· âστιν ˙ΙησοÜj Χριστìj. gelegt ist, nämlich Jesus Christus. 96 ... gemeint...

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§ Ekklesiologie I n entsprechender Weise müßten wir nun die von Paulus in Kor , aufgezählten Phänomene durchgehen, um unsern externen Beob- achter damit im einzelnen zu konfrontieren. Es ist sehr bedauerlich, daß zu einem solchen Verfahren so gut wie jede Vorarbeit fehlt; da wäre das eine oder andere vielversprechende neutestamentliche Dissertationspro- jekt zu gewinnen. Im Rahmen der Vorbereitung dieser Vorlesung kann ich das nicht nebenbei erledigen . . . Wir greifen dem Ergebnis Ergebnis künftiger Forschungen vor und formulieren: Der externe Beobachter erlebt die Gemeinde in Korinth in den er Jahren als einen Verein, den er mit keinem ihm bekannten Verein wirklich verglei- chen kann: Die christlichen Brüder und Schwestern in Korinth stellen einen Verein ganz neuer Art dar, der die Attraktivität der vorhandenen Vereine weit in den Schatten stellt. *** D amit kommen wir schließlich zu dem andern Phänomen, das hier noch zu behandeln ist, der Gemeinde als οκοδο (oikodom¯ e . ). Das klassische Buch zum Thema aus der Feder von Philipp Vielhauer wurde oben bereits genannt. Der klassische Text findet sich ebenfalls im . Ko- rintherbrief: ... Kor , θεο γρ σεν συνεργο, ... Denn Gottes Mitarbeiter sind wir. θεο γεργιον, θεο οκοδο σ- Gottes Ackerfeld, Gottes Bau seid τε. ihr. κατ τν χριν το θεο τν Nach der Gnade Gottes, die R δοθεσν οι σοφ ρχιτκτων mir geschenkt wurde, legte ich als θελιον θηκα, sachverständiger Architekt ein Fundament; λλο δ ποικοδοε. καστο δ ein anderer aber baut darauf. Jeder βλεπτω π ποικοδοε. aber sehe, wie er darauf baue. R θελιον γρ λλον οδε δ- Denn ein anderes Fundament ναται θεναι παρ τν κεενον, kann niemand legen als das, das στιν Ιησο Χριστ. gelegt ist, nämlich Jesus Christus. Vgl. oben S. , Anm. . Wie der Zusammenhang in Kapitel zeigt, spricht Paulus hier nicht von sich im pluralis majestatis; vielmehr handelt es sich um einen echten Plural, gemeint sind Apol- los und Paulus, die beide in Korinth gewirkt haben.

Transcript of  · âστιν ˙ΙησοÜj Χριστìj. gelegt ist, nämlich Jesus Christus. 96 ... gemeint...

  • Ekklesiologie

    In entsprechender Weise mten wir nun die von Paulus in Kor , aufgezhlten Phnomene durchgehen, um unsern externen Beob-achter damit im einzelnen zu konfrontieren. Es ist sehr bedauerlich, dazu einem solchen Verfahren so gut wie jede Vorarbeit fehlt; da wre daseine oder andere vielversprechende neutestamentliche Dissertationspro-jekt zu gewinnen. Im Rahmen der Vorbereitung dieser Vorlesung kannich das nicht nebenbei erledigen . . .

    Wir greifen dem Ergebnis Ergebnisknftiger Forschungen vor und formulieren:Der externe Beobachter erlebt die Gemeinde in Korinth in den er Jahrenals einen Verein, den er mit keinem ihm bekannten Verein wirklich verglei-chen kann: Die christlichen Brder und Schwestern in Korinth stellen einenVerein ganz neuer Art dar, der die Attraktivitt der vorhandenen Vereineweit in den Schatten stellt.

    * * *

    Damit kommen wir schlielich zu dem andern Phnomen, das hiernoch zu behandeln ist, der Gemeinde als (oikodome. ). Dasklassische Buch zum Thema aus der Feder von Philipp Vielhauer wurdeoben bereits genannt. Der klassische Text findet sich ebenfalls im . Ko-rintherbrief:

    . . . Kor , , . . . Denn Gottes Mitarbeitersind wir.

    , - Gottes Ackerfeld, Gottes Bau seid. ihr. Nach der Gnade Gottes, die R

    mir geschenkt wurde, legte ich als , sachverstndiger Architekt ein

    Fundament; . ein anderer aber baut darauf. Jeder . aber sehe, wie er darauf baue. R - Denn ein anderes Fundament

    , kann niemand legen als das, das . gelegt ist, nmlich Jesus Christus.

    Vgl. oben S. , Anm. . Wie der Zusammenhang in Kapitel zeigt, spricht Paulus hier nicht von sich im

    pluralis majestatis; vielmehr handelt es sich um einen echten Plural, gemeint sind Apol-los und Paulus, die beide in Korinth gewirkt haben.

  • Artikel III

    Wenn aber jemand auf dem , , Grund Gold, Silber, kostbare Stei- R, , , , ne, Holz, Heu, Stroh aufbaut

    - eines jeden Werk wird offenbar, werden. , Denn der (Gerichts-)Tag wird es

    enthllen, R weil er mit Feuer offenbart wird. Und das Feuer wird erproben, wie

    [] . eines jeden Werk beschaffen ist. - Wird jemandes Werk, das er, aufgebaut hat, bleiben, so wird er R

    Lohn empfangen. - Wird jemandes Werk verbren-, , nen, so wird er bestraft werden

    (oder: Schaden leiden), , er selbst aber wird gerettet werden, R

    . freilich so, wie durchs Feuer.

    Die Rede von der christlichen (ekklesi.a) als einem Bauwerkgeht auf Paulus zurck: Das Bild von der (oikodome. ) ist vorPaulus nicht bezeugt, wie ein Blick in die Konkordanz besttigt. Das bisheute vielverwendete Adjektiv erbaulich, das man bekanntlich sowohlim positiven wie auch im negativen Sinn verwenden kann, haben wirletztlich also dem Paulus zu verdanken.

    In unserm Text aus dem . Korintherbrief begegnet das Substantiv - (oikodome. ) im einleitenden v. , danach benutzt Paulus mehr-

    Vgl. etwa William F. Moulton/Alfred S. Geden: A Concordance to the Greek Testa-ment According to the Texts of Westcott and Hort, Tischendorf and the English Revis-ers, edited by William F. Moulton and Alfred S. Geden, Fifth Edition Revised by HaroldK. Moulton, Edinburgh (die erste Auflage Edinburgh ), S. .

    Interessant ist die Verteilung der Belege: Diese sind auf den Rmerbrief und die bei-den Korintherbriefe beschrnkt und haben einen Nachhall im Epheserbrief gefunden;im brigen corpus Paulinum fehlt (oikodome. ) gnzlich.

    (Die synoptischen Belege gehren nicht hierher, da sie sich auf ein wirkliches Bau-werk, den Tempel in Jersusalem, beziehen, und nicht im bertragenen Sinn auf dieKirche angewendet werden.)

