6 Kurventheorie 6.1 Kurven 6.1.1 Beispiele · 2021. 1. 8. · Sind alle t ∈ I regul¨are Stellen...

33
6 Kurventheorie 6.1 Kurven 6.1.1 Beispiele zur Erinnerung Kreis in der Ebene: x 2 + y 2 = r 2 , siehe Figur 6-1-1-Kreis Das ist eine implizite Gleichung. implizite Darstellung: f (x, y )= const. Mittelpunkt (0,0), Radius r> 0 x y = r · cos t sin t Das ist eine Parameterdarstellung, kurz: eine PD. Parameter t R oder t [0, 2π [ oder t ] π,π ], je nachdem. Kreis mit Mittelpunkt a b ? PD: x y = a b + r · cos t sin t implizit: (x a) 2 +(y b) 2 = r 2 Beachte die Minuszeichen! Vgl. Pythagoras. 1

Transcript of 6 Kurventheorie 6.1 Kurven 6.1.1 Beispiele · 2021. 1. 8. · Sind alle t ∈ I regul¨are Stellen...

  • 6 Kurventheorie

    6.1 Kurven

    6.1.1 Beispiele zur Erinnerung

    Kreis in der Ebene: x2 + y2 = r2 ,

    siehe Figur 6-1-1-Kreis

    Das ist eine implizite Gleichung.

    implizite Darstellung: f(x, y) = const.

    Mittelpunkt (0,0), Radius r > 0

    (

    xy

    )

    = r ·(

    cos tsin t

    )

    Das ist eine Parameterdarstellung, kurz:

    eine PD.

    Parameter t ∈ R oder t ∈ [0,2π[ odert ∈]− π, π], je nachdem.

    Kreis mit Mittelpunkt

    (

    ab

    )

    ?

    PD:

    (

    xy

    )

    =

    (

    ab

    )

    + r ·(

    cos tsin t

    )

    implizit: (x− a)2 + (y − b)2 = r2Beachte die Minuszeichen! Vgl. Pythagoras.

    1

  • 6.1.2 Zum Kurvenbegriff

    Eine (Cr-)Kurve c (0 ≤ r mal stetig diff.-bar) im Sinn der Differentialgeometrie ist

    im Rn (z.B. n = 2 oder n = 3)

    gegeben durch eine Cr-Abbildung

    ~x : I → Rn, ~x : t 7→ ~x(t) eines IntervallsI ⊂ R in den Rn.t . . . ein Parameter von c

    ~x . . . eine Parameterdarstellung von c

    I . . .Parameterintervall

    t . . . tempus, temps, time

    Schreibweise: c : ~x(t) =

    x1(t)x2(t)x3(t)

    , t ∈ I

    6.1.3 Bsp.: Gerade

    ~x = ~a+ t · ~v, t ∈ RDabei: ~v 6= ~o

    6.1.4 Bsp.: Strecke

    ~x = ~a+ t · (~b− ~a), t ∈ [0,1]Dabei: ~b 6= ~a

    6.1.5 Bsp.: Ein Halbkreis

    a) x = t, y = f(x) =√

    r2 − t2, − r ≤ t ≤ rExplizite Darstellung als Graph einer Funktion f .

    b) x = r cosu, y = r sinu, 0 ≤ u ≤ π2

  • 6.1.6 Geschlossene Kurven

    Eine Kurve

    c : ~x(t), t ∈ [a, b], mit ~x(a) = ~x(b)heißt eine geschlossene Kurve.

    6.1.7 Reguläre Kurven, Tangente

    Erkunde Figur 6-1-7-reguläreRaumkurve.

    Sei c : ~x(t), t ∈ I, eine C1-Kurve. Eint0 ∈ I mit ~̇x(t0) 6= ~o heißt eine reguläreStelle von c, sonst singulär.

    ~̇x(t0) 6= ~o ist ein Tangentenvektor unddie Gerade g : ~y = ~x(t0) + v ~̇x(t0), v ∈ Rdie Tangente von c an der Stelle t0.

    Sind alle t ∈ I reguläre Stellen von c, soheißt c regulär, die PD heißt zulässig.

    6.1.8 Einfache Kurven

    Ist c : ~x(t), t ∈ I, regulär, u ∈ I fest, und~x(v) 6= ~x(u) für alle v 6= u, so heißt ~x(u)ein einfacher (Kurven-)Punkt von c.Sind alle Punkte von c einfach, so heißt ceine einfache Kurve.

    Der Begriff ”einfach” ist in der Literatur nicht einheitlich!

    Ist ~x(v) = ~x(u) mit v 6= u, so heißt ~x(u)ein Doppelpunkt von c.

    3

  • 6.1.9 Lokale Einfachheit regulärer Kur-

    ven (nur für Interessierte)

    Sei c : ~x(t), t ∈ I, eine C1-Kurve und t0 ∈ Ieine reguläre Selle von c. Dann gibt es ein

    offenes Intervall J ⊂ I mit t0 ∈ J, so dassgilt: c : ~x(t), t ∈ J, ist einfach.

    Bew.: t0 regulär ⇒ ~̇x(t0) 6= ~o ⇒ Für ein kgilt: ẋk(t0) 6= 0 = (Stetigkeit von ẋk) ⇒Es gibt ein Intervall J ⊂ I mitt0 ∈ J : ẋk(t) 6= 0 ∀ t ∈ J.Damit ist c regulär auf J.

