen und Wettbewerb, WuW 1966, S. 97, 112, 119.

556 Vgl.: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmens-praxis (2002), S. 245; zum Ganzen: Schmidt, Markttransparenz als Voraussetzung für Wettbewerbsbeschränkungen, WuW 1963, S. 97, 99ff.

557 Dazu oben unter 3. Kapitel, 2. Teil, B., III., 3., b), aa). 558 Eingehend: Brandt, Information, Marktform und Wettbewerb, ZHR 1965, S. 203f. Wäh-

rend in einem Polypol die Erwartung eines Marktteilnehmers dahin geht, dass seine Akti-on nicht unmittelbar durch eine Reaktion eines Konkurrenten beantwortet werden wird, ist die Situation im Oligopol anders. Hier erwartet ein Anbieter, dass sein Markterfolg nicht allein von seinem eigenen Marktverhalten und dem seiner Käufer abhängt, sondern vor al-lem von der Reaktion der anderen Anbieter beeinflusst wird. Vgl. auch: Schmidt, Markt-transparenz als Voraussetzung für Wettbewerbsbeschränkungen, WuW 1963, S. 97, 99f.

559 So auch: Ahlborn/Seeliger, EG-kartellrechtliche Probleme bei Unternehmenskooperatio-nen im Internet, EuZW 2001, S. 552, 556f; Eilmannsberger, EG-Wettbewerbsrecht und das Internet, Wbl 2001, S. 501, 507 (FN. 55); Gassner, Internet-Handelsplattformen im Spiegel des Kartellrechts, MMR 2001, S. 140, 142.

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

169

Der an dieser Stelle vorgeschlagenen Einbeziehung der Marktverhältnisse in die Beur-

teilung steht auch für das deutsche Kartellrecht nicht die Entscheidungspraxis zu

Marktinformationssystemen entgegen. Zwar wurde in diesen Entscheidungen von

BKartA und BGH nicht ausdrücklich auf die Marktstruktur als Kriterium für die Beur-

teilung der Wettbewerbswirkung des Austauschs von Marktinformationen abge-

stellt560. Dies erübrigte sich in diesen Fällen aber schon deshalb, weil bei den untersag-

ten identifizierenden Preis- und Angebotsmeldestellen immer Oligopolmärkte oder

solche Märkte vorlagen, die sich leicht in Oligopole transformieren ließen561. Inter-

netmarktplätze lassen sich demgegenüber nicht nur in dergestalt strukturierten Märk-

ten, sondern in beinahe allen Gütermärkten antreffen, weshalb bei der Untersuchung,

ob der „Geheimwettbewerb“ in unzulässiger Weise eingeschränkt wird, die strukturel-

len Eigenschaften der zugrunde liegenden Produktmärkte berücksichtigt werden müs-

sen562. Im Anschluss an die von der Kommission und dem EuG entwickelte Praxis563

ist der Austausch marktrelevanter Informationen über Internetmarktplätze zwischen

Konkurrenten umso kritischer zu beurteilen, je konzentrierter der jeweilige Produkt-

markt ist.564

560 Vgl. etwa: BGH Aluminium-Halbzeug, WuW/E BGH 1975, S. 1337ff. 561 Vgl.: Aberle, Ökonomische Bewertung von Transparenz oder Geheimhaltung der

Marktdaten als Wettbewerbsparameter, in: Bewertung und Zulässigkeit von Marktinformationsverfahren, FIW Schriftenreihe Heft 150, S. 1, 8; im Zusammenhang mit Internetmarktplätzen: Eilmannsberger, EG-Wettbewerbsrecht und das Internet, Wbl 2001, S. 501, 507 (FN 55). Hoppmann, auf den sich die Begründungsansätze des BKartA unmittelbar zurückführen lassen, wies selbst darauf hin, dass Preismeldesysteme von vornherein nicht unter beliebigen Marktgegebenheiten funktionieren können; vgl.: Hoppmann, Preismeldestellen und Wettbewerb, WuW 1966, S. 97, 112, 119.

562 Vgl.: Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49, 53f.

563 EG-Kommission in EG-Kommission, Entscheidung v. 17.2.1992 UK Tractor Exchange, ABl. 1992, L 68, S. 19ff., Rn. 36; EuG, Rs. T- 34/92 UK Tractor Exchange, Slg. 1994, S. II-905, 949.

564 Hierzu im Zusammenhang mit B2B-Internetmarktplätzen: Ahlborn/Seeliger, EG-kartellrechtliche Probleme bei Unternehmenskooperationen im Internet, EuZW 2001, S. 552, 556; Gassner, Internet-Handelsplattformen im Spiegel des Kartellrechts, MMR 2001, S. 140, 142; Immenga/Lange, Elektronische Marktplätze: Wettbewerbsbeschrän-kende Verhaltensweisen im Internet?, RiW 2000, S. 733, 737; Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49, 53f.; dazu auch die über-

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

170

IV. Tatbestandliche Verortung der entwickelten Grundsätze und übrige Tatbe-

standsvoraussetzungen

1. Bezwecken oder Bewirken einer Wettbewerbsbeschränkung

Das deutsche wie das europäische Kartellverbot kennen kein per se Verbot jeglichen

Informationsaustauschs zwischen Konkurrenten565. Voraussetzung für die Verwirkli-

chung eines Verstoßes gegen § 1 GWB bzw. Art 81 EG ist daher immer, dass der In-

formationsaustausch die Einschränkung des Wettbewerbs im Einzelfall bezweckt oder

bewirkt566. An dieser Stelle der kartellrechtlichen Prüfung ist auf die oben567 entwi-

ckelten Kriterien - Qualität der ausgetauschten Informationen und Marktgegebenheiten

- zurückzugreifen.

2. Mittel der Wettbewerbsbeschränkung

Ein Verstoß gegen Art. 81 EG bzw. § 1 GWB setzt eine wettbewerbsbeschränkende

Verhaltensweise im Sinne einer Vereinbarung, eines Beschlusses von Unternehmens-

vereinigungen oder eine abgestimmte Verhaltensweise voraus.

Gründen Wettbewerber einen Branchenmarktplatz, der so ausgestaltet ist, dass Daten

zwischen ihnen in wettbewerbsbeschränkender Weise offengelegt werden, so liegt in

dem entsprechenden Vertrag zur Gründung des Marktplatzes eine Vereinbarung im

Sinne des Art. 81 Abs. 1 EG bzw. § 1 GWB. Regelt die betreffende Vereinbarung den

Austausch der Daten nicht selbst, erfolgt ein unzulässiger Austausch von Marktdaten

wiegende Zahl der Stellungnahmen im Rahmen des Workshops der FTC „Emerging Is-sues for Competition Policy in the World of E-Commerce“ (2001), vgl. Transcript 1, S. 147ff., Dethof, Anforderungen des deutschen und europäischen Kartellrechts an Business-to-Business-Internetmarktplätze, S. 107f.

565 So für das GWB jüngst: OLG Düsseldorf, Entscheidung v. 26.7.2002, WuW 2002, S. 1091, 1092.

566 Der frühere Streit zwischen Gegenstands-, Zweck- und Folgetheorie in Bezug auf § 1 GWB hat sich seit der 6. GWB Novelle insofern erledigt: § 1 GWB nennt nun „bezwe-cken“ und „bewirken“ als Tatbestandsalternativen. Zum früheren Streitstand bezüglich Zweck-, Gegenstands- und Folgetheorie siehe: Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 1, Rn. 240ff.

567 Vgl.: 3. Kapitel, 2. Teil, B, III, 3., b).

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171

vielmehr ohne ausdrückliche Absprache, etwa während der späteren Marktplatznut-

zung, so liegt eine abgestimmte Verhaltensweise vor 568.

3. Übrige Tatbestandsmerkmale

Vom deutschen wie vom europäischen Kartellverbot werden nur diejenigen Wettbe-

werbsbeschränkungen erfasst, die geeignet sind, sich spürbar auf die Marktbedingun-

gen auszuwirken569. Nach der Bagatellbekanntmachung des BKartA trifft dies in aller

Regel nicht auf Vereinbarungen zu, wenn die beteiligten Unternehmen zusammen ei-

nen Marktanteil von 5 % nicht überschreiten570. Die neugefasste Bagatellbekanntma-

chung der EG-Kommission zieht für horizontale Vereinbarungen die Spürbarkeits-

grenze bei einem gemeinsamen Marktanteil von 10 %571. Hierbei bleibt es auch nach

dem Erlass der neuen Leitlinien der Kommission für horizontale Vereinbarungen, da

568 Insofern kann der Informationsaustausch unter Wettbewerbern als Verhaltensabstimmung

par excellence gelten: Schröter, in: GTE (1999), Art. 85 Abs. 1, Rn. 63. Das Gefahrenpo-tenzial eines unzulässigen Informationsaustauschs im Zusammenhang mit einem durch mehrere Konkurrenten initiierten Branchenmarktplatz besteht in erster Linie im Hinblick auf die Marktplatzgründer. Demgegenüber würde es den strategischen Interessen der Gründer regelmäßig widersprechen, anderen Nutzern durch die konkrete Ausgestaltung des Internethandelsplatzes einen Informationsaustausch zu ermöglichen, der diesen einen Wettbewerbsvorteil bescheren könnte. Kommt es dennoch zu einem wettbewerbsbe-schränkenden Informationsaustausch zwischen Unternehmen, die nicht zum Kreis der Marktplatzeigner gehören, greift wiederum ggf. die Tatbestandsalternative der abgestimm-ten Verhaltensweise.

569 Zum Spürbarkeitskriterium als ungeschriebenem Tatbestandsmerkmal in Art. 81 EG: EuGH Rs. 56/65, Slg. 1966, S. 281, 303f.; EuGH Rs. 86/82, Slg. 1984, S. 883, 902f.; Gleiss/Hirsch, Kommentar zum EG-Kartellrecht, 1993, Rn. 257ff. Für § 1 GWB: BGH Fertigbeton WuW/E BGH 1976, S. 1458, 1462. Das Kriterium der Spürbarkeit ist trotz der Neufassung des § 1 GWB nach der 6. GWB Novelle weiterhin (nunmehr ungeschrie-bene) Tatbestandsvoraussetzung des deutschen Kartellverbots, vgl.: Stockmann, in: Wie-demann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 7, Rn. 73ff.

570 BKartA, Bekanntmachung Nr. 57/80 v. 8.7.1980, BAnz. Nr. 133. 571 EG-Kommission, Bekanntmachung der Kommission über Vereinbarungen von geringer

Bedeutung, die den Wettbewerb gemäß Artikel 81 Abs. 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft nicht spürbar beschränken (de minimis), ABl. 2001, C 368, S. 13, Rn. 7a.

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

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diese für den Austausch relevanter Wettbewerbsinformationen keinen darüber hinaus-

gehenden „safe harbour“ vorsehen572.

Daneben erfordert Art. 81 Abs. 1 EG die Eignung, den Handel zwischen den Mitglied-

staaten zu beeinträchtigen. Diese Zwischenstaatlichkeitsklausel wird äußerst weit aus-

gelegt573 und ist jedenfalls dann erfüllt, wenn ein Branchenmarktplatz von Nutzern aus

verschiedenen Mitgliedstaaten regelmäßig genutzt wird574, weil dann die hinreichende

Wahrscheinlichkeit einer Beeinflussung des grenzüberschreitenden Wettbewerbs be-

steht, was Voraussetzung für die Anwendung des Art. 81 Abs. 1 EG ist575.

4. Freistellungsmöglichkeiten

a) Legalausnahme nach Art. 81 Abs. 3 EG

Die Möglichkeit der - nach nach bisheriger Rechtslage in der VO Nr. 17 vorgesehenen

– Einzelfreistellung eines dem Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG unterfallenden Aus-

tauschs wettbewerbsrelevanter Informationen nach Art. 81 Abs. 3 EG576 wurde durch

die Kommission zwar grundsätzlich bestätigt577. Soweit allerdings vertrauliche Ge-

572 EG-Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EG-Vertrag auf Vereinba-

rungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. 2001, C 3, S. 2, Rn. 10. Es handelt sich hierbei um von der EG-Kommission zusammengestellte Anwendungsgrundsätze, die frei-lich den europäischen Gerichtshof nicht binden, da die Leitlinien keinen förmlichen Rechtsakt im Sinne des Art. 249 EG darstellen.

573 Vgl. etwa: EuGH Rs. 56 u. 58/64 Grundig/Consten, Slg. 1966, S. 321, 389. 574 Ahlborn/Seeliger weisen darauf, dass die Zwischenstaatlichkeitsklausel wegen der regel-

mäßig grenzüberschreitenden Ausrichtung von Internetmarktplätzen meist erfüllt sein wird. Ahlborn/Seeliger, EG-kartellrechtliche Probleme bei Unternehmenskooperationen im Internet, EuZW 2001, S. 552, 556.

575 Zur Prognose einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit, vgl.: Bunte, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht (2001) Art. 81, Generelle Prin-zipien, Rn. 119.

576 Nach dem Vorschlag der Kommission v. 27.9.2000 über eine Ratsverordnung zur Durch-führung der in den Art. 81 und 82 EG-Vertrag niedergelegten Wettbewerbsregeln, KOM (2000) 582 endg., soll die Freistellungsmöglichkeit abgeschafft werden. Nach dem von der Kommission angestrebten System der Legalausnahme wären Vereinbarungen, die Art. 81 Abs. 1 EG unterfallen, automatisch wirksam, soweit die Voraussetzungen des Art. 81 Abs. 3 EG vorliegen.

577 Kommission, Entscheidung v. 15.12.1986 X/Open Group, ABl. 1987, L 35, S. 36ff.

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

173

schäftsgeheimnisse ausgetauscht wurden, kam eine Freistellung regelmäßig nicht in

Frage, weil die Voraussetzungen des Art. 81 Abs. 3 EG nicht vorlagen: Ein Beitrag

zur Verbesserung der Warenerzeugung oder eine Förderung des wirtschaftlichen Fort-

schritts wird durch den Austausch vertraulicher Geschäftsdaten zwischen Konkurren-

ten in der Regel nämlich nicht geleistet578. Diese Einschätzung wurde von der restrik-

tiven Haltung der Kommission zu Freistellungen für den Austausch von Marktdaten

gestützt. Die Mehrzahl der Freistellungsanträge wurde daher abgelehnt579. Diese

Grundsätze sind nunmehr für die Beantwortung der Frage heranzuziehen, inwieweit

eine Legalausnahme gemäß Art. 81 Abs. 3 EG vom Verbot des Absatzes 1 besteht.

b) Freistellungsmöglichkeiten nach dem GWB

Soweit der Informationsaustausch ausschließlich zwischen kleinen und mittleren Un-

ternehmen vollzogen wird, kommt bei Vorliegen übrigen Tatbestandsvoraussetzung

eine Freistellung nach § 4 Abs. 1 GWB in Betracht. Wird ein Branchenmarktplatz so

ausgestaltet, dass auch Großunternehmen am Informationsaustausch beteiligt werden,

scheidet eine Freistellung schon deshalb aus, weil dann regelmäßig eine wesentliche

Marktbeeinträchtigung gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 GWB vorliegen wird580.

Für Branchenmarktplätze, die wettbewerbsbeschränkend wirken, besteht zudem unter

den strengen Voraussetzungen des § 5 GWB die Möglichkeit der Freistellung als Rati-

onalisierungskartell. Für die Freistellung eines wettbewerbsbeschränkenden Aus-

tauschs marktrelevanter Informationen bleibt aber nach dieser Norm praktisch wenig

Raum. Wenn, wie häufig, die führenden Unternehmen einer Branche an dem Markt-

platzhandel teilnehmen, könnte der Austausch vertraulicher Informationen einen bran- 578 Falkenstein-Meyer, Die wettbewerbliche Behandlung von europäischen Marktinformati-

onssystemen (1995), S. 83. Vgl.: Kommission, Entscheidung v. 2.12.1986 Fettsäuren, ABl. 1987, L 3, S. 17, Rn. 50.

579 Vgl. dazu: Dreher, Wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit von Marktinformationen, in: Bewertung und Zulässigkeit von Marktinformationsverfahren, FIW-Schriftenreihe, Heft 150, S. 15, 20f. Freistellungen wurden nur für Meldesysteme kleiner und mittlerer Unternehmen gewährt. Vgl.: Stockmann, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 8 Einzelfragen, Rn. 240.

580 So auch Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unterneh-menspraxis (2002), S. 251.

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

174

chenweiten Wettbewerbsausschluss zur Folge haben, der von § 5 Abs. 1 GWB nicht

gedeckt ist581. Jedenfalls würde der mit dem Austausch relevanter Marktdaten einher-

gehende Rationalisierungseffekt zu Lasten anderer, nämlich der nicht angeschlossenen

Unternehmen, gehen und aus diesem Grund nicht freistellungsfähig sein582.

V. Folgerungen für die Gründung und den Betrieb von Branchenmarktplätzen

1. Gründungsstadium

Das Kartellverbot kann beim Aufbau eines Branchenmarktplatzes schon im Grün-

dungsstadium eingreifen, wenn im Rahmen der gemeinsamen Planung und Entwick-

lung des Vorhabens wettbewerbsrelevante Informationen zwischen den Gründern aus-

getauscht werden. Da die Gründungsunternehmen die genaue Ausgestaltung des

Marktplatzes gemeinsam erarbeiten, besteht die Gefahr, dass während dieser Sitzun-

gen vertrauliche, wettbewerbsrelevante Daten ausgetauscht werden583. Zur Verhinde-

rung eines Verstoßes müssen sich die Gründer daher im Rahmen gemeinsamer Treffen

auf den Austausch nicht vertraulicher Inhalte beschränken.

581 Zur Frage des branchenweiten Wettbewerbsausschlusses: Bunte, in: Langen/Bunte, Kom-

mentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht (2001), § 5, Rn. 27. 582 In die gleiche Richtung: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in

der Unternehmenspraxis (2002), S. 252. 583 Dies stellt dann ein geradezu typisches Beispiel einer Kontaktaufnahme im Sinne einer

abgestimmten Verhaltensweise nach Art. 81 Abs. 1 EG und § 1 GWB dar. Dazu: Emme-rich, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 85 Abs. 1, Rn. 122; Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 1, Rn. 100. Insbesondere wenn in der Folge ein paralleles Verhalten der beteiligten Unternehmen auf dem Markt zu beobachten ist, liegt der Verdacht einer abgestimmten Verhaltensweise nahe. Vgl. dazu: Immen-ga/Lange, Elektronische Marktplätze: Wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen im Internet?, RiW 2000, S. 733, 736. Der Inhalt der Treffen der beteiligten Unternehmen im Gründungsstadium muss sich demzufolge auf die Modalitäten der Gründung des Markt-platzes beschränken, um nicht als Fühlungnahme unter Wettbewerbern zu gelten. Dazu: Immenga/Lange, Elektronische Marktplätze: Wettbewerbsbeschränkende Verhaltenswei-sen im Internet?, RiW 2000, S. 733, 737. Problematisch kann zudem die Bestückung des Marktplatzes mit Katalogen oder Preislisten durch die Gründer sein. Sind an dem techni-schen Aufbau des Marktplatzes Mitarbeiter aller Gründungsunternehmen beteiligt, so be-steht eine hohe Wahrscheinlichkeit der gegenseitigen Wahrnehmung dieser wettbewerbs-relevanten Daten. Zu diesem Fragenkreis: Dethof, Anforderungen des deutschen und europäischen Kartellrechts an Business-to-Business-Internetmarktplätze, S. 95f.

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

175

2. Zugriff der Gründer auf Datenbestände des Marktplatzunternehmens

Die Gefahr eines wettbewerbsbeschränkenden Informationsaustauschs der Gründungs-

unternehmen besteht außerdem während des späteren Betriebs des Marktplatzes, so-

fern die Gründungsunternehmen auf die Datenbestände des Marktplatzunternehmens

zug-reifen können584, die Aufschluss über einzelne Transaktionen geben oder anhand

derer sich Nutzerprofile erstellen lassen. Wenn den Gründungsunternehmen Einblick

in der Weise gewährt wird, dass sie nachvollziehen können, welcher Konkurrent von

wem was und zu welchen Konditionen gekauft hat, so liegt hierin ein identifizierender

Informationsaustausch, der nach den oben585 genannten Kriterien zu beurteilen ist586.

Dem berechtigten Interesse der Gründungsunternehmen, die als Gesellschafter des

Marktplatzes in der Regel erhebliche Investitionen getätigt haben, über die wirtschaft-

liche Entwicklung des Marktplatzes informiert zu werden, kann aber durch die Wei-

tergabe allgemeiner und statistischer Daten über die abgewickelten Transaktionen und

Umsätze Rechnung getragen werden. Die Weitergabe solcher allgemein gehaltener

Daten, durch die den Gründern kein Rückschluss auf Einzelgeschäfte oder auf Umsät-

ze ihrer Händler oder Mitbewerber ermöglicht wird, wirkt, wie gezeigt wurde, nicht

wettbewerbsbeschränkend und ist damit kartellrechtlich unbedenklich587.

584 Zu diesem Problem vgl. etwa: Eilmannsberger, EG-Wettbewerbsrecht und das Internet,

Wbl 2001, S. 501, 506f. 585 Vgl.: 3. Kapitel, 2. Teil, B., III., 3., b). 586 Vgl. im Einzelnen: Ahlborn/Seeliger, EG-kartellrechtliche Probleme bei Unternehmensko-

operationen im Internet, EuZW 2001, S. 552, 556f.; Report der FTC zum Workshop „Competition Policy in the World of B2B Electronic Marketplaces“, Part 3, S. 9f.

587 Immenga/Lange, Elektronische Marktplätze: Wettbewerbsbeschränkende Verhaltenswei-sen im Internet?, RiW 2000, S. 733, 737. Unbedenklich ist insbesondere der Austausch rein statistischer Daten und allgemeiner Marktanalysen. Hierzu: Zimmer, in: Immen-ga/Mestmäcker, GWB (2001), § 1, Rn. 397ff.

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

176

3. Offenlegung von Daten bei der Transaktionsabwicklung

a) Allgemeines Problematisch ist es ferner, wenn der elektronische Marktplatz so ausgestaltet ist, dass

die bei der Abwicklung einzelner Transaktionen eingespeisten sensiblen Informatio-

nen allen Marktplatzteilnehmern, also auch Wettbewerbern, offengelegt werden.

Andererseits ist es gerade Kennzeichen typischer Geschäftsanbahnungsmodelle auf

Internetmarktplätzen, dass die Geschäftsanbahnung nicht im Geheimen erfolgt. So er-

hofft sich etwa der Versteigerer im Rahmen einer Internetauktion eine möglichst rege

Beteiligung durch mögliche Kaufinteressenten, weil dies seine Gewinnchancen ver-

bessert. Für die auf elektronischen Marktplätzen gebräuchlichsten Transaktionsme-

chanismen wird daher nachfolgend exemplarisch dargestellt, welche Informationen

wem verborgen bleiben müssen, um einen Kartellrechtsverstoß auszuschließen.

b) Online-Auktionsformen

In der Literatur wurde zum Teil vorgetragen, der Austausch bestimmter Wettbewerbs-

informationen sei im Rahmen der im Internetgeschäftsverkehr gängigen Online-

Auktionsformen für deren Funktionieren in gewissem Umfang notwendig und nicht

vermeidbar588. So erhielten im Rahmen derartiger Versteigerungen Wettbewerber un-

erlässlicherweise zumindest implizit Kenntnisse über das Marktverhalten ihrer Kon-

kurrenten589.

Diese Ansicht ist in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend. Zum Funktionieren einer On-

line-Auktion ist es unerlässlich, dass die Bieter über den Versteigerungsgegenstand

und die Höhe des aktuellsten Gebotes informiert sind. Gleichzeitig hat der Versteige-

rer ein berechtigtes Interesse daran, zu wissen, ob der potenzielle Käufer vertrauens-

würdig und solvent ist. Ihm ist daher zuzugestehen, dass er über die Identität der Bieter

588 Vgl. die Ausführungen bei: Jestaedt, Funktionalität, Effizienz und Wettbewerb: B2B-

Marktplätze und das Kartellrecht, BB 2001, S. 579, 583. 589 Ahlborn/Seeliger, EG-kartellrechtliche Probleme bei Unternehmenskooperationen im In-

ternet, EuZW 2001, S. 552, 556; ähnlich: Eilmannsberger, EG-Wettbewerbsrecht und das Internet, Wbl 2001, S. 501, 507.

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

177

informiert wird. Der Austausch dieser für das Zustandekommen der Transaktion erfor-

derlichen Daten zwischen Bietern einerseits und Versteigerer andererseits vollzieht

sich im Vertikalverhältnis zwischen Nichtwettbewerbern und ist kartellrechtlich

grundsätzlich unproblematisch.

Eine identifizierende Offenlegung der zwischen dem Versteigerer und den jeweiligen

Bietern ausgetauschten Informationen im Horizontalverhältnis, also gegenüber Unter-

nehmen derselben Marktseite, ist indes für den Ablauf der Internetauktion nicht not-

wendig590. Sie wäre im Gegenteil kartellrechtlich problematisch, weil Mitbieter dann

in Echtzeit das Bietverhalten ihrer Konkurrenten mitverfolgen können591. Kartellrecht-

lich unproblematisch ist eine Online-Auktion daher nur, wenn sie so ausgestaltet ist,

dass die Bieter vor einer gegenseitigen Identifizierung ihres Marktverhaltens abge-

schirmt werden und die notwendigerweise offenzulegenden Informationen, wie die

Höhe des letzten Gebotes, nur in anonymisierter Form, also ohne Preisgabe der Identi-

tät des Bieters, für die Konkurrenten zugänglich gemacht werden.

Im Rahmen einer „holländischen Auktion“, also einer Auktion mit fallenden Preisen,

gelten die vorgenannten Erwägungen in gleicher Weise. Bei einer Einkaufsaukti-

on/Ausschreibung sind die Vorzeichen umgekehrt: Einkaufsauktionen werden auf Ini-

tiative des potenziellen Käufers veranstaltet. Es konkurrieren die Verkäufer592. Die

Geheimhaltung ist hier hinsichtlich der Identität der Verkäufer untereinander notwen-

dig.

590 Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-

Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49, 54.

591 Dies würde die Überwachungsmöglichkeit eines zuvor geschlossenen Bieterkartells erhö-hen oder könnte wegen der zu erwartenden umgehenden Reaktion eines Konkurrenten auf einen Preisvorstoß zu einer Dämpfung des Wettbewerbsverhaltens im Sinne abgestimmten Verhaltens führen. Aus wettbewerbstheoretischer Perspektive: Baker, Identifying Hori-zontal Price Fixing in the Electronic Marketplace, Antitrust Law Journal, Vol 65, S. 41, 45ff. Die unter diesen Voraussetzungen gegebene Möglichkeit, das Wettbewerbsverhalten von Konkurrenten über einen längeren Zeitraum und der Abfolge einer Vielzahl von Auk-tionen zu verfolgen, würde zudem die Erstellung von Verhaltensprofilen der Konkurren-ten ermöglichen. In diesem Sinne: Correia, Antitrust Issues in Creating and Joining E-Commerce “B2B” Exchanges, S. 4; zur Erstellung von Verhaltensprofilen und den kartell-rechtlichen Implikationen allgemein: Diskussionspapier der ACCC, E-commerce & Com-petition issues under the Trade Practises Act (2001), S. 37.

592 Zu den Begrifflichkeiten: Schafft, „Reverse Auctions“ im Internet, CR 2001, S. 393ff.

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

178

c) Online-Kataloge

Aus dem Kartellrecht ergeben sich auch Vorgaben für die technische Ausgestaltung

von Online-Katalogen.

Soweit ein solcher Online-Katalog nicht nur Aufschluss über die Produkteigenschaften

der aufgelisteten Güter, sondern auch über Preise, Lieferbedingungen und Mengenra-

batte etc. gibt, ist der Zugang zu diesen Informationen nur gegenüber Unternehmen

der Marktgegenseite erforderlich. Die Offenlegung dieser Kataloginformationen ge-

genüber den Konkurrenten würde auch hier einen identifizierenden Austausch begrün-

den, der zu einer Verhaltensabstimmung führen könnte. Hierbei ist auch zu berück-

sichtigen, dass sich die Katalogpreise zudem anders als ein Papierkatalog mit sehr ge-

ringem Aufwand und vernachlässigbarem Zeitverlust verändern und an das Wettbe-

werbsverhalten eines Konkurrenten anpassen lassen. Die Möglichkeit, den Vorstoß

eines Mitbewerbers unmittelbar zu kontern, ist hier aus diesen Gründen prinzipiell e-

benso groß wie im Rahmen von Online-Versteigerungen. Denkbar ist es sogar, mittels

eines Software-Agenten593 eine automatisierte Anpassung des eigenen Kataloges

durchführen zu lassen, mit der jedes Preisverhalten eines Konkurrenten erwidert

wird594. Konkurrenten darf nach alledem kein Zugriff auf sensible Informationen in

den Online-Katalogen der Mitbewerber gewährt werden.

593 Als Agenten werden Softwaresysteme beschrieben, die über ein gewisses Maß an Auto-

nomie verfügen und die Fahigkeit zu problemlösendem Verhalten aufweisen und deshalb (in begrenztem Umfang) auf einem Rationalitätskalkül basierende Interaktionen planen und ausführen können. Vgl.: Kirn, Kooperierende intelligente Softwareagenten, Wirt-schaftsinformatik 1/2002, S. 53, 57.

594 Im Rahmen von Internetauktionen ist die Verwendung derartiger Software-Routinen be-reits im Bereich der technologisch wesentlich simpleren Endkundenauktionsplattformen, wie ebay, Yahoo etc. üblich. So ist es möglich, automatisiert das Gebot eines anderen Bie-ters um einen jeweils geringen Betrag zu überbieten. Kehrte man die Routine in der Weise um, dass auf jede Preisänderung in einem Katalog eines Konkurrenten die eigenen Preise in der gleichen Weise angepasst würden, wird die Gefahr der Nutzung derartiger Routinen zu Verhaltensabstimmungen deutlich.

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

179

d) Online-Börsen Da Nachfragen auf Online-Börsen in Echtzeit abgewickelt werden, und Handelsge-

genstand von Internetbörsen meist stark kommoditisierte Güter sind595, ist auch hier

die Identifizierung der einzelnen Konkurrenten untereinander problematisch und wür-

de Koordinierungspotenziale eröffnen596. Kartellrechtsfestigkeit kann unter diesen

Umständen ebenfalls nur erreicht werden597, wenn die den Mitbewerbern offen geleg-

ten Daten anonymisiert sind und ihnen sonst keine Möglichkeit gegeben wird, ihr

Marktverhalten gegenseitig zu identifizieren.

VI. Zusammenfassende Würdigung

Branchenmarktplätze sind geeignet, die Informationssituation auf den Märkten der

gehandelten Güter zu verändern. Soweit die Marktübersicht im Austausch- oder Verti-

kalverhältnis verbessert wird, ist dies kartellrechtlich unproblematisch. Die Offenle-

gung von Marktinformationen zwischen Wettbewerbern kann jedoch gegen das Kar-

tellverbot verstoßen, wobei zur Beurteilung die zu den Marktinformationssystemen

entwickelten Kriterien heranzuziehen sind. Das Vorliegen eines Verstoßes hängt im 595 Vgl. hierzu: Report des OFT, E-Commerce and its Implications for Competition Policy

(2000), Rn. 3.49; vgl. weiterhin: Report zum Workshop der FTC „Competition Policy in the World of B2B Electronic Marketplaces“, Part 1, S. 11; Müller, Elektronische Märkte im Internet, in: Bogaschewsky, Elektronischer Einkauf (1999), S. 225.

596 Die Anfälligkeit von Märkten mit standardisierten, homogenen Gütern für Preisabstim-mungen und abgestimmte Verhaltensweisen ist von der Wettbewerbstheorie nachgewiesen worden. Zu den verschiedenen Ansätzen im Einzelnen: Aberle, Ökonomische Bewertung der Transparenz und Geheimhaltung der Marktdaten als Wettbewerbsparameter, in: Be-wertung und Zulässigkeit von Marktinformationsverfahren, FIW Schriftenreihe Heft 150, S. 7f.

597 Richtig ist zwar, wie Harting feststellt, dass die Offenlegung der Identitäten der Transakti-onspartner irgendwann im Laufe der Transaktion erforderlich werden wird, wenn der In-ternetmarktplatz wie in den meisten Fällen nicht die Funktion eines Clearinghouse erfüllt. Vgl.: Harting, Business Exchanges, Statement zum Workshop der FTC „Competition Po-licy in the World of B2B Electronic Marketplaces“, S. 22, abrufbar unter: http://www. ftc.gov/os/2000/10/b2breport.pdf. Funktionsnotwendig ist eine Offenlegung aber erst nach Geschäftsabschluss und nur im Verhältnis der am Geschäft Beteiligten, so dass eine Preisgabe der Identitäten der übrigen Bieter und Anbieter untereinander ausgeschlossen ist. Ein Ablaufmuster hierzu findet sich bei: Baker & McKenzie, Statement zum Workshop der FTC „Competition Policy in the World of B2B Electronic Marketplaces“, S. 6ff, ab-rufbar unter : http://www.ftc.gov/bc/b2b/comments/index.htm.

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3. Kapitel - 2. Teil B Branchenmarktplätze - Austausch von Marktinformationen

180

Einzelfall von der Art der ausgetauschten Informationen und den Eigenheiten des zu-

grunde liegenden Produktmarktes ab. Die Gefahr eines unzulässigen Austauschs von

Marktinformationen besteht insbesondere im Falle des ungehinderten Zugriffs der

Gründer auf die Datenbestände des Marktplatzunternehmens sowie bei der Abwick-

lung von Transaktionen über den Marktplatz. Aus dem Kartellrecht ergeben sich somit

Vorgaben für die konkrete Ausgestaltung des Zugriffs auf wettbewerbsrelevante Daten

beim Einsatz von Branchenmarktplätzen598.

598 Die Einzelnen technischen und organisatorischen Vorkehrungen, die zur Verminderung

des kartellrechtlichen Gefahrenpotenzials getroffen werden können, werden im 4. Kapitel, 1. Teil, B. behandelt. Vgl. dazu auch: Dethof, Anforderungen des deutschen und europä-ischen Kartellrechts an Business-to-Business-Internetmarktplätze, S. 124.

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3. Kapitel - 2. Teil C Branchenmarktplätze - Gemeinsamer Einkauf

181

C. Gemeinsamer Einkauf mit Hilfe von Branchenmarktplätzen

I. Problemstellung

1. Anreize zur gemeinsamen Beschaffung über Internetmarktplätze

Durch die Teilnahme an Internetmarktplätzen erhoffen sich Unternehmen signifikante

Potenziale zur Senkung der Einkaufskosten599.

Werkzeuge gängiger Marktplatzsoftwareprodukte zielen zum einen darauf ab, den Un-

ternehmen zu helfen, ein „maverick purchasing600“ bei der Beschaffung zu vermeiden.

Es werden so die Beschaffungsvorgänge unternehmens- bzw. konzernweit koordiniert.

Zum anderen werden Softwaretools angeboten und eingesetzt, die die Bündelung der

Nachfrage verschiedener Unternehmen („demand bundling“) beim Einkauf über Inter-

netmarktplätze ermöglichen601. Hierdurch können Beschaffungsvorgänge verschiede-

ner Unternehmen zusammengefasst werden. Unzweifelhaft lassen sich auf diese Weise

erhebliche Rationalisierungseffekte vor allem im Hinblick auf den Transport und die

Logistik erzielen602. Der Internetmarktplatz kann dabei so ausgestaltet sein, dass eine

Nachfrage zweier Unternehmen nach einem identischen Produkt automatisch elektro-

nisch gebündelt wird. Die Marktplatzsoftware lässt sich ferner technisch so ausrichten,

dass zwar keine automatische Bündelung verschiedener Bestellungen erfolgt, den ein-

599 Niehus, Leitfaden E-Business – E-Procurement (1999), S. 13; Sibbel/Hartmann, Potenziale

elektronischer Marktplätze für das Beschaffungsmanagement, WISU 2002, S. 497, 499. Vgl.: 1. Kapitel, 3. Teil, A, II.

600 Unter dem Begriff des „maverick purchasing“ werden Bestellvorgänge verstanden, die am zentralen Einkauf eines Unternehmens vorbei – und damit außerhalb verhandelter Kon-trakte – getätigt werden. Derartige Einkäufe werden häufig begünstigt durch umständliche und langwierige Organisation des Beschaffungswesens innerhalb des Unternehmens, aber auch durch die gegenwärtige Ausgestaltung einiger ERP-Systeme, die auf die Nutzung durch die eigentlichen Einkaufsabteilungen eines Unternehmens, jedoch nicht auf gele-gentliche Nutzer zugeschnitten sind. Insbesondere im Bereich der MRO-Güter werden signifikante Einsparpotenziale durch die Unterbindung derartiger Einkaufsvorgänge durch die zentrale Beschaffung über einen B2B-Internetmarktplätze ausgemacht.Vgl.: Report der FTC zum Workshop „Entering the 21st Century: Competition Policy in the World of B2B Electronic Marketplaces”, Part 2, S. 8.

601 Jestaedt, Funktionalität, Effizienz und Wettbewerb: B2B-Marktplätze und das Kartell-recht, BB 2001, S. 581, 584.

602 Jestaedt, Funktionalität, Effizienz und Wettbewerb: B2B-Marktplätze und das Kartell-recht, BB 2001, S. 581, 584.

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3. Kapitel - 2. Teil C Branchenmarktplätze - Gemeinsamer Einkauf

182

zelnen Nutzern aber ermöglicht wird, sich ad hoc der Bestellung eines anderen Nut-

zers, die dieser über den Internetmarktplatz in Auftrag gibt, anzuschließen603. Die Be-

sonderheit dieser „Ad-hoc - Gemeinschaften“ gegenüber klassischen Einkaufsgemein-

schaften besteht darin, dass sie prinzipiell auf ein Einzelgeschäft beschränkt sind604.

Im Endkundengeschäft sind derartige Nachfragebündelungen im Internet seit einigen

Jahren unter dem Begriff des „powershopping“ bekannt605.

Softwarelösungen zur Nachfragebündelung kommen vor allem auf Internethandels-

plattformen zur Anwendung, die durch Nachfrager initiiert werden606.

2. Kartellrechtliche Risiken gemeinsamer Beschaffung

Den Rationalisierungseffekten gemeinsamer unternehmerischer Beschaffung stehen

allerdings kartellrechtliche Bedenken gegenüber. Soweit der gemeinsame Einkauf

wettbewerbsbeschränkend ist, unterfällt er dem Kartellverbot des § 1 GWB bzw. des

Art. 81 EG607. Eine wettbewerbsbeschränkende Wirkung kann der gemeinsame Ein-

kauf auf den Nachfragerwettbewerb608 entfalten, indem der wirtschaftliche Handlungs-

spielraum der teilnehmenden Unternehmen begrenzt wird. Zum anderen schränkt der

gemeinsame Einkauf den Kreis der Nachfrager ein, auf welchen die Anbieter auswei-

chen können609. Bei hinreichender Marktmacht der Nachfrager kann die Einkaufsko-

603 Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedingungen des

europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 574. 604 Asschenfeldt, B2B-Marktplätze: Aktuelle wettbewerbsrechtliche Problemstellungen, MMR

Beilage 9/2001, S. 5, 7. Zum Ganzen ausführlich: Krone, Horizontale Markttransparenz im Zeitalter einer Informationsgesellschaft, S. 123ff.

605 Vgl.: Bundeskartellamt, Tätigkeitsbericht 1999, 2000, S. II, BT-Drucks. 14/6300. 606 Vgl. etwa den B2B-Marktplatz RubberNetworks.com. Dazu: BKartA, Beschluss v.

26.01.2001 RubberNetwork.com, B 3 - 25130 - U - 110/00, S. 4. 607 Im Einzelnen: Schroeder, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 8, Einzel-

fragen, Rn. 63ff. 608 Die Existenz eines - auch durch das Kartellverbot geschützten - Nachfragewettbewerbs

wird heute nicht mehr bestritten. Vgl. etwa: Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 1, Rn. 160ff.

609 Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 1, Rn. 350; vgl. auch: EG-Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EG-Vertrag auf Vereinbarun-gen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. 2001, C 3, S. 2, Rn. 119ff.

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3. Kapitel - 2. Teil C Branchenmarktplätze - Gemeinsamer Einkauf

183

operation das Preisniveau unter das Wettbewerbsniveau drücken oder unter dem As-

pekt der Angleichung der Kostenstrukturen der Nachfrager problematisch sein610.

II. Bisherige Stellungnahmen

1. Aussagen der Kartellbehörden

Die Wettbewerbsbehörden haben sich mit der Frage, inwieweit Einkäufe über Inter-

netmarktplätze gemeinsam durchgeführt werden dürfen, im Rahmen der bisherigen

Anmeldeverfahren intensiv auseinandergesetzt611. Soweit wettbewerbsrechtliche Be-

denken der Behörden bestanden, wurden diese bislang durch die Zusicherung seitens

der Marktplatzgründer ausgeräumt, eine Nachfragebündelung werde nicht zugelas-

sen612. So sicherten z.B. die Gründungsunternehmen von Covisint dem BKartA zu, ein

gemeinsamer Einkauf mehrerer Automobilhersteller über die Internetplattform werde

unterbleiben613. Weiterhin möglich bleiben solle bei der Nutzung von Covisint eine

Bündelung der Kaufkraft eines einzelnen Automobilherstellers mit derjenigen einer

oder mehrerer Lieferanten, was vom BKartA nicht beanstandet wurde614. Im Fall Rub-

berNetwork.com genehmigte das BKartA die Bündelung der Nachfrage durch die

Gründerunternehmen, soweit diese ausschließlich MRO-Produkte betrifft615.

Die Kommission weist darauf hin, dass Nachfragebündelungen über Internetmarkt-

plätze im Einklang mit den - vor allem in den Leitlinien für horizontale Kooperationen

erläuterten616 - Maßstäben des Kartellrechts im Einklang stehen müssen617.

610 Eilmannsberger, EG-Wettbewerbsrecht und das Internet, Wbl 2001, S. 501, 506. 611 BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisint,, B 5 - 34100 - U 40/00, S. 5; BKartA, Beschluss

v. 26.01.2001 RubberNetwork.com, B 3 - 25130 - U - 110/00, S. 4. 612 Ein genereller Ausschluss der Nachfragebündelung findet sich z. B. in der Satzung des

Marktplatzes CC-markets. Vgl.: BKartA, Beschluss v. 23.10.2000, B 3 - 72303 - U - 76/00, S. 5.

613 BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisint,, B 5 - 34100 - U 40/00, S. 5. 614 BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisint,, B 5 - 34100 - U 40/00, S. 5. 615 BKartA, Beschluss v. 26.01.2001 RubberNetwork.com, B 3 - 25130 - U - 110/00, S. 4. 616 EG-Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EG-Vertrag auf Vereinba-

rungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. 2001, C 3, S. 2, Rn. 115ff.

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3. Kapitel - 2. Teil C Branchenmarktplätze - Gemeinsamer Einkauf

184

2. Aussagen der Literatur

In der Literatur618 wird betont, der geltende rechtliche Rahmen für Einkaufskooperati-

onen sei beim Handel über Internetmarktplätze einzuhalten619. Zu einer differenzieren-

den Bewertung gelangt indes Jestaedt, der für die Fälle von Ad-hoc-

Einkaufskooperationen über Internetplattformen eine Gefährdung des Wettbewerbs

nicht zu erkennen vermag620. Zumindest jedoch hält er spürbare Beeinträchtigungen

des Wettbewerbs regelmäßig für nicht gegeben und plädiert daher für eine positive

kartellrechtliche Bewertung dieser Kooperationsformen621. Zudem bestehe keine

Wettbewerbsbeschränkung, falls die Bündelung der Nachfrage auf Wunsch des Anbie-

ters erfolge622. Hingegen sei eine Ausgestaltung von Marktplätzen, die nicht nur eine

elektronische Bündelung der Nachfragen vorsehe, sondern daneben die Möglichkeit

gemeinsamer Verhandlungen gegenüber den Anbietern zulasse, mit klassischen Ein-

kaufskooperationen vergleichbar und unterliege daher den herkömmlichen kartell-

rechtlichen Grenzen623.

617 Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-

Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49, 55; Clerc/Clark, Commission clears the creation of three B2B e-marketplaces: Covisint, Eutilia, Endorsia, Competition Policy Newsletter, 2002, Nr. 1, S. 53.

618 Für Stellungnahmen zu dem untersuchten Aspekt vgl. nur: Ahlborn/Seeliger, EG-kartell-rechtliche Probleme bei Unternehmenskooperationen im Internet, EuZW 2001, S. 552, 558; Asschenfeldt, B2B-Marktplätze: Aktuelle wettbewerbsrechtliche Problemstellungen, MMR Beilage 9/2001, S. 5, 6; Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedingungen des europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 574; Lancefield, The Regulatory Hurdles Ahead in B2B, ECLR 2001, S. 9.

619 Davon gehen etwa Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 254ff. aus.

620 Jestaedt, Funktionalität, Effizienz und Wettbewerb: B2B-Marktplätze und das Kartell-recht, BB 2001, S. 581, 584f. Ebenfalls in diese Richtung: Gramlich/Kröger/Schreibauer, Rechtshandbuch B2B Plattformen, 135f.

621 Jestaedt, Funktionalität, Effizienz und Wettbewerb: B2B-Marktplätze und das Kartell-recht, BB 2001, S. 581, 585.

622 Jestaedt, Funktionalität, Effizienz und Wettbewerb: B2B-Marktplätze und das Kartell-recht, BB 2001, S. 581, 585.

623 Jestaedt, Funktionalität, Effizienz und Wettbewerb: B2B-Marktplätze und das Kartell-recht, BB 2001, S. 581, 585.

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3. Kapitel - 2. Teil C Branchenmarktplätze - Gemeinsamer Einkauf

185

III. Qualifizierung von Beschaffungsbündelungen über elektronische Marktplät-

ze als Einkaufskooperation

1. Varianten gemeinsamer Beschaffung über Internetmarktplätze

Für eine angemessene Beurteilung der gemeinsamen Beschaffung von Gütern über

Branchenmarktplätze sind zunächst die verschiedenen Formen denkbarer Nachfrage-

bündelung zu unterscheiden:

- Die individuelle Vereinbarung der Bündelung zwischen Nutzern eines elektro-

nischen Marktplatzes,

- die automatische elektronische Bündelung verschiedener Nachfragen nach dem

selben Produkt durch die Software des Marktplatzes und

- die Möglichkeit des Ad-hoc-Anschlusses an eine Nachfrage eines anderen

Marktplatznutzers.

2. Einordnung der einzelnen Bündelungsvarianten als Einkaufskooperationen im Sinne des Kartellrechts

a) Bündelung durch individuelle Nutzervereinbarung

Keinerlei neue Fragen wirft die Vereinbarung der Nachfragebündelung durch ver-

schiedene Unternehmen auf, wenn diese im Wege individueller Kommunikation zwi-

schen diesen Unternehmen vereinbart wird: Ob eine Einkaufskooperation persönlich,

telefonisch, via E-Mail oder mittels der Kommunikationskanäle eines Internetmarkt-

platzes erfolgt, macht für die kartellrechtliche Bewertung keinen Unterschied; es liegt

eine klassische Einkaufsgemeinschaft vor.

b) Automatische Bündelung von Nachfragen durch den Internetmarktplatz

Ist die Marktplatzsoftware dagegen so konfiguriert, dass sie eingehende Nachfragen

eines Marktplatzteilnehmers nach einem Gut mit den Nachfragen anderer Marktplatz-

nutzer abgleicht und, sofern mehrere Nachfragen nach dem selben Gut vorliegen, diese

Aufträge dann automatisch bündelt, kommt der gemeinsame Einkauf zu Stande, ohne

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3. Kapitel - 2. Teil C Branchenmarktplätze - Gemeinsamer Einkauf

186

dass es einer individuellen Vereinbarung des gemeinsamen Einkaufs hinsichtlich der

Einzeltransaktion bedarf.

Ein auf diese Weise gestalteter B2B-Marktplatz lässt Einkaufskooperationen in wech-

selnden Unternehmenskonstellationen erwarten. Der letztgenannte Aspekt schließt die

Qualifikation derartiger Sachverhalte als Einkaufsgemeinschaften im Sinne des Kar-

tellrechts jedoch nicht aus, weil diese unabhängig von der Organisationsform des ge-

meinsamen Einkaufs ist624 und nicht voraussetzt, dass alle teilnehmenden Unterneh-

men an jedem Geschäftsvorgang einer Einkaufskooperation partizipieren.

Einer näheren Betrachtung bedarf in diesen Fällen einzig die Bestimmung der kartell-

rechtlich relevanten Verhaltensweise: Werden verschiedene Anfragen nach einem Pro-

dukt durch die Software des Marktplatzes automatisch gebündelt, ohne dass eine

Kommunikation zwischen den Nachfragern hierüber stattgefunden hat, scheidet eine

diesbezügliche „Vereinbarung“ zwischen den Nachfragern als Anknüpfungspunkt

aus625. Richtigerweise ist unter diesen Voraussetzungen die kartellrechtlich relevante

Verhaltensweise in der Beteiligung am Handel eines derart ausgestalteten Marktplat-

zes zu sehen626. Die Konstellation entspricht insofern dem gemeinsamen Aufbau einer

Koordinationsstelle bei klassischen Einkaufsgemeinschaften. Dem steht nicht entge-

gen, dass mit dem Aufbau des Marktplatzes in der Regel noch weitere Ziele neben der

Nachfragebündelung angestrebt werden627.

624 Erfasst werden der gemeinsame Einkauf durch ein ausschließlich zu diesem Zweck ge-

gründetes Gemeinschaftsunternehmen ebenso wie der über eine Genossenschaft erfolgen-de gemeinsame Einkauf, sowie die per schlichter Vereinbarung oder abgestimmter Verhal-tensweise erfolgende Nachfragebündelung. Siehe: Schroeder, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 8 Einzelfragen, Rn. 61; Huber/Baums, in: Frankfurter Kom-mentar, § 1 GWB, Rn. 307.

625 Die verschiedenen Nachfrager werden vielfach die Anfragen der anderen Marktplatznutzer nicht einmal kennen.

626 Bauen Unternehmen gemeinsam einen Internetmarktplatz auf und legen dabei fest, dass die später von ihnen über den Marktplatz getätigten Käufe durch diesen gebündelt werden, so beinhaltet die Vereinbarung über den Aufbau des Marktplatzes zugleich die Vereinba-rung einer Einkaufskooperation im Sinne des Kartellrechts. Zu diesem Fragenkreis mit z.T. abweichenden Ergebnis: Krone, Horizontale Markttransparenz im Zeitalter einer Informationsgesellschaft, S. 135.

627 Die Verfolgung weiterer, nicht wettbewerbsbeschränkender Zwecke ändert nichts an der Qualifikation als Einkaufsgemeinschaft. Vgl. hierzu in Bezug auf § 1 GWB a.F. allge-mein: KG v. 26.1.1983 Rewe, WuW/E OLG, S. 2961, 2963.

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3. Kapitel - 2. Teil C Branchenmarktplätze - Gemeinsamer Einkauf

187

c) Ad-hoc-Anschließen an einen fremden Auftrag

Werden Transaktionen über einen Marktplatz so abgewickelt, dass sie von anderen

Marktplatznutzern mitverfolgt werden können und der Marktplatz den Nutzern ermög-

licht, sich einer Nachfrage anderer Nutzer nach einem Gut selbstständig anzuschlie-

ßen628, so stellt sich die Frage, ob auch diese Form der Zusammenfassung mehrerer

Nachfragen als Einkaufskooperation im Sinne des Kartellverbotes zu qualifizieren ist.

Wie bereits oben erwähnt629, vertritt Jestaedt hierzu die Ansicht, gegenüber derartigen

Ad-hoc-Einkaufskooperationen über Internetmarktplätze sei ein großzügigerer Beur-

teilungsmaßstab anzulegen als gegenüber klassischen Formen des gemeinsamen Ein-

kaufs630.

Die von Jestaedt vertretene Sichtweise, wonach das Kartellrecht auf elektronische Ad-

hoc-Bündelungen regelmäßig keine Anwendung finde631, weil diese prinzipiell nur

einzelne Transaktionen beträfen, folglich keine Planmäßigkeit der Abstimmung vorlä-

ge und so die Anbieter keiner „geschlossenen Front“ von Nachfragern gegenüber

stünden, ist abzulehnen. Denn auf eine beständige Vergemeinschaftung oder Dauer-

haftigkeit des gemeinsamen Einkaufs kommt es für die Beurteilung nach § 1 GWB

oder Art. 81 EG, wie bereits aufgezeigt, nicht an632.

Der von Jestaedt vorgetragene Einwand betrifft allenfalls die Frage der Spürbarkeit der

mit der Bündelung einhergehenden Wettbewerbsbeschränkung. In diesem Zusammen-

hang ist zu beachten, dass wiederholte Ad-hoc-Bündelungen die gleiche Wettbe-

werbswirkung nach sich ziehen wie eine dauerhafte Einkaufsgemeinschaft633: Zumin-

628 Zu diesem Aspekt vgl.: Diskussionspapier für die Sitzung des Arbeitskreises Kartellrecht

am 9./10.10.2000 Kooperationen zwischen Wettbewerbern - Ist eine Neubewertung erfor-derlich?, S. 9, abrufbar unter: http://www.bundeskartellamt.de/AKK2000.pdf.

629 Vgl.: 3. Kapitel, 2. Teil, C., II., 2. 630 Jestaedt, Funktionalität, Effizienz und Wettbewerb: B2B-Marktplätze und das Kartell-

recht, BB 2001, S. 581, 585. Vgl. weiterhin: Asschenfeldt, B2B-Marktplätze: Aktuelle wettbewerbsrechtliche Problemstellungen, MMR Beilage 9/2001, S. 5, 7.

631 Jestaedt, Funktionalität, Effizienz und Wettbewerb: B2B-Marktplätze und das Kartell-recht, BB 2001, S. 581, 585.

632 Vgl. dazu schon: 3. Kapitel, 2. Teil, C., III., 2., b). Zur Behandlung von Ad-hoc-Ko-operationen nach § 4 Abs. 2 GWB vgl.: Bechtold, GWB (1999), § 4, Rn. 5.

633 So auch Eilmannsberger, EG-Wettbewerbsrecht und das Internet, Wbl 2001, S. 501, 506.

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3. Kapitel - 2. Teil C Branchenmarktplätze - Gemeinsamer Einkauf

188

dest wenn Ad-hoc-Kooperationen in häufiger Frequenz erfolgen, ist von einer spürba-

ren Wirkung auf den Wettbewerb auszugehen634. Dogmatisch begründen lässt sich

eine solche Gesamtbetrachtung der Ad-hoc-Kooperationen in Anlehnung an die Bün-

deltheorie635, wonach auf die kumulativen Auswirkungen gleichartiger Beschränkun-

gen auf den Markt abzustellen ist636.

Genauerer Betrachtung bedarf, wie auch bei den Fällen der automatischen Nachfrage-

bündelung, die Bestimmung der kartellrechtlich relevanten Verhaltensweise:

Ist die Marktplatzsoftware derart ausgestaltet, dass ein Unternehmen sich an das An-

gebot eines anderen Unternehmens „anhängen“ kann, ohne dessen Zustimmung einzu-

holen, mangelt es an einer Vereinbarung einer Nachfragebündelung637.

Ebenso geht mit der bloßen Beteiligung am System - anders als in den Fällen, in denen

die Marktplatzsoftware generell eine automatische Bündelung identischer Nachfragen

vornimmt - noch keine Vereinbarung über einen gemeinsamen Einkauf einher. Zum

Zeitpunkt der Marktplatzgründung oder der Aufnahme eines Nutzers in den Handel

steht nämlich noch nicht fest, ob es überhaupt zu einem gemeinsamen Einkauf kom-

men wird. Denn die Marktplatzsoftware nimmt - anders als in der unter b) dargestell-

ten Konstellation - selbst keine Bündelung eingehender Nachfragen vor. Vielmehr

geht mit der Beteiligung am Marktplatz allein eine organisatorische und technische

Erleichterung möglicher späterer Nachfragbündelungen einher.

