φ μ Institut für Mechanik S - ifm.kit.edu · Reibung im Rahmen der Finite-Elemente-Methode und...
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KIT – Universität des Landes Baden-Württemberg und
nationales Forschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft
Seile mit Kontakt und Reibung:Finite Elemente Implementierung für das Euler-Eytelwein-Problem und weiterführende Anwendung
bei der FE-Modellierung von SeemannsknotenAndreas Metzger
Institut für Mechanik
Fakultät für Bauingenieur-, Geo- und Umweltwissenschaften
Motivation
Die Berechnung und Simulation des Verhaltens von Seilen mit Kontakt und Reibung wird bei vielen Ingenieuranwendungen benötigt. Hierbei kann es sich um den Kontakt von Seilen untereinander oder
um den Kontakt eines Seils mit einem starren oder flexiblen Körper handeln. Die Berechnungsgrundlage für Kontakt und Reibung eines Seils mit einem starren Körper in Form eines Zylinders bildet in der
Regel auch heute noch die berühmte, aus dem Jahr 1762 stammende Euler-Eytelwein-Formel. Der thematische Schwerpunkt dieser Diplomarbeit liegt folglich auf der Berücksichtigung von Kontakt und
Reibung im Rahmen der Finite-Elemente-Methode und der damit verbundenen Implementierung von Kontaktelementen.
Das Euler-Eytelwein-Problem
Die Euler-Eytelwein-Formel beschreibt die Abnahme der Zugkraft des um einen Zylinder gewundenen Seils aufgrund der Seilreibung entlang der Kontaktzone. Bereits im Jahr
1717 hatte der französische Brücken- und Wegebauinspektor HUBERT GAUTIER in seiner Dissertation diese Fragestellung beobachtet. GAUTIER überlegte sich, dass man mit
Hilfe der Seilreibung ein schweres Weinfass einfach in den Keller befördern könnte. Die analytische Lösung hierfür, die auch für das Anlegen eines Schiffes gilt, lieferte
LEONHARD EULER im Jahr 1762. Durch die Veröffentlichung im „Handbuch der Statik fester Körper“ im Jahr 1808 durch JOHANN ALBERT EYTELWEIN wurde diese
analytische Lösung schließlich bis heute zur Grundlage für nahezu alle Berechnungen zur Seilreibung (wie z.B. Spannkraftverlust an Umlenkstellen beim Spannbeton).
Das STAS-Kontaktelement
Das im Zuge der Diplomarbeit auf Basis der Theorie aus [3] entwickelte „Segment-To-Analytical-Surface“-Kontaktelement, zusammen mit dem
strukturmechanischen Balkenelement aus [4], erlaubt nun, eine numerische Lösung für das mechanische Modell eines um eine zylindrische Rolle
gewundenen Seils mit Hilfe der Finite-Elemente-Methode. Als Ansatzfunktionen kommen hierbei C1-Spline-Funktionen zum Einsatz. Die
numerischen Ergebnisse des entworfenen FE-Modells aus der umfangreichen Parameterstudie korrespondieren mit der Euler-Eytelwein-Formel.
FE-Modellierung von Seemannsknoten
Zusätzlich zum STAS-Kontaktelement wird nun für den Kontakt von Seilen untereinander das bereits vorhandene „beam-to-beam“-
Kontaktelement aus [3] und [4] verwendet. Aufgrund der beliebigen Krümmung und der auf Kontakt und Reibung basierenden
mechanischen Funktionsweise eignen sich Seemannsknoten sehr gut zur Ermittlung der Anwendungsgrenzen dieser Kontaktelemente.
Der Überhandknoten: In der Seemannssprache gelten diejenigen Gebilde als Knoten, die nur
aus dem Seil selbst bestehen und in sich stabil sind, wie der Überhandknoten, der im täglichen
Leben sehr häufig vorkommt. Zur Modellierung des Überhandknotens wird lediglich das „beam-
to-beam“-Kontaktelement benötigt, welches den Kontakt zwischen zwei Seilen beschreibt. Bis
zum Auftreten eines linienförmigen Kontakts der Seile untereinander wird das mechanische
Verhalten des Überhandknotens durch das „beam-to-beam“-Kontaktelement wirklichkeitsnah
abgebildet.