    Wegen der Stetigkeit von ẋk gilt:

    Entweder ẋk(t) > 0 ∀ t ∈ Joder ẋk(t) < 0 ∀ t ∈ J ⇒

    xk ist streng monoton

    {

    steigendfallend

    }

    auf J

    ⇒ xk(u) 6= xk(v) ∀ u, v ∈ J mit u 6= v⇒ ~x(u) 6= ~x(v) ∀ u, v ∈ J mit u 6= v

    4

  • 6.1.10 Wechsel der Parametrisierung

    Erkunde Figur 6-1-10-Halbkreis und

    Figur 6-1-10-Parameterwechsel bei einer

    Raumkurve.

    Sei c : ~x(t), t ∈ I, eine Cr-Kurve (r ≥ 0)und J ⊂ R ein Intervall sowie f : J → I einebijektive Cr-Funktion. Dann ist

    ~y(u) := ~x(f(u)), u ∈ J, eine PD dersel-ben Cr-Kurve c. Die Abb. f heißt eine Cr-

    Parametertransformation (PT).

    Ist r ≥ 1 und ḟ(u) 6= 0 ∀ u ∈ J, so heißt fCr-zulässig.

    Ist f zulässig, so ist entweder

    ḟ(u) > 0 ∀ u ∈ J, und f heißt gleichsinnig,oder es ist

    ḟ(u) < 0 ∀ u ∈ J, und f heißt gegensinnig.

    6.1.11 Satz: Sei c : ~x(t), t ∈ I, eine re-guläre Cr-Kurve, f : J → I, f(u) = t eineCr-zulässige PT.

    Dann ist ~y(u) := ~x(f(u)), u ∈ J, einezulässige Cr-PD der Kurve.

    5

  • Bew.: Aus Analysis: ~x ◦ f ist eine Cr-Funktion.

    ~̇y(u) = (Kettenregel) = ~̇x(f(u)) · ḟ(u).~̇x(f(u)) 6= ~o und ḟ(u) 6= 0 ⇒ ~̇y(u) 6= ~o.(Jeweils ∀u) Insgesamt: ~y ist zulässig.

    Auswirkung der PT ~y(u) := ~x(f(u)) an

    regulärer Stelle t0 = f(u0) mit ḟ(u0) 6= 0:~̇y(u) = (Kettenregel) = ~̇x(f(u)) · ḟ(u)

    ⇒ ~̇y(u0) = ~̇x(t0)ḟ(u0) mit ḟ(u0) 6= 0⇒ für die Tangenteneinheitsvektoren:

    ~̇y(u0)|~̇y(u0)|

    = ~̇x(t0)|~̇x(t0)|· sgn(ḟ(u0))

    und für die Tangente von c in t0 = f(u0):

    g : ~z = ~y(u0) + v ~̇y(u0) =

    = ~x(f(u0)) + (v ḟ(u0)) ~̇x(t0) =

    = ~x(t0) + ṽ ~̇x(t0) mit ṽ := v ḟ(u0).

    Die Kurventangente bleibt bei PT erhal-

    ten, die Richtung ändert sich für ḟ(u0) < 0

    6.1.12 Vereinbarung: Zwei zulässige Cr-

    PDen beschreiben dieselbe Kurve, wenn

    eine aus der anderen durch eine Cr-zulässi-

    ge PT hervorgeht.

    In der Differentialgeometrie (DG) werden i.d.R. bei verschie-

    denen PD derselben Kurve die Parameter durch verschiedene

    Buchstaben zu bezeichnen. Manchmal wird aber ~y(u) =: ~x(u)

    gesetzt.

    6

  • 6.2 Geometrische Eigenschaften von

    Kurven

    Eine Eigenschaft (eine Größe) einer Kurve

    heißt geometrisch, wenn sie unabhängig

    ist von der PD und vom KS.

    Um zu zeigen, dass eine Eigenschaft geometrisch ist, zeigt

    man die Invarianz gegenüber PTen (manchmal nur gegenüber

    gleichsinnigen) und gegenüber KTen/Bewegungen (manch-

    mal nur gegenüber gleichsinnigen).

    6.2.1 Tangentenvektor, Tangentenein-

    heitsvektor, Tangente

    Das Verhalten dieser Größen unter PT ha-

    ben wir schon in 6.1.11 untersucht.

    Auswirkung einer KT/Bewegung:

    Basiswechsel bzw. Bewegung ~y = A~x+~b

    mit einer orthogonalen Matrix A (d.h.

    ATA = E = Einheitsmatrix) und ~b ∈ Rn(n = 2,3 die Raumdimension).

    Gegeben: C1-Kurve c : ~x(t), t ∈ I, undBewegung ~y = A~x+~b. PD der Bildkurve:

    ~y(t) := A~x(t) +~b ⇒ ~̇y(t) = A ~̇x(t)

    7

  • Tangente an Bildkurve (reguläre Stelle t0):

    z = ~y(t0) + v~̇y(t0) = A(~x(t0) + v~̇x(t0)) +~b

    ist Bild der Tangente an c.