    Vgl. die weiteren paulinischen Belege im . Korintherbrief: ,; ,; ,; ,;im . Korintherbrief: , (allerdings in anderm Sinn!); ,; ,; , und im Rmer-brief: ,; ,.

  • Ekklesiologie

    fach das zugehrige Verbum (epoikodome. o), nmlich in denVersen b (bis!), und . Die Wahl des Kompositums (epoikodome. o) ist offenbar dadurch bedingt, da Paulus zunchst (v. a)von dem Fundament (theme. lion) gesprochen hat, auf das manetwas auf- oder weiterbaut.

    Freilich knnen wir im Rahmen einer Vorlesung zur Theologie des Neu-en Testaments weder diesen Text aus dem . Korintherbrief im einzelneninterpretieren, noch haben wir die Zeit, die andern einschlgigen Belegeaus den Briefen des Paulus in Augenschein zu nehmen. Beides hat Phil-ipp Vielhauer in seiner Dissertation getan, dessen Ergebnis ich daher andieser Stelle ersatzhalber zitiere:

    [oikodomei.n] ist ein kultischer, kerygmatischerund ethischer und damit soteriologischer Terminus. Er istkein individual[i]stischer, sondern ein Gemeinschaftsbegriff;mit ihm ist nie das erbauende Individuum, sondern immerdie Gemeinschaft visiert, die Aufgabe fr die Gemeinschaft,bzw. fr den Nchsten, mit dem dadurch Gemeinschaft her-gestellt wird. Und zwar handelt es sich nicht um eine profa-ne menschliche Gemeinschaft, die von Menschen konstitu-iert wird, sondern um die Gemeinschaft in Christus, imGeist, die durch die Agape konstituiert und normiert wird,um die Kirche. Das logische Subjekt ist immer Gott, das lo-gische Objekt immer die Gemeinde; sofern der Einzelne Ob-jekt ist, ist er es immer nur als ihr Glied, das er ist oder da-durch werden soll; [oikodomei.n] ist Bezeichnungdes heilvollen Handelns Gottes, es bedeutet Hinzubringenzum Heil und d.h. in die Kirche. Der theologische Ort desBegriffes Erbauung ist die Ekklesiologie. Nicht das frommeIndividuum ist das Ziel der Wege Gottes, sondern die EineHeilige Allgemeine Kirche in dem prgnanten und radikaleschatologischen Sinne des NTs; ihre Schaffung und Erhal-tung, Frderung und Verwirklichung bezeichnet P[au]l[u]smit [oikodomei.n].

    Zur Interpretation im einzelnen vgl. neben den Kommentaren zum . Korinther-brief die grundlegenden Ausfhrungen bei Philipp Vielhauer, a.(S. , Anm. )a.O.,S. (im Nachdruck S. ).

    Philipp Vielhauer, a.a.O., S. (im Nachdruck S. ).

  • Artikel III

    Ausblick: Die konomische Attraktivitt christlicher Gemeinden

    Die konomischen ImplikationenDas BeispielEphesos zur Zeitdes Paulus

    der christlichen Verkndigung

    sind von Anfang an erkannt und benannt worden und zwar be-zeichnenderweise von den Gegnern dieser Botschaft. Ich will Ihnen da-fr zwei Beispiele vor Augen fhren, die Apostelgeschichte des Lukas sagen wir: um n.Chr. und den berhmten Christenbrief desPlinius um n.Chr.

    Was zunchst die Apostelgeschichte angeht, so denke ich an das .Kapitel, wo die Menschen sich im Theater in Ephesos versammeln, um,wie Luther so schn bersetzt, bey zwo stunden zu schreien: Gro istdie Diana der Epheser.

    Ausgangspunkt des Aufruhrs in Ephesos sind die Silberschmiede, dieihre Lebensgrundlage durch die Mission des Paulus bedroht sehen. Einrein wirtschaftlicher Grund ist es also, der sie in Bewegung bringt. Beidiesen Silberschmieden handelt es sich um Devotionalienhersteller, dievon dem international renommierten Artemis-Heiligtum in Ephesos pro-fitieren. Die von ihnen hergestellten silbernen Tempel finden offenbarguten Absatz. Wir haben es mit einem prosperierenden Wirtschaftszweigzu tun. Die konomische Potenz der Silberschmiede von Ephesos stehtauer Frage. Sie wird auch durch das epigraphische Material aus Ephesoseindrcklich unterstrichen. Eine Reihe von erhaltenen Inschriften erwh-nen den Berufsstand der (argyroko. poi). Von besonderemInteresse ist in unserem Zusammenhang, da diese Silberschmiede in ei-ner Art Zunft organisiert sind; zwei bzw. drei Inschriften erwhnen (to. synhe.drion to. n argyroko. pon), den Zu-sammenschlu der Silberschmiede, der offenbar ber eine eigene Kasse

    Ich bernehme die folgenden Ausfhrungen aus meinem Aufsatz Die konomischeAttraktivitt christlicher Gemeinden, den ich in meinem ersten Sammelband publizierthabe (Peter Pilhofer: Die frhen Christen und ihre Welt. Greifswalder Aufstze . Mit Beitrgen von Jens Brstinghaus und Eva Ebel, WUNT , Tbingen ,S. ; hier S. ).

    Zum Heiligtum der Artemis in Ephesos und den einschlgigen epigraphischenQuellen vgl. die Skizze von G.H.R. Horsley: The Inscriptions of Ephesos and the NewTestament, NT (), S. ; hier S. . Was speziell das internationaleRenommee der Artemis angeht, ist die Inschrift IEph (Hermann Wankel: Die In-schriften von Ephesos. Teil Ia: Nr. (Texte), IGSK ., Bonn , S. ) vonInteresse (vgl. Horsleys Diskussion des Textes, a.a.O., S. ).

    IEph ; (bis); ; ; und (in ist in Z. zulesen, vgl. Reinhold Merkelbach und Johannes Noll: Die Inschriften von Ephesos. TeilVI: Nr. (Repertorium), IGSK , Bonn , S. im Kommentar zu ).

  • Ekklesiologie

    Abbildung : Der Schauplatz: Das Theater von Ephesos

    und ber eigenes Vermgen verfgt, da die in einer der Inschriften an-gedrohte Strafe in Hhe von Denaren an diese Silberschmiede zubezahlen ist. Eine Summe von Denaren wird in derselben Inschriftgenannt; dieser Betrag wurde der Zunft der Silberschmiede im Zusam-menhang mit der Errichtung des Grabes zuteil.

    Diese Inschrift knnte schon aus der Zeit des Claudius stammen undwre demnach mit den von Lukas in Apg geschilderten Vorgngen ausEphesos gleichzeitig. Sie bezeugt uns die Gesellschaft der als eine Arteingetragenen Verein mit Versicherungscharakter: die Summe von Denaren, die an die Vereinskasse geht, dient der Pflege des Grabes ein

    Es handelt sich um die Inschrift , Grab des Silberschmiedes M. AntoniusHermeias, im in der vorigen Anm. zitierten Band, S. . In Z. wird das genannt (hnlich wohl auch in Nr. , Z. ; in Nr. ist in Z. f.von die Rede); die Strafbestimmung findet sichin Kolumne II, Z. : , X .