Kartellrechtlich lassen sich derartige Ad-hoc-Kooperationen dennoch prinzipiell unter

dem Aspekt der abgestimmten Verhaltensweise erfassen: Die über den Marktplatz

einkaufenden Unternehmen wissen nämlich um die Architektur des Marktplatzes, die

einen Anschluss anderer Unternehmen an ihre Bestellung erlaubt. Ein Angebot wird 634 So auch Asschenfeldt, B2B-Marktplätze: Aktuelle wettbewerbsrechtliche Problemstellun-

gen, MMR Beilage 9/2001, S. 5, 7. 635 EuGH Rs. C-234/89 Delimitis, Slg. 1991, S. I-935, 987; für das deutsche Recht vgl.: Zim-

mer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 1 Rn. 258. 636 Vgl.: zur Bündeltheorie: Stockmann, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999),

§ 7 Rechtsgrundlagen, Rn. 26ff. 637 Das Anschließen des zweiten Unternehmens an einen Auftrag eines anderen Unterneh-

mens stellt nur einen einseitigen Akt dar, so dass es an einem einverständlichen Handeln fehlt. Eine „Vereinbarung“ ergibt das Verhalten der Beteiligten, selbst nach dem weiten Begriffsverständnis der kartellrechtlichen Terminologie, nicht, soweit sich die Kommuni-

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3. Kapitel - 2. Teil C Branchenmarktplätze - Gemeinsamer Einkauf

189

daher regelmäßig in der Erwartung abgeben werden, dass weitere Akteure sich an ihrer

jeweiligen Nachfrage beteiligen, weil sich mit Hilfe einer solchen Bündelung niedrige-

re Einkaufspreise erzielen lassen. Zumindest bei einer Serie von auf diese Weise ab-

gewickelten Geschäften kann sich hieraus ein gegenseitiger Kontakt und so eine be-

wusste praktische Zusammenarbeit als Voraussetzung für eine abgestimmte Verhal-

tensweise einstellen.638

Eine von der Bewertung klassischer Einkaufskooperationen abweichende Beurteilung

von Ad-hoc-Kooperationen über Internetmarktplätze ist nach alledem nicht ange-

zeigt639.

IV. Kartellrechtliche Beurteilung der gemeinsamen Beschaffung über Bran-

chenmarktplätze

1. Einkaufskooperationen im europäischem Kartellrecht

a) Beurteilung nach Art. 81 EG

aa) Grenzen der Zulässigkeit herkömmlicher Einkaufskooperationen nach Art. 81 EG Die Entscheidungspraxis der Kommission640 und des EuGH641 erachtet den gemein-

samen Einkauf von Unternehmen vor allem dann als Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1

lit. b) EG, wenn die teilnehmenden Unternehmen sich verpflichtet haben, ihren Bedarf

oder einen nennenswerten Teil desselben über den gemeinsamen Einkauf zu decken

kation auf den beschriebenen Ablauf beschränkt. Zum Begriff der Vereinbarung i.S.d. § 1 GWB: Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 1, Rn. 84ff.

638 Vgl. zu den Voraussetzungen der abgestimmten Verhaltensweise im Allgmeinen: Bunte, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht (2001), § 1, Rn. 62ff.

639 Im Ergebnis ebenso etwa: Alese, B2B exchanges and E.C. Competition Law: 2B or not 2B?, ECLR 2001, S. 325, 327; Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedingungen des europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 576.

640 EG-Kommission, Entscheidung v. 5.12.1979, ABl. 1980, L 51, S. 19, Rn. 21ff.; EG-Kommission, Entscheidung v. 30.4.1991, ABl. 1991, L 178, S. 31, Rn. 29.

641 EuGH Rs. 61/80, Slg. 1981, S. 851, Rn. 12f.

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3. Kapitel - 2. Teil C Branchenmarktplätze - Gemeinsamer Einkauf

190

(sog. Einkaufskooperationen mit Bezugszwang)642. Folge einer solchen Bezugspflicht

ist nämlich die Einschränkung des Nachfragerwettbewerbs, weil die Nachfrager daran

gehindert sind, bei anderen Lieferanten einzukaufen oder voneinander abweichende

Konditionen auszuhandeln643.

Demgegenüber ermöglicht der gemeinsame Einkauf ohne Bezugszwang Einsparungen

im Bereich der Transport- und Lagerhaltungskosten und wirkt nicht ohne weiteres

wettbewerbsbeschränkend644. Soweit der gemeinsame Einkauf den Nachfragern über-

haupt erst ermöglicht, die erforderlichen Mindesteinkaufsvolumina zu erreichen, greift

der Arbeitsgemeinschaftsgedanke mit der Folge, dass eine Wettbewerbsbeschränkung

nicht vorliegt645.

Auch Einkaufskooperationen ohne Bezugszwang unterfallen jedoch Art. 81 Abs. 1

lit. b) EG, wenn sie den Wettbewerb zwischen den Beteiligten als Wettbewerber im

Einzelfall einschränken646. Nach den Leitlinien der Kommission über Horizontalver-

einbarungen besteht eine Vermutung für eine Wettbewerbsbeschränkung, wenn der

Marktanteil der an der Kooperation teilnehmenden Unternehmen 15 % überschrei-

tet647, die bei Einkaufskooperationen über Internetmarktplätze ebenso wie bei her-

kömmlichen Nachfragebündelungen zu beachten ist.

642 Hierzu: Emmerich, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 85

Abs. 1 EGV, Fallgruppen, Rn. 52. 643 Vgl.: Schroeder, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 8 Einzelfragen,

Rn. 63. 644 Dazu: Schroeder, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 8 Einzelfragen,

Rn. 63, 65. 645 Schroeder, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 8 Einzelfragen, Rn. 65. 646 EG-Kommission, Entscheidung v. 11.6.1993, ABl. 1993, L 179, S. 23, Rn. 47ff. 647 Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EG-Vertrag auf Vereinbarungen über hori-

zontale Zusammenarbeit, ABl. 2001, C 3, S. 2, Rn. 130. Dazu im Kontext der B2B-Markt-plätze: Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedingun-gen des europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 575.

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3. Kapitel - 2. Teil C Branchenmarktplätze - Gemeinsamer Einkauf

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bb) Vorliegen eines Bezugszwanges beim gemeinsamen Einkauf über Branchen-marktplätze

Da die über Internetmarktplätze denkbaren Varianten der Nachfragebündelung anhand

der für klassische Einkaufskooperationen entwickelten Grundsätze zu beurteilen sind,

ist zunächst zu untersuchen, inwieweit ein Bezugszwang bei Internetmarktplätzen vor-

gesehen ist.

Voraussetzung für die Annahme eines Bezugszwangs bei der gemeinsamen Beschaf-

fung über Branchenmarktplätze wäre die Verpflichtung der beteiligten Unternehmen,

ihren Einkauf generell oder zu einem bestimmten Teil über die betreffende Internet-

handelsplattform als gemeinsame Einkaufsstelle abzuwickeln und bei der Marktplatz-

nutzung jeweils die Nachfragen zu bündeln.

In den bislang von den Behörden untersuchten Marktplatzvorhaben sind derartige

Vereinbarungen nicht relevant geworden. Zahlreiche Marktplätze verzichten insge-

samt darauf, ihren Nutzern die Bündelung von Beschaffungsmaßnahmen zu ermögli-

chen648.

In der Praxis anzutreffen sind allerdings Vereinbarungen der exklusiven Nutzung eines

bestimmten Markplatzes und die Verpflichtung, einen bestimmten Anteil der Einkäufe

der Marktplatzgründer über den Internetmarktplatz abzuwickeln649. Würden Einkäufe

in diesen Fällen gebündelt, läge ein (teilweiser) Bezugszwang vor650. Dieser wäre nach

648 Vgl.: Ahlborn/Seeliger, EG-kartellrechtliche Probleme bei Unternehmenskooperationen im

Internet, EuZW 2001, S. 552, 558; ähnlich Baer/Hansen, B2B Marketplaces and Com-mon-Sense Antitrust Precautions, Computer & Internet Lawyer, 2000, Nr. 9, S. 2, 3. Inso-fern trifft es nicht zu, dass, wie das BKartA noch im Jahre 2000 meinte, Ad-hoc-Kooperationen über Internetmarktplätze immer möglich seien. Vgl. dazu: Diskussionspa-pier für die Sitzung des Arbeitskreises Kartellrecht am 9./10.10.2000 Kooperationen zwi-schen Wettbewerbern - Ist eine Neubewertung erforderlich?, S. 9.

649 Bei der Gründung einiger Branchenplattformen wurde im Rahmen der Fusionskontrolle eine zeitlich begrenzte Verpflichtung der Gründer, keine anderen Internetmarktplätze zu nutzen, als Nebenabrede genehmigt, vgl.: EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.1969 UTC/ Honeywell/i2/MyAircraft.com, CELEX-DokNr. 300M1969, S. 5. Weiterhin wurde im Fal-le des Marktplatzes emaro im Fusionskontrollverfahren eine auf 3 Jahre begrenzte Min-destumsatzklausel für einen Marktplatzgründer als Nebenabrede genehmigt. Eine Aus-schließlichkeitsbindung dahingehend, dass das betreffende Unternehmen keine andere In-ternetplattform nutzen darf, wurde hingegen hier nicht vereinbart. EG-Kommission, Fall Nr. IV/M. 2027 Deutsche Bank/SAP/JV, CELEX-DokNr. 300M2027, S. 5.

650 In den betreffenden Sachverhalten wurde allerdings die Möglichkeit der Gründer, andere Handelskanäle als Internetmarktplätze zu nutzen, nicht ausgeschlossen. Vgl. nur: EG-

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3. Kapitel - 2. Teil C Branchenmarktplätze - Gemeinsamer Einkauf

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Art. 81 Abs. 1 EG zumindest dann verboten, wenn er sich auf einen wesentlichen Teil

des Bedarfs der beteiligten Unternehmen erstreckt651 und die in den Kommissionsleit-

linien vorgesehenen Unbedenklichkeitsschwellen überschritten werden.

cc) Nachfragebündelung über Internetmarktplattformen ohne Bezugszwang

Für den gemeinsamen Einkauf ohne Bezugszwang über Internetmarktplätze gelten die

oben652 dargestellten Grundsätze.

Ob ein Verstoß vorliegt, hängt somit im Einzelfall davon ab, ob die addierten Markt-

anteile der beteiligen Unternehmen auf dem in Frage stehenden Produkmarkt die

Spürbarkeitsschwelle überschreiten.

Für Teilnehmer eines Branchenmarktplatzes, der die Bündelung verschiedener Nach-

fragen erlaubt oder selbständig ausführt, wirft die Einhaltung der Grenzen der kartell-

rechtlichen Zulässigkeit in praktischer Hinsicht Probleme auf:

Oft wird über einen Internetmarktplatz eine Vielzahl verschiedener Güter gehandelt.

Zudem lassen sich Kooperationen in ständig wechselnden Konstellationen erwarten.

Die Prüfung, inwieweit der gemeinsame Einkauf gebündelt werden darf, müsste folg-

lich von den jeweils beteiligten Unternehmen für jeden Einzelfall und für den jeweili-

gen Produktmarkt geprüft werden, um nicht einen Verstoß gegen Art. 81 EG zu riskie-

ren653. Eine solche Prüfung würde die Effizienzsteigerungen, die aus der Automatisie-

rung der Geschäftsabläufe durch den Einsatz von Internetmarktplätzen gewonnen

werden sollen, aufheben.

Kommission, Fall Nr. IV/M.1969 UTC/Honeywell/i2/MyAircraft.com, CELEX-DokNr. 300M1969, S. 5.

651 Zur wettbewerbsbeschränkenden Wirkung teilweisen Bezugszwangs, vgl.: EG-Kommis-sion, Entscheidung v. 25.7.1974, ABl. 1974, L 237, S. 16, II 2, bestätigt durch EuGH Rs. 71/74, Slg. 1975, S. 563, 583ff.

652 Vgl.: 3. Kapitel, 2. Teil, C., IV., 1., aa), 653 Vgl. hierzu: Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbe-

dingungen des europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 575.

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3. Kapitel - 2. Teil C Branchenmarktplätze - Gemeinsamer Einkauf

193

Zur Lösung dieses Problems sehen einige Plattformen vor, dass eine Nachfragebünde-

lung nur beim Einkauf von MRO-Produkten möglich ist654. Da es sich bei diesen Pro-

dukten nicht um branchenspezifische Güter handelt, liegt der Marktanteil der Ein-

kaufskooperation hier in aller der Regel unter der Aufgreifschwelle von 15 %655.

Gleichwohl wird durch eine derartige Ausgestaltung ein Verstoß nicht in jedem Falle

verhindert, weil eine Überschreitung der 15 %-Schwelle nicht per se ausgeschlossen

ist656.

dd) Übrige Tatbestandsmerkmale

Neben der Geeignetheit zur spürbaren Beschränkung des Wettbewerbs muss für die

Verwirklichung des Verbotstatbestandes die Geeignetheit der Beeinträchtigung des

zwischenstaatlichen Handels vorliegen. Hierzu wird auf das oben Gesagte verwie-

sen657.

ee) Legalausnahme nach Art. 81 Abs. 3 EG

Da Einkaufskooperationen derzeit keiner Gruppenfreistellungsverordnung unterfallen,

kam allein die Möglichkeit einer Einzelfreistellung nach Art. 81 Abs. 3 EG in Be-

tracht658. Für die Nachfragebündelung ohne Bezugszwang kam eine Freistellung in

Betracht, wenn durch die Zusammenarbeit eine Verbessung der Warenverteilung- oder

654 Vgl. etwa: BKartA, Beschluss v. 26.01.2001 RubberNetwork.com, B 3 - 25130 - U -

110/00, S. 4. 655 Durch eine derartige Beschränkung des gemeinsamen Einkaufs auf indirekte Güter wird

nach der Kommission das Kollusionsrisiko erheblich vermindert: Schaub, Kartellrechtli-che Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49, 55.

656 Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49; Vgl. auch: Ahlborn/Seeliger, EG-kartellrechtliche Probleme bei Unternehmenskooperatio-nen im Internet, EuZW 2001, S. 552, 558.

657 Vgl.: 3. Kapitel, 2. Teil, B., II., 3. 658 Vgl. hierzu: Schroeder, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 8 Einzelfra-

gen, Rn. 69.

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3. Kapitel - 2. Teil C Branchenmarktplätze - Gemeinsamer Einkauf

194

Erzeugung sowie eine angemessene Verbraucherbeteiligung durch Weitergabe der

Kostenersparnisse erfolgte und die Negativvoraussetzungen des Art. 81 Abs. 3 lit. a)

und b) EG nicht vorlagen659. Diese Grundsätze sind seit dem in Kraft treten der Ver-

ordnung Nr. 1/2003 in gleicher Weise für die Frage heranzuziehen, ob eine Legalaus-

nahme nach Art. 81 Abs. 3 EG gegeben ist.

b) Beurteilung nach Art. 82 EG

Haben die am gemeinsamen Einkauf über einen Branchenmarktplatz beteiligten Un-

ternehmen eine marktbeherrschende Stellung inne und soll mittels der Nachfragebün-

delung Druck auf die Marktgegenseite ausgeübt, insbesondere unangemessen günstige

Bedingungen oder Einkaufspreise erzwungen werden, ist neben einem Verstoß gegen

Art. 81 EG auch ein missbräuchliches Ausnutzen und folglich ein Verstoß gegen

Art. 82 lit. a) EG gegeben660.

2. Einkaufskooperationen im deutschem Kartellrecht

a) Beurteilung nach § 1 GWB

aa) Einkaufskooperationen im Sinne des § 1 GWB

Nach ständiger Rechtsprechung und Verwaltungspraxis verstößt der gemeinsame Ein-

kauf mit (auch teilweisem661) Bezugszwang grundsätzlich gegen § 1 GWB662. Eine

Ausnahme besteht nur, soweit § 4 Abs. 2 GWB eingreift.

659 Zu den Freistellungsmöglichkeiten für Einkaufskooperationen vgl.: Schroeder, in: Wiede-

mann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 8 Einzelfragen, Rn. 70ff. Für Einkaufskoope-rationen mit vollständigem Bezugszwang scheidet eine Freistellung hingegen in aller Re-gel aus, weil ein solcher Bezugszwang nicht als unerlässlich zur Erfüllung der Positivkri-terien des Art. 81 Abs. 3 EG anzusehen ist, vgl.: Schroeder, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 8 Einzelfragen, Rn. 73.

660 Vgl. dazu: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unterneh-menspraxis (2002), S. 261f.

661 Auch der teilweise Bezugszwang wird als unzulässig angesehen: Bechtold, GWB (1999), § 1, Rn. 60.

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3. Kapitel - 2. Teil C Branchenmarktplätze - Gemeinsamer Einkauf

195

Der gemeinsame Einkauf ohne Bezugszwang kann nach der Rechtsprechung ebenfalls

gegen das Kartellverbot verstoßen. Das KG führte als Begründung hierfür an, dass der

gemeinsame Bezug ohne Bezugspflicht zu einer Vereinheitlichung des Nachfragever-

haltens führen könne663. Einkaufskooperationen ohne Bezugszwang sind dennoch

nicht per se verboten, sondern werden nach den Umständen des Einzelfalles beur-

teilt664. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus einem Gegenschluss zu der gesetzli-

chen Freistellungsmöglichkeit für Einkaufskooperationen kleiner und mittlerer Unter-

nehmen nach § 4 Abs. 2 GWB. Vielmehr ergibt sich aus der Normsystematik, dass § 1

GWB auf Einkaufsgemeinschaften nur noch außerhalb der Spezialregelung des § 4

Abs. 2 GWB anwendbar ist665. Gleichwohl ist die deutsche Kartellrechtspraxis deut-

lich strenger als die europäische, weil sie keine „safe harbour“-Schwelle, wie in den

Kommissionsleitlinien vorgesehen, kennt666. Tendenziell betrachtet das BKartA zu-

nehmend sämtliche Formen des gemeinsamen Einkaufs kritisch, weil sie eine „gewisse

faktische Bindungswirkung“ hervorrufen könnten und dadurch de facto zu einer Fest-

legung von Höchstpreisen führen könnten667.

662 BGH Holzschutzmittel WuW/E BGH 1983, S. 2049; zur Praxis des BKartA vgl.: Hu-

ber/Baums, in: Frankfurter Kommentar, § 1 GWB, Rn. 308ff.; Bunte, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht (2001), § 1 GWB, Rn. 274ff. 282.

663 Vgl.: KG Selex u. Tania WuW/E OLG 1986, S. 3737, 3742. 664 BKartA, Tätigkeitsbericht 1985/86, S. 25; Tätigkeitsbericht 1995/95, S. 69. 665 So schon in Bezug auf die Vorgängernorm, § 5c GWB a.F.: Huber/Baums, in: Frankfurter

Kommentar, § 1 GWB, Rn. 315. 666 Das BKartA geht davon aus, dass die Marktanteilsschwellen, bei denen von einer wesent-

lichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs durch die Kooperation auszugehen ist, deutlich unter denjenigen liegen, die üblicherweise als Grenze für ein Mittelstandskartell im Sinne des § 4 Abs. 1 auf dem Angebotsmarkt angesehen werden. Vgl.: BKartA, Tätigkeitsbe-richt 1999/2000, S. 46. Diese Diskrepanz zur Praxis der Kommission wird in der Literatur zum Teil für nicht nachvollziehbar gehalten, vgl.: Bechtold, Die Entwicklung des deut-schen Kartellrechts 1999 bis 2001, NJW 2001, S. 3159, 3160.

667 BKartA, Merkblatt über die Kooperationserleichterungen für kleine und mittlere Unter-nehmen nach dem Kartellgesetz, 1998, Teil II, B. I. Abrufbar unter: http://www.bundes-kartellamt.de/kartellrecht.htm.

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3. Kapitel - 2. Teil C Branchenmarktplätze - Gemeinsamer Einkauf

196

bb) Grenzen gemeinsamer Beschaffung über Branchenmarktplätze nach § 1 GWB

Ausgeschlossen ist ein Verstoß gegen § 1 GWB durch die Nachfragebündelung über

Branchenmarktplätze lediglich dann, wenn die Spürbarkeitsgrenze nicht überschritten

wird668. Ein Fall zulässiger Nachfragebündelung wird deshalb vor allem bei der Bün-

delung der Nachfrage in Bezug auf Güter mit nur indirektem Produktionsbezug gege-

ben sein669. Da das BKartA für nicht branchenspezifische Güter davon ausgeht, dass in

den relevanten Markt das gesamte verarbeitende Gewerbe einzubeziehen ist670, wird

bei den Nachfragebündelungen derartiger Güter die Spürbarkeitsgrenze regelmäßig

unterschritten.

cc) Freistellungsmöglichkeit nach § 4 Abs. 2 GWB

Eine Freistellungsmöglichkeit sieht das GWB gemäß § 4 Abs. 2 GWB für Einkaufs-

kooperationen kleiner und mittlerer Unternehmen vor. Diese Privilegierung kommt im

Zusammenhang mit der Nutzung von Branchenmarktplätzen dann zum Tragen, wenn

dieselben so ausgestaltet sind, dass nur Unternehmen im Sinne von § 4 Abs. 2 GWB

ihre Einkäufe bündeln können. Nach ihrem Wortlaut schließt die Vorschrift die Betei-

ligung einzelner Großunternehmen nicht aus, wenn die Vereinbarung den Wettbewerb

nicht wesentlich beeinträchtigt und dazu dient, die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und

mittlerer Unternehmen zu fördern (§ 4 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nrn. 1, 2 GWB)671, etwa

weil sich aus der Bündelung Kostensenkungen für die KMU ergeben. Eine Anwen-

dung der Vorschrift ist danach z.B. in Betracht zu ziehen, wenn es, wie bei Covisint

vorgesehen, dazu kommt, dass ein einzelner Automobilhersteller seine Einkäufe mit

668 Kritisch hierzu Gounalakis, der Bündelungen der Nachfrage über Internetmarktplätze in

weitergehendem Umfang vom kartellrecht gedeckt sieht. Gounalakis/Lochen, Elektronische Marktplätze und Kartellrecht, ZHR 2003, S. 632, 665.

669 Siehe zu diesem Aspekt schon bei der Prüfung von Art. 81 Abs. 1 EG unter: 3. Kapitel, 2. Teil, C., IV., 1., a), cc)

670 BKartA, Beschluss v. 26.01.2001 RubberNetwork.com, B 3 - 25130 - U - 110/00, S. 8f. 671 Bechtold, GWB (1999), § 4, Rn. 9; Schroeder, in: Wiedemann, Handbuch des Kartell-

rechts (1999), § 8 Einzelfragen, Rn. 83; BKartA, Merkblatt über die Kooperationserleich-terungen für kleine und mittlere Unternehmen nach dem Kartellgesetz, 1998, B III.

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3. Kapitel - 2. Teil C Branchenmarktplätze - Gemeinsamer Einkauf

197

einem oder mehreren kleineren und mittleren Zuliefererunternehmen bündelt672. Nach

ihrer eindeutigen Intention ist die Vorschrift auf Einkaufskooperationen mehrerer

Großunternehmen nicht anwendbar, auch wenn diese auf MRO-Produkte beschränkt

ist673, da eine solche Kooperation nicht dem strukturellen Nachteilsausgleich von

KMUen dient. Liegen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 GWB vor, so ist die Ein-

kaufskooperation unmittelbar wirksam. Zwar besteht nach § 9 Abs. 4 GWB i.V.m. § 4

Abs. 2 GWB nunmehr674 eine Anmeldepflicht, der aber reiner Informationscharakter

zukommt675.

dd) Freistellungsmöglichkeit nach § 5 GWB

Dem Grundsatz nach besteht eine weitere Freistellungsmöglichkeit für den gemeinsa-

men Einkauf über Branchenmarktplätze unter den strengen Voraussetzungen des § 5

Abs. 1 GWB676. Voraussetzung ist neben einer erheblichen Erhöhung der Leistungsfä-

higkeit oder Wirtschaftlichkeit der beteiligten Unternehmen in technischer, betriebs- 672 Vgl.: Beschluss des BKartA v. 25.9.2000 Covisint, B 5 - 34100 - U 40/00, S. 5. 673 Zwar ist der Begriff der „kleinen und mittleren Unternehmen“ nach § 4 Abs. 2 GWB rela-

tiv, d.h. von den Marktbedingungen und nicht von einer festen Marktanteilsgrenze abhän-gig. Die Annahme, ein Unternehmen sei auf dem Beschaffungsmarkt allein deshalb als KMU zu qualifizieren, weil es auf dem Markt des zu bündelnden Gutes über keine Nach-fragemacht verfügt, weil es sich um ein MRO-Gut handelt, würde den Wortlaut gleich-wohl überdehnen. Auch der Normzweck – struktureller Nachteilsausgleich von KMU ge-genüber Großunternehmen - spricht gegen eine derartige Auslegung. § 4 Abs. 2 GWB wurde folgerichtig in den bisherigen Entscheidungen, in denen es um die Nachfragebün-delung bezüglich MRO-Güter ging, nicht erwähnt. So wurde im Fall RubberNetwork.com eine Bündelung allein deshalb zugelassen, weil die Spürbarkeitsschwelle des § 1 GWB nicht überschritten war. Vgl.: Beschluss des BKartA v. 26.01.2001 RubberNetwork.com, B 3 - 25130 - U - 110/00, S. 10; zum Zweck der Norm vgl.: Immenga, in: Immenga/ Mestmäcker, GWB (2001), § 4, Rn. 86ff.; zum Begriff der KMU in der Vorgängervor-schrift des § 5 GWB a.F. weiterführend auch: Görgemanns, Der Begriff der kleinen und mittleren Unternehmen im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (1998), S. 51ff.

674 Zur Änderung gegenüber § 5c GWB a.F. und der Lage nach dem Ende der Übergangsfrist siehe: Pfeffer/Dietrich, Verfahrensrechtliche Aspekte der Neuregelung des Anmelde- und Anzeigeverfahrens für Einkaufsgemeinschaften, WuW 2001, S. 245.

675 Im Gegensatz hierzu werden Anmeldungen nach § 9 Abs. 1 bis 3 GWB für die allgemei-nen Mittelstandskartelle erst durch Nicht-Widerspruch der Kartellbehörde wirksam, vgl.: Bechtold, GWB (1999), § 4, Rn. 10f.

676 Dazu: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmens-praxis (2002), S. 257f.

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3. Kapitel - 2. Teil C Branchenmarktplätze - Gemeinsamer Einkauf

198

wirtschaftlicher oder organisatorischer Beziehung, dass es nicht zu einer marktbeherr-

schenden Stellung der Teilnehmer kommt677. Angesicht der grundsätzlich kritischen

Haltung der deutschen Rechtspraxis gegenüber Einkaufsgemeinschaften wird ein an-

gemessenes Verhältnis zwischen Rationalisierungseffekten und Wettbewerbsbeschrän-

kung als weitere notwendige Freistellungsvoraussetzung selten anzunehmen sein.

Dient ein Branchenmarktplatz der automatisierten oder zumindest sonst regelmäßigen

Bündelung der Nachfrage, liegt zudem eine organisierte Form der gemeinsamen Be-

schaffung im Sinne von § 5 Abs. 2 GWB vor, so dass eine Freistellung zusätzlich vor-

aussetzt, dass der Rationalisierungseffekt nicht auf andere Weise erreicht werden

kann.

Für die oben angesprochenen Fälle einer Ad-hoc-Bündelung bleibt es hingegen bei

den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 GWB, weil Abs. 2 nicht anwendbar ist, soweit

eine gemeinsame Beschaffung nur von Fall zu Fall erfolgt678.

b) Beurteilung nach § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB

Neben dem Verstoß gegen das Kartellverbot unterfällt eine gemeinsame Beschaffung

über einen Branchenmarktplatz dem Missbrauchsverbot, falls die an der Bündelung

beteiligten Unternehmen marktbeherrschend sind und mit der Bündelung der Nachfra-

gemacht unangemessen niedrige Einkaufspreise erzwungen werde sollen. Es liegt

dann ein Fall des Ausbeutungsmissbrauchs im Sinne von § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB vor.

V. Zusammenfassende Würdigung

Die elektronischen Internetmarktplätzen zugrunde liegende Technologie ermöglicht

prinzipiell verschiedene unternehmensübergreifende Formen der Bündelung von Be-

schaffungsvorgängen. Neben der individuellen Vereinbarung einer Nachfragebünde-

677 Zu den Tatbestandsvoraussetzungen einfacher Rationalisierungskartelle nach § 5 Abs. 1

GWB: Immenga, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 5, Rn. 17ff. 678 So auch Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der

Unternehmenspraxis (2002), S. 257.

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3. Kapitel - 2. Teil C Branchenmarktplätze - Gemeinsamer Einkauf

199

lung zwischen mehreren Marktplatznutzern sind automatisierte Nachfragebündelungen

sowie Ad-hoc-Kooperationen ohne explizite Vereinbarung zwischen den Kooperati-

onspartnern realisierbar. Die Möglichkeit der automatischen Erfassung des Bedarfs

und der elektronischen Bündelung kann dabei eine Vereinbarung des gemeinsamen

Einkaufs für die konkrete Transaktion obsolet werden lassen, entzieht diese Sachver-

halte jedoch nicht insgesamt der Anwendbarkeit des Kartellverbots. Die materiellen

Grenzen der Zulässigkeit herkömmlicher Einkaufskooperationen sind bei sämtlichen

denkbaren Formen elektronischer Nachfragebündelungen über Branchenmarktplätze

zu beachten.

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3. Kapitel - 2. Teil D Branchenmarktplätze - Gemeinsamer Verkauf

200

D. Gemeinsamer Verkauf mit Hilfe von Branchenmarktplätzen

I. Problemstellung

In der Praxis elektronischer Branchenmarktplätze ist der gemeinsame Verkauf, soweit

bekannt, bislang - wohl auch wegen der ablehnenden Haltung des Kartellrechts gegen-

über solchen Kooperationen - nicht relevant geworden. Da Internetmarktplätze spie-

gelbildlich zum gemeinsamen Einkauf auch den gemeinsamen Verkauf technisch er-

heblich erleichtern, wird dessen kartellrechtliche Beurteilung im Folgenden dennoch

kurz dargestellt. Für die Einzelheiten zu den technischen Möglichkeiten von Ad-hoc-

Kooperationen oder automatischen Angebotsbündelungen wird auf die entsprechenden

Ausführungen zur Nachfragebündelung verwiesen679.

Anreize für eine Angebotsbündelung lassen sich vor allem für den Absatz homogener

Massengüter über elektronische Marktplätze erwarten680. Ebenso wie es für Nachfra-

ger attraktiv ist, ihre Einkaufsmacht durch eine gemeinsame Beschaffung zu stärken,

könnten Anbieter bestrebt sein, durch einen technisch über Internetmarktplätze einfach

zu realisierenden gemeinsamen Verkauf größere Gewinnmargen zu erzielen.

II. Bisherige Stellungnahmen

1. Aussagen der Kartellbehörden

Bei den bisher von BKartA und Kommission beurteilten B2B-Marktplätzen war ein

gemeinsamer Verkauf nicht vorgesehen, weshalb sich die Behörden mit dieser Frage

bislang nicht auseinander zu setzen hatten. Der Generaldirektor der Wettbewerbsdirek-

tion der Kommission Schaub verweist in diesem Zusammenhang auf die Behandlung

679 Vgl. dazu oben: 3. Kapitel, 2. Teil, C, III. 680 Zum Anreiz des gemeinsamen Verkaufs als Grund für die Marktplatzgründung: Klotz,

Ausgewählte Probleme des Internetrechts, S. 24.

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3. Kapitel - 2. Teil D Branchenmarktplätze - Gemeinsamer Verkauf

201

von Verkaufskooperationen nach den Leitlinien der Kommission für Horizontalver-

einbarungen681.

2. Aussagen der Literatur

Der gemeinsame Verkauf wird in der Literatur ganz allgemein als eine Möglichkeit

der Nutzung von Internetmarktplätzen gesehen682. Unter Zugrundelegung der bisheri-

gen Entscheidungspraxis bezüglich des gemeinsamen Verkaufs im deutschen wie im

europäischen Kartellrecht wird auch der gemeinsamen Verkauf über Internetmarkt-

plätze als Verstoß gegen § 1 GWB bzw. Art. 81 EG gewertet683, weil die Nutzung ei-

ner Internetplattform zur Kooperation im Verkauf zu einer Vereinheitlichung der Ver-

kaufsbedingungen oder -preise führt und zu einer Aufteilung der Märkte eingesetzt

werden kann684.

III. Kartellrechtliche Beurteilung des gemeinsamen Verkaufs über Branchen-

marktplätze

1. Beurteilung nach Art. 81 EG

Die Kommission stellte schon früh fest, dass der gemeinsame Verkauf unter Umstän-

den die gleichen Wirkungen haben kann wie herkömmliche Kartelle685. Sie hat aus

681 Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-

Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49, 55.

682 Vgl. etwa: Eilmannsberger, EG-Wettbewerbsrecht und das Internet, Wbl 2001, S. 501, 506; Immenga/Lange, Elektronische Marktplätze: Wettbewerbsbeschränkende Verhal-tensweisen im Internet?, RiW 2000, S. 733, 738; Klotz, Ausgewählte Probleme des Inter-net-Rechts, S. 24.

683 Immenga/Lange, Elektronische Marktplätze: Wettbewerbsbeschränkende Verhaltenswei-sen im Internet?, RiW 2000, S. 733, 738; Klotz, Ausgewählte Probleme des Internet-Rechts, S. 24; Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 1, Rn. 428; Vollebregt, E-Hubs, syndication and competition concerns, ECLR 2000, S. 437, 440f.

684 Eilmannsberger, EG-Wettbewerbsrecht und das Internet, Wbl 2001, S. 501, 506. 685 EG Kommission, Entscheidung v. 23.12.1971, ABl. 1972, L 22, S. 16, Rn. 7ff.

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3. Kapitel - 2. Teil D Branchenmarktplätze - Gemeinsamer Verkauf

202

diesem Grund den gemeinsamen Absatz generell kritisch beurteilt und Freistellungsan-

träge in der Regel abgelehnt686. Diese ablehnende Haltung gründet darin, dass durch

den gemeinsamen Verkauf in der Regel eine Einschränkung oder gar der vollständige

Ausschluss des Preis- und Konditionenwettbewerbs unter den Teilnehmern herbeige-

führt wird687.

Ein Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 lit. b) EG liegt unabhängig davon vor, ob die Unter-

nehmen sich verpflichten, ihre Produkte ganz oder teilweise über die gemeinschaftli-

che Verkaufsstelle abzusetzen (sog. Andienungspflicht)688. Unbedenklich ist der ge-

meinsame Verkauf lediglich dann, wenn Unternehmen kooperieren, die nicht mitein-

ander im Wettbewerb stehen689.

Branchenmarktplätze dienen der Anbahnung und Abwicklung von Transaktionen, oh-

ne selbst als Ankäufer oder Verkäufer beim Handel über den Internetmarktplatz aufzu-

treten. Deshalb ist ein solcher Marktplatz nicht als gemeinsame Vertriebsorganisation

für die Nutzer des Marktplatzes in dem Sinne zu qualifizieren, dass er für diese den

Warenabsatz durchführt.

Allerdings kann ein elektronischer Marktplatz so ausgestaltet sein, dass die Nutzer ihn

für den gemeinsamen Absatz in Anspruch nehmen können. Die Vereinbarung zwi-

schen Wettbewerbern, gemeinsam einen Branchenmarktplatz aufzubauen und auf die-

sem den Verkauf gemeinsam abzuwickeln, unterliegt, soweit der Handel zwischen den

Mitgliedstaaten beeinträchtigt und die Spürbarkeitsschwelle überschritten wird, nach

686 V. Stoephasius, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartell-

recht (2001), Art. 81, Fallgruppen, Rn. 132, 135. 687 EG-Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EG-Vertrag auf Vereinba-

rungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. 2001, C 3, S. 2, Rn. 139; v. Stoephasius, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1 (2001), Art. 81 Fallgruppen, Rn. 132f.

688 Emmerich, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 85 Abs. 1 EGV Fallgruppen, Rn. 50; EG-Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EG-Vertrag auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. 2001, C 3, S. 2, Rn. 145.

689 Emmerich, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 85 Abs. 1 EGV Fallgruppen, Rn. 49; EG-Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EG-Vertrag auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. 2001, C 3, S. 2, Rn. 143.

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3. Kapitel - 2. Teil D Branchenmarktplätze - Gemeinsamer Verkauf

203

dem oben Gesagten dem Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG690. Gleiches gilt für entspre-

chende Vereinbarungen von miteinander im Wettbewerb stehenden Nutzern während

des Betriebs des Branchenmarktplatzes. Da bei Verkaufskooperationen eine dauerhafte

Organisation ebenso wenig Voraussetzung für ein Eingreifen des Kartellverbotes ist

wie beim gemeinsamen Einkauf691, werden auch die durch die Technik der Marktplät-

ze erleichterten Ad-hoc-Kooperationen vom Verbot des gemeinsamen Verkaufs er-

fasst692.

2. Beurteilung nach § 1 GWB

Das deutsche Kartellrecht teilt die ablehnende Haltung des europäischen Rechts ge-

genüber Praktiken des gemeinsamen Verkaufs. Auch der gemeinsame Verkauf über

einen Branchenmarktplatz verstößt gegen § 1 GWB, soweit er zwischen Wettbewer-

bern vereinbart ist und die Grenze der Spürbarkeit überschritten wird693. Auf das Be-

stehen einer Andienungspflicht kommt es für die Unzulässigkeit des gemeinsamen

Verkaufs nach § 1 GWB jedenfalls nach neuerer Praxis nicht mehr an694. Im Einzelnen

ist auf das oben zu Art. 81 EG Gesagte695 zu verweisen.

690 Vgl.: Klotz, Ausgewählte Probleme des Internet-Rechts, S. 24. 691 Vgl.: Schroeder, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 8, Einzelfragen,

Rn. 163. 692 Dabei verstößt der gemeinsame Verkauf jedenfalls oberhalb der Spürbarkeitsschwelle von

5 % regelmäßig gegen Art. 81 Abs. 1 EG, vgl.: EG-Kommission, Bekanntmachung der Kommission über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, die den Wettbewerb gemäß Artikel 81 Abs. 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft nicht spür-bar beschränken (de minimis), ABl. 2001, C 368, S. 13.

693 Angesichts der gravierenden Folgen, die der gemeinsame Verkauf auf den Wettbewerb haben kann, wird zudem die theoretische Möglichkeit einer Freistellung nach § 5 Abs. 1 GWB (ggf. i.V.m. § 5 Abs. 2 GWB) auch bei der Nutzung von Internetmarktplätzen nur in Ausnahmefällen zum Tragen kommen. Allenfalls der gemeinsame Verkauf mehrerer KMU als Mittelstandsvereinbarung dürfte unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 GWB in den Genuss einer Freistellung kommen.

694 Die Beurteilung von Verkaufsgemeinschaften ohne Andienungspflicht war früher umstrit-ten, gilt aber mittlerweile als unstrittig: Zur Unzulässigkeit des gemeinsamen Verkaufs ohne Andienungspflicht vgl.: Bechtold, GWB (1999), § 1, Rn. 63.

695 Vgl.: 3. Kapitel, 2. Teil, D., III., 1.

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3. Kapitel - 2. Teil D Branchenmarktplätze - Gemeinsamer Verkauf

204

E. Zugangsverweigerung und Auferlegung nachteiliger Zugangsbedingungen

I. Problemstellung

1. Anreize für eine Zugangsverweigerung oder Auferlegung ungünstigerer Zu-gangsbedingungen bei Branchenmarktplätzen

Ein weiterer aus der Perspektive des Kartellrechts im Zusammenhang mit Branchen-

marktplätzen relevanter Fragenkreis betrifft den Zugangsaspekt.

Es stellt sich die Frage, welche Regelungen die Marktplatzgründer bzw. die Markt-

platzunternehmen von sich aus in Bezug auf die Zulassung zum Marktplatzhandel tref-

fen. Es ist die Befürchtung geäußert worden, ein Internetmarkplatz könne nach dem

Erreichen einer starken Marktstellung versucht sein, aus strategischen Gründen be-

stimmte Akteure vom Handel über den Marktplatz auszuschließen oder den diese Ak-

teure durch die Auferlegung ungünstigerer Nutzungsbedingungen zu diskriminieren696.

In der Tat ist es denkbar, dass die Gründer eines Branchenmarktplatzes Außenseiter-

Wettbewerber nicht zum Handel zulassen, um diese an den mit dem Marktplatz gene-

rierbaren Effizienzzuwächsen und Kosteneinsparungen nicht partizipieren zu lassen.

Anreize für ein solches Vorgehen lassen sich vor allem vermuten, wenn mit dem ge-

zielten Ausschluss die Kostenstruktur der ausgeschlossenen Wettbewerber ungünstig

beeinflusst werden kann697. Die zusammengefasste Marktmacht der Gründer eines

696 Vgl. zu diesem Aspekt: Bahr, Das Erfordernis des freien Zugangs zu B2B-

Internetmarktplätzen nach EG-Kartellrecht, WuW 2002, S. 230; Gassner, Internet-Handelsplattformen im Spiegel des Kartellrechts, MMR 2001, S. 140, 143f.; Ungerer, Ac-cess Issues under EU-Regulation and Anti-Trust Law – The Case of Telecommunications and Internetmarkets, S. 2, 34., Dethof, Anforderungen des deutschen und europäischen Kartellrechts an Business-to-Business-Internetmarktplätze, S. 125ff.; Gramlich/Kröger/ Schreibauer, Rechtshandbuch B2B Plattformen, S. 127.

697 Vgl. hierzu: Nouel, Competition Assessment of Vertical Mergers and Vertical Agreements in the New Economy, S. 118; Bahr, Das Erfordernis des freien Zugangs zu B2B-Internetmarktplätzen nach EG-Kartellrecht, WuW 2002, S. 230, 240. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn kein weiterer Marktplatz die betreffenden Dienstleistungen in der fragli-chen Branche anbietet.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

205

Branchenmarktplatzes kann ferner einen Anreiz bilden, einzelne Lieferanten zum

Zwecke der Disziplinierung auszuschließen698.

Die Gefahr einer Wettbewerbsbeschränkung durch Zugangserschwerungen wird bei

Branchenmarktplätzen aus den genannten Gründen als hoch eingeschätzt699.

Dies gilt umso mehr als bei Branchenmarktplätzen, die von führenden Unternehmen

einer Branche initiiert werden, bereits die Gründer einen ausreichenden Grundstock an

Transaktionsvolumen einbringen, der die Wirtschaftlichkeit der Plattform sicherstellt.

Der wirtschaftliche Druck, ausreichende Liquidität zu erzielen, der Internetmarktplätze

im Regelfall zu einer generellen Offenheit gegenüber sämtlichen Nutzungsinteressen-

ten zwingt700, kann bei Branchenmarktplätzen daher entfallen.

2. Wettbewerbswirkungen und potenzielle Adressaten einer Zugangserschwerung oder -verweigerung

Durch den Ausschluss von Unternehmen von der Marktplatznutzung oder durch die

Auferlegung ungünstigerer Nutzungsbedingungen für einzelne Marktplatznutzer wird

nur dann eine Verzerrung der Wettbewerbsverhältnisse auf dem Markt der gehandel-

ten Güter hervorgerufen werden, wenn der elektronische Marktplatz für den zugrunde

liegenden Produktmarkt so bedeutend geworden ist, dass eine Zugangserschwerung

die Marktchancen der ausgeschlossenen oder benachteiligten Akteure verschlech-

tert701. Dies wird umso eher der Fall sein, je mehr und je bedeutendere Akteure einer

Branche bereits Nutzer dieses Internetmarktplatzes sind und je größer die durch den

Marktplatz erzielbaren Effizienz- und Kostenvorteile sind702.

698 Vgl. zu diesem Aspekt: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in

der Unternehmenspraxis (2002), S. 263. 699 Bahr, Das Erfordernis des freien Zugangs zu B2B-Internetmarktplätzen nach EG-

Kartellrecht, WuW 2002, S. 230 700 Alese, B2B exchanges and E.C. Competition Law: 2B or not 2B?, ECLR 2001, S. 325,

329. 701 Kann ein ausgeschlossenes Unternehmen seine Handelspartner auch über andere ver-

gleichbar effiziente Handelsmechanismen erreichen, ist hingegen keine Wettbewerbsver-zerrung zu befürchten.

702 Bahr, Das Erfordernis des freien Zugangs zu B2B-Internetmarktplätzen nach EG-Kartellrecht, WuW 2002, S. 230.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

206

Diese Befürchtungen betreffen einerseits den Sachverhalt der Nichtzulassung be-

stimmter Wettbewerber zum Marktplatzhandel703. Durch die technische Gestaltung

von Marktplätzen lassen sich zudem auch verdeckte, diskriminierende Verhaltenswei-

sen in der Weise vollziehen, dass Außenseiter-Wettbewerbern der Zugang zu ungüns-

tigeren Konditionen mit dem Ziel der Marktverdrängung gewährt wird. Prinzipiell ist

es technisch möglich, die verwendeten Transaktionsprozesse wie Online-Auktionen

etc. so zu gestalten, dass bestimmte Nutzer oder Nutzergruppen bevorzugt oder be-

nachteiligt werden704. Ähnliche Verhaltensweisen sind bei den bereits erwähnten

CRS705 aufgetreten: Die Wettbewerbschancen einiger Konkurrenten der Systeminha-

ber wurden hier durch die technische Ausgestaltung der Computer-

Reservierungssysteme zu deren Nachteil gezielt verschlechtert706.

Denkbar ist ferner, dass Außenseiter-Wettbewerbern höhere Transaktionsgebühren

berechnet werden als sie den Gründungsunternehmen in Rechnung gestellt werden707.

Als mögliche Adressaten der genannten Verhaltensweisen kommen neben den nicht

am Marktplatzaufbau beteiligten Wettbewerbern der Marktplatzgründer auch einzelne

Zulieferer oder Abnehmer in Betracht. Wie im Bereich herkömmlicher Lieferanten-

703 Ein Anspruch auf Kapitalbeteiligung am Marktplatz besteht demgegenüber nicht. Siehe

dazu: Ahlborn/Seeliger, EG-kartellrechtliche Probleme bei Unternehmenskooperationen im Internets, EuZW 2001, S. 552, 557; Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedingungen des europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 574.

704 Report des OFT, E-commerce and its implications for Competition Policy (2000), S. 57, Gliederungspunkt 6.12.

705 Zu den CRS schon oben: 2. Kapitel, 3. Teil, B., III. 1., a), aa). 706 So wurden etwa Angebote der Systemmütter auf den Anzeigegeräten der Reisebüros so

dargestellt, dass auf diese bevorzugt zurückgegriffen wurde (sog. display bias). Zum Gan-zen: Grabowski, Wettbewerbsbeschränkungen in der Luftfahrtindustrie durch Computer Reservation Systems (1994), S. 30ff.

707 Ähnlich gelagerte Fälle hatten die Kartellbehörden wiederum bereits im Zusammenhang mit elektronischen Reservierungssystemen der Fluglinien zu entscheiden. Vgl.: EG-Kommission, Air France/Amadeus, Pressemitteilung v. 15.3.1999, IP/99/171 und v. 25.7.2000, IP/00/835; zu der US-amerikanischen Rechtsprechung in Bezug auf CRS vgl.: Grabowski, Wettbewerbsbeschränkungen in der Luftfahrtindustrie durch Computer Reser-vation Systems (1994), S. 64ff.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

207

Nachfrager-Beziehungen geht es vor allem um die Problematik der Auslistung und die

Fälle des Erzwingens unangemessener Nutzungsbedingungen708.

II. Bisherige Stellungnahmen

1. Entscheidungen und Stellungnahmen der Kommission

Die Kommission hat die Frage des Zugangs bislang lediglich im Fall Volbroker.com

aufgegriffen709. Sie bestand im betreffenden Fall darauf, dass herkömmliche Telefon-

makler nicht vom Handel über den geplanten Internetmarktplatz für elektronische

Maklerdienste im Interbankenhandel mit ausländischen Währungsoptionen ausge-

schlossen werden710. In Stellungnahmen des Generaldirektors der GD Wettbewerb

Schaub711 und des Wettbewerbskommissars Monti712 wird zudem betont, die Kommis-

sion beabsichtige, Wettbewerbsnachteile zu verhindern, die Marktteilnehmern durch

den Ausschluss vom effizientesten Marktplatz entstehen könnten.

2. Entscheidungen und Stellungnahmen des BKartA

Das BKartA hat sich bisher mit der Frage des Zugangs vor allem im Fall Covisint be-

fasst713. Wegen der Marktstellung der an Covisint beteiligten Automobilhersteller, die

708 Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedingungen des

europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 574. 709 Dazu: EG-Kommission, Pressemitteilung v. 31.7.2000, IP/00/896. 710 Vgl. hierzu: Pressemitteilung der Kommission v. 31.7.2000, IP/00/896. Dazu ferner: Ahl-

born/Seeliger, EG-kartellrechtliche Probleme bei Unternehmenskooperationen im Inter-net, EuZW 2001, S. 552, 557.

711 Vgl.: Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49, 54f.

712 Vgl.: Monti, Competition in the New Economy, 10. Internationales Kartellrechtsforum, Berlin am 21.5.2001, S. 7.

713 BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisint, B 5 - 34100 U 40/00, S. 15. Vgl. weiterhin: BKartA, Beschluss v. 29.6.2001, B 5 - 51522 - U 24/01 BuyForMetals und Steel 24-7, S. 7ff.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

208

etwa ein Drittel der europäischen Automobilproduktion auf sich vereinigen, könnte

sich, so das BKartA, ein „Flaschenhals" für andere Hersteller und Zulieferer erge-

ben714. Diese Gefahr betrachteten die Wettbewerbshüter jedoch solange als gebannt

an, wie ein offener und diskriminierungsfreier Zugang für die Nutzungsinteressenten

gewährleistet ist.

Allgemein dringe das Bundeskartellamt laut Kartellamtspräsident Böge auf einen of-

fenen und diskriminierungsfreien Zugang, wenn ein elektronischer Marktplatz von den

führenden Unternehmen einer Branche gemeinsam betrieben wird715. Unter diesen

Gegebenheiten könne - je nach Branche und Marktstruktur - der Aufbau einer konkur-

rierenden Plattform ansonsten praktisch unmöglich werden716. Dies eröffne den an der

Plattform beteiligten Unternehmen ein erhebliches Missbrauchspotenzial717.

3. Aussagen der Literatur

In der Literatur wird einerseits die grundsätzliche Freiheit der Marktplatzuntenehmen

betont, die Zahl der Nutzer zu begrenzen oder bestimmte Nutzungsinteressenten vom

Handel über den Marktplatz auszuschließen718. Mit zunehmender Etablierung von

B2B-Internetmarktplätzen könne es jedoch andererseits dazu kommen, dass ein Markt-

platz aufgrund von Netzwerkeffekten „schnell zu einer essential facility“ werden kön-

ne, sobald er die sog. kritische Masse erreicht habe719. Es werden Gefahren für den

Wettbewerb benannt, die sich aus einem Ausschluss oder der Diskriminierung einzel-

714 BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisint, B 5 - 34100 U 40/00, S. 15. 715 Böge, Ist das deutsche Kartellrecht für elektronische Marktplätze noch zeitgemäß?, in:

Recht, Wettbewerb und e-Commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 39, 45. 716 Böge, Ist das deutsche Kartellrecht für elektronische Marktplätze noch zeitgemäß?, in:

Recht, Wettbewerb und e-Commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 39, 45. 717 Böge, Ist das deutsche Kartellrecht für elektronische Marktplätze noch zeitgemäß?, in:

Recht, Wettbewerb und e-Commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 39, 45. 718 Immenga/Lange, Elektronische Marktplätze: Wettbewerbsbeschränkende Verhaltenswei-

sen im Internet?, RiW 2000, S. 733, 738. 719 Stroud, B2B E-Marketplaces – The Emerging Competition Law Issues, World Competi-

tion, 2001, S. 125, 134.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

209

ner Nutzer ergeben720. Jedenfalls sei die Zugangsfrage im Zusammenhang mit B2B-

Internetmarktplätzen von größter Bedeutung721.

III. Anknüpfungspunkte für die kartellrechtliche Beurteilung

Die Verweigerung der Aufnahme eines Nutzungsinteressenten in den Handel über ei-

nen Internetmarktplatz stellt eine Verweigerung eines Geschäftsabschlusses durch das

Marktplatzunternehmen dar. Es kommt kein Nutzungsvertrag zwischen Marktplatzun-

ternehmen und Zugangspetenten zustande. Die Ablehnung eines Geschäftsantrags

steht dem Marktplatzunternehmen als Teil seiner Privatautonomie grundsätzlich frei.

Unter kartellrechtlicher Perspektive ist eine Einschränkung dieser Freiheit im Hinblick

auf Branchenmarktplätze im Internet nur unter zwei Gesichtspunkten denkbar:

Zum einen, wenn sich die Zulassungsverweigerung als Missbrauch einer marktbeherr-

schenden Stellung darstellt und der Petent daher einen Anspruch auf Zulassung gel-

tend machen kann. Hierbei ist zunächst die Fallgruppe der essential facilities doctrine

in Betracht zu ziehen, nach der sich ein Zugangsanspruch zu einer wesentlichen Ein-

richtung ergeben kann. Zweitens wurde in bestimmten Fallgestaltungen die Geschäfts-

verweigerung als solche, vor allem als Unterfall des Diskriminierungstatbestandes, als

Verstoß gegen das Marktmachtsmissbrauchverbot gewertet722. Die Auferlegung un-

günstigerer Nutzungsbedingungen für bestimmte Unternehmen ist ebenfalls im Lichte

dieser Fallgruppen zu untersuchen.

Den zweiten Anknüpfungspunkt bildet das Kartellverbot. Die Gründung eines Bran-

chenmarktplatzes - und die hierbei getroffene Festlegung des späteren Nutzerkreises -

720 Vgl. etwa: Alese, B2B exchanges and E.C. Competition Law: 2B or not 2B?, ECLR 2001,

S. 325, 329. 721 Gassner, Internet-Handelsplattformen im Spiegel des Kartellrechts, MMR 2001, S. 140,

143. 722 Vgl. zur europäischer Rechtspraxis diesbezüglich: de Bronnet, in: Wiedemann, Handbuch

des Kartellrechts (1999), § 22, Rn. 59ff.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

210

durch miteinander im Wettbewerb stehende Unternehmen kann als Vereinbarung prin-

zipiell Art. 81 Abs. 1 EG bzw. § 1 GWB unterfallen723.

IV. Kartellrechtliche Beurteilung von Zugangsbehinderungen zu Branchen-

marktplätzen nach dem Verbot missbräuchlicher Verhaltensweisen

1. Anwendung der essential facilities doctrine

a) Beurteilung nach Art. 82 EG

aa) Entwicklung der essential facilities doctrine im EG-Recht

Die essential facilities doctrine entstammt ursprünglich dem US-Antitrustrecht724.

Hiernach ist die Weigerung des Inhabers einer wesentlichen Einrichtung, einem Wett-

bewerber die Mitbenutzung dieser Einrichtung zu gewähren, als kartellrechtswidrig zu

qualifizieren, wenn die Einrichtung in praktikabler und vernünftiger Weise nicht dup-

lizierbar und die Mitbenutzung zumutbar ist725.

Die Kommission übernahm diese Grundsätze in ihre eigene Anwendungspraxis, indem

sie den zugrunde liegenden Rechtsgedanken als Konkretisierung des Missbrauchsver-

botes nach Art. 82 EG interpretierte726. Die aufgegriffenen Sachverhalte betrafen zu-

nächst das Zugangsbegehren von Fährunternehmen zu Hafenanlagen, die im Eigentum

von Wettbewerbern standen727, später den Zugang zu Bodenabfertigungsdiensten an

Flughäfen728.

723 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis

(2002), S. 213ff., 231ff. 724 Die Fallgruppe bildet einen speziellen Fall des Monopolisierungsverbotes nach Sec. 2

Sherman Act und eine Ausnahme zu der nach der colgate-doctrine gewährleisteten unter-nehmerischen Handlungsfreiheit. Zu den Tatbestandsvoraussetzungen nach US-ameri-kanischem Recht: Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 19, Rn. 179.

725 Im Einzelnen vgl.: Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 19, Rn. 179. 726 Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 19, Rn. 181. 727 EG-Kommission, Entscheidung v. 21.12.1993 Sealink II, ABl. 1994, L 15, S. 8ff. 728 EG-Kommission, Entscheidung v. 14 .1.1998 Flughafen Frankfurt/Main AG, ABl. 1998, L

72, S. 30ff.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

211

Die Rechtsprechung des EuGH ist in dieser Frage zurückhaltender. Das Magill-Urteil

wies zwar bereits den Weg in die Richtung einer prinzipiellen Anerkennung des

Rechtsgedankens der essential facilities doctrine, freilich ohne diese namentlich zu

erwähnen729. Endgültig anerkannt, aber an strenge Anwendungsvoraussetzungen ge-

knüpft, wurde die Rechtsfigur dann durch die Oscar Bronner-Entscheidung730.

bb) Voraussetzungen eines Zugangsanspruchs zu einem B2B-Internetmarktplatz nach der essential facilities doctrine

(1) Marktbeherrschende Stellung

Im Rahmen der Fallgruppe der essential facilities geht es um Sachverhalte, in denen

der Inhaber einer wesentlichen Einrichtung unter Zuhilfenahme dieser Einrichtung

Newcomern den Zugang zu einem benachbarten Markt versperrt731. Infolgedessen

stellt sich die Frage, ob die marktbeherrschende Stellung als Tatbestandsvoraussetzung

von Art. 82 EG auf demjenigen Markt vorliegen muss, zu dem der Zugang durch die

Verweigerung des Zugangs zur Einrichtung versperrt wird oder allein auf dem (poten-

ziellen) Markt der durch die Infrastruktureinrichtung erbrachten Leistung. Diese im

deutschen Recht streitige Frage scheint der EuGH dahingehend entschieden zu haben,

dass die marktbeherrschende Stellung auf dem Markt der Infrastruktureinrichtung be-

stehen muss732.