    Insbesondere: |~̇y(t)| = |~̇x(t)|, da A orthog.

    |~̇y| =√

    ~̇yT ~̇y =

    ~̇xTATA~̇x =

    ~̇xT ~̇x = |~̇x|

    Damit gilt:

    Der Begriff Tangenteneinheitsvektor ist

    ein geometrischer Begriff bezüglich gleich-

    sinniger zulässiger PTen.

    Der Begriff Tangente ist ein geometrischer

    Begriff bezüglich zulässiger PTen.

    6.2.2 Bogenlänge einer C1-Kurve

    Geometrische Überlegung:

    Figur 6-2-2-Bogenlänge: Kurve mit Teil-

    punkten ~x(t0), ~x(t1), ~x(t2), . . . , ~x(tn−1), ~x(tn)

    a = t0 < t1 < t2 < . . . < tn−1 < tn = b

    Ein einer Kurve einbeschriebener Polygon-

    zug hat die Länge

    n∑

    i=1

    |~x(ti)− ~x(ti−1)| =

    n∑

    i=1

    |~x(ti)− ~x(ti−1)|ti − ti−1

    · (ti − ti−1) =

    8

  • n∑

    i=1

    ~x(ti)− ~x(ti−1)ti − ti−1

    ·∆ti , mit ∆ti := ti−ti−1 > 0.

    Satz/Def.: Eine C1-Kurve

    c : ~x(t), t ∈ [a, b], hat die Bogenlänge

    L :=∫ b

    a|~̇x(t)| dt.

    Beweisskizze: Man kann zeigen:

    limn→∞, ∆ti→0

    n∑

    i=1

    ~x(ti)− ~x(ti−1)ti − ti−1

    ·∆ti =

    (MWS k.w.)= · · · =

    ∫ b

    a|~̇x(t)| dt,

    dabei muss der MWS komponentenweise angewendet werden,

    d.h. für jede der k Komponente des Differenzvektors erhält

    man die Ableitung von xk(t) an einer Stelle ξk zwischen ti−1

    und ti.

    Satz: Die Bogenlänge ist ein geometri-

    scher Begriff bezüglich KTen/Bewegun-

    gen und gleichsinniger zulässiger PTen.

    9

  • Bew.: Geg.: C1-Kurve c : ~x(t), t ∈ [a, b],PT f : [c, d] → [a, b], t=f(u) mit ḟ(u) > 0und KT ~y = A~x+~b.c : ~y(u) = A~x(f(u)) +~b.⇒ ~̇y(u) = A · ~̇x(f(u)) · ḟ(u)Da A orthogonal: |~̇y(u)| = |~̇x(f(u))||ḟ(u)|

    ∫ d

    c|~̇y(u)| du =

    ∫ d

    c|~̇x(f(u))|ḟ(u)du

    ∫ b=f(d)

    a=f(c)|~̇x(t)| dt =

    ∫ b

    a|~̇x(t)| dt

    Verwendet: Substitutionsregel für Integra-le (t = f(u), dt = ḟ(u)du und Grenzen int: a = f(c), b = f(d)) und ḟ(u) > 0

    6.2.3 Beispiele:

    (1) Ellipse mehrfach durchlaufen

    c :

    (

    x1(t)x2(t)

    )

    =

    (

    a cos tb sin t

    )

    , t ∈ R

    Dabei: a, b > 0 konstant gewählt.

    Figur 6-2-3-Ellipse mit Punkten (Schei-teln) in t = 0, π2, π,

    32π,2π.

    Es gilt:

    (x1(t)

    a)2 + (

    x2(t)

    b)2 = cos2 t+ sin2 t = 1.

    Daher ist c in einer Ellipse enthalten.

    10

  • (

    ẋ1(t)ẋ2(t)

    )

    =

    (

    −a sin tb cos t

    )

    6= ~o

    c ist eine reguläre Cω-Kurve, lokal einfach

    aber nicht einfach (da 2π-periodisch).

    ~̇x(t)2 = a2 sin2 t+ b2 cos2 t

    Die Bogenlänge führt auf ein elliptisches

    Integral, nicht elementar auswertbar.

    Ellipse einfach und ”ganz” für t ∈ [0,2π[.

    (2) Hyperbel

    c :

    (

    x1(t)x2(t)

    )

    =

    (

    a cosh tb sinh t

    )

    , t ∈ R

    Dabei: a, b > 0 konstant gewählt.

    Figur 6-2-3-Hyperbelbogen und Graphen

    von cosh und von sinh im selben KS

    Es gilt:

    cosh2 x− sinh2 x = 1Folglich ist

    (x1(t)

    a)2 − (x2(t)

    b)2 = cosh2 t− sinh2 t = 1.

    Daher ist c in einer Hyperbel enthalten.

    c ist ”nur” ein Hyperbelast!

    11

  • 6.2.4 Bogenlänge als Funktion des Pa-

    rameters

    Betrachte Figur: Neilsche Parabel

    6-2-4-PT-Bogenlänge

    Sei c : ~x(t), t ∈ I, eine reguläre C1-Kurveund a ∈ I und sei:

    s(t) :=∫ t

    a|~̇x(τ)| dτ.

    Dann ist ṡ(t) = |~̇x(t)| > 0 ∀ t ∈ I, also dieAbb. s : I → J; t 7→ s = s(t) streng mo-noton zunehmend und stetig (sogar C1).