Der Webeleinenstek: Beim Webeleinenstek handelt es sich um einen „Knoten“, der zur
Befestigung eines Seils an einem Gegenstand (wie z.B. einem Pfahl oder einem Hafenpoller)
eingesetzt werden kann. Solch ein „Knoten“ wird in der Seemannssprache nicht als Knoten,
sondern als Stek bezeichnet. Zur Beschreibung des Kontakts kommen das STAS-
Kontaktelement und das „beam-to-beam“-Kontaktelement gleichzeitig zum Einsatz. Bei ein- oder
beidseitiger tangentialer Zugbeanspruchung drückt das obenliegende kreuzende Seil punktuell
die beiden untenliegenden Seilabschnitte gegen den festen Gegenstand und die beiden
untenliegenden Seilabschnitte bewegen sich aufeinander zu.
Quellen-/Abbildungsnachweis (Ausszug):
[1] Hubert GAUTIER: Dissertation sur l'Epaisseur des Culées des Ponts, sur la Largeur des Piles, sur la Portée des Voussoirs, sur l'Effort & la Pesanteur des Arches à differens surbaissemens, & sur les Profils de
Maçonnerie qui doivent supporter des Chaussées, des terrasses, & des remparts, Paris, 1717, Digitalisiertes Buch aus dem urheberrechtsfreien Bestand der Bayerischen Staatsbibliothek München, BVB-ID: BV001423581
[2] Johann Albert EYTELWEIN: Handbuch der Statik fester Körper. Mit vorzüglicher Rücksicht auf ihre Anwendung in der Architektur. Band 2, In der Realschulbuchhandlung, Berlin, 1808
[3] Alexander KONYUKHOV, Karl SCHWEIZERHOF: Geometrically exact covariant approach for contact between curves. Comput. Methods Appl. Mech. Eng., 2010, doi:10.1016/j.cma.2010.04.012
[4] Baldur Georg ALLERT: Modellierung gekrümmter Balken bei beliebigen großen Deformationen und Kontakt. Diplomarbeit am Institut für Mechanik und Fakultät für Mathematik, Universität Karlsruhe (TH), 2009
[5] Clifford W. ASHLEY : The Ashley Book of Knots. Doubleday, Garden City, New York, 1993
Historische Tafeln zum mechanischen Modell eines um einen Zylinder gewundenen Seils aus [1] Seilreibung bei einem Hafenpoller
Seil oder Balken(„beam 1“)
zylindrische Rolle
· X
Y
Z
M(X0,Y0)
ρ(ξ)
Kurve 1
Knoten Nr.Gauss-Punkte
Balkenelement Nr.STAS-Kontaktelement Nr.
Euler-Eytelwein-Formel aus [2]
Mittelgroßer Hafenpoller in Bremerhaven von Uwe H. Friese aus Bremerhaven 2002 (www.wikipedia.org)
S2
S1
φ
μ
S1=S2·eμ·φ, S1>S2
Kräftegleichgewicht am infinitesimalen Seilabschnitt
S S+dSdN
dH
ds
SH(S+dS)H
SV (S+dS)V
dφ/2dφ/2
dφ
STAS-Kontaktelement „beam-to-beam“-Kontaktelement aus [3] FE-Modellierung des Euler-Eytelwein-Problems Numerische Ergebnisse der Parameterstudie
φ
μFE-Modell
x
y
z freies Seilende
u
2
3
4
5
6
7
89
101112131415
16
17 15
18
19
20
21
22
23
241
2
3
4
5
6
7
89
1011121314
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
2930
3132333435
3637
38
39
40
41
42
Knoten Nr.Balkenelement Nr.STAS-Kontaktelement Nr.
kritischer Kontaktübergangsbereich
Auflager(um z-Achse frei dreh-bar, sonst gehalten)
0,00
2,00
4,00
6,00
8,00
10,00
12,00
0,00 0,10 0,20 0,30 0,40 0,50 0,60 0,70 0,80
Krä
ftev
erh
ältn
is S
1/S
2[-
]
Reibungskoeffizient μ [-]
analytische Lsg. φ=0,4•π
Kontaktwinkel φ=0,4•π, u=0,2 m
Kontaktwinkel φ=0,4•π, u=0,1 m
analytische Lsg. φ=1,0•π
Kontaktwinkel φ=1,0•π, u=0,2 m
Kontaktwinkel φ=1,0•π, u=0,1 m
analytische Lsg. φ=1,5•π
Kontaktwinkel φ=1,5•π, u=0,2 m
Kontaktwinkel φ=1,5•π, u=0,1 m
φ=1,0·π
φ=1,5·π
φ=0,4·π
Varianten zum Knüpfen eines Webeleinensteks aus [5]
lockere Ausgangskonfiguration
zusammengezogene Konfiguration
lockere Ausgangskonfiguration
zusammengezogene Konfiguration