Für die hier untersuchten Fallgestaltungen bedeutet dies, dass eine Anwendung der

essential facilities doctrine von vornherein nur in Betracht kommt, wenn dem betref- 729 EuGH Rs. C-241/91 Magill, Slg. 1995, S. I-443, Rn. 53ff. 730 EuGH Rs. C-7/97 Oscar Bronner, Slg. 1998, S. I-7791, Rn. 41ff. 731 Die Konstellation betriff also Sachverhalte mit zwei benachbarten Märkten: Dem Markt,

zu dem der Zugang ohne Mitbenutzung der wesentlichen Einrichutng versperrt ist (z.B. Fährschifffahrt), und dem durch den Einrichtungsinhaber kontrollierten „Markt“ der Infra-struktureinrichtung (z.B. Hafeninfrastruktur).

732 Vgl.: EuGH Rs. C-7/97 Oscar Bronner, Slg. 1998, S. I-7791, Rn. 34ff., 42, 4ff., wo der Gerichtshof nicht auf den Markt der Tageszeitungen, sondern auf denjenigen der Erbrin-gung der Vertriebsdienstleistungen für die Frage der Marktbeherrschung abgestellt, und dies, obwohl das vorlegende Gericht tatbestandlich gerade an das Bestehen einer marktbe-herschenden Stellung auf dem Zeitungsmarkt selbst angeknüpft hatte. Hierzu: Beck-merhagen, Die essential facilities doctrine im US-amerikanischen und europäischen Kar-tellrecht (2002), S. 269.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

212

fenden Marktplatz eine marktbeherrschende Stellung auf dem Markt der Marktplatz-

dienstleistungen zukommt.

Weiterhin kommt die essential facilities doctrine nur potenziellen Wettbewerbern des

Einrichtungsinhabers zu Gute. Bei der Konstellation der Branchenmarktplätze kommt

eine Anwendung daher ausschließlich in Bezug auf Unternehmen, die mit den Grün-

dern des Internetmarktplatzes auf dem Markt der über den Marktplatz gehandelten

Güter konkurrieren, in Frage, nicht aber hinsichtlich der Unternehmen, die der Markt-

gegenseite der Gründer angehören.

(2) Beschränkung auf „geschlossene“ Marktplatzsysteme?

Vereinzelt wurde in der Literatur vorgetragen, der Anwendungsbereich der essential

facilities doctrine sei sachlich auf die Fälle (einseitig) „geschlossener“ Marktplätze,

also solcher Systeme beschränkt, bei denen die Gründer auf ihrer Marktseite generell

keine Außenseiter-Wettbewerber zum Handel auf dem Marktplatz zulassen733. Soweit

zumindest einige Außenseiter-Wettbewerber zum Handel zugelassen seien (wie dies

bei sog. offenen Marktplätzen der Fall ist) und nur gezielt einzelne Wettbewerber aus-

geschlossen würden, sei ein solcher Ausschluss ausschließlich unter dem Aspekt des

allgemeinen Diskriminierungstandes zu betrachten. Ein Rückgriff auf die Fallgruppe

der essential facilities komme dagegen nicht in Betracht734. Vorbedingung für die An-

wendbarkeit der essential facilities doctrine sei nämlich, dass ein Markt für die betref-

fende Leistung des Zugangsobjektes noch nicht bestehe735.

Die wohl h.M. trifft eine derartige Differenzierung nicht736. Ihr ist beizupflichten: Für

die Anwendung der essential facilities doctrine kommt es nicht darauf an, ob der 733 Bahr, Das Erfordernis des freien Zugangs zu B2B-Internetmarktplätzen nach EG-

Kartellrecht, WuW 2002, S. 230, 237. 734 Bahr, Das Erfordernis des freien Zugangs zu B2B-Internetmarktplätzen nach EG-

Kartellrecht, WuW 2002, S. 230, 237. 735 Bahr, Das Erfordernis des freien Zugangs zu B2B-Internetmarktplätzen nach EG-

Kartellrecht, WuW 2002, S. 230, 237. Diese Annahme ist schon insofern unzutreffend, als der EuGH auf einen potenziellen Markt der Infrastruktureinrichtung abstellt: EuGH Rs. C-7/97 Oscar Bronner, Slg. 1998, S. I-7791, Rn. 42.

736 Vgl. in Bezug auf Internetmarktplätze statt vieler: Nouel, Competition Assessment of Ver-tical Mergers and Vertical Agreements in the New Economy, S. 122f.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

213

Marktbeherrscher den Zugang bereits für Dritte eröffnet hat737. Dies ist nämlich für

den Schutzzweck der essential facilities doctrine, den Wettbewerb auf dem vom Zu-

gangsobjekt abgeleiteten Markt zu gewährleisten, unerheblich738. Dieser Wettbewerb

kann nämlich auch dann noch gefährdet sein, wenn der Einrichtungsinhaber bereits

einem Unternehmen Zugang gewährt hat739. Die Fallgruppe essential facilities ist aus

diesen Gründen auch für „offene“ Branchenmarktplätze grundsätzlich in Erwägung zu

ziehen.

(3) Branchenmarktplätze als wesentliche Einrichtung im Sinne der essential faci-lities doctrine

(a) Einrichtung der Marktplatzgründer

Internetmarktplätze lassen sich prinzipiell als „Einrichtung“ im Sinne der essential

facilities doctrine qualifizieren740. Denn der Anwendungsbereich dieser Rechtsfigur ist

nicht auf materielle Einrichtungen wie z.B. Leitungsnetze beschränkt. Vielmehr wird

auch der Zugang zu nicht materiellen Einrichtungen wie Vertriebsstrukturen741 oder

737 Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 86, Rn. 262; davon

geht auch die Kommission aus, vgl.: EG-Kommission, Mitteilung über die Anwendung der Wettbewerbsregeln auf Zugangsvereinbarungen im Telekommunikationsbereich, ABl. 1998, C 265, S. 2, Rn. 91.

738 Zum Schutzzweck der essential facilities doctrine allgemein: Möschel, in: Immenga/ Mestmäcker, GWB (2001), § 19, Rn. 186.

739 Andernfalls wäre der Inhaber der wesentlichen Einrichtung regelmäßig nur verpflichtet, dem zeitlich ersten Petenten Zugang zu gewähren, nicht aber weiteren Zugangsinteressen-ten, auch wenn die Wesentlichkeit der Einrichtung und die marktbeherrschende Stellung des Einrichtungsinhabers fortbestünden. Die Marktstrukturverantwortung des Einrich-tungsinhabers leitet sich jedoch aus dessen marktbeherrschender Stellung ab und ist inso-fern nicht abhängig davon, ob bereits anderen Unternehmen Zugang gewährt wurde. Vgl.: Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 19, Rn. 192.

740 Dies wird auch in keiner der bislang ergangenen Stellungnahmen zu dieser Problematik angezweifelt. Vgl.: Bahr, Das Erfordernis des freien Zugangs zu B2B-Internetmarkt-plätzen nach EG-Kartellrecht, WuW 2002, S. 230, 237.

741 So erkannte der EuGH in der Oskar Bronner-Entscheidung grundsätzlich an, dass nicht allein materielle Netze, sondern prinzipiell auch Vertriebssysteme als mögliche Zugangs-objekte in Betracht kommen können. Vgl.: EuGH Rs. C-7/97 Oscar Bronner, Slg. 1998, S. I-7791, Rn. 41ff.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

214

Informationen742 erfasst. Internetmarktplätze erbringen elektronische Transaktions-

dienstleistungen. Eine Parallele lässt sich für die Einordnung von Internetmarktplätzen

daher aus dem Fall Swift ziehen, in dem die Kommission das gemeinsame Telekom-

munikationsnetz mehrerer Finanzinstitute zur Übertragung und Verarbeitung finanz-

transaktionsspezifischer Dienstleistungen als „Einrichtung“ im Sinne der genannten

Doktrin qualifiziert hat743.

(b) Betrieb durch einen Wettbewerber

Weitere Anwendungsvoraussetzung ist, dass die betreffende Infrastruktureinrichtung,

zu welcher Zugang begehrt wird, durch einen Wettbewerber des Zugangspetenten be-

trieben wird. Die essential facilities doctrine greift von vornherein nur im Verhältnis

der Marktplatzgründer zu ihren Wettbewerbern, nicht aber zugunsten ausgeschlosse-

ner Unternehmen der Marktgegenseite. Nur im ersten Fall ist die der genannten Dokt-

rin zugrunde liegende Fallgestaltung gegeben, nach der der Inhaber der fraglichen Inf-

rastruktureinrichtung einem Unternehmen, welches mit ihm auf einem vom Markt der

Infrastruktureinrichtung abgeleiteten Markt konkurriert, den Zugang zu der Einrich-

tung mit der Folge versperrt, so dass der Wettbewerb auf dem abgeleiteten Markt aus-

geschaltet wird744. Abzustellen ist für dieses Kriterium nicht auf die formale Eigentü- 742 So im Fall EuGH Rs. C-241/91 Magill, Slg. 1995, S. I-743, Rn. 47ff. 743 Zur Qualifizierung von Internetmarktplätzen als wesentliche Einrichtung: Ahlborn/ Seeli-

ger, EG-kartellrechtliche Probleme bei Unternehmenskooperationen im Internet, EuZW 2001, S. 552, 558; Alese, B2B exchanges and E.C. Competition Law: 2B or not 2B?, ECLR 2001, S. 325, 329f.; Asschenfeldt, B2B-Marktplätze: Aktuelle wettbewerbsrechtli-che Problemstellungen, MMR Beilage 9/2001, S. 5, 7; Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedingungen des europäischen und deutschen Kar-tellrechts, K&R 2000, S. 569, 573f.

744 Vgl. etwa: Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 86, Rn. 260. Anderer Ansicht sind Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattfor-men in der Unternehmenspraxis (2002), S. 272. Deren These, wonach der Einrichtungsin-haber nicht zugleich auf dem abgeleiteten Markt als Wettbewerber des Zugangsinteressen-ten tätig sein müsse, ist durch die Praxis der Kommission und Rechtsprechung des Ge-richtshofs nicht gedeckt. Es ging in den dort behandelten Fällen immer um die Zugangs-verweigerung durch einen Wettbewerber, der zugleich auf einem benachbarten Markt In-haber einer wesentlichen Einrichtung war. Vgl. nur die zugrundeliegenden Sachverhalte bei: EG-Kommission, Entscheidung v. 14 .1.1998 Flughafen Frankfurt/Main AG, ABl. 1998, L 72, S. 30ff.; EuGH Rs. C-7/97 Oscar Bronner, Slg. 1998, S. I-7791ff.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

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merstellung, sondern auf eine wirtschaftliche Betrachtung745. Entscheidend ist dabei,

wer die Infrastruktureinrichtung tatsächlich kontrolliert.

Im Hinblick auf Branchenmarktplätze ist es also für die Anwendbarkeit der essential

facilities doctrine von entscheidender Bedeutung, ob den Gründungsunternehmen eine

tatsächliche Beherrschungsmöglichkeit über das Marktplatzunternehmen zukommt.

Dies ist dann nicht der Fall, wenn jeweils nur Minderheitsbeteiligungen der Gründer

am Marktplatz vorliegen und den Gründern keine sonstigen Möglichkeiten zur Aus-

übung eines bestimmenden Einflusses auf das Joint Venture, wie Stimmrechtsmehrheit

im Leitungsgremium oder Sperrminoritäten746, zukommen. In diesem Fall lässt sich

das unabhängige Marktverhalten des Branchenmarktplatzes den Gründern nicht zu-

rechnen747.

(c) Fehlende Substituierbarkeit

Wesentlich im Sinne der genannten Doktrin ist eine Einrichtung nur, wenn dem Zu-

gangspetent ohne die Auferlegung der Mitbenutzung der Einrichtung der Marktzugang

zu einem benachbarten Markt verstellt wird748. Im Kontext der Branchenmarktplätze

läge diese Voraussetzung vor, wenn ein Außenseiter-Wettbewerber der Gründer nicht

(mehr) mit diesen auf dem jeweiligen Markt der über die Internetplattform gehandel- 745 So für die entsprechende Norm des deutschen Rechts in § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB: Schultz,

in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht (2001), § 19 Rn. 160. Wegen des weitgehenden Gleichlaufs von europäischem und deutschem Recht für die hier untersuchte Fallgruppe, insbesondere hinsichtlich der Anwendungskonstellati-on und Schutzrichtung der Doktrin, kann für das europäische Rechts nichts anderes gelten.

746 Insofern können die Kriterien der gemeinsamen Kontrolle nach Art. 3 Abs. 1 lit. b) FKVO als Anhaltspunkte herangezogen werden. Ein derartiger Fall fehlender Kontrolle liegt etwa im Fall Covisint vor. Alle Gründungsunternehmen halten hier nur Minderheitsbeteiligun-gen. Die Beteiligten Automobilhersteller haben zudem auch gemeinsam im Leitungsgre-mium des Marktplatzes keine Mehrheit und können sonst keinen bestimmenden Einfluss auf das gegründete Joint Venture ausüben. Vgl. : Beschluss des BKartA v. 25.9.2000 Co-visint,, B 5 - 34100 - U 40/00, S. 3f.

747 Eine kartellrechtliche Lücke entsteht in den betreffenden Fällen nicht, in denen die An-wendung der essential facilities doctrine ausscheidet, da ggf. der Diskriminierungstatbe-stand nach Art. 82 EG durch das Marktplatzunternehmen selbst erfüllt sein kann, wenn dieses selbst marktbeherrschend ist.

748 Im Einzelnen: Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 86, B, Rn. 260ff.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

216

ten Güter konkurrieren könnte749. Diese Wirkung ruft ein Ausschluss von der betref-

fenden Internetplattform nur dann hervor, wenn die Leistungen des betreffenden

Marktplatzes sich nicht anderweitig substituieren lassen.

Existieren neben dem betreffenden Branchenmarktplatz andere (offene) Internet-

marktplätze, über die die fraglichen Güter gehandelt werden, liegt die genannte Vor-

aussetzung nicht vor. Es ist dem ausgeschlossenen Wettbewerber dann ohne weiteres

möglich, durch ein Ausweichen auf diese Plattformen Zugang zum betreffenden Ab-

satz- oder Nachfragemarkt zu erlangen750. Existiert keine andere Internetplattform, die

entsprechende Dienste für den fraglichen Gütermarkt erbringt, sind die herkömmli-

chen Handelskanäle, also Telefax, Telefon, E-Mail oder Börsen als potenzielle Substi-

tute in Betracht zu ziehen751. Selbst wenn mit dem Ausweichen auf derartige Alterna-

tiven eine geringere Effizienz, höhere Kosten oder kostspielige Neuanschaffungen

verbunden sind, scheidet ein Zugangsanspruch daher regelmäßig aus752, da dem Peten-

ten nach den Grundsätzen der essential facilities doctrine auch ein Ausweichen auf für

ihn ungünstigere Alternativen prinzipiell zumutbar ist753.

Im Lichte dieser strengen Anwendungsvoraussetzung ist der Zugang zu einem be-

stimmten B2B-Internetmarktplatz zum gegenwärtigen Zeitpunkt in aller Regel nicht

als unabdingbar zu qualifizieren 754. Diese Beurteilung könnte sich zukünftig dann än-

dern, wenn die durch den betreffenden Internetmarktplatz erzielbaren Vorteile so groß

werden würden, dass alternative Absatz- oder Beschaffungsmöglichkeiten ein Auftre-

749 Asschenfeldt, B2B-Marktplätze: Aktuelle wettbewerbsrechtliche Problemstellungen, MMR

Beilage 9/2001, S. 5, 7. 750 Bahr, Das Erfordernis des freien Zugangs zu B2B-Internetmarktplätzen nach EG-

Kartellrecht, WuW 2002, S. 230, 238f. 751 Vgl etwa: Bahr, Das Erfordernis des freien Zugangs zu B2B-Internetmarktplätzen nach

EG-Kartellrecht, WuW 2002, S. 230, 238f.; Nouel, Competition Assessment of Vertical Mergers and Vertical Agreements in the New Economy, S. 122.

752 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 272f.

753 So auch: EuGH Rs. C-7/97 Oscar Bronner, Slg. 1998, S. I-7791ff., Rn. 43 i.V.m: Rn. 47. 754 So auch: Nouel, Competition Assessment of Vertical Mergers and Vertical Agreements in

the New Economy, S. 122.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

217

ten am Markt insgesamt unwirtschaftlich machen755 und aufgrund der mit Netzwerkef-

fekten und großen Skalenerträgen einhergehenden Konzentrationstendenzen756 keine

alternativen Marktplätze existieren, die dieselben Leistungen für den betreffenden Gü-

termarkt erbringen757. Die Nachteile der Zugangsverweigerung müssen dabei nach der

Rechtsprechung des EuGH so gravierend sein, dass der Wettbewerb auf dem fragli-

chen Markt nicht nur behindert, sondern ausgeschaltet wird758.

(d) Fehlende Duplizierbarkeit

Ein Zugangsanspruch nach der essential facilities doctrine setzt nach der Rechtspre-

chung des EuGH weiterhin voraus, dass dem Zugangspetent der Aufbau einer konkur-

rierenden Einrichtung nicht möglich oder unzumutbar erschwert ist759.

In Bezug auf Internetmarktplätze ist gegenwärtig von einer Duplizierbarkeit auszuge-

hen, weil dem Zugangspetenten der Aufbau einer konkurrierenden Internetplattform in

rechtlicher760 wie tatsächlicher Hinsicht761 allein oder zusammen mit anderen Unter-

755 So auch: Bahr, Das Erfordernis des freien Zugangs zu B2B-Internetmarktplätzen nach EG-

Kartellrecht, WuW 2002, S. 230, 238f. 756 Vgl.: 2. Kapitel, 4. Teil, B., II., 1. 757 Ebenso: Nouel, Competition Assessment of Vertical Mergers and Vertical Agreements in

the New Economy, S. 122f. 758 Prinzipiell ist dem Zugangspetenten auch der Rückgriff auf ungünstigere Beschaffungs-

oder Vertriebsmöglichkeiten zuzumuten. Vgl.: EuGH Rs. C-7/97 Oscar Bronner, Slg. 1998, S. I-7791, Rn. 43.

759 EuGH Rs. C-7/97 Oscar Bronner, Slg. 1998, S. I-7791, Rn. 44. 760 Allerdings wurde in der Literatur darauf hingewiesen, dass rechtliche Hindernisse insbe-

sondere entstehen könnten, wenn es zu einer strategischen Patentierung zentraler Soft-ware-Routinen seitens etablierter Marktakteure komme, deren Verwendung für den Marktplatzaufbau unumgänglich ist. Versuche strategischer Software-Patentierung sind im Bereich des E-Commerce in anderem Zusammenhang bereits relevant geweorden. So verweigerte die B2C-Bücher-Plattform Amazon.com ihren Wettbewerbern erfolgreich die Verwendung ihrer „one-click“-Technologie. Das Unternehmen Priceline.com wehrte sich unter Berufung auf Patentrechte gegen die Verwendung bestimmter Ausgestaltungen von umgekehrten Auktionen durch Konkurrenten. Vgl. hierzu: Nouel, Competition Assess-ment of Vertical Mergers and Vertical Agreements in the New Economy, S. 119.

761 Tatsächliche Hindernisse könnten unter anderem aus fehlenden Branchenkenntnissen oder fehlendem technischem Know-How erwachsen. An spezifischem Branchenwissen wird es aber einem Petenten gerade nicht mangeln, der in der gleichen Branche wie die Inhaber des etablierten Branchen-Marktplatzes operiert. Das entsprechende technische Wissen

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

218

nehmen nicht generell unmöglich ist762. Angesichts der hohen Anforderungen, die der

EuGH an die Annahme einer fehlenden Duplizierbarkeit wegen wirtschaftlicher Hin-

dernisse im Fall Oskar Bronner stellt763, wird auch dieses Argument nicht durchgrei-

fen können. Insbesondere erfordert der Aufbau der derzeit gängigen Modelle von

B2B-Internetmarktplätzen keine vergleichbar hohen Investitionen wie dies bei älteren

Technologien wie Computerreservierungssysteme der Fluglinien oder EDI-Systemen

in der Industrie der Fall war764.

Zukünftig lässt sich jedoch unter bestimmten Rahmenbedingungen eine fehlende Dup-

lizierbarkeit durchaus erwarten. In erster Linie wird hierfür entscheidend sein, inwie-

weit die typischerweise auftretenden Marktzutrittsschranken, hervorgerufen durch

Netzwerkeffekte und fehlende Interoperabilität aufgrund divergierender technischer

Standards, durch Marktneulinge überwunden werden können765. Einige Stimmen ge-

hen davon aus, dass eine Duplizierbarkeit gegenüber etablierten Internetmarktplätzen

zunehmend schwieriger werden wird766. Auch unter Berücksichtigung des vom EuGH

entwickelten strengen Maßstabes wäre der Aufbau einer konkurrierenden Internetplatt-

form jedenfalls dann nicht als realistische Alternative anzusehen, wenn der etablierte

Marktplatz bereits starke Netzwerkeffekte entwickelt hat und aufgrund der Marktver-

liegt derzeit bei einer Reihe von Softwareunternehmen vor, die am Aufbau von B2B-Internetmarktplätzen mitwirken.

762 Zu den gegenwärtigen Marktzutrittshürden: 2. Kapitel, 4. Teil, B., II., 2. 763 Der EuGH stellte in dem betreffenden Fall darauf ab, dass die fehlende Duplizierbarkeit

nicht schon dadurch belegt worden sei, dass die Schaffung eines alternativen Vertriebs-netzes für die Hauszustellung von Tageszeitungen zum demjenigen des Marktführers bei der geringen Auflagenhöhe des Zugangspetenten unrentabel ist. Vielmehr müsse darauf abgestellt werden, ob der Aufbau eines konkurrierenden Systems bei vergleichbaren Auf-lagenzahlen unrentabel wäre. Vgl.: EuGH Rs. C-7/97 Oscar Bronner, Slg. 1998, S. I-7791, Rn. 45.

764 So auch Jestaedt, Funktionalität, Effizienz und Wettbewerb: B2B-Marktplätze und das Kartellrecht, BB 2001, S. 581, 586.

765 Zur Bedeutung der Marktzutrittsschranken vgl. schon: 2. Kapitel, 4. Teil, B., II., 2. 766 Vgl. etwa: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unterneh-

menspraxis (2002), S. 273f.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

219

hältnisse allein ein einziger Marktplatz im betreffenden Marktsegment rentabel betrie-

ben werden kann767.

(e) Zumutbarkeit der Zugangsgewährung

Eine Zugangsverweigerung zu einer wesentlichen Einrichtung oder eine Benachteili-

gung eines Wettbewerbers darf nach den Grundsätzen des Gerichtshofs schließlich

nicht aus objektiven Gründen gerechtfertigt sein768. Bei Internetmarktplätzen wird an-

ders als bei anderen Einrichtungen wie Leitungsnetzen der Aspekt mangelnder Kapa-

zitäten als Rechtfertigungsgrund regelmäßig keine Rolle spielen, da die Frequentie-

rung von Internetmarktplätzen praktisch keinen technischen Kapazitätsgrenzen unter-

worfen ist. Es bleiben somit die übrigen in der Anwendungspraxis entwickelten Recht-

fertigungsgründe, wie z. B. mangelnde Kreditwürdigkeit des Nutzers oder fehlende

technische Mindestvoraussetzungen oder Kenntnisse auf der Seite des Zugangspeten-

ten769.

(f) Zwischenergebnis

Eine Anwendung der essential facilities doctrine nach Art. 82 EG kommt für die

Nichtzulassung von Unternehmen zum Marktplatzhandel nur in Betracht, soweit es

um das Zugangsbegehren eines Konkurrenten der Marktplatzgründungsunternehmen

767 Ähnlich wie hier: Bahr, Das Erfordernis des freien Zugangs zu B2B-Internetmarktplätzen

nach EG-Kartellrecht, WuW 2002, S. 230, 239. So geht das OFT von einer Tendenz elekt-ronischer Marktplätze zum natürlichen Monopol aus: Report des OFT, E-Commerce and its Implications for Competition Policy (2000), Rn. 6.119. Wie hier auch: Immen-ga/Lange, Elektronische Marktplätze: Wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen im Internet?, RiW 2000, S. 733, 738; Nouel, Competition Assessment of Vertical Mergers and Vertical Agreements in the New Economy, S. 122.

768 EuGH Rs. C-7/97 Oscar Bronner, Slg. 1998, S. I-7791, Rn. 41; ebenso die Literatur: Dirk-sen, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellecht (2001), Band 1, Art. 82, Rn. 177a.

769 Zu den Rechtfertigungsgründen im hier untersuchten Kontext siehe auch: Bahr, Das Er-fordernis des freien Zugangs zu B2B-Internetmarktplätzen nach EG-Kartellrecht, WuW 2002, S. 230, 239f.; Zu den Rechtfertigungsgründen im Allgemeinen: Möschel, in: Im-menga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 86, Rn. 263.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

220

geht und diese einen bestimmenden Einfluss über den Marktplatz ausüben. Unter den

derzeit gegebenen Marktvoraussetzungen sind die Anwendungsvoraussetzungen der

Doktrin in tatsächlicher Hinsicht nicht erfüllt.

b) Beurteilung nach § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB

aa) Normstruktur und Inhalt

Der deutsche Gesetzgeber hat in der 6. GWB-Novelle den Gedanken der essential fa-

cilities doctrine ausdrücklich in § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB aufgenommen. Danach han-

delt ein marktbeherrschendes Unternehmen missbräuchlich, wenn es sich weigert, ei-

nem anderen Unternehmen gegen angemessenes Entgelt Zugang zu den eigenen Net-

zen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, soweit es dem anderen

Unternehmen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ohne die Mitbenutzung nicht

möglich ist, auf dem vor- oder nachgelagerten Markt als Wettbewerber des

marktbeherrschenden Unternehmens tätig zu werden. § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB geht

dabei von der Existenz zweier getrennter, aber in Beziehung zueinander stehender

Märkte aus, nämlich dem Markt für die Mitbenutzung der Infrastruktureinrichtung und

dem von diesem abgeleiteten Markt770.

bb) Voraussetzungen eines Zugangsanspruchs zu einem B2B-Internetmarktplatz nach § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB

(1) Markbeherrschende Stellung des Inhabers der Infrastruktureinrichtung

Anwendungsvoraussetzung des § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB ist die marktbeherrschende

Stellung des Infrastrukturinhabers. Strittig ist, ob die marktbeherrschende Stellung auf

dem Markt der Dienstleistung, die von der Infrastruktureinrichtung erbracht wird, be-

stehen muss oder auf dem vor- bzw. nachgelagerten Markt, auf dem Zugangspetent

und Inhaber der Infrastruktureinrichtung konkurrieren771.

770 Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 19, Rn. 192. 771 Vgl. einerseits: Dreher, Die Verweigerung des Zugangs zu einer wesentlichen Einrichtung

als Missbrauch der Marktbeherrschung, DB 1999, S. 833ff.; Möschel, in: Immen-

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

221

Die zu dieser Streitfrage teilweise vertretene Ansicht, die marktbeherrschende Stellung

müsse auf dem Markt (der [Mit-] Benutzung) der Infrastruktureinrichtung bestehen772,

ist für das deutsche Recht, anders als dies für das EG-Recht der Fall ist, nicht haltbar.

In diesem Falle würde nämlich regelmäßig die Inhaberschaft einer wesentlichen Ein-

richtung mit der marktbeherrschenden Stellung zusammenfallen, was der - eine zwei-

stufige Prüfung vorgebenden - Systematik des § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB773 widerspre-

chen würde774. Außerdem zielt der Schutzzweck der Norm auf eine Gewährleistung

des Wettbewerbs auf dem der Infrastruktureinrichtung vor- oder nachgelagerten

Markt, so dass mit Möschel davon auszugehen ist, dass auf das Kriterium der Markt-

beherrschung auf diesen Markt abzustellen ist775.

Die Anwendung von § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB auf Branchenmarktplätze setzt folglich

voraus, dass die Gründungsunternehmen auf dem Markt der über den Marktplatz ge-

handelten Güter einzeln oder gemeinsam776 eine marktbeherrschende Stellung inneha-

ben.

ga/Mestmäcker, GWB (2001), § 19, Rn. 192; andererseits: Weyer, Neue Fragen des Miss-brauchs marktbeherrschender Stellungen nach § 19 GWB, AG 1999, S. 257, 261.

772 Weyer, Neue Fragen des Missbrauchs marktbeherrschender Stellungen nach § 19 GWB, AG 1999, S. 257, 261.

773 Insofern besteht ein Unterschied zu Art. 82 EG, der eine derartige Prüfungsystematik nicht vorgibt.

774 Vgl.: Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 19, Rn. 192. 775 Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 19, Rn. 192. Aus den genannten

Gründen unzutreffend und, wie Möschel richtig bemerkt, den Wortlaut und Zweck der Norm überdehnend ist es, die Marktbeherrschung alternativ für einen der beiden Märkte zu fordern, wie Bechtold und Schultz dies tun. Zu dieser Ansicht: Bechtold, GWB (1999), § 19, Rn. 81; Schultz, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht (2001), § 19 Rn. 152.

776 Eine gemeinsame Marktbeherrschung ist nach § 19 Abs. 2 S. 2 GWB gegeben, wenn die Gründer im Außenverhältnis in ihrer Gesamtheit keinem wesentlichen Wettbewerb ausge-setzt sind, § 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GWB bzw. insgesamt über eine überragende Marktstel-lung verfügen, § 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 GWB und es im Innenverhältnis an wesentlichem Wettbewerb fehlt (sog. Gruppenbewusstsein). Zur Anwendung des Oligopoltatbestandes nach § 19 Abs. 2 S. 2 GWB im Rahmen des § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB: Möschel, in: Immen-ga/Mestmäcker, GWB (2001), § 19, Rn. 193. Zu den Voraussetzungen des Gruppenbe-wusstseins allgemein: Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 19, Rn. 80ff. Ein solches Gruppenbewusstsein wird zwischen den Gründern jedoch nur erfüllt sein, wenn zwischen ihnen eine hohe Reaktionsverbundenheit besteht oder durch die konkrete

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

222

(2) Branchenmarktplätze als Infrastruktureinrichtungen im Sinne des § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB

Die Anwendbarkeit von § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB auf Internetplattformen setzt weiter-

hin voraus, dass diese als Netze oder Infrastruktureinrichtungen777 im Sinne der Vor-

schrift einzuordnen sind. Wie Art. 82 EG erfasst die Norm aber nicht nur Einrichtun-

gen mit entfernungsüberwindender oder raumintegrierender Logistikfunktion, sondern

nach dem Willen des Gesetzgebers778 auch nicht materielle Infrastruktureinrichtungen

wie virtuelle Netze, Schnittstellen für Computersoftware, Navigatoren-Software-

Anwendungen und technische Standards779, so dass an der grundsätzlichen Anwend-

barkeit des § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB auf Internetmarktplätze als elektronische Transak-

tionsmedien keine Zweifel bestehen780.

(3) Kontrolle des Branchenmarktplatzes durch die Marktplatzinhaber

Die Inanspruchnahme einer Infrastruktur kommt nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 4

Nr. 4 GWB wie bei Art. 82 EG nur in Betracht, wenn es sich um eine eigene Infra-

struktur des Marktbeherrschers handelt781. Dies wird wie im Rahmen des Art. 82 EG

nicht allein dadurch ausgeschlossen, dass ein Branchenmarktplatz im Regelfall als

rechtlich eigenständiges Tochterunternehmen gegründet wird. Vielmehr ist eine wirt-

schaftliche Betrachtungsweise anzulegen782. Auch bei einer organisatorischen oder

rechtlichen Ausgliederung der Infrastruktureinrichtung handelt es sich um eine solche

Ausgestaltung des Marktplatzes (etwa gegenseitige Preismeldungen) gezielt geschaffen wird.

777 Der Begriff „Infrastruktureinrichtungen“ schließt dabei als Oberbegriff den des „Netzes“ im Sinne der Norm mit ein. Vgl. dazu: Wiedemann, in: Wiedemann, Handbuch des Kar-tellrechts (1999), § 23, Rn. 65; Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 19, Rn. 194.

778 Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 19, Rn. 197. 779 Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 19, Rn. 196. 780 Vgl.: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmens-

praxis (2002), S. 270. 781 Schultz, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht

(2001), § 19 Rn. 160.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

223

des marktbeherrschenden Unternehmens, wenn dieses die Dispositionsbefugnis über

die Einrichtung innehat783. Trotz einer Kapitalbeteiligung der Gründer an einem Bran-

chenmarktplatzes ist dieser nicht als Einrichtung der Gründer einzuordnen, wenn die

Entscheidung, wer zum Handel zugelassen werden soll, vom Marktplatzunternehmen

autonom getroffen wird784.

(4) Wesentlichkeit

Wesentlichkeit i.S.v. § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB kommt einer Infrastruktureinrichtung

nur dann zu, wenn es dem Zugang begehrenden Unternehmen aus rechtlichen oder

tatsächlichen Gründen ohne die Mitbenutzung unmöglich ist, auf dem vor- oder nach-

gelagerten Markt als Wettbewerber des marktbeherrschenden Unternehmens tätig zu

werden. Eine bloße Wettbewerbsbeschränkung durch einen Branchenmarktplatz reicht

also für einen Zugangsanspruch auch nach § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB nicht aus: Wesent-

lich ist eine Einrichtung nur, soweit sie nicht substituierbar oder duplizierbar ist785,

wobei für diese Kriterien die Gesichtspunkte zu Art. 82 EG entsprechend heranzuzie-

hen sind786, so dass es an einer „Wesentlichkeit“ eines Branchenmarktplatzes regelmä-

ßig fehlt.

782 Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 19, Rn. 198. 783 Schultz, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht

(2001), § 19 Rn. 160. 784 So ist nach Möschel für die Qualifizierung als „eigene“ Einrichtung zwingende Vorausset-

zung, dass der Gründer die freie Verfügbarkeit über die Nutzung der Einrichtung hat. Vgl. Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 19, Rn. 198. Wie im Rahmen des Art. 82 EG ist für die Frage des bestimmenden Einflusses unter anderem auf die Stimm-gewichtung im Leitungsgremium des Marktplatzunternehmens das Bestehen etwaiger Sperrminoritäten oder Blockaderechte der Gründer wie sonstige Möglichkeiten einer Ein-flussnahme auf die Zugangsentscheidung des Marktplatzes abzustellen.

785 Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 19, Rn. 199. 786 Siehe oben 3. Kapitel, 2. Teil, E., IV., 1., a), bb), (3), c)-d),

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

224

(5) Keine Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit des Zugangs

Einem Wettbewerber braucht nach § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB kein Zugang zu einem In-

ternetmarktplatz eingeräumt werden, soweit dies den Marktplatzinhabern unmöglich

oder unzumutbar ist. Eine sachliche Rechtfertigung des Ausschlusses anderer Unter-

nehmen bilden im Rahmen des § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB betriebsbedingte Gründe, z.B.

die drohende Störung des Betriebsablaufes und sonstige objektive Gründe, etwa die

fehlende Kreditwürdigkeit des Petenten787.

(6) Zwischenergebnis

Auch nach § 19 Abs. 4 Nr. GWB ist eine Anwendung des essential facility-Gedankens

zugunsten von Wettbewerbern der Marktplatzgründer grundsätzlich möglich, scheidet

aber unter den aktuellen Marktvoraussetzungen mangels „Wesentlichkeit“ des Bran-

chenmarktplatzes regelmäßig aus.

2. Zugangsbehinderung als missbräuchliche Geschäftsverweigerung

a) Beurteilung nach Art. 82 EG

aa) Allgemeines

Da es sich bei der essential facilities doctrine systematisch um einen Spezialfall der

Fallgruppe der missbräuchlichen Geschäftsverweigerung handelt, stellt sich die Frage,

ob ein Ausschluss oder eine selektive Benachteiligung von Marktplatznutzern unter

diesem Gesichtspunkt über die - seltenen überhaupt denkbaren Anwendungsfälle der

essential facilities doctrine hinaus - einen Verstoß gegen Art. 82 EG begründen

kann788.

787 Vgl. zu den Rechtfertigungsgründen: Bechtold, GWB (1999), § 19, Rn. 84; Möschel, in:

Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 19, Rn. 205. 788 Dies ist schon deshalb zu untersuchen, weil die Fallgruppe der essential facilities nach

EG-Kartellrecht nur einen Spezialfall der Geschäftsverweigerung darstellt. Dazu: Beck-merhagen, Die essential facilities doctrine im US-amerikanischen und europäischen Kar-tellrecht (2002), S. 213ff.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

225

Missbräuchlich ist die Nichtaufnahme von Geschäftsbeziehungen nur, soweit ein

Kontrahierungszwang besteht789. Ein solcher kann sich im Einzelfall aus der Markt-

strukturverantwortung des Marktbeherrschers für das System des unverfälschten

Wettbewerbs ergeben790.

Anders als die essential facilities doctrine erfasst die Fallgruppe die selektive Liefer-

verweigerung gegenüber Nichtkonkurrenten, ist aber vor allem in der europäischen

Rechtspraxis nicht darauf beschränkt791. Im Einzelfall greift sie sogar zugunsten eines

direkten, von der Belieferung ausgeschlossenen Wettbewerbers ein792. Als miss-

bräuchliche Geschäftsverweigerung wurde etwa die Weigerung eines Marktbeherr-

schers, einem konkurrierenden Unternehmen keinen gleichberechtigten Zugang zu

einem CRS zu gewähren, erkannt793.

Im Folgenden soll untersucht werden, inwieweit sich für die Verweigerung der Markt-

platznutzung oder die selektive Auferlegung ungünstigerer Nutzungsbedingung als

missbräuchliche Geschäftsverweigerung darstellen kann.

bb) Zugangsverweigerung oder Benachteiligung von Wettbewerbern der Markt-platzgründer

(1) Marktbeherrschende Stellung

Voraussetzung für eine Anwendung des Art. 82 EG ist das Bestehen einer marktbe-

herrschenden Stellung. Zum einen ist es denkbar, dass die Gründer des Marktplatzes

gemeinsam auf dem Markt der gehandelten Waren eine marktbeherrschende Stellung

789 Schröter, in: GTE (1999), Art. 86 EGV, Rn. 204. 790 Emmerich, in: Dauses, Handbuch des EG-Wirtschaftsrechts, H I, § 1, Rn. 376; Möschel,

in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 86, Rn. 224. 791 Mit Nachweisen aus der Kommissionspraxis und der Rechtsprechung des EuGH: Möschel,

in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 86, Rn. 221. 792 Vgl.: EuGH Rs. 6 u. 7/73 Commercial Solvents, Slg. 1974, S. 223, 252. Dazu: Schröter, in:

GTE (1999), Art. 86 EGV, Rn. 207. 793 So EG-Kommission, Entscheidung v. 4.11.1988, London European/Sabena, ABl. 1988, L

317, S. 47, 52. Dagegen: Schröter, in: GTE (1999), Art. 86 EGV, Rn. 181.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

226

innehaben, die sie durch den gezielten Ausschluss bestimmter Wettbewerber vom

Marktplatz gegenüber diesen zu stärken versuchen794.

Es ist jedoch zum anderen auch möglich, wie der sachlich ähnlich gelagerte Fall Lon-

don European/SABENA elektronischer Flugreservierungssysteme betreffend zeigt,

dass eine beherrschende Stellung auf dem Dienstleistungsmarkt des elektronischen

Marktplatzes als Hebel benutzt wird, um den benachbarten Markt der gehandelten Gü-

ter zu beeinflussen795.

(2) Geschäftsverweigerung gegenüber einem Wettbewerber

Um den an dieser Stelle untersuchten Fall einer Zugangsverweigerung oder -

erschwerung „gegenüber Wettbewerbern“ handelt es sich nur, soweit die Gründungs-

unternehmen den Ausschluss etwa mittels ihres bestimmenden Einflusses auf das

Marktplatzunternehmen selbst veranlasst haben. Fehlt den Gründungsunternehmen

hingegen ein bestimmender Einfluss auf den Marktplatz und schließt das Marktplatz-

unternehmen autonom bestimmte Konkurrenten der Gründer aus, handelt es sich um

einen Fall der Geschäftsverweigerung im Vertikalverhältnis. Denn gegenüber dem

Marktplatzunternehmen ist der ausgeschlossene Nutzer Abnehmer der Marktplatz-

dienstleistung.

(3) Missbräuchlichkeit der Zugangsbehinderung bei „offenen“ Marktplätzen

Fraglich ist, wann der Geschäftsverweigerung die für Art. 82 EG erforderliche Qualität

der Missbräuchlichkeit zukommt.

Vor allem für Branchenmarktplätze, die Wettbewerbern der Gründungsunternehmen

gegenüber prinzipiell Zugang gewähren (sog. offene Marktplätze), aber einzelne

Wettbewerber gezielt ausschließen, drängt sich die Anwendung der Fallgruppe der 794 Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedingungen des

europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 574. 795 EG-Kommission, Entscheidung v. 4.11.1988, London European/Sabena, ABl. 1988,

L 317, S. 47, 52. Vgl. hierzu: Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 86, Rn. 231.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

227

missbräuchlichen (selektiven) Geschäftsverweigerung auf. Grundsätzlich gilt, dass ein

marktbeherrschendes Unternehmen, das einen Markt für eine Leistung zum Zeitpunkt

der Lieferverweigerung bereits eröffnet hat, verpflichtet ist, die Leistung diskriminie-

rungsfrei anzubieten796.

Fraglich ist, ob eine so weitgehende Gleichbehandlungspflicht auch gegenüber solchen

Zugangspetenten besteht, welche mit den Gründern auf dem Markt der über den

Marktplatz gehandelten Güter im Wettbewerb stehen, wie dies von Bahr unterstellt

wird797.

Ein Missbrauch ist nach gesicherter Fallpraxis dann gegeben, wenn durch die Nichtzu-

lassung des Wettbewerbers der Restwettbewerb ausgeschaltet wird798, vorteilhafte Ge-

schäftsbedingungen erzwungen werden sollen799 oder die beherrschende Marktstellung

auf den benachbarten Markt ausgedehnt werden soll800. Die Kommission geht für ähn-

liche Konstellationen in vertikal verknüpften Märkten im Bereich der Telekommuni-

kations- und Informationsdienstleistungen ebenfalls davon aus, dass auch gegenüber

Abnehmern, die auf einem benachbarten Markt mit dem Anbieter konkurrieren, eine

796 Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 86, Rn. 225. 797 Bahr differenziert insoweit nicht, ob es sich bei dem Petenten um Unternehmen handelt,

die zu den Marktplatzgründern in Wettbewerbb stehen oder um Unternehmen der Markt-gegenseite: Bahr, Das Erfordernis des freien Zugangs zu B2B-Internetmarktplätzen nach EG-Kartellrecht, WuW 2002, S. 230, 236. Es ist jedoch ein regelmäßig legitimes Anliegen der Marktplatzgründer, die für den Aufbau des Internetmarktplatzes erhebliche Investitio-nen getätigt haben, den Nutzen der Plattform nicht auch Wettbewerbern zukommen zu las-sen. Da allerdings bei den für beide Marktseiten grundsätzlich „offenen“ Marktplätzen bereits anderen Wettbewerbern die Teilnahme am Internetmarktplatz bereits gestattet wurde, scheidet für diese Marktplätze das Argument des Schutzes des mit eigenen Mitteln Erwirtschafteten als Rechtfertigungsgrund aus.

798 Zur Sicherung des Restwettbewerbs durch Art. 82 EG vgl.: de Bronnet, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 22, Rn. 35.

799 Hierzu: de Bronnet, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 22, Rn. 59f. 800 So etwa, wenn durch die Zugangsverweigerung ein Konkurrent vom vor- oder nachgela-

gerten Markt verdrängt werden soll, wie etwa im Fall EG-Kommission, Entscheidung v. 4.11.1988, London European/Sabena, ABl. 1988, L 317, S. 47, 52; ebenso: EG-Kommission, Entscheidung v. 1.8.1990 Internationale Eilkurierdienstleistungen in Spa-nien, ABl. 1990, L 233, S. 19, 21ff.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

228

Gleichbehandlungspflicht besteht, soweit nicht sachliche Gründe für eine Zugangs-

verweigerung sprechen801.

Ob der dogmatische Anknüpfungspunkt für Geschäftsverweigerungen als schärfste

Form der Diskriminierung, wie die Kommission meint, in Art. 82 Abs. 2 lit. c) EG zu

sehen ist802, kann offen bleiben, weil derartige Fallgestaltungen jedenfalls vom Auf-

fangtatbestand des Art. 82 Abs. 1 EG erfasst werden803. Einer Verweigerung der Ge-

schäftsaufnahme steht die Geschäftsaufnahme unter diskriminierenden oder sonst

missbräuchlichen Bedingungen gleich804. Die selektive Geschäftsverweigerung stellt

insofern nur die schärfste Form der Diskriminierung805 dar.

Die Missbräuchlichkeit einer derartigen Verhaltensweise ist allerdings nur gegeben,

wenn keine sachlichen Gründe den Ausschluss oder die Ungleichbehandlung rechtfer-

tigen, wobei als objektive Rechtfertigungsgründe die schon im Kontext der essential

facilities doctrine Genannten heranzuziehen sind806. Im Einzellfall kann nach alledem

der selektive Ausschluss oder die Benachteiligung einzelner Wettbewerber der Grün-

der einen Fall der missbräuchlichen Geschäftsverweigerung darstellen.

(4) Missbräuchlichkeit bei „geschlossenen“ Marktplätzen

Sind bei einem Branchenmarktplatz auf der einen Marktseite generell nur die Gründer

und keine Außenseiter-Wettbewerber zum Handel zugelassen, so liegt schon in der

Zugangsverweigerung gegenüber einem solchen Wettbewerber keine Ungleichbehand-

lung vergleichbarer Sachverhalte vor, womit das Diskriminierungsverbot als Anknüp-

fungspunkt für die Missbräuchlichkeit einer solchen Geschäftverweigerung ausschei-

801 EG-Kommission, Mitteilung über die Anwendung der Wettbewerbsregeln auf Zugangs-

vereinbarungen im Telekommunikationsbereich, ABl. 1998, C 265, S. 2, Rn. 84ff. 802 EG-Kommission, Entscheidung v. 28.12.1981, ABl. 1981, L 370, S. 49, 55f., Rn. 49ff. 803 Schröter, in: GTE (1999), Art. 86 EGV, Rn. 181; Tränkle, Die „essential facilities“-

Doktrin im europäischen Wettbewerbsrecht (2001), S. 119. 804 Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 86, Rn. 228. 805 De Bronnet, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 22, Rn. 66. 806 Vgl.: 3. Kapitel, 2. Teil, E., IV., 1., a), bb), (3), (e).

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

229

det807. Der generelle Ausschluss von (Außenseiter-) Wettbewerbern vom Marktplatz

ist grundsätzlich legitim808, da die Gründer diesen mit eigenen Mitteln aufgebaut ha-

ben. Zudem fallen derartige Konstellationen in den Schnittbereich der Fallgruppen der

Geschäftsverweigerung und der (neueren) Figur der essential facilities809. Die durch

den EuGH erkannten qualifizierten Anwendungsvoraussetzungen der letztgenannten

Doktrin würden bei einer parallelen Anwendbarkeit der hier untersuchten Fallgruppe

umgangen810.

Daher ist der Ausschluss von Wettbewerbern der Gründungsunternehmen bei gegen-

über Außenseiter-Wettbewerbern der Gründungsunternehmen generell „geschlosse-

nen“ Marktplätzen allein am Maßstab der essential facilities doctrine zu messen, die

Anwendung der Fallgruppe der missbräuchlichen Geschäftsverweigerung scheidet

hingegen aus.

807 Eine Gleichartigkeit mit den zum Marktplatz zugelassenen Unternehmen der Marktgegen-

seite besteht hingegen nicht. Eine Vergleichbarkeit ist nämlich regelmäßig nur zwischen Unternehmen anzunehmen, die auf der gleichen Wirtschaftsstufe tätig sind. Vgl. zu der Frage der Gleichartigkeit nach - insoweit vergleichbarer - deutscher Rechtslage: Markert, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 20, Rn. 102.

808 So hält auch Bahr einen Verstoß in dieser Konstellation nur unter dem Aspekt der essenti-al facilities für möglich: Bahr, Das Erfordernis des freien Zugangs zu B2B-Internetmarktplätzen nach EG-Kartellrecht, WuW 2002, S. 230, 237.

809 Vgl. Tränkle, Die „essential facilities“-Doktrin im europäischen Wettbewerbsrecht (2001), S. 119.

810 Grundsätzlich reicht die Fallgruppe der Geschäftsverweigerung sachlich weiter als die der essential facilies doctrine: Die Geschäftsverweigerung kann gegenüber Unternehmen aller Marktstufen missbräuchlich sein, die essential facilities doctrine kommt nur gegenüber Wettbewerbern des Infrastrukturinhabers in Betracht und setzt zudem die spezifische Konstellation der Verweigerung des Zugangs zu einer Infrastruktureinrichtung voraus. Soweit allerdings die spezifische Konstellation der essential facilities doctrine vorliegt, würden die hohen Voraussetzungen, die insbesondere im Urteil Bronner durch den EuGH, Rs. C-7/97 Oscar Bronner, Slg. 1998, S. I-7791ff., aufgestellt wurden, durch eine Rück-griffsmöglichkeit auf die andere Fallgruppe umgangen. Anderer Ansicht wohl: Nouel, Competition Assessment of Vertical Mergers and Vertical Agreements in the New Eco-nomy, S. 120, 122, der auch in diesen Fällen von einer parallelen Anwendbarkeit auszu-gehen scheint.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

230

cc) Ausschluss oder Benachteiligung von Unternehmen der Marktgegenseite

Als Missbrauch kann sich auch der zur gezielten „Disziplinierung“ eingesetzte Aus-

schluss bestimmter Lieferanten oder Abnehmer der Marktplatzinhaber darstellen811.

Wurde vergleichbaren Unternehmen der Zugang zum Marktplatz gewährt, liegt in der

Benachteiligung oder dem gänzlichen Ausschluss bei Fehlen eines objektiven Recht-

fertigungsgrundes eine durch Art. 82 EG untersagte Diskriminierung. Handelt der

Marktplatz hinsichtlich der Frage, welchen Nutzern Zugang zum Marktplatz gewährt

wird, eigenständig und nicht auf Weisung der Gründer, so stellt sich der Ausschluss

von Unternehmen unabhängig davon, welcher Marktseite sie auf dem Markt der ge-

handelten Güter angehören, als „Ausschluss von Nichtwettbewerbern“ dar. Denn Nut-

zer und Marktplatz stehen hinsichtlich der verweigerten Marktplatzdienstleistung in

einem vertikalen Wettbewerbsverhältnis zueinander.

Die Auferlegung ungünstigerer Zugangsbedingungen steht in der Beurteilung dem

vollständigen Ausschluss vom Marktplatz gleich.

b) Beurteilung nach §§ 19, 20 GWB

aa) Ausschluss oder Benachteiligung von Wettbewerbern der Marktplatzgründer

(1) Gegenüber Wettbewerbern grundsätzlich „offene“ Marktplätze

Die Weigerung eines Branchenmarktplatzes, der bereits andere Wettbewerber der

Gründungsunternehmen aufgenommen hat, einen bestimmten anderen Konkurrenten

zum Handel über den Marktplatz zuzulassen, ist nach deutschem Recht am Diskrimi-

nierungsverbot des § 20 Abs. 1 GWB zu messen. Dieses setzt keine bestehende Ge-

schäftsbeziehung des Marktbeherrschers zum Betroffenen voraus und greift folglich

gegenüber Nutzungsinteressenten als Newcomern ebenfalls ein812. Wurde anderen Un-

ternehmen, die der Marktseite der Marktplatzinhaber angehören, der Zugang bereits

gewährt, besteht insofern ein üblicher Geschäftsverkehr, so dass es für den Ausschluss 811 Köhler, Gründung und Nutzung von Internet Marketplaces: die Rahmenbedingungen des

europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 574; Zu dieser Frage wei-terhin: Gramlich/Kröger/Schreibauer, Rechtshandbuch B2B Plattformen, S. 128.

812 Markert, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 20, Rn. 96.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

231

eines (vergleichbaren) weiteren Außenseiter-Wettbewerbers gemäß § 20 Abs. 1 GWB

eines sachlichen Grundes bedarf. Es sind dieselben Gründe wie im Rahmen des

Art. 82 EG zu berücksichtigen813.

Gegenüber Art. 82 EG legt das deutsche Diskriminierungsverbot allerdings insofern

einen strengeren Maßstab an, als es bereits auf marktstarke Internetplattformen an-

wendbar ist, soweit die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 GWB vorliegen814.

(2) Gegenüber Wettbewerbern „geschlossene“ Marktplätze

Soweit der Marktplatzgründer andere Wettbewerber generell nicht zum Branchen-

marktplatz zulässt, besteht für diese Unternehmen „kein üblicher Geschäftsverkehr“

mit der Folge dass eine Anwendung des Diskriminierungsverbots nach § 20 GWB

ausscheidet815. Ob über den sachlichen Anwendungsbereich der essential facilities

doctrine nach § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB hinaus für derartige „geschlossene“ Branchen-

marktplätze“ noch eine Anwendungsmöglichkeit des § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB besteht,

ist zweifelhaft. Zwar wurde früher die Verweigerung eines Geschäftsabschlusses mit

Konkurrenten als eine unbillige Behinderung - etwa bei der Frage des Zugangs eines

Unternehmens zu Schienenwegen im Hamburger Hafen - eingeordnet. Die betreffen-

den Sachverhalte unterfallen jedoch nunmehr § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB bzw. sektorspe-

zifischen Regelungen816. Die in den qualifizierten Voraussetzungen des Zugangsan-

813 Siehe dazu 3. Kapitel, 2. Teil, E., IV., 2. a), bb), (3). 814 Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedingungen des

europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 573. Die Nichtaufnahme von Geschäftsbeziehungen gegenüber Wettbewerbern der Marktplatzinhaber kann ferner wegen der weitgehenden Überschneidung der Anwendungsbereiche von § 19 GWB und § 20 GWB außerdem den Tatbestand des Behinderungsmissbrauchs nach § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB erfüllen. Zum Verhältnis dieser Tatbestände zueinander: Markert, in: Immen-ga/Mestmäcker, GWB (2001), § 20, Rn. 239.

815 Zwar ist bei der Bestimmung des maßgeblichen Geschäftsverkehrs nicht allein auf den in Frage stehenden Normadressaten abzustellen, sondern marktbezogen abzugrenzen. Eine dahingehende „Üblichkeit“, allgemein Wettbewerbern Zugang zu Internetmarktplätzen zu gewähren, lässt sich zumindest derzeit und angesichts der vielfältigen verschiedenen Ge-schäftsmodelle nicht erkennen: Es finden sich sowohl öffentliche als auch geschlossenen Systeme nebeneinander.