    Folglich ist sie umkehrbar auf J. Es gibt

    f : J → I, s 7→ f(s) = t. Damit istc : ~x(f(s)), s ∈ J, auf die Bogenlänge alsParameter bezogen. Die PD mit der Bo-

    genlänge als Parameter ist eindeutig bis

    auf die Anfangsstelle und die Orientierung.

    Weil ṡ(t) 6= 0 ∀ t ∈ I, ist f ∈ C1(J) unddf

    ds=

    dt

    ds=

    1

    ṡ(t)=

    1

    |~̇x(t)|6= 0

    Damit ist fast schon gezeigt:

    Satz: Jede reguläre Cr-Kurve (r ≥ 1) lässtsich auf ihre Bogenlänge als Parameter

    beziehen. Diese PT ist zulässig. Die PD

    mit der Bogenlänge ist eine Cr-PD.

    12

  • Bem.: Obiger Satz ist ein Existenzsatz.

    Es ist in der Regel nicht möglich, die Pa-

    rametrisierung mit der Bogenlänge explizit

    anzugeben, aus zwei Gründen:

    (1) Das Integral

    s(t) :=∫ t

    a|~̇x(τ)|dτ

    lässt sich i. allg. nicht explizit auswerten.

    (2) Die Abb. t 7→ s(t) lässt sich i. allg. nichtexplizit umkehren.

    Für rein theoretische Überlegungen kann

    man aber stets die PD auf Bogenlänge vor-

    aussetzen.

    6.2.5 Auf ihre Bogenlänge bezogene

    Kurven

    Die Bogenlänge als Kurvenparameter wird

    mit s bezeichnet, wenn nichts anderes ver-einbart ist.

    Die Ableitung nach s wird mit einem Strich’ bezeichnet.

    Die Bogenlänge s heißt auch natürlicherParameter.

    Es gilt:

    ~x ′(s) =d~x

    ds=

    d~x

    dt· dtds

    =d~x

    dt· 1ṡ(t)

    =~̇x(t)

    |~̇x(t)|13

  • Stets ist

    |~x ′(s)| = 1 ∀ s, (1)also

    ~x ′2(s) = ~x ′(s)~x ′(s) = 1 ∀ s. (2)Ableiten von (2) (~x ′′(s)~x ′(s) + ~x ′(s)~x ′′(s) = 0 ⇒2~x ′(s)~x ′′(s) = 0) liefert nach Division durch 2:

    ~x ′(s)~x ′′(s) = 0 ⇔ ~x ′′(s)⊥ ~x ′(s) ∀ s (3)Bem.: Da Formeln unter Verwendung der Bogenlänge beson-

    ders einfach werden, entwickeln wir die Theorie der Kurven

    unter Verwendung der Bogenlänge.

    Satz: Parameter t ist die Bogenlänge s von

    c : ~x(t), t ∈ I ⇔ |~̇x(t)| = (dsdt) = 1 ∀ t ∈ I.

    6.2.6 Beispiel: Schraub(en)linie

    c : ~x(t) =

    r cos tr sin tpt

    , t ∈ R,

    mit konstanten r > 0, p ∈ R ist PD ei-ner Schraublinie. Diese kann in sich bewegt

    (verschraubt) werden.

    Blick in z-Richtung: Kreis mit Radius r ⇒ Drehung um z-Achse mit Winkel t und linearem Vorschub pt || z-Achse.

    t . . .Schraubwinkel

    p . . .Schraubparameter

    r . . .Schraubradius

    14

  • ~̇x(t) =

    −r sin tr cos t

    p

    ⇒ ~̇x2 = r2 + p2 > 0

    c ist eine reguläre Cω-Kurve.

    Bogenlänge mit Anfangsstelle t = 0:

    s(t) =∫ t

    0|~̇x(τ)| dτ =

    ∫ t

    0

    r2 + p2 dτ =

    =

    r2 + p2 · t

    t(s) =s

    r2 + p2

    PD von c mit der Bogenlänge s:

    c : ~x(s) =

    r · cos s√r2+p2

    r · sin s√r2+p2

    p·s√r2+p2

    Spezialfall: p = 0 . . .Kreis mit Radius r:

    c : ~x(s) =

    r · cos srr · sin sr

    0

    Vgl Figur 6-2-6-Schraublinie-Bogenlänge

    Schritte 1 - 4 r = 85, p =65 ⇒ r2+ p2 = 4

    15

  • 6.2.7 Begleitendes Dreibein

    Geg.: reguläre C2-Kurve c : ~x(s), s ∈ Is Bogenlänge von c, d.h. |~x ′(s)| = 1 ∀ s ∈ I

    Ein Punkt ~x(s0) heißt W-Punkt von c :⇔~x ′′(s0) = ~o.

    Um Eigenschaften von c zu ermitteln, ord-

    nen wir jedem s ∈ I eine Orthonormalbasis(ONB) ~t(s), ~n(s), ~b(s) zu, die von der Kur-

    ve abhängt.

    Wir setzen dazu voraus:

    c sei W-Punkt-frei, also ~x ′′(s) 6= ~o ∀ s ∈ I.

    Dann heißen:

    ~t(s) := ~x ′(s). . .Tangenteneinheitsvektor

    ~n(s) := ~x′′(s)

    |~x ′′(s)...|. . .Hauptnormalenvektor(vgl. 6.2.5(3))

    ~b(s) := ~t(s)× ~n(s) . . .Binormalenvektorvon c an der Stelle s.