    IEph , Z. : X (a.a.O., S. ). Zur Interpretation der Inschrift IEph vgl. G.H.R. Horsley: The silversmiths at

    Ephesos, New Documents Illustrating Early Christianity () [], S. , derunseren Text wie folgt datiert: time of Claudius, or later (S. ). In seiner bersetzungder Inschrift gibt Horsley das irrtmlich mit wieder. Eine sehr vielsptere Datierung vertritt Peter Lampe: Acta im Spiegel der ephesischen Inschriften,BZ (), S. ; hier S. : . Jh. n. Chr.?.

  • Artikel III

    lngerfristiges Unterfangen, das bei dem Silberschmiedeverein offenbarin guten Hnden ist.

    Von einer ganz anderen Seite lernen wir die Zunft dieser Silberschmie-de bei Lukas in Apg , kennen: demonstrierend, streikend, dieganze Stadt in Aufruhr ( [ta. rachos ouk oli.gos] heites v. ; in v. ist gar von (sta. sis) die Rede) versetzend. Dasist fast so etwas wie ein Arbeitskampf, was die Silberschmiede dem Lu-kas zufolge in Ephesos inszenieren. Sie legen die Arbeit nieder undveranstalten eine nicht angemeldete Demonstration, von einem Mannnamens Demetrios angestiftet (v. ). Diese auerordentliche Zunft-versammlung erweist sich als wahres Pulverfa: Der Funke springt auchauf die restliche Bevlkerung ber und gipfelt in einer Versammlung imTheater ebenfalls weder angemeldet noch gar genehmigt (v. ).

    Der Streik der Silberschmiede von Ephesos hat eine konomische Ursa-che, die Demetrios in seiner Ansprache an seine Zunftgenossen namhaftmacht: Der Wohlstand der Zunft beruht auf den florierenden Umstzen,die die Silberschmiede erzielen. Diese Umstze sind seit Menschenge-denken stabil und von konjunkturellen Schwankungen weitgehend un-abhngig. Nun aber ist pltzlich und unerwartet ein erheblicher Umsatz-einbruch zu verzeichnen, der die Lebensgrundlage der gesamten Zunftgefhrdet. Demetrios fhrt dazu folgendes aus: Ihr wit, da auf die-sem Erwerb unser Wohlstand beruht. Und ihr seht und hrt, da dieserPaulus nicht blo in Ephesos, sondern praktisch in der gesamten Asiaeine hinlngliche Menge von Menschen dahingehend beredet, da nichtgttlich ist, was mit Hnden gemacht wird. Nicht nur unsere gesamte

    Vgl. W.H. Buckler: Labour Disputes in the Province of Asia, in: Anatolian StudiesPresented to Sir William Mitchell Ramsay, hg. von W.H. Buckler und W.M. Calder,Manchester , S. ; zum Streik der Bcker in Ephesos insbesondere S. mit Plate II (die von Buckler diskutierte Inschrift findet sich heute als IEph imzweiten Band der Inschriften von Ephesos: Christoph Brker und Reinhold Merkelbach:Die Inschriften von Ephesos. Teil II: Nr. (Repertorium), IGSK , Bonn ,S. ).

    Beide Begriffe aus der lukanischen Szene begegnen auch in der genannten InschriftIEph : in Z. und in Z. f.

    Die Interpretation unseres Textes durch Strelan lt zu wnschen brig (Rick Strelan:Paul, Artemis, and the Jews in Ephesus, BZNW , Berlin/New York , S. ).Wegen des Fehlens jeglicher Register ist die Benutzung des Buches beraus schwierig.

    Ein direktes epigraphisches Zeugnis, das die Darstellung des Lukas in Apg sttzt,gibt es freilich nicht. Die einschlgigen Thesen beruhen auf einer falschen Interpretati-on der Inschrift IEph (vgl. o. Anm. ). Vgl. dazu Richard Oster: Acts : andan Ephesian Inscription, HThR (), S. .

  • Ekklesiologie

    Branche gert dadurch in Verruf, sondern auch der Tempel der groenGttin Artemis wird geringgeschtzt (Apg ,ba). Der Zusammen-bruch des zuvor prosperierenden Devotionalienmarktes wird von Deme-trios auf das Wirken eines einzigen Mannes zurckgefhrt: Die Verkn-digung des Paulus stellt nicht nur die religisen Grundlagen der StadtEphesos und der Provinz Asia in Frage, sondern auch den Wohlstandeines angesehenen und traditionellen Berufszweiges, der Silberhndler.

    Uns geht es heute im Zusammenhang mit dieser Tagung nicht umden religisen, sondern um den wirtschaftlichen Aspekt dieser Angele-genheit. Und da knnen wir feststellen: Die junge christliche Gemeindevon Ephesos ist auch als Wirtschaftsfaktor keineswegs zu unterschtzen.Damit ist sie im Rahmen der frhen christlichen Gemeinden keine Aus-nahme. Ich habe in anderem Zusammenhang auf die finanziellen Aktivi-tten der Gemeinde in Philippi hingewiesen. Paulus beschreibt in Phil,f. sein Verhltnis zu der Gemeinde in Philippi als eine Partnerschaftgeschftlicher Art. Das finanzielle Engagement der Christinnen undChristen in Philippi ist betrchtlich. Die grundlegende Umorientierungeines jeden einzelnen Christen in Philippi hat . . . notwendigerweise aucheine Umorientierung des finanziellen Engagements zur Folge. Als Christinvestiert man nicht in den Brunnen am Forum und nicht in den Tempelder Silvanusfreunde. Die dafr sonst verwendeten Mittel sind frei undknnen [axi. os tou. euangeli.ou] verwendet werden,so insbesondere zur Untersttzung des Paulus.

    Das fr Philippi Gesagte gilt fr Ephesos entsprechend. Allein die vonLukas in Apg berichteten Sachverhalte lassen auf erhebliche finanzi-elle Mglichkeiten der Gemeinde in Ephesos schlieen: Der in v. ge-nannte Tyrannos wird seine Rumlichkeiten dem Paulus kaum kostenloszur Verfgung gestellt haben; vermutlich hat er sie vermietet bzw. ver-pachtet. Der Wert der in v. erwhnten Bcher die man verbrennt wird mit fnfzigtausend Silberdenaren beziffert, eine astronomischeSumme. Paulus und seine Mitarbeiter in v. werden Timotheosund Erastos namentlich genannt mssen untergebracht und unterhal-

    Peter Pilhofer: Philippi. Band I: Die erste christliche Gemeinde Europas, WUNT, Tbingen , S. .

    Philippi I . Philippi I . Das ist Zitat aus Phil , (vgl. dazu Philippi

    I ). Diese Christen sie sind ja nur ein Bruchteil jener vielen, welche sich mit Zau-

    berei abgegeben haben mten ber erstaunliche Geldmittel verfgt haben wenn

  • Artikel III

    ten werden, und das ber einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren (vgl.v. ). Hinzu kommen die Aufwendungen fr die Reisen der Missionare(vgl. v. ; die korinthische Korrespondenz des Paulus knnte manhier ergnzend heranziehen).

