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269SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Erkenntnistheorie
Was ist Wahrheit?
270SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
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Was ist denn das: Philosophie?
ϕιλοσοϕια
ϕιλος = Freund / Liebhaber / Begehrender
σοϕια = Weisheit / Wissen / Sachkunde
Jemand, der „philosophiert“ (ein Philosoph) ist also dem Worte nach
… jemand, der das Wissen liebt… jemand, der sich um Weisheit bemüht
271SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
… jemand, der Gefallen an sachkundigen Urteilen hat… jemand, der auf der Suche nach der Wahrheit ist
Sind wir alle schon Philosophen? Können wir nach Hause gehen?
Was ist denn das: Philosophie?
ϕιλοσοϕια
ϕιλος = Freund / Liebhaber / Begehrender
σοϕια = Weisheit / Wissen / Sachkunde
Jemand, der „philosophiert“ (ein Philosoph) ist also dem Worte nach
… jemand, der das Wissen liebt
jemand der sich um Weisheit bemüht
272SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
… jemand, der sich um Weisheit bemüht… jemand, der Gefallen an sachkundigen Urteilen hat… jemand, der auf der Suche nach der Wahrheit ist
Sind wir alle schon Philosophen? Können wir nach Hause gehen?
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Was ist denn das: Philosophie?
ϕιλοσοϕια
λ d / bh b / h dϕιλος = Freund / Liebhaber / Begehrender
σοϕια = Weisheit / Wissen / Sachkunde
Jemand, der „philosophiert“ (ein Philosoph) ist also dem Worte nach
… jemand, der das Wissen liebt… jemand, der sich um Weisheit bemüht
jemand der Gefallen an sachkundigen Urteilen hat
273SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
… jemand, der Gefallen an sachkundigen Urteilen hat
… jemand, der auf der Suche nach der Wahrheit ist
Sind wir alle schon Philosophen? Können wir nach Hause gehen?
Eigenschaften der Wahrheit
(a) unstrittig
Objektivität: „Wahr-Sein“ vs. „Für-Wahr-Halten“Zeitlosigkeit: Wahrheit hat keine Geschichte Glauben und Wissen hingegen schonZeitlosigkeit: Wahrheit hat keine Geschichte, Glauben und Wissen hingegen schon.Wahrheit ist sprachunabhängig und sprachübergreifend: Übersetzung.
(b) strittig
Transzendenz (Realismus): Wahrheit ist unabhängig von Erkennbarkeit. Definition derWahrheit ≠ Kriterium der Wahrheit
Immanenz (Anti-Realismus): Wahrheit und Erkenntnis sind untrennbar miteinanderverbunden. Definition der Wahrheit = Kriterium der Wahrheit
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verbunden. Definition der Wahrheit Kriterium der Wahrheit
***********************************************************************Eine Definition der Wahrheit gibt an, was es heißt, „wahr“ zu sein, was Wahrheit ist.Ein Kriterium der Wahrheit dient dazu zu entscheiden, ob etwas wahr ist oder nicht, d.h.dazu, herauszufinden, was wahr ist und was nicht.
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Wahrheitsträger
Was kann überhaupt wahr oder falsch sein?
(a) Sprachliche WahrheitsträgerSätze (abstrakte sprachliche Formen)Sätze (abstrakte sprachliche Formen)Äußerungen (konkrete sprachliche Handlungen)
Problem: Wahrheit ist sprachübergreifend
(b) Psychische WahrheitsträgerUrteile (konkrete psychische Ereignisse)Überzeugungen (konkrete psychische Zustände)
Problem: Wahrheit ist objektiv und zeitlos.
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(c) Abstrakte WahrheitsträgerPropositionen (abstrakte semantische Objekte)
Problem: Zugang zu abstrakten Entitäten
Die Korrespondenztheorie
Etwas ist wahr, wenn es mit der Welt im Einklang steht.
Eine Satz ist wahr, gdw. es eine Tatsache gibt, mit der er übereinstimmt.
Was heißt „Übereinstimmung“ mit einer Tatsache? Lässt sich diese Redeweisenoch weiter präzisieren?
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Bildtheorie (Wittgenstein) semantische Theorie (Tarski)
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KorrespondenztheorieWittgensteins Bild-Theorie
These: Der Satz ist ein „Bild“ der Tatsache.
Semantische Bedingung: Die Teilelemente eines Satzes stehen für entsprechende Teilelemente der Tatsachen
„Die Katze sitzt auf der Matte.“
die Katze
stehen für entsprechende Teilelemente der Tatsachen.
Bedingung der Strukturgleichheit: Die Teilelemente eines Satzes sind untereinander genauso angeordnet wie die Teilelemente der Tatsache.
277SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
sitzt auf
der Matte
KorrespondenztheorieWittgensteins Bild-Theorie
Universalienproblem: Es ist umstritten, dass es neben Einzelgegenständen wieKatzen und Matten auch Universalien wie Eigenschaften oder Relationen (wie derdes Auf-etwas-Sitzens) gibt.
Das Problem fehlender korrespondierender Tatsachen:
Negative, wahre Sätze: „Bello sitzt nicht auf der Matte.“
Existenzsätze: „Es gibt eine Katze, die auf der Matte sitzt.“
278SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Kontrafaktische Sätze: „Bello könnte auf der Matte sitzen.“
Probabilistische Sätze: „Höchstwahrscheinlich sitzt die Katze auf der Matte.“
Mathematische Sätze: „2+2=4.“
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KorrespondenztheorieWittgensteins Bild-Theorie
Das Slingshot-Argument
Korrespondenztheorie: Sätze korrespondieren mit Tatsachen.
Alonzo Church(1903-1995)
Bildtheorie: Die Teilausdrücke eines Satzes stehen für etwas in der Welt.Extensionalitätsbedingung: Wenn man einen Teilausdruck eines Satzes durch einenanderen ersetzt, der für dasselbe steht, dann korrespondiert der Satz, der sich darausergibt, mit derselben Tatsache wie der ursprüngliche Satz.
Scott ist der Autor von Waverly.Substitution
Scott ist der, der 29 Waverly-Novellen geschrieben hat.Synonymie
Die Anzahl von Scotts Waverly Novellen ist 29
Jeder dieser Sätze bringt
279SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Die Anzahl von Scotts Waverly-Novellen ist 29.Substitution
Die Anzahl der Verwaltungsbezirke in Utah ist 29.Synonymie
Utah hat 29 Verwaltungsbezirke.
bringt dieselbe Tatsache
zum Ausdruck
Tarskis semantische Theorie der Wahrheit
Alfred Tarski (1901-1983)
Tarski ist ein polnisch-amerikanischerL ik d b 1942 i B k lLogiker, der ab 1942 in Berkeleylehrte. Er gilt als der Begründer derformalen Semantik („Modelltheorie“).Seine Arbeiten zum Problem derDefinition der Wahrheit warenbahnbrechend und hatten einen großenEinfluss auf die Philosophie.
Wichtigste Werke:
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„Der Wahrheitsbegriff in denformalisierten Sprachen“ (1936)„The Semantic Conception of Truth andthe Foundations of Semantics“ (1944)
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KorrespondenztheorieTarskis semantische Theorie
Etwas ist wahr, wenn es mit der Welt im Einklang steht.
Ei S t i t ( e ) d h e e i h o e hält ie de S t tEin Satz ist (genau) dann wahr, wenn es sich so verhält, wie der Satz sagt.
„x“ ist wahr in L, gdw. p
Tarski ist der Auffassung, dass eine Theorie der Wahrheit so beschaffen seinmuss, dass sich aus dieser Sätze der obigen Form ableiten lassen müsse.
T-Sätze
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• „Grass is green“ ist wahr im Englischen, gdw. Gras grün ist.• „Neapel liegt südlich von Rom“ ist wahr im Deutschen, gdw. Neapel südlich vonRom liegt.• usw. ...
Tarskis semantische Theorie der Wahrheit
Paradoxien in natürlichen Sprachen
Ist Wahrheit für eine natürliche Sprache überhaupt definierbar?
(W) Der Satz W ist nicht wahr.
Wenn W wahr ist, dann verhält es sich so, wie W sagt, d.h. W ist nicht wahr. Demzufolge istW genau dann wahr, wenn W nicht wahr ist, was zu einem Widerspruch in unsererWahrheitsdefinition führt!!
Natürliche Sprachen wie das Deutsche oder Englische enthalten die Möglichkeit solcherWidersprüche.
282SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Tarski zieht die Konsequenz, dass der Wahrheitsbegriff für eine natürliche Sprachenicht definiert werden kann, sondern nur für sog. formale Sprachen.
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Tarskis semantische Theorie der Wahrheit
Objekt- und Metasprache
(1) „Grass is green“ ist wahr im Englischen gdw. Gras grün ist.( ) „ g g g g
Objektsprache Metasprache
Objektsprache: Sprache, zu der der Satz gehört, über dessen Wahrheit wirreden (in unserem Beispiel das Englische)
Metasprache bzw. Theoriesprache: Sprache, in der wir die Wahrheitsdefinitiongeben (in unserem Beispiel das Deutsche)
283SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Dies impliziert nicht, dass (1) ein Satz ist, der zwei Sprachen enthält!
KorrespondenztheorieTarskis semantische Theorie
Die Gefahr korrekter, aber inadäquater T-Sätze
(T) „x“ ist wahr in LO p
(T-1) „Gras ist grün“ ist wahr im Deutschen Schnee weiß ist.