816 Vgl.: § 14 AEG, §§ 33, 35 TKG, § 6 EnWG, § 9 BADV, §§ 28, 29 PostG.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

232

spruchs nach § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetz-

gebers würde umgangen, wenn über dessen Anwendungsbereich hinaus ähnlich gela-

gerte Fälle weiterhin unter die Fallgruppe des Behinderungsmissbrauchs nach § 19

Abs. 4 Nr. 1 GWB subsumiert würden817. Soweit sich die Marktplatzgründer die Nut-

zung des Marktplatzes für ihre Marktseite ausschließlich vorbehalten, lässt sich die

Nichtaufnahme eines Konkurrenten daher nicht als unbillige Behinderung werten.

bb) Ausschluss oder Benachteiligung von Unternehmen der Marktgegenseite

Der gezielte Ausschluss oder die Benachteiligung hinsichtlich der Nutzungsgewäh-

rung zu Lasten bestimmter Lieferanten oder Abnehmer der Marktplatzgründer durch

ein marktbeherrschendes Marktplatzunternehmen erfüllt, soweit keine sachliche

Rechtfertigung vorliegt, den Tatbestand des Diskriminierungsverbotes nach § 20

Abs. 1 GWB. Denn durch die Zulassung der übrigen Lieferanten bzw. Abnehmer be-

steht ein üblicher Geschäftsverkehr im Sinne der Vorschrift. Unter den weiteren Vor-

aussetzungen des § 20 Abs. 2 GWB genügt hierfür wiederum bereits eine starke

Marktstellung818.

c) Zwischenergebnis

Der Ausschluss oder die selektive Benachteiligung einzelner Außenseiter-

Wettbewerber kann bei „offenen“ Branchenmarktplätzen unter der Voraussetzung der

Marktbeherrschung einen Fall der missbräuchlichen Geschäftsverweigerung darstel-

len. Das gleiche gilt in Bezug auf den Ausschluss oder die selektive Benachteiligung

von Zulieferern oder Abnehmern der Marktplatzinhaber. Bei Marktplatzunternehmen, 817 Mit dem Einfügen des essential facilities-Gedankens in § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB stellt der

Gesetzgeber qualifizierte Tatbestandsvoraussetzungen der Wettbewerbswidrigkeit wegen unterlassener Förderung von Konkurrenten auf: Der nun bestehenden gesetzlichen Nor-mierung ist die Wertung zu entnehmen, dass die Förderung eines (potenziellen) Konkur-renten durch die Aufnahme in ein mit eigenen Investitionen und auf eigenes Risiko aufge-bautes System außerhalb der Anwendungsvoraussetzungen der Regelung des § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB kartellrechtlich nicht geboten ist.

818 Wegen der weitgehenden Überschneidung der Tatbestände wird im Falle der Marktbeher schung daneben regelmäßig auch § 19 Abs. 4 Nr. 3 GWB erfüllt sein.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

233

die generell keine Außenseiter-Wettbewerber zum Handel zulassen, liegt außerhalb

des Anwendungsbereichs der essential facilities doctrine keine missbräuchliche Ge-

schäftsverweigerung vor.

V. Kartellrechtliche Beurteilung von Zugangsbehinderungen nach dem Kartell-

verbot

1. Beurteilung nach Art. 81 EG

aa) Ausschluss von Wettbewerbern der Marktplatzgründer

Die Vereinbarung des Ausschlusses oder der Benachteiligung von Mitbewerbern in

Bezug auf die Marktplatznutzung durch die Marktplatzgründer kann zudem als verbo-

tene Kartellabsprache Art. 81 Abs. 1 EG unterfallen819. Bestimmen die Gründer direkt

oder mittels ihres Einflusses im Leitungsgremium des Marktplatzunternehmens oder

durch Festlegung in der Satzung des Marktplatz-Joint-Ventures den Ausschluss oder

die selektive Benachteiligung, kommt eine Anwendung des Art. 81 Abs. 1 EG in Be-

tracht. Keine Anwendung findet Art. 81 Abs. 1 EG mangels Vereinbarung der Grün-

der auf einen autonomen unilateralen Ausschluss bestimmter Nutzer durch das Markt-

platzunternehmen selbst, der vorliegt, wenn die Gründungsunternehmen keinen Ein-

fluss auf die Zugangsentscheidung des Marktplatzunternehmens haben.

Sofern sich durch die Nutzung eines B2B-Marktplatzes Effizienzvorteile und Kosten-

einsparungen erzielen lassen, werden diese ausgeschlossenen oder benachteiligten Un-

ternehmen vorenthalten820. Der Ausschluss oder die Gewährung des Zugangs zu un-

günstigeren Bedingungen stellt dann eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung

dar. Eingeschränkt wird hierdurch zwar nicht der Wettbewerb zwischen den Partnern

der Vereinbarung, jedoch der Wettbewerb zwischen Marktplatzgründern und den aus-

819 Bahr, Das Erfordernis des freien Zugangs zu B2B-Internetmarktplätzen nach EG-

Kartellrecht, WuW 2002, S. 230, 240; Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Mar-ketplaces: die Rahmenbedingungen des europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 573.

820 Vgl.: Bahr, Das Erfordernis des freien Zugangs zu B2B-Internetmarktplätzen nach EG-Kartellrecht, WuW 2002, S. 230, 240.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

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geschlossenen Konkurrenten821. Art. 81 Abs. 1 EG erfasst auch derartige kollektive

Verhaltensweisen, die allein den Außenwettbewerb beschränken822.

Für die Wertung, unter welchen Voraussetzungen eine (spürbare) Wettbewerbsbe-

schränkung im Sinne des Kartellverbots mit dem Ausschluss verbunden ist, lassen sich

Parallelen zu Entscheidungen der Kommission zu den Zugangsregelungen von Waren-

terminbörsen sowie Computerreservierungssystemen der Fluggesellschaften ziehen823:

Hier stellte sich ebenfalls die Frage, inwieweit der Ausschluss oder die Benachteili-

gung bestimmter Unternehmen gegen Art. 81 Abs. 1 EG verstoßen kann. So hat die

Kommission in einer Entscheidungsserie die Satzungen einiger Terminbörsen erst für

mit dem Kartellverbot vereinbar gehalten, nachdem die Bestimmungen so geändert

worden waren, dass die Mitgliedschaft grundsätzlich für alle Interessenten offen

war824. Die Nichtzulassung von Teilnahmeinteressenten wurde von der Kommission

nur beim Vorliegen sachlicher Gründe für zulässig erachtet.

821 Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedingungen des

europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 573. 822 Emmerich, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 85, Tatbestand,

Rn. 163; Bahr, Das Erfordernis des freien Zugangs zu B2B-Internetmarktplätzen nach EG-Kartellrecht, WuW 2002, S. 230, 240. Anders bei § 1 GWB n.F., der diese Konstella-tionen nicht erfasst; dazu: Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 1, Rn. 197.

823 Vgl. etwa zu den Börsenordnungen: EG-Kommission, Entscheidung v. 10.12.1986 The London Grain Futures Market, ABl. 1987, L 19, S. 22; EG-Kommission, Entscheidung v. 10.12.1986 The London Meat Futures Exchange Limited, ABl. 1987, L 19, S. 30; EG-Kommission, Entscheidung v. 10.12.1986 The London Potato Futures Association Limi-ted, ABl. 1987, L 19, S. 26. Zu den CRS: EG-Kommission, Entscheidung v. 4.11.1988 London European/Sabena, ABl. 1988, L 317, S. 47, 52.

824 EG-Kommission, Entscheidung v. 10.12.1986 The London Grain Futures Market, ABl. 1987, L 19, S. 22; EG-Kommission, Entscheidung v. 10.12.1986 The London Meat Futu-res Exchange Limited, ABl. 1987, L 19, S. 30; EG-Kommission, Entscheidung v. 10.12.1986 The London Potato Futures Association Limited, ABl. 1987, L 19, S. 26, Rn. 20; EG-Kommission, Entscheidung v. 10.12.1986 GAFTA Soya Bean Meal Futures Association, ABl. 1987, L 19, S. 18, Rn. 20. Ferner verlangte die Kommission die Be-gründung eines Ausschlusses und die Einführung eines Beschwerdeverfahren zum Schut-ze der Rechte der Mitglieder und Antragsteller: EG-Kommission, Entscheidung v. 10.12.1986 The London Potato Futures Association Limited, ABl. 1987, L 19, S. 26, Rn. 20; EG-Kommission, Entscheidung v. 10.12.1986 GAFTA Soya Bean Meal Futures Association, ABl. 1987, L 19, S. 18, Rn. 20.

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Für die genannten Computerreservierungssysteme der Fluglinien erging schließlich

eine Gruppenfreistellungsverordnung des Rates825, die für den Betrieb derartiger Sys-

teme einen Verhaltenskodex aufstellt und den gleichberechtigten, diskriminierungs-

freien Systemzugang von Luftfahrtgesellschaften vorsieht826.

Angesichts der Vergleichbarkeit der zugrunde liegenden Konstellationen mit derjeni-

gen der Branchenmarktplätze ist davon auszugehen, dass Anträge auf Zulassung zum

Marktplatzhandel grundsätzlich diskriminierungsfrei827 beschieden werden müssen.

Für die Frage, ob durch den Ausschluss von einem Branchenmarkt spürbare Wettbe-

werbsbeschränkung hervorgerufen werden, kann zum einen, der Wertung der Kom-

mission in den Entscheidungen zu den Londoner Warenterminbörsen folgend, die

relative Bedeutung des in Frage stehenden Branchenmarktplatzes für einen Gütermarkt

gegenüber anderen vergleichbaren Internetmarktplätzen als Indiz dienen828. Die Kom-

mission hat zudem in ähnlichen Fallgestaltungen darauf abgestellt, wie groß die

Effizienzvorteile durch die Nutzung eines Systems sind, die den ausgeschlossenen Un-

ternehmen vorenthalten werden829 und welche Ausweichmöglichkeiten diesen zur

Verfügung stehen bzw. inwieweit den Außenseitern der Marktzugang erschwert

wird830. Diese Gesichtspunkte lassen sich auch bei der Beurteilung von Internetmarkt-

plätzen heranziehen.

825 Verordnung (EWG) Nr. 2299/89, ABl. 1989, L 220, S. 1, geändert durch die Verordnung

(EWG) Nr. 3089/93, ABl. 1993, L 278, S. 1, zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 323/1999, ABl. 1999, L 40, S. 1 zur Änderung der Über einen Verhaltenskodex im Zusammenhang mit computergesteuerten Buchungssystemen (CRS).

826 Art. 3 Verordnung (EWG) Nr. 2299/89, ABl. 1989, L 220, S. 1. 827 Handelt es sich jedoch um ein geschlossenes Marktplatzsystem, zu dem generell keine

Konkurrenten der Gründer zugelassen sind, fehlt es bereits an der für die Diskriminie-rungsalternative erforderlichen Ungleichbehandlung.

828 So stellte die Kommission auf die relative wirtschaftliche Bedeutung der Londoner Waren-terminbörsen im Vergleich zu anderen Warenterminbörsen für den gleichen Sektor ab: EG-Kommission, Entscheidung v. 10.12.1986 GAFTA Soya Bean Meal Futures Associa-tion, ABl. 1987, L 19, S. 18, Rn. 4; EG-Kommission, Entscheidung v. 10.12.1986 The London Meat Futures Exchange Limited, ABl. 1987, L 19, S. 4.

829 Vgl. etwa: EG-Kommission, Entscheidung v. 11.6.1993 EBU/Eurovisions-System, ABl. L 1993, L 179, S. 23, Rn. 50.

830 Vgl hierzu: EG-Kommission, Entscheidung v. 21.9.1994 Night Services , ABl. 1994, L 259, S. 20, Rn. 48.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

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bb) Ausschluss von Unternehmen der Marktgegenseite

Der Ausschluss oder die Benachteiligung bestimmter Lieferanten oder Abnehmer

durch die Gründer des Branchenmarktplatzes entspricht der Konstellation des Regel-

beispiels des Art. 81 Abs. 1 lit. d) EG. Wie bei Art. 82 EG muss eine ungerechtfertigte

ungleiche Behandlung gleichartiger Unternehmen gegeben sein. Für die Frage der

sachlichen Rechtfertigung sind die im Rahmen des Art. 82 EG angesprochenen Erwä-

gungen entsprechend heranzuziehen.

2. Beurteilung nach § 1 GWB

aa) Ausschluss von Wettbewerbern der Marktplatzgründer

Die zwischen den Marktplatzgründern getroffene Vereinbarung, generell keine Kon-

kurrenten zum Marktplatz zuzulassen oder bestimmte Mitbewerber auszuschließen,

beschränkt nicht den Innenwettbewerb zwischen den Parteien der Abrede831, sondern

nur den Außenwettbewerb der Gründer gegenüber den ausgeschlossenen Unterneh-

men, denen der Zugang zu potenziellen Abnehmern oder Lieferanten auf diese Weise

erschwert wird. Anders als bei Art. 81 EG wird von § 1 GWB zumindest seit der

6. Kartellrechtsnovelle die Einschränkung des reinen Drittwettbewerbs nicht erfasst832.

Der Ausschluss von Wettbewerbern von einer Branchenplattform unterfällt somit nicht

§ 1 GWB833.

831 Die Gründer als Partner der Abrede werden ohne das Hinzutreten weiterer Umstände wie

die exklusive Bindung an den gemeinsamen Marktplatz nämlich nicht in ihrem Wettbe-werbsverhalten eingeschränkt. Im Ergebnis ebenso: Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedingungen des europäischen und deutschen Kartell-rechts, K&R 2000, S. 569, 573.

832 Zur Beschränkung der Handlungsfreiheit Dritter als nicht von § 1 GWB n.F.erfasster Fall: Bechtold, GWB (1999), § 1, Rn. 27; Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 19, Rn. 179ff. Zum Regierungsentwurf zur 6. Novelle des GWB schon: Baums, GWB Novelle und Kartellverbot, ZIP 1998, S. 233, 235.

833 Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedingungen des europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 573; Bahr, Das Erfordernis des freien Zugangs zu B2B-Internetmarktplätzen nach EG-Kartellrecht, WuW 2002,

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

237

bb) Ausschluss von Unternehmen der Marktgegenseite

Da § 1 GWB den reinen Drittwettbewerb nicht schützt, unterfällt der Ausschluss be-

stimmter Zulieferer oder Abnehmer allenfalls dann dieser Norm, wenn dadurch nicht

allein der Wettbewerb der Lieferanten untereinander durch den Ausschluss beeinträch-

tigt wird834. Die spürbare Wettbewerbsbeschränkung muss zumindest auch im Ver-

hältnis der Partner der Vereinbarung, also der Marktplatzinhaber, vorliegen835. Mög-

lich ist dies beim Ausschluss von Lieferanten oder Abnehmern, wenn durch deren

Ausschluss Absatz- oder Bezugsmöglichkeiten eines oder mehrerer Gründer einge-

schränkt werden. Allerdings wird eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung durch den

Ausschluss vom Internetmarktplatz nicht hervorgerufen, wenn der oder die Gründer

mit dem ausgeschlossenen Unternehmen noch über andere Kanäle effizient handeln

können836.

3. Zwischenergebnis

Art. 81 EG erfasst wettbewerbsbeschränkende Zugangserschwernisse gegenüber

Wettbewerbern und Unternehmen der Marktgegenseite, während § 1 GWB Wettbe-

werbern der Gründer gegenüber nicht eingreift.

Gegenüber dem Missbrauchsverbot ist die Behandlung kollektiver Zulassungsbe-

schränkungen durch die Marktplatzinitiatoren im Rahmen des Kartellverbots strenger,

da das Kartellverbot nicht das Vorliegen einer Marktbeherrschung voraussetzt. Anders

als im Rahmen der essential facilities doctrine, die den Ausschluss jeglichen Wettbe-

werbs voraussetzt, genügt zudem eine bloße Beeinträchtigung des Handels. Anderer-

seits führt ein Verstoß gegen das Kartellverbot lediglich zur Nichtigkeit der betreffen-

S. 230, 240. Anderer Ansicht sind offenbar Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, In-ternetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 265.

834 Dazu nochmals: Bechtold, GWB (1999), § 1, Rn. 27. 835 Vgl.: Bunte, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht

(2001), § 1 Rn. 138. 836 Unklar insofern: Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmen-

bedingungen des europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 574.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

238

den Vereinbarung, ein Zugangsanspruch ausgeschlossener Wettbewerber erwächst

hieraus nicht837.

VI. Zusammenfassende Würdigung

Der Betrieb eines durch mehrere Wettbewerber gegründeten Branchenmarktplatzes als

Gemeinschaftsunternehmen birgt unter gewissen Voraussetzungen Anreize für einen

Ausschluss anderer Unternehmen, die der Marktgegenseite der Betreiber angehören.

Wenn Marktplatz und/oder Marktplatzinhaber eine bedeutende Marktstellung inneha-

ben, kann dies zu einer Beeinträchtigung der Wettbewerbssituation führen. In den bis-

lang von den Kartellbehörden im Rahmen der Fusionskontrolle untersuchten Fällen

sind die Gründer von Branchenmarktplätzen dem Verlangen der Kartellbehörden nach

einem offenen und diskriminierungsfreien Zugang zum Marktplatzhandel entgegenge-

kommen838. Ein Bedeutungszuwachs der Zugangsfrage lässt sich für solche Güter-

märkte erwarten, welche von einem Branchenmarktplatz dominiert werden und für

dessen Inhaber zugleich starke Anreize bestehen, Außenseiter-Wettbewerber zu mar-

ginalisieren.

Dabei kommt ein Zugangsanspruch für Wettbewerber der Marktplatzinhaber nur unter

den hohen Voraussetzungen der essential facilities doctrine bzw. - wenn es sich um

einen offenen Marktplatz handelt - unter dem Aspekt der missbräuchlichen Geschäfts-

verweigerung in Betracht. Deshalb scheitert angesichts des derzeitigen Entwicklungs-

standes des Marktes für elektronische Marktplätze entgegen, einigen recht pauschalen

Aussagen in der Literatur839 ein Zugangsanspruch nach deutschem wie nach europäi-

schem Recht gegenwärtig regelmäßig.

837 Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedingungen des

europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 573. 838 Vgl.: BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisint, B 5 - 34100 - U 40/00, S. 5; BKartA, Be-

schluss v. 29.6.2001, B 5 - 51522 - U 24/01 BuyForMetals und Steel 24-7, S. 7; EG-Kommission, Negativattest Volbroker.com, vgl.: EG-Kommission, Pressemitteilung v. 31.7.2000, IP/00/896.

839 Vgl. etwa: Stroud, B2B E-Marketplaces – The Emerging Competition Law Issues, World Competition, 2001, S. 125, 134.

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3. Kapitel - 2. Teil E Branchenmarktplätze - Zugangsbeschränkungen

239

Gegenüber Unternehmen, die der Marktgegenseite der Marktplatzgründer angehören,

ist der Ausschluss oder die gezielte Benachteiligung schon unter den weniger selten

anzutreffenden Voraussetzungen der Diskriminierungsalternative missbräuchlich.

Besitzen die Gründungsunternehmen keinen bestimmenden Einfluss über das Markt-

platzunternehmen, trifft dieses die Entscheidung, welchen Unternehmen Zugang zum

Marktplatz gewährt wird, autonom, dann ist das Verbot missbräuchlicher Diskriminie-

rungen im Falle von Zugangsverweigerungen oder -behinderungen ebenfalls in Be-

tracht zu ziehen, soweit das Marktplatzunternehmen selbst marktbeherrschend ist.

Auch ohne das Bestehen einer marktbeherrschenden Stellung kann ein Nutzeraus-

schluss, der auf einer Vereinbarung zwischen den Gründungsunternehmen basiert, o-

der eine entsprechende Diskriminierung nach Art. 81 Abs. 1 EG unzulässig sein. § 1

GWB greift gegenüber Wettbewerbern der Gründer generell nicht und gegenüber aus-

geschlossenen Lieferanten/Abnehmern regelmäßig nicht ein.

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3. Kapitel - 2. Teil F Branchenmarktplätze - Ausschließlichkeitsbindungen

240

F. Auferlegung von Ausschließlichkeitsbindungen für die Marktplatznut-

zung

I. Problemstellung

1. Anreize zur Auferlegung von Ausschließlichkeitsvereinbarungen

Im Hinblick auf die Gestaltung des Nutzungsverhältnisses von Branchenmarktplätzen

stellen Ausschließlichkeitsbindungen ein weiteres Feld möglicher Konflikte mit dem

Kartellrecht dar.

Wegen der Notwendigkeit, ein für den rentablen Plattformbetrieb ausreichendes Maß

an Transaktionsvolumen sicherzustellen, bestehen für die Betreiber von Internetmarkt-

plätzen Anreize zur ausschließlichen Bindung der Marktplatzteilnehmer840. Aus-

schließlichkeitsbindungen können dabei einerseits im Verhältnis zwischen den Grün-

dern eines Branchenmarktplatzes getroffen werden, wenn sich diese ausdrücklich ver-

pflichten, alle oder einen festgelegten Teil ihrer Transaktionen über die gemeinsam

aufgebaute Branchenplattform abzuwickeln841. Eine vergleichbare Bindungswirkung

lässt sich mit Wettbewerbsverboten erzielen842, durch die sich die Marktplatzinitiato-

ren verpflichten, keinen anderen Internetmarktplatz zu benutzen oder mit aufzubauen,

wenn der Handel über traditionelle Handelskanäle für die Unternehmen weniger att-

raktiv ist.

Zweitens sind vertikale Ausschließlichkeitsbindungen mit den Unternehmen, die der

Marktgegenseite der Gründer angehören, denkbar843. Zu Sicherstellung einer ausrei-

chenden Frequentierung ihrer Plattform könnten die Gründungsunternehmen versucht

sein, den Handel mit ihren Abnehmern oder Zulieferern nur noch über die betreffende

840 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis

(2002), S. 275. Zu diesem Aspekt vgl. ferner: Report der FTC zum Workshop „Competi-tion Policy in the World of B2B Electronic Marketplaces“, Executive Summary, S. 4, sowie Part 1, S. 22f.

841 So etwa bei der Plattform emaro, EG-Kommission, Fall Nr. IV/M. 2027 Deutsche Bank/SAP/JV, CELEX-DokNr. 300M2027, S. 5.

842 Eilmannsberger, EG-Wettbewerbsrecht und das Internet, Wbl 2001, S. 501, 507. 843 Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedingungen des

europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 578.

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3. Kapitel - 2. Teil F Branchenmarktplätze - Ausschließlichkeitsbindungen

241

Internetplattform abzuwickeln oder diesen Unternehmen die Nutzung konkurrierender

Internetplattformen zu untersagen.

2. Wettbewerbsimplikationen

Mit der Bindung von Marktteilnehmern an einen bestimmten Branchenmarktplatz sind

Auswirkungen auf den Wettbewerb zwischen den Internetplattformen verbunden844.

Die gebundenen Marktteilnehmer scheiden als potenzielle Nutzer anderer Marktplätze

aus. Der Betrieb konkurrierender Marktplätze wird folglich erschwert845. Für den Auf-

bau neuer Internetmarktplätze ergeben sich aus derartigen Bindungen erhöhte Markt-

zutrittsschranken846.

Das Ausmaß des Anreizes für die Auferlegung von Ausschließlichkeitsvereinbarungen

hängt dabei vom Marktumfeld in der jeweiligen Branche ab847. Der Anreiz ist dort

besonders hoch, wo Gründer bzw. Marktplatzunternehmen erwarten, dass wegen

großer Netzwerkeffekte und/oder angebotsseitiger Skalenerträge langfristig nur

wenige oder gar nur eine Internetplattform in der betreffenden Branche wirtschaftlich

erfolgreich betrieben werden können848. In einem derartigen Umfeld muss es Ziel der

Anbieter sein, möglichst schnell die kritische Masse an Transaktionsvolumina zu

erzielen, um konkurrierende Plattformen erst gar nicht entstehen zu lassen849. Dieser

durchaus rationalen Strategie stehen aus der Sicht des Kartellrechts Bedenken

dahingehend gegenüber, dass gerade Exklusivitätsabreden die Wechselbarrieren

zwischen den bestehenden Plattformen erhöhen und Netzwerkeffekte verstärken850. Es 844 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis

(2002), S. 275. 845 Hierzu: Report der FTC zum Workshop „Competition Policy in the World of B2B Elec-

tronic Marketplaces“, Part 3, S. 10, 23. 846 Vgl.: 2. Kapitel, 4. Teil,B., II., 2., d), bb), (1). 847 Harbour, B2B Basics and Antitrust Rules, Stellungnahme zum Workshop der FTC am

7./8.5.2001. 848 Zu den mit Netzwerkeffekten und Skalenerträgen verbundenen Konzentrationstendenzen

auf dem Markt der Internetmarktplätze vgl.: 2. Kapitel, 4. Teil,B., II., 2. 849 So auch: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unterneh-

menspraxis (2002), S. 275, vgl. weiterhin: Eilmannsberger, EG-Wettbewerbsrecht und das Internet, Wbl 2001, S. 501, 507.

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3. Kapitel - 2. Teil F Branchenmarktplätze - Ausschließlichkeitsbindungen

242

den Plattformen erhöhen und Netzwerkeffekte verstärken850. Es besteht somit die Ge-

fahr, dass das Risiko von Kippeffekten auf dem Markt zunimmt851.

II. Bisherige Stellungnahmen

1. Einschätzung der Kartellbehörden

Das BKartA hat in den bislang ergangenen Freigabeentscheidungen seine Prognose,

dass es durch die bisher untersuchten Internetmarktplätze werde es nicht zu einer

marktbeherrschenden Stellung kommen werde, auch darauf gestützt, dass die betref-

fenden Vorhaben keine Ausschließlichkeitsbindungen für die Plattformnutzung vorsa-

hen852. In seinem Tätigkeitsbericht 1999/2000 machte das BKartA deutlich, dass es bei

der Untersuchung von Internetmarktplätzen überprüfen werde, inwieweit unzulässige

Exklusivitäts- oder Bezugsbindungen vorliegen853.

Die Kommission sieht die von Ausschließlichkeitsbindungen ausgehende Gefährdung

für den Wettbewerb unter den Marktplätzen ebenfalls in der Erhöhung der Wechsel-

barrieren für die Marktplatznutzer und der damit eintretenden Erschwerung des

Markteintrittes für neue Plattformen854.

2. Stellungnahmen der Literatur

Die Auferlegung von Exklusivitätsbindungen für die Marktplatznutzung wird in der

Literatur durchweg kritisch beurteilt und die Gefahr von Kippeffekten durch das Zu-

sammenspiel von Exklusivitätsbindungen und Netzwerkexternalitäten als hoch einge- 850 Zu diesem Spannungsfeld: Lücking, B2B E-Marketplaces: A New Challenge to Existing

Competition Law Rules?, S. 8; abrufbar unter: http//www.europa.eu.int/comm/ competi-tion/speeches/2001/index_2001.htm.

851 Vgl.: DeSanti, Riding the B2B Roller Coaster: The Study and Practice of Antitrust Law, George Mason Law Review 2001, S. 559, 562.

852 BKartA, Beschluss v. 25.9.2000, B 5 - 34100 - U 40/00 Covisint; BKartA, Beschluss v. 29.6.2001, B 5 - 51522 - U 24/01 BuyForMetals und Steel 24-7, S. 20.

853 Tätigkeitsbericht des BKartA 1999/2000, BT-Drucks. 14/6300, S. 48. 854 Vgl.: Lücking, B2B E-Marketplaces: A New Challenge to Existing Competition Law

Rules?, S. 8.

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3. Kapitel - 2. Teil F Branchenmarktplätze - Ausschließlichkeitsbindungen

243

schätzt855. Nach Stroud sollen Gefahren für den Wettbewerb aufgrund von Ausschließ-

lichkeitsbindungen zwar nur im Fall einer marktbeherrschenden Stellung einer Inter-

nethandelsplattform bestehen856. Nouel weist jedoch darauf hin, dass gerade Aus-

schließlichkeitsvereinbarungen und Netzwerkeffekte in kurzer Zeit zu einer marktbe-

herrschenden Stellung eines Anbieters führen könnten857. Köhler macht deutlich, dass

die Frage der Ausschließlichkeitsbindungen nicht nur im Falle der Marktbeherrschung

durch einen Marktplatz relevant wird, sondern derartige Praktiken daneben am Maß-

stab des Kartellverbots in Art. 81 EG bzw. dem Missbrauchsverbot in § 16 GWB,

welches ebenfalls nicht an eine marktbeherrschende Stellung anknüpft, zu messen

sind858.

III. Kartellrechtliche Beurteilung von Ausschließlichkeitsbindungen und wir-

kungsgleichen Bindungssystemen bei Branchenmarktplätzen

1. Gestaltungsvarianten von Ausschließlichkeitsbindungen und wirkungsgleichen Abreden

Systeme zur Bindung der Marktplatznutzer durch Ausschließlichkeitsvereinbarungen

können in klassischen Bezugsbindungen mit dem Inhalt bestehen, dass die Nutzer

marktplatztypische Dienstleistungen nur bei dem betreffenden Branchenmarktplatz

nachfragen und keine anderen Internetmarktplätze nutzen859. Noch stärker binden

würde eine Verpflichtung der Nutzer gegenüber dem Branchenmarktplatz, ihre Ein-

käufe oder Verkäufe ganz oder in beträchtlichem Umfang über die Handelsplattform

855 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis

(2002), S. 275. 856 Stroud, B2B E-Marketplaces – The Emerging Competition Law Issues, World Competi-

tion, 2001, S. 125, 135. 857 Nouel, Competition Assessment of Vertical Mergers and Vertical Agreements in the New

Economy, S. 111. 858 Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedingungen des

europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 577f. 859 Dies wurde etwa zwischen den Gründern von MyAircraft.com vereinbart: EG-Kommis-

sion, Fall Nr. IV/M.1969 UTC/Honeywell/i2/MyAircraft.com, CELEX-DokNr. 300M1969, S. 5.

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3. Kapitel - 2. Teil F Branchenmarktplätze - Ausschließlichkeitsbindungen

244

abzuwickeln und auch auf traditionelle Handelskanäle nicht oder nur in reduziertem

Umfang zurückzugreifen.

Das mit Ausschließlichkeitsbindungen angestrebte Ziel der Nutzerbindung lässt sich

daneben durch gezielte Anreize wie Mindestumsatzklauseln, Treuerabattsysteme, hohe

Mitgliedschaftsbeiträge etc. erreichen860. Mit diesen rein faktischen Bindungssystemen

können dieselben Wettbewerbsfolgen einhergehen, die durch rechtliche Bezugsbin-

dungen hervorgerufen werden861. Gleiches gilt für Wettbewerbsverbote, wie z.B. die

zwischen den Gründern getroffene Abrede, keine Kapitalbeteiligung an konkurrieren-

den Internetmarkplätzen vorzunehmen oder konkurrierende Plattformen zu unterstüt-

zen bzw. zu nutzen862.

2. Beurteilung nach europäischem Kartellrecht

a) Bindung der Marktplatzgründer untereinander

aa) Ausschließlichkeitsvereinbarungen als fusionskontrollrechtlich genehmigte

Nebenabreden

Die Verpflichtung zwischen den Gründern eines Branchenmarktplatzes, ihre Transak-

tionen ganz oder zumindest in erheblichem Umfang über diese Plattform abzuwickeln,

beschränkt die Freiheit der Marktplatzgründer, andere Plattformen oder Handelskanäle

zu nutzen und stellt somit eine Abrede im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG dar863. Soweit

die Marktplatzgründung schon dem europäischen Fusionskontrollregime unterworfen

ist, können derartige Vereinbarungen als Nebenabreden genehmigt werden, so dass

eine zusätzliche Kontrolle an Hand von Art. 81 Abs. 1 EG ausscheidet. Der Anwen-

dungsausschluss von Art. 81, 82 EG auf Nebenabreden ergibt sich aus Art. 21 Abs. 1

FKVO i.V.m. Art. 8 Abs. 2 UAbs. 2 FKVO und Art. 6 Abs. 1 lit. b) UAbs. 2 860 Report der FTC zum Workshop „Competition Policy in the World of B2B Electronic Mar-

ketplaces“, Part 3, S. 23f. 861 Eilmannsberger, EG-Wettbewerbsrecht und das Internet, Wbl 2001, S. 501, 507. 862 So etwa im Fall: EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.1969 UTC/Honeywell/i2/MyAircraft.

com, CELEX-DokNr. 300M1969, S. 5. 863 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis

(2002), S. 276.

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3. Kapitel - 2. Teil F Branchenmarktplätze - Ausschließlichkeitsbindungen

245

FKVO864. Die Kommission betrachtet Einschränkungen des Wettbewerbs als geneh-

migungsfähige, notwendige Nebenabreden, die mit der Durchführung des Zusammen-

schlusses unmittelbar verbunden und für diesen erforderlich sind865. Ausschließlich-

keitsbindungen im engeren Sinne erkennt die Kommission als besonders starke Form

der Bezugsbindung in der Regel nicht als notwendige Nebenabrede an866.

Jedoch hat die Kommission folgende Bindungsklauseln im weiteren Sinne zur Siche-

rung des Transaktionsvolumens von B2B-Internetmarktplätzen im Einzelfall als Ne-

benabreden anerkannt:

- Die Verpflichtung eines Gründungsunternehmens, zu den Umsätzen der

Gründer auf dem Marktplatz mindestens in einem Umfang von 68% beizutra-

gen867,

- das Verbot der Gründer, mit dem gegründeten Joint Venture in Wettbewerb zu

treten868, insbesondere

- die Verpflichtung der Gründer, keinen konkurrierenden Internetmarkplatz zu

nutzen, neu zu gründen oder sonst zu unterstützen869.

Genehmigt wurden diese Verpflichtungen allerdings nur für die Aufbauphase des

Marktplatzes und einer Dauer von höchstens 3 Jahren870.

864 Vgl. hierzu: Rieger, in: Frankfurter Kommentar (2001), Art. 8 FKVO, Rn. 16ff. Die Neu-

fassung der Fusionskontrollverordnung zum 1.5.2004 hat insofern gegenüber der bisheri-gen Rechtslage keine inhaltlichen Veränderungen mit sich gebracht.

865 EG-Kommission, Bekanntmachung über Einschränkungen des Wettbewerbs, die mit der Durchführung von Unternehmenszusammenschlüssen unmittelbar verbunden und für die-se notwendig sind, ABl. 1989, L 395, S. 1, Rn. 1, 25, 27f. Die Verpflichtung, einen Inter-netmarktplatz ausschließlich zu nutzen, stellt inhaltlich eine Bezugspflicht dar. Die betref-fende Marktplatzdienstleistung wird nur noch von der betreffenden Internethandelsplatt-form bezogen. Bezugs- und Lieferpflichten können nach der genannten Bekanntmachung der Kommission als genehmigungsfähige Nebenabreden eingestuft werden, soweit ein sachlich begründetes Interesse an der Sicherung des Absatzes besteht.

866 EG-Kommission, Bekanntmachung über Einschränkungen des Wettbewerbs, die mit der Durchführung von Unternehmenszusammenschlüssen unmittelbar verbunden und für die-se notwendig sind, ABl. 1989, L 395, S. 1, Rn. 29.

867 EG-Kommission emaro, Fall Nr. IV/M. 2027 Deutsche Bank/SAP/JV, CELEX-DokNr. 300M2027, S. 5.

868 EG-Kommission Governet, Fall Nr. IV/M. 2138 SAP/Siemens/JV, CELEX-DokNr. 300M2138, S. 5.

869 Vgl.: EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.1969 UTC/Honeywell/i2/MyAircraft.com, CELEX-DokNr. 300M1969, S. 5.

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3. Kapitel - 2. Teil F Branchenmarktplätze - Ausschließlichkeitsbindungen

246

bb) Beurteilung nach Art. 81 EG

(1) Vorliegen der Verbotsvoraussetzungen des Art. 81 Abs. 1 EG

Nicht im Fusionskontrollverfahren als Nebenabrede freigestellte Ausschließlichkeits-

bindungen sind an Art. 81 Abs. 1 EG zu messen. Wie beschrieben, beschränken derar-

tige Vereinbarungen der Gründungsunternehmen untereinander deren Möglichkeit,

andere Plattformen und ggf. traditionelle Handelskanäle zu nutzen und behindern den

Aufbau konkurrierender Internetplattformen, weil die Partner der Abrede als

potenzielle Nutzer oder Investoren für andere Marktplätze ausscheiden871. Allenfalls in

der Aufbauphase eines Marktplatzes, in der die Plattform noch über keine

nennenswerte Marktstärke verfügt und in der außerdem noch keine Netzwerkeffekte

wirken, da diese sich regelmäßig erst mit einer gewissen Zeitverzögerung einstellen,

ist eine Vereinbarkeit mit dem Kartellverbot mangels spürbarer

Wettbewerbsbeschränkung anzunehmen872..

Die Frage der Zulässigkeit derartiger Abreden entscheidet sich, sofern eine Beein-

trächtigung des zwischenstaatlichen Handels vorliegt, folglich in erster Linie beim

Merkmal der Spürbarkeit873. Hierbei ist nicht auf die Wirkung der einzelnen Abrede,

sondern auf das Bündel gleichartiger Vereinbarungen abzustellen874. Oberhalb der

Spürbarkeitsschwelle unterfallen derartige Vereinbarungen Art. 81 Abs. 1 EG. Dassel-

be würde auch gelten, wenn entsprechende Abreden mit Nicht-Gründungsmitgliedern

getroffen würden.

870 EG-Kommission emaro, Fall Nr. IV/M. 2027 Deutsche Bank/SAP/JV, CELEX-

DokNr. 300M2027, S. 5; Kommission Governet, Fall Nr. IV/M. 2138 SAP/Siemens/JV, CELEX-DokNr. 300M2138, S. 5.

871 Dazu: Baer/Hansen, B2B Marketplaces and Common-Sense Antitrust Precautions, The Computer & Internet Lawyer, Vol. 17, No. 9 (2000), S. 2, 3; Koenig/Kulenkampff/ Küh-ling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 276; Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedingungen des europäi-schen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 577.

872 Ebenso: Eilmannsberger, EG-Wettbewerbsrecht und das Internet, Wbl 2001, S. 501, 508. 873 Vgl. auch: Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedin-

gungen des europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 577. 874 Grundlegend: EuGH Rs. 234/89 Delimitis, Slg. 1991, S. I-935, 984ff.

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3. Kapitel - 2. Teil F Branchenmarktplätze - Ausschließlichkeitsbindungen

247

(2) Legalausnahme nach Art. 81 Abs. 3 EG

Freistellungsmöglichkeiten ergaben sich bislang für diese horizontalen Exklusivitäts-

bindungen der Gründungsunternehmen untereinander mangels einer entsprechenden

Gruppenfreistellungsverordnung allein durch Einzelfreistellungen nach Art. 81 Abs. 3

EG. Für diese von den Umständen des Einzelfalles abhängige Prüfung, die nunmehr

von den Unternehmen selbständig im Hinblick darauf durchzuführen ist, ob eine ge-

setzliche Ausnahme vom Verbot des Abs. 1 gemäß Art .81 Abs. 3 EG gegeben ist,

können an dieser Stelle nur einige Wertungsgesichtspunkte angeführt werden:

In Rechnung zu stellen sind bei der Prüfung der Positivkriterien des Art. 81 Abs. 3 EG

die mit dem Branchenmarktplatz erzielbaren Rationalisierungseffekte875. Andererseits

kommt eine Zulässigkeit nach Art. 81 Abs. 3 lit. b) EG nur dann in Betracht, wenn die

vereinbarte Wettbewerbsbeschränkung unerlässlich zur Verwirklichung des Rationali-

sierungszieles ist. Es dürfen demnach keine weniger einschneidenden Maßnahmen zur

Sicherung des Plattformbetriebes existieren876. Als mögliche geringfügigere Wettbe-

werbsbeschränkung kommt gegenüber einer vollständigen Exklusivitätsbindung etwa

die Vereinbarung von Mindestumsätzen oder die Zahlung von Kostendeckungsbeiträ-

gen in Frage877.

Für die Zulässigkeit von Exklusivitätsbindungen kann im Einzelfall sprechen, dass

sich ohne sie das für den wirtschaftlichen Plattformbetrieb nötige Transaktionsvolu-

men nicht sichern lässt. Andererseits können Netzwerkeffekte im Zusammenspiel mit

Ausschließlichkeitsbindungen zu unerwünschten Kippeffekten878 auf dem Markt füh-

ren mit der Folge des Ausschlusses des Restwettbewerbs, weshalb dann wegen Art. 81

Abs. 3 lit. b) EG die Annahme einer Legalausnahme vom Kartellverbot ausscheidet.

875 Zur Freistellungsmöglichkeit von B2B-Marktplätzen als Rationalisierungskartelle: Köhler,

Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedingungen des europäi-schen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 577.

876 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 276.

877 So: Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedingungen des europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 577.

878 Vgl. die Einschätzung des OFT: 2. Kapitel, 1.Teil, D. Ferner zu diesem Aspekt: 2. Kapitel, 4. Teil, B., II., 2.

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3. Kapitel - 2. Teil F Branchenmarktplätze - Ausschließlichkeitsbindungen

248

b) Ausschließlichkeitsbindungen zwischen Marktplatzunternehmen und Nutzern

aa) Beurteilung nach Art. 81 EG

(1) Vorliegen der Verbotsvoraussetzungen des Art. 81 Abs. 1 EG Sofern nicht die Marktplatzgründer untereinander eine ausschließliche Nutzung des

Branchenmarktplatzes vereinbaren, sondern das Marktplatzunternehmen von den (üb-

rigen) Nutzern eine ausschließliche Nutzung des Marktplatzes in dem Sinne verlangt

wird, dass diese Nutzer keine anderen Internetmarktplätze nutzen dürften, liegt keine

Vereinbarung im Horizontalverhältnis vor. Das Marktplatzunternehmen und die von

ihm gebundenen Nutzer stehen hinsichtlich der durch den Branchenmarktplatz er-

brachten Dienstleistung nicht im Wettbewerb. Anders als nach dem GWB879 unterfal-

len aber auch Exklusivitätsabreden in diesem Verhältnis dem europäischen Kartelltat-

bestand, da Art. 81 Abs. 1 EG ebenfalls einvernehmliche Wettbewerbsbeschränkungen

im Vertikalverhältnis erfasst880. Auch vertikale Ausschließlichkeitsbindungen be-

schränken nicht nur die Handlungsfreiheit der an der Abrede beteiligten Unternehmen,

sondern beeinträchtigen zudem die Marktchancen von Drittunternehmen881. Aufbau

und Betrieb konkurrierender Marktplätze werden erschwert. Für die Frage der Spür-

barkeit ist wiederum auf die Wirkung der Gesamtheit der Abreden abzustellen882.

(2) Legalausnahme nach Art. 81 Abs. 3 EG

Zu berücksichtigen ist für vertikale Bindungen allerdings, dass nach der sog. Schirm-

Gruppenfreistellungsverordnung für Vertikalvereinbarungen in vielen Fällen ein Zu-

lässigkeit der Bindung gegeben sein wird883. Unterhalb eines Marktanteils der gebun-

879 Nach dem GWB unterfallen vertikale Ausschließlichkeitsbindungen allein der Miss-

brauchsaufsicht nach § 16 GWB, nicht aber dem Kartellverbot nach § 1 GWB. Dazu un-ten: 3. Kapitel, 2. Teil, F., III., 3., b), aa).

880 Hierzu: Gassner, Internet-Handelsplattformen im Spiegel des Kartellrechts, MMR 2001, S. 140, 144.

881 Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 86, Rn. 173. 882 Zur Bündeltheorie: EuGH Rs. 234/89 Delimitis, Slg. 1991, S. I-935, 984ff. 883 Vgl.: EG-Kommission, Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 über die Anwendung von Artikel

81 Abs. 3 des Vertrages auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander ab-gestimmten Verhaltensweisen ABl. 1999, L 336, S. 21.

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3. Kapitel - 2. Teil F Branchenmarktplätze - Ausschließlichkeitsbindungen

249

denen Unternehmen von 30 % werden entsprechende Abreden zwischen Nichtwett-

bewerbern nunmehr grundsätzlich als unproblematisch angesehen884.

bb) Beurteilung nach Art. 82 EG

Ausschließlichkeitsbindungen sowie in ihrer Wirkung vergleichbare Abreden, die von

einem marktbeherrschenden Partner auferlegt werden, beschränken den Wettbewerb

generell in missbräuchlicher Weise885. Werden Ausschließlichkeitsbindungen durch

einen Marktbeherrscher auferlegt, so liegt hierin regelmäßig eine Verhaltensweise, die

nicht auf wirtschaftlicher Leistung beruht, sondern eine Ausnutzung der Machtstellung

darstellt, die geeignet ist, diese Stellung zu festigen und den Restwettbewerb zu

schwächen886. Die Verpflichtung der Nutzer eines marktbeherrschenden Branchen-

marktplatzes zur exklusiven Nutzung der Plattform verstößt daher gegen das europäi-

sche Missbrauchsverbot.

In ihrer Behandlung gleichgestellt und damit ebenfalls missbräuchlich sind alle Ver-

einbarungen der Belohnung oder Bestrafung, wenn sie faktisch wie unzulässige Aus-

schließlichkeitsbindungen wirken887. Im Zusammenhang mit Branchenmarktplätzen ist

hierbei die Wirkung von Rabatt- und Mindestumsatzsystemen auf den Wettbewerb im

Einzelfall zu untersuchen888.

884 Vgl.: Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 über die Anwendung von Artikel

81 Abs. 3 des Vertrages auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander ab-gestimmten Verhaltensweisen ABl. 1999, L 336, S. 21. Dazu: Köhler, Gründung und Nut-zung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedingungen des europäischen und deut-schen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 577.

885 Vgl.: EuGH Rs. 85/76 Hoffmann-La Roche, Slg. 1979, S. 461, 539f.; EuGH Rs. C-62/86 Akzo II, Slg. 1991, S. I-3359, 3473 , EuGH Rs. C-393/92 Almelo, Slg 1994, S. I-1477, 1520. Vgl. weiterhin: Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 86, Rn. 175.

886 So etwa: Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 86, Rn. 175.

887 Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 86, Rn. 177; Schröter, in: GTE (1999), Art. 86 EGV, Rn. 173.

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3. Kapitel - 2. Teil F Branchenmarktplätze - Ausschließlichkeitsbindungen

250

3. Beurteilung nach deutschem Kartellrecht

a) Bindungen der Marktplatzgründer untereinander

aa) Beurteilung nach § 1 GWB

Die Verpflichtung der Gründer eines Branchenmarktplatzes untereinander, für Ein-

oder Verkäufe die Dienstleistungen des durch sie initiierten Marktplatzes ausschließ-

lich oder in bestimmten Umfang in Anspruch zu nehmen, stellt eine Vereinbarung un-

ter Wettbewerbern im Sinne des § 1 GWB dar, welche die Gründer in der Wahl der

Transaktionswege für ihre Geschäfte einschränkt889. Sind diese Einschränkungen

spürbar, ist der Kartelltatbestand des GWB erfüllt. Gegenseitige Beschränkungen der

Gründerunternehmen in ihrem Marktverhalten mit Rücksicht auf die Tätigkeit des als

Gemeinschaftsunternehmens gegründeten Branchenmarktplatzes sind nach § 1 GWB

grundsätzlich unzulässig890.

bb) Freistellungsmöglichkeit nach § 4 Abs. 1 und § 5 GWB

Die mit dem Aufbau einer Internetplattform verbundenen Rationalisierungseffekte

können auch nach deutschem Kartellrecht ausnahmsweise eine Freistellung von Abre-

den bezüglich der exklusiven Marktplatznutzung rechtfertigen. Die Freistellungsmög-

lichkeit nach § 4 Abs. 1 GWB dürfte in diesem Zusammenhang jedoch allenfalls theo-

retischer Natur sein, da Branchenmarktplätze in aller Regel nicht gerade dazu dienen,

die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen zu verbessern und folg-

lich die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 2 GWB nicht vorliegen891. Die Initiatoren,

888 Report der FTC zum Workshop „Competition Policy in the World of B2B Electronic Mar-

ketplaces“, Part 3, S. 23f. 889 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis

(2002), S. 276. 890 Zu der zugrunde liegenden Konstellation von Wettbewerbsbeschränkungen zwischen den

Gründungsunternehmen in Bezug auf das GU: Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 1, Rn. 423.

891 Zwar schließt die Beteiligung von Großunternehmen die Anwendbarkeit von § 4 Abs. 1 GWB nicht generell aus. Diese Beteiligung muss aber gerade zur Verbesserung der Stel-lung der KMU notwenig sein; vgl.: Bechtold, GWB (1999), § 4, Rn. 4.

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3. Kapitel - 2. Teil F Branchenmarktplätze - Ausschließlichkeitsbindungen

251

in aller Regel Großunternehmen, haben vor allem eine Verbesserung der eigenen

Marktposition im Auge892.

Von praktischer Bedeutung ist für die in Frage stehende Konstellation allenfalls die

Freistellungsmöglichkeit nach § 5 Abs. 1 GWB. Bei der nach § 5 Abs. 1 GWB erfor-

derlichen Abwägung der mit dem Marktplatzaufbau verbundenen Rationalisierungspo-

tenziale gegenüber den mit den Exklusivitätsvereinbarungen verbundenen Wettbe-

werbsbeschränkungen ist, entsprechend der Prüfung nach Art. 81 Abs. 3 EG, einzube-

ziehen, inwieweit sich das Ziel der Sicherung eines ausreichenden Transaktionsvolu-

mens für das Marktplatzunternehmen durch andere weniger einschneidende Abreden

erreichen lässt und ob die Abrede im konkreten Fall notwendig ist, um die Funktions-

fähigkeit des Marktplatzunternehmens zu sichern893.

b) Ausschließlichkeitsbindungen zwischen Marktplatzunternehmen und Nutzern

aa) Beurteilung nach § 16 GWB

Ausschließlichkeitsbindungen des Markplatzunternehmens gegenüber seinen Nutzern

hinsichtlich der Nutzung des Internetmarktplatzes unterliegen nicht § 1 GWB, da in-

soweit keine Vereinbarung zwischen Wettbewerbern vorliegt894, sondern vielmehr der

Missbrauchsaufsicht des § 16 Abs. 2 GWB. Gegen diese Norm verstoßende Klauseln

sind nicht per se unwirksam, sondern werden dies erst durch eine Unwirksamkeitser-

klärung des BKartA895. Die Norm knüpft nicht an das Vorliegen einer marktbeherr-

schenden Stellung an, setzt jedoch eine wesentliche Wettbewerbsbeeinträchtigung

voraus. Für deren Feststellung ist auch hier auf das Bündel der getroffenen Aus- 892 Branchenmarktplätze werden derzeit durchweg von Großunternehmen initiiert, da KMU

gegenüber Großunternehmen hinsichtlich der Marktplatzgründung erhebliche Wettbe-werbsnachteile aufweisen. Zu den Chancen der Marktplatzgründung durch KMU siehe: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 165f.

893 So auch: Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedin-gungen des europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 577.

894 Marktplatzunternehmen als Anbieter und Nutzer als Nachfrager der Marktplatzdienstleis-tung stehen hinsichtlich dieser Dienstleistung vielmehr in einem vertikalen Marktverhält-nis zueinander.

895 Zur Missbrauchsverfügung im Einzelnen: Bechtold, GWB (1999), § 16, Rn. 15ff.

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3. Kapitel - 2. Teil F Branchenmarktplätze - Ausschließlichkeitsbindungen

252

schließlichkeitsvereinbarungen abzustellen, da der Normzweck in der Sicherung des

Wettbewerbs als solchem vor schädlichen Wirkungen der Bindungssysteme liegt896.

Die Vereinbarung der exklusiven Nutzung eines Branchenmarktplatzes zieht als Kehr-

seite die Beschränkung der Nutzung alternativer Anbieter entsprechender Dienstleis-

tungen nach sich, so dass im Einzelfall vor allem eine Beschränkung nach § 16 Nr. 2

GWB vorliegen kann. Bei der Prüfung der Wesentlichkeit derartiger Marktwirkungen

sind wiederum eventuell auftretende Interaktionen von Netzwerkeffekten und Exklu-

sivitätsbindungen in Betracht zu ziehen, die gegenüber anderen Internethandelsplatt-

formen als Marktzutrittshürden wirken können897.

bb) Beurteilung nach §§ 19, 20 GWB

(1) Anwendbarkeit der §§ 19, 20 GWB neben § 16 GWB

Weitestgehend unstrittig ist die prinzipielle Anwendbarkeit von § 19 GWB neben § 16

GWB, so dass auf die exklusive Ausgestaltung des Marktplatznutzungsverhältnisses

beide Normen gleichberechtigt zur Anwendung kommen898. § 19 GWB ist nämlich auf

der Tatbestandsseite gegenüber § 16 GWB enger, da eine Marktbeherrschung voraus-

gesetzt wird. Gegen § 19 GWB verstoßende Praktiken sind zudem seit der 6. GWB-

Novelle anders als bei § 16 GWB unmittelbar unwirksam.

Der Klärung bedarf jedoch die Frage, ob auf Ausschließlichkeitsabreden zwischen

dem Marktplatzunternehmen und seinen Nutzern neben der Missbrauchsaufsicht nach

§ 16 GWB auch § 20 GWB anzuwenden ist. Nach der h.M. soll eine parallele Anwen-

dung von § 20 GWB neben § 16 GWB in Bezug auf die mit Ausschließlichkeitsbin-

896 Bechtold, GWB (1999), § 16, Rn. 13; Emmerich, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001),

§ 16, Rn. 114ff., insbesondere Rn. 116. 897 Dazu: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmens-

praxis (2002), S. 275ff.; Report der FTC zum Workshop „Competition Policy in the World of B2B Electronic Marketplaces“, Part 3, S. 29.

898 Zum Verhältnis der beiden Tatbestände zueinander: Emmerich, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 16, Rn. 133.

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3. Kapitel - 2. Teil F Branchenmarktplätze - Ausschließlichkeitsbindungen

253

dungen regelmäßig verbundenen Wirkungen nicht möglich sein899. Eine Erlaubnis

nach § 16 GWB stellt nach dieser Ansicht einen Rechtfertigungsgrund nach § 20

Abs. 1 GWB dar900.

Jedenfalls ist der Gesetzessystematik kein generelles Spezialitätsverhältnis der beiden

Vorschriften zueinander zu entnehmen901, so dass zumindest außerhalb der vorgenann-

ten Fallgestaltung auch Ausschließlichkeitsbindungen zwischen Internetmarktplätzen

und ihren Nutzern auf ihre Vereinbarkeit mit § 20 GWB zu untersuchen sind.

(2) Vereinbarkeit mit §§ 19, 20 GWB

Verlangt ein Branchenmarktplatz von seinen Nutzern die ausschließliche Nutzung der

Plattform, so kann hierin eine unbillige Behinderung anderer elektronischer Markt-

plätze bzw. der Nutzer liegen, welche unter der Voraussetzung der Marktbeherrschung

nach §§ 19, 20 Abs. 1 GWB verboten ist. Eine Per-se-Missbräuchlichkeit von Aus-

schließlichkeitsbindungen, die durch einen Marktbeherrscher auferlegt werden, wird

für das deutsche Recht allerdings verneint902. Im Einzelfall ist daher zu untersuchen,

inwieweit die betreffenden Klauseln für die Funktionsfähigkeit des Marktplatzes uner-

lässlich sind. Weiterhin sind in die Betrachtung der Marktanteil der gebunden Unter-

nehmen und des Marktbeherrschers sowie die Dauer der Bindungen einzustellen903.

899 Auch die h.M. bestreitet nicht die Anwendbarkeit von § 20 GWB auf Wettbewerbsfolgen,

die nicht typischerweise mit der Exklusivitätsbindung einhergehen. Dazu: Emmerich, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 16, Rn. 137 m.w.N.

900 Kritisch: Emmerich, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 16, Rn. 137f.: Er hält die Unterscheidung von „regelmäßigen“ und weitergehenden Wirkungen derartiger Abreden für nicht operabel.

901 Vgl.: Markert, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 20, Rn. 197. 902 So etwa: Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 19, Rn. 132. 903 Zu diesen Kriterien für die Beurteilung von Ausschließlichkeitsvereinbarungen am Maß-

stab des § 19 GWB: Möschel, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 19, Rn. 132.

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3. Kapitel - 2. Teil F Branchenmarktplätze - Ausschließlichkeitsbindungen

254

IV. Zusammenfassende Würdigung

Das grundsätzlich legitime Interesse der Marktplatzbetreiber an der Sicherung eines

ausreichenden Transaktionsvolumens kann in ein Spannungsfeld zum Kartellrecht tre-

ten, wenn zur Verfolgung dieses Zieles Ausschließlichkeitsbindungen auferlegt wer-

den oder durch Anreiz- und Strafsysteme innerhalb des Nutzerverhältnisses faktische

Bindungen gleicher Wirkung aufgestellt werden. Werden derartige Vereinbarungen

durch die Marktplatzgründer getroffen, kann im Einzelfall ein Verstoß gegen das deut-

sche und/oder europäische Kartellverbot vorliegen. Werden anderen Nutzern

Bezugsbindungen hinsichtlich der vom Marktplatz erbrachten Dienstleistungen

auferlegt, ist daneben die Einschlägigkeit des Missbrauchsverbots unter dem Aspekt

der unbilligen Behinderung zu untersuchen. Für derartige vertikale Nutzerbindungen

ergeben sich im Rahmen der ebenfalls heranzuziehenden Art. 81 EG bzw. § 16 GWB

Gestaltungsspielräume.