    Somit erweisen sich die frhen christlichen Gemeinden in Philippiwie in Ephesos und anderwrts als ein nicht zu unterschtzender Wirt-schaftsfaktor.

    * * *

    Was sich im Ephesos der er Jahre anbahnt,Der Befund desChristenbriefsdes Plinius

    ist dem uns schonbekannten Plinius zufolge ein halbes Jahrhundert spter eine voll-

    endete Tatsache. Er berichtet dem Kaiser Trajan von den wirtschaftlichenImplikationen der christlichen Mission in den Provinzen Bithynien undPontos: Die Tempel sind beinahe schon verdet (prope iam desolata tem-pla), die Opferfeiern sind lange schon zum Erliegen gekommen (sacrasollemnia diu intermissa), fr das Opferfleisch findet sich weit und breitkaum mehr ein Kufer (. . . carnem, cuius adhuc rarissimus emptor inve-niebatur).

    Aus der Sicht des Plinius sind die konomischen Wirkungen des erstar-kenden Christentums geradezu verheerend. Wenn Hans Conzelmann inseinem Kommentar zur Apostelgeschichte diese Passage des Pliniusbrie-fes mit der Bemerkung einleitet: Die Schdigung gewisser Geschfts-zweige . . . durch das Christentum wird durch den berhmten Brief desjngeren Plinius an Trajan . . . illustriert, so wird der von Plinius insAuge gefate Sachverhalt verharmlost: Im Brief des Plinius an Trajangeht es nicht um die Schdigung gewisser Geschftszweige, wie Con-zelmann formuliert, sondern um eine wirtschaftliche Katastrophe fr ei-ne ganze Region. Gewi mssen wir eine rhetorische bertreibung sei-

    man die Nachricht historisch auswerten drfte. Allein das darf man gerade nicht (ErnstHaenchen: Die Apostelgeschichte, KEK III, Gttingen , S. ).

    Es macht keine Schwierigkeiten, weitere Beispiele zu benennen: Was die paulini-schen Gemeinden angeht, sei hier lediglich auf die Kollekte fr Jerusalem verwiesen, diedem Paulus so wichtig war. Aus spterer Zeit bietet sich Laodikeia an, eine Gemeinde,deren Reichtum in Apk , ausdrcklich thematisiert wird.

    Plinius: Epistulae X , (der Text ist unten als Beilage II angefgt). Plinius fgthinzu: Daraus gewinnt man leicht einen Begriff, welch eine Masse von Menschen ge-bessert werden kann, wenn man der Reue Raum gibt (ex quo facile est opinari, quaeturba hominum emendari possit, si sit paenitentiae locus, ebd.).

    Hans Conzelmann: Die Apostelgeschichte, HNT , Tbingen , S. .

  • Ekklesiologie

    tens des Plinius in Rechnung stellen. Ganz so niederschmetternd wer-den die konomischen Auswirkungen der Ausbreitung des Christentumsin Bithynien und Pontos nun auch wieder nicht gewesen sein. Dochauch wenn man die Situation des Briefschreibers bercksichtigt, bleibtein konomisch substantieller Tatbestand: Plinius knnte den nichtso an Trajan schicken, wenn die Lage in seiner Provinz dafr nicht hin-lnglich Anhalt geboten htte. Zumindest aus der Sicht des AdressatenTrajan mu die Schilderung des Plinius doch eine gewisse Plausibilittbesessen haben andernfalls wre sie kontraproduktiv, und Plinius httekeine Chance gehabt, sein Ziel beim Kaiser zu erreichen.

    Blicken wir von den alarmierenden Nachrichten des sogenannten Chri-stenbriefs X auf die Idylle der Clitumnus-Quellen in VIII zurck,

    so gewinnen wir einen deutlichen Eindruck von der wirtschaftlichen Im-plikation der Ausbreitung des Christentums, wie sie sich dem Plinius zuBeginn des zweiten Jahrhunderts darstellt. In der Valle Umbra ist alles imLot: Religise wie geschftliche Interessen sind ungestrt alles ist, wiees dem Plinius zufolge sein soll. In Bithynien und Pontos hingegen istnicht nur der religise Friede gestrt; die Welt ist aus den Fugen geraten die konomischen Implikationen sind unbersehbar.

    * * *

    Damit kommen wir zur Frage Vier Grndefr diekonomischeAttraktivitt derchristlichenGemeinden

    nach der konomischen Attraktivi-tt der frhen christlichen Gemeinden. Eine Masse von Menschen

    (turba hominum) hat dem Plinius zufolge eine falsche Entscheidung ge-troffen und sich zum Christentum bekehrt. Die Grnde dafr sindgewi vielschichtig sie sind aber unter anderem auch konomische:Worin besteht nun also die konomische Attraktivitt christlicher Ge-meinden?

    Vgl. dazu die grundlegende Studie von Angelika Reichert: Durchdachte Konfusion:Plinius, Trajan und das Christentum, ZNW (), S. .

    Zum Ziel des Plinius vgl. den in der vorigen Anmerkung genannten Aufsatz vonAngelika Reichert.

    Dies ist ein Bezug auf den Teil I meines fr diese Vorlesung bernommenen Auf-satzes, den ich hier nicht bercksichtigt habe; wer sich dafr interessiert, sei auf dieoriginale Publikation verwiesen, die ich oben S. , Anm. , angegeben habe; hierS. .

    Vgl. zu dieser Passage oben Anm. .

  • Artikel III

    () Die christliche Gemeinde feiert fter

    Ich beginne bei einem einfachen organisatorischen Sachverhalt, denwchentlichen Zusammenknften der Christinnen und Christen.Auch hier knnen wir auf Plinius zurckgreifen, der in sagt: Die ab-trnnig gewordenen Christen versicherten . . . , ihre ganze Schuld oderihr ganzer Irrtum habe darin bestanden, da sie sich an einem bestimm-ten Tage vor Sonnenaufgang zu versammeln pflegten und Christus gleich-sam als Gott einen Wechselgesang zu singen . . . . Hernach seien sie aus-einandergegangen und dann wieder zusammengekommen, um Speise zusich zu nehmen, jedoch gewhnliche, harmlose Speise . . . Plinius be-schreibt zwei verschiedene Zusammenknfte an dem festgesetzten Tag damit ist natrlich der Herrentag, die (kyriake. heme. ra)(Apk ,) gemeint. Was es mit den verschiedenen Versammlungen aufsich hat, knnen wir in unserm Zusammenhang unerrtert lassen. Unsgeht es hier um die Tatsache, da die christliche Gemeinde sich mehr alsfnfzig Mal pro Jahr versammelt und diese Versammlung stets mit einemEssen verbunden ist. Aus der Sicht der rmeren Bevlkerungsschichtenist dies ein Wirtschaftsfaktor allerersten Ranges. Keine andere Gemein-schaft im Rmischen Reich bot ihnen diese Mglichkeit, sich wenigstenseinmal in jeder Woche satt essen zu knnen. In dieser Hinsicht schlgtdie christliche Gemeinde alle konkurrierenden Vereinigungen bei wei-tem.

