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1 1 Aldolkondensation Die Aldol-Kondensation besteht aus einer Aldoladdition und einer thermischen, Säure- oder Basenkatalysierten Eliminierung von Wasser. 2 Aldoladdition Die Aldoladdition ermöglicht - ausgehend von Ketonen und Aldehyden - die Synthese von β- Hydroxy-Derivaten. Die Reaktion findet unter Basen- oder Säure-Katalyse statt, muss aber sorgsam aufgearbeitet werden, da Reste des Katalysators beim Aufkonzentrieren eine Abspaltung von Wasser hervorrufen: eine Aldolkondensation. Mechanismus Durch Zugabe von Base werden Enolate gebildet, welche mit einem zweiten Äquivalent Aldehyd oder Keton abreagieren: Weil der Additionsschritt relativ langsam ist, erolgt häufig eine Aldolkondensation als Folgereaktion, da β-Hydroxycarbonylverbindungen gerne zu α,β-ungesättigten Verbindungen eliminieren (besonders bei hohen Temperaturen).

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1 Aldolkondensation

Die Aldol-Kondensation besteht aus einer Aldoladdition und einer thermischen, Säure- oder Basenkatalysierten Eliminierung von Wasser.

2 Aldoladdition

Die Aldoladdition ermöglicht - ausgehend von Ketonen und Aldehyden - die Synthese von β-Hydroxy-Derivaten. Die Reaktion findet unter Basen- oder Säure-Katalyse statt, muss aber sorgsam aufgearbeitet werden, da Reste des Katalysators beim Aufkonzentrieren eine Abspaltung von Wasser hervorrufen: eine Aldolkondensation.

Mechanismus

Durch Zugabe von Base werden Enolate gebildet, welche mit einem zweiten Äquivalent Aldehyd oder Keton abreagieren:

Weil der Additionsschritt relativ langsam ist, erolgt häufig eine Aldolkondensation als Folgereaktion, da β-Hydroxycarbonylverbindungen gerne zu α,β-ungesättigten Verbindungen eliminieren (besonders bei hohen Temperaturen).

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Säurekatalyse bewirkt eine höhere Polarisierung des Elektrophils, als auch die Einstellung des Keto-Enol-Gleichgewichts des Nucleophils:

Auch bei Säurekatalyse tritt Eliminierung bei hohen Temperaturen auf:

Eine Mischung zweier Aldehyde (gekreuzte Aldoladdition) führt zu 4 Produkten - ausser eines der Edukte ist nicht enolisierbar. Unter diesen Umständen erhält man nur ein Produkt - wenn auch meistens isomere α,β-ungesättigte Carbonylverbindungen:

Intermolekulare Aldoladditionen von Ketonen sind leicht endotherm (entropisch und enthalpisch ungünstig) und sind deshalb umkehrbar (Retroaldoladdition):

Die ungesättigte Verbindung lässt sich aber in guten Ausbeuten isolieren:

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Eine nützliche Reaktion ist die intramolekulare Aldoladdition / Kondensation, die zum Aufbau von 5er und 6er Ringen dient und aufgrund sterischer Eigenschaften nur ein Isomer liefert. Ohne besondere Vorsichtsmassnahmen entstehen die α,β-ungesättigten Verbindungen:

Verwendet man NaOH, KOH, NaOEt, NaOMe als Base ("klassische" Aldoladdition), entstehen in Lösung immer geringe Mengen der möglichen Enolate, von denen nur diejenigen rasch weiterreagieren, die zu 5er- und 6er-Ringen führen.

Erst kinetische Kontrolle ermöglicht gemischte Aldoladdition zu sonst schwer zugänglichen Produkten. Zuerst erfolgt die praktisch irreversible Darstellung des Enolates (starke Basen) und dann die Zugabe der zweiten Carbonylkomponente. Die sterisch stark gehinderte Base LDA (Lithiumdiisopropylamin) greift im Besonderen an der weniger gehinderten Seite an:

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3 Baeyer-Villiger-Oxidation

In der Baeyer-Villiger-Oxidation werden Ketone zu Estern beziehungsweise cyclische Ketone zu Lactonen umgesetzt. Als Oxidationsmittel werden Peroxysäuren eingesetzt.