    (~t(s), ~n(s),~b(s)) ist eine Rechts-ONB und

    heißt das begleitende Dreibein (kurz: 3-

    Bein) oder Frenet-3-Bein von c an der

    Stelle s.

    16

  • ~y = ~x(s0) + v · ~t(s0), v ∈ R . . .Tangente~y = ~x(s0) + v · ~t(s0) + w · ~n(s0), v, w ∈ R

    . . .Schmiegebene

    jeweils von c an der Stelle s0.

    HESSE-Normalform der Schmiegebene

    σ von c an der Stelle s0:

    σ : ±~b(s0) · (~y − ~x(s0)) = 0

    Das ist eine Gleichung in ~y = (x, y, z)T .

    (Das Zeichen + steht, falls ~b(s0) · ~x(s0) ≥ 0.)

    Vgl Figur 6-2-6-Schraublinie-Bogenlänge

    Schritte 5 - 9

    6.2.8 Berechnung von ~t, ~n, ~b bei allge-

    meinem Parameter t

    Geg.: reguläre C2-Kurve c : ~x(u), u ∈ Iu nicht notwendig die Bogenlänge von c.

    Ein Punkt ~x(u0) heißt W-Punkt von c :⇔~̇x(u0), ~̈x(u0) sind linear abhängig.

    Dann spannen ~̇x(u0), ~̈x(u0) keine Ebene auf.

    Wir setzen voraus: c sei W-Punkt-frei,

    also ~̇x(u), ~̈x(u) linear unabhängig ∀u ∈ I17

  • Dann sind:

    ~y = ~x(u0) + v · ~̇x(u0), v ∈ R . . .Tangente~y = ~x(u0) + v · ~̇x(u0) + w · ~̈x(u0), v, w ∈ R

    . . .Schmiegebene

    von c an der Stelle u0 und:

    ~t(u) := ~̇x(u)|~̇x(u)| Tangenteneinheitsvektor

    ~b(u) := ~̇x(u)×~̈x(u)|~̇x(u)×~̈x(u)| Binormalenvektornormal zur Schmiegebene

    ~n(u) = ~b(u)×~t(u) Hauptnormalenvektordes begleitenden Dreibeins von c in u.

    6.2.9 Beispiel: Schraublinie

    c : ~x(t) =

    r · cos tr · sin tp · t

    , t ∈ R

    ~̇x(t) =

    −r · sin tr · cos t

    p

    , ~̈x(t) =

    −r · cos t−r · sin t

    0

    ~̇x× ~̈x =

    rp · sin t−rp · cos t

    r2

    ~b =

    p · sin t−p · cos t

    r

    · 1√

    r2 + p2

    18

  • ~t =

    −r · sin tr · cos t

    p

    · 1√

    r2 + p2

    ~n = ~b× ~t = . . . =

    − cos t− sin t

    0

    Vgl. 6-2-9-Schraublinie-allgemein oder

    6-2-9-allgemeineRaumkurve bis Schritt 11

    6.2.10 Ableitungsgleichungen von

    FRENET

    Sei c : ~x(s), s ∈ I, eine reguläre W-Punkt-freie C3-Kurve. Da (~t, ~n,~b) eine Basis des

    R3, gibt es a11(s), a12(s), . . . , a33(s), mit:

    ~t ′(s) = a11~t(s) + a12~n(s) + a13~b(s) (1)

    ~n ′(s) = a21~t(s) + a22~n(s) + a23~b(s) (2)

    ~b ′(s) = a31~t(s) + a32~n(s) + a33~b(s) (3)

    Ableiten nach s liefert:

    Aus ~t 2(s) = 1 folgt ~t~t ′ = 0, also a11 = 0.Aus ~n2(s) = 1 folgt ~n~n′ = 0, also a22 = 0.Aus ~b 2(s) = 1 folgt ~b~b ′ = 0, also a33 = 0.Letzeres folgt nach Multiplikation von (1)

    mit ~t, von (2) mit ~n und von (3) mit ~b.

    19

  • Analog schließt man:

    Aus ~t ~n = 0 folgt ~t ′~n+ ~t ~n ′ = 0, also mit(1)·~n und (2)·~t: a12 + a21 = 0.Aus ~t~b = 0 folgt ~t ′~b+ ~t~b ′ = 0, also mit(1)·~b und (3)·~t: a13 + a31 = 0.Aus ~n~b = 0 folgt ~n ′~b+ ~n~b ′ = 0, also mit(2)·~b und (3)·~n: a23 + a32 = 0.

    Bem.: Die Matrix der aik ist schiefsymme-trisch, weil (~t, ~n,~b) eine ONB ist.

    Weil ~t = ~x ′, ist ~t ′ = ~x ′′= |~x ′′|~n (6.2.7)⇒ a11 = 0 (klar), a12 = |~x ′′| und a13 = 0.