    Das wird deutlich,Die Dissertationvon Eva Ebel ist

    mittlerweilelngst im Druck

    erschienen

    wenn man die Vereine der frhen Kaiserzeit einmalgenauer untersucht. Mit diesem Thema beschftigt sich meine Assisten-tin, Eva Ebel, im Rahmen ihres Greifswalder Dissertationsprojekts, dasvor der Vollendung steht. Ein von ihr eingehend untersuchter Verein,die cultores Dianae et Antinoi in Lanuvium, mag als Beispiel gengen.

    adfirmabant autem hanc fuisse summam vel culpae vel erroris, quod essent soliti statodie ante lucem convenire carmenque Christo quasi deo dicere . . . . quibus peractis moremsibi discedendi fuisse rursusque coeundi ad capiendum cibum promiscuum tamen et innoxi-um . . . (Plinius: Ep. X ,; die bersetzung von Kasten, S. , habe ich modifiziert,vgl. dazu Maurice Testard: . . . carmenque Christo quasi deo dicere . . . , REL [],S. ).

    CIL XIV = ILS . Eva Ebel bietet im ersten Kapitel ihrer Arbeit den Textmit bersetzung und einen grndlichen Kommentar zu dieser Inschrift. Ihre Arbeittrgt den Titel: Collegium und ecclesia. Die Struktur griechisch-rmischer Vereine undder frhen christlichen Gemeinden. Bis zum Erscheinen der Ebelschen Monographie,in der auch die Literatur zusammengestellt wird, findet man die Inschrift bequem zu-gnglich bei Thomas Schmeller: Hierarchie und Egalitt. Eine sozialgeschichtliche Unter-

  • Ekklesiologie

    Die Satzung dieses Vereins unterscheidet strikt zwischen Geschftssit-zungen und Mahlversammlungen. Geschftssitzungen finden monatlichstatt, Mahlversammlungen sechs Mal im Jahr. Wer Mitglied in diesemVerein wird, hat mithin die Aussicht, sechs kostenlose Essen pro Jahrzu erhalten. Opulent sind die Mhler nicht (auch der Speiseplan ist inder Vereinssatzung genau geregelt!): Jedes Mitglied bekommt ein Brotzum Preis von zwei Assen, vier Sardinen, warmes Wasser, Wein und dasGedeck mit Bedienung (Z. II ).

    Bevor das Christentum auf den Plan trat, war dieses Angebot in Lanu-vium ohne Konkurrenz; bessere Vereine gab der Markt einfach nicht her das war an anderen Orten nicht anders, die Satzung von Lanuvium istin dieser Hinsicht gewi typisch. Dieses Angebot verliert jegliche Attrak-tivitt, wenn man es mit dem der christlichen Gemeinde vergleicht: Stattder hier vorgesehenen sechs Mhler pro Jahr bietet die Gemeinde mehrals . Aus Sicht der Armen ist das vergleichsweise ein Paradies. Alleinunter wirtschaftlichen Gesichtspunkten lohnt sich mithin ein bertrittzum Christentum fr Arme ohne Frage. Die Tage der cultores Dianae etAntinoi sind also gezhlt: Dem christlichen Angebot knnen sie schonaus wirtschaftlichen Grnden nichts entgegensetzen.

    () Die christliche Gemeinde ersetzt die Sterbeversicherung

    Fr die Mehrzahl der Menschen im Rmischen Reich war die Vor-sorge fr eine ordentliche Bestattung von berragender Bedeutung.Schon in einem Alter, in dem an Sterben nach menschlichem Ermessengar nicht zu denken war, kaufte man sich ein geeignetes Grundstck undlie zumindest schon einmal eine Inschrift mit den Maen desselben an-bringen. Spter konnte man dann einen Sarkophag dazu erstehen oderein Gebude errichten lassen. Auch eine Inschrift wird hufig schon bei

    suchung paulinischer Gemeinden und griechisch-rmischer Vereine, SBS , Stuttgart, S. (Text nach Dessaus Fassung in ILS ).

    Aus dem Greifswalder Dissertationsprojekt von Eva Ebel ist mittlerweile eine Erlan-ger Dissertation geworden, die lngst im Druck erschienen ist: Eva Ebel: Die Attrakti-vitt frher christlicher Gemeinden. Die Gemeinde von Korinth im Spiegel griechisch-rmischer Vereine, WUNT /, Tbingen .

    Einzelheiten dazu in der Ebelschen Arbeit, Kapitel I, Teil : Die Zusammenknfteder Vereinsgenossen; jetzt in Eva Ebel, a.a.O., S. .

    Eine detaillierte Diskussion bietet Eva Ebel, a.a.O., ., Die Organisation dergemeinsamen Mhler; jetzt in Eva Ebel, a.a.O., S. .

    Vgl. die zahllosen Inschriften mit in fronte pedes x, in agro pedes y, in Philippi IIetwa die Nummern /L; /L; /L; /L; /L; /L;/L u..

  • Artikel III

    Lebzeiten angebracht. So konnte man den Feiertagsspaziergang mit ei-nem Besuch am eigenen Grab krnen, um sich bei dieser Gelegenheitgleich nach dem Fortgang der Bauarbeiten umzusehen.

    Der berwiegenden Mehrzahl der Bewohner des Rmischen Reicheswar solche Vorsorge schon aus finanziellen Grnden verwehrt. Als Aus-weg bot sich der Beitritt in einen Sterbeverein an. Auch hier knnen wirwieder die Satzung der cultores Dianae et Antinoi als Modell heranzie-hen: Dieser Verein fungiert nmlich auch als Sterbeversicherung; beimTode eines jeden Mitglieds werden Sesterzen fr seine Bestattungausgezahlt (das sogenannte funerati.cium). Das lt die Mitgliedschaftin einem solchen Verein als auerordentlich attraktiv erscheinen. Vor-aussetzung fr die Zahlung ist wiederum eine gewisse finanzielle Potenzdes Mitglieds: Die Vollversammlung hat beschlossen, da, wer auch im-mer in diesen Verein eintreten will, als Aufnahmegebhr Sesterzenund eine Amphore guten Weins zahlen wird, ebenso monatlich jeweils Asse. Wessen finanzielle Mglichkeit auch eine solche Mitgliedschaftbersteigt, der kann sich an die christliche Gemeinde wenden: Sie ver-langt keine Aufnahmegebhr (kapitula. rium), keine Amphore Wein undauch keinen Monatsbeitrag. Auch diese konomischen Faktoren sindvon Gewicht!

    Aber auch wer schon in einem vergleichbaren Sterbeverein Mitgliedist, wird durch den neuen Konkurrenten auf dem Markt der Mglich-keiten zum Nachdenken gebracht: Selbst unter rein wirtschaftlichen Ge-sichtspunkten erscheint ein Wechsel zur christlichen Gemeinde auch frMitglieder eines Sterbevereins durchaus attraktiv.