Mechanismus

Die Reaktion läuft über Addition des nucleophilen Sauerstoffs des Peroxids ab - die Reaktivität des Carbonyls wird durch Addition einer Lewis-Säure oder eines Protons erhöht:

In einem zweiten Schritt folgt die Umlagerung eines Substituenten:

Hierbei hängt die Selektivität von der Wanderungsfähigkeit des Substituenten ab:

tert. Alkyl > Cyclohexyl > sek. Alkyl > Phenyl > prim. Alkyl > CH3

Beispiele zur Selektivität:

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4 Barton-Decarboxylierung

Die radikalische Decarboxylierung eines Barton-Esters führt bei Umsetzung mit Tributylzinnhydrid oder t-Butylmercaptan zum entsprechenden Alkan:

Alternativ besteht die Möglichkeit, mit einem geeigneten Radikalfänger einen Substituenten einzuführen:

Mechanismus

Die Initiierung der Barton-Decarboxylierung ( Bu3Sn-H -> Bu3Sn. ) erfolgt mit einem Radikalstarter, Triebkraft der eigentlichen Reaktion ist wie in der Barton-McCombie-Desoxigenierung die Bildung einer stabilen S-Sn-Bindung:

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Der Barton-Ester kann aber auch photolytisch oder thermisch gespalten werden:

Befindet sich ein geeigneter Radikalfänger (im Überschuss) in der Reaktionslösung, so kann eine Substitution stattfinden, ansonsten kommt es zu einer Radikalrekombination zum Pyridylsulfid:

Die Barton-Decarboxylierung bietet aber einige Möglichkeiten, Substituenten heranzuführen - einige davon sind hier gezeigt:

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5 Beckmann-Umlagerung

Säure-katalysierte Umlagerung eines Ketoximes in ein Amid:

Mechanismus

Die Beckmann-Umlagerung findet z.B. in der Synthese von ε-Caprolactam (einem Grundstoff der Perlon-Herstellung) Anwendung.

Unter drastisch sauren Bedingungen wird das Oxim aktiviert :

Es erfolgt die Umlagerung des Substituenten trans zur Hydroxygruppe unter Abspaltung von Wasser. Die Heterolyse der N-O-Bindung erfolgt gleichzeitig zur Umlagerung, damit die Bildung eines Nitrens vermieden werden kann :

Die Regioselektivität der Umlagerung spielt in diesem Beispiel eine untergeordnete Rolle. Die in der Caprolactam-Synthese verwendeten Bedingungen würden aber zu einer Isomerisierung bei unterschiedlich substituierten Oximen führen.

Im letzten Schritt der Reaktion kommt es zur Addition von Wasser. Die entstehende Imidsäure tautomerisiert sofort zum Amid.

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Schlüssel zu milderen Beckmann-Umlagerungen ist die Derivatisierung der Hydroxy-Gruppe in sehr gute Abgangsgruppen. Ein Standard hierfür ist die Veresterung mit PCl5:

Interessante, neue Varianten der Beckmann-Umlagerung sind wesentlich milder und erlauben Umsetzungen einer grossen Bandbreite an Edukten im Labormassstab:

L. De Luca, G. Giacomelli, A. Porcheddu, J. Org. Chem., 2002, 67, 6272-6274.

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6 Cramsche Regel, Felkin-Ahn-Modell, Bürgi-Dunitz-Winkel

Die empirisch aufgestellten Modelle erlauben die Vorhersage der Selektivität von nucleophilen Angriffen auf Carbonyl-Zentren.