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3. Kapitel - 2. Teil G Branchenmarktplätze - Standardisierungsabreden

255

G. Entwicklung und Verwendung technischer Standards

I. Problemstellung

Die Festlegung technischer Standards ist eine Funktionsvoraussetzung für den Betrieb

von B2B-Internetmarktplätzen904. Nur die Verwendung identischer bzw. kompatibler

Schnittstellen-Standards durch die Teilnehmer ermöglicht den Handel über elektroni-

sche Marktplätze. Je nach Art und Weise ihrer Gestaltung und Verwendung können

Schnittstellen-Standards, wie bereits oben dargestellt905, jedoch durch die Plattform-

betreiber als strategisches Instrument genutzt werden. Vor allem die Verwendung

proprietärer Schnittstellen-Standards birgt das Potenzial der künstlichen Erhöhung von

Marktzutrittsschranken und der Verminderung der Interoperabilität zwischen den In-

ternethandelsplattformen906. Wurde oben im 2. Kapitel die Bedeutung technischer

Standards für die Marktanalyse des Marktes für Internetmarktplätze untersucht, soll es

nachfolgend darum gehen, ob durch die Vereinbarung der gemeinsamen Entwicklung

bzw. ob durch die Anwendung gemeinsam entwickelter technischer Standards an sich

ein Kartellverstoß begründet wird.

Für die an dieser Stelle zu behandelnden Branchenmarktplätze ist die Relevanz dieser

Fragen als hoch einzuschätzen. Hier wird nämlich durch die Marktplatzgründer - meist

führende Unternehmen einer Branche und Wettbewerber - die Festlegung getroffen,

welche Datenstandards durch die Internetplattform verwendet werden. Deren zusam-

mengefasste Marktmacht lässt überhaupt erst den strategischen Einsatz von Standards

wahrscheinlich erscheinen907. Den von Einzel-unternehmen gegründeten Marktplätzen

dürfte die Durchsetzung eigener Standards hingegen schwer fallen.

904 Vgl.: De Santi, Riding the B2B Roller Coaster: The Study and Practice of Antitrust Law,

George Mason Law Review 2001, S. 559, 564. 905 Vgl.: 2. Kapitel, 4. Teil, B., II. 906 Vgl.: 2. Kapitel, 4. Teil, B, I., 3 und II., 2. 907 Dazu: Spinello, Regulating Cyberspace (2002), S. 73.

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3. Kapitel - 2. Teil G Branchenmarktplätze - Standardisierungsabreden

256

II. Bisherige Stellungnahmen

1. Aussagen der Kartellbehörden

Im Rahmen der zu Internetmarktplätzen ergangenen Fusionskontrollentscheidungen

haben die Kartellbehörden Wert darauf gelegt, dass die Marktplatzgründer die Ver-

wendung offener, allgemein zugänglicher Standards vorsahen, so dass die Möglichkeit

technischer Abschottungsmaßnahmen ausgeschlossen wurde908. Im Rahmen eines

Workshops der OECD betonte das BKartA, dass es gegenwärtig keine Bestrebungen

zur gezielten Verminderung der System-Interoperabilität durch die Betreiber von B2B-

Marktplätzen erkennen könne909. Gleichwohl werde es den Standardisierungsaspekt im

Auge behalten. Die Kommission unterstrich ebenfalls das Potenzial proprietärer Stan-

dardsetzung als Mittel der Verminderung der Interoperabilität zwischen verschiedenen

Systemen und der Steigerung von Wechselkosten910, jedoch waren in den bisher unter-

suchten Fällen keine Abschottungspraktiken festzustellen.

2. Stellungnahmen in der Literatur

In der Literatur wird im Hinblick auf den Aspekt der technischen Standardisierung im

Zusammenhang mit B2B-Internetmarktplätzen auf zwei kartellrechtliche Problemkrei-

se hingewiesen911. Es wird untersucht, inwieweit Standardisierungsabreden zwischen

Wettbewerbern, insbesondere zwischen den Gründern eines Branchenmarktplatzes, als

Kartellabreden zu werten sind und unter welchen Voraussetzungen die Kontrolle über

einen technischen Standard Missbrauchspotenziale birgt912. Derartige Risiken könnten 908 Vgl. etwa: BKartA, Beschluss v. 25.9.2000, B 5 - 34100 - U 40/00 Covisint, S. 16. 909 Stellungnahme des OFT im Rahmen des OECD Roundtable on Competition Issues in E-

lectronic Commerce, Oktober 2000, zusammenfassender Report, S. 71. 910 Stellungnahme des OFT im Rahmen des OECD Roundtable on Competition Issues in E-

lectronic Commerce, Oktober 2000, zusammenfassender Report, S. 146f. 911 Knight/Widnell, Dark Clouds in the Distance? Network Effects and the Approaching B2B

Storm, George Mason Law Review Spring 2001, S. 599, 603ff.; Koenig/Kulenkampff/ Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 292f.

912 Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedingungen des europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 578f.

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3. Kapitel - 2. Teil G Branchenmarktplätze - Standardisierungsabreden

257

sich nach einhelliger Ansicht ergeben, wenn sich ein Internetmarktplatz zu einer Eng-

passressource entwickelt oder die Wechselbarrieren der Marktplatznutzer erhöht wer-

den913.

III. Kartellrechtliche Beurteilung der Vereinbarung technischer Standards und ihrer gemeinsamen Anwendung

1. Beurteilung nach europäischem Kartellrecht

a) Beurteilung nach Art. 81 EG

aa) Mitwirkung der Marktplatzgründer an nationalen oder internationalen Standardsetzungsgremien

Die bloße Beteiligung der Gründungsunternehmen eines Branchenmarktplatzes an

einem der oben genannten Standardisierungsgremien914 stellt noch keine Vereinbarung

im Sinne des Art. 81 EG dar, weil mit der Teilnahme an einer der genannten Initiati-

ven gegenwärtig nicht einmal eine faktische Bindung oder Verpflichtung der späteren

Verwendung der entwickelten Standards entsteht915. Die Beteiligung an diesen Nor-

mierungsverfahren in ihrer gegenwärtigen Form ist folglich kartellrechtlich unproble-

matisch916.

Allein die spätere Anwendung der entwickelten Standards wird zu einer Angleichung

der technischen Ausgestaltung der Systeme führen, durch die, unter der weiteren Vor-

aussetzung eines Mindestmaßes an bewusster, praktischer Zusammenarbeit, eine abge-

stimmte Verhaltensweise i.S.d. Kartellverbots überhaupt entstehen kann917.

913 Statt vieler: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unter-

nehmenspraxis (2002), S. 293. 914 2. Kapitel, 4. Teil, B., I., 3. 915 Dazu ausführlich: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der

Unternehmenspraxis (2002), S. 304f.; weiterhin: Köhler, Gründung und Nutzung von In-ternet-Marketplaces: die Rahmenbedingungen des europäischen und deutschen Kartell-rechts, K&R 2000, S. 569, 578.

916 So auch: Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedin-gungen des europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 578.

917 Vgl.: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmens-praxis (2002), S. 305f.

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3. Kapitel - 2. Teil G Branchenmarktplätze - Standardisierungsabreden

258

Eine gemeinsame Normung beschränkt nach den Leitlinien der Kommission für hori-

zontale Kooperationen jedoch nicht den Wettbewerb, soweit das Normierungsverfah-

ren nichtdiskriminierend, offen und transparent ist918. Hiervon ist derzeit hinsichtlich

der angesprochenen Initiativen919 auszugehen, die allen interessierten Unternehmen

gleichberechtigten Zugang gewähren und transparent ausgestaltet sind.

Die bei der Festlegung von Standards latente Gefahr, die Nutzer an suboptimale Stan-

dards zu binden bzw. Innovationen zu behindern, ist für diejenigen Standards, die auf

der Meta-Sprache XML920 basieren, weniger hoch einzuschätzen, da XML prinzipiell

auf Fortentwicklung und Erweiterbarkeit angelegt ist921.

bb) Einseitige Standardsetzung durch die Gründer eines Branchenmarktplatzes

Von größerer kartellrechtlicher Relevanz wäre eine einseitige Entwicklung eigener,

nicht offener (proprietärer) Standards durch die Gründer eines Branchenmarktplatzes.

In diesem Fall bestünde eher die Gefahr, dass die Nutzer in Folge hoher Wechselkos-

ten dauerhaft an eine Internetplattform gebunden werden922. Zum gegenwärtigen frü-

hen Entwicklungsstadium des Marktes für Internetmarktplätze lässt sich allerdings

noch nicht absehen, ob den Gründern eines Branchenmarktplatzes die Durchsetzung 918 Die Kommission stellt vor allem darauf ab, mit welcher Wahrscheinlichkeit Zutrittsbarrie-

ren überwunden werden können: EG-Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Ar-tikel 81 EG-Vertrag auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. 2001, C 3, S. 2, Rn. 168.

919 Vgl.: 2. Kapitel, 4. Teil, B., I., 3. 920 Zu XML vgl.: 2. Kapitel, 4. Teil, B., I., 3., a) und b). 921 Von dieser Eigenschaft rührt der Name „Extensible Markup Language“ (XML) her. Die

Erweiterbarkeit verlängert somit die Gültigkeit einmal entstandener Information und ver-ringert die Gefahr des technologischen „lock-in“. So lassen sich XML-Elemente schon jetzt mit kleinen Software-Modulen (DOM) verknüpfen, welche die Information zum Zeitpunkt der Darstellung verarbeiten.

922 Insbesondere herstellereigene Standards sind oft in Binärcodes gespeichert, die es den Nutzern praktisch unmöglich macht, die Standarddefinition nachzuvollziehen. Vgl.: Koe-nig/ Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 296 (dort Fn. 685). Wechselkosten können dann daraus resultieren, dass die für das alte System erstellten Katalogdaten nicht in das von der Software des neuen Markt-platzes verwendete Datenformat übertragen lassen und Produktkataloge und -klassifizierungen nochmals hergestellt werden müssen. Koenig/Kulenkampff/ Küh-ling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 301ff., 309.

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3. Kapitel - 2. Teil G Branchenmarktplätze - Standardisierungsabreden

259

proprietärer Standards gegenüber den Marktplatznutzern gelingen wird. Zumindest die

bei den Kartellbehörden angemeldeten Branchenmarktplätze haben hierauf verzich-

tet923.

Die Einführung proprietärer Standards würde jedenfalls dann eine Wettbewerbsbe-

schränkung begründen, wenn hierdurch eine Abschottung gegenüber außenstehenden

Unternehmen begründet würde und/oder „lock in“-Effekte den Wettbewerb zwischen

den Plattformen beeinträchtigen würden924. Dasselbe wäre der Fall, wenn mit der Ab-

rede zur Verwendung der Standards weitergehende Einschränkungen des Wettbewerbs

seitens der Gründer bezweckt oder bewirkt würden925. Beim Überschreiten der Spür-

barkeitsschwelle und der Geeignetheit zur Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen

Handels liegt dann ein Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG vor.

cc) Legalausnahme nach Art. 81 Abs. 3 EG

Eine Einzelfreistellung für unter Art. 81 Abs. 1 EG fallende Standardisierungsabreden

kam nach den Leitlinien der Kommission nach der bis zum 1.5.2004 geltenden Rechts-

lage für horizontale Kooperationen dann in Betracht, wenn in den Prozess der Norm-

setzung ein erheblicher Anteil des betreffenden Wirtschaftszweiges in transparenter

Weise eingebunden ist und nichtbeteiligten Unternehmen der Zugang zu den Normde-

finitionen offen steht926. Die Festlegung einseitiger, nicht offener Standarddefinitionen

durch die Marktplatzgründer hatte demzufolge, soweit sie Art. 81 Abs. 1 EG unterfiel,

keine Aussicht auf Freistellung927. Diese Beurteilungskriterien sind nunmehr für die

923 Vgl.: BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisint, B 5 - 34100 U 40/00, S. 6f.; BKartA, Be-

schluss v. 29.6.2001, B 5 - 51522 - U 24/01 BuyForMetals und Steel 24-7, S. 8. 924 Vgl. nochmals: EG-Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EG-Vertrag

auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. 2001, C 3, S. 2 , Rn. 168. 925 EG-Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EG-Vertrag auf Vereinba-

rungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. 2001, C 3, S. 2 , Rn. 165. 926 Vgl.: EG-Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EG-Vertrag auf Ver-

einbarungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. 2001, C 3, S. 2 , Rn. 169f. 927 Eine Freistellung scheidet nach den Horizontalleitlinien jedenfalls aus, wenn das Normset-

zungsverfahren intransparent, diskriminierend und abschottend wirkt. In diesem Fall liegt keines der von der Kommission genannten Freistellungskriterien vor: Vgl.: EG-

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3. Kapitel - 2. Teil G Branchenmarktplätze - Standardisierungsabreden

260

Frage, ob eine gesetzliche Ausnahme nach Art. 81 Abs. 3 EG gegeben ist, in gleicher

Weise heranzuziehen.

Weiterhin setzt Art. 81 Abs. 3 EG den Nachweis einer Effizienzsteigerung voraus928,

der dann gelingt, wenn die Marktplatzgründer nachweisen können, dass durch die ge-

meinsame Standardentwicklung Kompatibilitätsprobleme, die aus der Verwendung

unterschiedlicher Datenverarbeitungssysteme der am Marktplatz teilnehmenden Un-

ternehmen resultieren, gelöst werden können. Außerdem müssen die Gründer nach-

weisen, dass die konkrete Ausgestaltung des Standards das Unerlässlichkeitskriterium

des Art. 81 Abs. 3 lit. a) EG erfüllt und der Restwettbewerb nicht ausgeschlossen

wird929.

b) Beurteilung nach Art. 82 EG

Den Initiatoren eines Branchenmarktplatzes wird die Durchsetzung eigener techni-

scher Standards nur bei einer starken eigenen Marktposition möglich sein. Liegt eine

gemeinsame marktbeherrschende Stellung der Gründer jedoch vor, könnten diese

durch die Kontrolle über den Prozess der Standardsetzung andere Untenehmen miss-

bräuchlich behindern, indem sie durch die strategische Gestaltung der Standards die

Nutzung anderer Plattformen erschweren930. Ferner werden in diesem Fall andere

Plattformbetreiber behindert, für welche die eingeschlossenen Unternehmen als poten-

zielle Nutzer wegfallen931. Im Einzelfall kann daher auch Art. 82 EG einschlägig sein.

Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EG-Vertrag auf Vereinbarun-gen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. 2001, C 3, S. 2 , Rn. 169.

928 Art. 81 Abs. 3 EG fordert nach seinem Wortlaut nämlich einen Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaft-lichen Fortschritts.

929 Siehe: EG-Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EG-Vertrag auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. 2001, C 3, S. 2 , Rn. 171ff., 174ff.

930 Vgl.: Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedingungen des europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 579.

931 Zur Möglichkeit der Behinderung anderer Plattformbetreiber durch das Setzen proprietärer Standards: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unterneh-menspraxis (2002), S. 309.

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3. Kapitel - 2. Teil G Branchenmarktplätze - Standardisierungsabreden

261

2. Beurteilung nach deutschem Kartellrecht

a) Beurteilung nach § 1 GWB

aa) Entwicklung und Verwendung technischer Standards als Anwendungsfall des § 1 GWB

Das Setzen technischer Standards für Internetplattformen im Rahmen der gegenwärtig

durch internationale oder nationale Organisationen betriebenen, hersteller- und bran-

chenübergreifenden Normierungsinitiativen erfüllt unter den oben zu Art. 81 EG er-

läuterten Voraussetzungen gegenwärtig ebenfalls nicht den Tatbestand der Wettbe-

werbsbeschränkung i.S.d. § 1 GWB932.

Für die autonome Vereinbarung eigener technischer Standards durch die Gründer ei-

nes Brachenmarktplatzes hingegen ist eine Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne

des § 1 GWB nicht auszuschließen und hängt von der konkreten Ausgestaltung der

vereinbarten Standards ab, wobei die zu Art. 81 Abs. 1 EG dargestellten Aspekte in

die Wertung entsprechend einzustellen sind.

bb) Freistellung nach § 2 GWB

Für Abreden im Sinne des § 1 GWB, welche die einheitliche Anwendung von Normen

und Typen zum Gegenstand haben, sieht das deutsche Kartellrecht mit § 2 Abs. 1

GWB eine Freistellungsmöglichkeit vor. Damit trägt das GWB dem Phänomen Rech-

nung, dass Normierungsabreden zwar die wettbewerbliche Handlungsfreiheit der Teil-

nehmer einschränken, tendenziell aber wettbewerbsfördernd wirken, weil die Aus-

tauschbarkeit und Kompatibilität der Waren erhöht wird933. Der Begriff der Normen in

§ 2 Abs. 1 GWB umfasst sämtliche Spezifikationen zur Vereinheitlichung einzelner

Teile zum Zwecke der Rationalisierung. Somit fallen einheitliche Definitionen für die

Übertragung und Speicherung von Daten grundsätzlich unter den Begriff der Norm.

Soweit die Marktplatzgründer die einheitliche Anwendung bestimmter Datenstandards 932 Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedingungen des

europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 578. 933 Bechtold, GWB (1999), § 2, Rn. 1.

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3. Kapitel - 2. Teil G Branchenmarktplätze - Standardisierungsabreden

262

vereinbaren, kommt somit eine Freistellung als gemeinsame „Norm“934 nach § 2

Abs. 1 GWB in Betracht935.

Wie bei der Beurteilung der Zulässigkeit nach Art. 81 Abs. 3 EG ist eine Freistellung

nach deutschem Recht dann nicht in Betracht zu ziehen, wenn mit der Normierungsab-

rede weitergehende Wettbewerbsbeeinträchtigungen bezweckt oder bewirkt werden936.

Die Vereinbarung proprietärer Standards durch die Marktplatzgründer zur Abschot-

tung gegenüber Außenseiter-Wettbewerbern oder mit dem Ziel der Verhinderung des

Entstehens neuer Plattformen ließe sich im Rahmen von § 2 Abs. 1 GWB aus diesem

Grund nicht freistellen.

b) Beurteilung nach §§ 19, 20 GWB

Die Behinderung anderer Plattformbetreiber und Marktplatznutzer durch das Setzen

proprietärer Standards ist nach deutschem Kartellrecht als Fall der unbilligen Behinde-

rung im Sinne der §§ 19, 20 GWB erfassbar937.

Von einem Verstoß ist allerdings nur auszugehen, soweit im Rahmen einer Interessen-

abwägung die Festlegung des Standards unbillig erscheint. Dies wäre wegen der zu

erwartenden Abschottungswirkung jedenfalls anzunehmen, wenn die Marktplatzgrün-

der bewusst von bereits existierenden Standards abweichen und sich ohne sachlichen

Grund weigerten, eine Kompatibilität mit anderen Standards herzustellen938.

934 Die Unterscheidung von Normen und Typen ist angesichts ihrer Gleichbehandlung durch

§ 2 Abs. 1 GWB ohne praktische Bedeutung. Dazu: Kiecker, in: Langen/Bunte, Kommen-tar zum deutschen und europäischen Kartellrecht (2001), § 2 Rn. 7.

935 Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedingungen des europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 579.

936 Vgl.: Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedingungen des europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 578.

937 Wiederum ist zu beachten, dass, anders als im Rahmen des Art. 82 EG, unter den Voraus-setzungen des § 20 Abs. 2 GWB auch Behinderungspraktiken (nur) marktstarker Unter-nehmen gegenüber abhängigen Unternehmen erfasst werden.

938 So auch: Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedin-gungen des europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 579.

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3. Kapitel - 2. Teil G Branchenmarktplätze - Standardisierungsabreden

263

IV. Zusammenfassende Würdigung

Der elektronische Geschäftsverkehr über Internetmarktplätze erfordert gemeinsame

technische Standards. Werden diese im Wege transparenter und für alle Marktakteure

beteiligungsoffener Normierungsverfahren gewonnen, ergeben sich hieraus regelmä-

ßig keine kartellrechtlichen Bedenken. Vor dem Hintergrund des Kartellverbots prob-

lematisch kann das Setzen proprietärer Softwarestandards durch führende Akteure ei-

ner Branche im Rahmen des Aufbaus eines gemeinsamen Branchenmarktplatzes sein.

Soweit durch die konkrete Ausgestaltung der entwickelten Standards Nutzer an die

Plattform dauerhaft gebunden werden, kann diese Wettbewerbsbeschränkung die mit

der Standardisierung verbundenen Effizienzgewinne überwiegen. Erlangt ein Markt-

platzunternehmen eine marktbeherrschende Stellung ist zudem zu überprüfen, ob ein

Behinderungsmissbrauchs begründet wird.

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3. Kapitel - 2. Teil H Branchenmarktplätze - Materielle Fusionskontrolle

264

H. Ansätze zur materiellen Beurteilung von Branchenmarktplätzen in der

Fusionskontrolle

I. Problemstellung

Branchenmarktplätze werden regelmäßig als Gemeinschaftsunternehmen gegründet.

Die Konformität mit den Bestimmungen des Kartellrechts ist dann bereits im Grün-

dungsstadium zu untersuchen939. Aufgezeigt wurde in dieser Arbeit bereits, unter wel-

chen Voraussetzungen hierbei die Fusionskontrolle Anwendung findet940. Weiterhin

wurde erläutert, wann das Kartellverbot bei dieser Prüfung als ergänzender Maßstab

heranzuziehen ist, weil das Marktplatz-Gemeinschaftsunternehmen kooperativer Natur

ist941.

An dieser Stelle ist noch zu klären, welche Aspekte im Rahmen der fusionskontroll-

rechtlichen Prognoseentscheidung bei Branchenmarktplätzen in materieller Hinsicht

einzustellen sind. Zu untersuchen ist, wovon die Erwartung der Entstehung oder der

Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung als materiellem Beurteilungsmaßstab

der Fusionskontrolle gemäß § 36 Ab. 1 i.Vm. § 19 GWB bzw. die erhebliche Behinde-

rung wirksamen Wettbewerbs gemäß Art. 2 Abs. 2, 3 FKVO bzw. in diesem Kontext

abhängt.

II. Bisherige Stellungnahmen

1. Entscheidungen des BKartA Bislang sah das BKartA bei keinem der im Fusionskontrollverfahren angemeldeten

Marktplatzvorhaben die Gefahr einer Marktbeherrschung als gegeben an942. Zu einer

939 Vgl.: 2. Kapitel, 2. Teil, B. 940 Vgl.: Kapitel, 2. Teil, B., II. 941 Vgl.: 2. Kapitel, 2. Teil, B. II., 1., c), bb) und 2., c). Für diesen Fall wäre dann zu untersu-

chen, inwieweit schon mit der Gründung des Branchenmarktplatzes eine Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens der Gründer bezweckt oder bewirkt wird. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn es zu einem unzulässigen Austausch wettbewerbsrelevanter Daten zwischen den Gründern käme, oder ob Nachfragebündelungen der Gründer in einem unzulässigen Ausmaß vorgesehen sind.

942 Für die in der Hauptprüfphase abgeschlossenen Vorhaben vgl.: BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisint, B 5 - 34100 U 40/00; BKartA, Beschluss v. 23.10.2000 CC-Markets,

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3. Kapitel - 2. Teil H Branchenmarktplätze - Materielle Fusionskontrolle

265

solchen positiven Prognose konnte das BKartA, wie bereits erwähnt, kommen, weil

die Anmelder zugesagt hatten, den Zugang zum Marktplatz offen zu gestalten, keine

Ausschließlichkeitsbindungen aufzuerlegen und den Marktplatz nicht zur Bündelung

der Nachfragemacht zu nutzen943.

2. Entscheidungen der Kommission

Die Einschätzungen der Kommission in den bisher zu Branchenmarktplätzen ergange-

nen Fusionskontrollentscheidungen nach der bis zum 1.5.2004 geltenden FKVO stim-

men mit denen des BKartA weitestgehend überein. Für die nach der bisherigen FKVO

ebenfalls entscheidenden Frage, ob durch die Marktplatzgründung die Entstehung oder

Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung zu erwarten sei, bezieht die Kommis-

sion neben der Stellung der Gründungsunternehmen auf ihren jeweiligen

Herkunftsmärkten944 ein, ob durch die Schaffung des Joint Ventures eine Verhaltens-

koordinierung der Gründer erfolgen wird, ob für andere Unternehmen ein freier Zu-

gang zu Plattform besteht sowie ob die Nutzungsverhältnisse exklusiv ausgestaltet

werden.945.

III. Ansatzpunkte für die fusionskontrollrechtliche Prognoseentscheidung

Für die Einschätzung der Wettbewerbsfolgen eines Marktplatzvorhabens im Hinblick

auf die Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung, bzw. der

erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs sind mehrere Ebenen gedanklich zu

trennen:

B 3 - 72303 - U - 76/00; BKartA, Beschluss v. 26.01.2001 RubberNetwork.com, B 3 - 25130 - U - 110/00; BKartA, Beschluss v. 29.6.2001 BuyForMetals und Steel 24-7, B 5 - 51522 - U 24/01.

943 Vgl.: BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisint, B5- 34100 U 40/00, S. 15ff. 944 EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.1969 UTC/Honeywell/i2/MyAircraft.com, CELEX-Dok

Nr. 300M1969, S. 4. 945 EG-Kommision, Fall Nr. IV/M.2398 Linde/Jungheinrich/JV Supralift, CELEX-Dok Nr.

301M2398, S. 2.

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3. Kapitel - 2. Teil H Branchenmarktplätze - Materielle Fusionskontrolle

266

Die fusionskontrollrechtliche Prognoseentscheidung ist zum einen im Hinblick auf das

Marktplatzunternehmen selbst (auf dem Markt der Marktplatzdienstleistungen) zu tref-

fen946.

Zum anderen ist zu klären, ob den Marktplatzinitiatoren durch die Gründung eine

marktbeherrschende Stellung auf ihren Herkunftsmärkten, den Märkten der über den

Marktplatz gehandelten Güter erwächst bzw. wirksamer Wettbewerb auf diesen Märk-

ten erheblich behindert wird und zwar

- entweder durch die Stärkung der Marktplatzgründer gegenüber ihren nicht am

Marktplatz mitwirkenden Konkurrenten947

- oder durch das Erlangen oder die Verstärkung eines Marktungleichgewichts zu Las-

ten der Unternehmen, die den Gründern auf der anderen Marktseite gegenüber stehen.

Wie in allen Fällen sind bei der fusionskontrollrechtlichen Behandlung von Bran-

chenmarktplätzen die im konkreten Sachverhalt bestehenden Marktverhältnisse zu er-

mitteln und die wahrscheinlichen Folgen des Zusammenschlussvorhabens abzuschät-

zen.

Für diese - von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles abhängige - Einschätzung

ergeben sich Schwierigkeiten vor allem aus der Neuheit des Phänomens der B2B-

Internetmarktplätze und der noch immer sehr dynamischen Marktentwicklung. Es las-

sen sich aufgrund der im zweiten und diesem Kapitel der Untersuchung gewonnenen

Erkenntnisse jedoch einige Kriterien festmachen, die für die Beurteilung neben der

jeweils einzelfallbezogen zu bestimmenden marktstrukturellen Konstellation von zent-

raler Bedeutung sind:

Die Existenz von Ausschließlichkeitsbindungen für die Marktplatznutzer spielt, wie

gezeigt wurde948, für die Entwicklung des Wettbewerbs zwischen den Marktplätzen

eine bedeutende Rolle949. Vor allem dann, wenn die Gründungsunternehmen über ei-

nen großen Marktanteil auf dem korrelierenden Gütermarkt verfügen, kann der Auf-

946 Vgl.: BKartA, Beschluss v. 23.10.2000, B 3 - 72303 - U - 76/00 CC-markets, S. 9f. 947 Vgl.: BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisint, B 5 - 34100 U 40/00, S. 15ff. 948 Vgl.: 2. Kapitel, 4. Teil, B., II., 2., d), bb), (1) und 3. Kapitel, 2. Teil, F, I., 2. 949 Hierzu: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unterneh-

menspraxis (2002), S. 35. Stroud, B2B E-Marketplaces, The Emerging Competition Law Issues, World Competition, 2001, S. 125, 135.

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3. Kapitel - 2. Teil H Branchenmarktplätze - Materielle Fusionskontrolle

267

bau konkurrierender Internetmarktplätze durch die Ausschließlichkeitsbindung der

Marktplatznutzer erheblich erschwert werden, weil potenziellen Marktplatzinitiatoren

der Zugang zu ihrem Absatzmarkt verschlossen werden kann950. Dieser Faktor ist folg-

lich bei der Fusionskontrolle zu berücksichtigen951.

Die Wirkung von Ausschließlichkeitsbindungen lässt sich nach dem Gesagten952 durch

den gezielten Einsatz proprietärer technischer Standards verstärken. Beide Mechanis-

men, Exklusivitätsbindungen und der strategische Einsatz von technischen Standards,

bringen wiederum die Verstärkung ohnehin bereits zu erwartender Netzwerkeffekte

mit sich. Hohe Wechselbarrieren für die Nutzer und Marktzutrittsschranken für andere

Marktplatzvorhaben können die Folge sein, weshalb dieser Aspekt von den Wettbe-

werbsbehörden ebenfalls in der Prognoseentscheidung berücksichtigt werden muss953.

Werden bestimmte Außenseiter-Wettbewerber gezielt vom Marktplatz ausgeschlossen,

kann eine starke Marktstellung der Gründungsunternehmen weiter verstärkt werden954.

Nur wenn die Plattform prinzipiell allen Marktteilnehmern zu nichtdiskriminierenden

Konditionen offen steht, ist ausgeschlossen, dass sich ein bestehendes Marktungleich-

gewicht aufgrund des Marktplatzbetriebes verstärkt955.

Besteht für die Marktplatzgründer ferner die Möglichkeit, ihre Nachfrage über den

Marktplatz zu bündeln, verstärkt dies ihre Nachfragemacht gegenüber den Unterneh-

men der Marktgegenseite, was in die fusionsrechtliche Prognoseentscheidung eben-

falls einzubeziehen ist.

Die Untersuchung, ob es zu einem Austausch wettbewerbsrelevanter Daten zwischen

den Gründern kommt, ist schließlich für die Prognose einer gemeinsamen marktbe-

herrschenden Stellung der Gründer insofern von Bedeutung, als durch den Datenaus-

950 Vgl.: 2. Kapitel, 4. Teil, B., II., 2., d), bb). (1). 951 So auch: BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisint, B 5 - 34100 U 40/00, S. 10ff.; EG-

Kommision, Fall Nr. IV/M.2398 Linde/Jungheinrich/JV Supralift, CELEX-DokNr. 301 M2398, S. 5.

952 Vgl.: 3. Kapitel, 2. Teil, G. 953 Vgl.: BKartA, Beschluss v. 29.6.2001, B 5 - 51522 - U 24/01 BuyForMetals und Steel 24-

7, S. 9. 954 Vgl.: 3. Kapitel, 2. Teil, E., I. 955 Böge, Elektronische Marktplätze und Kartellrecht, Vortrag beim 9. St. Gallener

Kartellrechtsforum 26.4.2002, S. 19

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3. Kapitel - 2. Teil H Branchenmarktplätze - Materielle Fusionskontrolle

268

tausch der Innenwettbewerb zwischen den Gründern abgeschwächt oder gar ausge-

schaltet werden kann. In Verbindung mit einer gemeinsamen starken Marktstellung

der Gründer und einem oligopolistisch strukturierten Produktmarkt würde die Gefahr

der Entstehung einer Oligopolmarktbeherrschung vergrößert.

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3. Kapitel - 3. Teil Neutrale Marktplätze

269

3. Teil

Neutrale Marktplätze

A. Allgemeines

I. Begriffsbestimmung: Das Modell „neutraler Marktplatz“

Neutrale Internetmarkplätze werden von Unternehmen betrieben, die selbst nicht zum

Anbieter- oder Nachfragerkreis der über die Plattform abgewickelten Güter zählen.

Diese zur ersten Generation von Internetmarktplätzen zählenden virtuellen Handels-

plattformen wurden häufig durch Internet-Start-Up Unternehmen initiiert956.

Neutrale Internetmarktplätze zielen in erster Linie auf die Zusammenführung mög-

lichst vieler Anbieter und Nachfrager. Hierin liegt ihr Wert für die Nutzer. Darüber

hinaus bieten sie ggf. in Kooperation mit spezialisierten Drittunternehmen Komple-

mentärdienste wie Finanzierungs-, Logistik- und Treuhanddienstleistungen an957. Aus

der Perspektive der Nutzer liegt einer der Hauptanreize für die Teilnahme am Handel

über einen neutralen Marktplatz in der Erwartung, dass dessen Neutralität Gewähr für

eine unparteiische Ausgestaltung der Transaktionsmechanismen bietet958.

II. Beispiele für neutrale Internetmarktplätze und Marktpositionierung

Als weltweit erste B2B-Plattform zur Durchführung von Online-Einkaufsauktionen

wurde 1995 der Internetmarktplatz freemarkets gegründet. Mit Marktteilnehmern aus

956 Das Kapital für den Marktplatzaufbau stammt dabei häufig von unabhängigen Kapitalge-

bern: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmens-praxis (2002), S. 35.

957 Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 35f.

958 Dazu: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmens-praxis (2002), S. 35.

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3. Kapitel - 3. Teil Neutrale Marktplätze

270

100 verschiedenen Branchen repräsentiert dieser Marktplatz beinahe idealtypisch die

erste Generation meist horizontal ausgerichteter neutraler Internethandelsplattformen.

Seine Einnahmen erzielt das Unternehmen durch eine vom Einkäufer auf das Transak-

tionsvolumen zu zahlende Gebühr von 2,5 %959.

Trotz des wachsenden Konkurrenzdrucks, der von nutzergeführten Internetmarktplät-

zen auf neutrale vertikal ausgerichtete Internetmarktplätze ausgeht960, existiert immer

noch eine beträchtliche Anzahl derartiger Plattformen, insbesondere in Gütermärkten

mit bislang generell wenig automatisierten Beschaffungsvorgängen. Ein Beispiel hier-

für ist der Marktplatz „Internationale Holzbörse“961, auf dem Holzverarbeitungsunter-

nehmen und forstwirtschaftliche Betriebe Handel treiben962. In einigen Fällen sind ho-

rizontale neutrale Internetmarktplätze anzutreffen, die auf das Privat-Kundengeschäft

(B2C) und auf das B2B-Geschäft von kleineren und mittleren Unternehmen ausgerich-

tet sind, wie dies etwa bei atradapro963 der Fall ist. Ein weiteres Feld, das neutrale

Marktplätze vor allem seit der verstärkten Konkurrenz durch Branchenmarktplätze zu

besetzen suchen, sind Nischenmärkte wie der Handel mit Zweite-Wahl-Produkten,

Restposten oder der Gebrauchtgüterhandel964.

III. Generelle Einschätzung der kartellrechtlichen Implikationen

Neutrale Marktplätze bergen nach einhelliger Einschätzung im Vergleich zu Bran-

chenmarktplätzen ein viel geringeres kartellrechtliches Gefahrenpotenzial965. Dies lässt

sich zum einen damit begründen, dass für die Betreiberunternehmen anders als für 959 Zahlen bei: Schneider/Schnetkamp, E-Markets (2000), S. 255. 960 Spinello, Regulating Cyberspace (2002), S. 72f. 961 http://www.holzboerse.de. 962 Für eine Beschreibung des Leistungsangebots dieses Internetmarktplatzes: Fraunhofer In-

stitut Arbeitswirtschaft und Organisation, Marktstudie Marktplätze (2000), S. 52. 963 http://www.atradapro.de. 964 So z.B. www.meisterportal.de, ein Marktplatz, der vornehmlich spezielle handwerkliche

Dienstleistungen vermittelt. 965 Etwa: Vollebregt, E-Hubs, syndication and competition concern, ECLR 2000, S. 437, 443;

Gans/King, Competition Issues Associated with B2B E-Commerce – A report on Behalf of the Australian Competition and Consumer Commission (2001), S. 25.

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3. Kapitel - 3. Teil Neutrale Marktplätze

271

nutzergetriebene Internetmarktplätze grundsätzlich kein Anreiz für eine parteiische

Marktplatzgestaltung besteht, da der Marktplatzinhaber selbst nicht am Handel über

den Marktplatz teilnimmt.

Zum anderen verfügen neutrale Marktplatzbetreiber nicht über eine vergleichbar große

Marktmacht auf den korrelierenden Gütermärkten wie die Gründer von Branchen-

marktplätzen, bei denen meist die Marktführer der betreffenden Branchen zusammen-

arbeiten966.

Verstöße des neutralen Marktplatzbetreibers gegen das Missbrauchsverbot sind aus

diesen Gründen weniger wahrscheinlich. Eine Anwendbarkeit des Kartellverbots auf

einseitige Handlungsweisen des neutralen Plattformbetreibers scheiden mangels Ver-

haltenskoordinierung aus.

Denkbar erscheinen Kartellrechtsverstöße demzufolge in erster Linie nicht auf der

Betreiber-, sondern auf der Nutzerebene, etwa wenn Nutzer die Plattform zum unzu-

lässigen Austausch von Marktdaten missbrauchen oder durch missbräuchliche Verhal-

tensweisen einzelner Nutzer mit marktbeherrschender Stellung auf dem betreffenden

Gütermarkt. Der Internetmarktplatz könnte einem solchen Unternehmen gezielt als

Hebel für die Festigung seiner Marktstellung dienen.

Zu klären bleibt ferner im Zusammenhang mit neutralen B2B-Internetmarktplätzen, ob

eine Betreiberverantwortlichkeit des neutralen Marktplatzunternehmens für etwaige

Kartellrechtsverstöße der Nutzer im Sinne einer „Mitstörerhaftung“ in Betracht zu zie-

hen ist.

966 Gerade dies hat die Verdrängungstendenz durch Konsortialmarktplätze begünstigt. Vgl.:

Spinello, Regulating Cyberspace (2002), S. 72f.; Gassner, Internet-Handelsplattformen im Spiegel des Kartellrechts, MMR 2001, S. 140, 144.

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3. Kapitel - 3. Teil Neutrale Marktplätze

272

B. Verantwortlichkeit des Plattformbetreibers für Kartellrechtsverstöße

der Nutzer

I. Problemstellung

Aus Sicht der Betreiber neutraler B2B-Internetmarktplätze stellt sich die Frage, ob sie

für etwaige Kartellrechtsverstöße von Nutzern mit in die Verantwortung genommen

werden können967. Dies wäre dann der Fall, wenn das Kartellrecht dem neutralen

Marktplatzbetreiber eine generelle Verpflichtung auferlegen würde, derartige Verstöße

zu verhindern968. Ob das Kartellrecht den Betreibern neutraler Internetmarktplätze eine

derartige Pflicht auferlegt, scheint indes zweifelhaft, weil die Stellung des Marktplatz-

unternehmens die eines bloßen Vermittlers ist969. Der Marktplatz stellt nur die Techno-

logie für die Kommunikation zwischen Unternehmen zur Verfügung, ohne selbst Ver-

tragspartner für die umgesetzten Güter zu werden. Das Marktplatzunternehmen wird

nicht selbst Partner etwaiger kartellrechtswidriger Verhaltensabstimmungen zwischen

den Nutzern, etwa wenn einige Nutzer einen unzulässigen gemeinsamen Einkauf über

die Internetplattform verabreden.

Andererseits kann durch die Marktplatztechnologie die Gefahr wettbewerbsbeschrän-

kender Verhaltensweisen erhöht werden, namentlich durch die verbesserte Möglich-

keit des Informationsaustauschs zwischen Wettbewerbern970.

967 Die gleiche Frage stellt sich theoretisch auch hinsichtlich der Verantwortlichkeit von

Branchenmarktplatzunternehmen bzw. deren Gründungsunternehmen, soweit es um Kar-tellrechtsverstöße von Nutzern geht, die nicht dem Kreis der Gründer entstammen. Dieses Szenario ist gleichwohl äußerst unwahrscheinlich, weil derartige Kooperationen mittelbar zu Lasten eines oder mehrerer Gründungsunternehmen gehen würde, und die Gründungs-unternehmen bei der Ausgestaltung des Marktplatzes größten Wert darauf legen werden, derartige Kooperationen technisch auszuschließen.

968 Zur Frage einer generellen kartellrechtlichen Verantwortlichkeit eines Plattformbetreibers für Kartellrechtsverstöße der Marktplatznutzer, vgl.: die Stellungnahmen im Rahmen des Workshops der FTC „Emerging Issues for Competition Policy in the World of E-Commerce“ (2001). Vgl.: Transcript 1, S. 183ff.

969 Vgl.: Alese, B2B exchanges and E.C. Competition Law: 2B or not 2B?, ECLR 2001, S. 325, 328.

970 Gans/King, Competition Issues Associated with B2B E-Commerce – A report on Behalf of the Australian Competition and Consumer Commission (2001), S. 25

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3. Kapitel - 3. Teil Neutrale Marktplätze

273

Angesichts der erheblichen Bußgeldrisiken971, die für die Betreiber neutraler Markt-

plätze mit einer etwaigen kartellrechtlichen (Mit-) Verantwortlichkeit für Kartell-

rechtsverstöße ihrer Nutzer verbunden wäre, soll dieser Frage im Folgenden nachge-

gangen werden.

II. Beurteilung nach europäischem Kartellrecht

1. Betreiberverantwortlichkeit für Verstöße von Nutzern gegen Art. 81 EG

a) Mögliche Beiträge des Marktplatzbetreibers zu Nutzerverstößen

Den sachlichen Anknüpfungspunkt für die kartellrechtliche Mitverantwortung eines

neutralen Marktplatzunternehmens könnte etwa dessen Verzicht auf die Installation

technisch möglicher Vorkehrungen972 sein, durch die Kartellrechtsverstöße der Nutzer

unterbunden werden können. Wurde die Markplatzsoftware durch den Betreiber so

ausgestaltet, dass es zu einem unzulässigen Austausch von Marktdaten zwischen den

einzelnen Nutzern kommt, stellt sich die Frage, inwieweit der Marktplatzbetreiber mit

in die Verantwortung zu nehmen ist, weil er es z.B. unterlassen hat, die entsprechen-

den Daten zu anonymisieren und den Zugang zu sensiblen Daten durch Passwörter zu

schützen. Auch für den Fall, dass das Marktplatzunternehmen zwar entsprechende Si-

cherungen installiert hat, diese jedoch von einigen Nutzern umgangen werden, und das

Betreiberunternehmen erkennen kann oder gar erkennt, dass ein Kartellrechtsverstoß

durch bestimmte Nutzer erfolgt und hiergegen nicht einschreitet, wird das Problem

virulent.

971 So sieht die EG-Kartellverordnung in Art. 23 Abs. 2 VO 1/2003 die Festsetzung von

Geldbußen von bis zu 10 % des Gesamtumsatzes des betreffenden Unternehmens durch die EG-Kommission vor.

972 Zu den möglichen technischen Maßnahmen, die durch Marktplatzunternehmen zur Ver-hinderung eines unzulässigen Datenflusses getroffen werden können, vgl.: 4. Kapitel, 1. Teil.

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3. Kapitel - 3. Teil Neutrale Marktplätze

274

b) Kreis der nach Art. 81 EG Verantwortlichen

aa) Notwendigkeit der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme

Die Vorschriften des europäischen Kartellrechts unterscheiden hinsichtlich der Herbei-

führung des tatbestandlichen Erfolges nicht zwischen Täterschaft und Teilnahme. In

der Literatur wurde daraus zu Recht abgeleitet, nur die täterschaftliche Begehungswei-

se eines Verstoßes gegen das Kartellverbot sei von der Norm erfasst973. Die Annahme

einer Teilnehmerverantwortlichkeit würde eine die Wortlautgrenze überschreitende

Auslegung darstellen, die angesichts des Sanktionscharakters von Art. 81 EG nach

dem im Gemeinschaftsrecht ebenfalls geltenden rechtsstaatlichen Grundsatz „nulla

poena sine lege“ unzulässig ist974. Die Beteiligung an Kartellrechtsverstößen wird da-

her nur im Falle der (Mit-) Täterschaft tatbestandsmäßig erfasst.

bb) Täterschaftliche Beteiligung des Marktplatzunternehmens an Nutzerverstö-ßen?

(1) Vergleich mit der Kommissionspraxis zur Fallgruppe sog. „Kartellwächter“

Eine Mitverantwortung neutraler Marktplatzbetreiber für Kartellverstöße von Nutzern

beim Handel auf dem Marktplatz kommt, wie gerade ausgeführt, nur in Betracht, wenn

sich die Rolle des Marktplatzes als täterschaftliches Handeln qualifizieren lässt.

Die Entscheidungspraxis der Kommission kennt mit der Fallgruppe der „Kartellwäch-

ter“ eine Fallgestaltung, die einen solchen Schluss nahe legen könnte. In diesen Ent-

scheidungen wurden im Wege einer extensiven Auslegung des Kartelltatbestandes

auch Unternehmen als Mittäter angesehen, deren Beteiligung sich auf die organisatori-

sche Abwicklung eines unter anderen Akteuren geschlossenen Kartells beschränkte.

So ließen im Fall Gußglas Italien975 die Kartellmitglieder die Einhaltung der getroffe-

nen Kartellvereinbarung durch eine unabhängige Verwaltungs- und Buchhaltungsge-

973 So etwa: Kindhäuser, in: Frankfurter Kommentar, Art. 81, Bußgeldrechtliche Folgen,

Rn. 84; Dannecker, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 15 B VO Nr. 17, Rn. 112.

974 Hamann, Das Unternehmen als Täter im europäischen Wettbewerbsrecht (1992), S. 20. 975 EG-Kommission, Entscheidung v. 17.12.1980 Gußglas Italien, ABl. 1980, L 282, S. 19.

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3. Kapitel - 3. Teil Neutrale Marktplätze

275

sellschaft kontrollieren. Jeder Kartellant schloss mit der Gesellschaft einen Vertrag,

aufgrund dessen diese die Unterlagen und Bücher der beteiligten Unternehmen einse-

hen konnte. Anschließend erstellte die Verwaltungsgesellschaft regelmäßig einen Be-

richt, der den Mitgliedern zugänglich gemacht wurde. Die Kommission sah in der mit

der Verwaltungsstelle getroffenen Vereinbarung einen unselbstständigen Teil der Ge-

samtvereinbarung und kam zu dem Schluss, auch die Verwaltungsgesellschaft selbst

habe an der Durchführung einer Wettbewerbsbeschränkung teilgenommen und sei

deshalb mitverantwortlich, obwohl sie materiell am Kartell zwischen den Glasprodu-

zenten nicht beteiligt war976. Ähnlich niedrige Anforderungen an die Tätereigenschaft

stellte die Kommission in der Entscheidung Belasco auf, in der eine genossenschaftli-

che Berufsvereinigung die Kartellmitglieder organisatorisch unterstützte und von der

Kommission neben den eigentlichen Kartellmitgliedern als verantwortlich angesehen

wurde977.

Allerdings ist die Kommissionspraxis in Bezug auf „Kartellwächter“, wie Hamann978

herausgearbeitet hat, bei weitem nicht konsistent. In einigen Entscheidungen, denen

Sachverhaltskonstellationen zugrunde lagen, die derjenigen des Gussglas Italien Falles

weitgehend entsprachen, bezog die Kommission die „Kartellwächter“ nicht in den

Kreis der Verantwortlichen ein979.

(2) Ansicht der Literatur

Die oben dargestellte Einbeziehung sog. „Kartellwächter“ in die kartellrechtliche Ver-

antwortung durch die Kommission ist in der Literatur auf nahezu einhellige Ableh-

976 EG-Kommission, Entscheidung v. 17.12.1980 Gußglas Italien, ABl. 1980, L 282, S. 23ff.

Die Kommission setzte zwar aufgrund des ihr zustehenden Ermessens keine Geldbuße fest, betonte aber, im Falle einer Festsetzung wäre auch die Verwaltungs- und Buchfüh-rungsgesellschaft Adressat einer Bußgeldverhängung gewesen.

977 EG-Kommission, Entscheidung v. 10.7.1986, ABl. 1986, L 232, S. 15ff., Rn. 72, 75, 102. 978 Hamann, Das Unternehmen als Täter im europäischen Wettbewerbsrecht (1992), S. 21f.,

23ff. 979 So etwa im Fall EG Kommission, Entscheidung v. 17.10.1983 ATAG, ABl. 1983, L 317,

S. 1ff, insbesondere Rn. 62ff. Auch im Fall des UK Tractor Registration Exchange wurde die gemeinsame Datenverarbeitungsstelle aus dem Verfahren ausgenommen, vgl.: EG Kommission, Entscheidung v. 17.2.1992, ABl. 1992, L 68, S. 19ff., Rn. 34.

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3. Kapitel - 3. Teil Neutrale Marktplätze

276

nung gestoßen980. Hamann ist der Ansicht der Kommission aus rechtsstaatlichen

Gründen, namentlich dem Bestimmtheitsgrundsatz, entgegengetreten. Er möchte die

kartellrechtliche Haftung im Wege des Kriteriums einer außerstrafrechtlichen Sonder-

pflicht begrenzen981. Für Dannecker ist entscheidend, dass der sog. „Kartellwächter“

am Wettbewerb auf dem Markt der Kartellanten nicht teilnimmt und daher nicht zum

Täterkreis der Verbotsnorm des Art. 81 EG zu zählen ist982.

(3) Stellungnahme und Folgerungen für die Verantwortlichkeit neutraler Inter-netmarktplätze

Der ablehnenden Haltung der Literatur gegenüber der Heranziehung von „Kartell-

wächtern“ als Mitverantwortliche i.S.d. Kartelltatbestandes ist zuzustimmen. Zwar ist

unbestritten, dass sich Mitglieder eines Kartells nicht dadurch dem Kartellverbot ent-

ziehen können, dass sie für die Verhaltensabstimmung einen Mittler etwa in Gestalt

einer Informationsmeldestelle einschalten oder Dritte mit der Überwachung der Ein-

haltung des Kartells beauftragen983. Die wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweise

besteht jedoch dessen ungeachtet zwischen den Kartellmitgliedern. Die Mittlungsstelle

ist insoweit nur ausführendes Organ. Da zwischen ihr und den Kartellmitgliedern in

Bezug auf denjenigen Markt, auf dem die Wettbewerbsbeschränkung erfolgt, keinerlei

Wettbewerbsverhältnis besteht, ist sie nicht zum Kreis der nach Art. 81 EG verant-

wortlichen Unternehmen zu zählen984. Sie trägt folglich keine eigenständige Verant-

wortung für das Kartell. 980 Dannecker, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 15 B VO

Nr. 17, Rn. 117; Kindhäuser, in: Frankfurter Kommentar, Art. 81, Bußgeldrechtliche Fol-gen, Rn. 84; Tiedemann, Der Allgemeine Teil des europäischen supranationalen Straf-rechts, in: Festschrift Jescheck, Band II, S. 1416, 1420.

981 Hamann, Das Unternehmen als Täter im europäischen Wettbewerbsrecht (1992), S. 185ff. 982 So auch: Dannecker, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 15 B

VO Nr. 17, Rn.117. 983 Vgl. die Konstellation in: EG Kommission, Entscheidung v. 17.2.1992 UK Tractor Re-

gistration Exchange, ABl. 1992, L 68, S. 19ff., Rn. 34. Zu dieser Frage bei § 1 GWB vgl.: Bunte, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht (2001), § 1 Rn. 74.

984 So auch: Dannecker, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 15 B VO Nr. 17, Rn. 115, 117.

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3. Kapitel - 3. Teil Neutrale Marktplätze

277

Eine Zurechnung des Verstoßes der Partner der Kartellabsprache auf die vermittelnde

Stelle kommt in diesen Fällen ebenfalls nicht in Betracht. Denn eine Zurechung von

Verstößen ist nach dem Kartellrecht nur unter engen Voraussetzungen möglich, die in

den Kartellwächterfällen nicht gegeben sind. So trifft im Konzernverbund die Verant-

wortlichkeit neben dem unmittelbar handelnden Unternehmen unter bestimmten Um-

ständen auch ein anderes Konzernunternehmen985. Darüber hinaus ist eine Zurechnung

fremden Handelns im Fall einer Rechtsnachfolge bei Umwandlung oder Eingliederung

des handelnden Unternehmens in ein anderes Unternehmen möglich986.

Eine kartellrechtliche Verantwortlichkeit unabhängiger Mittlungsstellen scheidet daher

entgegen den „Kartellwächter“-Entscheidungen der Kommission aus987.

Ebenso scheidet eine Betreiberverantwortlichkeit neutraler Marktplatzbetreiber für

Verstöße von Nutzern aus.

Auch im Falle der neutralen Internetmarktplätze liegt es nicht anders als bei den sog.

„Kartellwächterfällen“: Das neutrale Marktplatzunternehmen nimmt nämlich nicht am

Wettbewerb auf den Märkten der über den Marktplatz abgesetzten Waren und Dienst-

leistungen teil988. Eine Mitverantwortlichkeit eines neutralen Internetmarktplatzes für

Kartellabsprachen mehrerer Nutzer untereinander scheidet daher auch dann aus, wenn

die konkrete Ausgestaltung des Marktplatzes Verhaltensabstimmungen der Nutzer un-

tereinander begünstigt. Die bloße organisatorische Erleichterung fremder Verhaltens-

abstimmungen zwischen Nutzern bzw. die Erhöhung der Gefahr, dass es zu solchen

Abstimmungen kommt, ist mit dem Kartellverbot des Art. 81 EG nicht zu greifen,

weshalb eine Mitverantwortung eines neutralen Marktplatzunternehmens ausscheidet.

985 Dannecker, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 15 B VO

Nr. 17, Rn. 76ff. 986 Zur Kommissionspraxis: Dannecker, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht

(1997), Art. 15 B VO Nr. 17, Rn. 91. 987 Vgl. etwa: Dannecker, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), Art. 15 B

VO Nr. 17, Rn. 117. 988 Zur Stellung neutraler Marktplatzbetreiber: Alese, B2B exchanges and E.C. Competition

Law: 2B or not 2B?, ECLR 2001, S. 325, 328.

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3. Kapitel - 3. Teil Neutrale Marktplätze

278

2. Mitverantwortung für Verstöße von Nutzern gegen Art. 82 EG

Nicht in Betracht kommt eine Mitverantwortlichkeit eines neutralen Marktplatzes wei-

terhin bei einem Verstoß eines oder mehrerer Nutzer gegen das Verbot des Markt-

machtmissbrauchs nach Art. 82 EG. Dieser Tatbestand setzt die Marktbeherrscherei-

genschaft des Täters voraus. Eine Mitverantwortung eines nicht selbst marktbeherr-

schenden Marktplatzes für ein missbräuchliches Verhalten eines marktbeherrschenden

Marktplatznutzers kommt mangels dieser Sondereigenschaft des Marktplatzunterneh-

mens folglich nicht in Frage.

III. Beurteilung nach deutschem Kartellrecht

1. Beurteilung nach § 1 GWB

Für die Frage der Mitverantwortlichkeit des Betreiberunternehmens eines neutralen

Internetmarktplatzes in Bezug auf Verhaltenskoordinierungen zwischen Nutzern gilt

im Ergebnis das Gleiche wie im Rahmen des Art. 81 Abs. 1 EG. Da seit der 6. GWB-

Novelle dem Wortlaut nach nunmehr eindeutige Tatbestandsvoraussetzung des deut-

schen Kartellverbots das Vorliegen einer Verhaltenskoordinierung zwischen miteinan-

der in Wettbewerb stehenden Unternehmen ist989, versagt eine Heranziehung neutraler

Marktplätze als Mitverantwortliche für Kartellabkommen der Nutzer generell. Stim-

men sich Marktplatznutzer in wettbewerbsbeschränkender Weise ab, liegt im Verhält-

nis dieser Unternehmen zueinander eine nach § 1 GWB relevante Handlung. § 1 GWB

greift jedoch nicht gegenüber Dritten ein, die nicht am Wettbewerb am Produktmarkt,

für den die Verhaltensabstimmung getroffen wird, teilnehmen990. Genau dies ist bei

neutralen Marktplätzen der Fall: Marktplatzbetreiber und Nutzer stehen nicht mitein-

ander in Wettbewerb, so dass eine Mitverantwortlichkeit des Marktplatzbetreibers aus-

989 Vgl.: Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 1, Rn. 181. 990 Vgl.: OLG Stuttgart, 26.10.1984 Familienzeitschrift II, WUW/E OLG 3332, 3334.

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3. Kapitel - 3. Teil Neutrale Marktplätze

279

scheidet, auch wenn die Ausgestaltung des neutralen Internetmarktplatzes die Wett-

bewerbsbeschränkung anderer Unternehmen vermittelt oder technisch fördert991.

2. Beurteilung nach §§ 19, 20 GWB

Wie bei Art. 82 EG setzt ein Verstoß gegen § 19 GWB den Missbrauch einer eigenen

Marktbeherrschung bzw. überlegenen Marktstellung i.S.d. § 20 Abs. 2, 3 GWB vor-

aus. Die Teilnahme an einem fremden Marktmachtmissbrauch wird tatbestandlich

nicht erfasst.