(T-1) ist zwar wahr, weil beide Seiten des Konditionals wahr sind, aber nicht adäquat!
Konvention T (Adäquatheitskriterium)
Eine Wahrheitsdefinition für eine Sprache LO impliziert alle korrekten Sätze desSchemas
284SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
(T) „x“ ist wahr in LO p
so dass x ein Satz der Objektsprache LO und p eine Übersetzung von x in dieTheoriesprache (Metasprache) ist.
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KorrespondenztheorieTarskis semantische Theorie
Wie sieht denn nun eine Wahrheitsdefinition aus?
(T-2) „Gras ist grün“ ist wahr im Deutschen, gdw. Gras grün ist.( ) „ g , g g
Dieser T-Satz stellt zwar eine adäquate Definition der Wahrheit für dendeutschen Satz „Gras ist grün“ dar, das ist aber noch nicht das, was wireigentlich haben wollen: eine allgemeine Definition des Wahrheitsbegriffs füralle Sätze der untersuchten Sprache.
„Wir können nur sagen, daß jede Äquivalenz der Form (T), die wir nachErsetzung von ‚p‘ durch eine partikuläre Aussage und von ‚x‘ durch den Namendieser Aussage erhalten als eine partielle Definition der Wahrheit betrachtet
285SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
dieser Aussage erhalten, als eine partielle Definition der Wahrheit betrachtetwerden kann, die erklärt, worin die Wahrheit dieser einen individuellen Aussagebesteht. Die allgemeine Definition muß in einem gewissen Sinne die logischeKonjunktion all dieser partiellen Definitionen sein.“ [Alfred Tarski, Diesemantische Definition der Wahrheit und die Grundlagen der Semantik]
KorrespondenztheorieTarskis semantische Theorie
Wie sieht denn nun eine Wahrheitsdefinition aus?
Rekursive Definitionen [Angabe von Wahrheitsbedingungen]
atomare Sätze (Rekusionsanfang)• Falls S ein Satz der Form „F(a)“ in L ist, dann ist S in L wahr, gdw. das Individuum,welches a denotiert, Element der Klasse von Individuen ist, welche F denotieren.
komplexe Sätze (Rekursionsschritt)• Falls S ein Satz der Form „G und H“ in L ist, dann ist S in L wahr, gdw. G wahr ist und Hwahr ist.• Falls S ein Satz der Form „G oder H“ in L ist, dann ist S in L wahr, gdw. G wahr ist oder Hwahr ist.• Falls S ein Satz der Form Für alle x Fx“ in L ist dann ist S in L wahr gdw F(i) für alle
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• Falls S ein Satz der Form „Für alle x, Fx in L ist, dann ist S in L wahr, gdw. F(i) für alleBelegungen i für die Variable x wahr ist.• ...
Abschluss (Rekursionsabschluss)• Nichts sonst ist wahr in L.
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KorrespondenztheorieTarskis semantische Theorie
Zusammenfassung
(1) Welche Form muss eine Theorie der Wahrheit haben?Sie muss Sätze der Form T liefern.
(2) Unter welchen Bedingungen ist eine Definition von „ist wahr in L“ adäquat?Sobald die Konvention T erfüllt ist.
(3) Wie kann man praktisch eine allgemeine Definition dieser Art liefern?Durch eine induktive Definition, in der zuerst die
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Wahrheitsbedingungen für die Basissätze einer Sprache und danach aufbauend für alle anderen, komplexen Sätze dieser Sprache formuliert werden.
Die Redundanztheorie
Die Redundanztheorie der Wahrheit behauptet, dassdas Wort „wahr“ bzw. der Begriff der Wahrheitüberflüssig, weil redundant ist:
p ist wahr p
Berechtigt uns das T-Schema dazu, jeden Satz der Form „p“ ist wahr durch einenSatz der Form p zu ersetzen? Und heißt das nicht, dass wir jederzeit, statt zusagen, ein Satz sei wahr, das Wörtchen wahr streichen und den Satz einfachbehaupten können?
Probleme
F.P. Ramsey W.V.O. Quine
„Gras ist grün“ ist wahr Gras ist grün.
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Probleme
Verallgemeinerungen: Alles, was der Papst sagt, ist wahr.
Negationen: Es ist nicht wahr, dass Gras rot ist.
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Epistemische Wahrheitstheorien
(1) Rationale Akzeptierbarkeit
Der Antirealist behauptet gegen die realistische Auffassung der Wahrheit, dass
Charles SandersPeirce
(1839-1914)
p g g g ,Wahrheit untrennbar mir Erkenntnis verbunden ist. Diese Grundidee hatvielfältige Ausformulierungen gefunden. Eine lautet:
Eine Proposition ist wahr, gdw. sie unter idealen oder optimalenBedingungen von einer vollständig rationalen Person akzeptiert werdenwürde.