    Lehrreich ist Inschrift /L, wo in Z. zehn Buchstaben freigelassen sind, weilder zweite Insasse des Sarkophags noch am Leben ist . . . (Philippi II f. = Philippi II

    ).Die prtentise Inschrift, die Trimalchio fr sein Grabmonument entwirft, kom-

    mentiert Theodor Mommsen: Trimalchios Heimath und Grabschrift, Hermes (),S. ; Nachdr. in: ders.: Gesammelte Schriften VII: Philologische Schriften, Berlin, S. ; hier S. . Vgl. dazu auch Reinhard Wolters: C. Stertinius Xeno-phon von Kos und die Grabinschrift des Trimalchio, Hermes (), S. .

    Man vergleiche die kstlichen berlegungen, die Trimalchio hinsichtlich seinesGrabmals anstellt; auch die Mae werden genau angegeben: ut sint in fronte pedes cen-tum, in agrum pedes ducenti (Petronius: Satyrica. Lateinisch-deutsch von Konrad Mllerund Wilhelm Ehlers, Tusc, Darmstadt ; hier ,ff., Zitat fin.).

    Zu den Einzelheiten vgl. die Ebelsche Arbeit . Die Funktion des Vereins alsSterbeversicherung; jetzt in Eva Ebel, a.a.O., S. .

    So die lanuvische Inschrift in Z. I nach der bersetzung von Eva Ebel; jetztin Eva Ebel, a.a.O., S. ; hier S. der oben zitierte Text.

  • Ekklesiologie

    () Die christliche Gemeinde ersetzt die Tempelbank

    Nun gibt es freilich auch (wenngleich sehr viel seltener) den andernFall: Jemand hat Geld und wei nicht, wohin damit. Ein literarischbekanntes Beispiel ist der Athener Xenophon, der von dem Feldzug ausKleinasien mit vielen Reichtmern beladen zurckkehrte. Wohin mit allden Schtzen? Natrlich in einen Tempel, denn sicherer kann man seineReichtmer nicht anlegen. Ich habe das Beispiel des Xenophon gewhlt,weil er sein Geld bei dem Artemistempel in Ephesos deponierte. Undauf den (neoko. ros), genannt (Mega. byzos), vom Arte-mistempel in Ephesos war Verla: Als Xenophon sich spter in Skillousbei Olympia zur Ruhe gesetzt hatte und Megabyzos aus Ephesos nachOlympia reiste, besuchte er den Xenophon und brachte ihm das Geldzurck (von dergleichem Bankservice doch das nur am Rande dr-fen heutige Bankkunden noch nicht einmal trumen!).

    Wer sich an die christliche Gemeinde wendet, mu sich mit Tempel-banken nicht plagen; er kann sein Geld bei der Gemeinde deponieren,die dafr gewi Verwendung hat. Ein spektakulrer Fall mit einer hohenSumme ist uns aus dem . Jahrhundert bekannt: Markion aus Sinope amSchwarzen Meer schenkte der Gemeinde in Rom Sesterzen.

    Was dem (neoko. ros) der Artemis von Ephesos recht ist, ist derrmischen Gemeinde billig: Als sie Markion ausschlo, erhielt er seine Sesterzen zurck. Noch nach zwei Menschenaltern wute nichtnur Hippolyt in Rom, sondern auch Tertullian in Karthago von diesemeindrucksvollen Vorgang. Der Fall des Markion ist eine Ausnahme,sowohl was den Verlauf der Angelegenheit als auch was die Hhe derSumme angeht. Das ndert nichts an der Tatsache, da wohlhabendeMenschen bei der Gemeinde ein reiches Bettigungsfeld fanden. Dieje-

    Xenophon: Anabasis V ,. ,

    - (Anabasis V ,).

    Zum vgl. zuletzt Lynn R. LiDonnici: The Ephesian Megabyzos Priesthoodand Religious Diplomacy at the End of the Classical Period, Religion (), S. .

    Vgl. Adolf Harnack: Marcion. Das Evangelium vom fremden Gott: Eine Monogra-phie zur Geschichte der Grundlegung der katholischen Kirche, Leipzig (Nachdr.Darmstadt ), S. . Die Nachricht geht auf Tertullian (De praescr. und Adv.Marcionem IV ) zurck.

    Adolf Harnack, a.a.O., S. .

  • Artikel III

    nigen Summen, die sie frher der Stadt oder einem Verein als patronuszur Verfgung gestellt hatten, konnten nun der christlichen Gemeindezugewendet werden.

    () Christliche Gemeinden sind weltweit ttig

    Ein ganz besonderes Merkmal der christlichen Gemeinden ist ihreberregionale Vernetzung. Das ist vielleicht der wichtigste Unter-schied, der zwischen herkmmlichen griechisch-rmischen Vereinen aufder einen Seite und den christlichen Gemeinden auf der anderen Seitebesteht. Und hier liegt wiederum ein Faktor, dessen konomische Be-deutung kaum zu berschtzen ist. Wohin ein Christ auch reist (wenn esnicht gerade Britannien oder Skandinavien ist) er wird auf eine christli-che Gemeinde stoen, an die er sich jederzeit wenden kann, angefangenbei einem Essen oder einem Nachtquartier bis hin zur Vermittlung ge-schftlicher Kontakte in der jeweiligen Region.

    Nehmen wir als Beispiel Hierapolis in Phrygien. Hier ist uns die In-schrift eines Kaufmanns bzw. Fabrikanten mit Namen (Zeu. xis)erhalten, der mal ber das seiner Gefhrlichkeit wegen sprichwrt-lich gewordene Cap Malea nach Italien gereist war.

    Das eindrucksvollste Exempel aus paulinischer Zeit ist auch in diesem Fall dieKollekte fr Jerusalem.

    Ludwig Friedlnder: Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms in der Zeit vonAugustus bis zum Ausgang der Antonine, . Aufl. besorgt von Georg Wissowa, Band I,Leipzig , S. .

    Die Inschrift findet sich in dem Sammelwerk Altertmer von Hierapolis, hg. v. CarlHumann, Conrad Cichorius, Walther Judeich und Franz Winter, JdI.E , Berlin ,S. als Nr. . Sie lautet:

    [][].{} []. -[].

    folium - folium - . folium.

    Die Z. mit dem fehlt irrtmlich in der genannten Publikation. Das ist mitt-lerweile auch im SEG richtiggestellt, vgl. SEG LIV () [], Nr. , sowieden Nachtrag SEG LV () [], S. , wo meine Korrektur im zitierten Auf-

  • Ekklesiologie

    Abbildung : Inschrift des Zeuxis

    Fr Menschen, die aus beruflichen oder anderen Grnden viel unter-wegs sind wie unser Zeuxis, ist das internationale Netz der christlichenGemeinden bares Geld wert: An vielen Orten kann man bei MitchristenQuartier finden und braucht sich nicht mit den notorisch unkomfor-tablen Gasthusern herumzuschlagen. Zudem hat man an den Orten,wo schon christliche Gemeinden existieren, Ansprechpartner, die einemKontakte vermitteln knnen, darunter gelegentlich auch solche, die sichgeschftlich nutzen lassen. Fr solche Menschen ist die Mitgliedschaft inder christlichen Gemeinde mithin ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor.