Der Bürgi-Dunitz-Winkel von 103° beschreibt die Angriffs-Richtung eines Nucleophils:

D. J. Cram postulierte den folgenden Übergangszustand (ÜZ), der erlaubt, dass das Nucleophil mit dem Bürgi-Dunitz-Winkel angreifen kann:

Im Cram-ÜZ greift das Nucleophil von der sterisch weniger gehinderten Seite an - also anti zur grossen Gruppe und über den kleinsten Substituenten hinweg. Im anti-Cram-ÜZ erfolgt der Angriff des Nucleophils anti zur mittleren Gruppe (Nebenprodukte). Anti-Cram und Cram-Produkte lassen sich auftrennen (beispielsweise mittels GC), da es sich um Diastereomere handelt:

-CH3 z.B. aus CH3MgI

H. Felkin und N. T. Ahn erweitern das Modell um elektronenziehende Gruppen (EWG, electron withdrawing group). Hierbei greift das Nucleophil anti zur EWG an (elektrostatische Abstossung zwischen EWG und Nu!):

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Befindet sich im Electrophil eine komplexierende Gruppe (X), so wird zusammen mit starken Lewis-Säuren (M, Metalle) ein Cram-Chelat-ÜZ durchlaufen - vor dem Angriff erfolgt eine Preorganisation:

7 Cannizzaro-Oxidation-Reduktion

Die Cannizaro-Reaktion ist eine Disproportionierung von Aldehyden zu Säuren und Alkoholen. Die Synthese wird in konzentrierter Lauge durchgeführt.

Mechanismus

Hydroxidionen reagieren mit dem Aldehyd unter Ausbildung eines Hydrates, welches durch einen Überschuss Lauge deprotoniert wird. Die hohe partielle negative Ladung auf dem α-C-Atom führt dazu, dass ein Hydridshift stattfindet:

Die Ausbeuten für Reaktionen des obigen Typs bewegen sich unter 50%.

α-Ketoaldehyde gehen intramolekulare Reaktionen ein (gute Ausbeuten):

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Eine gekreuzte Cannizzaro-Reaktion wird bei Verwendung von Formaldehyd möglich, welcher zu Ameisensäure oxidiert wird:

8 Clemmensen-Reduktion

Die Clemmensen-Reduktion ermöglicht die Desoxigenierung von Aldehyden und Ketonen zu den entsprechenden Alkanen. Als Alternative steht die Wolff-Kishner-Reduktion zur Verfügung, die sich eher für grosse Moleküle und säurelabile Edukte eignet.

Mechanismus

Die Reduktion findet an der Zinkoberfläche statt, und hat keinen einfachen Reaktionsmechanismus. Sie führt keinesfalls über Alkohole, denn diese werden unter den Bedingungen nicht reduziert. So wird ein Einelektronentransfer an der Metalloberfläche diskutiert, der über ein Zinkcarben führt:

9 Corey-Chaykovsky-Reaktion

Die Reaktion von Schwefel-Yliden mit Carbonylverbindungen wie Ketonen oder Iminen führt zu Epoxiden oder Aziridinen.

Corey-Chaykovsky-Epoxidierung

Corey-Chaykovsky-Aziridinierung

Die Reaktion von Schwefel-Yliden mit Enonen ergibt Cyclopropane:

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Corey-Chaykovsky-Cyclopropanierung

Mechanismus

Die Ylide werden in situ durch Deprotonierung von Sulfoniumsalzen mit starken Basen hergestellt.

Dimethyloxosulfoniummethylid - bekannt als Corey-Chaykovsky-Reagenz - ist eine wertvolle Alternative zum Dimethylsulfoniummethylid und kann problemlos aus Trimethylsulfoxoniumiodid generiert werden.