    Mit κ := a12 = −a21, 0 = a13 = −a31 undτ := a23 = −a32 folgt:

    ~t ′ = κ~n

    ~n ′ = −κ~t + τ ~b

    ~b ′ = − τ ~n

    Berechnung von κ: κ(s) = a12 = |~x ′′(s)|

    κ . . .Krümmung von c

    τ . . .Torsion oder Windung von c1κ =: ρ . . .Krümmungsradius von c1τ . . .Torsionsradius von c

    20

  • Berechnung von τ (= ~n ′ ·~b) nach (2):Mit κ(s) = |~x ′′(s)| gilt ~n(s) = ~x

    ′′(s)κ(s)

    ~n ′(s) = −κ′(s)

    κ2(s)~x ′′(s) + 1

    κ(s)~x ′′′(s) ⇒

    τ(s) = ~b · ~n ′ = (~t× ~n) · ~n ′ = det(~t, ~n, ~n ′) == det(~x ′(s), ~x

    ′′(s)κ(s)

    , −κ′(s)

    κ2(s)~x ′′(s)+ 1

    κ(s)~x ′′′(s))

    (addiere das κ′/κ-fache der zweiten Spalte zur dritten Spalte

    und ziehe zweimal den Faktor 1/κ aus der Determinante.)

    = 1κ2(s)

    det(~x ′(s), ~x ′′(s), ~x ′′′(s))

    Satz: Für das begleitende Dreibein (~t, ~n,~b)

    einer regulären W-Punkt-freien auf ihre

    Bogenlänge s bezogenen C3-Raumkurve

    c : ~x(s), s ∈ I, gelten die Ableitungs-gleichungen von Frenet:

    ~t ′ = κ~n

    ~n ′ = −κ~t + τ~b mit

    ~b ′ = − τ~n

    κ(s) = |~x ′′| > 0 und τ(s) = det(~x′, ~x ′′, ~x ′′′)~x ′′2 .

    Vgl Figur 6-2-6-Schraublinie-Bogenlänge

    21

  • Deutung von |~t ′| = κ und |~b ′| = |τ |

    Die Krümmung κ ist ein Maß für die Ab-

    weichung der Kurve vom geradlinigen Ver-

    lauf. (~t ′ Änderung der Tangente)

    Die Torsion τ ist ein Maß für die Abwei-

    chung der Kurve vom ebenen Verlauf. (~b ′

    Änderung der Schmiegebene)

    6.2.11 Berechnung von κ, τ bei allge-

    meinem Parameter t

    Sei c : ~y(t), t ∈ I die PD mit allgemeinemParameter t und ~x(s) := ~y(t(s)) die PD

    von c nach der Bogenlänge von c.

    Dann gilt nach der Kettenregel:

    ~x ′ = ~̇y · dtds

    =~̇y

    |~̇y|mit

    dt

    ds=

    1

    |~̇y|

    ~x ′′ = ~̈y · (dtds

    )2 + ~̇y · d2t

    ds2

    ~x ′′′ =...~y · (dt

    ds)3 +3 · ~̈y · dt

    ds· d

    2t

    ds2+ ~̇y · d

    3t

    ds3

    und es folgt:

    ~x ′ × ~x ′′ = ~̇y dtds

    × (~̈y (dtds

    )2 + ~̇yd2t

    ds2) =

    22

  • = ~̇y × ~̈y · (dtds

    )3 =~̇y × ~̈y|~̇y|3

    Mit |~x ′×~x ′′| = |~x ′′| (siehe 6.2.10 (*)) folgt:

    κ = |~x ′′| = |~x ′ × ~x ′′| = |~̇y × ~̈y||~̇y|3

    und

    det(~x ′, ~x ′′, ~x ′′′) = det(~̇y

    |~̇y|,

    ~̈y

    |~̇y|2+. . . ,

    ...~y

    |~̇y|3+. . .)

    =det(~̇y, ~̈y,

    ...~y )

    |~̇y|6

    τ =det(~x ′, ~x ′′, ~x ′′′)

    |~x ′′|2 =det(~̇y, ~̈y,

    ...~y )

    |~̇y|6· |~̇y|

    6

    |~̇y × ~̈y|2

    =det(~̇y, ~̈y,

    ...~y )

    (~̇y × ~̈y)2Merkregel: Anzahl der Punkte in Zähler und Nenner gleich!

    Satz: Ist c : ~x(t), t ∈ I, eine reguläre W-Punkt-freie C3-Raumkurve, so ist

    κ(t) =|~̇x× ~̈x||~̇x|3

    > 0, τ(t) =det(~̇x, ~̈x,

    ...~x )

    (~̇x× ~̈x)2

    Bem.: κ, τ sind geometrische Größen bzgl.

    PT und gleichsinnigen Bewegungen.

    23

  • 6.2.12 Beispiel: Schraublinie

    c : ~x(t) =

    r · cos tr · sin tp · t

    , t ∈ R,

    ~̇x(t) =

    −r · sin tr · cos t

    p

    , ~̈x(t) =

    −r · cos t−r · sin t

    0

    ,

    ...~x =

    r · sin t−r · cos t

    0

    ~̇x× ~̈x =

    rp · sin t−rp · cos t

    r2

    ~̇x2 = r2 + p2; (~̇x× ~̈x)2 = r2 · (p2 + r2)

    κ(t) =|~̇x× ~̈x||~̇x|3

    =r√

    p2 + r2

    (√

    r2 + p2)3=

    r

    r2 + p2

    det(~̇x, ~̈x,...~x ) = p·det

    (

    −r cos t r sin t−r sin t −r cos t

    )

    = pr2

    τ(t) =pr2

    r2(p2 + r2)=

    p

    r2 + p2

    Vgl. 6-2-9-Schraublinie-allgemein oder

    -allgemeineRaumkurve Schritte 12+13

    24

  • 6.2.13 Krümmungskreis Schmiegebene

    Sei c : ~x(s), s ∈ I, eine W-Punkt-freie C2-Kurve. d.h. κ(s) 6= 0:

    Liegen ~x(s), ~x(s+h), ~x(s+l) nicht auf einerGeraden, so bestimmen sie eindeutig einen

    Kreis k(s, h, l) in der von den drei Punktenaufgespannten Ebene ε(s, h, k). Es gilt:limh,k→0 ε(s, h, k) = σ(s) =Schmiegebenelimh,l→0 k(s, h, l) ist der Krümmungskreisvon c an der Stelle s Sein Mittelpunkt ist

    ~m(s) := ~x(s) +1

    κ(s)· ~n(s),

    der Krümmungsmittelpunkt von c an derStelle s.

    Die Kurve der Krümmungsmittelpunkte

    von c mit der PD ~m(s), s ∈ I, heißt dieEvolute von c.

    Vgl Figur 6-2-6-Schraublinie-Bogenlänge

    Schritt 12 oder 6-2-9-Schraublinie-

    allgemein oder -allgemeineRaumkurve

    Schritt 14. Die Spur von M ist Evolute

    von c.

    Sprechweise: c berührt an der Stelle s dieSchmiegebene und den Krümmungskreis

    dreipunktig oder von zweiter Ordnung.

    25

  • 6.2.14 Hauptsatz der Kurventheorie

    I ein Intervall, κ : I → R eine C1-Funktionmit κ(s) > 0 ∀ s ∈ I, τ : I → R stetig.

    Beh.: Es gibt eine C3-Kurve c : ~x(s), s ∈ I,mit der Bogenlänge s, der Krümmung κ

    und der Torsion τ . Die Kurve ist eindeutig

    bestimmt bis auf gleichsinnige Bewegun-

    gen. Ohne Bew.

    6.2.15 Kurven mit konstanter

    Krümmung und Torsion

    Wegen 6.2.12 und 6.2.14 gilt: Jede Kurve

    mit konstanter Krümmung κ > 0 und kon-

    stanter Torsion τ ∈ R ist eine Schraublinie.Zur Begründung zeigen wir, dass zu geg. κ und τ der Schraub-radius r und der Schrauparameter p einer Schraublinie eindeu-tig bestimmt ist:

    Aus 6.2.12: κ =r

    r2 + p2, τ =

    p

    r2 + p2

    ⇒ τκ=

    p

    rund κ =

    1r

    1+ (pr)2

    ⇒ r = 1κ· 11+ (p

    r)2

    =1

    κ· 11+ (τ

    κ)2

    κ2 + τ2

    und p = r · τκ=

    τ

    κ2 + τ2

    p = 0 . . . Kreis mit Radius 1κ.

    26

  • 6.3 Ebene Kurven

    6.3.1 Raumkurven in einer Ebene

    Eine W-Punkt-freie (reguläre) C3-Kurve

    c : ~x(t), (t ∈ I) in E3 ist in einer Ebeneenthalten ⇔ τ = 0 ∀t ∈ I.

    Beweis: (⇒) Ist c in einer Ebene enthal-ten, so sind ~̇x, ~̈x und

    ...~x parallel zu dieser

    Ebene, also linear abhängig.

    Daher ist det(~̇x, ~̈x,...~x ) = 0

    und damit

    τ =det(~̇x, ~̈x,

    ...~x )

    (~̇x× ~̈x)2= 0.

    (⇐) c besitzt ein begleitendes Dreibein(~t, ~n,~b) mit ~b ′ = −τ~n = ~o (o.E. PD aufBogenlänge s),

    also ist ~b = ~b(s) konstant.

    Die Schmiegebene σ(s) hat die Ebenen-

    gleichung

    ~b · (~y − ~x(s)) = 0 ⇔ ~b · ~y = ~b · ~x(s)Dabei ist ~y = (x1, x2, x3)

    T ein Punkt und~b der Normaleneinheitsvektor von σ(s).

    27

  • Da ~b = ~b(s) konstant ist, sind alle Schmie-

    gebenen von c zueinander parallel.

    Zudem gilt mit ~b ′(s) = 0:

    d

    ds(~b(s)·~x(s)) = ~b ′(s)·~x(s)+~b(s)·~x ′(s) = ~b·~t = 0.

    Also ist ~b · ~x(s) = d konstant,damit σ(s) =: σ : ~b · ~y = d konstantund c eine Kurve, die in einer Ebene liegt,

    d.h. in der konstanten Schmiegebene σ.

    6.3.2 Ebene Kurven

    Betrachtet man eine Kurve in einer Ebene

    ohne umgebenden Raum, so kann man

    • die Ebene orientieren durch Auszeich-nung einer Rechts-Basis und

    • die Kurve beschreiben durch eine PD mitzwei Koordinatenfunktionen.

    Wir werden für ebene Kurven eine vorzei-

    chenbehaftete Krümmung definieren.

    28

  • 6.3.3 Parameterdarstellung ebener

    Kurven

    Sei c : ~x(t) (t ∈ I) eine reguläre C1-PDeiner ebenen Kurve. Dann ist

    ~x(t) =

    (

    x(t)y(t)

    )

    .