    * * *

    satz, S. mit Anm. , und auch die Darstellung auf www.antike-exkursion.de/orontes/orontes_teil2.pdf korrigierend nachgetragen wird.

    Z. : Man wird . . . bei Zeuxis an einen Fabrikanten zu denken haben, der zugleichKaufmann war und dann seine eigenen Waren selbst exportierte, indem er sie mit Um-gehung des Zwischenhandels direkt auf den lohnenden italischen Markt brachte. . . .Aus der Zahl von zweiundsiebzig Fahrten lt sich erkennen, wie groartig der Betriebund die Produktion gewesen sein mssen (Conrad Cichorius, a.a.O., S. ).

    Z. : Das Kap Malea (auf der Inschrift steht irrtmlich mit statt mit ) istin der Antike berchtigt seit Homer; die in unserer Inschrift gebrauchte Formulierungfindet sich sogar in lateinischen Texten, vgl. Plinius: Epistulae X , wo es heit: quiaconfido, domine, ad curam tuam pertinere, nuntio tibi me Ephesum cum omnibus meis navigasse, quamvis contrariis ventis retentum.

  • Artikel III

    ZusammenfassendZusammen-fassung

    kann man also sagen, da der Eintritt in eine christli-che Gemeinde sowohl fr arme und sehr arme als auch fr bessergestellteMenschen des ersten und zweiten Jahrhunderts auch unter wirtschaftli-chen Aspekten durchaus reizvoll war. Die katastrophale Lage, wie sie Pli-nius fr Bithynien und Pontos zeichnet, wird dort zu Beginn des zweitenJahrhunderts faktisch nicht ganz so dramatisch gewesen sein; Anla zurSorge bot sie fr einen rmischen Statthalter in jedem Fall. Dabei warenes auch konomische Faktoren, die zur Attraktivitt frher christlicherGemeinden beitrugen. Die konomisch-religise Idylle besteht in Um-brien noch Ende des ersten Jahrhunderts fort doch das ist lediglicheine Frage der Zeit. Das expandierende Christentum stellt nicht nur diereligisen Grundlagen des Rmischen Reiches radikal in Frage.

    Beilage: Der sogenannte Christenbrief des Plinius

    C. Plinius Traiano imperatori C. Plinius an Kaiser TrajanX , Sollemne est mihi, domine, Ich habe es mir zur Regel gemacht,omnia, de quibus dubito, ad te re- Herr, alles, worber ich im Zwei-ferre. quis enim potest melius vel fel bin, Dir vorzutragen. Wer

    cunctationem meam regere vel igno- knnte denn besser mein Zaudern Rrantiam instruere? cognitionibus de lenken oder meine UnwissenheitChristianis interfui numquam; ideo belehren? Gerichtsverhandlungennescio, quid et quatenus aut puniri gegen Christen habe ich noch niesoleat aut quaeri. beigewohnt; deshalb wei ich

    nicht, was und wieweit man zu Rstrafen oder zu untersuchen pflegt.

    nec mediocriter haesitavi, sitne ali- Ich war auch ziemlich unsicher, obquod discrimen aetatum, an quam- das Lebensalter einen Unterschiedlibet teneri nihil a robustioribus dif- bedingt, oder ob ganz junge Men-ferant, detur paenitentiae venia, an schen genau so behandelt werden Rei, qui omnino Christianus fuit, de- wie Erwachsene, ob der Reuige

    sisse non prosit, nomen ipsum, si Verzeihung erfhrt oder ob es dem,flagitiis careat, an flagitia cohaeren- der berhaupt einmal Christ ge-

    Es handelt sich dabei um Plinius: Epistulae X (Helmut Kasten [Hg.]: C.Plini Caecili Secundi epistularum libri decem/Gaius Plinius Caecilius Secundus: Briefe(lat.-dt., Tusc), Darmstadt . Aufl. , S. ).

    Der Standardkommentar ist von A.N. Sherwin-White: The Letters of Pliny. A Histo-rical and Social Commentary, Oxford .

  • Ekklesiologie

    tia nomini puniantur. wesen ist, nichts hilft, wenn er esnicht mehr ist, ob schon der Na- Rme Christ, auch wenn keine Ver-brechen vorliegen, oder nur mitdem Namen verbundene Verbre-chen bestraft werden.

    interim, in iis, qui ad me tamquam Vorerst habe ich bei denen, die bei RChristiani deferebantur, hunc sum mir als Christen angezeigt wurden,

    secutus modum. folgendes Verfahren angewandt. interrogavi ipsos, an essent Chri- Ich habe sie gefragt, ob sie Chri-stiani. confitentes iterum ac tertio sten seien. Wer gestand, den habeinterrogavi supplicium minatus; ich unter Androhung der Todes- Rperseverantes duci iussi. neque enim strafe ein zweites und drittes Mal

    dubitabam, qualecumque esset, gefragt; blieb er dabei, lie ich ihnquod faterentur, pertinaciam certe abfhren. Denn mochten sie vor-et inflexibilem obstinationem debe- bringen, was sie wollten Eigen-re puniri. sinn und unbeugsame Halsstarrig- R

    keit glaubte ich auf jeden Fall be-strafen zu mssen.

    fuerunt alii similis amentiae, Andre in dem gleichen Wahn Be- quos, quia cives Romani erant, ad- fangene habe ich, weil sie rmische

    notavi in urbem remittendos. mox Brger waren, zur berfhrung Ripso tractatu, ut fieri solet, diffun- nach Rom vorgemerkt. Als danndente se crimine plures species inci- im Laufe der Verhandlungen, wiederunt. es zu gehen pflegt, die Anschuldi-

    gung weitere Kreise zog, ergabensich verschieden gelagerte Flle. R

    propositus est libellus sine aucto- Mir wurde eine anonyme Klage-re multorum nomina continens. qui schrift mit zahlreichen Namennegabant esse se Christianos aut fuis- eingereicht. Diejenigen, die leug-se, cum praeeunte me deos appella- neten, Christen zu sein oder gewe-rent et imagini tuae, quam propter sen zu sein, glaubte ich freilassen R

    hoc iusseram cum simulacris numi- zu mssen, da sie nach einer von

    Da das nomen ipsum als todeswrdiges Verbrechen angesehen wird, beklagen imzweiten Jahrhundert etliche der christlichen Apologeten.

    Diese Aussage ist fr die Interpretation des Prozesses des Paulus von Interesse: Derzustndige Statthalter in Caesarea konnte ihn demzufolge nach Rom berstellen, weiler rmischer Brger war (falls dies zutrifft . . . ).

  • Artikel III

    num adferri, ture ac vino supplica- mir vorgesprochenen Formel uns-rent, praeterea maledicerent Christo, re Gtter anriefen und vor Dei-quorum nihil cogi posse dicuntur, nem Bilde, das ich zu diesemqui sunt re vera Christiani, dimit- Zweck zusammen mit den Statu- R

    tendos esse putavi. en der Gtter hatte bringen lassen,mit Weihrauch und Wein opfer-ten, auerdem Christus fluchten,lauter Dinge, zu denen wirklicheChristen sich angeblich nicht Rzwingen lassen.

    alii ab indice nominati esse se Andre, die der Denunziant ge-Christianos dixerunt et mox nega- nannt hatte, gaben zunchst zu,verunt; fuisse quidem, sed desisse, Christen zu sein, widerriefen esquidam ante triennium, quidam dann aber; sie seien es zwar gewe- R

    ante plures annos, non nemo etiam sen, htten es dann aber aufgege-ante viginti. hi quoque omnes et ben, manche vor drei Jahren, man-imaginem tuam deorumque simula- che vor noch lngerer Zeit, hincra venerati sunt et Christo maledi- und wieder sogar vor zwanzig Jah-xerunt. ren. Auch diese alle bezeugten Dei- R

    nem Bilde und den Gtterstatuenihre Verehrung und fluchtenChristus.

    adfirmabant autem hanc fuisse Sie versicherten jedoch, ihre gan-summam vel culpae suae vel erro- ze Schuld oder ihr ganzer Irrtum Rris, quod essent soliti stato die an- habe darin bestanden, da sie sichte lucem convenire carmenque Chri- an einem bestimmten Tage vorsto quasi deo dicere secum invicem Sonnenaufgang zu versammeln

    seque sacramento non in scelus ali- pflegten, Christus als ihrem Gottquod obstringere, sed ne furta, ne la- einen Wechselgesang zu singen Rtrocinia, ne adulteria committerent, und sich durch Eid nicht etwa zune fidem fallerent, ne depositum ap- irgendwelchen Verbrechen zu ver-pellati abnegarent. quibus peractis pflichten, sondern keinen Dieb-

    morem sibi discedendi fuisse rursus- stahl, Raubberfall oder Ehebruchque coeundi ad capiendum cibum, zu begehen, ein gegebenes Wort Rpromiscuum tamen et innoxium, nicht zu brechen, eine angemahn-quod ipsum facere desisse post edic- te Schuld nicht abzuleugnen. Her-tum meum, quo secundum manda- nach seien sie auseinandergegan-

    ta tua hetaerias esse vetueram. gen und dann wieder zusammen-

  • Ekklesiologie

    gekommen, um Speise zu sich zu Rnehmen, jedoch gewhnliche,harmlose Speise, aber das httensie nach meinem Edikt, durch dasich gem Deinen InstruktionenHetrien verboten hatte, unterlas- Rsen.

    quo magis necessarium credidi ex Fr um so notwendiger hielt ichduabus ancillis, quae ministrae es, von zwei Mgden, sogenann-dicebantur, quid esset veri, et per ten Diakonissen, unter der Foltertormenta quaerere. nihil aliud in- ein Gestndnis der Wahrheit zu er- R

    veni quam superstitionem pravam, zwingen. Ich fand nichts andres alsimmodicam. einen wsten, malosen Aberglau-

    ben. ideo dilata cognitione ad consulen- Somit habe ich die weitere Unter-dum te decurri. visa est enim mihi suchung vertagt, um mir bei Dir Rres digna consultatione, maxime Rat zu holen. Die Sache scheint

    propter periclitantium numerum; mir nmlich der Beratung zu be-multi enim omnis aetatis, omnis or- drfen, vor allem wegen der gro-dinis, utriusque sexus etiam, vocan- en Zahl der Angeklagten. Denntur in periculum et vocabuntur. ne- viele jeden Alters, jeden Standes, Rque civitates tantum, sed vicos eti- auch beiderlei Geschlechts sind

    am atque agros superstitionis istius jetzt und in Zukunft gefhrdet.contagio pervagata est; quae videtur Nicht nur ber die Stdte, auchsisti et corrigi posse. ber Drfer und Felder hat sich

    die Seuche dieses Aberglaubens ver- Rbreitet, aber ich glaube, man kannihr Einhalt gebieten und Abhilfeschaffen.

    certe satis constat prope iam de- Jedenfalls ist es ziemlich sicher,solata templa coepisse celebrari et sa- da die beinahe schon verdeten R

    cra sollemnia diu intermissa repeti Tempel allmhlich wieder besucht,passimque venire victimarum car- die lange ausgesetzten feierlichennem, cuius adhuc rarissimus emptor Opfer wieder aufgenommen wer-inveniebatur. ex quo facile est opi- den und das Opferfleisch, fr das

    Das lateinische ministrae ist das Gegenstck zu dem griechischen ; diePassage wird im nchsten und letzten Punkt zur Ekklesiologie, der sich mit den mternin der frhen Gemeinde befat, noch von Interesse sein.

  • Artikel III

    nari, quae turba hominum emenda- sich bisher nur ganz selten ein R ri possit, si sit paenitentiae locus. Kufer fand, berall wieder Absatz

    findet. Daraus gewinnt man leichteinen Begriff, welch eine Massevon Menschen gebessert werdenkann, wenn man der Reue Raum Rgibt.

    Traianus Plinio Trajan an PliniusX , Actum, quem debuisti, mi Mein Secundus! Bei der Untersu-Secunde, in excutiendis causis eorum, chung der Flle derer, die bei Dir Rqui Christiani ad te delati fuerant, als Christen angezeigt worden

    secutus es. neque enim in universum sind, hast Du den rechten Wegaliquid, quod quasi certam formam eingeschlagen. Denn insgesamthabeat, constitui potest. conquiren- lt sich berhaupt nichts festle-di non sunt; si deferantur et argu- gen, was gleichsam als feste Norm Rantur, puniendi sunt, ita tamen, ut, dienen knnte. Nachspionieren

    qui negaverit se Christianum esse id- soll man ihnen nicht; werden sieque re ipsa manifestum fecerit, id angezeigt und berfhrt, sind sieest supplicando dis nostris, quamvis zu bestrafen, so jedoch, da, wersuspectus in praeteritum, veniam ex leugnet, Christ zu sein und das Rpaenitentia impetret. durch die Tat, das heit: durch An-

    rufung unsrer Gtter beweist,wenn er auch fr die Vergangen-heit verdchtig bleibt, auf Grundseiner Reue Verzeihung erhlt. R

    sine auctore vero propositi libelli Anonym eingereichte Klageschrif-in nullo crimine locum habere de- ten drfen bei keiner Straftat Be-bent. rcksichtigung finden,nam et pessimi exempli nec nostri denn das wre ein schlimmes Bei-saeculi est. spiel und pat nicht in unsre Zeit. R

    (. XI. um . Uhr)

    Mit saeculum ist hier nicht das Zeitalter gemeint, sondern die Regierungszeit desKaisers Trajan. Diesen Hinweis verdanke ich meinem Erlanger Kollegen Boris Dreyer(Alte Geschichte), vgl. dazu P.G.W. Glare [Hg.]: Oxford Latin Dictionary, Oxford (Nachdruck ), s.v. saeculum, S. , b: applied to the reign of an emperor, mitunserer Stelle aus dem Pliniusbrief als Beleg.