Höher substituierte Ylide können selektiv hergestellt werden, wenn ein Substituent bevorzugt deprotoniert wird - z.B. wenn die negative Ladung besser stabilisiert wird oder wenn die sterische Hinderung geringer ist:

Solche Ylide transferieren nicht nur eine Methylen-Gruppe. Wenn das Ylid zudem chiral ist, kann eine enantioselektive Induktion beobachtet werden:

Das Ylid verhält sich der Carbonylverbindung gegenüber als Nucleophil und wird addiert. Das resultierende Sauerstoff-Anion reagiert intramolekular als Nucleophil mit dem nun electrophilen Ylid-Kohlenstoff, welches das Sulfonium-Kation als gute Abgangsgruppe trägt:

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Die Reaktion des Corey-Chaykovsky-Reagenzes mit Enonen entspricht einer 1,4-Addition, welche vom Ringschluss zum Cyclopropan gefolgt wird:

Da Sulfide problemlos alkyliert werden, ist es möglich, diese Verbindung katalytisch einzusetzen. Solche Methoden ermöglichen die Verwendung teurer, chiraler Sulfide, um chirale Epoxide herzustellen.

10 Gabriel-Synthese

Die Gabriel-Synthese ermöglicht die Darstellung von primären Aminen.

Mechanismus

In der Gabriel-Synthese wird Kaliumphtalimid als -NH2-Synthon benützt. NH3 liegt hier in einer geschützten Form vor, die genügend nucleophil ist, mit Halogeniden SN2-artig zu reagieren. Die Umsetzung des neutralen Phthalimid mit Kalilauge zeigt, dass die ungeladene NH-Gruppe sogar sauer ist:

Nach der Reaktion mit einem Halogenid ist das entstehende Zwischen-Produkt wie das unsubstituierte Phthalimid nicht basisch und auch nicht nucleophil:

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Eine Hydrolyse ist nur unter drastischen Bedingungen möglich. Weit milder ist die Umsetzung mit Hydrazin:

Die Gabriel-Synthese eignet sich als Fortsetzung der Hell-Volhard-Zelinsky-Reaktion zur Synthese von a-Aminosäuren:

a-Aminosäuren sind auch nach Umsetzung mit Bromdiethylmalonat (ev. Alkylierung), gleichzeitiger Hydrolyse und Decarboxylierung zugänglich:

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11 Haloform-Reaktion

Ursprünglich diente die Haloform-Reaktion zum Nachweis von Methylketonen. Das in der Reaktion entstehende Iodoform ist gelb und besitzt einen charakteristischen Geruch. Präparativ lässt sich die Reaktion nutzen, wenn der zweite Substituent der Carbonyl-Gruppe keine α-Protonen trägt.

Mechanismus

Die Zugabe von Base bewirkt, dass das Keton im Keto-Enol-Gleichgewicht vorliegt. Die Enol-Form addiert Iod-Anionen, die verbleibenden Protonen werden noch saurer. Die Reaktion läuft ab, bis alle Protonen ersetzt sind, und sich eine gute Abgangsgruppe ergibt, welche nach dem Angriff eines Hydroxid-Ions abgespalten wird.

12 Hunsdiecker-Reaktion

Die Hunsdiecker-Reaktion ermöglicht die Decarboxylierung von Carbonsäure-Silber-Salzen und die Derivatisierung zum Halogenid.

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Mechanismus

Die zur Reaktion benötigten Silbersalze sind durch Umsatz der Säuren mit Silberoxid erhältlich. In einer Variante der Hunsdiecker-Reaktion kann die Carbonsäure auch direkt umgesetzt werden.

Der Mechanismus ist radikalisch:

Die Reaktion ist auch mit Chlor und Iod durchführbar.

Der organische Rest sollte in α-Position nicht verzweigt sein. Reaktionen mit substituierten Benzoësäuren und ihren Salzen müssen experimentell getestet werden.

In einer Variante lassen sich Carbonsäuren in situ in Salze umsetzen:

Die Kochi-Reaktion eignet sich ergänzend zur Hunsdiecker-Reaktion speziell für sekundäre und tertiäre Carbonsäuren.