    Ein Tangentenvektor von c an der Stelle t

    ist gegeben durch

    ~̇x(t) =

    (

    ẋ(t)ẏ(t)

    )

    ,

    der Tangenteneinheitsvektor von c an

    der Stelle t ist gegeben durch

    ~t :=~̇x(t)

    |~̇x(t)|=

    (

    ẋ(t)ẏ(t)

    )

    · 1√ẋ2(t) + ẏ2(t)

    ,

    der Hauptnormalenvektor von c an der

    Stelle t ist gegeben durch

    ~n(t) :=

    (

    −ẏ(t)ẋ(t)

    )

    · 1√ẋ2(t) + ẏ2(t)

    .

    Die Vektoren (~t, ~n) bilden eine Rechts-

    ONB, das begleitende Zweibein von c.

    29

  • 6.3.4 Die Frenetschen Ableitungsglei-

    chungen für ebene Kurven

    Sei c : ~x(s) (Bogenlänge s ∈ I) eine C2-PDeiner ebenen Kurve. Dann ist

    ~x(s) =

    (

    x(s)y(s)

    )

    .

    Der Tangenteneinheitsvektor von c an der

    Stelle s ist gegeben durch

    ~t(s) = ~x ′(s) =(

    x ′(s)y ′(s)

    )

    ,

    der Hauptnormalenvektor von c an der

    Stelle s ist gegeben durch

    ~n(s) :=

    (

    −y ′(s)x ′(s)

    )

    .

    Da ~x ′2 = 1 auf I, ist ~x ′~x ′′ = 0 auf I, also

    ~x ′′ = ~t ′ =: κ~n.

    Dabei heißt κ(s) die Krümmung von c an

    der Stelle s.

    In den beiden Koordinaten:

    x ′′ = −κy ′, y ′′ = κx ′.

    ~n ′(s) :=(

    −y ′′(s)x ′′(s)

    )

    =

    (

    −κx ′(s)−κy ′(s)

    )

    = −κ~t(s).

    30

  • Die Frenet-Gleichungen für ebene Kurven

    lauten damit

    ~t ′ = κ~n, ~n ′ = −κ~t.

    6.3.5 Vorzeichen der Krümmung einer

    ebenen Kurve

    Sei c : ~x(s) (Bogenlänge s ∈ I) eine C2-PDeiner ebenen Kurve. Dann ist

    det(~x ′, ~x ′′) = det(~t, κ ~n) = κ

    also

    κ(s) = det(~x ′(s), ~x ′′(s)).

    Die Krümmung κ(s) einer regulären ebe-

    nen C2-Kurve ist

    {

    > 0< 0

    }

    ⇔ Die Vekto-

    ren (~x ′, ~x ′′) bilden eine{

    RechtsbasisLinksbasis

    }

    ⇔Die Kurve c ist an der Stelle s{

    linksgekrümmtrechtsgekrümmt

    }

    .

    31

  • 6.3.6 Die Krümmung einer ebenen

    Kurve bei allgemeinem Parameter

    Sei c : ~x(t) (t ∈ I) eine reguläre C2-PDeiner ebenen Kurve. Dann ist

    κ(t) =det(~̇x, ~̈x)

    |~̇x|3.

    Beweis: vgl. 6.2.11

    c : ~x(s) = ~y(t(s)) ⇒ ~x ′ = ~̇y · dtds mitdtds =

    1|~̇y|

    und ~x ′′ = ~̈y · (dtds)2 + ~̇y ·d2tds2

    det(~x ′, ~x ′′) = det(~̇y

    |~̇y|,

    ~̈y

    |~̇y|2+~̇y·d

    2t

    ds2) =

    det(~̇y, ~̈y)

    |~̇y|3.

    6.3.7 Der Hauptsatz der Kurventheorie

    für ebene Kurven

    Seien I ein Intervall und κ :

    {

    I → Rs 7→ κ(s)

    }

    stetig. Dann gibt es bis auf gleichsinnige

    Bewegungen genau eine Kurve in der Ebe-

    ne mit der Krümmung κ(s) an jeder Stelles ∈ I.

    Beweis: Sei α(s) der Winkel, den ~x ′(s) mitder positiven x-Achse einschließt. Dann ist

    ~x ′(s) =(

    cosα(s)sinα(s)

    )

    32

  • und

    ~t ′(s) = ~x ′′ =(

    − sinα(s)cosα(s)

    )

    ·α′(s) = ~n(s)·α′(s).

    Folglich ist

    α′(s) = κ(s),

    also

    α(s) =∫ s

    s0κ(u)du+ α0

    mit einer Integrationskonstanten α0. Da-

    mit ist

    ~x(s) =∫ s

    s0

    (

    cos(∫ vs0

    κ(u)du+ α0)

    sin(∫ vs0

    κ(u)du+ α0)

    )

    dv+ ~x0

    mit einer Integrationskonstanten ~x0.

    Aus einer vorgegebenen stetigen

    Krümmung lässt sich eine ebene Kurve

    bis auf ihre Lage in der Ebene eindeutig

    explizit berechnen (bis auf sogenannte

    Quadraturen = Integrationen).

    Bsp.: Figur 6-3-7-Hauptsatz-Klothoide

    33