C. Austausch von Marktinformationen

I. Austausch von Informationen auf der Betreiberebene

Es erfolgt kein Austausch von Wettbewerbsinformationen zwischen Wettbewerbern,

wenn ein neutraler Marktplatzbetreiber Einsicht in die Daten der Marktplatzteilnehmer

erlangt, weil dieser nicht auf dem Markt der über den Marktplatz gehandelten Güter

präsent ist. Die Kenntnisnahme von Nutzer- und Transaktionsdaten durch den Markt-

platzbetreiber ist insofern kartellrechtlich unproblematisch. Eine Mitverantwortung

des neutralen Markplatzunternehmens für Kartellabsprachen auf der Nutzerebene

kommt, wie gerade ausgeführt992, nicht in Betracht, selbst wenn die Möglichkeit des

Informationsaustauschs durch die technische Ausgestaltung der Marktplatzsoftware

begünstigt wird.

991 Vgl. zur Nichteinbeziehung Dritter in den Verbotsbereich des § 1 GWB: Bunte in: Lan-

gen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht (2001), § 1, Rn. 75. 992 Vgl dazu: 3. Kapitel, 3. Teil, D., II. und III.

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3. Kapitel - 3. Teil Neutrale Marktplätze

280

II. Austausch von Informationen auf der Nutzerebene

1. Ausgangssituation auf neutralen Internetmarktplätzen

Falls konkurrierende Nutzer einen neutralen Internetmarktplatz zu einem unzulässigen

Austausch von Wettbewerbsinformationen verwenden, sind sie hierfür nach dem Kar-

tellrecht verantwortlich.

Wie groß die Gefahr ist, dass es zu einem solchen unzulässigen Informationsaustausch

zwischen Nutzern kommt, wird vor allem davon abhängen, ob neutrale Marktplatz-

betreiber technische Sicherungen zur Verhinderung in ähnlich großem Umfang instal-

lieren, wie sich dies bei Branchenmarktplätzen beobachten lässt993.

Auf den ersten Blick ließe sich vermuten, dass der Anreiz eines neutralen Marktplatz-

betreibers, die Kosten der Implementierung einer aufwendigen Sicherheitsarchitektur

zu tragen, gering ist, weil eine (Mit-)Verantwortlichkeit seinerseits, wie gesehen, aus-

scheidet.

Andererseits hat der neutrale Marktplatzbetreiber, anders als dies bei nutzergetriebe-

nen B2B-Internetmarktplätzen der Fall sein kann, selbst auch keinen Anreiz, den In-

formationsaustausch in einem unzulässigen Maße zuzulassen.

Viel wichtiger dürfte für die Betreiber neutraler Marktplätze allerdings sein, dass das

Vertrauen der Nutzer auf die neutrale Ausgestaltung des Marktplatzes leiden würde,

wenn sie befürchten müssten, dass die Unternehmen der jeweiligen Marktgegenseite

Verhaltensabstimmungen treffen. Damit wäre gerade einer der Hauptanreize994 für die

Teilnahme an einem „neutralen“ Marktplatz aus Nutzersicht beseitigt und die Platt-

form liefe Gefahr, ihre Nutzer zu verlieren.

Eine laxe Geschäftspolitik des neutralen Plattformbetreibers in Bezug auf den Aus-

tausch von Wettbewerbsinformationen erscheint allenfalls bei einem schon bestehen-

den Marktungleichgewicht auf dem Markt der gehandelten Güter ökonomisch plausi-

bel, wenn das Marktplatzunternehmen auf die Teilnahme eines oder weniger Groß-

993 Zu den von Branchenmarktplätzen eingesetzten Sicherheitsmechanismen, vgl.: BKartA,

Beschluss v. 29.6.2001, B 5 - 51522 - U 24/01 BuyForMetals und Steel 24-7, S. 9. 994 Zur strategischen Bedeutung der Neutralität für unabhängige Marktplätze: Arndt, Erfolg-

reich auf B2B-Marktplätzen (2002), S. 70f.

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3. Kapitel - 3. Teil Neutrale Marktplätze

281

kunden angewiesen ist und dieser wirtschaftliche Druck seinen Niederschlag in der

technischen Gestaltung des Marktplatzes findet.

2. Kartellrechtliche Beurteilung

Für den Austausch wettbewerbsrelevanter Informationen auf neutralen Internetmarkt-

plätzen zwischen Nutzern derselben Marktseite sind dieselben Maßstäbe heranzuzie-

hen wie bei Branchenmarktplätzen. Denn für die Wettbewerbsschädlichkeit der Aus-

schaltung des Geheimwettbewerbs spielt die Art des Marktplatzes keine Rolle. Für die

kartellrechtliche Beurteilung ist entscheidend, von welchen Teilnehmern welche Daten

in welchem Umfang bei der Marktplatznutzung eingesehen werden können. Im Ein-

zelnen wird auf die im Zusammenhang mit Branchenmarktplätzen zusammengestell-

ten Kriterien verwiesen995. Gewährleistet werden muss, dass der Zugriff auf Informati-

onen, die über das künftige Wettbewerbsverhalten der Konkurrenten Aufschluss ge-

ben, ausgeschlossen ist996.

Verwendet der Internetmarktplatz keine oder eine nur unzureichende Sicherheits-

architektur997, so laufen die Marktplatznutzer Gefahr, durch die Nutzung gegen Art. 81

EG bzw. § 1 GWB zu verstoßen. Für die Begründung eines Kartellverstoßes ist es

nämlich unerheblich, dass die Marktplatznutzer auf die technische Ausgestaltung des

neutralen Internetmarktplatzes keinen Einfluss haben998. Es genügt, dass durch die mit

der Teilnahme verbundene Offenlegung von Marktinformationen eine Wettbewerbs-

beschränkung bezweckt oder bewirkt wird.

995 Vgl.: 3. Kapitel, 2. Teil, B, V. 996 Problematisch ist es daher, wenn die Aktivitäten der Konkurrenten auf dem neutralen In-

ternetmarktplatz von diesen wechselseitig identifiziert werden können oder der Marktplatz detaillierte Berichte über das Marktverhalten der Wettbewerber generiert und diesen zukommen lässt. Vgl. im Einzelnen: 3. Kapitel, 2. Teil, B. V.

997 Zu den technischen Sicherungsmaßnahmen: 4. Kapitel, 1. Teil., B., 2. 998 Diese Sichtweise entspricht der Beurteilung der Teilnahme an wettbewerbsbeschränken-

den Marktinformationssystemen. So wurde vom BGH im Fall Baumarktstatistiken der Verstoß gerade mit der Beteiligung an einem System von Ausschreibungen mit identifizie-render Rückmeldung begründet. Vgl.: BGH Baumarktstatistik, WuW/E BGH 1986, S. 2313, 2314.

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3. Kapitel - 3. Teil Neutrale Marktplätze

282

D. Einkaufs- und Verkaufskooperationen

I. Ausgangsituation auf neutralen Internetmarktplätzen

Verstöße sind in diesem Zusammenhang wiederum nur auf der Ebene der Marktplatz-

nutzer denkbar, da der neutrale Marktplatzbetreiber nicht am Handel über den Markt-

platz teilnimmt.

Für die Einzelheiten hinsichtlich etwaiger Anreize des Plattformbetreibers, derartige

Kooperationen von Nutzern zuzulassen, wird auf das bereits Ausgeführte verwie-

sen999: Ein Anreiz zur Bereitstellung von Mechanismen zur Nachfragebündelungen

wird für einen neutralen Marktplatz am ehesten dann gegeben sein, wenn die Nachfra-

ger aufgrund ihrer Marktstellung auf dem Gütermarkt den Marktplatz faktisch domi-

nieren, der Marktplatzbetreiber also wirtschaftlich auf deren Teilnahme angewiesen

ist, um den betreffenden Gütermarkt zu bedienen1000. Unter umgekehrten Vorzeichen

sind Anreize zur Bereitstellung von Softwarewerkzeugen zur Angebotsbündelung ge-

geben.

II. Kartellrechtliche Beurteilung

Die Nutzer neutraler Internetmarktplätze unterliegen hinsichtlich der Durchführung

von Einkaufs- oder Verkaufskooperationen den Grenzen von Art. 81 EG bzw. § 1

GWB, wie sie im Zusammenhang mit Branchenmarktplätzen erläutert wurden. Beson-

derheiten ergeben sich durch die Abwicklung über Internetmarktplätze gegenüber tra-

ditionellen Wegen der Verhaltenskoordinierung nicht. Auch neuartige, durch die

Technologie elektronischer Marktplätze ermöglichte Kooperationsformen unterfallen

unterschiedslos den herkömmlichen kartellrechtlichen Beurteilungsgrundsätzen. Des-

halb verstoßen Einkaufskooperationen im deutschen Recht oberhalb der Spürbarkeits-

999 Vgl.: 3. Kapitel, 3. Teil, A., III. 1000 Realistisch erscheint ein derartiges Szenario insbesondere dann, wenn der Markt auf der

Nachfragerseite konzentriert und auf der Abnehmerseite stark fragmentiert ist; vgl.: Gans/ King, Competition Issues Associated with B2B E-Commerce – A report on Behalf of the Australian Competition and Consumer Commission (2001), S. 14f.

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3. Kapitel - 3. Teil Neutrale Marktplätze

283

schwelle1001 gegen § 1 GWB, ggf. mit der Möglichkeit der Freistellung insbesondere

nach § 4 Abs. 2 GWB. Die Leitlinien der Kommission für Horizontalvereinbarungen

gehen von einer Unbedenklichkeit von Einkaufskooperationen aus, wenn die koope-

rierenden Nutzer einen Marktanteil von weniger als 15 % auf sich vereinen1002.

Verkaufsgemeinschaften verstoßen oberhalb der Spürbarkeitsgrenze gegen § 1 GWB

und werden durch die Horizontalleitlinien der Kommission nicht privilegiert, so dass

nach europäischem Recht ein Verstoß ebenfalls nur unterhalb der Spürbarkeitsgren-

ze1003 ausgeschlossen ist.

E. Zugangsverweigerung und Auferlegung nachteiliger Zugangsbedingun-

gen

I. Ausgangssituation auf neutralen Internetmarktplätzen

Anders als im Falle nutzergetriebener Internetmarktplätze sind Anreize zur Beschrän-

kung der Marktplatzteilnahme bei neutralen Plattformen schwer vorstellbar1004. Da die

Marktplatzunternehmen auf dem Markt der über den Marktplatz gehandelten Güter

nicht selbst aktiv sind, scheidet ein Marktmachttransfer von der Betreiber- auf die Nut-

zerebene als mögliches Kalkül aus. Der Ausschluss bestimmter Unternehmen von der

Marktplatznutzung ist vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der wirtschaftlichen

1001 So geht die Bagatellbekanntmachung von einen maximalen Marktanteil der beteiligten

Unternehmen von 5 % aus. Vgl.: BKartA, Bagatellbekanntmachung v. 8.7.1980, BAnz. Nr. 133, II.

1002 Vgl.: EG-Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EG-Vertrag auf Ver-einbarungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. 2001, C 3, S. 2, Rn. 130. Zulässig sind Nachfragebündelungen regelmäßig im Bereich der MRO-Güter, wo die zusammenge-fassten Marktanteile die genannten Obergrenzen in aller Regel unterschreiten. Dazu: Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49, 55.

1003 Zur Spürbarkeitsgrenze: EG-Kommission, Bekanntmachung der Kommission über Ver-einbarungen von geringer Bedeutung, die den Wettbewerb gemäß Artikel 81 Abs. 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft nicht spürbar beschränken (de minimis), ABl. 2001, C 368, S. 13.

1004 Immenga/Lange, Elektronische Marktplätze: Wettbewerbsbeschränkende Verhaltens-weisen im Internet?, RiW 2000, S. 733, 737.

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3. Kapitel - 3. Teil Neutrale Marktplätze

284

chen Notwendigkeit, ein möglichst großes Transaktionsvolumen zu generieren, un-

wahrscheinlich.

Konflikte mit dem Kartellrecht sind daher allenfalls in Ausnahmefällen zu erwarten.

So etwa, wenn ein neutraler Marktplatz eine marktbeherrschende Stellung auf dem

Plattformmarkt erlangt hat und durch den Ausschluss bzw. dessen Androhung unan-

gemessene Geschäftsbedingungen zu erzwingen sucht. Oder wenn er einem Unter-

nehmen die Nutzung des Marktplatzes verweigert, weil dieses zugleich Betreiber oder

Teilhaber eines konkurrierenden Internetmarktplatzes ist.

Da es sich beim Ausschluss eines Nutzungsinteressenten vom Marktplatz durch das

Betreiberunternehmen um eine einseitige Maßnahme handelt, kommt ein Verstoß nur

unter den Voraussetzungen des Marktmachtmissbrauchs, nicht aber des Kartellverbots

in Frage.

II. Kartellrechtliche Beurteilung

1. Keine Anwendbarkeit der essential facilities doctrine

Für den Fall der Nichtzulassung oder des Ausschlusses einzelner Nutzungsinteressen-

ten durch einen neutralen Marktplatzbetreiber ist zunächst die Anwendung der essen-

tial facilities doctrine nach Art. 82 EG bzw. § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB in Betracht zu

ziehen. Voraussetzung ist jeweils, dass ein Unternehmen durch die Zugangsverweige-

rung zu einer wesentlichen Einrichtung davon abgehalten wird, mit dem Betreiber der

Einrichtung auf einem von dem Markt der Einrichtung abgeleiteten Markt zu

konkurrieren1005.

Diese Konstellation ist im Falle des Zugangsbegehrens zu einem neutralen Internet-

marktplatz nicht gegeben, da der Inhaber des neutralen Marktplatzes nicht auf dem

Markt der über den Marktplatz gehandelten Güter präsent ist. Marktplatzbetreiber und

Nutzer stehen sich nicht als Konkurrenten auf diesem Markt gegenüber. Die Grundsät-

ze der essential facilities doctrine nach Art. 81 EG sowie § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB fin-

den somit keine Anwendung.

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3. Kapitel - 3. Teil Neutrale Marktplätze

285

2. Verstoß gegen das Diskriminierungs- und Ausbeutungsverbot

Einen Verstoß gegen das Verbot missbräuchlicher Verhaltensweisen könnte die geziel-

te Benachteiligung bzw. der Ausschluss einzelner Marktplatznutzer ggf. unter dem

Aspekt der Diskriminierungsalternative des Missbrauchsverbots begründen. Die Ge-

schäftsverweigerung eines marktbeherrschenden neutralen Marktplatzes gegenüber

einem Nutzungsinteressenten stellt sich als Verstoß sowohl gegen Art. 82 EG als auch

gegen §§ 19, 20 Abs. 1 GWB dar, sofern der Petent anderen bereits zum Handel zuge-

lassenen Unternehmen vergleichbar ist und ein sachlicher Grund für den Ausschluss

nicht existiert. Entsprechendes gilt für den Fall der Auferlegung ungünstigerer Zu-

gangsbedingungen. Unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 2, 3 GWB genügt wie-

derum das Bestehen einer markstarken Stellung1006.

Falls der Ausschluss der Erzwingung unangemessener Nutzungsbedingungen diente,

wäre ein solches Verhalten zudem als Ausbeutungsmissbrauch an Art. 82 lit. a) EG

bzw. § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB zu messen. Als sachliche Rechtfertigung eines Nut-

zungsausschlusses oder der Auferlegung ungünstigerer Zugangsbedingungen sind die

im Zusammenhang für Branchenmarktplätze aufgezählten Gründe entsprechend he-

ranzuziehen1007.

F. Auferlegung von Ausschließlichkeitsbindungen für die Marktplatznut-

zung

I. Ausgangssituation auf neutralen Internetmarktplätzen

Teilnahme- und Nutzungsentgelte der Marktplatzteilnehmer stellen die vorrangige

Einnahmequelle neutraler Internetmarktplätze dar. Dies bedingt, dass diese Kategorie

von Internetmarktplätzen wirtschaftlich noch stärker als Branchenmarktplätze, die

aufgrund der Unterstützung durch die Mutterunternehmen von jenen Einnahmen we- 1005 Dazu: 3. Kapitel, 2. Teil, E, IV, 1., a), (bb), (1) und 3. Kapitel, 2. Teil, E., IV., b), aa). 1006 Vgl.: 3. Kapitel, 2. Teil, E., IV., 2. Teil, b), aa), (1).

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3. Kapitel - 3. Teil Neutrale Marktplätze

286

niger abhängig sein können, auf die Sicherstellung einer ausreichenden Teilnehmer-

zahl und Transaktionsvolumens ausgerichtet sein müssen. Die Bedeutung von Bin-

dungsstrategien ist daher gerade für neutrale B2B-Marktplatze als hoch einzuschätzen.

Aus diesem Grund bestehen für neutrale Internetmarktplätze starke ökonomische An-

reize, die Nutzer durch Ausschließlichkeitsbindungen an sich zu binden.

Wie bei Branchenmarktplätzen sind vollständige Ausschließlichkeitsbindungen, die

den Nutzer verpflichten, keinen anderen Internetmarktplatz zu nutzen, denkbar,

daneben faktische Bindungssysteme in Form von Mindestumsatzklauseln oder Treue-

boni1008.

Bei derartigen Abreden zwischen Marktplatz und Nutzer handelt es sich um Vertikal-

vereinbarungen. Horizontale Vereinbarungen zur ausschließlichen Marktplatznutzung,

wie sie zwischen den Gründungsunternehmen von Branchenmarktplätzen zugunsten

des gemeinsamen Joint Ventures vorkommen können, spielen bei der neutralen

Marktplätzen zugrunde liegenden Konstellation naturgemäß keine Rolle.

Die Durchsetzbarkeit von Exklusivitätsbindungen scheint für neutrale Marktplätze im

derzeitigen Entwicklungsstadium gering zu sein. Denn neutralen Internetmarktplätzen

dürfte die Auferlegung von ausschließlichen Nutzungsbedingungen schwerer fallen als

Branchenmarktplätzen. Bei letzteren kann nämlich von den Marktplatzgründern die

Frage der (ausschließlichen) Marktplatznutzung mit dem Fortbestehen oder der Auf-

nahme von Lieferbeziehungen verknüpft werden; ein Drohpotenzial, über welches ein

neutraler Marktplatzbetreiber nicht verfügt.

II. Kartellrechtliche Beurteilung

Ausschließlichkeitsbindungen zwischen Internetmarktplatz und Marktplatznutzer stel-

len Vertikalvereinbarungen dar, die grundsätzlich bei Vorliegen der übrigen Tatbe-

standsvoraussetzungen von Art. 81 Abs. 1 EG erfasst werden. Ausschließlichkeits-

bindungen beschränken nicht nur die Freiheit der Nutzer, ihren Handel über andere

1007 Vgl.: 3. Kapitel, 2. Teil, E., IV., 1. Teil, a), bb) (3), (e). 1008 Vgl. zu den verschiedenen Möglichkeiten: Report der FTC zum Workshop „Competition

Policy in the World of B2B Electronic Marketplaces“, Part 1, S. 4f.

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3. Kapitel - 3. Teil Neutrale Marktplätze

287

Internetmarktplätze abzuwickeln, sondern wirken sich daneben mittelbar auf den

Wettbewerb zwischen den Internetplattformen aus1009. Nach der Gruppenfreistellungs-

verordnung für Vertikalvereinbarungen besteht jedoch eine Unbedenklichkeitsvermu-

tung, soweit der Marktanteil der gebundenen Unternehmen 30 % nicht überschrei-

tet.1010 Bedenklich sind Ausschließlichkeitsbindungen nach EG-Kartellrecht folglich

nur bei großer Marktmacht. Im Falle der Marktbeherrschung wird die Auferlegung

von Exklusivitätsbindungen grundsätzlich als missbräuchlich angesehen, so dass

daneben ein Verstoß gegen Art. 82 EG vorliegt, falls ein marktbeherrschender Inter-

netmarktplatz seine Nutzer bindet1011.

Nach deutschem Kartellrecht können vertikale Ausschließlichkeitsbindungen am Maß-

stab des § 16 GWB durch das BKartA untersagt werden, wenn eine wesentliche

Wettbewerbsbeschränkung vorliegt, daneben kommen ggf. §§ 19, 20 GWB zur

Anwendung. Die hierzu im Zusammenhang mit Branchenmarktplätzen erläuterten

Grundsätze1012 sind für neutrale Marktplätze entsprechend heranzuziehen.

G. Entwicklung und Verwendung technischer Standards

I. Standardisierungsaspekte im Zusammenhang mit neutralen Marktplätzen

Der Festlegung einheitlicher Datenstandards kommt für die Kommunikation zwischen

neutralem Internetmarktplatz und Marktplatznutzern dieselbe hohe Bedeutung zu, wie

dies bei Branchenmarktplätzen der Fall ist1013. Prinzipiell ergeben sich demzufolge

auch dieselben Wettbewerbsimplikationen1014. Die einseitige Entwicklung und Durch-

setzung proprietärer De-facto-Standards durch den Marktplatzbetreiber mit der mögli- 1009 Vgl. dazu im Einzelnen oben unter: 3. Kapitel, 2. Teil, F. I., 2. 1010 EG Kommission, Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 über die Anwendung von Artikel 81

Abs. 3 des Vertrages auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abge-stimmten Verhaltensweisen, ABl. 1999, L 336, S. 21, Rn. 8.

1011 Zu der enstprechenden Konstellation bei Branchenmarktplätzen vgl.: 3. Kapitel, 2. Teil, F., III., 2., b, bb).

1012 Vgl. dazu oben unter: 3. Kapitel, 2. Teil, F., III., 3., b). 1013 Siehe oben unter 3. Kapitel, 2. Teil, G., I. 1014 Zur Bedeutung der Standardsetzung vgl.: 2. Kapitel, 4. Teil, B., II., 3.

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3. Kapitel - 3. Teil Neutrale Marktplätze

288

chen Folge eines technologischen „lock-in“ der Marktplatznutzer ist im Kontext neut-

raler Marktplätze jedoch unwahrscheinlicher1015:

Während mit der Festlegung eines proprietären Standards durch die in einem Bran-

chenmarktplatz vereinigten Marktführer einer Branche auf andere Unternehmen eine

gewisse Sogwirkung entstehen mag, weil diese Unternehmen ihre Handelsbeziehun-

gen mit den Branchenführern nicht gefährden werden wollen, sind neutrale Markt-

platzbetreiber auf den betreffenden Gütermärkten nicht präsent und können eine ent-

sprechende Hebelwirkung nicht ausüben.

II. Kartellrechtliche Beurteilung

1. Teilnahme an Standardisierungsgremien

Die bloße Teilnahme des Marktplatzbetreibers an einem der nationalen und

internationalen Standardisierungsgremien unterfällt nicht dem Kartellverbot, wenn

hiermit keine Verpflichtung zur späteren Anwendung der gemeinsam entwickelten

Datenstandards verbunden ist1016. Einzig die spätere Anwendung der gemeinsam

entwickelten Standards selbst könnte zum Anknüpfungspunkt für einen Verstoß gegen

das Kartellverbot werden. Soweit die Normierungsverfahren nichtdiskriminierend,

offen und transparent bleiben, beschränken sie jedoch nicht den Wettbewerb1017. Für

die Einzelheiten wird auf die entsprechenden Ausführungen im Zusammenhang mit

Branchenmarktplätzen verwiesen1018.

1015 In diesem Sinne: Spinello, Regulating Cyberspace (2002), S. 73. 1016 Siehe dazu oben: 3. Kapitel, 2. Teil, G., III., 1., a) 1017 Vgl. etwa: EG-Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EG-Vertrag auf

Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. 2001, C 3, S. 2 , Rn. 168. 1018 Siehe dazu: 3. Kapitel, 2. Teil, G. III., 1., a) und 2., a).

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3. Kapitel - 3. Teil Neutrale Marktplätze

289

2. Einseitige Festlegung von Standards durch den Marktplatzbetreiber

Die Entwicklung und Festlegung eigener Standards durch den Betreiber eines neutra-

len Marktplatzes wird als einseitiger Akt vom Kartellverbot nicht erfasst1019. In Be-

tracht kommt für derartige Verhaltensweisen unter der Voraussetzung der Marktbe-

herrschung allein das Missbrauchsverbot unter dem Gesichtspunkt der unbilligen Be-

hinderung:

Sollte ein neutraler Marktplatz im Einzelfall genügend Marktmacht entwickeln, um

eigene proprietäre Standards durchzusetzen, kommt eine Anwendung von Art. 82 EG

und/oder §§ 19, 20 GWB dem Grundsatz nach in Betracht. Voraussetzung hierfür ist

das Vorliegen einer unbilligen Behinderung konkurrierender Plattformen oder der

Marktplatznutzer, wobei die zu Branchenmarktplätzen genannten Wertungen in die

Beurteilung einzustellen sind1020.

H. Ansätze zur materiellen Beurteilung von neutralen Internetmarktplätzen

in der Fusionskontrolle

Neutrale Marktplätze unterfallen nicht der Fusionskontrolle, wenn sie wie in den meis-

ten Fällen durch ein einziges Unternehmen gegründet werden.

Sofern im Einzelfall die Fusionskontrolle einschlägig ist, weil der Marktplatz als GU

mehrerer Unternehmen gegründet wird oder sich mehrere neutrale Marktplätze zu-

sammenschließen, ist zu untersuchen, ob der Marktplatz den Markt der Marktplatz-

dienstleistungen dominieren wird. Für diese Prognose sind die oben genannten Wir-

kungen von Ausschließlichkeitsbindungen sowie die Fragen, ob technische Standards

strategisch verwendet werden und wie wahrscheinlich das Auftreten von Netzwerkef-

fekten ist, zu berücksichtigen1021.

1019 Vereinbarungen des Marktplatzunternehmens mit anderen Marktplatzbetreibern oder ein-

zelnen Nutzergruppen über die Entwicklung von Datenstandards wären wiederum an den genannten kartellrechtlichen Maßstäben zu messen. Vgl. schon: 3. Kapitel, 2. Teil, G., III., 1., a), und 2., a).

1020 Vgl.: 3. Kapitel, 3. Teil, III. 1021 Vgl. dazu: 3. Kapitel, 2. Teil, H.

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3. Kapitel - 3. Teil Neutrale Marktplätze

290

Da die Marktplatzgründer bei neutralen Internetmarktplatzen nicht selbst am Markt

der über den Marktplatz gehandelten Güter präsent sind, besteht dagegen - anders als

bei Branchenmarktplätzen - nicht die Gefahr, dass gegenüber anderen Unternehmen

auf diesen Produktmärkten eine (gemeinsame) dominante Marktstellung der Gründer

auf- oder ausgebaut werden könnte.

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3. Kapitel - 4. Teil Private Marktplätze

291

4. Teil

Private Markplätze

A. Allgemeines

I. Begriffsbestimmung: Das Modell „privater Marktplatz“

Als private Marktplätze werden nutzergetriebene Internetmarktplätze bezeichnet, die

durch einen einzelnen Akteur einer Branche initiiert werden und auf der Marktseite

des Gründers keine weiteren Konkurrenten zum Handel zulassen. Private Internet-

marktplätze unterscheiden sich von den beiden bislang vorgestellten Marktplatzmodel-

len also darin, dass lediglich auf der einen Marktseite mehrere Marktteilnehmer zuge-

lassen sind, während auf der anderen Marktseite nur das Mutterunternehmen Handel

treibt. Es handelt sich demnach strukturell nur um „Märkte“ im weiteren Sinne1022,

denen eine One-to-many-Architektur zugrunde liegt1023.

Typischerweise werden private Internetmarktplätze von Großunternehmen als Ein-

kaufsplattformen gegründet. Diese Marktplatzinitiativen zielen vorrangig darauf ab,

das unternehmens- bzw. konzernweite Beschaffungswesen zu bündeln und die Ge-

schäftsprozesse mit bevorzugten Lieferanten zu optimieren1024. Private Marktplätze

sind für Großunternehmen zudem deshalb attraktiv, weil sie eine stärkere Kontrolle

der Zulieferer in Aussicht stellen. Sie erlauben dem Marktplatzgründer, die Handels-

prozesse mit seinen Zulieferern zu koordinieren, auf seine spezifischen Bedürfnisse

1022 Diese Unternehmen werden üblicherweise dennoch unter den Begriff des elektronischen

Marktplatzes gefasst. Statt vieler: Spinello, Regulating Cyberspace (2002), S. 73; Arndt, Erfolgreich auf B2B-Marktplätzen (2002), S. 61ff.

1023 Vgl. hierzu: Studie der Pixelpark GmbH und der TU Berlin, „Chancen und Risiken für Logistikdienstleister durch neue Beschaffungskonzepte Endbericht Teil 1“ (2002), Un-terpunkt 2.3.1.

1024 Vgl.: Forrester Research, Saving with a Big Private Hub, Studie (2001), erhältlich über http://www.forrester.com/home/0,6092,1-0,FF.html.

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3. Kapitel - 4. Teil Private Marktplätze

292

abzustimmen, um so schließlich eine Integration der gesamten Lieferkette zu errei-

chen1025.

Der Typus des privaten Marktplatzes verspricht vor allem die zügige Bewältigung der

technologischen Verknüpfungsschwierigkeiten zwischen Marktplatz und Softwaresys-

temen der Nutzer, weil hier die Anzahl der zu verknüpfenden Systeme am geringsten

ist1026. Ein weiteres Argument für die Entscheidung, einen eigenen privaten B2B-

Marktplatz aufzubauen und gegen die Beteiligung an einem Branchenmarktplatz, liegt

in der Erwägung begründet, auf diese Weise die Kontrolle über sensible Informationen

hinsichtlich der unternehmensübergreifenden Prozesskoordinierung und der Abwick-

lung von Transaktionen nicht in die Hand Dritter gelangen zu lassen1027.

Andererseits geht mit der Entscheidung für einen privaten Marktplatz der Verzicht auf

spezifische Vorteile von offenen Internetmarktplätzen, wie die Erwartung hoher Netz-

werkeffekte oder die Nutzung von Werkzeugen zur Entwicklungszusammenarbeit

zwischen Wettbewerbern, einher1028.

II. Beispiele für private Internetmarktplätze und Marktpositionierung

In zahlreichen Branchen finden sich Unternehmen, die ein Tochterunternehmen mit

dem Aufbau eines eigenen privaten Internetmarktplatzes betraut haben.

Typische Beispiele privater Marktplätze mit dem Ziel einer verbesserten Zuliefereran-

bindung finden sich wiederum in der Automobilbranche. Ein solcher Marktplatz ist

der im November 2001 von Volkswagen vorgestellte private Marktplatz VW Group

1025 Arndt, Marktplätze: Private B2B Exchanges auf dem Vormarsch?, abrufbar unter:

http://www.ecin.de/spotlight/2001/05/30/02139/. 1026 Nach einer Studie von Forrester Research spricht für die Entscheidung des Aufbaus einer

eigenen privaten Handelsplattform die Überschaubarkeit der Investitionen und die Er-wartung günstiger Investitionsrenditen, die der Studie zufolge zwischen 140 % und 1800 % in fünf Jahren liegen können. Forrester Research, Saving with a Big Private Hub, Studie (2001), erhältlich über http://www.forrester.com/home/0,6092,1-0,FF.html.

1027 Spinello, Regulating Cyberspace (2002), S. 73. 1028 Vgl. zu den verschiedenen Strategien: Schmidt, Nach der Begeisterung über Branchen-

plattformen konzentrieren sich die Unternehmen jetzt auf private Online-Marktplätze, FAZ v. 1.3.2001, S. 29.

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3. Kapitel - 4. Teil Private Marktplätze

293

Supply.Com1029. Der Konzern beabsichtigt, sein gesamten Beschaffungsvolumen von

50 Milliarden Euro über diesen Marktplatz abzuwickeln1030. Im marktplatzeigenen

Katalogeinkauf können nach Unternehmensangaben weltweit 6.000 Mitarbeiter rund

675.000 Artikel bei 512 Lieferanten bestellen1031. Darüber hinaus erlaubt der Markt-

platz den Teilnehmern, sich zeitgleich über Bedarf und Kapazitäten auszutauschen und

hierdurch Lager- und Frachtkosten einzusparen1032. Bis Ende April 2002 wurde bereits

ein Volumenumsatz von 15 Mrd. EUR erreicht.

Ein weiteres Beispiel eines privaten Marktplatzes bildet der von General Electric (GE)

gegründete Internetmarktplatz Global Supplier Network (GSN), über den GE mit rund

40 000 Lieferanten Handel betreibt. Bei einem Warenumsatz von 20 Mrd. USD erga-

ben sich im Jahre 2001 für das Unternehmen durch den Einsatz der Plattform ge-

schätzte $ 1,6 Mrd. an Einsparungen1033.

III. Generelle Einschätzung der kartellrechtlichen Implikationen

Die Zahl der möglichen kartellrechtlichen Problemfelder ist beim Typus des privaten

Internetmarktplatzes am geringsten. Auf der Betreiberebene scheidet kollusives Ver-

halten aus, weil der Marktplatz von einem Einzelunternehmen betrieben wird. Die

Anwendung der Fusionskontrolle auf die Marktplatzgründung scheidet aus dem glei-

chen Grund aus. Auf der Nutzerebene sind Kartellrechtsverstöße deshalb unwahr-

scheinlich, weil der Marktplatzinhaber selbst einen starken Anreiz hat, bei der Gestal-

tung der Plattform darauf zu achten, dass derartige Verhaltensweisen über den Markt-

platz technisch ausgeschlossen bleiben. Dieses Interesse folgt daraus, dass die mit ihm

über den Marktplatz handelnden Unternehmen allesamt der Marktgegenseite angehö-

1029 http://www.vwgroupsupply.com. 1030 Zunke, Und es gibt sie doch - erfolgreiche Marktplätze, acquisa, Heft 2/2002, Artikel ab-

rufbar unter: http://www.competence-site.de. 1031 Stand 29.8.2002, aktuelle Zahlen unter: http://www.vwgroupsupply.com/VWPortal/ Na-

vigation? ItemName=vw.DerMarktplatz.Leitlinien. 1032 Zunke, Und es gibt sie doch - erfolgreiche Marktplätze, acquisa, Heft 2/2002. 1033 Spinello, Regulating Cyberspace (2002), S. 73.

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3. Kapitel - 4. Teil Private Marktplätze

294

ren, so dass eine Verhaltenskoordinierung zwischen diesen Unternehmen zu Lasten

des Marktplatzinitiators gehen würde.

Mögliche Reibungspunkte mit dem Kartellrecht ergeben sich demzufolge einzig im

Hinblick auf die Nutzung des Internetmarktplatzes als Mittel zur Festigung oder zum

Ausbau einer bereits vorher bestehenden starken Marktstellung des Gründungsunter-

nehmens.

Typischerweise werden private Internetmarktplätze nämlich, wie bereits erwähnt, von

Großunternehmen zur Anbindung ihrer Zulieferer und/oder Abnehmer aufgebaut. Der

Marktplatzgründer steht dabei regelmäßig einer Vielzahl von weniger marktmächtigen

Unternehmen gegenüber, weshalb für ihn ein Anreiz besteht, Transaktionsmechanis-

men auf dem Internetmarktplatz zu verwenden, die Einsatz geeignet sind, seine

Marktmacht zu stärken. So wird zum Teil vertreten, dass vor allem durch die Verwen-

dung von Online-Auktionen und Online-Ausschreibungen sich die Verhandlungs-

macht zugunsten des Initiators verschieben lässt1034.

B. Austausch von Marktinformationen

Ein unzulässiger Austausch von sensiblen Marktdaten zwischen Wettbewerbern ist auf

der Betreiberseite nicht zu befürchten, da private Marktplätze durch ein Einzelunter-

nehmen betrieben werden. Theoretisch denkbar ist ein Verstoß allein auf der Ebene

der Marktplatznutzer, der nach den oben dargestellten Grundsätzen1035 zu behandeln

wäre. Jedoch ist ein solcher Austausch zwischen Unternehmen, die der Marktge-

genseite des Marktplatzgründers angehören, äußerst unwahrscheinlich. Denn der

Marktplatzgründer wird im eigenen Interesse bei der Marktplatzgestaltung allergröß-

ten Wert darauf legen, Teilnahmemodalitäten und Transaktionsroutinen so auszuges-

talten, dass ein Informationsaustausch zwischen diesen Unternehmen, welcher ihm

zum Nachteil gereichen könnte, unterbleibt.

1034 Heydenreich, Online-Auktionen, in: Hermanns/Sauter (Hrsg.), Online-Auktionen – Ver-

handlungen in der Neuen Wirtschaft (2001), S. 551f. 1035 Vgl.: 3. Kapitel, 2. Teil, B., III.

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3. Kapitel - 4. Teil Private Marktplätze

295

Kartellrechtlich relevant könnte einzig die Weitergabe von Informationen über ange-

bundene Lieferanten und Abnehmer durch das Marktplatzunternehmen an den Markt-

platzgründer sein: Soweit ein marktbeherrschendes Mutterunternehmen sich durch den

Plattformbetrieb weitgehende Einsicht in die internen Geschäftsprozesse seiner Zulie-

ferer/Abnehmer verschafft und dieses Wissen über seine angeschlossenen Handels-

partner zu deren Ausbeutung nutzt, wäre dieses Verhalten als missbräuchlich im Sinne

von Art. 82 EG, § 19 GWB zu bewerten1036.

C. Einkaufs- und Verkaufskooperationen

Die Frage von Einkaufskooperationen stellt sich in Zusammenhang mit privaten Inter-

netmarktplätzen zumeist nicht, weil diese Marktplätze in aller Regel dem Marktplatz-

gründer als Beschaffungsplattform dienen und auf der Marktseite des (einkaufenden)

Gründungsunternehmens regelmäßig keine weiteren Unternehmen zur Marktplatznut-

zung zugelassen sind. Gegen wettbewerbswidrige Kooperationen zwischen den ange-

bundenen Lieferanten oder Abnehmern wird der Marktplatzgründer sich im eigenen

Interesse bei der technischen Ausgestaltung des Internetmarktplatzes absichern.

Kommt es dennoch zu Einkaufs- oder Verkaufskooperationen zwischen mehreren an-

gebundenen Unternehmen, so gelten die oben herausgearbeiteten Grundsätze1037.

D. Zugangsverweigerung und Auferlegung nachteiliger Zugangsbedingun-

gen

I. Ausgangssituation auf privaten Marktplätzen

Private Marktplätze sind auf die Anbindung der Zulieferer bzw. Abnehmer desjenigen

Unternehmens ausgerichtet, welches den Marktplatz gegründet hat. Anders als bei

1036 Zur Relevanz des Missbrauchsverbots durch die Preisgabe wettbewerbsrelevanter Infor-

mationen an marktbeherrschende Plattformbetreiber vgl.: Koenig/Kulenkampff/Kühling/ Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 248.

1037 Vgl. schon: 3. Kapitel, 2. Teil, C., III und IV; 3. Kapitel, 2. Teil, D, III.

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3. Kapitel - 4. Teil Private Marktplätze

296

Branchenmarktplätzen, bei denen die elektronische Abbildung gesamter Gütermärkte

oder beträchtlicher Ausschnitte hiervon durchaus wahrscheinlich ist, führen private

Marktplätze prinzipiell zu Insellösungen:

Private Internethandelsplattformen sind ein Beschaffungs- bzw. Absatz- und Prozess-

optimierungsinstrument in der Hand eines Unternehmens mit nur einzelnen Marktele-

menten. Die Ausschließungsproblematik ist in diesem Umfeld aus kartellrechtlicher

Perspektive wenig relevant, weil mit dem Ausschluss von einem privaten Marktplatz

regelmäßig nicht der Zugang zu den Absatz- oder Beschaffungsmärkten erschwert

wird, wie dies bei Branchenmarktplätzen, auf denen ein Großteil der wichtigen Ge-

schäftspartner Handel betreibt, der Fall sein kann.

II. Ausschluss von Wettbewerbern

Private Internetmarktplätze sind dadurch gekennzeichnet, dass sie Konkurrenten gene-

rell nicht zum Markt zulassen und die Zugangsverweigerung gegenüber einem Wett-

bewerber daher selbst unter der Voraussetzung der Marktbeherrschung keinen Diskri-

minierungsmissbrauch darstellen kann. Theoretisch ist hier wie schon beim Zugangs-

begehren von Konkurrenten der Gründer eines Branchenmarktplatzes ein Zugangsan-

spruch unter den Voraussetzungen des § 19 Abs. 4 S. 4 GWB und des Art. 82 EG in

der Fallgestaltung essential facilities möglich1038. Faktisch wird ein derartiger An-

spruch nach den oben genannten Gesichtspunkten zumindest derzeit ausscheiden1039,

weil grundsätzlich die Möglichkeit des Aufbaus einer eigenen Internetmarktplattform

(Aspekt der Duplizierbarkeit) oder der Teilnahme an einer anderen offenen Internet-

handelsplattform bzw. der Nutzung anderer Handelskanäle (Kriterium der Substituier-

barkeit) besteht.

1038 Eine ähnliche Konstellation lag dem bereits mehrfach erwähnten Fall London Europe-

an/Sabena zugrunde, in dem ein kleines Luftfahrtunternehmen Zugang zum Computerre-servierungssystem eines Konkurrenten begehrte. EG-Kommission, Entscheidung v. 4.11.1988, London European/Sabena, ABl. 1988, L 317, S. 47ff.

1039 Vgl.: 3. Kapitel, 2. Teil, E., IV., 1., a), bb), (3), (c )-(d), (f) und b), bb), (4).

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3. Kapitel - 4. Teil Private Marktplätze

297

III. Ausschluss oder Diskriminierung von Unternehmen der Marktgegenseite

Der gezielte Ausschluss von Lieferanten oder Zulieferern von der Nutzung eines pri-

vaten Marktplatzes wird nur in den Fällen eine Rolle spielen, in denen der Marktplatz-

gründer auf eine Lieferbeziehung mit dem betreffenden Unternehmen grundsätzlich

verzichtet1040. Der Ausschluss stellt sich demnach als Fall der Geschäftsverweigerung

dar. Kartellrechtlich problematisch ist er nur nach dem Missbrauchsverbot unter der

Voraussetzung der Marktbeherrschung des Plattforminhabers1041. Gezielten Diskrimi-

nierungen bestimmter Lieferanten und Abnehmer sind entsprechende Grenzen gesetzt.

Für die Einzelheiten zur Beurteilung der Missbräuchlichkeit von Geschäftsverweige-

rung und Diskriminierung wird auf das oben Ausgeführte verwiesen1042.

Eine Berufung auf die essential facilities doctrine scheidet für Unternehmen der

Marktgegenseite des Marktplatzinhabers aus. Es liegt nämlich nicht die für die An-

wendung dieser Fallgestaltung nach § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB bzw. Art. 82 EG erforder-

liche Grundkonstellation vor, nach welcher der Zugang zu einer Einrichtung eines Un-

ternehmens begehrt wird, mit dem der Zugangspetent auf einem abgeleiteten Markt in

Wettbewerb steht oder treten möchte1043.

E. Auferlegung von Ausschließlichkeitsbindungen für die Marktplatznut-

zung

Für private Internetmarktplätze ist das Gewinnen möglichst vieler Nutzer kein vorran-

giges Unternehmensziel. Sie zielen in erster Linie auf die Verlagerung bestehender

Geschäftsbeziehungen zwischen dem Gründungsunternehmen und seinen Zulieferern

1040 Besteht nämlich ein grundsätzliches Interesse an einer Geschäftsbeziehung, wäre es wi-

dersinnig, auf die Effizienzsteigerungen durch den eigens aufgebauten Marktplatz zu verzichten.

1041 Für das deutsche Recht ist wiederum § 20 Abs. 2 GWB zu beachten, nach demzufolge das Bestehen einer marktstarken Stellung für einen Verstoß ausreicht.

1042 Vgl.: 3. Kapitel, 2. Teil, E., IV., 2., a) und b) 1043 Im Einzelnen vgl.: 3. Kapitel, 2. Teil, E, IV, 1., a), bb) und b), aa).

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3. Kapitel - 4. Teil Private Marktplätze

298

und/oder Abnehmern auf die Ebene des elektronischen Handels1044. Strategische An-

reize für Ausschließlichkeitsbindungen spielen daher für private Internetplattformen

kaum eine Rolle.

Soweit Exklusivitätsabreden zwischen Marktplatz und Nutzern unter diesen Voraus-

setzungen überhaupt eine Rolle spielen können, gelten wiederum die schon im Zu-

sammenhang mit den Branchenmarktplätzen erläuterten Grundsätze1045.

F. Entwicklung und Verwendung technischer Standards

I. Standardisierungsaspekte im Zusammenhang mit privaten Internetmarktplät-

zen

Entsprechend dem zu Branchenmarktplätzen und neutralen Internetmarktplätzen Ge-

sagten1046, stößt die Teilnahme der Betreiber privater Internetmarktplätze an den aktu-

ellen Standardisierungsinitiativen1047 in ihrer gegenwärtigen Ausgestaltung nicht auf

kartellrechtliche Bedenken.

II. Einseitige Festlegung von Standards durch den Marktplatzbetreiber

Proprietäre Datenstandards finden bei privaten Internetmarktplätzen recht häufig An-

wendung. Da sich aus der Sicht des Betreiberunternehmens die Investitionen für den

elektronischen Marktplatz durch die erhofften Effizienzsteigerungen der Online-

Anbindung der Handelspartner legitimieren, spielt die Frage der Generierung von

Netzwerkeffekten für private Internetmarktplätze keine zentrale Rolle. Ein Anreiz,

proprietäre Standards als Instrument zur Generierung von Netzwerkeffekten einzuset-

1044 Vgl.: Alese, B2B exchanges and E.C. Competition Law: 2B or not 2B?, ECLR 2001,

S. 325, 326; Arndt, Marktplätze: Private B2B Exchanges auf dem Vormarsch?; Zunke, Und es gibt sie doch - erfolgreiche Marktplätze, acquisa, Heft 2/2002.

1045 Vgl.: 3. Kapitel, 2. Teil, F. 1046 Dazu unter : 3. Kapitel, 2. Teil, G; 3. Kapitel, 3. Teil, G. 1047 Dazu: 2. Kapitel, 4. Teil, B, II., 3., a).

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3. Kapitel - 4. Teil Private Marktplätze

299

zen - wie es bei nutzergetriebenen Internetmarktplätzen denkbar ist-, besteht für den

Betreiber eines privaten Internetmarktplatzes deshalb nicht1048.

Ein Verstoß gegen das Verbot missbräuchlicher Marktbeherrschung nach Art. 82 EG

bzw. § 19 GWB sowie § 20 GWB ist in diesem Zusammenhang allein in den Fällen

denkbar, in denen ein ohnehin schon dominanter (oder im Rahmen des § 20 GWB

„marktstarker“) Marktplatzgründer die Standardsetzung als Mittel zur missbräuchli-

chen Ausnutzung seiner marktbeherrschenden Stellung nutzt.

1048 Wohl aber wäre langfristig zu untersuchen, inwieweit durch eine technologische Bindung

der Unternehmen der Marktgegenseite durch den Einsatz privater Marktplätze Zutritts-schranken gegenüber potenziellen Konkurrenten des Marktplatzinhabers aufgebaut wer-den können. Die mit den Zulieferern getroffenen Vereinbarungen zur Verfestigung der Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungskette können dann als Vertikalvereinbarung nach Art. 81 Abs. 1 EG relevant werden. Der Einfluss schlanker Zulieferstrukturen und der Erhöhung des Koordinierungsgrades der Wertschöpfungskette unter Ausnutzung da-tentechnischer Vernetzung auf die Marktzutrittsschranken ist in Bezug auf seine kartell-rechtliche Relevanz bereits von Strittmatter untersucht worden. Vgl.: Strittmatter, Markt-zutrittsschranken durch schlanke Zulieferstrukturen und Art. 85 EGV (1996).

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4. Kapitel - 1. Teil Rechtstats. Aspekte - Technische und organisatorische Vorkehrungen

300

4. Kapitel

Rechtstatsächliche Aspekte

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4. Kapitel - 1. Teil Rechtstats. Aspekte - Technische und organisatorische Vorkehrungen

301

1. Teil

Technische und organisatorische Vorkehrungen für B2B-

Internetmarktplätze zur Verhinderung von Kartellrechts-

verstößen

A. Notwendigkeit technischer und organisatorischer Sicherungen

Die Untersuchung hat ergeben, dass sich bei der Gründung und der Nutzung elektroni-

scher B2B-Marktplätze im Internet kartellrechtliche Missbrauchspotenziale ergeben

können. Diese Konfliktpotenziale gründen jedoch nicht in der Natur dieser Handels-

plattformen an sich, sondern hängen maßgeblich vom Betreibermodell, von der Art

und Weise der technischen und organisatorischen Ausgestaltung des Marktplatzes so-

wie von der Regelung der Nutzungsverhältnisse ab. Auf der Basis der bisherigen Ent-

scheidungspraxis der Kartellbehörden und der Ergebnisse dieser Untersuchung sollen

nachfolgend einige Gestaltungsempfehlungen für die Marktplatzgestaltung zusam-

mengestellt werden, mit deren Hilfe sich kartellrechtliche Risiken verringern lassen.

B. Vorkehrungen zur Verhinderung unzulässigen Informationsaustausches

I. Branchenmarktplätze

1. Verhinderung unzulässigen Informationsflusses zwischen Marktplatzunter-

nehmen und Gründungsunternehmen

Ohne die Vornahme technischer und organisatorischer Vorkehrungen zur Verhinde-

rung eines unzulässigen Informationsaustauschs laufen die am Aufbau eines Bran-

chenmarktplatzes beteiligten Unternehmen Gefahr, gegen das Kartellrecht zu versto-

ßen oder bereits im Gründungsstadium im Rahmen der Fusionskontrolle eine Blocka-

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4. Kapitel - 1. Teil Rechtstats. Aspekte - Technische und organisatorische Vorkehrungen

302

de des Vorhabens zu riskieren. Die Kartellbehörden haben deutlich gemacht, Markt-

platzvorhaben ohne entsprechende Sicherungen nicht zu tolerieren1049.

Eine solche Vorkehrung, um einen unbeschränkten Datenaustausch zwischen den

Mutter- und dem Marktplatzunternehmen zu vermeiden, besteht in der strikten organi-

satorischen Trennung dieser beiden Ebenen1050. Die Errichtung einer solchen sog. chi-

nese wall beinhaltet in technischer Hinsicht die Abschirmung der vertraulichen Ge-

schäftsdaten des Marktplatzunternehmens gegenüber den Gründern1051. Diesen wird

kein Zugriff auf die EDV-Anlagen und sonstigen Kommunikationssysteme des

Marktplatzunternehmens und keine Einsicht in eventuell gespeicherte Daten der über

den Marktplatz abgewickelten Transaktionen gewährt. Es ist weiterhin sicherzustellen,

dass den von Mutterunternehmen in den Vorstand des Marktplatzunternehmens ent-

sandten Personen kein Zugriff auf sensible Geschäftsdaten möglich ist1052. Auch die

räumliche Trennung von Tochterunternehmen und den Gründern trägt, wie im Fall

Volbroker, zur Verringerung etwaiger Bedenken der Wettbewerbsbehörden bei1053.

Die Vermeidung unerwünschten Informationsflusses lässt sich auf personeller Ebene

vor allem dadurch sichern, dass zwischen Geschäftsleitung und Personal des Markt-

platzunternehmens und den Muttergesellschaften keinerlei vertragliche oder sonstige

Verpflichtungen bestehen1054. 1049 Vgl.: die Stellungnahme des Präsidenten des BKartA, Böge, Elektronische Marktplätze

und Kartellrecht, Vortrag beim 9. St. Gallener Kartellrechtsforum 26.4.2002, S. 9, vgl. weiterhin: Entscheidung des BKartA v. 26.1.2001, B 3 - 25130 - U - 110/00, S. 10; Ent-scheidung des BKartA v. 23.20.2000, B 3 - 72303 - U - 76/00; Negativattest der Kom-mission im Fall Volbroker.com, vgl.: EG-Kommission, Pressemitteilung v. 31.7.2000, IP/00/896;

1050 So z.B. bei Volbroker.com: Negativattest der Kommission im Fall Volbroker.com, vgl. EG-Kommission, Pressemitteilung v. 31.7.2000.

1051 Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49, 54f.; abzulehnen ist daher die Ansicht von Krone, der derartige Vorkehrungen wohl nicht für erforderlich erachtet. Vgl. Krone, Horizontale Markttransparenz im Zeitalter einer Informationsgesellschaft, S. 160

1052 Ahlborn/Seeliger, EG-kartellrechtliche Probleme bei Unternehmenskooperationen im Internet, EuZW 2001, S. 552, 557.

1053 Negativattest der Kommission im Fall Volbroker.com, vgl.: EG-Kommission, Pressemit-teilung v. 31.7.2000.

1054 So die Zusage von Volbroker.com gegenüber der EG-Kommission, vgl.: EG-Kommission, Pressemitteilung v. 31.7.2000.

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4. Kapitel - 1. Teil Rechtstats. Aspekte - Technische und organisatorische Vorkehrungen

303

Den Gründungsunternehmen von Branchenmarktplätzen ist jedoch in aller Regel dar-

an gelegen, den Aufbau des Internetmarktplatzes durch eigene Angestellte durchfüh-

ren zu lassen1055. Dies wird wegen des benötigten branchenspezifischen Know-how

oftmals auch erforderlich sein. Die Kommission hat diesem Erfordernis dadurch

Rechnung getragen, dass sie im Fall chemplorer die Entsendung von Mitarbeitern der

Muttergesellschaften für eine Aufbauphase von drei Jahren genehmigt hat1056. Der

Schutz vor einer Weitergabe vertraulicher Informationen muss dann vor allem bei

Rückkehr dieser Mitarbeiter zu den Mutterunternehmen gewährleistet sein, was durch

die Auferlegung von Verschwiegenheitspflichten aber auch durch eine Freistellung der

Angestellten für eine Übergangszeit erreicht werden kann. Nach Ablauf dieser Über-

gangszeit sind vertrauliche Informationen, von denen die betreffende Person Kenntnis

erlangt hatte, weitestgehend veraltet, so dass deren Preisgabe kartellrechtlich weniger

problematisch ist1057.

2. Vermeidung unzulässigen Informationsflusses bei der Abwicklung von Trans-

aktionen

Die Gefahr eines Kartellrechtsverstoßes bei der Abwicklung von Transaktionen lässt

sich minimieren, wenn es gelingt, den Fluss identifizierender Marktdaten auf das Aus-

tauschverhältnis zwischen Anbieter und Nachfrager als Nichtkonkurrenten zu be-

schränken, Wettbewerbern untereinander also kein Zugang zu diesen Daten gewährt

wird.

Um dies zu erreichen, werden in der Praxis mittlerweile eine Reihe technischer Vor-

kehrungen getroffen1058. Hierzu zählt die Verwendung von Passwörtern und die Ver-

1055 Vgl. etwa: EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.2096 Bayer/Deutsche Telekom/Infraserv/JV,

Entscheidung nach Art. 6 Abs. lit. 1 b) FKVO, S. 6. 1056 EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.2096 Bayer/Deutsche Telekom/Infraserv/JV, Entschei-

dung nach Art. 6 Abs. lit. 1 b) FKVO, S. 6. 1057 Ahlborn/Seeliger, EG-kartellrechtliche Probleme bei Unternehmenskooperationen im

Internet, EuZW 2001, S. 552, 557. 1058 Vgl. etwa: EG-Kommision, Fall Nr. IV/M.2398 Linde/Jungheinrich/JV Supralift, CE-

LEX-DokNr. 301M2398, S. 4.

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4. Kapitel - 1. Teil Rechtstats. Aspekte - Technische und organisatorische Vorkehrungen

304

schlüsselung bzw. Anonymisierung der den Marktplatz durchlaufenden Daten. Nach

einer Studie des Fraunhofer-Instituts verfügen beinahe alle Marktplätze über einen

Passwortschutz, knapp die Hälfte der Anbieter verwendet Verschlüsselungstechni-

ken1059. Daneben wird den Nutzern oft vertraglich die Bindung an entsprechende Ver-

haltenskodizes auferlegt1060. Gegen ein unbefugtes Anzapfen der Informationen durch

Dritte schützen ebenfalls Verschlüsselungstechniken1061. Um sicherzustellen, dass der

für eine Transaktion notwendige Austausch von Informationen nicht zwischen Wett-

bewerbern, sondern lediglich im Vertikalverhältnis zwischen Anbietern und Nachfra-

gern erfolgt, werden in der Regel Zugangsbarrieren (sog. firewalls) eingerichtet1062.

Häufig werden für Unternehmen bei der erstmaligen Marktplatzteilnahme Nutzerprofi-

le erstellt, anhand derer der Marktplatz erkennen kann, ob das Unternehmen als Anbie-

ter oder Nachfrager auf einem bestimmten Gütermarkt auftritt. Durch eine Segmentie-

rung des Informationsflusses beim Marktplatzbetrieb kann dann sichergestellt werden,

dass z.B. nur Nachfrager Zugriff auf die verschiedenen Angebote und Preislisten der

Verkäufer haben, diese aber untereinander nicht.