13 Mannich-Reaktion

Die Mannich-Reaktion ermöglicht die Amino-Methylierung von Aldehyden, Ketonen oder anderer C-acider Verbindungen.

Mechanismus

Zuerst bildet sich aus dem Amin (oder Ammoniak) zusammen mit Formaldehyd ein Iminiumion:

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Die CH-acide-Verbindung lässt sich leicht deprotonieren und befindet sich - mit dem hier aufgeführten Enolat als Zwischenstufe - in einer Keto-Enol-Tautomerie. Das Enolat greift das Iminiumion an:

14 Michael-Addition

1,4 - Addition von resonanzstabilisierten Carbanionen. Ursprünglich verstand man unter der Michael-Addition eine thermodynamisch kontrollierte Reaktionsführung unter Verwendung besonders acider Ester.

Mechanismus

Ein Reaktand der Michael-Addtion muss C-acide sein. Geeignete Verbindungsklassen lassen sich aufgrund ihrer pKs-Werte in α-Position relativ einfach mit Alkoholaten deprotonieren:

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Das entstehende Carbanion wird resonzstabilisiert.

Als weiches Nucleophil greift es α,β-ungesättigte Verbindungen am weicheren electrophilen Zentrum an (HSAB-Prinzip):

Im Unterschied zur Alkylierung von Enolaten mit Alkylhalogeniden ist nur eine katalytische Menge Base notwendig. Die treibende Kraft der Reaktion ist die Bildung einer C-C-σ-Bindung auf Kosten einer π-Bindung.

Beispiele weiterer Michael-Additionen:

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Ein Überschuss der ungesättigten Verbindung führt zu einer Dialkylierung:

Alkyl- und Dialkylmalonate lassen sich nach einer Esterhydrolyse decarboxylieren:

Auch weniger C-acide Komponenten wie Ketone können gut alkylieren:

Die thermodynamisch kontrollierte Reaktionsführung führt über die höher substituierten Enolate. Die obigen Produkte entstehen folglich bervorzugt.

Die kinetisch kontrollierte Variante ermöglicht Zugang zu weniger günstigen Produkten - sie benötigt allerdings mindestens ein Äquivalent Base, wasserfreie, aprotische Lösungsmittel und tiefe Temperaturen:

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Die Robinson-Anellierung, eine nützliche Reaktion zum Aufbau polycyclischer Naturstoffe (z.B. Stereoide), ist die Kombination von Michael-Addition und intramolekularer Aldol-Addition.

15 Schmidt-Reaktion

Die säurekatalysierte Reaktion von Stickstoff-Wasserstoffsäure mit Elektrophilen führt über eine Umlagerung und Abspaltung von N2 zu Aminen, Cyaniden, Amiden oder Iminen:

Mechanismus

Die Reaktion von Stickstoffwasserstoff- mit Carbon-Säuren führt über das Isocyanat, welches mit Wasser Carbaminsäuren bildet, und dann spontan zu Kohlendioxid und dem Amin zerfällt:

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Bis dato konnten während der Abspaltung von N2 keine Nitrene festgestellt werden. Es ist anzunehmen, dass die Reaktion an dieser Stelle konzertiert - wie oben beschrieben - abläuft.

Die Reaktion mit Ketonen läuft nach der Umlagerung nicht über instabile Zwischenprodukte, welche weiter zerfallen. Nach Anlagerung eines Wasser-Moleküls entsteht ein Amid:

Mit Aldehyden werden Formamide erhalten, in einigen Fällen das Nitril als Hauptprodukt.

Mit Alkenen werden Imine gebildet:

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Tertiäre Alkohole reagieren ähnlich: nach Protonierung der Hydroxy-Gruppe wird Wasser abgespalten, es entsteht ein Carbokation, welches analog mit Stickstoffwasserstoffsäure bis zum Imin abreagiert.