• Wahr ist demzufolge das, was vollständig vernünftige Menschen nachausreichender Nachforschung für wahr halten
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ausreichender Nachforschung für wahr halten.
• Wahrheit übersteigt die Perspektive rationaler Personen grundsätzlich nicht.
• Wahrheit ist eine immanente Eigenschaft unserer sprachlichen Praxis.
Epistemische Wahrheitstheorien
Idealisierungen: Da wir keine vollständig rationalen Personen sind und dieBedingungen auch niemals ideal sind, ist es fraglich, ob wir je herausfindenkönnen, was eine vollständig rationale Person unter idealen Bedingungenakzeptieren würde. Da wir dies aber herausfinden müssten, um den epistemischp , pverstandenen Wahrheitsbegriff überhaupt anwenden zu können, ist auch mehrals fraglich, ob wir den Wahrheitsbegriff überhaupt anwenden können. Nunkönnen wir ihn aber anwenden.
Akzeptanz: Wann kann man eine Überzeugung akzeptieren? Wenn sieauthentisch geäußert wurde … überzeugend ist … von einer Person mit fachlicherAutorität vorgebracht worden ist? Offensichtlich kann man etwas ausunterschiedlichen Gründen akzeptieren. Der relevante Begriff der Akzeptanz hiermuss lauten: Etwas (also: eine Proposition, einen Satz usw.) als wahrakzeptieren. Damit wird aber die gegebene Definition zirkulär.
290SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
p g g
Rationalität: Wann nennt man eine Person rational? Wenn sie in ihrem Denkenund Handeln Prinzipien folgt, die Wahrheit erhalten bzw. zur Wahrheit führen.Man kann den Begriff der Rationalität nicht explizieren, ohne dabei den Begriffder Wahrheit zu verwenden. Wieder droht ein Zirkel.
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Epistemische Wahrheitstheorien
(2) Konsenstheorie
Der Konsenstheorie zufolge ist wahr genau das, worauf sich alle einigenJürgen Habermas Karl Otto Apel
g g , gkönnen:
Eine Proposition ist wahr, gdw. sie unter idealen und optimalenBedingungen für alle Mitglieder einer Sprechergemeinschaftrational akzeptierbar ist.
Die Probleme mit den Idealisierungen sowie der Bestimmung vonAkzeptanz und Rationalität stellen sich hier erneut.
291SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Zusätzlich fragt sich, warum Wahrheit eine soziale Angelegenheit seinsoll. Bestätigt Konsens nicht bestenfalls manchmal (und bestimmt nichtimmer) eine Wahrheit, anstatt sie allererst zu begründen?
Epistemische Wahrheitstheorien
(3) Holismus/ Kohärenztheorien
Wenn wir uns fragen, ob ein Satz oder eine Überzeugung wahr ist, haben wird i ht i d Sät d Üb f di i d b i
B. Blanshard O. Neurath D. Davidson
dann nicht immer nur andere Sätze oder Überzeugungen, auf die wir uns dabeistützen können? Der holistischen Position zufolge ist Wahrheit ein Merkmal, dassnicht einem einzelnen Satz, sondern einem ganzen System von Sätzen oderÜberzeugungen zukommt. Aber unter welchen Umständen?
Eine Überzeugung ist wahr, gdw. sie ein Element in einem kohärentenSystem von Überzeugungen ist.
Wir müssen noch klären, was unter Kohärenz zu verstehen ist.
292SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
(1) Die Überzeugungen müssen logisch konsistent und dürfen nichtwidersprüchlich sein.(2) Die Überzeugungen müssen untereinander in einem Schlussfolgerungs-,Rechtfertigungs- und Erklärungszusammenhang stehen.
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Epistemische Wahrheitstheorien
Probleme für die Kohärenztheorie
Alternativsysteme 1: Zu jedem kohärenten System von Überzeugungen gibti d t i d b f ll k hä t S t Übes mindestens ein anderes, ebenfalls kohärentes System von Überzeugungen
derart, dass beide Systeme sich gegenseitig logisch ausschließen.
Alternativsysteme 2: Man kann kohärente Märchen erzählen. Man kannüberhaupt irgendein beliebiges kohärentes System von Überzeugungenkonstruieren, das nichts mit unserer Wirklichkeit gemein haben muss.
Holismus: Eine Überzeugung allein kann gemäß der Kohärenztheorie wederwahr noch falsch sein; sie muss immer in Bezug auf ein System vonÜberzeugungen auf ihre Wahrheit/Falschheit beurteilt werden. Das ist eine
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Überzeugungen auf ihre Wahrheit/Falschheit beurteilt werden. Das ist einestarke, kontraintuitive These.
Definitionszirkel: Wie kann man erklären, was mit logischer Konsistenz,Schlussfolgerung oder Erklärung gemeint ist, ohne dabei schon den Begriff derWahrheit in Anspruch zu nehmen? Das ist zirkulär.
Epistemische Wahrheitstheorien
(1) Theorie der rationalen Akzeptierbarkeit
Eine Proposition ist wahr, gdw. sie unter idealen oder optimalen Bedingungenp , g p g gvon einer vollständig rationalen Person akzeptiert werden würde.
(2) Konsenstheorie
Eine Proposition ist wahr, gdw. sie unter idealen oder optimalen Bedingungen füralle Mitglieder einer Sprechergemeinschaft rational akzeptierbar ist.
(3) Holismus/ Kohärenztheorie
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(3) Holismus/ Kohärenztheorie
Eine Überzeugung ist wahr, gdw. sie ein Element in einem kohärenten Systemvon Überzeugungen ist.
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Erkenntnistheorie
Worin bestehtRechtfertigung?
295SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Worin besteht Rechtfertigung?
Die fallibilistische Auffassung der epistemischen Rechtfertigung
Die (epistemische) Rechtfertigung ist ein Mittel, um wahre Überzeugungen zuerzielen. Die epistemische Rechtfertigung ist damit (definiert als):
… ein gutes (geeignetes) Mittel zur Erzielung wahrer Überzeugungen
Gute oder geeignete Mittel müssen nicht erfolgsgarantierend sein Es genügt
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Gute oder geeignete Mittel müssen nicht erfolgsgarantierend sein. Es genügt,wenn sie den Erfolg wahrscheinlich machen. Die Definition der Rechtfertigungschließt daher deren Fehlbarkeit und Anfechtbarkeit nicht aus!
Es gibt Überzeugungen, die gerechtfertigt und trotzdem falsch sind!Es gibt Überzeugungen, die ungerechtfertigt und trotzdem wahr sind!
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Worin besteht Rechtfertigung?
Eigenschaften der (epistemischen) Rechtfertigung
Zeitrelativität: Jede Rechtfertigung für eine Überzeugung kann durchg g g gden Erwerb zusätzlicher Informationen zu einem späteren Zeitpunktaufgehoben werden.
Personenrelativität: Zwei Personen können zwar eine Überzeugungteilen, es ist aber nicht (noch nicht einmal meistens) so, dass beiderÜberzeugung gleichermaßen gerechtfertigt ist!
Rechtfertigung ist evaluativ: Gerechtfertigt ist jemand, wenn er guteG ü d fü i Üb b it t
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Gründe für seine Überzeugungen besitzt.
Rechtfertigung ist graduell: Jemand kann für seine Meinungschwache oder starke Gründe haben, er kann diese durch zusätzlicheBelege verstärken oder abschwächen.
Die Definition der Rechtfertigung
Eine Person S ist gerechtfertigt zu glauben, dass p, gdw.(1) S Gründe für seine Meinung hat;(2) die Gründe seine Meinung stützen;(3) die Gründe adäquat sind.
(1) Die Rechtfertigung einer Überzeugung setzt voraus, dass es „Rechtfertiger“für diese Überzeugung, d. h. Gründe für sie gibt.
(2) Die Gründe müssen S´s Gründe für die zu rechtfertigende Überzeugung sein.Ü
William P. Alston
298SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Überzeugungen und Gründe dürfen in keinem beliebigen Verhältnis zueinanderstehen, d.h. die Gründe müssen die Überzeugung tatsächlich stützen.
(3) Gründe können eine Überzeugung nur dann rechtfertigen, wenn es nicht bloßirgendwelche Gründe für die Meinung, sondern nur wenn es gute Gründe sind.
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Probleme der Rechtfertigung
Eine Person S ist gerechtfertigt zu glauben, dass p, gdw.
(1) S Gründe für seine Meinung hat;
(2) die Gründe seine Meinung stützen;
(3) die Gründe adäquat (gut) sind.
299SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Unter welchen Umständen stützen bestimmte Gründe eine bestimmte Meinung?
Probleme der Stützungsbeziehung
Irene glaubt, dass es draußen regnet. Sie hört den Regen auf das Vordach ihrer Veranda tropfen. Sie hättedamit einen exzellenten (adäquaten) Grund für ihre Meinung. Allerdings ist Irene unaufmerksam. Sie istabgelenkt. Sie glaubt, dass es regnet, weil sie es in der lokalen Wettervorhersage gehört hat. DieWettervorhersage aber ist in ihren Breiten normalerweise sehr unzuverlässig und kommt daher nicht alsadäquater Grund für ihre Meinung infrage. Ist Irenes Meinung gerechtfertigt?
Wettervorhersage Regen auf Vordach
Es regnet!
Irene hat eine Überzeugung und einen adäquaten Grund für diese: ihre Wahrnehmung derRegentropfen auf dem Verandadach.Der Grund stützt auch ihre Meinung. Das Hören von Regengeräuschen ist ein guter Indikatorfür die betreffende Überzeugung
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für die betreffende Überzeugung.Irene hat jedoch ihre Überzeugung nicht, weil sie diesen guten Grund hat, sondern weil siedie Wettervorhersage gehört hat, die ein schlechter Grund für ihre Überzeugung ist.
Damit eine Meinung gerechtfertigt ist, muss man für diese Meinung nicht nur guteund stützende Gründe haben. Man muss selbst Grund zu der Annahme haben, dassdiese Gründe die Meinung stützen. Man muss beides (richtig) miteinander inVerbindung bringen!
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Probleme der Stützungsbeziehung
Die Bedingungen sind nicht hinreichend. Was ist zu tun? Müssen wir die zweiteBedingung weiter einschränken, um Fälle wie den von Irene auszuschließen?
Eine Person S ist gerechtfertigt zu glauben, dass p, gdw.(1), (2), (3) und(4) S gerechtfertigt ist zu glauben, dass die
Stützungsbeziehung besteht.
Diese Definition ist entweder zirkulär („gerechtfertigt“ im Definiens) oder führt in
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einen infiniten Regress von sich aufstufenden Rechtfertigungen (wann ist Sgerechtfertigt, zu glauben, dass p? usw.).
Probleme der Stützungsbeziehung
Die kausale Analyse der Stützungsbeziehung
Wir bemerken, dass Ernies Auto nicht vor dem Haus steht; dass das Licht in seiner Wohnung
A.I.Goldman W.P. Alston
aus ist usw. Wir schließen daraus, dass Ernie nicht zuhause ist, ohne überhaupt daran zudenken, welche Überzeugungen wir haben und ob die eine die andere stützt. Dennochkönnen wir in unserer Auffassung gerechtfertigt sein.
Das Haben gerechtfertigter Überzeugungen setzt keine Metaüberzeugungensowie deren Beziehungen untereinander voraus. Da aber dennoch eine„Verbindung“ zwischen Rechtfertiger und Gerechtfertigtem bestehen muss,liegt folgende alternative Erklärung nahe:
302SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
S ist zum Zeitpunkt t gerechtfertigt zu glauben, dass p, gdw.(1), (2), (3) und(4) die Gründe die Überzeugung verursachen.
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Probleme der Stützungsbeziehung
Externalismus Internalismus
Die Rechtfertigung muss einer Rechtfertigung setzt kognitive Die Rechtfertigung muss einer Person selbst nicht kognitiv zugänglich sein.
Eine Überzeugung kann gerechtfertigt sein, ohne dass die Person die Überzeugung rechtfertigen bzw. begründen kann.
Rechtfertigung setzt kognitive Zugänglichkeit voraus.
Eine Überzeugung ist nur dann gerechtfertigt, wenn man sie tatsächlich rechtfertigen bzw. begründen kann.
Keine epistemischen Rechte ohne
303SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Epistemische Rechte ohne episte-mische Pflichten sind möglich.
epistemische Pflichten.
Probleme der Rechtfertigung
Eine Person S ist gerechtfertigt zu glauben, dass p, gdw.
(1) S Gründe für seine Meinung hat;
(2) die Gründe seine Meinung stützen;
(3) die Gründe adäquat (gut) sind.
304SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Welche Gründe sind adäquat (angemessen, gut)?
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Welche Gründe sind adäquat?
Ein Kommissar ist mit der Untersuchung eines Mordfalls beschäftigt. Er glaubt,dass der Koch den Grafen umgebracht hat. Die Begründung dieser Annahmeliegt für ihn darin, dass es nur drei weitere mögliche Täter gibt, nämlich denFahrer den Butler und den Gärtner dass alle drei anders als der KochFahrer, den Butler und den Gärtner, dass alle drei, anders als der Koch,handfeste Alibis haben und dass kein Zweifel daran bestehen kann, dass der Graftatsächlich umgebracht worden ist und nicht Selbstmord beging oder einesnatürlichen Todes starb.
• Sind diese Gründe gute Gründe für die Überzeugung, dass der Koch den Grafenumgebracht hat?• Ist die Annahme, dass es nur drei weitere mögliche Täter gibt, gerechtfertigt?• Ist die Annahme, dass die Alibis der anderen wasserdicht sind, selbst
305SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
wasserdicht?• Sind die Annahmen, dass der Koch kein gutes Alibi hat und der Graf tatsächlichumgebracht worden ist, gut begründet?
Das Rechtfertigungstrilemma
Allgemein kann man sich die Situation folgendermaßen klar machen: Einegerechtfertigte Überzeugung setzt voraus, dass es für diese Überzeugung einenGrund G1 gibt:
Überzeugung Grund1
Ob dieser Grund auch adäquat ist, hängt davon ab, ob er sich selbst wiederrechtfertigen lässt:
Grund1 Grund2
E t h id d i t d Ü G d ilt G G
306SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Entscheidend ist, dass Ü ⇒ G1 nur dann gilt, wenn G1 ⇒ G2
Überzeugung Grund1 Grund2
Welche Implikationen hat das?
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Welche Gründe sind adäquat?Das Rechtfertigungstrilemma
Infiniter Regress: Ü G1 G2 G3 ...
Ein infiniter Regress von Gründen ist inakzeptabel, weil MenschenÜendliche Wesen sind und keine unendliche Anzahl von Überzeugungen
haben können.
Dogmatischer Abbruch: Ü G1 G2 G3
Ein letzter Grund (ein Regress-Stopper) kann nur wieder eineÜberzeugung sein und es ist dogmatisch, an einer bestimmten Stellemit dem Begründen aufzuhören.
307SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Circulus Vitiosus: Ü G1 G2 G3 Ü
Der Begründungszirkel führt zu einer sich selbst begründenden Meinungund macht das Rechtfertigen überflüssig.
Welche Gründe sind adäquat?Positionen zur Rechtfertigung
FundamentalismusEs gibt ausgezeichnete Typen von Überzeugungen (Regress-Stopper), diekeiner weiteren Begründung bedürfen. („Dogmen sind nicht immer schlecht.“)
KohärentismusEin Rechtfertigungszirkel kann vermieden werden, wenn wir unsereÜberzeugungen und ihre Gründe vor dem Hintergrund eines ganzen Systems vonÜberzeugungen – vor dem Hintergrund einer Theorie – betrachten. („EinRechtfertigungszirkel ist nicht immer schlecht.“)
Kontextualismus
308SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Es gibt keinen wirklichen infiniten Regress des Rechtfertigens. In der Praxishängt es vom Kontext und unseren Konventionen ab, welche Gründe wir füradäquat halten. („Es gibt zwar theoretisch einen infiniten Regress, aber nichtfaktisch.“)
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Fundamentalismus
Argumente für den Fundamentalismus
Gewissheitsargument: Wissen und Rechtfertigung erfordern Unfehlbarkeit.U f hlb k it i t ö li h b l M i ibtUnfehlbarkeit ist nur möglich, wenn es basale Meinungen gibt.• Für Wissen ist keine starke Infallibilität erforderlich; Rechtfertigung erfordertnur Wahrscheinlichkeit der Wahrheit
Regressargument: Da es Rechtfertigung wirklich gibt und diese weder durcheinen Zirkel, noch durch einen infiniten Regress möglich wäre, muss es basaleMeinungen geben.• Es könnte sein, dass wir im Alltag die Rechtfertigung an irgendeiner Stelletatsächlich abbrechen und nicht weiterfragen. Wir müssen dabei zu keinenbasalen Meinungen gelangen.
309SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
basalen Meinungen gelangen.
Isolationsargument: Wir besitzen empirisches Wissen. Nur wenn esunmittelbar durch die Erfahrung gerechtfertigte, basale Meinungen gibt, kannman dieses überhaupt erlangen.• Meinungen über empirische Tatsachen sind zwar basal, aber nichtunrevidierbar oder infallibel.
Fundamentalismus
Intuitionistischer Fundamentalismus: Die Basis der Rechtfertigung bildenselbstevidente Meinungen, die unmittelbar einleuchtend und nicht sinnvollanzweifelbar sind.• Die Wissenschaftsgeschichte liefert jede Menge Beispielmaterial dafür, dass auch scheinbarg j g p ,selbstevidente Meinungen widerlegt worden sind. (Beispiel: Bewegung der Sonne um dieErde)
Doxastischer Fundamentalismus: Die Basis der Rechtfertigung bildenMeinungen über die eigenen mentalen Zustände.• Lernen wir nicht zuerst, über die Welt zu urteilen, und dann erst über unser Erleben derWelt? Überzeugungen über die eigenen mentalen Zustände allein können keineÜberzeugungen über etwas anderes (die Welt) rechtfertigen. Es entsteht ein „Außenwelt-Problem“.
310SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Empiristischer Fundamentalimus: Die Rechtfertigung hat ihr Fundament im„Gegebenen“, d.h. den unmittelbaren Erfahrungen, die wir machen.• Das „Gegebene“ ist keine Überzeugung, sondern eine Art unmittelbares Erlebnis. EinErlebnis als solches kann nichts rechtfertigen, denn nur die Überzeugungen, die ich miraufgrund dieses Erlebnisses bilde, können Gründe für Meinungen sein.
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Kohärentismus
Wie Schiffer sind wir, die ihr Schiff auf offener See umbauen müssen, ohne es jemals in einem Dock zerlegen und aus besten Bestandteilen ne e ichten können (Otto Ne ath 1932/33)
Die wichtigste Alternative zum Fundamentalismus besteht darin,Rechtfertigungsbeziehungen zwischen allen Überzeugungen einesÜberzeugungssystems anzunehmen und die Möglichkeit eines Fundaments derRechtfertigung zurückzuweisen.
Ei h ft d K hä
Bestandteilen neu errichten zu können. (Otto Neurath, 1932/33)
311SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Eigenschaften der Kohärenz
• logische Konsistenz (Widerspruchsfreiheit)• inferentielle Beziehungen (Prämissen – Konklusionen)• explanatorische Beziehungen (Annahme – Begründung)
Kohärentismus
Der Relativismuseinwand
Wer es ernst meint mit der Kohärenz als alleiniges Kriterium der Wahrheit, mussg ,beliebig erdichtete Märchen für ebenso wahr halten wie einen historischenBericht oder Sätze in einem Lehrbuch der Chemie, wenn nur die Märchen so guterfunden sind, dass nirgends ein Widerspruch auftritt. (Moritz Schlick, 1934)
Der Isolationseinwand
Die anderen können ... nicht etwa einwenden, dass dieses Verfahren denBeobachtungen widerstreite, denn nach der Kohärenzlehre kommt es auf
312SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
irgendwelche ‚Beobachtungen‘ gar nicht an, sondern allein auf die Verträglichkeitder Aussagen. (Moritz Schlick, 1934)
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Kohärentismus
Konsistenz und Komplexität
Konsistenz ist eine zu starke Eigenschaft, da bereits durch eine einzigeg , gInkonsistenz im Meinungssystem die Kohärenz des Gesamtsystems gestörtwerden kann. In der Regel sind die meisten realen und reichhaltigenWissenssysteme oder Datenbanken irgendwo inkonsistent.
Die Kohärenz eines umfangreichen Meinungssystems ist eine so komplexeEigenschaft, dass wir sie in der Regel gar nicht erfassen, geschweige dennbeweisen können.
negativer“ Kohärentismus: Zwar ist Kohärenz keine Quelle der
313SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
„negativer Kohärentismus: Zwar ist Kohärenz keine Quelle derRechtfertigung; Inkohärenz aber ist ein Grund zur Revision oder Korrektur vonehemals gerechtfertigten Meinungen.
Kontextualismus
Keith DeRose
Ob ein Grund eine Überzeugung rechtfertigt und wie stark diese Rechtfertigungist, hängt Kontextualisten zufolge vom Kontext ab und variiert mit dem Kontext.
Was ein Grund ist und wie gut ein Grund ist, variiert mit dem Kontext.
Wer von einem Kontext in einen anderen wechselt, kann plötzlichRechtfertigung erwerben oder verlieren.
314SS 2010 Einführung in die Theoretische Philosophie
Gründe sind nicht absolut gut oder schlecht.
Wo die Kette der Begründungen aufhören kann, hängt im Wesentlichenvom Kontext ab.
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Kontextualismus
Was ein Grund ist und wie gut ein Grund ist, variiert mit dem Kontext.• Kurt ist Hobby-Archäologe und findet einen alten Krug. Mehrere Anzeichen sprechen dafür,dass es sich um einen spätmittelalterlichen Krug handelt und Kurts Handbuch bestätigtdiesen Eindruck. Kurt hat gute Gründe für die Annahme, dass es sich um einen
ät itt l lt li h K h d lt I i Sit ti ibt k i b G ü dspätmittelalterlichen Krug handelt. In seiner Situation gibt es keine besseren Gründe.• Maria ist professionelle Archäologin. Für sie sind Kurts Gründe allenfalls Indizien, aber umzu einer begründeten Meinung gelangen, muss sie einige raffinierte Methoden anwenden.Kurts Indizien zählen für sie nicht. Sie sind inadäquat. Ihre Standards der Begründung sindin dieser Situation viel höher.
Wer von einem Kontext in einen anderen wechselt, kann plötzlichRechtfertigung erwerben oder verlieren.• Auch für Maria sind Kurts Indizien, wenn sie im Urlaub ist und den Krug findet, sehr guteGründe für die Annahme, dass er spätmittelalterlich ist. Sobald sie wieder auf Arbeit ist,verliert sie diese Rechtfertigung.
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Gründe sind nicht absolut gut oder schlecht.• Ein Argument gegen die Kugelform der Erde war, dass die Antipoden auf der jeweilsanderen Seite des Globus mit dem Kopf nach unten hängen würden. Dies ist nur solange eingutes Argument, wie es die von uns heute akzeptierte Gravitationstheorie und Astronomienicht gibt. Die Güte eines Grundes bemisst sich daher auch nach den jeweils zur Verfügungstehenden Hintergrundwissen.