Probleme wirft ein derartiges Vorgehen mitunter auf, wenn ein Unternehmen auf ei-

nem Marktplatz als Verkäufer und zugleich als Käufer teilnimmt1063. Die Frage, auf

welche Daten diese Teilnehmer zugreifen dürfen, muss dann davon abhängen, in wel-

cher Funktion (Käufer oder Verkäufer) das Unternehmen gerade am Markt auftritt1064.

1059 Fraunhofer Institut Arbeitswirtschaft und Organisation, Marktstudie Marktplätze (2000),

S. 41. 1060 EG-Kommission, Fall Nr. IV/M. 2172 Babcock/Borsig/MG Technologies/SA/ ec4ec, CE-

LEX-DokNr. 300M2172, S. 4. Vgl. auch: Immenga/Lange, Elektronische Marktplätze: Wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen im Internet?, RiW 2000, S. 733, 737; in diesem Sinne: Correia, Antitrust Issues in Creating and Joining E-Commerce “B2B” Ex-changes, S. 4, abrufbar unter: http://www.lw.com/resource/Publications/ClientAlerts/ _pdf/ alert115.pdf.

1061 Vgl. etwa: Gassner, Internet-Handelsplattformen im Spiegel des Kartellrechts, MMR 2001, S. 140, 142f.

1062 Vgl. zum Einsatz von technischen Zugangsbarrieren: Report zum Workshop der FTC „Competition Policy in the World of B2B Electronic Marketplaces“, Part 3, S. 11f.

1063 Zu dieser Frage: Ahlborn/Seeliger, EG-kartellrechtliche Probleme bei Unternehmens-kooperationen im Internet, EuZW 2001, S. 552, 557.

1064 Ob das Problem tatsächlich schon dadurch entschärft wird, dass Einkäufer und Verkäufer innerhalb eines Unternehmens meist nicht personenidentisch sein werden, scheint ange-

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4. Kapitel - 1. Teil Rechtstats. Aspekte - Technische und organisatorische Vorkehrungen

305

II. Neutrale und private Internetmarktplätze

Bei der Nutzung neutraler Marktplätze müssen Marktplatznutzer, um für sich das Ri-

siko eines Verstoßes zu vermeiden, vor der Marktplatzteilnahme sicherstellen, dass

eine Teilnahme nur an Internetmarktplätzen erfolgt, die eine unzulässige Offenlegung

von Marktdaten bei der Abwicklung von Transaktionen durch Maßnahmen wie die

oben1065 Geschilderten technisch ausschließen. Gleiches gilt prinzipiell für die Teil-

nahme an privaten Marktplätzen, wobei hier die Abschirmung sensibler Daten bei der

Transaktionsabwicklung schon im Interesse des Marktplatzgründers selbst erfolgen

wird. Dieser setzt sich andernfalls der Gefahr aus, Verhaltensabstimmungen zwischen

seinen Zulieferern oder Abnehmern zu begünstigen, welche sich zu seinem Nachteil

auswirken würden.

Die Weitergabe von Informationen durch einen privaten Marktplatz an das Grün-

dungsunternehmen begegnet aus der Perspektive des Kartellverbots keinen Beden-

ken1066, weswegen die unter I. erläuterten Sicherungsmaßnahmen bei diesem Markt-

platzmodell nicht erforderlich sind. Mangels Wettbewerbsverhältnis von Marktplatz-

unternehmen und Nutzern stellt sich die Frage bei neutralen Marktplätzen ebenfalls

nicht.

III. Gewährleistung der Vertraulichkeit von Marktdaten als Daueraufgabe

Auch wenn sich Kartellbehörden und Literatur weitestgehend darin einig sind, dass

durch technische Sicherungsmaßnahmen das den Internetmarktplätzen immanente Ri-

siko eines unzulässigen Informationsaustauschs minimiert werden kann1067 und die

sichts der unternehmensinternen Kommunikationsmöglichkeiten fraglich. So aber wohl: Ahlborn/Seeliger, EG-kartellrechtliche Probleme bei Unternehmenskooperationen im In-ternet, EuZW 2001, S. 552, 557.

1065 Vgl. unter: 4. Kapitel, 1. Teil, B., I., 2. 1066 Problematisch kann dies allein unter dem Aspekt des Ausnutzens einer Marktbeherr-

schung werden. Dazu oben: 3. Kapitel, 4. Teil, B. 1067 Vgl. etwa: Bloch/Perlman, Analysis of Antitrust Issues Raised by B2B Exchanges, Stel-

lungnahme für den Workshop der FTC „Competition Policy in the World of B2B Elec-

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4. Kapitel - 1. Teil Rechtstats. Aspekte - Technische und organisatorische Vorkehrungen

306

Mehrzahl der Marktplätze entsprechende Vorkehrungen bereits getroffen hat1068, führt

dies nicht per se zu einer dauerhaften Kartellrechtsfestigkeit elektronischer Marktplät-

ze1069. Zum einen ist es dem Marktplatzbetreiber später ohne weiteres möglich, die

technischen Sicherungen oftmals durch geringfügige Modifikation der Marktplatz-

software auszuschalten oder zu verändern. Zum anderen garantiert keine der techni-

schen Sicherungen absoluten Schutz: Passwörter können ausspioniert oder unautori-

siert weitergegeben, Verschlüsselungen dekodiert und Zugangsbarrieren umgangen

werden. Ein unzulässiger Informationsaustausch durch Umgehung bestehender Siche-

rungen lässt sich nicht vollständig und endgültig ausschließen. Ein weiterer zu berück-

sichtigender Faktor ist, dass solche technischen Sicherungen regelmäßig veralten und

bereits nach kurzer Zeit mit geringem Aufwand zu umgehen sind, selbst wenn sie zum

Zeitpunkt der Installation als sicher gelten durften. Die Implementierung einer effekti-

ven Sicherheitsarchitektur ist folglich eine Daueraufgabe. Kartellrechtliche Risiken

lassen sich auf lange Sicht nur minimieren, wenn dem jeweiligen Stand der Technik

entsprochen wird.

C. Ausgestaltung der Nutzerverhältnisse

I. Branchenmarktplätze

Für Branchenplattformen dringen EG-Kommission und BKartA von vornherein dar-

auf, dass der Zugang für Nutzungsinteressenten grundsätzlich „offen“ und nichtdis-

tronic Marketplaces“, S. 10, abrufbar unter: http://www.ftc.gov./bc/b2b/comments/ index.htm; Lücking, B2B e-marketplaces and EC competition law: where do we stand?, Competition News Letter, 2001, Nr. 3, S. 14, 15; Stroud, B2B E-Marketplaces, The Emerging Competition Law Issues, World Competition, 2001, S. 125, 132.

1068 Zu den verschiedenen Sicherungsvorkehrungen vgl.: Report der FTC zum Workshop „Competition Policy in the World of B2B Electronic Marketplaces“, Part 3, S. 11.

1069 In diesem Sinne: Böge, Ist das deutsche Kartellrecht für elektronische Marktplätze noch zeitgemäß?, in: Recht, Wettbewerb und e-Commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 39, 44f.; a.A. wohl: Gassner, Internet-Handelsplattformen im Spiegel des Kartell-rechts, MMR 2001, S. 140, 142.

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4. Kapitel - 1. Teil Rechtstats. Aspekte - Technische und organisatorische Vorkehrungen

307

kriminierend ausgestaltet wird1070. Das heißt jedoch nicht, dass jedem Nutzungsinte-

ressenten Zugang zur Marktplatznutzung gewährt werden muss. Einem auf objektiven

Gründen beruhenden Ausschluss stehen keine kartellrechtlichen Bedenken entge-

gen1071.

Die Kommission hat im Zusammenhang mit der Festlegung der Teilnahmebedingun-

gen von Warenterminbörsen eingefordert, dass die Ablehnung eines Teilnahmege-

suchs zu begründen ist und ein Beschwerdeverfahren eingerichtet wurde1072. Zur Do-

kumentation der sachlichen Rechtfertigung einer Zugangsverweigerung sollten Bran-

chenmarktplätze die gleichen Anforderungen erfüllen.

Die exklusive Ausgestaltung des Nutzungsverhältnisses durch einen Branchenmarkt-

platz birgt das Risiko einer Untersagung im Fusionskontrollverfahren1073 oder im Falle

des Erreichens einer dominierenden Marktstellung einer Missbrauchsverfügung. Aus-

schließlichkeitsbindungen sollten Marktplatznutzern daher nicht auferlegt werden,

wenn eine dominante Marktstellung abzusehen ist. Ebenso sollten solche faktische

Bindungsmechanismen (z.B. Rabattsysteme), die eine ähnlich starke Bindungswirkung

auf die Nutzer ausüben1074, vermieden werden. Mindestumsatzklauseln, die die Markt-

platzinhaber zur Nutzung der Plattform verpflichten, sind nach der Praxis der Kom-

mission auf eine Aufbauphase von maximal 3 Jahren zu beschränken1075.

1070 BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisint, B 5 - 34100 U 40/00, S. 15; vgl. ferner: Stel-

lungnahme des Präsidenten des BKartA, Böge, Elektronische Marktplätze und Kartell-recht, Vortrag beim 9. St. Gallener Kartellrechtsforum 26.4.2002, S. 9. Für die Entschei-dungspraxis der Kommission: Pressemitteilung der Kommission v. 31.7.2000 betreffend den Fall Volbroker.com, IP/00/896; weiterhin: Monti, Competition in the New Economy, S. 7; Schaub, Kartellrechtliche Probleme des elektronischen Marktplatzes aus Sicht der EU-Kommission, in: Recht, Wettbewerb, e-commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 49, 54.

1071 Vgl.: 3. Kapitel, 2. Teil, E., IV., 1., a), (bb), (3), (c ). 1072 Vgl. etwa: EG-Kommission, Entscheidung v. 10.12.1986 The London Grain Futures

Market, ABl. 1987, L 19, S. 22ff., Rn. 12. 1073 Zur Haltung der Aufsichtsbehörden nochmals: Böge, Elektronische Marktplätze und Kar-

tellrecht, Vortrag beim 9. St. Gallener Kartellrechtsforum 26.4.2002, S. 19; Lücking, B2B E-Marketplaces: A New Challenge to Existing Competition Law Rules?, S 9.

1074 Vgl.: 3. Kapitel, 3. Teil, F, III. 1075 Vgl.: Lücking, B2B E-Marketplaces: A New Challenge to Existing Competition Law

Rules?, S. 19; EG-Kommission, Fall Nr. IV/M. 2027 Deutsche Bank/SAP/JV emaro, CELEX-DokNr. 300M2027, S. 5.

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4. Kapitel - 1. Teil Rechtstats. Aspekte - Technische und organisatorische Vorkehrungen

308

II. Neutrale Marktplätze

Soweit sich bei neutralen Internetmarktplätzen überhaupt die Frage eines Ausschlusses

von Nutzern stellt, ist zu berücksichtigen, dass mit dem Ausschluss von einem derarti-

gen Marktplatz seltener als beim Ausschluss von einem führenden Branchenmarkt-

platz ein erschwerter Zugang zu den Absatz- und Beschaffungsmärkten verbunden

sein wird1076. Beim Ausschluss von einem neutralen Internetmarktplatz steht es dem

ausgeschlossenen Unternehmen offen, für den Handel mit seinen Geschäftspartnern

auf andere Handelskanäle zurückzugreifen. Nur in den seltenen Fällen, in denen sich

dennoch eine marktbeherrschende Stellung des neutralen Marktplatzes ergibt, unter-

liegt dieser der Verpflichtung, Nutzungsinteressenten in nichtdiskriminierender Weise

zum Handel zuzulassen, mit der Folge, dass der Zugang zum Marktplatz offen und

diskriminierungsfrei ausgestaltet werden muss.

Ausschließlichkeitsbindungen können für neutrale Internetmarktplätze ein notwendi-

ges Mittel der Nutzerbindung darstellen. Gelingt es dem Marktplatz jedoch, eine starke

Marktposition zu erreichen, können die Art. 81, 82 EG und die §§ 16, 19, 20 GWB

eingreifen. Um das Risiko eines Verstoßes zu vermeiden, müssen die Nutzungsver-

hältnisse daher mit zunehmender Etablierung auf dem Markt überprüft und ggf. um-

gestaltet werden.

III. Private Marktplätze

Für private Marktplätze wird das Kartellrecht nur selten die offene und diskriminie-

rungsfreie Ausgestaltung der Zugangsbedingungen erfordern1077, weil nur ein Einzel-

unternehmen und dessen Handelspartner auf dem Marktplatz auftreten und die Frage

der Marktmacht der Internetplattform daher eng mit derjenigen des Mutterunterneh-

mens auf den korrelierenden Gütermärkten verbunden ist. Auch für Ausschließlich- 1076 Die Situation ist bei Branchenmarktplätzen anders: Handeln die Gründer eines Bran-

chenmarktplatzes ausschließlich über ihren Marktplatz, so bedeutet der Ausschluss eines Unternehmens für dieses, dass es auf wichtige Handelspartner überhaupt nicht mehr zugreifen kann.

1077 Vgl.: 3. Kapitel, 4. Teil, D.

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4. Kapitel - 1. Teil Rechtstats. Aspekte - Technische und organisatorische Vorkehrungen

309

keitsbindungen ergibt sich aus diesem Grund faktisch ein größerer Spielraum bei der

Marktplatzgestaltung als für Branchenmarktplätze.

D. Gemeinsamer Einkauf und Verkauf

Soweit Internetmarktplätze Nachfragebündelungen mehrerer Nutzer zulassen, ergibt

sich ebenso die Notwendigkeit für bestimmte technische Vorkehrungen, um Kartell-

rechtsverstöße zu verhindern. Da die nach deutschem Recht noch mögliche Einzelfrei-

stellung aus der Nutzersicht gerade im Hinblick auf die Automatisierung der Beschaf-

fungsvorgänge, wie sie mit Hilfe von Internetmarktplätzen erzielt werden soll, keine

praktikable Möglichkeit darstellt, muss die Software des Marktplatzes sicherstellen,

dass nur Bündelungen zugelassen werden, bei denen die kartellrechtliche Spürbar-

keitsschwellen unterschritten werden. Dies kann dadurch geschehen, dass die Markt-

platzsoftware anhand des für jeden Nutzer erstellten Nutzerprofils bestimmt, welches

Unternehmen mit welchen anderen Unternehmen hinsichtlich welcher Güter Einkäufe

bündeln darf. Ein Beispiel für eine ähnliche Gestaltung bildet die Plattform Covisint,

wo vorgesehen wurde, dass einzelne Automobilhersteller zwar mit einzelnen Zuliefe-

rern Einkäufe bündeln können, nicht aber mehrere KfZ-Hersteller miteinander1078.

Für die zumeist als Einkaufsplattform für den Marktplatzgründer konzipierten privaten

Internetmarkplätze stellt sich die Frage des gemeinsamen Einkaufs ohnehin nicht.

Die Nutzung eines Internetmarktplatzes als gemeinsame Verkaufsstelle bringt unab-

hängig vom Marktplatztypus die Gefahr eines Kartellrechtsverstoßes mit sich und soll-

te aus diesem Grund durch die Marktplatzsoftware ausgeschlossen werden.

E. Festlegung und Nutzung technischer Standards

Die Gefahr von Kartellrechtsverstößen besteht vor allem bei der Festlegung proprietä-

rer Standards durch den Marktplatzbetreiber bzw. die Marktplatzgründer. Da die inter-

nationalen und branchenübergreifenden Standardisierungsbemühungen allerdings 1078 BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisint, B 5 - 34100 U 40/00, S. 2

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4. Kapitel - 1. Teil Rechtstats. Aspekte - Technische und organisatorische Vorkehrungen

310

noch keineswegs abgeschlossen sind, werden Marktplatzbetreiber jedoch oft nicht um

die Definition eigener Standards umhinkommen. Das Risiko eines Verstoßes gegen

das Kartellrecht lässt sich in diesen Fällen dadurch von vornherein aus dem Weg räu-

men, dass die entwickelten Standarddefinitionen offengelegt werden. Dann nämlich

können wechselwillige Nutzer mit Hilfe von Adaptertechnologien oder durch die Ent-

wicklung eigener kompatibler Standards zu anderen Internetplattformen wechseln.

Einige Marktplatzbetreiber sind auch dazu übergegangen, die Nutzer beider Marktsei-

ten in die Standardentwicklung mit einzubinden. Insbesondere durch ein transparentes

und offenes Verfahren bei der Festlegung technischer Standards können die Unter-

nehmen kartellrechtliche Risiken vermeiden 1079.

1079 Vgl. dazu: 3. Kapitel, 2. Teil, G, III.

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4. Kapitel - 3. Teil Rechtstats. Aspekte - Internationale Anwendung und Durchsetzung

311

2. Teil

Herausforderungen hinsichtlich der Aufdeckung und Verfolgung

von Verstößen für die Kartellbehörden

A. Problemstellung

Mit der Aufsicht über B2B-Internetmarkplätze verbunden - wenn auch freilich sach-

lich über diesen Bereich hinausgehend - ist schließlich die Frage, inwieweit die zu-

nehmende Abwicklung von Kommunikation über elektronische Medien die Wettbe-

werbsaufsicht vor neue Aufgaben hinsichtlich der Aufdeckung und Verfolgung von

Verstößen stellt.

Es ist zu erwarten, dass sich mit der voranschreitenden Verlagerung betrieblicher

Kommunikation auf elektronische Medien auch die Art und Weise, wie sich Verhal-

tensabstimmungen treffen lassen, verändert. Werden kollusive Praktiken auf einem

elektronischen Marktplatz getroffen, können diese Verstöße durch die Wettbewerbs-

behörden vielfach ebenfalls nur durch den Zugriff auf elektronische Daten aufgedeckt

und bewiesen werden1080. Hierbei handelt es sich zwar um keine grundlegend neue

Entwicklung. Kartelle konnten bisher schon über Telefon und ähnliche Kanäle getrof-

fen werden, und der Zugriff auf Datenbestände von EDV-Ressourcen ist im Rahmen

von Nachprüfungen der Behörden gängige Praxis.

Neu ist jedoch, dass mit zunehmender Verbreitung des elektronischen Geschäftsver-

kehrs der zwischenbetriebliche Handel in bislang nicht gekanntem Ausmaß auf elekt-

ronische Medien verlagert werden kann; und mit ihm die Möglichkeit elektronischer

Verhaltensabstimmungen. Mit dem Aufkommen elektronischer Marktplätze treten fer-

ner Möglichkeiten neuartiger automatisierter Koordinierungspraktiken hinzu, die bei

entsprechender Gestaltung der Programmlogik der Marktplatzsoftware ausdrückliche

Absprachen zwischen den Parteien entbehrlich machen. Prognostizieren lässt sich vor

1080 Zur Frage des Zugriffs auf elektronische Datenbestände zum Nachweis kartellrechtlicher

Verstöße siehe auch: FTC „Emerging Issues for Competition Policy in the World of E-Commerce“ (2001). Vgl.: Transcript 1, S. 144ff.

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4. Kapitel - 3. Teil Rechtstats. Aspekte - Internationale Anwendung und Durchsetzung

312

diesem Hintergrund jedenfalls eine steigende Bedeutung des Zugriffs auf elektronische

Daten für den Nachweis kartellrechtlicher Verstöße.

Es ist zu fragen, welche Mechanismen den Behörden für einen Zugriff auf derartige

Daten zur Verfügung stehen und welche Schwierigkeiten in tatsächlicher Hinsicht da-

bei auftreten können.

B. Rechtliche Ermittlungsmöglichkeiten der Aufsichtsbehörden zur Aufde-

ckung von Kartellrechtsverstößen beim Marktplatzbetrieb

I. Unspezifische Ermittlungen - „surfing days“

Verschiedentlich sind Wettbewerbsbehörden dazu übergegangen, das Internet syste-

matisch zu durchsuchen, um neue Marktentwicklungen und etwaige Verstöße aufzu-

decken1081. Dies ist bei Verstößen erfolgsversprechend, die sich unmittelbar aus dem

Inhalt frei zugänglicher Internetseiten ablesen lassen. Dies betrifft vor allem den Be-

reich des Lauterkeitsrechts, der in einigen Ländern - z.B. USA, Australien - ebenfalls

in den Zuständigkeitsbereich der Wettbewerbsaufsichtsbehörden fällt1082.

Das Bestehen einer kompetenziellen Grundlage für eine derartige verdachtsunabhän-

gige Recherche im Internet wäre für Kommission und BKartA ebenfalls nicht

anzuzweifeln. Sie ergibt sich zwar nicht aus den förmlichen Ermittlungsbefugnissen

nach Art. 11, 14 VO Nr. 17 bzw. Art. 17ff. der neuen VO 1/2003 oder §§ 58, 59

GWB, da diese Vorschriften jeweils einen Anfangsverdacht voraussetzen1083. BKartA

1081 Dazu: Swindle, Enforcement of Consumer Protection and Competition Laws in the Global

Marketplace: The North American Experience, Redebeitrag anlässlich der Konferenz: The Sydney Global Commerce Conference 1998, abrufbar unter: http://www.ftc.gov/ speeches/ swindle/austspch.htm.

1082 Zur Untersuchungspraxis der FTC und der ACCC vgl.: Swindle, Enforcement of Con-sumer Protection and Competition Laws in the Global Marketplace: The North American Experience, Redebeitrag anlässlich der Konferenz: The Sydney Global Commerce Con-ference 1998. Jones, Anti-trust in Cyberspace, Redebeitrag anlässlich der 5th Biennial Pacific Rim Computer Law Conference, Sydney 2001, abrufbar unter: http://www.accc. gov.au/speeches/2001/Jones_Computer_Law_23_Feb_2001.htm.

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4. Kapitel - 3. Teil Rechtstats. Aspekte - Internationale Anwendung und Durchsetzung

313

diese Vorschriften jeweils einen Anfangsverdacht voraussetzen1083. BKartA und

Kommission sind allerdings nicht auf diese förmlichen Ermittlungsbefugnisse be-

schränkt, sondern können sich im Rahmen informellen Verwaltungshandeln Erkennt-

nisse aus anderen Quellen wie etwa der Fachpresse beschaffen, soweit dadurch Rechte

Dritter nicht verletzt werden1084. Die Einsicht in Internetseiten, die vom Inhaber der

Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden, unterfällt diesem Bereich formlos mögli-

cher Vorermittlungen.

Für die Kartellaufsicht über elektronische Marktplätze im Internet sind derartige „sur-

fing-days“ der Behörden jedoch wenig erfolgversprechend. Die Internetseiten prak-

tisch aller B2B-Internetmarktplätze sind mittlerweile in einen öffentlich zugänglichen

und einen internen (zugangsgeschützten) Bereich unterteilt. Insbesondere das eigentli-

che Transaktionsgeschehen ist dann im internen Bereich angesiedelt. Das Mitverfol-

gen von Transaktionen auf diesen Märkten ist Außenstehenden nicht möglich. Ebenso

unterfallen marktplatzeigene chat rooms regelmäßig dem zugangsgeschützten Be-

reich1085, so dass eine wirksame Kontrolle seitens der Kartellbehörden durch schlichtes

„Surfen“ im Internet ausscheidet.

II. Förmliche Ermittlungsmaßnahmen

Der EG-Kommission stehen im Verdachtsfalle als Ermittlungsbefugnisse das in

Art. 11 VO Nr. 17 (bzw. Art. 18 VO 1/2003 ab dem 1.5.2004) genannte Auskunftsver-

langen und die Nachprüfung gemäß Art. 14 VO Nr. 17 (bzw. Art. 20 VO 1/2003) so-

wie die Sektorenuntersuchung nach Art. 12 VO Nr. 17 (bzw. Art. 20 VO 1/2003) zur

Verfügung. Dabei berechtigt Art. 11 VO Nr. 17 (bzw. 19 VO 1/2003) die Kommissi-

on, Mitteilungen über Tatsachen, tatsächliche Verhältnisse oder dem Unternehmen

1083 Vgl. etwa: Burrichter/Hauschild, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht

(1997), VO 17 Art. 11, Rn. 1; Art. 14, Rn. 1; Werner, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 42, Rn. 4; § 52, Rn. 15;

1084 In Bezug auf die Befugnisse der Kommission nach der VO Nr. 17 vgl.: Burrich-ter/Hauschild, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), VO 17 Vorbem. zu Art. 11-14, Rn. 1; de Bronnet, in: GTE (1999), Art. 87 VO Nr. 17, Rn. 17.

1085 Report des OFT, E-Commerce and its Implications for Competition Policy (2000), S. 53.

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4. Kapitel - 3. Teil Rechtstats. Aspekte - Internationale Anwendung und Durchsetzung

314

bekannte Umstände zu erfragen und hat das Recht, die Vorlage von Dokumenten, die

sich auf die Auskunft beziehen, zu verlangen1086. Das Nachprüfungsrecht nach Art. 14

VO Nr. 17 (bzw. 20 VO 1/2003) erlaubt der Kommission vor allem die Einsichtnahme

in Bücher und sonstige Geschäftsunterlagen an Ort und Stelle1087.

Das Recht der Einsichtnahme umfasst hierbei nicht nur herkömmliche Unterlagen in

Papierform, sondern auch auf Mikrofiche und elektronischen Datenträgern gespeicher-

te Informationen1088.

Wie die Kommission kann auch das BKartA gemäß § 59 Abs. 1 Nr. 1 GWB im Ver-

dachtsfalle Auskünfte von Unternehmen verlangen1089, geschäftliche Unterlagen ein-

sehen und prüfen, § 59 Abs. 1 Nr. 2 GWB und hierzu die Geschäftsräume der betrof-

fenen Unternehmen betreten, § 59 Abs. 3 S. 1 GWB. Ferner besteht unter der Voraus-

setzung der richterlichen Anordnung bzw. bei Gefahr in Verzug die Möglichkeit förm-

licher Durchsuchungen, § 59 Abs. 4 GWB. Anders als die Kommission, die gemäß

Art. 14 Abs. 1 lit. b) Vo Nr. 17 (bzw. Art. 20 Abs. 2 lit c) ) nur die Befugnis hat, Ab-

schriften von Unterlagen anzufertigen, besitzt das BKartA gemäß § 58 Abs. 1 S. 1

GWB ein eigenes Beschlagnahmerecht.

Im Rahmen von Ermittlungen kann das BKartA Einsicht in Unterlagen nehmen, unab-

hängig von der Form, in der diese aufbewahrt werden1090. Elektronisch gespeicherte

Daten sind dem Zugriff des BKartA somit nicht entzogen.

1086 Zum Vorlagerecht der Kommission: EuGH Rs. 347/87 Orkem, Slg. 1989, S. 3283, 3351;

EuGH Rs. 27/88 Solvay, Slg. 1989, S. 3355, 3356. Zu den Ermittlungskompetenzen bei Zusammenschlussvorhaben, die nicht nach der VO Nr. 17, sondern nach der FKVO zu behandeln sind: Löffler, Kommentar zur Europäischen Fusionskontrolle (2001), S. 236ff.

1087 Hierzu im Einzelnen: Burrichter/Hauschild, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbs-recht (1997), VO 17 Art. 14, Rn. 1ff.

1088 Burrichter/Hauschild, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), VO 17 Art. 14, Rn. 38ff.

1089 Die genannten Vorschriften gelten ausschließlich für das Verwaltungsverfahren. Für das Bußgeldverfahren sind §§ 81ff. GWB einschlägig.

1090 Klaue, in: Immega/Mestmäcker, GWB (2001) § 59, Rn. 43

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4. Kapitel - 3. Teil Rechtstats. Aspekte - Internationale Anwendung und Durchsetzung

315

C. Mögliche faktische Ermittlungsschwierigkeiten

Nach dem gerade Gesagten entzieht eine Verlagerung beweiserheblicher Unterlagen in

die Form elektronischer Daten diese in rechtlicher Hinsicht nicht dem Zugriff der Kar-

tellbehörden. Die Reichweite des Ermittlungsinstrumentariums ist insoweit ausrei-

chend.

Die Möglichkeit einer wirksamen Aufsicht über das Transaktionsgeschehen auf Inter-

netmarktplätzen setzt allerdings voraus, dass derartige Daten überhaupt gespeichert

sind und die Behörden die Fähigkeit besitzen, anhand dieser Daten das Transaktions-

geschehen nachvollziehen zu können.

Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang, dass die Teilnahme an Internetmarktplät-

zen Möglichkeiten für Verhaltenskoordinierungen eröffnet, bei denen regelmäßig ge-

rade keine Dokumentation auf den Rechnern der jeweiligen Nutzer erfolgt. Dies be-

trifft Absprachen, die in sog. chat-rooms eines Internetmarktplatzes getroffen werden

oder etwa Nachfragebündelungen, die mit Hilfe der Marktplatzsoftware automatisch,

also ohne unmittelbaren Kontakt der kooperierenden Parteien, erfolgen. Bei den

betreffenden Unternehmen fehlen dann gespeicherte Daten, anhand derer solche Ko-

operationen aufgedeckt werden können.

Ein rechtlich gangbarer Ausweg besteht in diesem Fall in der Einsichtnahme in die

Datenbestände des Marktplatzunternehmens. Denn die Kartellbehörden dürfen Ermitt-

lungsmaßnahmen prinzipiell nicht nur gegenüber den verdächtigen Unternehmen

selbst, sondern auch gegenüber Dritten durchführen1091. Erfolgversprechend ist ein

solches Vorgehen gleichwohl nur, wenn das Marktplatzunternehmen derartige Daten

überhaupt dauerhaft gespeichert hat. Die Speicherung des gesamten Transaktionsge-

schehens ist technisch zwar ebenso möglich wie die Erstellung und Speicherung sog.

log-files, anhand derer sich etwa feststellen ließe, zu welchem Zeitpunkt sich bestimm-

1091 Burrichter/Hauschild, in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht (1997), VO

17 Art. 11, Rn. 5; VO 17, Art. 14, Rn. 2; Werner, in: Wiedemann, Handbuch des Kartell-rechts (1999), § 52, Rn. 8.

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4. Kapitel - 3. Teil Rechtstats. Aspekte - Internationale Anwendung und Durchsetzung

316

te Nutzer gemeinsam in einem chat-room aufgehalten haben. Eine rechtliche Ver-

pflichtung zur dauerhaften Speicherung dieser Vorgänge existiert jedoch nicht1092.

Die Verfügbarkeit elektronischer Daten, anhand derer Verhaltenskoordinierungen auf-

gedeckt werden können, wird demnach maßgeblich von der Geschäftspraxis der

Marktplatzbetreiber abhängen.

Soweit es um die Aufdeckung von Verstößen geht, die durch die Ausgestaltung der

Marktplatzsoftware selbst vermittelt oder begünstigt werden, kann eine Analyse der

Funktionsweise dieser Software erforderlich sein.

Die Untersuchung der Funktionsweise von Computersoftware ist bereits im Zusam-

menhang mit den mehrfach erwähnten Computerreservierungssystemen der Flugge-

sellschaften in Kartellverfahren relevant geworden1093. So konnte aufgedeckt werden,

dass die betreffende Software einzelne Marktteilnehmer auf subtile Weise gezielt be-

nachteiligte. Beim Verdacht der Parteilichkeit der Ablaufsteuerung von Transaktions-

routinen zugunsten bestimmter Marktteilnehmer würde ebenfalls nur eine Untersu-

chung der Programmlogik der Marktplatzsoftware Gewissheit geben können.

Da die Einsichtnahme in geschäftliche Unterlagen den Kartellbehörden grundsätzlich

nicht unter dem Hinweis auf unternehmerische Geheimhaltungsinteressen verweigert

werden kann1094, wäre eine Untersuchung der Marktplatzsoftware rechtlich möglich.

Anders als bei der Frage des Zugriffs auf Transaktionsdaten ist hier auch die Existenz

von Daten, die einen entsprechenden Verstoß belegen könnten, unproblematisch: Die

Marktplatzsoftware ist beim Marktplatzunternehmen vorhanden. Auf sie können die

Kartellbehörden daher im Rahmen von Ermittlungen zugreifen. Herausforderungen,

die sich in diesem Zusammenhang den Wettbewerbsbehörden stellen, betreffen folg-

1092 Für die Nicht-Speicherung derartiger Daten spricht zudem, dass so das Risiko ausge-

schlossen wird, dass detaillierte Transaktionsdaten an einzelne Marktplatznutzer weiter-gegeben werden können.

1093 Zum Ganzen: Grabowski, Wettbewerbsbeschränkungen in der Luftfahrtindustrie durch Computer Reservation Systems (1994), S. 26ff.

1094 Dieckmann, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 42, Rn. 40; Werner, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 52, Rn. 26;

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4. Kapitel - 3. Teil Rechtstats. Aspekte - Internationale Anwendung und Durchsetzung

317

lich in erster Linie die Bereithaltung ausreichender technischer Expertise1095 zur Ent-

schlüsselung problematischer Programmsequenzen.

1095 Diese Einschätzung wird von den Aufsichtsbhörden geteilt, vgl.: Böge, Ist das deutsche

Kartellrecht für elektronische Marktplätze noch zeitgemäß?, in: Recht, Wettbewerb und e-Commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 39, 47.

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4. Kapitel - 3. Teil Rechtstats. Aspekte - Internationale Anwendung und Durchsetzung

318

3. Teil

B2B-Internetmarktplätze und Fragen der internationalen Rechts-

anwendung und -durchsetzung

A. Problemstellung

Die Dienstleistungen elektronischer Marktplätze im Internet werden häufig von Unter-

nehmen aus verschiedenen Ländern in Anspruch genommen. Potenziell werden daher

aufgrund der regelmäßig grenzüberschreitenden Ausrichtung der Marktplätze mehrere

Rechtsordnungen berührt1096.

Aus der Unternehmensperspektive wirft dies die Frage auf, inwieweit die Gründung

bzw. der Betrieb von B2B-Marktplätzen durch das Erfordernis, mehreren Kartell-

rechtsordnungen genügen zu müssen, behindert werden kann. In Betracht zu ziehen

sind erhöhte Verfahrens- und Rechtsberatungskosten, die für die Durchführung von

Parallelverfahren, insbesondere im Bereich der Fusionskontrolle1097, aufgewendet

werden müssen. Die Betroffenheit mehrerer Wettbewerbsrechtsordnungen birgt

zugleich Rechtsunsicherheiten und das Risiko divergierender Behördenentscheidun-

gen.

1096 Vgl. dazu: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unter-

nehmenspraxis (2002), S. 290. 1097 So bestanden im Dezember 2002 in ca. 70 Ländern Fusionskontrollen, deren Anwendbar-

keit bei der Gründung eines Internetmarktplatzes, dessen geografischer Focus global sein soll, zumindest zu überprüfen ist. Vgl. zu der steigenden Beudeutung von Vielfachan-meldungen im Bereich der Fusionskontrolle: Berg/Nachtsheim/Kronberger, Zusammen-schlüsse zwischen multinationalen Unternehmen und Fusionskontrolle, RIW 2003, S. 15. Zu den aus dieser Situation resultierenden Kosten und Verfahrensverzögerungen: Mon-tag, Internationale Fusionsanmeldungen: Probleme und Lösungsansätze, in: Baudenba-cher (Hrsg.), Neueste Entwicklungen im europäischen und internationalen Kartellrecht, S. 181ff.

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4. Kapitel - 3. Teil Rechtstats. Aspekte - Internationale Anwendung und Durchsetzung

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Von der Warte der Wettbewerbsbehörden ist zu fragen, welche Anwendungs- und

Durchsetzungshindernisse sich für das jeweilige Kartellrecht aufgrund des grenzüber-

schreitenden Charakters der Aktivitäten von Internetmarktplätzen ergeben.

B. Rechtsanwendungs- und Rechtsdurchsetzungsfragen für die Aufsichts-

behörden

I. Räumliche Anwendbarkeit des deutschen und europäischen Kartellrechts auf

Internetmarktplätze mit internationalem Fokus

1. Auswirkungsprinzip als Bezugspunkt der Verantwortlichkeit für wettbe-werbsbeschränkendes Verhalten

Den rechtlichen Anknüpfungspunkt für die Zuordnung von Wettbewerbsbeschränkun-

gen durch Unternehmen zum geographischen Anwendungsbereich des GWB stellt das

in § 130 Abs. 2 GWB verankerte Prinzip der Inlandsauswirkung her. Nach diesem ist

allein das Kriterium der spürbaren Wettbewerbsauswirkungen im Inland maßgeblich;

ohne Rücksicht auf den Sitz der betreffenden Unternehmen oder den Ort der Vornah-

me der Wettbewerbsbeschränkung1098. Erfasst werden somit auch im Ausland veran-

lasste Wettbewerbsbeschränkungen mit Inlandswirkung, selbst dann, wenn nur aus-

ländische Unternehmen beteiligt sind1099.

Das Gleiche gilt - trotz Fehlens einer ausdrücklichen Bestimmung im EG-Recht - nach

ständiger Praxis der Kommission1100 und ganz h.M. in der Literatur1101 für das europä-

1098 Vgl. zum Ganzen: Rehbinder, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 130 Abs. 2,

Rn. 1, 7ff. 1099 Jungblut, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht

(2001), § 130 Abs. 2, Rn. 110ff. Für die auf diese Weise begründete extraterritoriale Anwendung des deutschen Kartellrechts wird vor dem Hintergrund des völkerrechtlichen Territorialitätsprinzips bzw. des damit verwandten Einmischungsverbots eine verengende Auslegung dahingehend vorgenommen, dass es sich um tatsächliche, spürbare und vom Schutzzweck der jeweiligen Norm erfasste Wettbewerbsauswirkungen im Inland handeln muss. Näher dazu: Schirmer, Die Konkretisierung des Auswirkungsprinzips im internati-onalen Kartellrecht (1998), S. 47ff.; Dethof, Anforderungen des deutschen und europä-ischen Kartellrechts an Business-to-Business-Internetmarktplätze, S. 65f.; Gramlich/ Kröger/Schreibauer, Rechtshandbuch B2B Plattformen, S. 111.

1100 Vorausgesetzt von der Kommission etwa in der Entscheidung v. 11.3.1964, Grossfillex, ABl. 1964, L 58, S. 915 auch wenn die betreffende Vereinbarung im Ergebnis keine

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4. Kapitel - 3. Teil Rechtstats. Aspekte - Internationale Anwendung und Durchsetzung

320

ische Kartellrecht unter Zugrundelegung des Gebietes der Europäischen Union als

räumlichem Bezugspunkt für die Wettbewerbsauswirkung. Europäisches und deut-

sches Kartellrecht befinden sich damit auf einer Linie mit der Praxis zahlreicher ande-

rer Staaten1102.

2. Anwendung auf B2B-Internetmarktplätze

Aufgrund der globalen Zugriffsmöglichkeit auf das Internet spielt die Lokalisation des

Marktplatzbetreibers und der Marktplatznutzer für die Kommunikation über den Inter-

netmarktplatz nahezu keine Rolle. Dies zieht die Frage nach sich, ob hieraus die Ge-

fahr erwächst, dass kartellrechtlich relevante Sachverhalte gezielt der Anwendung des

deutschen oder europäischen Kartellrechts entzogen werden können.

Wegen des durch das Auswirkungsprinzip weit gefassten Anwendungsbereichs des

deutschen und europäischen Kartellrechts ergeben sich hinsichtlich der tatbestands-

mäßigen Erfassung derartiger Fälle jedoch keinerlei Kontrolllücken, selbst wenn der

betreffende Internetmarktplatz oder die an der Wettbewerbsbeschränkung beteiligten

Nutzer ihren Sitz im (Nicht-EU-) Ausland haben. Eine Umgehung der Anwendung des

Kartellrechts, etwa durch die gezielte Verlagerung des Sitzes des Betreiberunterneh-

mens eines Marktplatzes oder der Datenverarbeitungsressourcen in einen „sicheren“

Drittstaat, ist aufgrund des Auswirkungsprinzips ausgeschlossen1103. Denn es ist für

Auswirkung auf den Gemeinsamen Markt hatte. Das EuG hat sich der Sichtweise der Kommission in der Rs. T-102/96 Gencor, Slg. 1999, II-S. 753, 781, 788, für die Fusions-kontrolle angeschlossen. Der EuGH hat bislang zu dieser Frage nicht abschließend Stel-lung bezogen. Die bisher entschiedenen Fälle ließen sich durch den Gerichtshof durch eine weite Interpretation des Territorialitätsprinzip ohne Rückgriff auf das Auswirkungs-prinzips lösen. Vgl. etwa: EuGH, Verb. Rs. 89, 104, 114, 116, 117 u. 125-129/85, Zell-stoffhersteller, Slg. 1988, S. 5193, 5243. Hierzu: Bunte, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht (2001), Einführung zum EG-Kartellrecht, Rn. 63ff.; Lange, Handbuch zum deutschen und europäischen Kartellrecht (2001), Kap. 1 Einführung, Rn. 16f.

1101 Vgl. etwa: Bunte, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kar-tellrecht (2001), Einführung zum EG-Kartellrecht, Rn. 63ff.

1102 Im Einzelnen: Rehbinder, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 130 Abs. 2, Rn. 19. 1103 Köhler, Gründung und Nutzung von Internet Marketplaces: die Rahmenbedingungen des

europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569, 571.

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die Anwendbarkeit des deutschen und des europäischen Kartellrechts ohne Bedeutung,

ob das Marktplatzunternehmen seinen Sitz in einem Drittstaat hat, sofern sich eine

spürbare Wettbewerbsbeschränkung innerhalb des räumlichen Geltungsbereiches der

Kartellrechtsordnung feststellen lässt. Dasselbe gilt für wettbewerbsbeschränkende

Verhaltensweisen einzelner oder mehrerer Marktplatznutzer, selbst wenn diese

und/oder der betreffende Internetmarktplatz im Ausland ansässig sind.

II. Herausforderungen für Sachverhaltsaufklärung und Rechtsdurchsetzung

1. Divergenz von extraterritorialer Anwendbarkeit und tatsächlicher geographi-scher Reichweite behördlicher Befugnisse

Ungeachtet der theoretischen Reichweite, die das Auswirkungsprinzip dem deutschen

und europäischen Kartellrecht vermittelt, beschränken sich die Ermittlungs- und

Durchsetzungsbefugnisse der Kartellbehörden auf den territorialen Geltungsbereich

des jeweiligen Kartellrechts. Für die Verfolgung von Drittstaatssfällen können sich

infolgedessen verfahrensrechtliche Probleme ergeben1104, da das völkerrechtliche Ter-

ritorialitätsprinzip die Vornahme hoheitlicher Akte auf fremdem Staatsgebiet unter-

sagt1105.

2. Ermittlungsschwierigkeiten in Bezug auf Drittstaatsunternehmen

a) Begrenztheit extraterritorialer Ermittlungsmöglichkeiten der Kartellaufsicht

Ausgeschlossen sind wegen des völkerrechtlichen Territorialitätsprinzips bzw. des

damit verwandten Einmischungsverbots prinzipiell sämtliche hoheitliche Ermitt-

lungsmaßnahmen der Kartellbehörden außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs der

1104 Im Einzelnen: Bunte, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen

Kartellrecht (2001), Einführung zum EG-Kartellrecht, Rn. 68ff. 1105 Vgl. dazu: Wiedemann, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 5, Rn. 54ff.

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jeweiligen Kartellrechtsordnung1106. Die Möglichkeit zur Sachverhaltserforschung ist

den Behörden hier nur bei einer Kooperationsbereitschaft der betroffenen Unterneh-

men oder in den Fällen gegeben, in denen zwischen Sitzstaat des Unternehmens und

dem Staat der ermittelnden Behörde ein Rechtshilfeabkommen besteht1107.

Kooperationsabkommen für die Anwendung des Kartellrechts bestehen nur im Ver-

hältnis Deutschlands/der EG zu einer geringen Anzahl von Staaten. Die in der Praxis

bedeutendsten Kooperationsabkommen für kartellrechtliche Angelegenheiten bestehen

zwischen der EG und den USA1108, aufgrund derer neben einem allgemeinen Informa-

tionsaustausch der Behörden auch Konsultationen in laufenden Verfahren vorgenom-

men werden können1109. Eine Verpflichtung der ersuchten Behörde durch die ersu-

chende Stelle zur Durchführung von Ermittlungsmaßnahmen oder zur Weitergabe von

Informationen ist jedoch nicht vorgesehen. Die gleichwohl enge Kooperation der US-

Behörden mit der EG wird ferner dadurch erschwert, dass die Weitergabe von eigenen

Ermittlungsergebnissen, die Geschäftgeheimnisse betreffen, ohne Zustimmung der

betroffenen Unternehmen an die andere Seite verwehrt ist1110. So bestimmt Art. 20 VO

Nr. 17 (bzw. Art. 28 VO 1/2003), dass die im Rahmen eigener Ermittlungstätigkeit

erlangten Kenntnisse nur zu dem mit der Auskunft oder Nachprüfung verfolgten

Zweck verwertet werden und nicht preisgegeben werden dürfen1111.

1106 Dies ist unstrittig. Bestritten wird von einer Literaturmeinung lediglich, dass nicht-

hoheitliche Ermittlungsmaßnahmen im Ausland in fremde Souveränitätsrechte eingrei-fen. Zum Streit im Einzelnen: Rehbinder, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 130 Abs. 2, Rn. 301ff.

1107 Wiedemann, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 15, Rn. 54ff. 1108 Abkommen zwischen der Kommission der EG und der Regierung der Vereinigten Staaten

von Amerika über die Anwendung ihrer Wettbewerbsgesetze v. 23.9.1991, ABl. 1995, L 95, S. 47ff. und Abkommen über die Anwendung der „positive comity“ – Grundsätze bei der Durchführung ihrer Wettbewerbsregeln v. 29.5.1998, ABl. 1999, L 173, S. 26ff.

1109 Wiedemann, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 6, Rn. 20. 1110 Nach Art. IX des Abkommens zwischen der EG und den USA über die Zusammenarbeit

über die Anwendung ihrer Wettbewerbsgesetze, ABl. 1995 L 95, S. 47ff., dürfen die Be-stimmungen des Abkommens nicht in einer Weise ausgelegt werden, die mit den gelten-den Gesetzen, der USA, der EG oder ihrer Mitgliedstaaten unvereinbar wäre. Eine Her-ausgabe vertraulicher Informationen scheidet daher aus, wenn die Vorschriften der jewei-ligen Wettbewerbsgesetze einen solchen Austausch nicht zulassen.

1111 Der Kreis der geschützten Informationen umfasst dabei nicht nur Informationen über Pro-duktionsabläufe, Produkte, Belieferungsquellen, Vertriebsstrategien, Händlerlisten, Kos-tenstrukturen und interne Organisation, sondern auch solche über Produktions- und Ab-

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Kooperationsabkommen bestehen ferner etwa im Verhältnis Deutschlands zu den

USA und Frankreich1112.

Gemeinsam ist allen Abkommen, dass sie den ermittelnden Behörden nicht die unmit-

telbare Kontaktaufnahme mit Drittstaatsunternehmen erlauben1113 und keine Verpf-

lichtung der ersuchten Behörde zum Anstellen eigener Ermittlungen oder Herausgabe

von Informationen vorsehen. Das Defizit an Ermittlungsmöglichkeiten gegenüber

Drittstaatssunternehmen wird durch die bestehenden bilateralen Abkommen folglich

nicht beseitigt. Im Verhältnis zu einer Vielzahl von Staaten fehlen Kooperationsab-

kommen gänzlich.

Festzuhalten bleibt, dass den Wettbewerbsbehörden eigene Ermittlungsmaßnahmen

gegenüber ausländischen Unternehmen regelmäßig verwehrt sind.

b) Folgen der territorialen Begrenztheit behördlicher Ermittlungstätigkeiten für die Aufsicht über B2B-Internetmarktplätze

aa) Unproblematische Konstellationen

Keine Schwierigkeiten stellen sich den Wettbewerbsbehörden, soweit die zur Sach-

verhaltsermittlung erforderlichen Informationen im Inland befindlich sind oder die

betreffenden Unternehmen zur Preisgabe der Informationen bereit sind. Letzteres

kommt vor allem in Fusionskontrollverfahren in Betracht, weil die betreffenden Un-

ternehmen hier im Interesse einer möglichst raschen Genehmigung regelmäßig koope-

rationsbereit sind1114.

satzmengen, sowie Marktanteile, ohne die eine kartellrechtliche Analyse von vornherein ausgeschlossen erscheint. Vgl. dazu im Einzelnen: Kiriazis, Jurisdiction and cooperation issues in the investigation of international cartels, S. 10f.; abrufbar unter: http://europa. eu.int/comm/competition/speeches/text/sp2001_010_en.pdf.

1112 Regierungsabkommen über die Zusammenarbeit in Bezug auf restriktive Geschäftsprakti-ken, BGBl. 1976 II, S. 1711, und Abkommen der Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die Zusammenarbeit in Bezug auf wettbewerbsbeschränkende Praktiken, BGBl. II, 1994, S. 785.

1113 Wiedemann, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 5, Rn. 58. 1114 So macht Friess darauf aufmerksam, dass in der Praxis in nahezu allen transatlantischen

Fusionsvorhaben die Anmelder einem Austausch von Informationen zwischen den Kar-tellbehörden der EG und der USA zustimmen (Erteilung sog. waivers).Vgl.: Friess, Die

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4. Kapitel - 3. Teil Rechtstats. Aspekte - Internationale Anwendung und Durchsetzung

324

Kartellrechtsverstöße im Inland ansässiger Marktplatzunternehmen können bei diesen

vor Ort ermittelt werden; ebenso Verstöße inländischer Nutzer, die über diesen Inter-

netmarktplatz Transaktionen abwickeln.

Selbst die Aufklärung reiner Drittstaatskartelle kann den Kartellbehörden gelingen,

wenn die betreffenden Informationen im Inland verfügbar sind. So z.B., wenn es um

einen Verstoß ausländischer Nutzer auf einem inländischen Internetmarktplatz geht

und dieser durch den Zugriff der Wettbewerbsbehörden auf Protokolldateien, die beim

Marktplatzunternehmen verfügbar sind, aufgedeckt werden kann1115.

bb) Schwierigkeiten bei der Ermittlung eventueller Kartellrechtsverstöße in

Drittstaaten angesiedelter B2B-Internetmarktplätze

Vor Herausforderungen stellt die Kartellbehörden die Aufsicht über im Ausland ansäs-

sige B2B-Internetmarktplätze, soweit es um Verstöße geht, die sich aus der techni-

schen Gestaltung des Marktplatzes ergeben. Wegen der territorialen Begrenztheit der

behördlichen Ermittlungsmöglichkeiten sind EDV-Ressourcen eines Marktplatzunter-

nehmens in einem Drittstaat dem Zugriff der Kartellbehörden entzogen.

Dies betrifft insbesondere die durch den Betreiber verwendete Marktplatzsoftware.

Wie bereits erwähnt, lässt sich durch die Ausgestaltung der Marktplatzsoftware Ein-

fluss auf den genauen Ablauf der einzelnen Transaktionen nehmen. Hieraus ggf. resul-

tierende Kartellrechtsverstöße, etwa durch die gezielte und verdeckte Diskriminierung

Internationale Zusammenarbeit der EU und der USA – Austausch von Informationen, S. 3f.; abrufbar unter: http://europa.eu.int/comm/competition/speeches/text/sp2002_007_ de.pdf.

1115 Nach § 59 Abs. 1 Nr. 1 GWB wäre es auch zulässig, von einem Internetmarktplatzbetrei-ber diese Daten im Wege eines Auskunftsverlangens anzufordern, auch wenn das Markt-platzunternehmen selbst nicht im Verdacht der Teilnahme an den betreffenden Verstößen steht. Der Adressatenkreis dieser Norm beschränkt sich nämlich nicht auf die Beteiligten des Hauptsacheverfahrens. Vgl.: Schultz, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht (2001), § 59, Rn. 17. Adressaten eines Auskunftsverlan-gens gemäß Art. 11 VO Nr. 17 (jetzt Art. 18 VO 1/2003) wie einer Nachprüfung nach Art. 14 VO Nr. 17 (jetzt Art. 20 VO 1/2003) können ebenfalls Drittunternehmen sein. Vgl.: Sauter, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartell-recht (2001), Art. 14 VO Nr. 17, Rn. 2.

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4. Kapitel - 3. Teil Rechtstats. Aspekte - Internationale Anwendung und Durchsetzung

325

bestimmter Marktplatznutzer, dürften für die Kartellbehörden jedoch ohne den Zugriff

auf die zugrunde liegenden Programm-Codes nur schwer aufzudecken sein.

cc) Probleme bei der Ermittlung eventueller Kartellrechtsverstöße von Nutzern

bei der Teilnahme an ausländischen Internetmarktplätzen

Für den Erfolg von Ermittlungen gegen einzelne Marktplatznutzer kann der Zugriff

auf elektronische Daten, die nur beim Marktplatzunternehmen verfügbar sind, uner-

lässlich sein: Werden Verhaltenskoordinierungen zwischen Nutzern etwa im Rahmen

von Online-Auktionen vollzogen oder unzulässige Nachfragebündelungen auf dem

Marktplatz getätigt, so lässt sich dies unter Umständen nur durch die Auswertung von

log-Dateien, die abgewickelte Transaktionen detailliert protokollieren1116, nachvoll-

ziehen, soweit solche Dateien von dem Marktplatzunternehmen angelegt werden1117.

Hat das Marktplatzunternehmen seinen Sitz in einem Drittstaat, kann die Behörde le-

diglich versuchen, mittels eines an das Marktplatzunternehmen gerichteten formlosen

Auskunftsverlangens, das völkerrechtlich überwiegend für zulässig erachtet wird1118,

die notwendigen Daten zu erlangen. Kommt das Marktplatzunternehmen diesem Ersu-

chen nicht nach, dürfte eine erfolgversprechende Ermittlung nach dem Gesagten aus-

scheiden.

3. Rechtsdurchsetzungsschwierigkeiten in Drittstaatssachverhalten

Schwierigkeiten bereitet in Auslandsfällen naturgemäß auch die Rechtsdurchsetzung.

Die Vollstreckung behördlicher Entscheidungen ist im Ausland nur im Wege der

Rechtshilfe zulässig. In der gegenwärtigen internationalen Praxis wird für die Durch-

1116 So lassen sich z.B. bei dem Marktplatz SupplyOn.com gespeicherte Daten des Nutzers

von diesem einsehen. Dies gilt allerdings nur für die Dauer von bis zu 30 Tagen. 1117 Vgl.: 4. Kapitel, 2. Teil, C. 1118 So etwa: Sauter, in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartell-

recht (2001), Art. 11 VO Nr. 17, Rn. 24. Begründet wird die Zulässigkeit mit dem nicht hoheitlichen Charakter formlosen Auskunftverlangens. So etwa: Klaue, in: Frankfurter Kommentar, § 59, Rn. 13.

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4. Kapitel - 3. Teil Rechtstats. Aspekte - Internationale Anwendung und Durchsetzung

326

setzung kartellbehördlicher Entscheidungen mit Eingriffscharakter keine Rechtshilfe

gewährt1119. Vollstreckbar sind Entscheidungen des BKartA im Verwaltungs- oder

Bußgeldverfahren folglich nur im Geltungsbereich des GWB, Entscheidungen der

Kommission nur auf dem Gebiet der Gemeinschaft gemäß Art. 192 Abs. 1 EG in Ver-

bindung mit dem jeweiligen mitgliedstaatlichen Zivilprozessrecht. Entschärft wird die

Situation in praktischer Hinsicht dadurch, dass wegen zunehmender internationaler

Verflechtungen auch ausländische Unternehmen oft über Inlandsvermögen verfügen,

in das durch die jeweilige Behörde vollstreckt werden kann1120.

Von diesem Fall abgesehen, scheidet eine eigene hoheitliche Durchsetzung des deut-

schen bzw. europäischen Kartellrechts gegenüber Marktplatzbetreibern in Drittstaaten

oder ausschließlich in Drittstaaten ansässigen Marktplatznutzern aus. Dies ist ange-

sichts der Tatsache, dass eine Vielzahl von Internetmarktplätzen, die (auch) durch in-

ländische Unternehmen genutzt werden, ihren Sitz im (Nicht EU-) Ausland haben, von

erheblicher Relevanz. Gerade wegen der zu erwartenden großen Zahl grenzüberschrei-

tender Sachverhalte im Zusammenhang mit B2B-Internetmarktplätzen tritt die Be-

schränktheit nationaler bzw. regional-supranationaler Durchsetzungsmöglichkeiten

offen zu Tage, welche durch die derzeit existierenden Mechanismen internationaler

Behördenkooperation nicht hinreichend ausgeglichen werden können.

C. Rechtsanwendungsfragen aus Unternehmenssicht

Aus der Anknüpfung zahlreicher Kartellrechtsordnungen an das Auswirkungsprinzip

bzw. an ein weitverstandenes Territorialitätsprinzip1121 folgt für die Gründer- bzw.

Betreiberunternehmen von B2B-Internetmarktplätzen mit internationalem oder gar

globalem Geschäftsfokus die Verpflichtung, eine Vielzahl kartellrechtlicher Maßstäbe

zu beachten. In verfahrensrechtlicher Hinsicht zieht dies insbesondere im Gründungs-

stadium häufig die Notwendigkeit von Mehrfachanmeldungen nach sich. So wird häu-

1119 Wiedemann, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 5, Rn. 66. 1120 Vgl.: Wiedemann, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts (1999), § 5, Rn. 20f., 66. 1121 So etwa einige Staaten des angelsächsischen Rechtskreises, insbesondere Großbritannien.

Dazu: Rehbinder, in: Immenga/Mestmäcker, GWB (2001), § 130 Abs. 2, Rn. 19.

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4. Kapitel - 3. Teil Rechtstats. Aspekte - Internationale Anwendung und Durchsetzung

327

fig schon mit der Marktplatzgründung durch mehrere Gründungsunternehmen der Zu-

sammenschlusstatbestand mehrerer Fusionskontrollregimes verwirklicht und so ein

Anmeldeerfordernis nach Maßgabe der verschiedenen Kartellgesetze ausgelöst. Nur

im Falle eines Zusammenschlusses mit gemeinschaftsweiter Bedeutung i.S.v. Art. 1

Abs. 2 FKVO erspart die europäische Fusionskontrollverordnung den Anmeldern Pa-

rallelanmeldungen zumindest innerhalb der Gemeinschaft, Art. 21 Abs. 2, 3

FKVO1122.

Den Unternehmen entstehen aus der Durchführung von Parallelverfahren erhöhte Ver-

fahrens- und Rechtsberatungskosten, zudem können zeitliche Verzögerungen für die

Durchführung des Vorhabens entstehen. Für sich genommen dürften die mit der

Durchführung von Mehrfachverfahren verbundenen Transaktionskosten jedoch zu-

mindest für Marktplatzinitiativen von Großunternehmen ein weniger schweres Hin-

dernis für die Marktplatzgründung darstellen, als die Rechtsunsicherheit für die

Vorhabenplanung, die aus der Einschlägigkeit einer Vielzahl von Kartellrechtsord-

nungen resultiert: Angesichts der relativen Neuheit des Phänomens elektronischer

Marktplätze lässt sich das Risiko einer faktischen Blockade eines Markplatzvorhabens

durch eine einzige ablehnende behördliche Einschätzung derzeit (noch) nicht genau

einschätzen. In der Literatur wurde vereinzelt die Befürchtung vorgetragen, das Risiko

divergierender Entscheidungen könne Marktplatzinitiativen im Einzelfall behin-

dern1123.

Bislang hat sich diese Befürchtung nicht bestätigt. Wie bereits dargestellt1124, herrscht

zwischen den Kartellbehörden weitestgehend Einigkeit hinsichtlich der grundsätzli-

chen kartellrechtlichen Beurteilung. Anfängliche Unsicherheiten hinsichtlich der Be-

wertung haben sich - soweit bekannt - nicht zu Lasten von Marktplatzgründungen aus-

gewirkt1125.

1122 Zum Prinzip des one-stop.shop nach Art. 21 FKVO: Deplazes, Gemeinschaftsunterneh-

men im europäischen und schweizerischen Wettbewerbsrecht (2000), S. 54ff. 1123 Etwa: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmens-

praxis (2002), S. 290f. 1124 Vgl. hierzu: 2. Kapitel, 1. Teil. 1125 So auch: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unterneh-

menspraxis (2002), S. 292.

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4. Kapitel - 3. Teil Rechtstats. Aspekte - Internationale Anwendung und Durchsetzung

328

D. Zusammenfassung und Ausblick

Keinesfalls ist das hier angesprochene Thema multijurisdiktioneller Sachverhalte neu

oder originär bei B2B-Internetmarktplätzen zu beobachten. Mit dem Spannungsfeld

von territorial begrenzten Kartellrechtsordnungen und grenzüberschreitenden Fallges-

taltungen sind die Wettbewerbsbehörden dem Grundsatz nach vertraut. Seit dem Ein-

setzen der Transformation zahlreicher Ökonomien zu marktwirtschaftlichen Strukturen

und dem Wegfall von Handelsbarrieren im internationalen Handel steigt die Bedeu-

tung der Problematik grenzüberschreitender Sachverhalte auch nach Einschätzung der

Wettbewerbsbehörden1126 dramatisch an1127. Die Bedeutung elektronischer Marktplät-

ze als Bestandteil (der Ausbreitung) des elektronischen Geschäftsverkehrs liegt darin,

diesem Prozess als Katalysator zu dienen. Die Problematik stellt sich hier in besonde-

rer Weise, da rein nationale Sachverhalte in diesem Kontext die Ausnahme darstellen.

Die aus der territorialen Begrenztheit der behördlichen Ermittlungsbefugnisse her-

rührenden Schwierigkeiten einer tatsächlichen Durchsetzung des Kartellrechts werden

in diesem Kontext besonders deutlich. Hinzu kommen Rechtsunsicherheiten auf der

Seite der beteiligten Unternehmen. Trotz der Abfederung dieser Schwierigkeiten durch

gegenseitige Konsultationen der Wettbewerbsbehörden sowie deren erkennbarer Be-

reitschaft zu einem listen-and-learn-approach gegenüber der Entstehung elektroni-

scher Internetmarktplätze, bleiben daher Bewertungsunsicherheiten und erhöhte

Transaktionskosten aufgrund von Mehrfachverfahren als Folgen der parallelen An-

wendbarkeit mehrerer Wettbewerbsrechte. Eine Problemlösung kann allein in der -

von den Wettbewerbsbehörden im Zusammenhang mit B2B-Internetmarktplätzen be-

1126 Schaub, Konvergenz kartellrechtlicher Normen und deren Anwendung auf globale Sach-

verhalte, S. 1, abrufbar unter: http://europa.eu.int/comm/competition/speeches/ text/ sp2001_034_de.pdf; Böge, Globalisierung – Chance oder Gefahr für den Wettbewerb?, S. 14f. abrufbar unter: http://www.bundeskartellamt.de/diskussionsbeitrage.html.

1127 Vgl.: Cocuzza/Montini: International Antitrust Co-operation in a Global Economy, ECLR 1999, S 156; Koopmann, Internationalisierung der Wettbewerbspolitik: Korrelat zur in-ternationalen Handelspolitik?, S. 1ff., abrufbar unter: http://www.hwwa.de/Projekte/ Forsch_Schwerpunkte/ FS/Handel/Publikationen/IntWPfAW.pdf.

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4. Kapitel - 3. Teil Rechtstats. Aspekte - Internationale Anwendung und Durchsetzung

329

sonders dringlich empfundenen1128 - Fortentwicklung der multinationalen Kooperati-

onsmechanismen der Aufsichtsbehörden gesucht werden1129.

1128 BKartA: Böge, Ist das deutsche Kartellrecht für elektronische Marktplätze noch zeitge-

mäß?, in: Recht, Wettbewerb und e-Commerce, FIW Schriftenreihe Heft 184, S. 39, 46. 1129 Zu den verschiedenen gegenwärtigen Kooperationsansätzen: Schaub, Konvergenz kartell-

rechtlicher Normen und deren Anwendung auf globale Sachverhalte, abrufbar unter: http://europa.eu.int/comm/competition/speeches/text/sp2001_034_de.pdf.

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5. Kapitel - 1. Teil Abschließende Würdigung - Marktanalyse

330

5. Kapitel

Abschließende Würdigung mit Folgerungen für die künftige Kar-

tellaufsicht über B2B-Internetmarktplätze

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5. Kapitel - 1. Teil Abschließende Würdigung - Marktanalyse

331

1. Teil

Ebene der Marktanalyse

A. Verbleibende Anwendungsunsicherheiten für die Marktabgrenzung

Die Untersuchung hat gezeigt1130, dass die mit dem Aufkommen von B2B-

Internetmarktplätzen verbundenen Fragen hinsichtlich der kartellrechtlichen Marktab-

grenzung anhand der herkömmlichen Bestimmungsmethoden zu lösen sind. Ange-

sichts der immer noch in rascher Entwicklung und Veränderung begriffenen Markt-

platzlandschaft und noch ausstehender Festlegungen der Wettbewerbsbehörden en

detail verbleiben dennoch nicht zu verkennende Bewertungsunsicherheiten1131, die

sich erst mit voranschreitender Festigung der Konturen der betroffenen Märkte auflö-

sen werden. Als Leitlinien für die Beurteilung können die oben1132 dargestellten

Grundsätze dienen.

B. Einbeziehung spezifischer Eigenheiten von Informationsdienstleistungen

I. Notwendigkeit der Berücksichtigung informationsgüterspezifischer Eigenhei-

ten

Bei marktplatztypischen Dienstleistungen handelt es sich um Informationsdienstleis-

tungen. Es gilt als gesicherter Befund, dass Informationsgüter spezielle Eigenheiten

entwickeln können, die für den Wettbewerb dieser Güter bedeutsam und im Rahmen

1130 Vgl.: 2. Kapitel, 3. Teil. 1131 Vgl. auch: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unter-

nehmenspraxis (2002), S. 287. 1132 Vgl.: 2. Kapitel, 3. Teil.

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5. Kapitel - 1. Teil Abschließende Würdigung - Marktanalyse

332

der kartellrechtlichen Analyse einzubeziehen sind1133. Wie die Untersuchung gezeigt

hat, hängt die Relevanz dieser Eigenheiten im Zusammenhang mit B2B-

Internetmarktplätzen jedoch von einer Reihe von Faktoren ab1134, deren Vorliegen im

Einzelfall überprüft werden muss. Es lassen sich diesbezüglich erhebliche Differenzen

je nach geschäftlicher Ausrichtung, Branchenstruktur, Eigentümermodell und vertrag-

licher Ausgestaltung des Nutzungsverhältnisses des jeweiligen Marktplatzes erwarten,

die im Rahmen der kartellrechtlichen Beurteilung zu berücksichtigen sind.

II. Keine Notwendigkeit einer grundlegenden Neuausrichtung der Wettbewerbs-

analyse

Von einem Teil der wirtschaftstheoretischen Literatur wird für die Untersuchung von

Hochtechnologiemärkten, worunter vor allem Software- und Internetmärkte verstan-

den werden, eine Abkehr von herkömmlichen Interpretations- und Reaktionsweisen

der Wettbewerbsaufsicht vorgeschlagen1135. Einige dieser Stellungnahmen empfehlen

für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung des Geschehens auf derartigen Märkten das

Wettbewerbsleitbild der sog. Bestreitbarkeit von Märkten zugrunde zu legen. Dieses

geht davon aus, dass die Disziplinierungswirkung auf etablierte Marktakteure nicht

allein von den auf dem Markt aktiven Konkurrenten, sondern vor allem auch durch

Möglichkeit des Marktzutritts potenzieller Wettbewerber ausgeht1136. Konsequenter-

weise trifft dieses Modell keine Präferenz hinsichtlich der anzustrebenden Marktstruk-

tur1137. Die Anhänger dieser Ansicht befürworten eine größere Zurückhaltung der

1133 Vgl.: Gutachten des wissenschaftlichen Beirates des Bundesministeriums für Wirtschaft

und Technologie, Wettbewerbspolitik für den Cyberspace, S. 23ff. 1134 Dazu oben: 2. Kapitel, 4. Teil, B. 1135 Vgl.: Evans/Schmalensee, Some Economic Aspects of Antitrust in Dynamically Competi-

tive Industries, zu beziehen über: http://papers.nber.org/papers/w8268. Differenzierend hingegen: Gutachten des wissenschaftlichen Beirates des Bundesministeriums für Wirt-schaft und Technologie, Wettbewerbspolitik für den Cyberspace, S. 23ff.

1136 Mai/Oelmann, Elektronischer Handel im Lichte der Bestreitbarkeit von Märkten, in: Donges/Mai, E-Commerce und Wirtschaftspolitik (2001), S. 49, 60.

1137 Mai/Oelmann, Elektronischer Handel im Lichte der Bestreitbarkeit von Märkten, in: Donges/Mai, E-Commerce und Wirtschaftspolitik (2001), S. 49, 60.

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5. Kapitel - 1. Teil Abschließende Würdigung - Marktanalyse

333

Wettbewerbsaufsicht für den Bereich der Ex-ante-Kontrolle und insgesamt hinsicht-

lich des Aspekts des Hinnehmens von Marktmacht1138. Sie sehen die Aufgaben der

Wettbewerbsaufsicht vornehmlich in einer Ex-post-Aufsicht mit dem Ziel, die „Märk-

te offen“, also Marktzutrittsschranken niedrig zu halten1139.

Die Anwendung dieses Wettbewerbsleitbilds wird in erster Linie für Software- und

Internetmärkte befürwortet, weil die vorausgesetzten Rahmenbedingungen hier in be-

sonderer Weise vorzuliegen scheinen: Die genannten Märkte zeichneten sich durch

hohe Innovationsdynamik aus, in denen sich der Wettbewerb um Märkte vollziehe und

nicht wie herkömmlicher Weise als Wettbewerb auf Märkten.

Auch wenn die Diskussion um die Angemessenheit der Kartellaufsicht über Hoch-

technologiemärkte an dieser Stelle schon aus Platzgründen nicht erschöpfend aufgear-

beitet werden kann, lassen sich für die Aufsicht über B2B-Internetplattformen als eine

der in diesem Kontext zu beleuchtenden Erscheinungen nach dem bisher in dieser Ar-

beit Gesagten gleichwohl einige Aussagen treffen.

So ist zunächst festzustellen, dass die Grundannahmen, von denen die Theorie der be-

streitbaren Märkte ausgeht, für B2B-Marktplätze nicht schlechterdings vorausgesetzt

werden können. Die Untersuchung hat gezeigt, dass sich insbesondere Marktzutritts-

schranken im Laufe der künftigen Marktentwicklung zu einem ernst zu nehmenden

Wettbewerbsfaktor entwickeln können.

Des Weiteren handelt es sich bei B2B-Internetmarktplätzen nicht um Softwaregüter,

sondern Unternehmen, die - wenngleich technologisch auf Softwareprodukten aufbau-

end - eine Dienstleistung für andere Unternehmen erbringen. Die Beobachtungen der

Märkte bestimmter Softwaregüter (etwa von Betriebssystemen, Internetbrowsern) aus

denen z.T. die Notwendigkeit einer speziellen wettbewerbsrechtlichen Behandlung

bestimmter Hoch- und Informationstechnologiemärkte herausgelesen wird, lassen sich

somit nicht unbesehen auf Internetmarktplätze übertragen.

1138 Vgl. zu diesem Aspekt auch: Gutachten des wissenschaftlichen Beirates des Bundesmini-

steriums für Wirtschaft und Technologie, Wettbewerbspolitik für den Cyberspace, S. 30f.; Mai/Oelmann, Elektronischer Handel im Lichte der Bestreitbarkeit von Märkten, in: Donges/Mai, E-Commerce und Wirtschaftspolitik (2001), S. 49, 67.

1139 Mai/Oelmann, Elektronischer Handel im Lichte der Bestreitbarkeit von Märkten, in: Donges/Mai, E-Commerce und Wirtschaftspolitik (2001), S. 49, 60.

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5. Kapitel - 1. Teil Abschließende Würdigung - Marktanalyse

334

Es hat sich ferner im Zuge dieser Untersuchung gezeigt, dass sich die Wettbewerbs-

implikationen von B2B-Internetmarktplätzen vollständig erst durch die Zusammen-

schau mit den korrelierenden Gütermärkten erschließen. Es besteht eine starke Inter-

dependenz dieser beiden Ebenen, die vor allem durch die gleichzeitige Präsenz von

Unternehmen auf der Nutzer- wie auf der Betreiberebene hervorgerufen wird. Die Be-

obachtungen des Marktgeschehens auf reinen Softwaremärkten sind aus diesem Grund

für B2B-Internetmarktplätze kaum fruchtbar zu machen.

Das bestehende System der Kartellaufsicht hat sich zudem als ausreichend flexibel

erwiesen und die Entstehung neuer B2B-Internetmarktplätze nicht blockiert1140. Das

Auftreten bestimmter Eigenheiten des Wettbewerbs in Informationsgütermärkten wie

Netzwerkeffekte oder die Bedeutung technischer Standards als potenzielle Marktzu-

trittsschranken wurde von den Wettbewerbsbehörden andererseits nicht bestritten. Die

Berücksichtigung dieser Faktoren gelingt jedoch, wie bereits einige Entscheidungen

belegen1141 und im 4. Teil des 2. Kapitels dieser Arbeit aufgezeigt, unter Anwendung

der herkömmlichen Methodik der Wettbewerbsanalyse, ohne dass es einer grundle-

genden Neuausrichtung hinsichtlich der wettbewerbstheoretischen Grundlagen der

Kartellaufsicht bedürfte1142. Gerade die Entscheidungen zu B2B-Internetmarktplätzen

waren darüber hinaus von einem dynamischen Wettbewerbsverständnis seitens der

Wettbewerbsbehörden geprägt, das die pragmatische Einbeziehung von Innovation als

Wettbewerbsfaktor erlaubt1143. Sogar die Rechtfertigung einer temporär dominieren-

den Marktstellung auf neu entstehenden Märkten ist im gegenwärtigen System der

1140 Ebenso: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unterneh-

menspraxis (2002), S. 317; Gassner, Internet-Handelsplattformen im Spiegel des Kartell-rechts, MMR 2001, S. 140, 144.

1141 Zur Berücksichtigung von Netzwerkeffekten im Rahmen der Fusionskontrolle vgl.: Mit-teilung der Kommission über im Rahmen der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 447/98 der Kommission zulässige Abhilfemaßnahmen, Rn. 26ff. Vgl. außerdem: EG-Kommission, Entscheidung v. 28.6.2000, Fall Nr. IV/ M.1741 MCI WorldCom/Sprint. Die Offenheit von Datenstandards wurde seitens des BKartA in Entscheidungen zu B2B-Internetmarktplätzen eingefordert. Dazu: BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisint, B 5 - 34100 U 40/00, S. 6f., 16. BKartA, Beschluss v. 29.6.2001, B 5 - 51522 - U 24/01 BuyForMetals und Steel 24-7, S. 8f.

1142 Im Ergebnis ebenso: Gutachten des wissenschaftlichen Beirates des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, Wettbewerbspolitik für den Cyberspace, S. 23ff., 40ff.

1143 Vgl. etwa: BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisint, B 5 - 34100 U 40/00, insbesondere S. 15.

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5. Kapitel - 1. Teil Abschließende Würdigung - Marktanalyse

335

Fusionskontrolle im Wege einer Marktphasenbetrachtung zu bewerkstelligen1144. Die-

se Anpassungsfähigkeit des etablierten Systems der Wettbewerbsaufsicht widerlegt die

Erforderlichkeit einer grundlegenden Änderung der Aufsichtspraxis für den untersuch-

ten Gegenstand.

1144 Nach deutschem und europäischem Kartellrecht ist bei der Missbrauchsaufsicht das

Erstreben einer Marktdominanz an sich ohnehin nicht sanktionsbewährt, vgl.: §§ 19, 20 GWB bzw. Art. 82 EG.

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5. Kapitel - 2. Teil Abschließende Würdigung - Tatbestandsebene

336

2. Teil

Tatbestandsebene

A. Grundsätzliche Anwendbarkeit und Angemessenheit der kartellrechtli-

chen Maßstäbe

Die Normen des Kartellrechts sind aufgrund ihres hohen Abstraktionsgrades geeignet,

auch neuartige Erscheinungen des Wirtschaftslebens wie die in dieser Arbeit unter-

suchten B2B-Internetmarktplätze zu erfassen1145. Eine Gesetzeslücke besteht infolge-

dessen nicht. Die im Zusammenhang mit dem Aufkommen von B2B-

Internetmarktplätzen gegenwärtig abzusehenden kartellrechtlichen Fragestellungen

sind ihrer Art nach nicht neu. Wertungen bereits bekannter Sachverhaltsgestaltungen

und Fallgruppen können zur Lösung herangezogen werden. Dies ist bereits im Bereich

der Ex-ante-Kontrolle über Marktplatzgründungen durch die Aufsichtsbehörden ge-

schehen1146.

1145 Ebenso im Hinblick auf die mit dem Internet verbundenen wettbewerbsrechtlichen Frage-

stellungen insgesamt: Gutachten des wissenschaftlichen Beirates des Bundesministeri-ums für Wirtschaft und Technologie, Wettbewerbspolitik für den Cyberspace, S. 40; Monti, Competition and Informations Technologies, Redebeitrag anlässlich der Konfe-renz „Barriers in Cyberspace“, Kangaroo Group, Brüssel, 18.9.2000, .

1146 Vgl. insbesondere die grundlegenden Entscheidungen des BKartA und der Kommission: BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisint, B 5 - 34100 U 40/00; BKartA, Beschluss v. 23.10.2000 CC-Markets, B 3 - 72303 - U - 76/00; Beschluss v. 29.6.2001, B 5 - 51522 - U 24/01 BuyForMetals und Steel 24-7; EG-Kommission, Fall Nr. IV/M.1969 UTC/Honeywell/i2/MyAircraft.com, CELEX-DokNr. 300M1969; EG-Kommision, Fall Nr. IV/M.2398 Linde/Jungheinrich/JV Supralift, CELEX-DokNr. 301M2398.

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5. Kapitel - 2. Teil Abschließende Würdigung - Tatbestandsebene

337

B. Wachsende Bedeutung der Aufsicht über den Marktplatzbetrieb

Die im Zusammenhang mit B2B-Internetmarktplätzen ausgemachten kartellrechtli-

chen Risiken hängen entscheidend von der konkreten rechtlichen (insbesondere: Ges-

taltung der Nutzungsverhältnisse, des Verhältnisses Marktplatzbetreiber/Marktplatz-

eigner) und technischen (insbesondere: Austausch von Informationen, parteiische Ges-

taltung der Transaktionsroutinen) Ausgestaltung des Marktplatzes sowie der Betrei-

berkonstellation ab.

Berührungspunkte mit dem Kartellrecht können dabei sowohl die Marktplatzgründung

als auch der spätere Marktplatzbetrieb aufweisen.

Die Bedeutung der Aufsicht über den Betrieb von B2B-Internetmarktplätzen spiegelt

sich in den bisherigen Entscheidungen der Kartellbehörden, die sich bis dato aus-

schließlich mit der Neugründung von Marktplätzen zu beschäftigen hatten, allerdings

noch nicht angemessen wider. Die Bedeutung einer fortlaufenden Aufsicht ergibt sich

zum einen aus Missbrauchsmöglichkeiten von Internetmarktplätzen, insbesondere auf

der Nutzerebene, die zum Zeitpunkt der Gründung noch nicht angelegt sind. Zum an-

deren ist zu berücksichtigen, dass sich durch jederzeit vornehmbare geringfügige tech-

nische Modifikationen erhebliche Änderungen in der wettbewerblichen Bewertung

eines Internetmarktplatzes ergeben können1147. Schließlich ist es so, dass sich zum

Zeitpunkt der Marktplatzgründung - soweit diese überhaupt einer wettbewerbsrechtli-

chen Kontrolle unterfällt - die genauen Wettbewerbswirkungen eines Marktplatzes vor

dem Hintergrund der gegenwärtig dynamischen Marktentwicklung noch nicht voraus-

sagen lassen1148. Einige der aufgezeigten kartellrechtlichen Problembereiche werden

zudem erst mit zunehmender Marktetablierung der Akteure bedeutsam1149.

1147 Dazu: Diskussionspapier für die Sitzung des Arbeitskreises Kartellrecht am 9./10.10.2000

Kooperationen zwischen Wettbewerbern - Ist eine Neubewertung erforderlich?, S. 11f. 1148 Vgl.: Diskussionspapier für die Sitzung des Arbeitskreises Kartellrecht am 9./10.10.2000

Kooperationen zwischen Wettbewerbern - Ist eine Neubewertung erforderlich?, S. 11f. 1149 So lassen sich Ausschließlichkeitsbindungen und Exklusionspraktiken regelmäßig erst

nach dem Erreichen einer starken Marktstellung gegenüber der Marktgegenseite durch-setzen. Vgl. zu diesem Aspekt: Diskussionspapier für die Sitzung des Arbeitskreises Kar-tellrecht am 9./10.10.2000 Kooperationen zwischen Wettbewerbern - Ist eine Neubewer-tung erforderlich?, S. 11f.

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5. Kapitel - 2. Teil Abschließende Würdigung - Tatbestandsebene

338

Neben diesen Faktoren lässt sich ein Bedeutungszuwachs der Wettbewerbsaufsicht

über den Marktplatzbetrieb auch deswegen erwarten, weil die Aufsicht über die

Marktplatzgründung, soweit sie der Fusionskontrolle unterfällt, in ihrer inhaltlichen

Reichweite begrenzt ist:

Zwar haben die Kartellbehörden die wettbewerbsbeschränkenden Potenziale elektroni-

scher Internetmarktplätze durch konkrete Vorgaben im Hinblick auf die Regelung des

Nutzungsverhältnisses und der technischen Ausgestaltung zu entschärfen gesucht1150.

Ein solches Vorgehen unterliegt im Rahmen der grundsätzlich marktstrukturbezoge-

nen Fusionskontrolle jedoch normativen Grenzen. So verbietet § 40 Abs. 3 S. 2 GWB

für das deutsche Recht ausdrücklich die Utilitarisierung der Fusionskontrolle zum

Zwecke einer laufenden Verhaltenskontrolle1151, für das EG-Wettbewerbsrecht ist dies

ebenfalls allgemein anerkannt1152. Die Grenzen zwischen marktstrukturorientierter

Fusionskontrolle und Marktverhaltensaufsicht dürfen demnach nicht dadurch ver-

wischt werden, dass den Anmeldern im Fusionsverfahren über das Instrument der ver-

botsabwendenden Zusagen, § 40 Abs. 3 S. 1 GWB bzw. Art. 8 Abs. 2 S. 2 FKVO,

detaillierte Verhaltensvorgaben gemacht werden. Eingefordert werden dürfen von den

Aufsichtsbehörden in der Fusionskontrolle zur Ausräumung wettbewerbsrechtlicher

Bedenken daher grundsätzlich nur strukturelle Zusagen bzw. Abhilfemaßnahmen1153.

1150 Vgl.: BKartA, Beschluss v. 25.9.2000 Covisint, B 5 - 34100 U 40/00; EG-Kommission,

Volbroker.com, Pressemitteilung v. 31.7.2000, IP/00/896. 1151 Bechtold, GWB (2002), § 40, Rn. 19, weiterhin: § 36, Rn. 33. 1152 Etwa: Rieger, in: Frankfuter Kommentar, Art. 8, Rn. 14 FKVO. 1153 Bechtold, GWB (2002), § 40, Rn. 19. Es ist zwar allgemein anerkannt, dass unter struk-

turbezogenen Maßnahmen nicht nur Beteiligungsveräußerungen etc. zu verstehen sind, sondern im Einzelfall auch andere Maßnahmen wie marktöffnende Auflagen, Lizenzzu-sagen oder die Erlaubnis der Errichtung einer physischen Verbindung zwischen Lei-tungsnetzen, soweit sie von unmittelbarer Bedeutung für die Marktstruktur sind. Zwi-schen verhaltensbezogenen und strukturbezogenen Maßnahmen ergbt sich demnach ein Unschärfebereich (vgl. nochmals: Bechtold, GWB (2002), § 40, Rn. 19) in den sich auch die von den Behörden bislang bei Marktplatzanmeldungen eingeforderten Zusagen ein-ordnen lassen. Die zugrunde liegende Intention der Behörden, die „Märkte offen zu hal-ten“, also der Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung durch die Sicherung des Marktzutritts vorzubeugen, unterstreicht die Strukturbezogenheit der betreffenden Vor-kehrungen. Noch weitergehende Gestaltungsvorgaben für Marktplätze wären in der Fu-sionskontrolle vor dem genannten rechtlichen Rahmen jedoch nicht zu rechtfertigen.

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5. Kapitel - 2. Teil Abschließende Würdigung - Tatbestandsebene

339

Die Feinsteuerung der Wettbewerbsaufsicht über B2B-Internetmarktplätze wird nach

alledem in erster Linie im Rahmen der Aufsicht über den Marktplatzbetrieb erfolgen

müssen.

C. Verbleibende Notwendigkeit konkretisierender Normen?

I. Vergleichspunkt: Kartellaufsicht über Computerreservierungssysteme nach

europäischem Kartellrecht

Bereits gegenwärtig gelten auf europäischer Ebene für eine Form elektronischer Märk-

te und Vorläufertechnologie von Internetmarktplätzen spezielle kartellrechtliche Re-

geln. So sah sich die Europäische Gemeinschaft aufgrund von Wettbewerbsbeschrän-

kungen, die durch den Einsatz von Computerreservierungssystemen (CRS) der Luft-

fahrtunternehmen hervorgerufen wurden, zum Erlass einer Verordnung veranlasst1154,

welche die gemeinsame Entwicklung und den gemeinsamen Betrieb solcher Systeme

nur vom Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG freistellt, soweit die detaillierten Anforderun-

gen, welche die Verordnung an die Ausgestaltung des Systems stellt, eingehalten wer-

den. Der durch die genannte Verordnung aufgestellte Verhaltenskodex regelt dabei in

ausführlicher Form Aspekte von CRS, die, wie die vorliegende Untersuchung ergeben

hat, auch für B2B-Internetplattformen relevant sind: So finden sich in dieser Verord-

nung Bestimmungen über den Austausch von Informationen zwischen den am System

teilnehmenden Unternehmen1155, ein Verbot der Auferlegung exklusiver Nutzungsbe-

dingungen1156 und die Verpflichtung der Betreiberunternehmen, konkurrierenden Luft-

1154 Verordnung (EWG) Nr. 2299/89 über einen Verhaltenskodex im Zusammenhang mit

computergesteuerten Buchungssystemen, ABl. 1989, L 220, S. 1, geändert durch Ver-ordnung (EWG) 3089/93, ABl. 1993 L 278, S. 1 zuletzt geändert durch Verordnung (EWG) 323/99, ABl. 1990, L 40, S1.

1155 Verordnung (EWG) Nr. 2299/89 über einen Verhaltenskodex im Zusammenhang mit computergesteuerten Buchungssystemen, Art. 5 Abs. 3 und 4, Art. 6.

1156 Verordnung (EWG) Nr. 2299/89 über einen Verhaltenskodex im Zusammenhang mit computergesteuerten Buchungssystemen, Art. 3 Abs. 3 lit. b).

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5. Kapitel - 2. Teil Abschließende Würdigung - Tatbestandsebene

340

fahrtunternehmen gleichberechtigten und nichtdiskriminierenden Zugang zum System

zu gewähren1157.

II. Zur Notwendigkeit des Erlasses konkretisierender Normen für B2B-

Internetmarktplätze

Bestehen spezielle kartellrechtliche Vorschriften für CRS als einer speziellen Katego-

rie elektronischer Märkte, so scheint es auf den ersten Blick nicht ganz fernliegend,

den Erlass vergleichbarer konkretisierender Normen für B2B-Internetmarktplätze ins

Auge zu fassen. Eine derartige Normierung brächte den Vorteil mit sich, dass aus

Sicht der Rechtsbetroffenen ein hohes Maß an Anwendungssicherheit und Normklar-

heit erreicht würde. Die Verhaltenspflichten der Akteure müssten dann nicht aus den

generalklauselartig ausgeformten allgemeinen Normen des Kartellrechts hergeleitet

werden, sondern würden unmittelbar aus den zu schaffenden Normen heraus sichtbar;

ein im Hinblick auf die von den Marktplatzbetreibern und Teilnehmern getätigten In-

vestitionen nicht zu unterschätzender Faktor zur Reduzierung des Risikos fehlerhafter

rechtlicher Einschätzungen. Ferner ließe sich auch eine Erleichterung der Rechtsan-

wendung auf Seiten der Wettbewerbsbehörden erwarten.

Die gewichtigeren Argumente sprechen jedoch derzeit gegen einen regulatorischen

Eingriff des Gesetzgebers.

Zunächst lässt sich anführen, dass bereits gegenwärtig aufgrund der behördlichen Ent-

scheidungsserien zu B2B-Internetmarktplätzen ein hohes Maß an Rechtsklarheit in

den betroffenen Kreisen darüber besteht, wie die Behörden das Kartellrecht in Bezug

auf Internethandelsplätze auslegen.

Anlass für den Gemeinschaftsgesetzgeber zum Erlass spezieller Vorschriften für CRS

waren zudem die von den Behörden festgestellten nachhaltigen Wettbewerbsbe-

schränkungen, die durch derartige Reservierungssysteme verursacht worden waren.

Demgegenüber haben die Behörden bei keinem der bislang untersuchten Marktplatz-

vorhaben ernsthafte Wettbewerbsbeschränkungen feststellen können. In den Anmelde- 1157 Verordnung (EWG) Nr. 2299/89 über einen Verhaltenskodex im Zusammenhang mit

computergesteuerten Buchungssystemen, Art. 3 Abs. 2.

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5. Kapitel - 2. Teil Abschließende Würdigung - Tatbestandsebene

341

und Genehmigungsverfahren sind die Unternehmen im Gegenteil durchweg auf sämt-

liche Forderungen der Behörden im Hinblick auf die genaue Ausgestaltung der Markt-

plätze eingegangen und haben diese bei der Durchführung des Vorhabens berücksich-

tigt.

Wie im Verlauf dieser Arbeit aufgezeigt wurde, weisen die derzeit existierenden B2B-

Internetmarktplätze erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Betreiberstruktur und des

geschäftlichen Fokus auf. Das Leistungsangebot variiert stark. Anders als im Falle der

CRS haben die Wettbewerbsbehörden es nicht mit technisch und organisatorisch rela-

tiv homogen ausgestalteten Systemen und nur einer einzigen charakteristischen

Betreiberstruktur zu tun1158. Konkretisierende Regeln für Internetmarktplätze müssten

hierauf Rücksicht nehmen und hinsichtlich der verschiedenen Marktplatztypen diffe-

renzieren. Der Vergleich mit der Regulierung der CRS offenbart, welchen enormen

Regulierungsaufwand die Schaffung ähnlicher Vorschriften für B2B-Internet-

marktplätze dann mit sich bringen würde: Um sicherzustellen, dass die betreffenden

CRS hinsichtlich der bereitgestellten Informationen keine Nutzer selektiv benachteili-

gen, wurde in der betreffenden Verordnung zur Konkretisierung des Gebots der

Nichtsdiskriminierung z.B. detailliert geregelt, in welcher Weise, in welcher Reihen-

folge, welche Flugverbindungen auf den Anzeigen der Nutzer angezeigt werden müs-

sen bzw. nicht angezeigt werden dürfen1159. Hält man sich die Unterschiedlichkeit der

Internetmarktplatzsysteme, die Vielfalt der über sie gehandelten Güter und die daraus

resultierenden unterschiedlichen Informationsbedürfnisse der Nutzer sowie die große

Anzahl der verwendeten Transaktionsmechanismen vor Augen, wird klar, dass die

Setzung konkretisierender Normen zur Regelung technischer Details, wie für CRS

geschehen, kein gangbarer Weg ist. Gegenüber den relativ homogenen und in ihrem

Leistungsangebot recht einheitlichen und wenig komplexen CRS wäre für B2B-

Internetmarktplätze ein Vielfaches zu regeln. Die Pflicht zur Befolgung derartiger Re-

geln würde außerdem die bestehenden Systeme in technischer Hinsicht in ein enges

Korsett schnüren, welches die Fortentwicklung der Marktplätze behindern würde. Bei

1158 Zur Funktionsweise von CRS vgl.: Grabowski, Wettbewerbsbeschränkungen in der Luft-

fahrtindustrie durch Computer Reservation Systems (1994), S. 25ff. 1159 Verordnung (EWG) Nr. 2299/89 über einen Verhaltenskodex im Zusammenhang mit

computergesteuerten Buchungssystemen, Art. 5.

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5. Kapitel - 2. Teil Abschließende Würdigung - Tatbestandsebene

342

der zu beobachtenden technologischen Entwicklungsgeschwindigkeit würde die ge-

setzgeberische Regulierung ferner zwangsläufig hinter den technischen Gegebenheiten

zurückbleiben. Die Nachteile und Schwierigkeiten eines legislativen Eingreifens über-

steigen daher zusammengenommen den potenziellen Mehrwert einer solchen Recht-

setzung bei weitem. Angesichts dessen erscheint ein Tätigwerden des Gesetzgebers

nicht geboten.

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5. Kapitel - 3. Teil Abschließende Würdigung - Rechtsdurchsetzung

343

3. Teil

Ebene der Rechtsdurchsetzung

Es wurde gezeigt, in welcher Weise das Spannungsverhältnis zwischen territorial be-

grenzten Durchsetzungsbefugnissen der einzelnen Kartellbehörden und sich internati-

onalisierender Wirtschaftsbeziehungen gerade am Beispiel der B2B-Internetmarkt-

plätze offen zu Tage tritt und auf die Notwendigkeit verstärkter globaler Zusammenar-

beit der Aufsichtsbehörden als einer der zentralen künftigen Herausforderungen an die

Kartellaufsicht hingewiesen.

Nicht zu unterschätzen sind die Schwierigkeiten, die sich den Behörden im Hinblick

auf die Aufdeckung und Identifizierung eventueller Verstöße ergeben können. Hiermit

verbunden sind allerdings weniger neuartige rechtliche als praktische Fragestellungen,

so dass auch für diesen Bereich der bestehende Aufsichtsrahmen ausreichend ist: Die

zentrale Herausforderung an die Wettbewerbsaufsicht wird in diesem Zusammenhang

darin bestehen, mit den sich rasch verändernden technischen Möglichkeiten und Ent-

wicklungen Schritt zu halten.

Die zunehmende Technisierung unternehmerischer Kooperationsmöglichkeiten

setzt für eine angemessene Beurteilung ein fundiertes technisches Verständnis voraus.

Wie das BKartA zu Recht festgestellt hat, sind es letztlich technische Nuancen, „die

aus einem wettbewerbsfördernden Internet-Marktplatz eine elektronische Drehscheibe

für wettbewerbsbeschränkende Verhaltensabstimmungen machen können.“1160

1160 Vgl.: Diskussionspapier für die Sitzung des Arbeitskreises Kartellrecht am 9./10.10.2000

Kooperationen zwischen Wettbewerbern - Ist eine Neubewertung erforderlich?, S. 12.

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Dreher, Meinhard: Die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit von Informationen über Marktdaten, in: Bewertung und Zulässigkeit von Marktinformationsverfahren, FIW Schriftenreihe Heft 150, S. 15. (zitiert: Dreher, Wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit von Marktinformationen, in: Bewertung und Zulässigkeit von Marktinformationsverfahren, FIW-Schriftenreihe, 1992, Heft 150, S. 15)

Eilmannsberger, Thomas: EG-Wettbewerbsrecht und Internet, in: wbl 2001, 501 (zitiert: Eilmannsberger, EG-Wettbewerbsrecht und das Internet, Wbl, 2001, S. 501)

Ensthaler, Jürgen; Gesmann-Nuissl; Dagmar: Vituelle Unternehmen in der Praxis - eine Herausforderung für das Zivil-, Gesellschafts- und Kartellrecht, in: BB 2000, S. 2265 (zitiert: Ensthaler/Gesmann-Nuissl, Virtuelle Unternehmen in der Praxis – eine Herausforderung für das Zivil-, Gesellschafts- und Kartellrecht, BB 2000, S. 2265)

Evans, D.: Policing B2B Exchanges: Synchronity or Chosts in the Mashine?, Vortrag anlässlich des George Mason Law Review Symposium: Defining the Role of Antitrust in the High Technology Revolution, 27.10.2000 (zitiert: Evans, Policing B2B Exchanges: Synchronity or Chosts in the Mashine?, Vortrag anlässlich des George Mason Law Review Symposium: Defining the Role of Antitrust in the High Technology Revolution, 27.10.2000)

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Fricke, Markus / Hoppen, Norman: Skeptische Automobilindustrie, in: Logisitk heute, 10/2002, S. 84. (zitiert: Fricke/Hoppen, Skeptische Automobilindustrie )

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Gersch, Martin: Vernetzte Geschäftsbeziehungen 1. Auflage, 1998, Gabler Verlag (zitiert: Gersch, Vernetzte Geschäftsbeziehungen)

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Jestaedt, Thomas: Funktionalität, Effizienz und Wettbewerb: B2B Martkplätze und das Kartellrecht, in: BB 2001, S. 581 (zitiert: Jestaedt, Funktionalität, Effizienz und Wettbewerb: B2B-Martkplätze und das Kartell-recht, BB 2001, S. 581)

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Kirchner, Christian: Internetmarktplätze, Markttransparenz und Marktinformationssystem, in: WuW 2001, S. 1030. (zitiert: Kirchner, Internetmarktplätze, Markttransparenz und Marktinformationssystem, in: WuW 2001, S. 1030.)

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Klotz, Robert: Ausgewählte Probleme des Internet-Rechts, abrufbar unter: http://europa.eu.int/comm/competition/speeches/index_2000.html (zitiert: Klotz, Ausgewählte Probleme des Internet-Rechts)

Koenig, Christian / Kulenkampff, Gabriele / Kühling, Jürgen / Loetz, Sascha / Smit, Hilke: Internetplattformen in der Unternehmenspraxis 1. Auflage, 2002, Verlag Recht und Wirtschaft (zitiert: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis)

Köhler, Helmut: Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedingungen des europäischen und deutschen Kartellrechts, in: K&R 2000, S. 569 (zitiert: Köhler, Gründung und Nutzung von Internet-Marketplaces: die Rahmenbedingungen des europäischen und deutschen Kartellrechts, K&R 2000, S. 569)

Kollmann, Tobias: Virtuelle Marktplätze 1. Auflage, 2001, Vahlen Verlag (zitiert: Kollmann, Virtuelle Marktplätze)

Koopmann, Georg: Internationalisierung der Wettbewerbspolitik: Korrelat zur internationalen Handelspolitik?, abrufbar unter: http://www.hwwa.de/Projekte/Forsch_Schwerpunkte/FS/Handel/Publikationen/IntWPfAW.pdf (zitiert: Koopmann, Internationalisierung der Wettbewerbspolitik: Korrelat zur internationalen Handelspolitik?)

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Lampert, Thomas / Michel, Antje: B2B-Marktplätze im Internet, in: K&R 2002, S. 505 (zitiert: Lampert/Michel, B2B-Marktplätze im Internet, K&R 2002, S. 505)

Lancefield, David: The Reugaltory Hurdles Ahead in B2B, in: ECLR, 2001, S. 9 (zitiert: Lancefield, The Regulatory Hurdles Ahead in B2B, ECLR 2001, S. 9)

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Lange, Knut Werner: Unternehmenskooperationen im Internet und EG-Kartellrecht, in: EWS 2000, S. 291 (zitiert: Lange, Unternehmenskooperationen im Internet und EG-Kartellrecht, EWS 2000, S. 291)

Lange, Knut, Werner: Virtuelle Unternehmen: Neue Unternehmenskoordination in Recht und Praxis 1. Auflage, 2001, Verlag Recht und Wirtschaft (zitiert: Lange, Virtuelle Unternehmen: Neue Unternehmenskoordination in Recht und Praxis)

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Möhrstedt, Detlef G. / Bogner, Philipp / Paxian, Sascha: Electronic Procurement . 1. Auflage, 2001, Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart (zitiert: Möhrstedt/Bogner/Paxian, Electronic Procurement)

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Neumann, Manfred: Wettbewerbspolitik 1. Auflage, 2000, Gabler Verlag (zitiert: Neumann, Wettbewerbspolitik)

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Schlueter-Langdon, Christoph: Elektonische Märkte und Netze ändern Industriestrukturen; Internet-Ökonomie (9), in: FAZ v. 11.1.2001, S. 23 (zitiert: Schlueter-Langdon, Christoph, Elektonische Märkte und Netze ändern Industriestrukturen; Internet-Ökonomie (9), FAZ v. 11.1.2001, S. 23)

Schmidt, Holger: Nach der Begeisterung über Branchenplattformen konzentrieren sich deiUnternehmen jetzt auf private Online-Marktplätze, in: FAZ v. 1.3.2001, S. 29 (zitiert: Schmidt: Online-Marktplätze, FAZ v. 1.3.2001, S. 29)

Schmidt, Ingo: Markttransparenz als Voraussetzung für Wettbewerbsbeschränkungen, in: WuW 1963, S. 97 (zitiert: Schmidt, Markttransparenz als Voraussetzung für Wettbewerbsbeschränkungen, WuW 1963, S. 97)

Schmidt, Ingo: Wettbewerbspolitik und Kartellrecht 3. Auflage, 1990, Gustv Fischer Verlag (zitiert: Schmidt, Wettbewerbspolitik und Kartellrecht)

Schneider, Dirk ; Schnetkamp, Gert: E-Markets B2B Strategien im Electronic Commerce 1. Auflage, 2000, Gabler Verlag (zitiert: Schneider/Schnetkamp, E-Markets B2B Strategien im Electronic Commerce)

Schüppler, David: Informationsmodelle für überbetriebliche Prozesse 1. Auflage, 1998, Peter Lang Verlag (zitiert: Schüppler, Informationsmodelle für überbetriebliche Prozesse)

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365

Sedemund, Jochim: Entwicklung der kartellrechtlichen Bewertung von Marktinformationsverfahren, in: Festschrift Lieberknecht, S. 571 (zitiert: Sedemund, Entwicklung der kartellrechtlichen Bewertung von Marktinfor-mationsverfahren, in Festschrift Lieberknecht, S. 571)

Shapiro, Carl: Exclusivity in Network Industries, in: George Mason Law Review 1999, S. 673 (zitiert: Shapiro, Exclusivity in Network Industries, George Mason Law Review 1999, S. 673.)

Sibbel, Rainer / Hartmann, Felix: Potenziale elektronischer Marktplätze für das Beschaffungsmanagement, in: WISU 2002, S. 497 (zitiert: Sibbel/Hartmann, Potenziale elektronischer Marktplätze für das Beschaffungsmana-gement, WISU 2002, S. 497)

Spinello, Richard A.: Regulating Cyberspace 1. Auflage, 2002, Quorum Books (zitiert: Spinello, Regulating Cyberspace)

Strittmatter, Marc: Marktzutrittsschranken durch schlanke Zulieferstrukturen und Art. 85 EGV 1. Auflage, 1996, Peter Lang Verlag (zitiert: Strittmatter, Marktzutrittsschranken durch schlanke Zulieferstrukturen und Art. 85 EGV)

Stroud, Fay: B2B E-Marketplaces - The Emerging Competition Law Issues, in: World Competition 2001, S. 125 (zitiert: Stroud, B2B E-Marketplaces - The Emerging Competition Law Issues, World Competition, 2001, S. 125)

Studie der Pixelpark GmbH und der TU Berlin: Studie: Chancen und Risiken für Logistikdienstleister durch neue Beschaffungskonzepte - Endbericht Teil 1, abrufbar unter: http://www.logistikaustriaplus.at/download/elaplus_studie_20_5_2002_teil1.pdf (zitiert: Studie der Pixelpark GmbH und der TU Berlin: "Chancen und Risiken für Logistik-dienstleister durch neue Beschaffungskonzepte - Endbericht Teil 1")

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366

Sura, Martin: Rechtshandbuch B2B Plattformen, in: Gramlich/Kröger/Schreibauer, 1.Auflage, 2003 Verlag C.H.Beck (zitiert: Gramlich/Kröger/Schreibauer, Rechtshandbuch B2B Plattformen)

Swindle, Orson: Enforcement of Consumer Protection and Competition Laws in the Global Marketplace: The North American Experience, abrufbar unter: http://www.ftc.gov/speeches/swindle/austspch.htm (zitiert: Swindle, Enforcement of Consumer Protection and Competition Laws in the Global Marketplace: The North American Experience)

Thome, Rainer / Schinzer, Heiko (Hrsg.): Electronic Commerce 1. Auflage, 1997, Vahlen Verlag (zitiert: Beitragsautor, Beitragstitel, in: Thome/Schinzer, Electronic Commerce)

Tränkle, Claudia: Die essential facilities"-Doktrin im Europäischen Wettbewerbsrecht 1. Auflage, 2001, Media Verlag Köhler (zitiert: Tränkle, Die essential facilities"-Doktrin im Europäischen Wettbewerbsrecht)

Tröller, Elke: Kartellrechtliche Probleme von elektronischen B2B-Marktplätzen 1. Auflage, 2004, Peter Lang Verlag (zitiert: Tröller, Kartellrechtliche Probleme von elektronischen B2B-Marktplätzen)

Ungerer, Herbert: Access Issues under EU Regulation an Anit-Trust Law - The Case of Telecommunocations and Internet Markets, abrufbar unter: http://europa.eu.int/comm/competition/speeches/text/sp2000_012_en.pdf (zitiert: Ungerer, Access Issues under EU-Regulation and Anti-Trust Law - The Case of Telecommunications and Internetmarkets)

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Urrutia, Bernardo: Internet and its effects on competition, abrufbar unter: http://europa.eu.int/comm/competition/speeches/index_2000.html (zitiert: Urrutia, Internet and its effects on competition, Beitrag zum Workshop der Universidad Internacional Menendez Pelayo (UIMP), Barcelona, 10.7.2000)

Vajda, Cristopher / Gahnström, Anders: EC Competition Law and the Internet, in: ECLR 2000, S. 102 (zitiert: Vajda/Gahnström, EC Competition Law an the Internet, ECLR 2000, S. 102)

Vollebregt, Erik: E-Hubs, syndication and competition concerns, in: ECLR. 2000, S. 437 (zitiert: Vollebregt, E-Hubs, syndication and competition concern, ECLR 2000, S. 437)

Weitzel, Tim / König, Wolfgang: Zwischenbetriebliche Kooperationen und elektronische Märkte, in: FAZ v. 26.03.2001, S. 32 (zitiert: Weitzel/König, Zwischenbetriebliche Kooperationen und elektronische Märkte, FAZ v. 26.03.2001, S. 32)

Welling, Inken: Neue Formen der Einkaufsbündelung nach deutschem und europäischem Kartellrecht 1. Auflage, 2004, Verlag Peter Lang (zitiert: Welling, Neue Formen der Einkaufsbündelung nach deutschem und europäischem Kartellrecht)

Weyer, Hartmut: Neue Fragen des Missbrauchs marktbeherrschender Stellungen nach § 19 GWB, in: AG 1999, S. 257 (zitiert: Weyer, Neue Fragen des Missbrauchs marktbeherrschender Stellungen nach § 19 GWB, AG 1999, S. 257)

Wiedemann, Gerhard (Hrsg.): Handbuch des Kartellrechts 1. Auflage, 1999, C.H.Beck´sche Verlagsbuchhandlung, München (zitiert: Bearbeiter, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts)

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368

WIK-Consult: Studie: Internetplattformen für den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen – Eine wirtschaftspolitische und wettbewerbsrechtliche Beurteilung, abrufbar unter: http://www.wik.org/content/kf_deut.pdf (zitiert: Gutachten der WIK-Consult GmbH und des Zentrum für Europäische Integrationsforschung, Internetplattformen für den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen – Eine wirtschaftspolitische und wettbewerbsrechtliche Beurteilung)

Wise, Richard / Morrison, David: Die zweite Revolution im Geschäft Business-to-Business, in: Harvard Business Manager 3/2001, S. 40 (zitiert: Wise/Morrison, Die zweite Revolution im Geschäft Business-to-Business, Harvard Business Manager 3/2001, S. 40)

Wissenschaftlicher Beirat des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit: Gutachten: Wettbewerbspolitik im Cyberspace, abrufbar unter: http://www.bmwi.de/Homepage/Politikfelder/Wirtschaftspolitik/Publikationen/Publikationen.jsp (zitiert: Wissenschaftlicher Beirat des BMWi Gutachten: Wettbewerbspolitik im Cyberspace)

Woll, Arthur (Hrsg.): Wirtschaftslexikon 9. Auflage, 2000, Oldenbourg Verlag (zitiert: Woll, Wirtschaftslexikon)

Zunke, Karsten: Und es gibt sie doch - erfolgreiche Marktplätze, in: acquisa, Heft 2/2002, Artikel erhältlich unter: http://www.competence-site.de. (zitiert: Zunke, Und es gibt sie doch - erfolgreiche Marktplätze, acquisa, Heft 2/2002)

andrea
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Kreis der Anbieter

Schaubild 1: Funktionale Betrachtung eines B2B-Marktplatzes (vereinfachendes Schema)

B2B-Marktplatz

B2B-Marktplatz

N5N5

N1N1

N2N2

N3N3

N4N4

Kreis der Nachfrager

A1A1

A3A3

A2A2

A4A4

Marktplatzunternehmen

Produkte, Dienstleistungen, Konditionen

Kaufgesuche, Kriterien, Profile

Kaufangebote, Alternativen, Vorschläge, Objektprofile

Interessenten, Kaufabsichten, Bestellungen

Anhang

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B2B-Marktplatz

B2B-Marktplatz

NachfragerNachfrager

Anbieter1Anbieter1

Anbieter3Anbieter3

Anbieter2Anbieter2

Schaubild 2: Funktional/technisches Schema elektronischer Beschaffung über Internetmarktplätze (vereinfacht)

Internet

-Intranet

-Hardwareanbindung an das Internet

-Internetbrowser

-ERP-System

Angebot 2Angebot 2

Angebot 3Angebot 3

Angebot 1Angebot 1

Marktplatzsoftware:

- Transaktionsmechanismen (z.B. Auktionen, Kataloge, Börsen)

-Anbindung an ERP-System

-Zusatzleistungen (z.B. Bonitätsprüfung, elektronische Zahlungsabwicklung)

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BergbauÖffentliche Verwaltung

AgrarindustrieGrafische IndustrieHolz- und

PapierLebensmittelbra

ncheMedien/Unterha

ltungReise und Touristik

Textilbranche

MaschinenbauMöbel/Haushaltswar

enProfessionelle

DienstleistungenTextilbranche

Automobil-industrie

Chemische Industrie

Elektronik/Datenverar-

beitungLuft- und Raumfahrt

ElektrotechnikEnergie und

WasserFinanzdienst-

leistungenGesundheits-

wesenMetallindustrieTelekommuni-

kationTransportwesen

Bauwesen

Einge-schränkt

Hoch

Sehrhoch

Akzeptanz-phase

Durchsetzungs-phase

Startphase

Entwicklungsstand

Prognostizierte Potenziale für B2B-Marktplätze

Schaubild 3: Potenziale für B2B-Internetmarktplätze in ausgewählten Branchen

Quelle: Koenig/Kulenkampff/Kühling/Loetz/Smit, Internetplattformen in der Unternehmenspraxis (2002), S. 22

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B2B-Marktplatz

B2B-Marktplatz

N5N5

N1N1

N2N2

N3N3

N4N4

A1A1

A3A3

A2A2

A4A4

neutrales Marktplatzunternehmen:Internet-Start-Up, unabhängige Kapital-geber

Schaubild 4: Neutraler Marktplatz (vereinfachendes Schema)

B2B-Marktplatz

B2B-Marktplatz

N5N5

N1N1

N2N2

N3N3

N4N4

A1A1

A3A3

A2A2

A4A4

N1-N3: Gründungsunter-nehmen zugleich Gesellschafter am Marktplatzunternehmen

N3, N4: zum Handel zugelassene Außenseiter-Konkurrenten von N1-N3

Marktplatzunter-nehmen: Joint Venture von N1-N3

Schaubild 5: Nachfragerinitiierter Branchenmarktplatz (vereinfachendes Schema)

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B2B-Marktplatz

B2B-MarktplatzNN

A1A1

A3A3

A2A2

A4A4

privater Marktplatz als Tochterunter-nehmen eines Industrieunternehmens

Einzelnes Industrieunternehmen als Gründer und Marktplatzeigner

Schaubild 6: Nachfragerinitiierter privater Marktplatz (vereinfachendes Schema)

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A1A1

A3A3

A2A2

A4A4

B1B1

B3B3

B2B2

B4B4

D1D1

D3D3

D2D2

D4D4

C1C1

C3C3

C2C2

C4C4

Rohstofflieferanten Zwischen-

produkte Hersteller

Hersteller Händler

B2B-Internetmarktplatz

B2B-Internetmarktplatz

Wertschöpfungskette

Schaubild 7: Durch einen B2B-Internetmarktplatz vermittelte Kooperationen entlang mehrerer Wertschöpfungsstufen (vereinfachendes Schema)