Da Stickstoffwasserstoffsäure hochtoxisch und explosiv ist, sollte in sie in situ aus Natriumazid hergestellt werden.

16 Strecker-Synthese

Mit Hilfe der Strecker-Synthese lassen sich α-Aminonitrile herstellen, welche zu den entprechenden Aminosäuren hydrolysiert werden können.

Mechanismus

Im ersten Schritt kondensiert vermutlich Ammoniak mit dem Aldehyd zum Imin:

Bis hierhin war Säurekatalyse ausreichend. Nun wird bei der Reaktion des Cyanidions als Nucleophil ein Äquivalent Protonen verbraucht. Es ist also nötig - wenigstens in situ - Cyanwasserstoff oder Blausäure herzustellen.

Eine Möglichkeit der in-situ-Darstellung der äusserst giftigen Blausäure (Atemgift) präsentiert sich folgendermassen:

Die Hydrolyse ist optional:

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17 Weinreb-Amid-Methode Weinreb-Keton-Synthese

Darstellung von Ketonen aus Säurechloriden oder Estern. Die Edukte werden im ersten Schritt in das sogenannte Weinreb-Amid umgewandelt, dann erfolgt die Addition eines Grignard- oder Organolithium-Reagenzes.

Mechanismus

Die direkte Darstellung von Ketonen aus Säurechloriden und Estern durch Umsatz mit Organylen ist wenig selektiv. Da bei beiden Stoffklassen eine gute Abgansgruppe vorhanden ist, entsteht ein Keton als Intermediat, welches weiter zum Alkohol abreagieren kann.

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Ein Weinreb-Amid besitzt zum einen eine schlechte Abgangsgruppe, zum anderen wird nach der Addition des Organyls ein stabiler Chelatkomplex gebildet:

Durch Hydrolyse wird das Keton aus dem Halbaminal freigesetzt:

Die Weinreb-Methode liefert gute Ausbeuten und ist vielseitig einsetzbar.

Zwei Alternativen sollen kurz vorgestellt werden:

Die Darstellung von Methylketonen aus Säuren ist möglich, da nach der Deprotonierung der Säure die Reaktivität des Lithiumorganyls genügend hoch ist, um an die negativ geladene Gruppe zu addieren:

Reaktionen mit Nitrilen führen über ein schwach elektrophiles Intermediat. Die Reaktion bleibt auf dieser Stufe stehen. Das Keton wird durch Hydrolyse freigesetzt:

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18 Wolff-Kishner Reaktion

Die Wolff-Kishner-Reaktion dient zur Reduktion von Aldehyden und Ketonen zu Alkanen (Desoxigenierung). Mit dieser Reaktion können auch säurelabile Edukte umgesetzt werden (vgl.: Clemmensen-Reduktion).

Mechanismus

Ursprünglich wurden die entstehenden Hydrazone als Zwischenprodukt isoliert, die Reduktion erfolgte anschliessend bei 200°C. Heutige Reaktionsführungen ermöglichen die Umsetzung bei Raumtemperatur ohne Isolierung des Hydrazons.

Durch Zugabe von Base werden Tautomerisierungen ausgelöst, die dazu führen, dass sich N2 abspaltet:

Eine moderne Variante führt über das Tosylhydrazon - dieses Beispiel illustriert zudem, wie eine retro-En-Reaktion zu einer Isomerisierung führt:

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Das Tosylhydrazon wird unter Abspaltung der guten Tosyl-Abgangsgruppe reduziert:

Hierbei erfolgt der Angriff des Hydrid-Ions stereospezifisch von der weniger gehinderten Seite aus.

Die retro-En-Reaktion führt zu einer Umlagerung der Doppelbindung:

Weiter Synthesemöglichkeiten mit Tosylhydrazonen sind die Bamford-Stevens und die Shapiro-Reaktion. Als Produkte resultieren in beiden Reaktionen Alkene: